Hat der Begriff der Stimmung bei Hegel (Enz. III, Zusatz zu 401, S. 107) nicht einen logischen Stellenwert, der genau dem der Verinnerlichung der Scham durch die Bekenntnislogik entspricht? Vgl. dazu Joachim Ritters Bemerkungen über die Stimmung in seinem Essay über das Lachen. Bezeichnet nicht die Stimmung das eigentlich Verdammte, das sich auf sich selbst beziehende Abgeschnittensein von der benennenden Kraft der Sprache. Nicht zufällig erinnert der Begriff der Stimmung an einen musikalischen Sachverhalt: So ließe sich die Musik als Ausbruchsversuch aus der Stummheit der Stimmung definieren (als der Versuch, ohne Angst zu leben, an dem die Stimmung verzweifelt ist, vor dem sie kapituliert hat: nur schlechte Musik versteht sich als Anpassung an die Stimmung oder gar als Erzeugung von Stimmung).
In welcher Beziehung stehen Scham (der Wunsch, im Boden zu versinken, den die Verdrängung dann glaubt erfüllen zu können) und Angst zueinander? Ist nicht die Stimmung die sich selbst übertäubende Angst (und Rock die ins Extrem getriebene Stimmungsmusik, deshalb bei Demos so beliebt)? Keine Stimmung ohne Wut.
Stimmung und Laune?
Wer die Dinge aufs Geld reduziert, leugnet das Licht und die Blumen.
Es gibt nicht nur eine hebräische Schrift, sondern die Schrift selber ist ein Hebraismus: In der griechischen Schrift wird die hebräische nur auf Links gewendet. Das war die Voraussetzung der Vokalisierung der Schrift (und der Sprache): Produkt der Verinnerlichung des Opfers (und dann der Scham), Grundlage des Weltbegriffs. Oder genauer: die Vokalisierung gründet in der Verinnerlichung des Opfers, während die Verinnerlichung der Scham (Grund und Folge der Schicksalsidee) Schrift und Sprache so umkehrt, daß Rechts und Links ununterscheidbar werden. Hier gehen ihnen die Augen auf, und sie erkennen, daß sie nackt sind: erst die Philosophie, die Erfindung des Begriffs, „öffnet die Augen“, macht das Sehen anstelle des Hörens zur Grundlage der Vernunft, die dann Rechts und Links nicht mehr unterscheiden kann.
Gehört nicht die Beziehung der pornokratischen zur pornographischen Phase der Kirchen- und Theologiegeschichte zur Ursprungsgeschichte des Herrendenkens? Ist nicht die Verwendung der Sexualmoral als Richtschnur des moralischen Urteils der Grund des Sexismus, gleichsam der patriarchalische (und d.h. ein apriorischer, transzendentallogischer) Kern der theologischen Tradition, der sich mit dem antijudaistischen aufs engste berührt.
Wenn Heidegger den Geburtsfehler der Philosophie (den Begriff des Seins) zu ihrem einzigen Inhalt gemacht hat, dann Hegel den der Theologie (den Begriff des Absoluten).
Wer über Gewalt bei Kindern und Jugendlichen redet, muß über die Verrohung der Sprache reden („Wir sagen heute nicht mehr anmutig, wir nennen das geil“). Das aber um keinen Preis denunziatorisch: Es muß hinzugefügt werden, daß diese Verrohung der Sprache eine Erfahrungsgrundlage hat, die sie geradezu erzwingt; sie ist der Versuch der Verarbeitung bestimmter Formen der Erfahrung. Haben nicht die Kinder und Jugendlichen heute große Probleme, das Erbe, das ihnen die Eltern hinterlassen (diese Welt), anzunehmen, sich darin wiederzufinden? Das In-der-Welt-Sein und die Geworfenheit entspricht einer Erfahrung der Generation Heideggers. Die jetzt heranwachsende Generation erfährt sich als von der Welt ausgeschlossen.
Aber es gibt nicht „die Welt“, zu der wir uns äußerlich verhalten (und die uns damit zugleich aus sich ausschließt), sondern die Äußerlichkeit der Welt ist etwas von uns Produziertes und von Generation zu Generation Vererbtes: sie ist ein Teil der Erbschuld, die die Welt verhext, Ausdruck der im Objektivierungsprozeß anwachsenden Macht der Vergangenheit über die Dinge (die in diesem Prozeß überhaupt erst zu Dingen geworden sind). Hier wird deutlich, daß (und weshalb) das Zentrum der Prophetie ihr Aktualitätskern ist, weshalb die Wahrheit einen Zeitkern hat.
Die Wahrheit ist nicht überzeitlich, sondern das Überzeitliche ist der Inbegriff und das Medium der Leugnung; die Geschichte der drei Leugnungen spielt sich in diesem Medium ab.
„Man gönnt sich ja sonst nichts“: Dieser Auto-Aufkleber steht in der Tradition der in der Nazizeit verbreiteten Klage, man habe nichts vom Leben gehabt. Das „man“ des ersten Satzes ist der Abkömmling des anonymisierten „Lebens“ im (früheren) zweiten Satz.
Antijudaismus
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20.03.94
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16.01.94
Zur Beziehung von Scham und Blut sh. Vermes, Anm. 31, S. 260: Rabbi Nachman ben Isaak: „Wer seinen Nächsten in der Öffentlichkeit beschämt (erröten läßt), der ist, als hätte er Blut vergossen.“
Anwendung von Mt 634: „Darum sorgt nicht für den anderen Morgen, denn der morgige Tag wird wird für das Seine sorgen. Es ist genug, daß jeder Tag seine eigene Plage hat“, auf die Schöpfungsgeschichte, das Sechstagewerk, und auf den „Tag des Herrn“. Geza Vermes rührt, ohne es zu bemerken, an den Grund der Prophetie, wenn er dazu darauf hinweist, daß Jesus „ein Mensch (war), für den die Gegenwart, das Hier und Jetzt, von einmaliger und unendlicher Wichtigkeit war“ (S. 264).
Zur Bestimmung des Staubs (zu dem Adam wird, und den die Schlange frißt): Das Heideggersche „Man“ ist eine Emanation der Welt: die präziseste Bestimmung dessen, was die Propheten Unzucht nannten. Bezeichnend, daß das unpersönliche Man dann doch als männlich (und als Verkörperung des Universalen) erfahren wird.
Das Geschwätz ist eine Erfahrungsverhinderungsmaschine (es gehorcht der dem Rechtfertigungszwang unterworfenen Bekenntnislogik).
Wenn Israel der Augapfel Gottes ist, ist dann nicht der Antisemitismus (wie vor ihm der kirchliche Antijduaismus) ein Versuch, Gott blind zu machen: daß er’s nicht mehr sieht?
Wenn der Antisemitismus Gott erblinden macht, hat dann das Christentum Ihn gelähmt? Drückt sich das darin aus, daß der erhöhte Jesus „zur Rechten des Vaters“ sitzt?
Die Botschaft Jesu an den Täufer im Gefängnis („Blinde werden sehend und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote werden auferweckt und und Armen wird die frohe Botschaft verkündet, und selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt“, Mt 115) ist apokalyptisch (Zusammenfassung der Lösung der sieben Siegel und e contrario eine spiegelbildliche Beschreibung des apokalyptischen Weltzustandes).
