Die Nachkriegsgeneration: Kinder der Dingwelt.
Selbstverdinglichung, der Versuch, die Last, die auf uns liegt, durch Abwälzung auf andere (durchs Schuldverschubsystem) zu reduzieren, potenziert die Last.
Rechts und Links nicht unterscheiden können: Die Umkehr wird in der Regel auf die Beziehung zwischen vorn und hinten (im Angesicht und hinter dem Rücken) oder oben und unten (Gott und Kreatur) bezogen, nicht auf die von rechts und links (über die ich, wie es scheint, nichts vermag). Rechts und Links: Diese Umkehr wäre die Bekehrung des Andern, ein Motiv, das die Kirchen – über das Verfahren der Mission – zu willigen Helfern des Imperialismus gemacht hat. Aber gibt es nicht auch das andere Motiv, daß, wer einen Sünder vom Weg des Irrtums bekehrt, seine eigene Seele rettet, und daß über die Bekehrung des einen Sünders größere Freude in den Himmeln herrscht als über 99 Gerechte?
Hängt die Blut-Symbolik (das Abwaschen der Sünde, das Reinwaschen der Kleider durchs Blut des Lammes, aber auch die Blut-Symbolik in der Thora und bei den Propheten) mit diesem Rechts-Links-Paradigma zu tun? Ist sie vielleicht nur so vom Schein der Metzgertheologie zu befreien? Liegt hier die Lösung des Rätsels des Rassismus (das selbst bei Rosenzweig in einer Weise anklingt, die nach Auschwitz unerträglich geworden ist)? Liegt an der Frage der Unterscheidung von Rechts und Links die Umkehr Gottes (die Möglichkeit einer Theologie im Angesicht Gottes)? Unsere eigene Seele ist in den Wegen des Irrtums des Sünders (in den subjektiven Formen der Anschauung, in der Logik des Geldes und in der Bekenntnislogik) mit gefangen.
Oh wie gut, daß niemand weiß, daß ich Rumpelstilzchen heiß: Enthält das Gespräch, das Heisenberg im Krieg mit Nils Bohr geführt hat, den Schlüssel zum Verständnis des Versuchs, nach dem Krieg eine „einheitliche Weltformel“ zu entwickeln? Hat sich das nationalistische Erbe in diesen hilflosen Versuch, Einstein zu übertrumpfen, zurückgezogen, verkapselt und in einen Objektivismus entstellt, der seitdem endgültig nicht nur die Naturwissenschaften, sondern die Welt verhext?
Stand der Aufklärung: Heute reden alle übereinander, weil sie die allgemeine pathologische Empfindlichkeit daran hindert, mit einander zu sprechen. Selbst die Theologie ist zur „Rede von Gott“ verkommen.
Am Beispiel des Begriffs der Empfindung wäre nachzuweisen, daß der historische Subjektivierungsprozeß (die Rückseite des Objektivierungsprozesses) ein Vergiftungsprozeß ist. Der Begriff der Empfindung verweist auf die pathologisierende Gewalt der Aufklärung, die zu reflektieren wäre. Statt dessen haben die Nachfolger der kritischen Theorie die Dialektik der Aufklärung liquidiert.
Hängen nicht die Objekte der Subjektivierung: Empfindung, Kritik und Schuld, wie der Verblendungs-, Schuld- und Herrschaftszusammenhang mit einander zusammen?
Gesellschaftskritik als Waffe ist ein Instrument der Potenzierung des Kritisierten, Gesellschaftskritik hat nur ein Recht als Mittel der Reflexion.
Die Subjektivierung der Empfindungen, der Meinungen und der Schuldgefühle sind Attribute der Feindbildlogik.
Hat nicht Paul Watzlawik zum Gespräch zwischen Heisenberg und Bohr ein aufhellendes Beispiel geliefert, das nur den einen Mangel hat, das es nur die Psychologie, nicht die Logik dieses Gesprächs beleuchtet?
Verstricken sich nicht die „Alternativen“, die außerhalb des Systems (in der Natur oder in der Religion) die Nischen einer „heilen Welt“ suchen, eben damit in den Netzen des Systems? Sie möchten dem Schuldzusammenhang nur entrinnen, anstatt der Mühe sich zu unterziehen, ihn durch Reflexion zu sprengen.
„In vierzig Tagen wird Ninive zerstört“: Liegt der Unterschied zwischen Jonas und Tobias vielleicht nur in dieser Frist?
Ersetzt nicht der Begriff der Buße, und zwar schon im Namen der lateinischen paenitentia, die Umkehr durch die Selbstbestrafung, durch die Verinnerlichung von Herrschaft? Buße ist gnadenlos.
Drückt nicht in der Darstellung der Buße im Buch Jona in der Tat die Unfähigkeit, Rechts und Links zu unterscheiden, sich aus?
Haben Rechts und Links mit Tod und Auferstehung zu tun, und die Unterscheidung von Rechts und Links mit der Umkehr Gottes?
Es gehört zur Logik der Unsterblichkeitslehre, daß sie mit dem eigenen Tod den der Anderen verharmlost, in Kauf nimmt, daß sie hilft, den Verdrängungsprozeß gegen die Vergangenheit zu legitimieren: die Finsternis zu befördern. Ist die Finsternis das Licht der Aufklärung (der Begriff der Klarheit erinnert an die klaren Verhältnisse, die das Feindbild hervorbringt)?
