Der Weltbegriff, mit dem wir es heute zu tun haben, unterscheidet sich vom antiken durch den Systemcharakter, durch das Moment der Selbstbegründung: durch den transzendentallogischen Objektbegriff und durch die Selbstbegründung des Warencharakters der Dinge nach der Subsumtion der Arbeit unters Tauschprinzip, oder durch die Beziehung beider zur Urteilsform. Der moderne Weltbegriff ist Ausdruck des Sieg der Subjektivität.
Wichtiger noch als die Säkularisierung der Theologie, scheint mir, ist die Säkularisierung der Teufelsvorstellungen, die Aufdeckung des fundamentum in re der Namen Satan, Diabolus und Daimon.
Was ist das: „Ereignis des Christentums“, „Christusereignis“? Ereignis ist das Korrelat des Erlebnisses, es tritt ohne unser Zutun ein, ist wie das Erlebnis isoliert, aber damit fähig, in ein Possessivverhältnis einzutreten: ein Ereignis kann ich mir als irrationales Erlebnis zu eigen machen, ähnlich wie heute die Deutschen ihren Urlaub (deshalb Er-„eignis“? – Vgl. auch die anderen Possessivableitungen: Eigentlichkeit, Meinung, Allgemeines, Gemeinheit, das „Sein“?), Zusammenhang mit dem Schicksalsbegriff. (Vgl Metz, S. 63)
Metz, S. 64: Was ist eine „Glaubenserfahrung“; setzt sie nicht die Idee einer Glaubenswelt voraus, und welche Folgen hat das (es ist eine contradictio in adjecto, die allerdings genau zum Christusereignis paßt)?
S. 68: Die Vorstellung, daß ein „alles verfügende(r), alles vorsehende(r) Gott“ auf „den Menschen“ „zukommt“, ist nach Auschwitz eigentlich nicht mehr erträglich. Das ist schlechter Jargon der Eigentlichkeit. Was auf uns zukommt, dürfte etwas ganz anderes sein.
FR von heute: Der evangelische Landesbischof von Bayern, Herr Hanselmann, weist zu Drewermann darauf hin, daß die Erlösung an die Gottessohnschaft Jesu gebunden sei (d.h. wer diese in Frage stelle, leugne jene). Aber ist diese Erlösung nicht eine, die voraussetzt, daß Ihm (durch mythische Vergöttlichung) die ganze Schuld aufgebürdet wird: ist sie damit nicht doch zu teuer erkauft? Und wissen nicht imgrunde alle, auch Hanselmann, daß dieses Konzept die Erlösung ad calendas graecas hinausschiebt, d.h. die Garantie enthält, es werde schon nicht eintreten?
Der christliche Schöpfungsbegriff, den Metz unreflektiert übernimmt, ist insoweit auch ein philosophischer (kein theologischer), als er durch seine Beziehung auf den Weltbegriff (die in der Institution des Privateigentums gründet) innerhalb dieser philosophischen Possessiv- und Allgemeinheitsordnung bleibt. Durch den Trick der Idee einer creatio ex nihilo glaubte die christliche Theologie über die griechische Philosophie (und deren Leugnung der Schöpfungsidee) hinauszukommen, hat damit jedoch das Problem in einer Weise verschärft, daß die Gemeinheit seitdem sehr tief in der Theologie angesiedelt und nicht mehr daraus zu entfernen ist. Hier liegt der Grund jener seitdem (über das Dogma bis in die Ursprünge und die Geschichte der naturwissenschaftlichen Aufklärung) sich durchsetzenden Objektivierungstendenz, die heute die theologische Tradition aufzuzehren droht. Durch die Lehre von creatio mundi ex nihilo ist die Leugnung der Schöpfungsidee in den Schöpfungsbegriff mit hereingenommen worden. Und der Preis ist jene Opfertheologie, auf die der bayerische Landesbischof Hanselmann sich bezieht, wenn er gegen Drewermann (der anders zu kritisieren wäre) bemerkt, daß es ohne die Gottessohnschaft Jesu keine Erlösung gebe.
Das Dogma wird wahr, wenn es gelingt, es aus der objektivierenden Einstellung herauszunehmen und unters Gesetz der Nachfolge zu bringen. Aber das hätte die siebenundsiebzigfache Umkehr zur Folge, und danach sähe alles ganz anders aus.
Drewermann wäre nur vorzuwerfen, daß sein Form der Adaptation der Theologie das Nachfolgegebot zu umgehen trachtet, damit aber in den Kontext der Gottesfurcht-Vermeidungs-Strategien hineingerät. Und genau das ist sein kirchliches Erbe. Seine Theologie ist eine um die Welt gekürzte Theologie, und deshalb Tiefenpsychologie.
Ist die kirchliche Theologie nicht der Rückschritt von dem Fell, das Gott den Menschen nach dem Sündenfall gegeben hat, damit sie ihre Scham verdecken, zu den Feigenblättern?
Zum Mannesalter, auf das Karl Thieme einmal hingewiesen hat: Es sieht so aus, als ob die Theologie heute um keinen Preis erwachsen werden möchte.
Wie tief verwirrt muß Otto Schily sein, wenn er den Tod von Petra Kelly und Gert Bastian glaubt dazu nutzen zu können, den Grünen eins auszuwischen (und das noch vor Klärung der Todesursache).
Der erste, der die Schulphilosophie zur Weltphilosophie gemacht hat, Immanuel Kant (der mit Vornamen nicht nur so hieß), hat damit gleichzeitig das Motiv der Sünde der Welt, die die Philosophie seitdem mit zu übernehmen hat, kenntlich gemacht. Aber darüber sind seine Nachfolger hinweggegangen. War Kant nicht der erste Christ?
Ausgangspunkt der falschen Transzendenz nach Kant (im Begriff des Absoluten, der kein Gottesname ist) war die Fichtesche Absolutierung des Wissens.
Erinnerungsarbeit heute ist der Versuch der Aufarbeitung der Ursprungs- und Entwicklungsgeschichte des blinden Flecks, der uns alle – die Theologen eingeschlossen – zu Atheisten macht. Diese Geschichte ist beschrieben in der von den drei Verleugnungen Petri. Und in dieser Geschichte ist der Name des Petrus (Kephas) begründet. (Bezieht sich darauf nicht auch die Frage Maria Magdalenas und der Frauen, als sie zum Grabe eilen: Wer wird uns den Stein fortwälzen? Ist Petrus der Stein, der das Grab verschließt? Jedoch der Stein vorm Grab heißt lithos, nicht kephas. Haben die drei Tage im Grab etwas mit den drei Leugnungen Petri zu tun?)
Welcher hebräische Ausdruck steht am Ende des Jonas-Buchs, in dem: „und so viel Vieh“, für den Namen Vieh? Unter den Haustieren sind nur zwei Raubtiere: die (ägyptische) Katze und der (babylonische) Hund. Die übrigen Haustiere sind Behemoth: grasfressendes Vieh. Wenn auch das grasfressende Vieh am Ende des Buches Jona Behemoth ist, steht das dann nicht in Beziehung zum grasfessenden Nebukadnezzar im Buch Daniel? Und sind nicht eigentlich die Herren auch Behemoth, tendentielle Haustiere?
Die Hebräer waren in Ägypten geächtete Kleinviehnomaden (Schafhirten); die Austreibung der Dämonen verweist sie auf die Schweineherde, die bei den Juden geächtet war. Die Christen sind Schweinefleisch- und Blutwurstfresser: „Seht, ich sende euch wie Schafe unter die Wölfe.“
Die Schuldvergebung im NT ergibt nur Sinn im Kontext der Übernahme der Sünde der Welt , in die die Schuld aller mit eigneschlossen ist.
Zur Unterscheidung von Sünde und Schuld vergleiche Ps 10914 (über die Schuld der Väter und die Sünde der Mutter).
In Ps 1142 werden das Heiligtum und das Reich auf Juda und Israel verteilt; vgl. dazu die Bemerkungen von Gordian Marshall und Michael Hilton zu Jude und Israelit. Sind die Juden vielleicht tatsächlich durch Auschwitz wieder zu Israel geworden? Jesus kommt wie David aus dem Stamme Juda (der Antijudaismus und der daraus hervorgegangene Antisemitismus tragen projektive Züge: wir sind die Juden, die wir in den anderen verfolgen).