Als Zedekia, der letzte (vom König von Babel eingesetzte) König der Juden, nach Babel verbracht wurde, „schlachtete man (die Söhne Zedekias) vor seinen Augen; den Zedekia aber ließ er blenden und in Ketten legen. So brachte man ihn nach Babel“ (2 Kön 257). Hat diese Geschichte etwas mit Auschwitz zu tun: Ist „der König der Juden“ seitdem geblendet und in Fesseln, blind und lahm? Vgl. auch die „Blinden und Lahmen“ bei der Eroberung Jerusalems (2 Sam 56ff) und in der Botschaft Jesu an den Täufer („Die Blinden werden sehend, die Lahmen gehen, …“ Mt 115). -Ist hier die Richtung bezeichnet, in der das mit dem Lösen Gemeinte gesucht werden muß?
Es gibt keine Erkenntnis, die nicht auch in Beziehung zur Gotteserkenntnis steht, und hier gilt der Satz: Der liebe Gott (und nicht der Teufel) steckt im Detail.
Zu Geza Vermes: Der Nachweis, daß die Lehre der Kirche mit der Lehre Jesu nicht übereinstimmt, reicht nicht mehr. Zu ermitteln und herauszuarbeiten wäre die reale historische Beziehung beider zueinander; eine hierher passende Bemerkung zu den Elefanten: Ist nicht das Langzeitgedächtnis, soweit es von der Erinnerungsfähigkeit zu unterscheiden ist, und d.h. das Langzeitgedächtnis, dessen Objekt man nur ist, Ausdruck einer sehr tiefen Verletzung?
Zur Unterscheidung von Mythos und Aufklärung: Wenn das Schicksal, nach der Benjaminschen Definition, der Schuldzusammenhang des Lebendigen ist, ist dann die Welt (und das wäre ebenfalls eine Definition) der Schuldzusammenhang des Toten (aber dieser Schuldzusammenhang ist einer, der in dem des Lebendigen gründet, und dessen realsymbolische Widerspiegelung das apokalyptische Tier ist)? Für uns sind nicht mehr die Götter unsterblich, sondern unsterblich ist nur noch die Sterblichkeit der Sterblichen: der Tod. Darin gründet der Naturbegriff.
Vornehm und anständig, oder der Kern des Verblendungszusammenhangs: Der Vornehme spiegelt sich im Blick von unten, der Anständige im Blick von oben. Gemeinsam verstellen sie der Erkenntnis den Weg. Wenn die Vornehmen mit den Anständigen sich verbünden, siegt die Natur, wird die Welt gemein.
Zur Raumvorstellung: Oben und unten bezeichnen das Verhältnis von Schöpfung und Auferstehung, rechts und links das von Gericht und Barmherzigkeit, und vorne und hinten das von Im Angesicht und Hinter dem Rücken. -
29.12.93
Die Welt ist als Substanzbegriff ein Funktionsbegriff (Zusammenhang mit dem Ursprung und der Bedeutung des Begriffs des Absoluten: Produkt der Abstraktion von der Funkion des Weltbegriffs, der Abstraktion vom Schuldzusammenhang, in dem der Weltbegriff sich konstituiert; Konstituierung des Absoluten als Kern der Exkulpationsautomatik). Wenn es den Weltbegriff ohne den Begriff des Absoluten nicht gibt, dann bedarf es der Theologie zur Kritik des Absoluten (zur Kritik der Hybris).
Hegels Philosophie radikalisiert den kantischen Ansatz: wonach wir nur das erkennen, was wir in die Dinge hineingelegt haben. Das Ich als Absolutes erkennt in den Dingen nur sich selbst. Aber diese Hybris ist vorgezeichnet in der logischen Struktur des Denkens selber, durch den Weltbegriff ist sie zu einer selbsttätigen Automatik geworden. In der Schrift wird der Weltbegriff durch die Schlange symbolisiert: die Schlange ist das klügste aller Tiere (klug, d.h. der Selbsterhaltung fähig, sind alle Tiere). Seinen Jüngern hat Jesus geraten: Seid klug wie die Schlangen (und ergänzt: und arglos wie die Tauben – ist das nicht eine Anweisung, wie Hegel zu lesen ist: nämlich ohne der Paranoia zu verfallen, die mit der Logik sich durchsetzt?).
Seht, ich sende euch wie Schafe unter die Wölfe: So hat Jesus seine Jünger darauf hingewiesen, daß sie in eine vom Privateigentum und vom Selbsterhaltungsprinzip: vom Staat, beherrschte Welt kommen. Die Wolfswelt ist der Staat.
Der Antijudaismus und in seiner Konsequenz auch der Antisemitismus ist vom Weltbegriff nicht abzulösen. Die Rezeption des Weltbegriffs (zusammen mit der Philosophie, dem Hellenismus) war das Medium der antijudaistischen Verarbeitung des Urschismas.
Ist nicht der jesuanische Gottesname „Vater“ der Platzhalter einer Theologie im Angesicht Gottes? Aber wurde dieser Vatername nicht schon mit dem Titel der Kirchenväter säkularisiert, verweltlicht, historisiert, verendlicht?
Vater, laß die Augen dein über meinem Bette sein: So sind die schlafenden Jünger in Getsemane zum Vorbild der Kirche geworden.
Wer war die Königin von Saba?
Die Empörung ist die Schrumpfform der Leidenschaft (ihr Erstickungstod), an den Weltbegriff, die intentio recta, die Herrschaft der subjektiven Formen der Anschauung, gebunden: Ausdruck der Irrealität, der „Gegenstandslosigkeit“ der Umkehr, des herrschenden Atheismus. Reflexion, und damit Humanität, gibt es nur noch im Kontext der Schuldreflexion (der „Gottesfurcht“): unter der Bedingung, daß der Bann der subjektiven Formen der Anschauung (und damit der Bann der Welt) sich brechen läßt. -
27.12.93
Die Opfertheologie verweigert genau das, was sie leisten soll: die Befreiung. Eine Kritik der Opfertheologie, der Vergöttlichung des Opfers, ist schon deshalb notwendig, weil sie die Bindung an die Opferrolle sprengt.
Die Christen haben das Christentum als Religion für andere (als Weltreligion) zu einem undurchdringlichen System gemacht, in dem man, wie man sich auch wendet, gefangen bleibt. Z.B. Drewermann bleibt gerade durch seine Opposition zur Kirche (und durch die damit verbundene Opferrolle) in dem Netz gefangen. Eine Schlüsselfunktion scheint bei ihm die Personalisierung der Probleme zu haben (die ihn konfliktunfähig macht, seiner Position aber zugleich den Schein des Absoluten verleiht). Es ist eine kirchlich produzierte Psychose, die ihn aus der Kirche heraustreibt.
Ist Drewermann das letzte Opfer der kirchlichen Ketzerverfolgung, die seit je die Wahrheit aus Furcht vor den Wehen abgetrieben hat?
Die Beziehung der Wissenschaft (des Positivismus) zur Wahrheit ließe sich am ehesten als Abtreibungsautomatik beschreiben (und die Alma Mater als Hure Babylon).
Grund des Antijudaismus: In den Juden hat die Kirche immer schon sich selbst gehaßt. Enthält nicht Mt 523f das Gebot zur Beseitigung des Urschismas; und ist nicht vorher jede Eucharistie blasphemisch?
Ist nicht jeder Fundamentalismus Produkt einer Anpassung der Religion an das steinerne Herz der Welt? Aber diese Gefahr gibt es nur für die Buchreligionen (sie ist im Christentum entstanden und eines ihrer ersten Symptome war das augustinische „ad litteram“).
Daß der Himmel wie eine Buchrolle sich zusammenrollt (Jes 344): Gibt es eine bessere Beschreiung der Thora? -
05.12.93
Offb 179: „Hier ist der Verstand (vonnöten), der Weisheit hat. Die sieben Köpfe sind sieben Berge, auf denen das Weib sitzt, und sind (zugleich) sieben Könige.“ Aber der Engel entrückt ihn in eine Wüste, nicht auf einen hohen Berg, um ihm die große Buhlerin (Babylon) zu zeigen (173).