Zur Geschichte der Aufklärung gehört das Bild der Wilden wie zum Ursprung der Philosophie das der Barbaren. Sind die Wilden das Produkt der Hellenisierung der Barbaren, die nur durchs Christentum möglich war?
Ist der Streit in der Prozeßgruppe ein nachträglicher Sieg Hembergers und Schiefersteins, eine Folge der Unfähigkeit, das, was im Prozeß passiert ist, zu reflektieren? Und macht uns nicht unsere Empfindlichkeit zu Marionetten des Systems, zu willigen Vollstreckern der BANK, DIE IMMER GEWINNT?
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9.3.1997
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8.3.1997
Bezeichnet die „Venuskatastrophe“ einen Vorgang, zu dem der Ursprung des Staates (der Organisation einer Gesellschaft von Privateigentümern), die Objektivation der Sternenwelt (die Trennung von Natur und Welt) und die Freigabe der Sexualität (der gemeinsame Ursprung der Ehe und der Prostitution) gehören? Die Begründung der Astronomie, die Vergegenständlichung der Sternenwelt, ist ein Teil der Herrschaftsgeschichte. Hängt nicht die Venuskatastrophe mit dem Ursprung der Sexualmoral als Urteilsmoral, insgesamt mit der Entfaltung der Urteilslogik, zusammen?
Bereschit: Wer den zeitlichen durch den logischen Anfang (den Ursprung) ersetzt, gerät in den Bann der Elementarmächte.
Geschaffen wurde nicht die Welt: Dann nämlich würde im Staat Gott sich manifestieren.
Geoffenbart wurde kein Wissen, auch nicht ein durch den Glauben vermitteltes: Dann wäre die Offenbarung ein Reflex der Subjektivität, den sie in Wahrheit sprengt.
Und erlöst wird nicht die Natur, sondern Erlösung ist die Erlösung vom Bann der Natur.
Gegen die Kollektivscham gilt: Nicht Scham, sondern Trauer.
Zum Problem der Errichtung eines Holocaust-Denkmals wäre der sanfte Hinweis notwendig, daß Auschwitz kein Heldenfriedhof ist. Begründen und verkörpern in Deutschland Denkmäler nicht doch seit je nur Tabus (seit es Goethe-Denkmäler gibt, wird Goethe in Deutschland nicht mehr gelesen), und hat Mihm, als er sich auf die „Kriegerwitwen“ berief (gibt es auch Autofahrerwitwen, Katastrophenopfer-Witwen), nicht so etwas wie die unsäglichen „Kriegerdenkmäler“ gemeint?
Hängt nicht der Korpuskel-Welle-Dualismus wie auch die damit verbundene Heisenberg’sche Unbestimmtheitsrelation und die Bohr’sche Komplementarität mit der Doppelfunktion der Lichtgeschwindigkeit zusammen, die sowohl auf die einzelne Bewegungsrichtung des „Lichtstrahls“ als auch auf die Ausbreitung des Lichts im ganzen Raum (in alle Richtungen des Raums gleichzeitig) sich bezieht? Dem einzelnen Lichtstrahl korrespondiert die korpuskulare Interpretation, die Ausbreitung in einem dreidimensionalen Raum erzwingt das Bild der wellenförmigen Bewegung. Gründet nicht das individualisierende Moment (die Atomvorstellung und ihre Durchorganisation) in dieser Doppelfunktion, die dann auch den zentralen Konstanten, dem Planck’schen Wirkungsquantum und der elektrischen Elementarladung, zugrundeliegt?
Sind die Maxwellschen Gleichungen ein Äquivalent des Relativitätsprinzips? -
7.3.1997
Rührt nicht der Haß auf die Prostituierten u.a. daher, daß sie für sich das Recht in Anspruch nehmen, über ihren Körper (der im Kontext der patriarchalischen Zivilisation das Eigentum des Mannes ist) selber zu verfügen?
Objektivierung und Instrumentalisierung: Grundlage der gesellschaftlichen Institutionen ist die Austauschbarkeit von Mitteln und Zwecken (Institutionen sind Mittel, die sich selbst zum Zweck geworden sind, ein eigenes Selbsterhaltungsprinzip gewinnen und so zum Subjekt werden). Instrumentalisierung ist die Verwandlung von Zwecken in Mittel, in den Institutionen werden Mittel zu Zwecken. Das transzendentale Subjekt ist das autonome, sich selbst Zwecke setzende Subjekt: So wird ihm die Welt zur instrumentalisierten Welt, zu einem Ensemble von Mitteln seiner Selbsterhaltung. Ist das transzendentale Subjekt nicht ein erkenntnistheoretischer Reflex der Institutionen (der „juristischen Personen“), deren erste der Staat (die Nation) ist? Was bedeutet dann die Verrottung des Staates für die Konstruktion des Subjekts?
Steckt nicht die ganze Kritik der Astronomie (und der Chemie?) in der Einsicht, daß es im Kontext der mathematischen Naturerkenntnis zum Inertialsystem keine Alternative gibt?
Der Himmel ist sein Thron, die Erde der Schemel seiner Füße: Heißt das nicht u.a.,
– daß es kein endgültiges Eigentum an der Erde gibt, und
– daß die Mißachtung dieses Satzes den Namen Gottes angreift?
„Heldenfriedhöfe“: Die nationalsozialistische Parole „Blut und Boden“, die die „Heiligung“ des eroberten Landes durch das Blut der Gefallenen beschwört, leugnet den Gottesnamen, sie ist blasphemisch.