Die Ödipus-Geschichte bezeichnet nicht nur einen individualpsychologischen, sondern zugleich einen welthistorischen Sachverhalt: die Geschichte der Ich-Bildung, des Ursprungs des Realitätsprinzips und des Weltbegriffs. Hier wird es deutlich: der Weltbegriff ist Erbe und Produkt des Mythos; er nimmt in der christlichen Tradition die gleiche Stelle ein wie in der jüdischen Tradition die Idolatrie, der Sternen- und Opferdienst. Auch der Mythos verdankt der Verdinglichung der benennenden Kraft der Sprache: hier wurden Metaphern zu Götzen. Und diese Götzen wurden überflüssig, nachdem die Metaphern irrational geworden sind und das Prinzip der Verdinglichung rein sich durchsetzte durch den Weltbegriff (gleichzeitig mit der Absicherung des Privateigentums durch das Institut des Rechts).
Die Ursünde der Theologie war es, diesen Weltbegriff im Banne des Weltbegriffs und unter Umgehung des Nachfolgegebots, der Forderung, die Sünde der Welt zu übernehmen, naiv gegenständlich übernommen hat. Sie ist damit in Probleme hineingekommen, die sie nicht mehr hat lösen können. Die Geschichte der Häresien ist die Geschichte des beginnenden Bewußtseins dieser Probleme, die dann aber durch die Verurteilung der Häresien (im Prozeß der Dogmenbildung) nur verdrängt, nicht gelöst worden sind. Die Dogmen sind die Narben dieses traumatischen Prozesses. Zentral (und paradigmatisch) für die theologische Erinnerungsarbeit wäre die Aufarbeitung des Anfangs und des Endes der Geschichte der Häresien, nämlich
– des Gnosis-Problems: des aufkommenden Bewußtseins, daß die Lehre von der Erschaffung der „Welt“ falsch ist (die Welt ist in der Tat nicht von Gott, sondern vom Demiurgen: vom Staat erschaffen; vgl. den Zusammenhang des Absoluten mit der Lehre vom Staat im Hegelschen System), und
– der Reformation, mit dessen Entstehung die Kirche ihre häresienbildende Kraft verloren hat, durch Abschluß der Weltanpassung der Theologie (Bekenntnisbegriff und Rechtfertigungslehre).
In diesem Zusammenhang erweist sich die Bemerkung Hanselmanns als Beleg dafür, daß die Kirche bis heute nur gebunden, nicht gelöst hat.
Die Theologie verkörpert eine Gestalt der Erkenntnis, die das Intimste und das Öffentlichste zugleich umfaßt: das hängt mit ihrer Stellung zur Welt zusammen. Aber es macht den Schritt ins Öffentliche so schwer, wenn man das Intimste, an dem die Wahrheit hängt, nicht verraten will. Der Begriff der Öffentlichkeit ist selber ein Aspekt des Weltbegriffs: erst seit der Konstituierung des Weltbegriffs gibt es Öffentlichkeit. Und die Geschichte der Öffentlichkeit hat teil an der Geschichte des Weltbegriffs und an der Geschichte des Herrschafts-, Schuld- und Verblendungszusammenhangs, den der Weltbegriff bezeichnet.
Die Geschichte der Theologie steht unter dem logischen Zwang, den der Weltbegriff auf sie ausübte. Welt und Natur sind keine Objektbegriffe, sondern transzendentallogische Totalitätsbegriffe, Begriffe, die den mundus intelligibilis so vorstrukturieren, daß die zentrale Kategorie der theologischen Erkenntnis, die der Umkehr, neutralisieren.
Zur Kritik der transzendentalen Logik: Indem das Subjekt sich über das Objekt zu erheben vermeint (theologisch: sich „empört“), fällt es selber darunter. Hier liegt der Zusammenhang von Empörung und Fall, und die Begründung des Satzes: Die Welt ist alles, was der Fall ist. Der damit zusammenhängende Satz: Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet, bezeichnet zugleich den Grund dessen, was bei Hegel Weltgericht heißt, und eher als Abkömmling des mythischen Schicksals (das als verinnerlichtes im Begriff überlebt) sich begreifen läßt, denn als anderer Name fürs Jüngstes Gericht, mit dem es immer verwechselt wurde: Das Jüngste Gericht wäre vielmehr das Gericht der Barmherzigkeit über das Weltgericht.
Jede Empörung ist ein Aufdecken der Blöße. Bei dem Satz des Täufers: „Ecce agnus dei, qui tollit peccata mundi“, ist daran zu erinnern, daß Er uns wie Schafe unter die Wölfe geschickt hat; d.h. wir selbst unter dem Namen des Schafes, das die Sünden der Welt auf sich nimmt.
Der Hegelsche Satz, daß die bürgerliche Gesellschaft bei all ihrem Reichtum nicht reich genug ist, der Armut und der Entstehung des Pöbels zu steuern (Rechtsphilosophie), bezeichnet genau die Grenze seiner Philosophie. Dagegen setzt die Prophetie das Votum für die Armen und die Fremden (die „Barbaren“, die bei Hegel unter dem Begriff des Pöbels erscheinen).
Jericho und Sodom als Symbole der Fremdenfeindlichkeit: Beide werden zerstört. Aber was bedeutet es, daß Rahab eine Hure ist, und Lot als Ersatz seine Töchter anbietet (die gleichen Töchter, die ihn später trunken machen, um nicht ohne Kinder zu bleiben, und sei es um den Preis des Inzests). Beide: Rahab und (über die Moabiterin Rut) eine der Töchter Lots (und damit auch Lots Weib, die im Angesicht der Katastrophe zur Salzsäule erstarrt) gehören zum Stammbaum Jesu.
Antijudaismus
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20.10.92
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05.10.92
Besuch der Frankfurter Buchmesse gestern:
– Beim Pfeiffer Verlag wegen Rosemary Radford Ruether: Brudermord und Nächstenliebe, und beim Christian Kaiser Verlag wegen Charlotte Klein: Theologie und Antijudaismus, vorgesprochen; in beiden Fällen die gleiche Antwort: keine Nachfrage, Neuauflage aus Rentabilitätsgründen nicht zu vertreten. Aber beide Titel sind restlos verkauft: woher wissen die Verlage, daß die Nachfrage erschöpft war? Mein Hinweis auf die in Festreden immer wieder beschworene verlegerische Verantwortung (die insbesondere bei Titeln gelten sollte, die die Verstrickung der Theologie in die Vorgeschichte von Auschwitz theologisch thematisieren) löste nur Abwehrreaktionen aus; die Frage, ob nicht vielleicht Zensur oder Pressionen von Betroffenen mit hereinspielen, wurde mit Empörung zurückgewiesen.
– Bei der EVA, Hamburg, Karten mit dem Satz von Ulrich Sonnemann:
„Zukunft ist von außen wiederkehrende Erinnerung; daher hat die Gedächtnislosigkeit keine“.
Damit wird das Futur II (und mit ihm die blind sich reproduzierende Ökonomie und die ganze Naturwissenschaft) als Inbegriff der Zukunftslosigkeit bestimmt: Hat das nicht nicht doch etwas mit der Idee der Auferstehung der Toten zu tun, mit der zukunftsbegründenden und die Toten erweckenden Kraft der Erinnerung? Wenn die Theologen (die Christen) wirklich je an die Lehre von der Auferstehung der Toten geglaubt hätten, dann sähe die Theologie (das Christentum) anders aus.
Das ho airon in Joh 129 schließt ebenso wie das tollere in der Vulgata eine Übersetzung mit auf sich nehmen statt hinwegnehmen nicht aus; es erzwingt keineswegs ein Verständnis, das eine opfertheologische, durch das stellvertretende Sühneleiden und den Kreuzestod hergestellte Schuldlosigkeit der Welt (oder der Natur) begründen würde. Das Hinwegnehmen war das Tor, durch das die Philosophie (als Medium der Verinnerlichung des Mythos) Einlaß in die Theologie gefunden hat. Jesus hat die Sünde der Welt (tän hamartian tou kosmou) auf sich genommen, nicht die Schuld der Welt hinweggenommen.