Die Welt bezeichnet einen Bereich des Handelns, in dem man ohne Reue und ohne zu verzeihen seine Interessen und Ziele verfolgen kann. Das Absolute, das Korrelat der Welt, exkulpiert apriori. Das logische Apriori der Welt ist die eigene Rechtfertigung, die Selbstrechtfertigung (wenn sie ganz zur Ideologie geworden ist, bedarf sie keiner mehr).
Eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit: Kann das nicht auch (x + x2)1/2 sein? Kommt der Ausdruck „ein A und zwei A und ein halbes A“ in der alten Mathematik vor?
Ist der Lautsprecher (Begriff der Rede, die jede Reflexion im Keim unterbindet) nicht ein zentraler Typos der Nazizeit?
Zur Kritik des Absoluten (Voraussetzung wäre eine Kritik der Mathematik): Hängt der Begriff des Absoluten nicht mit dem der Absolution („absolvo te in nomine …“) zusammen? Ist das Absolute nicht das immanente Telos des Exkulpationstriebs: die Macht der Sündenvergebung (Typos Barock!)? Und steckt darin nicht die Macht, die Vergangenheit zu vernichten: die Macht der Verdrängung? Hat die Kirche deshalb immer jede Vergangenheit (zuerst das Heidentum und Judentum) „überwunden“, und droht sie nicht (seit dem Barock) zum Opfer der Überwindung der eigenen Vergangenheit zu werden (zum Kern eines gewaltigen Verdrängungsapparats)? Deshalb können Theologen (Leonhard Ragaz eingeschlossen) das Jüngste Gericht nicht mehr vom Weltgericht unterscheiden.
Gegen jeden Fundamentalismus: Das Absolute ist der Erbe des mythischen Schicksals und das Korrelat der Welt. Gott aber hat Himmel und Erde erschaffen. Das Abolute ist das caput mortuum Gottes, zu seinen Konstituentien und Gründen gehört die List der Vernunft als Mittel der Befreiung von der Gottesfurcht.
Zum Absoluten gehört die Person: die Maske (die Charaktermaske: Geburt des Absoluten aus dem Geist der Tragödie). Das Absolute ist der Gott für andere, Grund jeder instrumentalisierten Religion, das mythische Erbe in der Religion.
Die Kritik des Absoluten schließt die Kritik des Bekenntnisses mit ein, aus dessen Logik es hervorgeht. Die Bekenntnislogik ist die Logik der Religion für andere: deshalb schließt sie das Feindbild (im Christentum den Antijudaismus), das Verrätersyndrom (die Ketzerverfolgung) und die Frauenfeindschaft mit ein (dadurch unterscheidet sich das Bekenntnis „zur Gottheit Jesu“ vom Bekenntnis des Namens).
War es nicht der tiefste Wunsch Heideggers, und zwar einer, der in der innersten Struktur seiner Philosophie (des ontologischen Ansatzes) begründet war: Kirchenvater des Nationalsozialismus zu werden? (Das Sein ist das Sein; der Infinitiv gründet im Possessivpronomen, und die Ontologie wäre im Kontext einer Geschichte der Banken zu analysieren.)
Sidneys Argument (in dem Gespräch nach dem Konzert gestern abend), daß die Lohnkosten (DM 50,- Stundenlohn für deutsche Arbeiter gegenüber DM 5,- für polnische oder tschechische Arbeiter, und das bei 200 Arbeitstagen im Jahr) Ursache der Wirtschaftskrise in der BRD seien, vergißt (oder verschweigt), daß
– die beiden Stundenlöhne so nur aus Unternehmersicht, nicht aber aus der Sicht der Betroffenen und auch nicht aus politischer Sicht vergleichbar sind (die Basis ist nicht vergleichbar),
– die Lebensverhältnisse in der BRD (u.a. die Mietkosten) eine Senkung der Löhne nicht zulassen, ohne zu riskieren, daß das Heer der Obdachlosen vergrößert und die Gefahr einer neuen faschistischen Eruption heraufbeschworen wird.
Die Intention des Arguments war rücksichtslos und barbarisch, aber sein Realgrund darf nicht verdrängt werden: Laufen die wirtschaftspolitischen Ziele der Bundesregierung:
– Erhaltung der Geldwertstabilität und
– Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland
unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht in der Tat auf diese barbarischen Folgen hinaus? Läßt sich eine nationale Wirtschaftspolitik (oder eine Wirtschaftspolitik, die den nationalen Grund der Wirtschaft unangetastet läßt, sich als Wirtschaftspolitik im internationalen Konkurrenzkampf begreift) ohne diese Folgen überhaupt noch begründen? In welcher Beziehung steht die Währungshoheit des Staates (der systematische Grund des Nationbegriffs) zu den Problemen der unterschiedlichen Infrastrukturen, den Mitteln der Marktsicherung (Zoll und Steuern), den Problemen der ökologischen und politischen Existenzsicherung, aber auch dem Wandel der Öffentlichkeit, den ökonomisch und real, durch die Geschichte des „Begriffs“ (d.h. herrschaftsgeschichtlich), erzwungenen Formen der „Rücksichtlosigkeit“ (reale Entwicklung des Weltbegriffs)?
Zu Sidneys Konzept eines ökologischen Heizkraftwerks, dessen Emissionen einen Wald nähren sollen, damit sie die Atmosphäre nicht belasten:
– Stimmt eigentlich die Prämisse, daß die Emissionen insgesamt über den Kohlenstoff-Umsatz zur Holzerzeugung genutzt werden können; gibt es nicht auch waldschädigende Emissionen (die heute über den sauren Regen das Waldsterben verursachen), die das Konzept von vornherein zum Scheitern verurteilen würden?
– Und selbst, wenn man das vernächlässigen könnte: Welche Folgen hätte die Kohlenstoff-Übersättigung?
Der Kapitalismus hat die Schuldknechtschaft institutionalisiert.
Der Fehler des real existierenden Sozialismus lag nicht in Grundlagen der Theorie, sondern in den Prämissen und Folgen ihrer technologischen Anwendung. Aber diese Prämissen und Folgen sind Teil der vom Tauschprinzip beherrschten Wirtschaft insgesamt, auch der Marktwirtschaft, die nur aufgrund der konsequenteren Anwendung: aufgrund ihrer Rücksichtslosigkeit durchsetzungskräftiger ist. -
09.11.93
09.11.93
Die Sünde der Welt ist die Idee des Absoluten als Inbegriff der Trennung von Gott: die systemgewordene Verweigerung der Umkehr.
Es gibt einen inneren Zusammenhang der Logiken des Feuers, des Namens und des Angesichts, der sich dem erschließt, der den Raum begreift. Denn der Raum ist nicht die Form der Gleichzeitigkeit, sondern die Grenze gegen die Vergangenheit.
Hat die Bindung Isaaks (der Schrecken Isaaks und das Lachen) etwas mit dem Binden und Lösen zu tun?
Die Instrumentalisierung des Kreuzestodes ist der innertheologische Grund des kirchlichen Antijudaismus. Seitdem ist der Kreuzestod in allen Pogromen, Ketzer- und Hexenverfolgungen präsent.
Grund der Prophetie war einmal das Votum für die Armen und die Fremden. Heute machen wir die Fremden zu Armen und die Armen zu Fremden.
Zum Begriff des Sklavenhauses Ägypten (Mizrajim, Zufluchts- und Unterdrückungsort der zwölf Stämme Israels): Ist der Tierkreis ägyptisch, und sind die Planeten babylonisch?