Die CDU in Frankfurt wird die Ausstellung des Hamburger Instituts für Sozialforschung über die Beteiligung der Wehrmacht an den nationalsozialistischen Verbrechen boykottieren. Hierzu der Fraktionsvorsitzende der CDU im Frankfurter Stadtparlament, Bernhard Mihm: Die Ausstellung stelle „eine ganze Generation an den Pranger“: „Wie soll ich das einer Kriegerwitwe sagen?“ (FR von heute) Sollte man nicht auch einer Kriegerwitwe die Wahrheit sagen, daß es für den „Heldentod“ ihres Mannes keine moralische Begründung mehr gibt (und nie eine gegeben hat)? Gehört nicht die Wahrheit zum Begriff der Menschenwürde? (Ich möchte nicht wie ein Psychopath angesehen werden, den man auf seinen Zustand nicht ansprechen darf, weil man seine Unberechenbarkeit fürchten muß. Aber ist das nicht die Selbsterfahrung der Deutschen heute? Wer heute noch vom „gesunden Nationalismus“ redet, ist aus dem Wahn nie herausgetreten.)
Der Faschismus hat die mythische Schicksalsidee auf ihren mörderischen Kern reduziert. In jedem Tauschakt, in jedem Erwerb fremder Güter steckt die Erinnerung an den Mord (den Mord, der im Menschenopfer einmal vollzogen und in der Institution des Königtums erinnert wurde). Über den Namen der Barbaren, der diesen Mord intellektualisiert hat, ist die Feindbildlogik in den Erkenntnisprozeß eingedrungen.
Ist nicht der Weltbegriff (als Inbegriff des mathematischen Ganzen der Erscheinungen) der mit Blut und Gewalt gesättigte „feste und Grund und Boden“ der Eigentümer, ein Reflex des staatlichen Gewaltmonopols? Die Festigkeit und Stabilität des Weltbegriffs, die die Natur zur Natur gerinnen läßt, verdrängt die historischen Gesteinsverschiebungen, die diesen Gerinnungs- und Kristallisationsprozeß begleiten, sie entrückt sie der Wahrnehmung, macht sie unkenntlich und unsichtbar.
Es ist die gleiche Sonne, die Homer und auch uns bescheint, aber die Sonne Homers, die Sonne Newtons und die Sonne von Weizsäckers sind nicht die gleiche Sonne.
Heute ist die Natur zum Inbegriff der positivistischen Verwirrung geworden.
Weiblich und männlich: Hängt nicht die instrumentalisierte Betroffenheit der Sabine Christiansen mit dem dummen Witz zusammen, mit dem Ulrich Wickert am Ende der Tagesthemen, vorm Wetterbericht, die Erinnerung an die vorangegangenen Informationen verwischt?
Als Habermas vor der Natur als Block kapitulierte, die Erinnerung an die historischen Gesteinsverschiebungen, die an der Geschichte des Naturbegriffs sich ablesen lassen, verdrängte, hat er die Grundlage für seine Kommunikationstheorie geschaffen, die unterm des heutigen Naturbegriffs steht.
Kann es sein, daß der Traum in der Bibel die Natur repräsentiert: das durchs Herrendenken Verdrängte? Kunst ist bewußte, kontrollierte Traumarbeit, und das Eingedenken der Natur im Subjekt ist Kunstkritik (und nicht so etwas wie das „Eingedenken der gequälten Natur“).
Ist Heisenbergs „einheitliche Weltformel“ der Versuch einer nachträglichen Legitimierung seines Nationalismus? -
6.3.1997
Thomas Powers „Heisenbergs Krieg“ ist in Wirklichkeit Heisenbergs Legende: Es ist schon erstaunlich, wie dreist der Nationalismus Heisenbergs (und der Antisemitismus E. v. Weizsäckers) heruntergespielt wird, so als sei es normal, angesichts der Vertreibung der jüdischen Kollegen, des Kriegs und des Genozids nationalgesinnt zu sein, und als sei es verständlich, wenn Heisenberg den Anstand im faschistischen Deutschland erst in dem Augenblick als bedroht ansieht, als es um die eigene Karriere (um die Berufung auf den Lehrstuhl Sommerfelds in München) geht. Da sieht er selbst in dem Versuch, Himmler einzuschalten, noch kein Problem. Andererseits trägt Powers doch sehr dick auf, wenn er die Bemühungen in den USA, nach Hahns Entdeckung der Atomspaltung die Möglichkeiten einer militärischen Nutzung der Atomenergie auszuloten, als gierig und irrational beschreibt (und auf die Sensibilisierung der Emigranten, die Art und Ausmaß der Nazigefahren am eigenen Leibe erfahren haben, für eine mögliche deutsche Bedrohung nicht eingeht), während beispielsweise ein mindestens vergleichbarer Hinweis Weizsäckers an das Heereswaffenamt auch im unmittelbaren Anblick der Gefahr eines von Deutschland ausgehenden neuen Weltkrieges für ihn nur normal ist.
So läßt sich denn auch die in der Tat unsägliche Rolle Philip Lenards und Johannes Starks und der „deutschen Physik“ als Alibi verwenden, um die wirkliche Beziehung der „seriösen“ deutschen Physiker wie Heisenberg und Weizsäcker, um von Pascual Jordan zu schweigen, zu Einstein nicht aufklären zu müssen. Dabei wäre es an der Zeit, einmal im Ernst zu untersuchen, welche ideologische Rolle die sogenannte „Kopenhagener Schule“ (die seit je Nils Bohr nur als Alibi benutzt hat) im faschistischen Deutschland (und in der Folgezeit) wirklich gespielt hat.