Wie hängen das Symbolum und die Trinitätslehre, und – man muß schon sagen: das Verschwinden JHWH’s, mit der Funktion des Weltbegriffs in der christlichen Tradition zusammen?
Mit der Hypostasierung der Welt wird die Schuld unaufhebbar; und genau das wird genutzt als Exkulpationsmotiv. Das ist der Grund der Sexualmoral (die Projektion der unaufhebbaren Schuld in die Erinnerung der Natur im Subjekt).
Der Naturbegriff erzwingt die Vergöttlichung Jesu, und er widerlegt sie zugleich: die Christologie ist ein Erinnerungsmal des undurchschauten Naturbegriffs.
Zur Sintflut: Haben hier, mit der Öffnung des Raumes ins Unendliche, die Bedingungen sich so verändert, daß die Wasser oberhalb sich nicht mehr halten konnten, sich zwangsläufig zu Wolken und Regen kondensierten (verdinglichten), mit der Folge, daß es danach dann den Regenbogen gab (die Farben stellen noch heute die Erinnerung vor Augen, daß die Dimensionen des Raumes, nicht vollständig umkehrbar sind; in der Physik wiederentdeckt mit der Entdeckung des Prinzips der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit). Auf welche physikalischen und astronomischen Veränderungen verweist diese Sintflutgeschichte (gesellschaftlich verweist sie u.a. auf den Ursprung der Zivilisation: von Herrschaft, Hierarchie und Gewalt, das Fleischessen, den Weinanbau und die Trunkenheit; vorausgegangen ist eine Rettung der Tiere, die für die Tiere auch der Anfang einer Katastrophe war)? Gibt es einen Zusammenhang mit der Velikovsky-Heinsohnschen Venustheorie?
Johannes Scottus (Fünftes Buch, S. 310) bringt die Vorstellung ins Spiel, daß der Sonnenstrahl aus dem Meeren und Flüssen sowie aus allen Wasseransammlungen und irdischen Pfützen Stoff an sich zieht und damit Nahrung in seine Natur aufnimmt.
Sind die Nahrungsgebote (vom Paradies bis zur Eucharistie) vielleicht verzweifelte Versuche der Gottheit, zu retten, was nicht zu retten ist?
Ps 4915: Rießler übersetzt „Sie gleichen Schafen, die für die Unterwelt der Tod schon weidet“, die Einheitübersetzung: „Der Tod führt sie auf seine Weide wie Schafe, sie stürzen hinab zur Unterwelt“. (Vgl. Schaf und Lamm: Weide meine Lämmer, weide meine Schafe; auch Mt 936 und die in der Anmerkung dazu genannten Stellen.)
Angesichts des unendlichen Raumes gibt es zur concupiscentia keine Alternative.
Was haben die Wasser (zweiter Schöpfungstag, Sintflut, Thales) mit den Urteilen zu tun? Ps 367: Deine Urteile sind tief wie das Meer. Vgl. Jes 5720: Die Bösen aber gleichen einem aufgewühlten Meer. Wird mit der Trennung der Wasser oberhalb von den Wassern unterhalb das Gute vom Bösen getrennt (beide bleiben namenlos, bis sie durch den Baum der Erkenntnis sich enthüllen, und zugleich die Scham begründen). Ist das Schicksal als der Schuldzusammenhang des Lebendigen (Benjamin) nicht der Inbegriff des urteilenden, richtenden Denkens und Erkennens (des Begriffs, durch den die Schuld ins Objekt projiziert wird)? Die platonische Idee des Guten gehört zu den Konstituentien des Weltbegriffs; und das scholastische Verum wird durch die Zusammenstellung mit dem Unum und dem Bonum depotenziert.
Es stimmt, daß sich die Erbschuld über die concupiscentia fortpflanzt; aber das primum concupiscibile ist die Unsterblichkeit.
Der banale Vers, den Adorno in den Minima Moralia ironisch zitiert: Der Leib liegt auf dem Kanapee, die Seele schwingt sich in die Höh, ist so absurd vielleicht doch nicht, wie er zunächst klingt. Könnte er nicht als Bild der Erinnerungsarbeit gehört werden: Ich lege mich selber aufs Kanapee und setze mich hinter mich, lasse die Assoziationen kommen und prüfe sie dann selber auf ihren Erinnerungs- und Wahrheitsgehalt. Diese Anwendung der tiefenpsychologischen Anamnesetechnik verschiebt die Elemente der Freudschen Theorie, sie stellt insbesondere eine Beziehung her zwischen dem subjektiven („psychologischen“) Verdrängungsapparat und der Objektivität des Weltbegriffs, der so als der Ursprung jeglicher Verdrängung sich enthüllt, die historisch-gesellschaftlichen Konnotationen des subjektiven Verdrängungsapparats erkennbar macht.
Die Zerstörung des Namens durch den Begriff: Dabei ist daran zu denken, daß der Begriff aus dem Prädikat stammt, durch Hypostasierung daraus gewonnen wird, dann aber – mit der Verdinglichung und Instrumentalisierung des Objekts – an die Stelle des Namens tritt.
Man muß die beiden Sätze zusammenhören:
– Einmal ist keinmal, und:
– Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht.
Sie rühren an den Ursprung und Kern der Philosophie, denn das, was in der Philosophie und seitdem Wissen heißt (und für dessen Allgemeinheit der Satz „Einmal ist keinmal“ gilt), dem braucht man nicht zu glauben.
Liegt dem Futur II nicht ein Wiederholungszwang zugrunde; und d.h.: gründet nicht das Futur II in einer welthistorisch wirksamen Verdrängung?
Das Weltgericht ist der Begriff, mit dem Hegel das Schicksal in seiner Philosophie benennt.
Die Erstgeburt Adams ist Kain, nicht Abel. Aber diese Bezeichnung der Erstgeburt als Mörder (und nicht Opfer) begründet nicht, daß dann die Erstgeburt zu opfern ist.
Die Philosophie ist Produkt der gesellschaftlichen Reflektion des Selbstbewußtseins von Privateigentümern; darin gründet der Begriff des Allgemeinen und die Philosophie als politischen Philosophie. Und der Übergang vom Mythos zur Philosophie spiegelt den den Übergang vom Objekt zum Subjekt von Herrschaft (und nicht die Versöhnung).
Zur Institution des Privateigentums und der darin gründenden Emanzipationsgeschichte: Zu den Begriffen der Meinung, der Gemeinheit und des Allgemeinen wird man den Ursprung des Rechts (das im Interesse der Absicherung des Privateigentums die Beziehungen zwischen Privateigentümern regelt) mit hinzu nehmen müssen. Hier fällt die Selbstreflektion der Philosophie mit der Selbstbegründung des Staates zusammen.
Das Futur II ist ein Erzeugnis der Schrift, zumindest hat es mit der Schrift einen gemeinsamen Ursprung.
Die Philosophie hat das Feste verflüssigt und das Flüssige verdinglicht.
Radikalisierung durch Neutralisierung: Die Leidensunfähigkeit, die Johannes Scottus den Seligen attestiert, könnte damit zusammenhängen, daß er es nicht erträgt, daß zur Seligkeit nach Augustinus der Anblick des Leidens der Verdammten in der Hölle dazu gehören soll. Aber es gibt kein Glück ohne Befreiung und Entfaltung der Leidensfähigkeit. Und genau das ist mit der Tabuisierung der Lust und mit der Diskriminierung der Sexualität abgeblockt, verhindert worden.
Johannes Scottus, 5. Buch, S. 312: Folie, vor der die Welt als gerechtfertigt sich darbietet und das Böse in die Sexualität verschoben wird. Hier schlägt der mythische Gehalt dieser Theologie voll durch (Zusammenhang mit dem sexualmoralischen Grund des Objektbegriffs). -
23.09.92
„Sitzet zur Rechten des Vaters“:
– Wo, außer in der Rede des Stephanus, kommt das im NT vor (Bezugsstelle in Ps 1101, vgl. auch das Folgende im Psalm)?