Die Welt ist das Prinzip der Anonymisierung von Schuld, Grund des Schuldverschubsystems.
Gibt es Hinweise dafür, daß die Werte der Gravitationskonstanten und der Lichtgeschwindigkeit (gemeinsam und in wechselseitiger Abhängigkeit) zeitabhängig sind? -
07.11.93
Cohen, S. 171: Unter Hinweis auf Jesaja: „Wenn du einen Nackten siehst, daß du ihn kleidest, und deinem Fleische dich nicht entziehst“, ergänzt Hermann Cohen: „Der Arme ist dein Fleisch“. Das Brot der Eucharistie ist das Fleisch, weil es durchs Brotbrechen aufs Austeilen und die Gemeinschaft bezogen ist.
Ist das gegen die Geschlechtsbezogenheit gleichgültige Adjektiv Ursprung und Modell des Neutrum (des Weltbegriffs)?
Es gibt kein göttliches Attribut, das auf den Habitus des passiven Zuschauens (des Genießens) abgestellt ist.
Gegenstand der Theologie hinter dem Rücken ist der gefallene Gott, der Gott für andere. Ist Gott der Kirche nicht endgültig entfallen?
Die Geschichte der Naturwissenschaften gehört zur dritten Phase der Geschichte der drei Leugnungen Petri (der Naturbegriff liegt der Leugnungsgeschichte insgesamt zugrunde). Sie endet in der Tat heute in der Selbstverfluchung. Der Antisemitismus gründet darin, daß die Existenz der Juden (und die Geschichte, für die sie stehen) hieran (an das christliche Urschisma) erinnert.
Nimmt nicht die Abtreibungsdebatte in der Theologie heute die Stelle ein, die vorher der Antijudaismus besetzte?
Der biblische Begriff der Einsicht läßt sich mit dem Hinweis darauf erläutern, daß heute Einsicht in politische Entscheidungen nicht mehr zu vermitteln ist. Ist die „Politikverdrossenheit“ ein Systemeffekt? Einsicht ist Einsicht in die Gründe: auf Praxis bezogen und durch Praxis vermittelt, innerhalb einer ontologisch vorbestimmten Welt (in der nur noch Zuschauer und Genießende ein Existenzrecht haben) nicht zu halten. Die Armen und die Fremden (ihr Ausschluß aus der Erkenntnis durch die Philosophie) repräsentieren das Schicksal der Einsicht und der benennenden Kraft der Sprache (ihre Neutralisierung durch den Begriff).
Die vollendete Welt: die Auflösung der (in der Utopie terminierten) Spannung und die Selbstzerstörung des Grundes, oder der vergangene Himmel und die zernichtete Erde. „Himmel und Erde“ ist kein mythischer Ausdruck für „alles, was ist“ (und die creatio mundi ex nihilo kein anderer Ausdruck für den ersten Satz der Genesis).
Cohens Bemerkungen über Ezechiel (Jecheskel), über den Zusammenhang von Individualisierung, Bewußtsein der Sünde, Bekenntnis und Vergebung der Sünde, seine Bemerkungen zum Begriff des Menschensohns: wie hängt das zusammen mit dem ezechielischen Bild der Auferstehung und der Merkaba-Vision?
Ist die Blendung durch die Sonne nicht ein Denkmal der Trennung vom Angesicht?
Gehört der hebräische Name der Barmherzigkeit zu den Verständnisvoraussetzungen der Bedeutung Evas in der Geschichte vom Sündenfall und der messianischen Wehen? Die Abtreibungskampagne gehört zur Geschichte Adams, der Schlange und des Staubs beim Sündenfall. -
18.09.93
Die alte KZ-Wärter-Logik „Wenn du’s nicht tust, dann tut’s ein anderer“ und „Einer muß schließlich die Drecksarbeit tun“ ist die herrschende Logik in Politik und Wirtschaft heute.
Die ambivalente Position der Dialektik der Aufklärung, zu der Walter Benjamin das Bild geliefert hat, war nicht durchzuhalten. Man kann sich der Theologie nicht bedienen und sie zugleich als Zwerg unterm Tisch verstecken, man muß sie hervorholen, auch auf die Gefahr hin, daß die im Gebrauch des Weltbegriffs wurzelnden Vorurteile dann nicht mehr zu halten sind.
Was wir die Welt nennen, ist eine Momentaufnahme im Säkularisationsprozeß. Es ist die Ersetzung der Gegenwart, die von objektiven Korrespondenzen: von Verheißungen und Erinnerungen durchdrungen ist, durch das Gesetz der Gleichzeitigkeit (durch die Form des Raumes). Ist es nicht der quälend verlangsamte Weltuntergang, den wir betreiben, den wir allerdings zugleich aufgrund unserer Mittäterschaft wahrzunehmen nicht mehr fähig sind. Daß die Elemente verbrennen und der Himmel wie eine Buchrolle sich aufrollt, ereignet sich das nicht vor unseren Augen: im naturwissenschaftlichen Aufklärungsprozeß?
Was Jesus dem Johannes im Gefängnis mitteilen läßt (Befreiung von den sieben unreinen Geistern?):
– Blinde werden sehend und
. Lahme gehen,
– Aussätzige (d.i. Unreine: Beziehung zur Scham?) werden rein und
. Taube hören,
– Tote werden auferweckt und
. den Armen (die Gott in der Welt repräsentieren) wird die frohe Botschaft verkündet, und
– selig ist, wer an mir (an der Schrift, an den Juden) keinen Anstoß nimmt (Mt 115, Lk 722f),
ist das nicht unsere vergangene Zukunft? Heute werden die Sehenden blind, die Gehenden lahm, die Reinen zur Wohnung der unreinen Geister, die Hörenden taub und die Armen der ausweglosen Verzweiflung ausgesetzt, während das im letzten Punkt benannte Ärgernis zwanglos sich auf die Theologie hinter dem Rücken Gottes (die den Anstoß des Kreuzestodes wegrationalisiert) und auf Auschwitz sich beziehen läßt. Hat nicht die Kirche zwangshaft und bewußtlos „an ihm Anstoß“ genommen (den Kelch getrunken), und dann den „Anstoß“ (das Ärgernis) projektiv mißbraucht?
Ist dieses Jesus-Wort die Antwort auf das agnus dei, qui tollit peccata mundi, und die Entfaltung des Johannes-Worts von der Umkehr (Kehret um, denn das Reich Gottes ist nahe)? Es verknüpft die Befreiung von der Trägheit mit dem Sehen (das Angesicht), das Hören (Heute, wenn ihr meine Stimme hört) mit der Reinigung vom Aussatz und die frohe Botschaft an die Armen (die Gott selbst repräsentieren) mit der Auferweckung der Toten. Bezieht sich hieraus das ergreifende Paulus-Wort, wonach die ganze Schöpfung seufzt und in Wehen liegt und auf die Freiheit der Kinder Gottes wartet?
Nach dem Wort an Johannes kommt das Wort über Johannes (der, den ihr sucht, ist nicht an den Höfen der Könige).
Zur Täufer-Theologie gehören Joh 129 und die obige Stelle (Mt 115 und Lk 722f), aber dazu zum letzten Punkt insbesondere die Aufarbeitung des Urschisma, die Kritik des kirchlichen Antijudaismus (Karl Thieme: die Stephanus-Rede und der Hebräerbrief).
Arglos wie die Tauben: sich an ihm nicht ärgern.