Adornos Satz „Das Ganze ist das Unwahre“ ist der fundamentale Einspruch gegen das Herrendenken. Den gleichen Sachverhalt hat Rosenzweig in seiner Kritik des All zu formulieren versucht. Es ist der Einspruch gegen einen Universalismus, für den die Totalität zur Verfügungsmasse geworden ist. Der Satz „Das Ganze ist das Unwahre“ hält die Idee der Versöhnung bis ins Innere des Gedankens (und d.h. auch: bis in den Kern der Natur) offen. Die Idee einer Zukunft, die nicht unter die Vergangenheit subsumiert ist, ist anders nicht mehr zu halten.
Kritik der Naturwissenschaft oder
– der Seitenblick, in dem Natur als Natur überhaupt erst sich konstituiert, oder
– Kritik der zukünftigen Vergangenheit oder
– der asymmetrische Wahrheitsbegriff (Name und Begriff).
Die kantische Frage, wie es möglich ist, daß Raum und Zeit als subjektive Formen der Anschauung gleichwohl objektiv sind, erstreckt sich heute auf Natur und Geschichte insgesamt.
Der terminus ad quem der resurrectio naturae ist die Erkenntnis des Namens. Natur steht unterm Bann der Feindbildlogik. Deshalb gehörten zum Selbstverständnis des Hellenismus als Projektionsfolie die Barbaren.
Die modernen Naturwissenschaften (deshalb ist der Begriff der naturwissenschaftlichen Erkenntnis emotional so hoch besetzt) haben die Idee der Erlösung und damit die Wurzel des Christentums selber angegriffen und säkularisiert. Bezieht sich das Wort „Was ihr auf Erden lösen werdet, wird auch im Himmel gelöst sein“ auf dieses dem Begriff der naturwissenschaftlichen Erkenntnis innewohnende Problem? Steckt darin nicht die Lösung des Problems des zweiten Tags (zur Feste des Himmels fehlt der Satz „und er sah, daß es gut war“)?
Die Kritik der Naturwissenschaften ist von dem Problem der Kritik der politischen Ökonomie und dem der Kritik der Bekenntnislogik nicht zu trennen. Verweisen die „Völker, Nationen und Sprachen“ in den Apokalypsen auf diese Konstellation (vgl. auch das Wort über Assur, Ägypten und Israel in Jes 1925)?
Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist: Ist das Geld nicht ein „außenpolitisches“ Institut, ein Mittel der Tributerhebung, damit aus seiner eigenen Logik heraus ein kaiserliches Institut (Dareiken)?
Kann es sein, daß die karolingische Münze, die als Beweis für die Existenz des karolingischen Reiches angesehen wird, als Schlußstein zu den Fälschungen gehört, die das mittelalterliche Imperium legitimieren sollten: daß sie „Falschgeld“ ist? War dieses Geld ein Instrument der Selbstbegründung der Reichsidee und des Kaisertums?
Aus welcher Zeit stammt das Attribut „der Große“, auf wen wurde es angewandt (von Alexander über Karl bis zum preußischen Friedrich) und was drückte in diesem Attribut sich aus?
Das Traumproblem in der Schrift scheint darauf hinzudeuten, daß der Joseph in den Evangelien vielleicht doch etwas mit dem gleichnamigen Sohn Israels etwas zu tun hat? -
5.3.1997
Die subjektiven Formen der Anschauung sind intersubjektive Formen der Anschauung, sie sind in den Prozeß des Vergehens eingebunden. Und die Unfähigkeit, diesen logischen Mechanismus der Anschauung zu reflektieren und zu durchschauen, gehört zu den Konstituentien des Blocks, der versteinerten Welt.
Ursprung des Manichäismus: Sind nicht Werkzeuge, die ihre Erfinder, ihre Hersteller und ihre Verwender überleben, die eigentlichen Symbole der Unsterblichkeit? Ist die Unsterblichkeitslehre nicht ein Instrument der Selbstinstrumentalisierung? Es ist kein Zufall, daß die Unsterblichkeitsvorstellung in Ägypten, im Sklavenhaus, entstanden ist. Ebenso wie die Unsterblichkeitsvorstellung die Knechtsgesinnung begründet, ist sie ein Symbol des Siegs über die Materie: Das Werkzeug besiegt und überlebt die Materie, die es bearbeitet. In der Idee der Auferstehung drückt die Hoffnung der Materie, der Unterlegenen, der Besiegten: die Hoffnung der Armen, der Frauen und der Fremden, nicht die des Herrn, der selbst der Selbstinstrumentalisierung sich verdankt, sich aus.
Asymmetrie: Die Unsterblichkeitslehre bezieht sich auf mich, die Idee der Auferstehung der Toten auf die Anderen. Unsterblichkeit ist die Hoffnung, die ich für mich hege, Auferstehung die Hoffnung, die ich für andere hege (so wie ich den Tod nur als Tod der Anderen erfahre).
Sind nicht die subjektiven Formen der Anschauung die Pforten der Unterwelt?
Die subjektive Form der äußeren Anschauung ist das Feindschaftsprinzip, die Außenwelt ist die Feindwelt. Die subjektive Form der inneren Anschauung ist der Stein vor dem Grab, der Schlüssel zum Abgrund: das Symbol des Sieges, der Unterwerfung.