– Wie hängt das mit der Übernahme der Sünde der Welt (Rechts und Links) zusammen?
– Gibt es einen Zusammenhang mit dem Binden und Lösen (und mit dem Millenarium, der Bindung des Satans in der Apokalypse: Ist die mittelalterliche Fälschungsgeschichte eine Veranstaltung zur Vermeidung des Lösens, ein Teil der Leugnungsgeschichte)?
– Zusammenhang mit dem Ende des Buches Jona?
– Gibt es einen Zusammenhang zwischen Vater, Sohn und Geist und den Umkehrungen Oben/Unten, Rechts/Links und Vorn/Hinten?
Der Himmel ist sein Thron, die Erde der Schemel seiner Füße; aber der Sohn sitzt zur Rechten Gottes, der ihm seine Feinde als Schemel unter seine Füße legen wird.
Hat die Orthodoxie (und die Orthogonalität) etwas mit dem Sitzen zur Rechten des Vaters zu tun?
Hat die Kirche nicht seit je die Juden als Projektionsfolie für ihr eigenes Versagen, ihre eigenen Unterlassungen, ihre eigene Verblendung genutzt (zumindest: diese Nutzung zugelassen)?
Heidegger hat den Abgrund der Sinnfrage eröffnet und ist selber hineingefallen. Daran erinnert wohl der Begriff der Geworfenheit. Heidegger hat das Sein, dessen verandernde Kraft Rosenzweig erstmals notiert hat, im Namen der Geworfenheit als das Subjekt des Falls begriffen (als außerhalb des Subjekts existierende, das Subjekt exkulpierende Projektionswand der Schuld: als Geschick).
Die muslimische Brüderlichkeit ist eine Prominentenfalle. Der Islam glaubt, wie jeder Fundamentalismus seit dem Ursprung des unbekehrten Christentums, politische und ökonomische Probleme durch eine restriktive Sexualmoral lösen zu können.
Der Weltbegriff legitimiert und sanktioniert die intentio recta, das Auf-dem-Bauche-Kriechen der Schlange; und die kantische Philosophie wäre daraus zu erklären, daß nur unter den Bedingungen des ungeheuren Blindschleichen-Konstrukts der transzendentalen Logik und Ästhetik diese intentio recta noch zu halten war, während sie die Elemente der eigenen Widerlegung bereits enthielt. -
24.08.92
Worauf beziehen sich die von Heinsohn (S. 49) aufgeführten Stellen über pharmakeia = Zauberei? Sie gehören zu einem Verworfenheitskatalog, zu dem auch Unzucht, Mord u.ä. gehören. Bezieht sich der Begriff der Zauberei nicht eher auf den dämonischen (instrumentalisierenden) Gebrauch des Opfers (der sich u.a. im Handel fortsetzt)? Und entstammt der Hexenwahn (wie auch die kirchliche Sexualmoral, in deren Geschichte sie hereingehört) nicht der patriarchalischen, verdinglichenden Umdeutung dieses Begriffs der Zauberei?
Im Kontext der Auslegungsgeschichte des Begriffs der Zauberei (d.h. im Kontext der Geschichte der christlichen Sexualmoral, der Hexenverfolgung und der gegenwärtigen Abtreibungskampagne) läßt sich präzise bestimmen, was das Neue Testament die Sünde wider den heiligen Geist nennt.
Dämonisch ist der Hexenwahn: diese Art der projektiven Zauberei-Unterstellung.
Unsere Theologie heute ist die Gestalt gewordene Prophetie-Empfängnis-Verhütung. Und das kirchliche Lehramt ist (als Gottesfurcht-Vermeidungs-Institut) ein einziges Präservativ, ein Theologie-Verhüterli. Wirksamstes Instrument dieser „Empfängnisverhütung“ ist der verdinglichte (dogmatisch sich objektivierende) Wahrheitsbegriff.
Mit dem Beginn der Hexenverfolgung verliert die Kirche, zusammen mit der prophetischen, ihre häresienbildende Kraft. Und die neue Orthodoxie: das sind (als Gestalten subjektloser, technisch verdinglichter Prophetie) die Naturwissenschaften, zu deren Vorgeschichte die Judenfeindschaft, der Kampf gegen die Häresien und die kirchliche Frauenfeindschaft als Ursprungsbedingungen dazugehören.
Heinsohn und Götz Aly/Susanne Heim: Merkwürdig, daß sowohl die Hexenverfolgung als auch der Holocaust (die größten gesellschaftlichen Naturkatastrophen) fast zwanglos aus bevölkerungspolitischen Konzepten (aus dem Versuch, das Armutsproblem durch technologische bevölkerungspolitische Konzepte zu lösen) sich herleiten lassen.
Christologie, die Vergöttlichung des Opfers, oder der schizogene Naturbegriff. Die double-bind-Strukturen reichen in die Trinitätslehre und den Naturbegriff zurück und enthüllen sich der Kritik als symbiotische Herrschafts- und Exkulpierungs-Instrumente.
Natur, Pan und Panik, oder die Installierung des Schreckens.
Der Raum und das Lachen: Hegels Philosophie wird vom Gelächter eingeholt (vgl. Derridas Hinweis auf Bataille). Das Gelächter als Reaktion auf Hegels Begriff der Aufhebung entspricht dem Lachen in Büchners „Lenz“ und dem Ursprung der Lehre „Gott ist tot“ in der „Fröhlichen Wissenschaft“ Nietzsches. Dieses Gelächter bringt das Hegelsche Absolute zu Fall. Aber das hat Hegel selbst gesehen; Heine hat es notiert. Und das Hegelsche Weltgericht ist nur ein anderer, emphatischer Ausdruck für die lakonische Feststellung Wittgensteins: „Die Welt ist alles, was der Fall ist.“
In der Ausländerfeindschaft, im Fremdenhaß (im sogenannten Asylantenproblem), explodiert die kirchliche Tradition des Kampfes gegen die Heiden und gegen die Häresien. Die zentrale Funktion des Namens der Barbaren im Prozeß der philosophischen Begriffsbildung hat in der Kirche (für das Selbstverständnis des Glaubens) der Name der Heiden übernommen, der nach Bildung der National- und Volkskirchen dann leicht mit dem der Ausländer (den Nachfahren der Häretiker und der Andersgläubigen) verschmelzen konnte.
Aus Angst vor der Wahrheit pflegen die Kirchen heute den autoritären Charakter, dieses Theologie-Verhütungs-Instrument. Zu seinen Konstituentien gehören die Xenophobie und das „No pity for the poor“.
Das Gebot der Feindesliebe ist ein Riegel vor der Paranoia (und sprengt den Natur- und Weltbegriff). Zur Übernahme der Sünde der Welt: das verdinglichende, objektivierende Erkenntnisgesetz bedient sich des Weltbegriffs als Exkulpierungsmittel. Das Gebot der Feindesliebe, die Übernahme der Sünde der Welt und das Arglosigkeitsgebot sind drei Seiten ein und derselben Sache.