Heute genügt nicht mehr die Umkehr, sondern die Befreiung von den sieben unreinen Geistern, das Lösen der sieben Siegel. Klingt das nicht erstmals beim Jeremias an, dessen Nähe zu Jesus hier erkennbar wird: im Wort von dem „Grauen um und um“? Dieses Wort erscheint an drei Stellen (wie auch Gottes Aufforderung an Jeremias, nicht mehr für dieses Volk zu beten, und im Kontrast dazu das Gebot an das Volk: Betet für das Wohl der Stadt). Worauf beziehen sich diese Stellen?
Nicht Griechenland, sondern Rom ist Babylon: Ist das Futur II (eine grammatische Errungenschaft der Lateiner) ein Produkt der Astrologie?
Im Tempel, im Allerheiligsten, wohnt nicht Gott selber, sondern der Tempel ist das Haus des Namens (und der Herrlichkeit) Gottes. In katholischen Kirchen entspricht dem Namen Gottes die Eucharistie, aber was heißt das? Beim Tod am Kreuz ist der Vorhang des Tempels, der das Allerheiligste vom übrigen Raum abtrennte, zerrissen (was bedeutet der Vorhang im Tempel, Gen 2631ff?). Was ist in Auschwitz zerrissen?
Das Bekenntnis und die ohnmächtige und folgenlose Gesinnung (vgl. gesonnen und gesinnt). Ist nicht die Gesinnung wie das Bekenntnis eine Alibi-Veranstaltung, der Bunker, in den sich das schlechte Gewissen vor dem Angesicht Gottes flüchtet? Adam und sein Weib „verbargen sich vor dem Angesichte Gottes des Herrn unter den Bäumen im Garten“ (Gen 38): Gehört das zur Geschichte des Ursprungs der Architektur?
Islam und Christentum: Ist die Kaaba die Erinnerung an das unerlöste steinerne Herz der Kirche?
Angst und Erkenntnis: Während die apokalyptische Stimmung Angst erzeugt, entspringt und konstituiert sich apokalyptische Erkenntnis in der Reflexion der Angst.
Begriff und Erfahrung (zur Kritik der Erfahrung). Begriffe sind die Narben erlittener Erfahrung, Produkte des verdrängten Leidens. Welche Funktion hatte der Kreuzestod und seine theologische Verarbeitung (seiner Objektivation, Verdrängung und Instrumentalisierung) in der Geschichte des Begriffs? Ist nicht der Begriff in der Tat das Instrument der Zerstörung des Namens, der auf dem Grunde des Leidens ruht? Nur über das Leiden wird das Wort seiner selbst mächtig, gewinnt die Sprache ihre benennende Kraft zurück. Aber selbst das hat die Philosophie mit dem Begriff des „Existentiellen“ nochmal einzufangen und zu instrumentalisieren versucht. Der Existenz-Begriff ist mythologisch, weil er die Kraft des Namens in das Privileg des Opfers umlenkt und so neutralisiert, weil er die Heiligung des Namens (wie das Christentum) mit der Heroisierung, der Vergöttlichung des Opfers verwechselt. Nach meiner Kenntnis ist in der jüdischen Tradition der Begriff der Heiligung des Namens eine andere Bezeichnung fürs Martyrium. Ist das nicht das proton pseudos, aber liegt darin nicht zugleich auch die Verführungsgewalt des Mythos, daß er das Opfer mit der Sinnfrage verknüpft (das ist der Sinn von Heideggers Frage nach „dem Sinn von Sein“): Die Sinnfrage substituiert sich der erkennenden Kraft des Namens, kehrt sie nach außen und neutralisiert sie. Die Sinnfrage und ihr Vorläufer, die Theodizee, verrät das Opfer durch Heroisierung, durch Vergöttlichung. Die Göttlichkeit Jesu ruht in der Kraft des Namens, und nur insoweit in der Kraft des Opfers. Hier ist der Berührungspunkt der messianischen mit der Königstradition, die auch aus der Geschichte des Opfers stammt.
Was unterscheidet die Königs- (Davids-) Tradition von der Reichs- und Kaiser-Tradition (von der Nebukadnezar-, Alexander-und Caesar-Tradition)? Oder auch: Was unterscheidet die englische und französische von der deutschen Tradition (in den politischen Institutionen, in der Sprache und in der Philosophie)? Aber hatten nicht auch die Engländer und die Franzosen ihren imperialistischen Sündenfall (Indien und Napoleon; das zweite deutsche Reich hat sich den Kaisertitel durch einen Sieg über Frankreich, das dann prompt zum Erbfeind ernannt wurde, zurückgeholt; Bedeutung des Rußlandfeldzugs für Hitler)?
Enthält nicht das Problem der deutschen Einheit eine bis heute unbegriffene Herausforderung (die offensichtlich durch den Kandidaten Heitmann verdrängt werden soll)? -
17.09.93
Den Griechen eine Torheit, den Juden ein Ärgernis: Das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt auf sich nimmt? (In welcher Beziehung steht im Deuterojesaia das Lamm zum Gottesknecht?)
Die Geschichte der Naturwissenschaften als Geschichte der Austreibung des Geistes: als Gegengeschichte zur Dämonenaustreibung?
Sind nicht die subjektiven Formen der Anschauung das Sündennetz, in das das Herrendenken und jede Objekt-Erkenntnis sich verstrickt?
Jeremias und Jesus: War nicht das Judentum zur Zeit beider ins Herrendenken verstrickt (Analyse der Verwirrung: Wo gab es die ersten falschen Propheten: die ersten Rechtfertiger der Macht?).
Scheint nicht beim Flavius Josephus, in der Geschichte der Grausamkeiten und der Paranoia der Mitglieder der Herodesfamilie (und dann der Beteiligten im Jüdischen Krieg), der „naturgeschichtliche“ Hintergrund der Jesus-Zeit, in den auch die Priesterschaft und der Tempel verstrickt ist, mit durch? Bezieht sich nicht hierauf der „Antijudaismus“ im Johannes-Evangelium?
Sind es nicht einfach mangelnde historische Kenntnisse, die alles ineinander verschwimmen lassen: die Pharisäer, die Schriftgelehrten, die Sadduzäer etc.?
Ist die Währung der Jesus-Zeit (die „Talente“) nicht eher eine politische als eine privatwirtschaftliche Währung? Wozu wurde das Geld gebraucht, womit wurde gehandelt? Wovon lebten die Massen in den Metropolen (gehörte die Bereitstellung des materiellen Unterhalts des Volkes zu den Pflichten der Herrschenden)? Waren nicht Herodes und die Mitglieder seiner Familie Polit-Unternehmer, verfeindet durch das wechselseitige Konkurrenzverhältnis? Waren die Söldner (sofern sie nicht, wie in Kriegszeiten, von der Beute lebten) die ersten Lohnabhängigen?
Ist nicht die christliche Identifizierung Roms mit Babylon präziser als dessen jüdische Identifizierung mit Edom?
Die dämonische Zweideutigkeit ist der logische Aspekt der Instrumentalisierung: Zusammenhang von Instrumentalisierung und Sprache, Bedeutung der Schuldreflexion und Ursprung des Nominalismus.
Es ist ein Erbe der Philosophie, wenn die Theologie aus der Unterscheidung von Götzendienst und Monotheismus ein quantitatives Problem gemacht hat.
Läßt sich die Hellenisierung des Christentums (auf die die Geschichte im Garten Getsemane anspielt?), als ein welthistorischer Akt des Tikkun verstehen (vgl. die Geschichte der Dönmeh in Saloniki)? Seitdem gibt es Wölfe im Schafsfell und Schafe im Wolfspelz, aber erkennen kann sie nur Gott.