In der Dingwelt gewinnt der unterworfene Feind Macht über den Sieger. Die erste Gestalt der verdinglichten Objektwelt stand den heroischen Urhebern der Zivilisation in den Tieren und den Planeten vor Augen.
Natur und Verwirrung, die Wege des Irrtums, zum Verständnis des Naturbegriffs: Wer die Schuld auf andere verschiebt, verstellt sich selbst den Weg.
„Übereinstimmung von Begriff und Gegenstand“: Gehört es nicht zu den Leistungen der subjektiven Formen der Anschauung, daß sie dem Objekt die Qualität des Begriffs und dem Begriff die des Objekts verleihen, indem sie beide instrumentalisieren? Allein in der naturwissenschaftlichen Formel, die die Sache, auf die sie sich bezieht, ausblendet, „stimmen“ Begriff und Gegenstand „überein“.
Ist nicht der Traum des Nebukadnezar, den Daniel, bevor er ihn deuten kann, selbst erst finden, rekonstruieren muß, die mythische Welt, ist nicht die Vorwelt des Rosenzweigschen Stern der Erlösung der Ansatz ihres gegenwärtigen Begriffs? -
4.3.1997
Bezieht sich Apk 12, die Geschichte von der Frau, die im Anblick des Drachen das Kind gebiert, auf das Relativitätsprinzip, auf die darin sich verkörpernde Beziehung von Barmherzigkeit und Gericht? Wie verhält sich diese Geschichte zur Geschichte vom Sündenfall, zum Fluch über die Schlange, zur Beziehung des „Samens der Frau“ zum „Samen der Schlange“?
Nur wer in andere sich hineinversetzen kann, ist fähig, sich selbst von außen zu sehen: ist gewissensfähig.
Erinnert nicht der deutsche Begriff des Gewissens an das Gehölz, das Gewässer oder das Gebirge?
„Staatstragende Intellektuelle“: Sind nicht die, die andere so nennen, selber „staatstragend“, braucht nicht der Staat zu Selbstkonstituierung seine Feinde?
Ursprung des Faschismus: Hegels Satz, daß für den Kammerdiener der Held kein Held ist, ist am Ende in eine Bewegung hereingezogen worden, in der die Kammerdiener glaubten, das Erbe der Helden, die selber schon keine mehr waren, antreten zu können.
Was drückt sich eigentlich darin aus, daß eine Reihe von Gruppierungen (Friedensbewegung, Frauenbewegung, ökologische Bewegung) nach dem Krieg die Selbstdefinition des Faschismus, der sich auch schon als „Bewegung“ verstand, übernommen haben? Drückt darin nicht ein reaktives, ein passives, ein sehr mechanisches Verhalten sich aus: Bewegungen werden von etwas bewegt, sie bewegen nicht selber etwas? Nach Aristoteles ist Gott der erste, selber unbewegte Beweger. Ist nicht der unbewegte Beweger ein anderer Ausdruck für die Einheit des Schuldzusammenhangs, nach dessen Gesetzen Bewegungen sich bewegen? -
3.3.1997
Hat Matthäus mit den drei Magiern aus dem Orient den Daniel auf den Kopf gestellt?
Sprache und Schrift: Hängt der apokalyptische Begriff der Sprachen (in der Konstellation Völker, Stämme, Nationen und S.) mit der jakobinischen „Zunge“ (vgl. auch Paulus‘ Glossolalie, „Zungenreden“) zusammen? Findet nicht die Sprache, wenn man den Namen der Offenbarung ernst nimmt, ihre Begründung in der Schrift; und macht nicht der Begriff der semitischen Sprachen – wie anhand von Bibel und Koran sich demonstrieren läßt – das Ungleichnamige gleichnamig; ist nicht der Koran, und in seiner Folge die christliche Koranisierung der Bibel, die Wurzel der kopernikanisch-newtonschen Revolution? Wenn am Ende der Himmel wie eine Buchrolle sich aufrollt, heißt das nicht, daß dann die himmlische Wurzel der Sprache in dieser Schrift lesbar wird, und daß darin, in diesem Buch, jeder sich selbst erkennt – und das ist das Gericht?
Wenn heute Regierung durch Verwaltung ersetzt wird, ist das nicht der deutlichste Hinweis auf die innere Pluralität des Weltbegriffs (sein stummes Inneres)?
Das Geschwätz ist die zwanghafte Folge der Unfähigkeit, in den Andern sich hineinzuversetzen: deshalb muß das Geschwätz die Andern vergegenständlichen, sie zu Objekten von Urteilen machen („über“ andere reden). Nur so glaubt man, die „aufdringlichen“ Andern, deren Aufdringlichkeit im Schuldverschubsystem gründet: in der gegenständlichen Erinnerung an das, was man in sich selbst verdrängen mußte, sich vom Leibe halten zu können.
Barmherzigkeit ist die Arbeit des Gebärens.
Sind nicht eigentlich alle Richtungsgegensätze, oben und unten, vorn und hinten, rechts und links, asymmetrische Spiegelungen, vergleichbar der Beziehung von Vater und Sohn? Und gründet nicht die neutralisierte Form des Raumes (die subjektive Form der äußeren Anschauung) in der Neutralisierung dieser Gegensätze: in der Idee der Brüderlichkeit? – Die brüderliche Welt ist die Wolfswelt.