Die Velikovsky-Heinsohnsche Venus-Theorie, das Naturkatastrophen-Konzept, das den altorientalischen (vorweltlichen) Sternen-und Opferdienst und seine Funktion im Prozeß der frühgeschichtlichen Staatenbildung begründen soll, ist ein entstellter Hinweis auf das in der Bibel mit den Begriffen Unzucht, Hurerei und Zauberei bezeichnete Problem. Und mir scheint, die Velikovsky-Heinsohnsche Theorie gewinnt einen Teil ihrer Plausibilität daraus, daß sie das Eingehen auf den patriarchalisch-frauenfeindlichen Anteil dieser Geschichte überflüssig macht (konsequenterweise muß Heinsohn genau diesen Aspekt dann auch aus der Geschichte der Hexenvervolgung wegerklären). Zumindest als Resonanzboden der Wirkung einer frühgeschichtlichen interstellaren Naturkatastrophe müßte dieser gesellschaftliche Aspekt der Naturkatastrophe im Kontext der Entstehung der Großreiche mit reflektiert werden. Die mit der Venustheorie verbundene Chronologie-Revision wird damit nicht nur nicht hinfällig, vielmehr wird so erst das Hintergrund-Problem sichtbar, das da mit drin steckt: Die projektive Ausgestaltung (Verzerrung) der altorientalischen Geschichte, die Verdreifachung von Staaten, Dynastien und Völkern spiegelt einen vergleichbaren Vorgang im gleichzeitigen Erkenntnisprozeß der Naturwissenschaften (im neunzehnten Jahrhundet). Auch hier wird gleichsam ein überflüssiger Reichtum an Fakten und Objekten geschaffen, vor dem wir heute ebenso staunend wie begriffs- und hilflos stehen. Mir scheint das historische Chronologie-Problem hängt mit dem erd- und naturgeschichtlichen durch die gleichen Erkenntnismechanismen, denen der Ursprung beider Probleme sich verdankt, zusammen. Könnte es nicht sein, daß der historischen Verdreifachung (die vor allem sprach-und schriftgeschichtlich aufzulösen wäre) eine Verdreifachung im naturgeschichtlichen Bereich nicht nur entspricht, sondern sogar zugrundeliegt: Auch hier wird in einen langen (quasiharmonischen) Evolutionszeitraum zurückprojiziert, was in anderen, (von außen gesehen:) katastrophenähnlichen Prozessen in einer ganz anderen chronologischen Folge durchsichtig zu machen wäre, wenn es gelingt, die Reflexion des Referenzsystems des naturwissenschaftlichen Objektbegriffs (des Inertialsystems) und seiner Beziehung zur Sprache in die Erkenntnis mit einzubringen.
Ist das Chronologie-Problem ein Umkehr-Problem, ein Problem der Selbstbesinnung des Herrendenkens? (Zusammenhang mit den sieben unreinen Geistern?)
An Heideggers Begriff des „Vorlaufens in den Tod“ ist zu ermessen, was am Ereignis des Kreuzestodes und seiner kirchlich-theologischen Rezeption aufzuarbeiten, welche Erinnerungsarbeit zu leisten wäre. Die Verwechslung des Kreuzestodes Jesu (der für seine Henker um Vergebung bittet) mit dem Tod des Sokrates (der sich mit seinen Richtern identifiziert, selber das Urteil vollstreckt) bezeichnet einen wichtigen Aspekt des Problems der Beziehung von Theologie und Philosophie (und der Opfertheologie als Brennpunkt dieses Problems).
Die ironische gemeinte Bemerkung Heinsohns, „die Rauschmittel als Ziel der Hexenverfolgung zu behaupten, käme der These gleich, daß in Deutschland die Juden ausgerottet wurden, um die Spitzenleistungen in Physik und Mathematik zu eliminieren“ (S. 65), trifft gar nicht soweit daneben, wenn man nur das Wort „Spitzenleistungen“ durch den konkreteren Hinweis ergänzt, daß hier in der Tat mit Einstein, Weil und Minkowski die Naturwissenschaften der Grenze ihrer Selbstaufklärung in einer für den Einbruch der Barbarei gefährlichen Weise nahe gekommen waren. Dem hat dann die deutsche Sektion der Kopenhagener Schule mit Mühe und insoweit auch mit Erfolg entgegengearbeitet, als es seitdem ernsthafte theoretische Fortschritte in den Naturwissenschaften nicht mehr gegeben hat (der nächste Schritt nach der zu vermutenden Vollständigkeit des theoretischen Instrumentariums kann nur noch der der Selbstaufklärung sein). -
17.08.92
Erkenntnis und Sexualität: Wie verhalten sie sich zu Begriff und Name?
War mit der Lokalisierung der Erbsünde in der Sexuallust nicht eigentlich die unio mystica, der Selbstgenuß im Objekt, gemeint? Und hängt das nicht wiederum mit Struktur und Funktion des Begriffs zusammen, mit dem mythischen Element im Begriff?
Mit der Exkulpation des durch Alkohol enthemmten Triebtäters wird eigentlich die positivistisch enthemmte Vernunft (im Recht wie in den Naturwissenschaften) exkulpiert (Alkohol als Zivilisationsdroge). Die Vorstellung, daß der Mann, wenn der Trieb ihn überwältigt, seiner selbst nicht mehr Herr ist, ist ein bedeutender Akt der Selbsterkenntnis.
Zentrales Element jeglicher Enthemmung (und jede Enthemmung ist Enthemmung von Gewalt, Ursprung der Gewalt-, der Mordlust) ist die Paranoia, oder genauer: das Herrendenken und die davon unablösbare Paranoia. Darauf bezieht sich die Arglosigkeit, die einzige Kraft, die diesen Zusammenhang auflöst. Herrendenken und Paranoia ist die Subjektseite und Objektivation und Instrumentalisierung die Objektseite des gleichen Sachverhalts.
Ist das Objekt des Satzes „Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ nicht die Kirche, die sich mit der vom Nachfolgegebot getrennten Opfertheologie auf die Seite der Täter gestellt hat (Ursprung im Urschisma, Folge: Antijudaismus und die bis heute unaufgearbeitete Geschichte der Häresien).
Symbol unserer Medizin: die Halbtoten am Tropf sind die ertragreichste Einnahmequelle.
Die durchs System der Marktwirtschaft in die Dritte Welt induzierte Hunger- und Schuldenkrise (Arbeitstitel für eine Zivilisationsgeschichte: Geschichte der Schuldknechtschaft) beginnt auf die Erste Welt zurückzuschlagen:
– in der nicht mehr beherrschbaren Arbeitslosigkeit,
– in der Krise des Wohnungsmarktes, der im Interesse des Wohnungsbaus, seiner „Rentabilität“, hinzunehmenden Obdachlosigkeit,
– im Agrarmarkt (generell im Rohstoffbereich: auch bei Kohle und Stahl, im Montanbereich, der zusammen mit dem Agrarbereich zu den ersten Objekten einer EG-Marktorganisation gehörte), und schließlich
– im Problem der sogenannten Gesundheitsreform (Überwälzung der Kosten der explodierenden Gewinnerwartungen des medizinisch-industriellen Komplexes auf die „Objekte“ des Gesundheitswesens: die Patienten).
Seit dem Turmbau zu Babel sollten eigentlich alle Türme suspekt sein (auch Glocken sind Symptome der Sprachverwirrung: waren vielleicht nicht doch schon vorsorglich die Glocken gemeint, als die Kirche die Erbsünde in der Sexuallust lokalisierte?). Aber woher kommt der Ausdruck „türmen“; hängt er möglicherweise mit der mittelalterlichen (oder schon antiken – vgl. die Türme im Buch der Richter) Funktion der Türme als Fluchtstätten zusammen? Und ist das Heideggersche „Haus des Seins“ der letzte Nachfahre des Turms von Babel (vgl. Rosenzweigs „verandernde Kraft des Seins“), und das „Vorlaufen in den Tod“ seine Form des „Türmens“?
Bezeichnen die „sieben unreinen Geister“ den Zustand der Sprache heute? -
27.05.92
Zweideutigkeiten:
– Das „An-Gott-Glauben“ kann sowohl heißen, daß man glaubt, daß ER Gott ist, daß es ihn gibt, als auch: daß man IHM glaubt (seinen Verheißungen).
– Creatio ex nihilo: Wird entweder verstanden als Ursprung der Materie (die Gott aus dem Nichts erschaffen habe, die aber zugleich Ausdruck des Nichtseins ist) oder als Erschaffung aus dem Nichts, das die Materie (als Teil des Schuldzusammenhangs der Welt) ist; und der Logos als Reflexion dieser Sünde der Welt : jener Reflexion, in der am Ende der Schein der Materie sich auflöst.
Das „factorem coeli et terrae“ im Credo schließt an an den Anfang des zweiten Schöpfungsberichts; nach dem ersten müßte es heißen „creatorem“.
Steckt nicht in dem Satz des Thales „Alles ist Wasser“ ein Hinweis auf die Beziehung der Philosophie zu den großen Seetieren? Danach aber wäre es nicht möglich, den intellectus agens als den heiligen Geist zu verstehen.
Die Übersetzung, wonach Jesus die Schuld der „hinweg“, nicht auf sich genommen hat, bezeichnet genau den Sündenfall der christlichen Theologie. Hier ist die Kirche zum Wolf im Schafspelz geworden.