Ist nicht die Apokalypse eine notwendige Radikalisierung der Prophetie: nach dem Ursprung des Weltbegriffs (Daniel befindet sich am Hofe des Nebukadnezar: Hatte das nicht schon sein Vorbild in der Josefsgeschichte, und was bedeutet es, wenn Johannes auf Patmos schreibt?). Die Jonas-Geschichte ist postapokalyptisch.
Klingt nicht die Kritik der Postmoderne in Deutschland ein wenig nach dem palmströmschen Vers, daß nicht sein kann, was nicht sein darf? -
14.09.93
Zum Turm von Babel: Die Verwirrung der Sprache war das Produkt gesellschaftlich bedingter unterschiedlicher Beziehungen zur Sprache.
In der Wendung „Wir Deutschen“ wird das idealistische Ich in ein Kollektivum übersetzt: Beide sind Produkte der Vergegenständlichung eines absolut Ungegenständlichen, was dann ohne Schuldverschiebung: ohne projektive Abarbeitung der Vergegenständlichung, und d.h. ohne Absolutierung, nicht zu halten ist. Dem gleichen Mechanismus verdanken sich im Ursprung der Philosophie insbesondere die Begriffe Natur und Materie.
War der griechische Kosmos der schöne, geschmückte Kosmos, der lateinische mundus die von Feinden und Barbaren gereinigte, durchs Recht befriedete Welt?
Zum Begriff und zur Geschichte des Himmels: Haben die Christen nicht den Himmel mit der Unterwelt vermischt? Was bedeutet es, wenn im Englischen sky und heaven unterschieden werden, im Deutschen eine etymologische Beziehung des Worts Himmel zum Hammer sich nachweisen läßt?
Ist nicht die physikalische Nahwirkungstheorie, der prinzipielle Ausschluß jeglicher „Fernwirkung“, der falsche Ausdruck eines an sich richtigen Sachverhalts: daß das Inertialsystem nicht globalisiert werden darf.
Zahlreich wie die Sterne am Himmel und wie der Sand am Meer: Was bedeutet dieser Sand am Meer?
Haben der Baum der Erkenntnis und die Dornen und Disteln etwas mit den Flexionen, und zwar der Baum der Erkenntnis mit den Konjugationen der Verben (dem Prädikat, dem Begriff), die Dornen und Disteln mit den Deklinationen: den casus, zu tun, die Schlange mit dem Neutrum und der zu bearbeitende Acker, dem die hervorbringende Erde zugrundliegt und von dem Adam, der Mensch, seinen Namen hat, generell etwas mit der Sprache?
Wenn der Erde die Idee der Sprache zugrundeliegt, dann dem Himmel die der Erfüllung des Worts: hat Gott nicht die Erde gegründet und den Himmel aufgespannt?
Gehört nicht der Nominalismus in die Geschichte der Urbanisierung, und wirft das nicht ein Licht auf Ninive, die „große Stadt“, in der die Menschen Rechts und Links nicht unterscheiden können (die genaueste Definition des Nominalismus)?
Bezeichnen die Dornen und Disteln, das Widerständige, nicht aufs genaueste den Objektbegriff (als Kern des Naturbegriffs), die Null und den Punkt im Raum als Quellpunkt des Inertialsystems (genauer den Punkt in der Minkowskischen Raumzeit, in den das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit und die Gleichungen der Lorentz-Transformation schon mit eingearbeitet wurden).
„An jenem Tag wird Israel der Dritte im Bunde sein neben Mizrajim und Assur, ein Segen inmitten der Erde, die der Herr der Heerscharen segnet, indem er spricht: Gesegnet ist Mizrajim, mein Volk, und Assur, das Werk meiner Hände, und Israel mein Erbbesitz!“ (Jes 1924f)
Die Gottesfurcht ist das Ende der Menschenfurcht: Sie macht den Haß der Welt, anstatt ihm nachzugeben, erfahrungs- und verarbeitungsfähig. Sie ist der Schutz vor der Identifikation mit dem Aggressor.
Merkwürdige und erschreckende Erfahrung beim erneuten Lesen von Karl Thiemes Buch „Kirche und Synagoge“ (geschrieben 1944): So tief steckte der Antijudaismus in der kirchlichen Tradition. Steht das Buch nicht unter einem ungeheuren Rechtfertigungszwang: daß der kirchliche Antijudaismus nur ja nicht verwechselt werde mit dem gleichzeitigen Antisemitismus (gegen den Karl Thieme aktiv gearbeitet hat). Deutlich wird, wie eng der Antijudaismus mit Dogma und Bekenntnis, und zwar weniger mit ihrem Inhalt, als vielmehr mit ihrer gleichsam transzendentalen Logik, verknüpft ist.
Aber spiegelt nicht das Thiemesche Kirchenverständnis (in Kirche und Synagoge) etwas von der Kirchenerfahrung unter Hitler wider, was heute zu leicht vergessen wird: die Kirche als Zuflucht, als Asyl und Schutzraum angesichts der Barbarei und der Greuel dieses apokalyptischen Zeitalters? Ist der Thiemesche Bekenntnisrigorismus nicht ein Produkt seiner apokalyptischen Erfahrungen?
Nach diesem Buch würde ich mich heute gerne mit Karl Thieme über die drei Leugnungen Petri unterhalten.
Vom Urknall zum Schwarzen Loch: War nicht der Antisemitismus der Urknall, und wird die Kirche nach der nicht gelingenden Aufarbeitung (in Deutschland heute: die CDU) zum Schwarzen Loch der politischen Astronomie?
Es gibt kein Bekenntnis
– ohne Feindbild (im Christentum: Juden und Heiden),
– ohne Häretiker (Verräter und Abtrünnige),
– ohne Sexismus, ohne patriarchalischen Kern (das „Glaubens“-Bekenntnis ist das Schuldbekenntnis der Natur, zu dem die Sexualmoral und das Unschuldsproblem, die Vorstellung einer natürlichen Unschuld, der Virginitas, gehört).
Wenn der Weg der Befreiung versperrt ist, wird die Unschuldsfrage: das Problem der Rechtfertigung, übermächtig (Zusammenhang mit dem Ursprung des Weltbegriffs, dem projektiven Naturbegriff: die Vorstellung einer natürlichen Unschuld zielt auf die Unschuld und die befreiende Kraft des Opfers: Theologisierung der Logik der Naturbeherrschung?).
Materie als reines Objekt von Herrschaft: Steckt im Begriff der Materie nicht die mater dolorosa? Die Vorstellungen von der unbefleckten Jungfrau, die dann zur Gottesmutter (zur Mutter des Gottes, den die Juden ans Kreuz geschlagen haben) wird, und der unberührten Natur haben etwas miteinander zu tun.
Ist diese Theologie nicht das Abbild einer bis heute mißlungenen Naturphilosophie, und das Bekenntnis der Generator eines von den sieben unreinen Geistern beherrschten Naturbegriffs? Der Bekenntnisbegriff ist nicht abzulösen von der Geschichte des Ursprungs und der Anwendung des Inertialsystems. Das Bekenntnis als verdinglichte und neutralisierte Umkehr (mit dem wir uns das Gottesreich vom Leibe halten), Zusammenhang mit der dritten Leugnung und Selbstverfluchung: Erst in der Umkehr wird das steinerne Herz durch das fleischerne ersetzt.
Ist nicht Adornos Kritik der Verdinglichung als Kritik des Objektbegriffs nur durch die Kritik des Dogmas hindurch noch möglich? Und ist nicht Auschwitz die dritte Leugnung und die Selbstverfluchung?