„Patientengut“ (ein Begriff aus einer Sammlung medizinischer Aufsätze): Sind Krankenhäuser Lagerhäuser für Patientengut (das mit dem Tod der Patienten zu herrenlosem Gut wird, das dann der medizinischen Verwertung zugeführt werden kann; die „ethische“ Diskussion um den Hirntod ist eine verwaltungsinterne Diskussion)? Hieran wäre das sprachlogische Problem der Instrumentalisierung und die Bedeutung des Begriffs des Falls im ersten Satz des Wittgestein’schen Tractatus logico-philosophicus zu demonstrieren. Der Hinweis auf die lebensrettende Bedeutung der Bereitstellung von Organen ist wahr und zynisch zugleich. Der Begriff Patientengut drückt genau diesen zweideutigen Aspekt, die Subsumtion der Krankheit unters Wertgesetz, aus.
Gibt es nicht inzwischen „Krankheiten“, die nachweislich nur noch ein Alibi für die lukrative medizinische Dauerverwertung der Hypochondrie und der Ausweitung der Nutzungskapazität der Apparatemedizin sind? Und spielt hier nicht ein Aspekt des Begriffs der Objektivität mit herein, der auf das Bedürfnis nach Schuldentlastung und auf die Mechanismen des Schuldverschubsystems (auf die kollektive Wirksamkeit von Rechtfertigungszwängen) verweist, ein Kontext, den das medizinische (wie sonst auch das technische) Vokabular wirksam verschleiert?
Hängt die Vorstellung des unendlichen Raumes nicht mit dem Bedürfnis nach logischer Fundierung des Schuldverschubsystems zusammen (Zusammenhang mit dem Namen des Angesichts und dem biblischen Motiv der sieben unreinen Geister und der sieben Siegel)? Abgesichert wird diese logische Fundierung durch die Universalisierung des Gravitationsgesetzes. Das Resultat dieser Schuldverschiebung wird lesbar, wenn der Himmel wie eine Buchrolle sich aufrollt.
Das Subjekt der symbolischen Erfahrung (der Spracherfahrung) ist die Barmherzigkeit.
Zur Kritik der Naturwissenschaften vgl. Kants Antinomien der reinen Vernunft (und die Unerkennbarkeit der Dinge an sich), Levinas‘ Asymmetrie und Ferdinand Ebners „Ich-Einsamkeit“.
Intersubjektivität und Bekenntnislogik: die Gemeinschaft, auf die beide sich beziehen, ist die Gemeinschaft der Einsamen, des kollektiven Nicht-Ich (ein Hochsicherheitstrakt). Der Repräsentant dieser Gemeinschaft im Subjekt sind die subjektiven Formen der Anschauung, ist die Welt.
Der „innere Schweinehund“ ist das, was uns daran hindert, die „Pflichten“ der Selbsterhaltung zu erfüllen; und gehört dazu nicht auch die Barmherzigkeit (das, was die Nazis „Humanitätsduselei“ nannten)? -
2.3.1997
Die Goldhagen-Debatte hat eines deutlich gemacht, daß nämlich der Objektivismus auch als Entlastungsinstrument benutzt wird.
Wer Solidarität fordert, aber die Reflexion unterbindet, ist vom Grunde her ein Faschist. Befreiung ist nur möglich auf der Grundlage einer Solidarität ohne Komplizenschaft. Solidarität ohne Komplizenschaft ist das entscheidende Argument gegen die Bekenntnislogik (und gegen jeglichen Nationalismus). Fatal ist heute jeder Wunsch, einer Gemeinschaft anzugehören, „in der ich mich wohlfühlen kann“.
Sind die Planeten am zweiten Tag erschaffen oder am vierten: Gehören sie zur Feste des Himmels oder zu den Sternen? Wer sind die Sabaoth?
Hängt nicht das Recht (zu dem die Verfolgungsbehörden gehören) mit dem Sündenbocksyndrom zusammen?
Das Geschwätz ist der Mutterboden des Gerüchts. Beide gedeihen unterm Rechtfertigungszwang. Zum Gerücht gehört die Instrumentalisierung des Verdachts, sein Ziel ist die Verurteilung.
Das Geschwätz ist ein Experimentallabor der Feindbildlogik. Die Feindbildlogik ist ein Instrument zur Ausbildung und Rechtfertigung der Gemeinheit.
Ist die Gleichzeitigkeit ihrer Entdeckung nicht ein Hinweis darauf, daß das Plancksche Strahlungsgesetz etwas mit der speziellen Relativitätstheorie Einsteins und dem Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit zu tun hat? Hinweis: Das Relativitätsprinzip ist das Prinzip der Veranderung. Es definiert den Raum (das Referenzsystem), in dem die mathematische Naturerkenntnis sich konstituiert.
Die Schwere wird gemessen mit Hilfe der Waage, die es aber nur in einem Schwerefeld gibt. Der Erscheinungsort der Schwere ist die Erde, auf der wir sie am eigenen Leibe erfahren. Wer wiegt die Sonne oder den Mond? Ist das Planetensystem und sind die Gezeiten Teile einer Waage (so erfahren die Planeten die Gravitationskräfte der Sonne und die Meere die des Mondes „am eigenen Leibe“)? Die Planetenbahnen sind Fallwege, die kein Ziel mehr haben.
Der Preis für die Reversibilität der Beziehung von oben und unten ist die Irreversibilität der Zeit (wie verhält sich das Licht zur Irreversibilität der Zeit, was drückt in der Existenz der konstanten Lichtgeschwindigkeit sich aus?).