Das Konzept des großen Genesis-Kommentars des Augustinus: keine prophetischen Rätsel lösen, dafür genau die Tatsachen feststellen und bestimmen, hängt mit der Grundstruktur der augustinischen Theologie zusammen, die ihr Objekt unterm Primat der Vergangenheit anschaut und Zukunft nur als Fluchtweg der vergeistigten Selbsterhaltung (gleichsam als private Rettung, nicht als Rettung der Welt) kennt. Er verwechselt die Gottesfurcht mit der hündischen Demutshaltung. – Zusammenhang mit dem Ursprung der christlichen Sexualmoral: Hier ragt die Bindung ans Vergangene, die die Theologie verhext, ins Subjekt, in seine Biologie herein.
Die augustinische Unterscheidung zwischen dem prophetischen und dem tatsächlichen Inhalt der Genesis verfehlt die Schrift in einer für die gesamte christliche Theologie danach paradigamtische Weise. Und zwar auf die gleiche Weise, die auch die Erinnerung an Maria Magdalena so entsetzlich verfälscht hat. Grund ist ein grammatisches Vorurteil, die Installation des Futur und damit des hypostasierenden Denkens in der Sprache: die grammatische Grundlage der Schicksalsidee (des Mythos) und der Philosophie.
Die Übernahme der Sünde der Welt schließt heute die Reflexion des Herrschafts-, Schuld- und Verblendungszusammenhangs mit ein: Herrschafts- und Wissenschaftskritik, Kritik des Herrendenkens.
Die Rezeption des Herrendenkens in der Vätertheologie war keine Sache der bloßen Gesinnung: selbst die kirchliche Judenfeindschaft, die Konfliktunfähigkeit in der Auseinandersetzung mit den Häresien und die Frauenfeindschaft stehen in systematischem Zusammenhang mit der Unfähigkeit zur Reflexion des Herrschafts-, Schuld- und Verblendungszusammenhangs, dem sie angehören.
Hätte Augustinus den Zusammenhang des Begriffs littera mit den paulinischen stoicheia, den „Elementen“, begriffen, wäre die Unterscheidung von prophetischem und tatsächlichem Gehalt undenkbar gewesen.
Das Fehlen der Futurbildungen in der hebräischen Sprache rückt die Vergangenheit in eine Beziehung zur Zukunft, die die Unterscheidung zwischen prophetischer und tatsächlicher Bedeutung eines Textes ausschließt: Hier hält die Grammatik auch die Vergangenheit für die Zukunft offen; und die Verheißungen sind mit der unabgegoltenen Vergangenheit verknüpft. Erst die griechische Sprache schließt mit der Futurbildung (insbesondere mit der Struktur einer zukünftigen Vergangenheit, des „es wird gewesen sein“) die Vergangenheit ab, macht sie zu etwas Erledigtem, Unauflösbarem, zu dem wir uns nur als Zuschauer verhalten, der gegenüber wir uns, um unserer Freiheit willen, entsolidarisiern müssen, die wir überwinden müssen. Seitdem stehen die Sieger auf den Leichenbergen. Enthält die griechische Sprache nicht schon das Inertialsystem in nuce?
Genitivus subjektivus und objektivus bezeichnen Eigentums- und Herrschaftsbeziehungen als Reflexionsbeziehungen:
– der Herr des Sklaven und der Sklave des Herrn,
– der Eigentümer des Hauses und das Haus des Eigentümers.
Ist das Adelsprädikat eine Vorstufe der Genitivbildungen?
Wenn Augustinus das Zeugen von Sühnen aus der Schuldbeziehung (aus der Erbschuld) herausnimmt: drückt sich darin nicht auch diese Funktion der Trinitätslehre und des Zeugungsbegriffs in der Trinitätslehre aus, daß sie eben dieses Zeugen des Sohnes durch Vergöttlichung exkulpiert.
Was bedeutet es, wenn Jeremias Ägypten den Eisenschmelzofen nennt, und wie bezeichnet er Babylon? Wie hängt das damit zusammen, daß er in der Vorgeschichte der babylonischen Gefangenschaft die Partei Babylons ergreift?
Stand nicht der gesamte Expressionismus im Konjunktiv? Und ist das Verschwinden des Konjunktivs nicht Ausdruck des Verschwindens der Hoffnung (bis hinein in raf-Texte)? Das Blochsche Prinzip Hoffnung ist eine zwangsläufige Konsequenz der expressionistischen Anfänge Blochs. Dagegen treibt die Ontologie den Menschen das Wünschen aus; sie macht die Menschen, indem sie die Geschichte ins Ereignishafte, Schicksalshafte (in die „Geschichtlichkeit“) zurückstaut, zu bloßen Objekten. Nicht Anderes drückt sich im heideggerschen Begriff des „Daseins“ aus. Der deiktische Gestus im Da des Daseins ist subjektlos (wie das Grinsen der Katze, das im Raum bleibt, wenn die Katze verschwindet). Deshalb gehört zum Dasein die Geworfenheit ins Da. In diesem Da drückt sich genau das aus (und wird auf die Spitze getrieben), was Rosenzweig die verandernde Kraft des Seins genannt hat. – Das Dasein ist Produkt der Identifikation mit der annihilierenden Gewalt des Seins.
Die heideggersche Geschichtlichkeit ist der endgültige, der abschließende Ausdruck der Verleugnung der Prophetie durch den historischen Objektivitationsprozeß (Heidegger als katholischer Wellhausen).
Zur Identität von Eigentlichkeit und Uneigentlichkeit: Das Eigentliche Heideggers hat eine ähnliche Bedeutungsstruktur wie das Grundsätzliche der Juristen: Es bezeichnet „eigentlich“ die Verneinung des Gemeinten. Wie das „grundsätzlich“ bezeichnet es ein Sollen, das nicht erfüllt werden muß; es schließt die Ausnahme vom Grundsätzlichen als Regel mit ein.
Taucht nicht dieser heideggersche Sprachgestus der antwortlosen, der „rhetorischen“ Fragen erstmals beim Rhetoriker Augustinus auf? (Heidegger als Verkörperung der dritten Gestalt der Verleugnung: der Selbstverfluchung, und Augustinus die der ersten Gestalt?)
Augustinus‘ Genesis-Kommentar, drittes Buch, sechstes Kapitel: „Der Verfasser (der Bibel, H.H.) wußte genau um das Wesen der Elemente und ihre Ordnungen, als er die Geschichte der Schöpfung der sichtbaren Dinge einleitete …“ (S. 80) Es ist der gleiche apologetische Gestus, der glaubt nachweisen zu müssen, daß der Prophet genau so klug war wie die Philosophen (oder das zeitgenössische unreflektierte Bewußtsein, das es immer besser weiß), der dann in die Falle der Unterstellung gerät und nicht mehr herauskommt. Hier klingt erstmals die allbekannte Lehrerfrage an „Was wollte der Dichter damit sagen?“
Haben die biblischen Abgründe etwas mit dem Gravitationsfeld zu tun, und was entspricht dem in der Sprache, die das Inertialsystem antizipiert? -
25.05.92
Die augustinische Gnadenlehre ist (durch ihr Verständnis des Bekenntnisbegriffs) die Grundlage der Confessiones (Flasch, S. 109).
Die augustinische Gnadenlehre, oder die instrumentalisierte Gottesfurcht und der Terror.
Die Rhetorik reicht von der forensischen Sphäre der Konfliktbearbeitung (Anklage und Verteidigung) bis hin zum Aufschwätzen in Politik und Geschäft (public relation).
Die Vätertheologie insgesamt und an ihrem Ende auch Augustinus ist zum Opfer ihrer Opfertheologie geworden, die paradoxerweise der Preis war für die Rezeption der Philosophie.
Die augustinische Gnadenlehre ist das erschütternde Denkmal seiner Auseinandersetzung mit dem philosophischen Prinzip: der mißlungenen Kritik des Herrendenkens.
Hängen „gesinnt“ und „gesonnen“ mit „Sinn“ und „Sonne“ zusammen (nationalgesinnt und wohlgesonnen)? Dann wäre hieraus ableitbar, daß jede Sinnsuche blasphemisch ist.