Sind nicht alle drei großen Religionen, das Judentum, der Islam und das Christentum auf den Weltbegriff verhext? Und ist nicht jeder Fundamentalismus ein Produkt des Weltbegriffs und der daraus hervorgehenden Bekenntnislogik? Aber hat nicht nur das Christentum den Schlüssel zur Lösung?
Der Streit um die Auslegung der Gottesknecht-Kapitel im Deutero-Jesaia ist nicht zu lösen, wenn man nicht das Nachfolgegebot mit hereinnimmt.
Die Übernahme der Sünde der Welt schließt die Kritik des Naturbegriffs (des Kerns des Schuldverschubsystems) und seiner Vorgeschichte (in der altorientalischen Geschichte) mit ein. Hierzu gehören die Probleme
– des Ursprungs der Astronomie und der Schrift,
– des Ursprungs der Tempelwirtschaft und des Geldes sowie
– des Ursprungs des Staates als Organisation einer Gesellschaft von Privateigentümern (Ursprung des Rechts). -
02.09.93
Verweist das „tu es petrus“ nicht auf das steinerne Herz? Und wenn er darauf seine Kirche bauen will, dann heißt das nicht, daß der Fels die Kirche ist.
Hängen die drei Tage im Bauche des Walfisches (und das „Abgestiegen zu Hölle“ im alten Symbolum) mit den drei Leugnungen zusammen? Und ist das Gebet des Jona im Bauch des Fisches nicht das Gebet, das Reinhold Schneider meinte?
Hat nicht der Logos des Johannes-Evangeliums mehr mit der prophetischen Erfüllung des Wortes als mit dem philosophischen Logos zu tun? Und macht nicht die Identifikation des johanneischen mit dem philosophischen Logos das Johannes-Evangelium überhaupt erst antijudaistisch?
Zur Rehabilitierung der Gnosis: Wenn die Gnosis den Demiurgen (der die Welt erschaffen hat) mit jüdischen Gott (dem alttestamentlichen Schöpfergott) identifizierte, hängt das nicht mit den „Juden“ des Johannes-Evangeliums und der Gesetzes-Kritik des Paulus zusammen? Kann es sein, daß hier die jüdische Tradition in einer Gestalt vor Augen stand, die genau hier die Gefahr der Verweltlichung, der Säkularisation drastisch demonstrierte? Ist hier nicht ein ganzes Nest projektiver Tatbestände beisammen? Und ist dieses System projektiver Verwirrung nicht darin begründet, daß die gleichsam transzendentallogische Übermacht des imperialen Roms die „Welt“ der kritischen Reflexion entzog, die Anpassung an die Welt erzwang. Die Unfähigkeit zur politischen Kritik, die Unfähigkeit zur Kritik des Herrendenkens, entlud sich in diesen projektiven Ersatzhandlungen der urchristlichen Theologie. Nur so war die selbstreferentielle Stabilisierung notwendig und möglich, die dann als Trinitätslehre, Christologie und Opfertheologie zum Grundbestand der Orthodoxie geworden ist. Diese Orthodoxie erlaubte eine Stabilisierung des Subjekts in der Welt (sie erlaubte die Vergesellschaftung des Subjektbegriffs der Philosophie). Weltkritik war nur noch in den Gestalten der Projektion (und in den Gestalten der Weltflucht) möglich: als Identifikation mit dem Aggressor (auch die Flucht erwies sich am Ende als eine Form der Identifikation). Aber war der Preis nicht zu hoch?
Bei den sieben Sakramenten gehören jeweils zwei zusammen:
– Taufe und Firmung (Wasser, Sintflut, Exodus und zweiter Schöpfungstag),
– Buße und Eucharistie (Umkehr, Noach, Fleischessen, Gewalt und Hierarchie und die Verdinglichungs- und Schicksalslogik),
– Priesterweihe und Ehe (Abraham und Melchisedech).
Nur das letzte, die Salbung, ist ein singulare tantum.
Die ungeheure Erkenntnis Heinsohns über den Ursprung des (ge-münzten) Geldes (in der Schuldknechtschaft) wäre nur dadurch zu ergänzen, daß endlich begriffen werden muß, daß am Ende (heute) das Geld in seine Ursprungsgeschichte zurückkehrt. Deshalb ist eine Geschichte der Banken so wichtig.
Das Ecce agnus dei ist das Wort des Rufers in der Wüste, der die Wege geebnet hat. Kann man sagen, daß Jesus kam, als die Zeit erfüllt war, nicht als das Wort erfüllt war?
Die Hilfsverben sein, haben und werden werden benötigt bei der Konjugation, wobei sein und haben in einer Reflexionsbeziehung stehen (ist nicht das Sein das Gehabt-Werden, und das Gottsuchen das Suchen nach dem Subjekt des Gehabt-Werdens?).
Wer das Hamletsche „to be or not to be“ mit „Sein oder Nichtsein“ übersetzt, unterschlägt eine wichtige Nuance.
Zur Vorgeschichte der indogermanischen Sprache gehören das Sanskrit, die hethitische und die persische Sprache. Ist die Geschichte vom Sanskrit bis zum Griechischen nicht eine Geschichte, in der die Konjugation der Verben allein über Prä- und Suffixe läuft, während erst mit dem Lateinischen (und in Abhängigkeit davon in den modernen Sprachen) die Hilfsverben zur Unterstützung der Konjugationen benötigt werden (und erscheint im Lateinischen erstmals das Futur II; wie verhält es sich bei den modernen – sprachlogisch aufs Inertialsystem bezogenen -europäischen Sprachen)? Die Endformen dieser Geschichte (das Griechische und das Deutsche) zeichnen sich aus durch die Einbeziehung der bestimmten Artikel in die Deklination der Nomen und durch die Aussprache des Diphthong eu (oi): Wie verhalten sich „Zeus“ und „theos“ zu „deutsch“, und woher kommt das Wort Gott?
Gibt es in anderen Sprachen eine Entsprechung zum „Göttlichen“ (und zur Vergöttlichung)? Die merkwürdige Sprachbildung des Wortes Vergöttlichung, das die lateinische deificatio übersetzt, wird klarer beim Vergleich mit iustificatio/Rechtfertigung: Während in der iustificatio (der Gerechtmachung) noch der Eingriff der Gnade (das Handeln des Heiligen Geistes) nachklingt, bezeichnet die Rechtfertigung einen sprachlichen Sachverhalt, der so erst im Nominalismus möglich ist: die bloße Umbenennung eines im übrigen unveränderten Schuldtatbestandes (der inertia). Die Rechtfertigung gehört zur „Feigenblatt-“ und Bekenntnislogik, an diesem Begriff läßt sich der Zusammenhang von Bekenntnis und Verinnerlichung von Gewalt demonstrieren: sie hängt mit dem Opfer des Selbst an sich selbst zusammen (mit der Rückkoppelung, die durch die Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit, dem Weltbegriff und der Trennung des Natur- und Weltbegriffs gesetzt ist, mit dem Grund der idealistischen Systemlogik – vgl. hierzu auch die Elemente des Antisemitismus in der DdA). – Die Rechtfertigung und das Bekenntnis gehören zum Symptomenkomplex der Sünde wider den Heiligen Geist.