Was hat die trinitarische Zeugung mit den messianischen Wehen, mit dem apokalyptischen Bild der Geburt, zu tun?
Der Weltbegriff ist ein Plurale Tandem; es gibt nicht die Eine Welt. Der Keim des Weltbegriffs ist das Neutrum, das selber im Ursprung ein pluralis ist (Gehölz, Gebirge, Gewässer).
Der Begriff der Zeugung bezeichnet das mythische Moment im christlichen Dogma, das gleiche Moment, das den messianischen Wehen entspricht, die in der Hölle als ewig vorgestellt werden.
Hat der babylonische Unzuchtsbecher etwas mit dem Zusammenhang von Götzenopfer und Unzucht zu tun (mit Bileam)? -
28.2.1997
„Und Gott sprach: Es werde eine Feste inmitten der Wasser …: ein zweiter Tag“ – An diesem zweiten Tag aber fehlt der abschließende Satz „und Gott sah, daß es gut war“. Was ist „die Feste“, die Gott dann Himmel nannte (Buber nennt sie „Gewölbe“, Zunz „Ausdehnung“)? Hat diese Feste etwas mit den am fünften Tag erschaffenen „großen Meerestieren“ zu tun, mit dem „kreisenden Flammenschwert“ des Cherubim vorm Paradies und mit dem „Bogen in den Wolken“ nach der Sintflut? Ist das Firmament der Inbegriff des Gerichts, der verdinglichenden Gewalt, der Verurteilung, der Naturgrund von Herrschaft (der subjektiven Formen der Anschauung, des Inertialsystems)?
Barmherzigkeit, ein kleiner Schritt über Marx hinaus: das Sich-Hineinversetzen in den Anderen, die Rekonstruktion der Subjektivität aus ihren politisch-ökonomischen Bedingungen, des Lichts aus der Schwere. Barmherzigkeit ist das Äquivalent des Lichts in der moralischen Welt (im Kontext der subjektiven Formen der Anschauung löst sich das Licht auf in elektrodynamische Prozesse, nur durch Sprache wird Licht zum Licht).
Wenn das Licht die realsymbolische Manifestation der Barmherzigkeit ist, dann ist die Feste des Himmels das Gericht. Die Feste des Himmels ist der Grund der Feindbildlogik.
Der biblische Schöpfungsbericht wird durchsichtig allein auf der Grundlage der Barmherzigkeit, im Kontext der Ethik als prima philosophia.
Theologie im Angesicht Gottes hat einen Zeitkern, sie schließt die Kritik der Vorstellung des Überzeitlichen mit ein. Die Orthodoxie ist die durch die Idee des Überzeitlichen verhexte Gestalt der Wahrheit (Gesinnung ist das moralische Äquivalent der Orthogonalität: sie bestimmt die Richtung). -
27.2.1997
Definition des Grübelns: der partnerlose Dialog. Es geht einem durch den Kopf, was man hätte sagen können oder müssen, aber nicht gesagt hat. In der Regel ist das Grübeln Produkt eines Rechtfertigungszwangs, der seinen Adressaten nicht mehr erreicht, das Anrennen gegen die tauben Wände des Nichtverstehens (die subjektiven Formen der Anschauung sind diese Wände). Das Grübeln, ist das nicht das Feuer der Hölle (der Eisenschmelzofen)? Hat es nicht etwas mit dem Fürsten dieser Welt, der wie ein Blitz vom Himmel gestürzt ist, aber auch mit dem Feuer vom Himmel, zu tun? Und hat es nicht mit der Verheißung, daß es eine Sintflut nicht mehr geben wird (das Zeichen dafür ist der Bogen in den Wolken), aber auch mit dem Feuer am Ende etwas zu tun?
Sind nicht die Adressaten der Wehen aufs genaueste benannt?
– Chorazin und Bethsaida (Mt 1121 par),
– die, durch die die Ärgernisse kommen (Mt 187 par),
– die Schriftgelehrten und die Pharisäer (Mt 2313ff par),
– die Schwangeren und Stillenden (und nicht die Gebärenden?) in den Tagen des Endes (Mt 2419 par),
– der, der ihn verraten wird (Mt 2624 par),
– die Reichen, die Satten, die Lachenden, die, von denen alle Menschen gut reden (Lk 625ff).
Die Verheißung an Eva steht in dem Fluch an die Schlange (und trifft Eva gleichsam von hinten?). -
26.2.1997
Gott ist nicht allwissend. Die Kategorie des Wissens ist auf Gott nicht anwendbar. Jedes Wissen gründet in einer Abstraktion, die der göttlichen Erkenntnis (der Erkenntnis im Namen, nicht durch den instrumentalisierenden Begriff) die Grundlage entzieht.
Es gibt nicht drei Weltreligionen, sondern es gibt
– eine Naturreligion: die jüdische,
– eine Weltreligion: die christliche,
– und eine Religion des Wissens: den Islam.
Die Naturreligion leugnet die Erlösung, die Weltreligion die Schöpfung und die Religion des Wissens die Offenbarung.
Liebet eure Feinde: Jede Verurteilung steht unter dem Druck des Rechtfertigungszwangs; deshalb gibt es keine Verurteilung ohne projektiven Anteil. Jede Verurteilung enthält ein ästhetisches Moment (ein Stück vergegenständlichter Scham).