Die Vorstellung des unendlichen Raumes verschließt die Dinge gegen die Einsicht, gegen den „intellectus“. So war in der aristotelischen Tradition des Mittelalters der intellectus agens in der Mondsphäre angesiedelt: d.h. außerhalb des subjektiven Verstandes (Konnotation der Gnadenlehre). In der augustinischen Philosophie hängt der intellectus als Erfüllung des Glaubens mit der Gnadenlehre zusammen.
Die Themenstellung Freiheit und Gnade bezeichnet genau die Falle, in der Augustinus sich verfangen hat. Im Rahmen dieser Themenstellung (auf der Basis des liberum arbitrium) ist eine Lösung grundsätzlich ausgeschlossen.
Augustinus hat aus dem Sündenfall den Sündenphall gemacht, damit aber sich selbst den Bereich verschlossen, in dem allein sinnvoll von der Erbschuld hätte gesprochen werden können. Er hat an die Stelle der Zunge den Phallus (an die Stelle der Urteilslust die sexuelle Lust) gesetzt. Damit hängt es zusammen, wenn er im Kampf gegen den „bösen Treib“ seine Frau verraten hat. (Aber ist nicht vielleicht doch der Phallus in der Natur, was die Zunge in der Welt ist, und sind vielleicht beide wie Natur und Welt aufeinander bezogen?)
Die Sexualmoral verrät den Logos (und zwar zwangsläufig: indem sie die Idee des Logos an dessen philosophische Parodie, die Übernahme der Sünde der Welt an die Herrschaft der Logik verrät).
Die Kirche hat Jesus, indem sie supponiert, er habe die Sünde der Welt „hinweggenommen“, aufs entsetzlichste belastet und alleingelassen.
Augustinus verfehlt sein Thema, nämlich die Gottesfurcht, die in dem Pauluswort, daß niemand sich rühmen dürfe, drinsteckt und gemeint ist, dadurch, daß er sie unmittelbar per Projektion ableitet auf die Israeliten, d.h. in die kirchliche Judenfeindschaft. Und es ist genau diese verdrängte Gottesfurcht, die dann als Ideologie des Terrors wiederkehrt.
Daß man sich nicht seines Tuns rühmen darf, heißt nicht, daß man nicht für sein Tun verantwortlich ist. Aber dieses Mißverständnis zu vermeiden, scheint Augustinus nicht ganz gelungen zu sein. Seine Gnadenlehre hat schon etwas von jenen Exkulpationsstrategien (Rechtfertigungslehren), die dann daraus abgeleitet worden sind und das Christentum im Kern verhext haben.
Die Realbedeutung der augustinischen Gnadenlehre läßt sich an der Feststellung ermessen, daß jeder, wenn er erwachsen wird, auch für sein Gesicht und für seinen Charakter verantwortlich wird, und daß man eines Tages nicht nur für die eigene Vergangenheit, sondern auch für die, in die man hineingeboren wird, wird Rechenschaft ablegen müssen (was das für den Christen, für den Deutschen und für den Mann heute heißt, bedarf keiner Erläuterung).
In welcher Beziehung steht der intellectus agens zur Vergangenheit? Ist er nicht ein Stück erinnerter Vergangenheit? Und in welcher Beziehung steht er zu der Lehre von der Auferstehung der Toten oder zur Idee des Heiligen Geistes?
Auch die Philosophie, die an der Idee des Guten sich orientiert, steht unter dem Gesetz der Erkenntnis des Guten und Bösen, d.h. des Sündenfalls.
Omne animal post coitum triste: Ist nicht die Dämonisierung der Lust auch die Dämonisierung der Trauer (der Erinnerung)? Und steckt nicht in jeder Lust – gleichsam als das Salz, als ihre Substanz – die Trauer der vergangenen Erinnerung?
Die Umformung des achten Gebots in das „Du sollst nicht lügen“ ist insoweit dämonisch, als es selber Lüge ist und zur Lüge verurteilt. Hieran läßt sich die paulinische Erkenntnis, daß das Gesetz zur Schuld verurteilt, demonstrieren.
Nochmals zum intellectus agens: War nicht der Ursprung der modernen Naturwissenschaften, das Inertialsystem und dann besonders auch das Gravitationsgesetz, so etwas wie die Durchsetzung eines universalen Erinnerungsverbots (das erstmals durchbrochen wurde durch die Einsteinsche Relativitätstheorie, durchs Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit)?
Für das Christentum war das jüdisch-christliche Schisma der Ursprung des Erinnerungsverbots und der Identifikation mit dem Aggressor: der Rezeption des Weltbegriffs. Durchschnitten wurde die Beziehung des Weltbegriffs zum Schicksal: zur Idolatrie, zum Sternendienst und zum Opferwesen, die Erinnerung seines Ursprungs. Nur diese Erinnerung hätte das Dogma und seinen terroristischen Gebrauch verhindern können. Das Erinnerungsverbot wurde zum Grund der kirchlichen Theologie und der hierarchischen Herrschaftsstrukturen in der Kirche (ihrer Noachidisierung). -
24.11.91
Das analsadistische Vokabular schließt die Mimesis a limine aus. Es dementiert das „non olet“. Im Kontext einer homosexuellen Komponente (des männlichen Sexismus) macht es die Sexualmoral zur Basis der Kapitalismuskritik (Grundlage der Personalisierung).
Das petrinische Vorurteil: Personalisierung und Sexualmoral gehören zusammen und sind Folgen der Bekenntnislogik. Deshalb kann der Katholizismus die Sexualmoral nicht aufgeben und Frauen nicht zum Priesteramt zulassen. Dieses Syndrom kommt in der Abtreibungskampagne in die Nähe der Selbstverfluchung.
Steckt nicht in jedem Werturteil eine sexualmoralische Komponente (und ist das analsadistische Vokabular der Kern aller Werturteile)? Oder umgekehrt: Ist das Wertgesetz das obszöne Zentrum des Kapitalismus?
Sexualaufklärung ist der falsche Begriff für einen richtigen Sachverhalt; worauf es ankäme, wäre:
– die Fähigkeit, Sexualität ohne Schuldangst (ohne Rechtfertigungs- und Projektionszwang) zu reflektieren;
– die Anerkennung des „erste(n) Gebot(s) der Sexualmoral: der Ankläger hat immer unrecht“ (Adorno: Minima Moralia); und
– die Anerkennung des Satzes, daß ich niemanden zum bloßen Mittel meiner Bedürfnisse machen darf.
Die Übernahme der Schuld der Welt setzt die Fähigkeit zur freien Reflexion des Herrschafts-, Schuld- und Verblendungszusammenhangs voraus, insbesondere die Fähigkeit zur freien Reflexion
– von Sexualität,
– der Naturwissenschaften,
– des Kapitalismus und
– der Religion.
Darin liegt das Befreiende des Christentums (ama et fac quod vis).
Furcht und Zittern: Es müßte heißen: Gottesfurcht, aber ohne Zittern (Zittern gehört zur Herrenfurcht, nicht zur Gottesfurcht).
Die zuletzt von Drewermann wieder genutzte Charakterisierung der jüdischen Religion als Gesetzesreligion, die einen paulinischen Begriff aufnimmt, ist in dieser Form ein Element des Antijudaismus: eher trägt das Dogma die Züge einer Gesetzesreligion als die Tora. Historisch hat sich das Dogma, und nicht die Tora, als Mittel der Anpassung der Religion an die Welt (an dessen Konstitutionsgrund der Gesetzesbegriff erinnert) erwiesen. Der antijudaistische Gebrauch des Gesetzesbegriffs ist Produkt reiner Projektion. Selbst der Dekalog ist keine Verkörperung des Gerichts (das zum Tode führt), sondern eine der Gnade, der Barmherzigkeit (die christliche Tradition, die hier offensichtlich verlernt hat, „links und rechts zu unterscheiden“, hat nicht zuletzt deshalb keines der zehn Gebote verstanden: vom „keine Götter neben mir“ und von der „Heiligung des Gottesnamens“ bis zum Verbot des falschen Zeugnisses wider den Nächsten und des „Begehrens“).
