Die Freudsche Psychoanalyse ist auf andere Weise, als ihr selbst bewußt war, an den Stand der naturwissenschaftlichen Erkenntnis gebunden: Das Problem, als dessen Lösung die Psychoanalyse sich begreift, ist kein unhistorisches und die Lösung ist nicht für alle Zeit gültig, sondern beide, Problem und Lösung, sind an einen bestimmten Stand der Aufklärung, genauer: der Stellung des Bewußtseins zur Objektivität, gebunden; und dieser Stand der Stellung des Bewußtseins zur Objektivität wird substantiell und entscheidend durch den Stand der naturwissenschaftlichen Erkenntnis (durch den Stand der historischen Auseinandersetzung mit der Natur, von der die Naturwissenschaften ein Teil sind) bestimmt und geprägt. Nachzugehen wäre der Vermutung, daß die Psychoanalyse in ähnlicher Weise als eine Grenzbestimmung der Naturwissenschaften sich begreifen läßt wie etwa die spezielle Relativitätstheorie. Das hätte freilich Konsequenzen, die weit über eine Ortsbestimmung der Psychoanalyse hinausgehen.
Die Physik spaltet die Welt auf in das Produkt theoretischer Konstruktion (= Material und Instrument technischer Naturbeherrschung) und in das Chaos des Gegebenen, das Reich der Qualitäten und Empfindungen, das aus sich selbst nicht mehr verständlich, somit irrational ist. Psychoanalyse und spezielle Relativitätstheorie sind an den Grenzen dieses abgespaltenen Reichs angesiedelt.