Wie hängt die Feindschaft (die zu den Konstituentien des Begriffs der Erscheinungen bei Kant, auch des Begriffs des Scheins in der Hegel’schen Logik, gehört) mit dem Begriff der Scham zusammen?
Sind die Wehe-Rufe in den Evangelien eigentlich wirklich nur Drohungen, Verdammungen, Verurteilungen (Angstmacher)? – Nicht Anklage, sondern Klage (gehört nicht die Anklage zu einer Logik, die die Umkehr zur Bekehrung und die Offenbarung zum Bekenntnis macht?). Vgl. die Unterscheidung von „Drohrede, Gerichtsankündigung“ und Klage bei Luzia Sutter Rehmann: Geh, frage die Gebären, S. 64 (nur im Kontext der Abwehr, unterm Rechtfertigungszwang, wird die Klage als Anklage erfahren).
Der Rassismus (der in der Logik der Domestikation gründet, aus dem Begriff der Züchtung sich herleiten läßt – sie endet in der Genforschung) gründet in dem (männlichen) Wunsch nach einer Geburt ohne Wehen (dem technisch-instrumentellen Verständnis der Geburt, einer Geburt, deren Leiden ich nicht mehr wahrnehme, weil die weibliche Geburtserfahrung, die Erfahrung der Wehen ausgeblendet wurde; einer Geburt, die eigentlich die Endstufe der Vergewaltigung ist). Der Rassismus macht das Schuldverschubsystem zu einem Schmerzverschubsystem: zur Logik des Mords – „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“.
Ist nicht der Rassismus eine der letzten Bastionen der Abwehr der Wehen?
Das Schmerzverschubsystem ist das Produkt der Instrumentalisierung des stellvertretenden Sühneleidens.
Der Begriff des Falls bezeichnet den Akt und das Ergebnis der Abstraktion von den Wehen (die Totalität des Schmerzverschubsystems, der Subjektivierung der Empfindungen: der von der Sinnlichkeit „gereinigten“ Welt). „Fertigmachen“ (Konstituierung der trägen Masse): Die Subjektivierung der Empfindungen ist ein Instrument zur Rechtfertigung der Gewalt (der Mordlust). -
25.2.1997
Das spezielle und das allgemeine Relativitätsprinzip verhalten sich wie Tauschverhältnis und Schuldabhängigkeit, wie Handel und Konsum. Auch der Konsum ist eine reine Geldbewegung: das Abbild des „freien Falls“.
Wenn die Welt das „mathematische Ganze der Erscheinungen“ bezeichnet, ist es dann nicht der Staat, der – schon in seinem Namen – das statische Moment in dieser mathematischen Totalität (die verdinglichende, das Objekt zum Objekt machende Gewalt des Begriffs, der Grund der versteinerten Verhältnisse) repräsentiert? Das Gewaltmonopol des Staats gehört zu den Fundamenten des Weltbegriffs. Der Staat ist das Schwert, mit dem Alexander den Knoten, den es zu lösen galt, durchschlagen hat.
In der Beziehung der Begriffe Natur und Welt (des „dynamischen“ zum „mathematischen Ganzen der Erscheinungen“) drückt aufs genaueste die Beziehung der naturwissenschaftlichen Erkenntnis zu ihrem Objekt sich aus. Natur und Welt, das mathematische und das dynamische Ganze der Erscheinungen, sind wie die Form der inneren Anschauung auf ihren Inhalt, wie das Anschauen auf die Zeit, die an sich niemals Gegenstand der Anschauung ist, die selber nicht angeschaut, nur durch den Seitenblick auf die Zeit, durch die historisierende Projektion in den Raum, zum Gegenstand der Anschauung gemacht werden kann, auf einander bezogen (kopernikanische Wende).
Sind nicht die beiden Relativitätstheorien Einsteins auch Geldtheorien?
Frei fallender Fahrstuhl: Der Neoliberalismus ist nur ein Ausdruck jener ungeheuren Bewegung, in die der Staat heute hereingezogen worden ist (vgl. das Motto, das Adorno vor seine Kierkegaard-Arbeit gesetzt hat – aus Edgar Allen Poe: Der Maelstrom).
Drückt nicht im Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit das Moment der Willkür im Weltbegriff: im „mathematischen Ganzen der Erscheinungen“, sich aus?
Haben nicht Zeugung und Geburt (die beiden Gründe des Naturbegriffs) etwas mit dem Fall zu tun? Welche Bedeutung hat in dieser Konstellation die Gebärmutter, das Symbol der Barmherzigkeit? Und wie verhält sich der Naturbegriff zum apokalyptischen Symbol der messianischen Wehen?
Was hat das tollere peccatum mundi mit der Schwangerschaft und den Wehen zu tun?
Wer die Unheilsprophetie von der Heilsprophetie trennt (und jene den Juden, diese den „erlösten“ Christen zuweist), leugnet die messianischen Wehen.
Gleicht nicht die Beziehung der apokryphen zu den kanonischen Apokalypsen der des Korans zur Schrift? Ist Allah (der selber die Texte des Koran verfaßt hat) ein pseudepigraphischer Autor? Nicht das Christentum, sondern der Koran ist der Endpunkt der apokalyptischen Bewegung.
Das Wort, daß nur Gott ins Herz der Menschen sieht, hat utopische Qualität: Was ist, wenn dort, wo Gott hinblickt, nichts ist, und bildet sich nicht das Herz der Menschen erst mit der Barmherzigkeit?
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