Zorn und Wut: Der Zorn ist die Reaktion darauf, daß die göttliche Liebe ihren Adressaten nicht erreicht. Nicht erreichbar für die göttliche Liebe ist der Wütende: Dessen Schutz und Waffe ist das Inertialsystem (vgl. Adornos Hinweis in der Negativen Dialektik auf den Zusammenhang von Aufklärung und Wut). -
14.08.93
Klaus Koch: Das Buch der Bücher. Zu S: 33: Ist der Einzelne, dessen Klagelied (Ps 5) er dort zitiert, wirklich nur eine Privatperson (Ähnliches gilt für die „Bekenntnisse“ des Jeremias), oder ist diese Interpretation nicht doch eine ebenso moderne wie verworfene Projektion? Wer ist das Ich dieses Psalms (oder auch: auf wen bezieht sich der Titel des Gottesknechts bei Deuterojesaias)? Von der Beantwortung dieser Frage, so scheint mir, hängt auch das Verständnis der sogenannten „Rachepsalmen“ ab:
Das Ich in den Psalmen, aber auch das Subjekt in der Prophetie (z.B. in den „Bekenntnissen“ des Jeremias) ist Israel als Verkörperung der Idee einer richtigen Gesellschaft in einer versöhnten Welt. Genau dieser Punkt wird in der nationalistischen (und deshalb antijudaistischen) Interpretation des Alten Testaments verdrängt.
Die Privatisierung der Psalmen und die Nationalisierung der Prophetie gehören zusammen: Sie sind Instrumente ihrer Neutralisierung.
Wer das Subjekt der Psalmen als Privatsubjekt versteht, für den ist die Welt schon nationalistisch verhext.
Ist nicht der Satz des Jesaia, daß am Ende die Erde von Gotteserkenntnis bedeckt sein wird wie der Meeresboden von Wassern (119), auch auf die Philosophie zu beziehen, die die Welt überflutet wie die Sintflut?
Zu Begriff des Begriffs: Sich an etwas vergreifen heißt zu etwas zugreifen, was einem nicht gehört: Verwandelt nicht der Begriff alles Begriffene in potentielles Eigentum: liegt darin nicht der Schlüssel zum Objektbegriff?
Zu S. 42: Der Hinweis (zu Amos 87), daß „die ständische Gesellschaftsordnung (sc. in Israel, H.H.) so selbstverständlich (war), daß der Besitzlose zugleich der Rechtlose war“ , geht insofern exakt an der Sache vorbei, als nicht wahrgenommen wird, daß jedes Recht Eigentumsrecht ist, der Besitzlose also kraft des Strukturgesetzes und aufgrund der eigenen Logik des Rechts rechtlos ist. Ebenso problematisch die vorhergehende Unterscheidung zwischen den Armen und den Elenden: Hier scheinen die Elenden zu den Armen zu werden, und die Armen zu einer Art Franziskaner, die ihre Armut Gott weihen? Ist es nicht umgekehrt so, daß in der Bibel Gott selbst sich als einen versteht, der sich in den Armen verkörpert. (Verkörpert sich nicht Gott in den Armen und Israel in den Fremden?)
Klaus Koch zählt zu den „Elenden“ auch die verschuldeten kleinen Landwirte: Belege?
Zu S. 43: Will Jahwä wirklich „freie Menschen auf freier Scholle“? (Woher wissen unsere Theologen eigentlich immer, was „Jahwä will“?)
Im Gegensatz zu Heidegger geht es mir darum, beantwortbare, nicht unbeantwortbare Fragen zu finden. Es geht nicht um die Verdammung (hat das Christentum nicht u.a. die Verdammungsvollmacht vergesellschaftet?), sondern um die Erweckung der Neugier.
Es gibt ganze Verwaltungszweige (Baubehörden, Ausländerbehörden, Ermittlungsbehörden), in denen die Karriere heute von Anpassung, d.h. von der Adaption der richtigen Vorurteile abhängt.
Die Verwaltung ist die Privatsphäre (und das Unterbewußtsein) des Staates, die immer mehr alle seine Handlungen beherrscht und sie zugleich jeder wirksamen Kontrolle entzieht (die Forderung nach Einführung des gesetzlichen Lauschangriffs hatte nie die Überwachung der Verwaltung als Ziel).
Wenn die Liberalen für den Schutz der Privatsphäre sich einsetzen, hängt das nicht auch damit zusammen, daß sie die Geheimsphäre der Privatwirtschaft gegen jeden (auch staatlichen) Zugriff verteidigen? Sind Kanter (CDU) und Hirsch (FDP) nicht doch nur zwei Fraktionen einer gemeinsamen Interessenlage?
Der Mann, der im Tunnel zudringlich wird: Ist das nicht auch ein Realsymbol des Tratsches, der Medien, auch des Staates, der unter dem Deckmantel der Kriminalitätsbekämpfung immer wirksamere Zugriffsmöglichkeiten in die Privatsphäre anstrebt?
Die Geschichte der naturwissenschaftlichen Aufklärung ist ein Teil der Geschichte der Konstituierung und der Verdrängung der Privatsphäre. Der Liberalismus gehört zur Seite der Konstituierung, die Law and Order-Fraktion zur Seite der Verdrängung.
Wenn die Sintflut ein Realsymbol der Etablierung objektiver Verdrängungsmechanismen ist, die seitdem dem Weltbegriff zugrundeliegen, was bedeuten dann die Folgegeschichten:
– der Bogen als Zeichen,
– der Ursprung des Weinanbaus und die Trunkenheit Noas,
– die Blöße Noas und die Knechtschaft des Ham,
– der noachidische Bund und das neue Nahrungsgebot.
Ich glaube, man wird davon ausgehen müssen, daß der Wiederaufbau der deutschen Städte nach dem Kriege ein work in progress auf Dauer war in dem Sinne, daß jede Gestalt des Wiederaufbaus schon den Keim des Veraltens in sich trug. Es ist nicht die Frage, ob sondern wann der nächste Modernisierungsschub unsere Städte und unsere Wohnungen ergreift. Realsymbol Beton: Wie geht man mit Ewigkeitswerten auf Abriß um? Alle Gebrauchswerte, auch die architektonischen, tragen heute das Verfallsdatum auf der Stirn (an der Hand und auf der Stirn).
Die Naturwissenschaften haben schon vor 300 Jahren das Blaue vom Himmel herunter gelogen. Sind nicht die Naturwissenschaften eine Verköperung der konstitutionellen Verletzung des achten Gebots?
Gibt es einen Zusammenhang zwischen
– den sieben Völkern Kanaans,
– den sieben unreinen Geistern im NT (und verbinden die beiden Fassungen: von dem unreinen Geist, die in die Wüste geht, und von der Austreibung bei Maria Magdalena, nicht die Landnahme Kanaans mit der Apokalypse?),
– die sieben Sakramenten in der Kirche und
– den sieben Siegeln in der Apokalypse?
Gibt es nicht eine Beziehung des Jordan zum kreisenden Flammenschwert (der sieben Völker Kanaans zu den sieben Planeten)? Bezeichnen nicht beide die Todesgrenze (vgl. hierzu Getsemane)?
Drückt sich die Trennung von Natur und Welt nicht schon in der Beziehung der Ilias zur Odyssee aus, und gibt es hierzu nicht eine Bemerkung Hegels?
Wird nicht heute das bellum omnium contra omnes u.a. ausgefochten in der Gestaltung der längst zu einem Instrument der privaten Öffentlichkeitsarbeit gewordenen Privatsphäre? Dieser Krieg erweist sich für die Sieger als eine Fogle von Pyrrhus-Siegen.
Die Lämmer sind die ersten Opfer des Prinzips homo homini lupus.
Heute ziehen es alle vor, mit den Wölfen zu heulen; das Zentralorgan der Partei der Mit den Wölfen Heulenden ist BILD.
Das Mit den Wölfen Heulen gründet in der Angst (der Heideggerschen objektlosen Angst), daß es zum Wolfsein keine Alternative mehr gibt.
Aber nur das Lamm hat die Vollmacht, die sieben Siegel zu lösen.
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