Die weltkritische Tradition des Christentums ist insoweit bis heute nicht verstanden worden, als sie bis heute nicht auf das weltkonstituierende Moment im Subjekt selber bezogen worden ist, umgekehrt: vom Christentum zur Heiligsprechung der Subjektivität als Weltgrund mißbraucht wurde (im christlich-dogmatischen Gebrauch des Person- und des Bekenntnisbegriffs). Anstatt sie auf die Äonenwende, den Ursprung und Verlauf des weltkonstitutierenden Objektivationsprozesses zu beziehen, wurde das Christentum selber zum Träger dieses Prozesses: Seitdem steht es sich selbst im blinden Fleck. Das Geheimnis dieses Prozesses hat Kant in der Kritik der reinen Vernunft: im Zusammenhang von transzendentaler Ästhetik und Logik, ausgesprochen. In diesen Prozeß ist (als verhängnisvolles Erbteil eines Christentums, für das die Umkehr ein Fremdwort geblieben ist) der Exkulpationsmechanismus eingebaut, der dem begrifflichen Denken insgesamt zugrundeliegt.
Die Trinitätslehre als Gottesfurcht-, Umkehr- und Nachfolge-Vermeidungs-Maschine.
Die Philosophie partizipiert an der Stummheit des Helden; und diese Stummheit vollendet sich in der transzendentalen Logik, in der das Objekt endgültig namenlos wird und die Sprache der Erkenntnis ihre benennende Kraft verliert. Diese Stummheit ist erstmals im Universalienstreit: im Nominalismus zum Bewußtsein ihrer selbst gebracht worden (nomina sunt flatus vocis; Name ist Schall und Rauch).
Erinnerungsarbeit ist der Versuch, den Schuldzusammenhang aufzulösen, in dem sich (zuletzt in der traszendentalen Logik Kants) das namenlose Objekt konstituiert, und der Sprache ihre benennende Kraft zurückzugewinnen.
Was hat Jona der Stadt Ninive gesagt?
In Heideggers „Geschick des Seins“ reflektiert sich die schicksalhafte Struktur des Begriffs, sein Verhältnis zum Schuldzusammenhang, seine sprachzerstörerische Gewalt.
Der Logos (die benennende Kraft der Sprache) konstituiert sich in der Übernahme der Schuld der Welt. -
20.11.91
Zur Bemerkung eines Kirchenhistorikers (zum Verhältnis der Kirchen zum Nationalsozialismus und zur Shoah), es gehöre zu den Verführungen der Nachgeborenen, aufgrund der genaueren Kenntnisse besser über die Vergangenheit urteilen zu können als der Zeitgenosse.
– Der apologetische (exkulpierende) Gebrauch dieses Arguments ist unzulässig: Wenn die Fakten, die Grundlage des Urteils des Nachgeborenen sind, stimmen, wenn sie nicht zu leugnen sind, dann kann man sie nicht durch den Hinweis auf den Vorteil, den der Nachgeborene aus seiner späten Geburt zieht, aus der Welt schaffen.
– Die Wahrheit dieses Arguments liegt an anderer Stelle:
. Die Vorstellung, daß der Nachgeborene aus seiner späten Geburt einen Vorteil ziehen kann, hat christliche Ursprünge, die im übrigen mit dem christlichen Antijudaismus (der Quelle des Antisemitismus) zusammenhängen: Das Bekenntnis ist grundsätzlich das Bekenntnis des Nachgeborenen, der sich von der Vergangenheit distanziert, sie in die Perspektive der Objektivität rückt: der so glaubt, die Vergangenheit (insbesondere die jüdische Vergangenheit des Christentums) „überwunden“ zu haben. Der kirchliche Antijudaismus ist die Projektionsfolie, auf die das kirchliche Dogma, der zum Bekenntnis umgeformte Glaube, aufgetragen wird, und die dem Christen den Sündenbock liefert und die eigene Erinnerungsarbeit erspart (Ursprung der Heuchelei, die sich selbst nicht mehr durchschaut, deshalb ihre Unwahrheit als Aggression nach draußen kehren muß).
. Die projektive Nutzung des besseren Wissensstandes der späten Geburt ist in der Weigerung begründet, das Nachfolgegebot zu erfüllen; sie ist ein Mittel, die exkulpierende Kraft des moralischen Urteils (der Empörung) sich zuzueignen, ohne dem Schmerz der Gottesfurcht sich zu stellen. Aber die Vorstellung, daß die Verurteilung fremder Schuld den Urteilenden in den Stand der Unschuld versetzt, ist schlimmste Magie (und der Grund fürs Überleben der Magie im christlichen Bekenntnis).
Auch die Nachgeborenen stehen im Hinblick auf Auschwitz auf der Täterseite; oder: Auschwitz ist nicht vergangen, seine Voraussetzungen überleben im Bewußtsein und Unbewußtsein der Überlebenden; mitschuldig ist jeder, der diese Erbschuld nicht als Teil seiner selbst begreift, für den er einstehen muß. -
19.11.91
Gott hat nicht die Welt sondern Himmel und Erde erschaffen, d.h. außer der Erde (mit dem Himmel) auch die Umkehr.
Seit dem Ursprung des Weltbegriffs bedarf es der Idolatrie nicht mehr; der Weltbegriff leistet seitdem dasselbe, was vorher der Götzendienst leistete. Und die jesuanische Übernahme (nicht Hinwegnahme) der Schuld der Welt steht in der Tradition der Kritik der Idolatrie und des Bilderverbots. Das Bewußtsein davon klingt nach in dem mittelalterlichen Bild der Frau Welt, die in der Tradition des prophetischen Begriffs der Hurerei und des Bildes der Hure Babylon steht.
Der kirchliche Antijudaismus war das Mittel, die prophetische Idolatrie-Kritik zu adaptieren, ohne sie auf sich selbst (die Kirche) beziehen zu müssen. Ohne den Antijudaismus wäre die Dogmenentwicklung (als Anpassung des die Welt) und ihre Voraussetzung, die Hypostasierung des Weltbegriffs (die Quelle der Häresien) nicht möglich gewesen
Die vollständige Säkularisation der Religion ist der Faschismus.
Der Fundamentalismus ergibt sich aus dem Festhalten des Prinzips der wörtlichen Wahrheit der Schrift unter den Prämissen des Weltbegriffs und des Herrendenkens.
Der Fundamentalismus (miß-)versteht die Bibel als Lehrbuch der Geschichte oder der Physik; er verfällt eben damit dem Bilderverbot.
Die Vergöttlichung des Opfers ist die christologische Verführung.
Ist das Firmament ein System aus Spiegelungen und Brechungen, dessen Entschlüsselung erst gelingt, wenn ein diachronischer Geschichtsbegriff möglich ist?
Die Apokalyptik steht in der prophetischen Tradition, sie ist deren Weiterbildung unter der Voraussetzung des etablierten Weltbegriffs. Und die apokalyptische Vorstellung des Weltuntergangs bezieht sich auf diese Hypostase, ist Produkt und Ausdruck der Auseinandersetzung mit der (nachprophetischen) „Welt“. Die Frage, ob die Apokalyptik in der Form, wie der Fundamentalismus sie dingfest zu machen versucht, auf die physikalische (oder astronomische) Realität sich bezieht, kann offen bleiben (genauer: diese Frage stellt sich jetzt nicht mehr; in den Minima Moralia gibt es ein Stück, das heißt „Nach Weltuntergang“).
Das Buch Jona ist eine postapokalyptische Schrift:
– Die Prophetie richtet sich nicht nach innen, sondern nach außen (gegen Ninive, die „große Stadt“).
– Am Ende stellt sich heraus, daß Gott barmherzig ist (Gericht der Barmherzigkeit über das gnadenlose Weltgericht).
– Gott begründet die Barmherzigkeit mit dem Hinweis auf die 120.000 Menschen, die rechts und links (Gnade und Gericht) nicht unterscheiden können, und auf „so viel Vieh“.
Ist Jona nicht die genaue Gegenfigur zum Bileam (ein jüdischer Prophet gegen Ninive, ein moabitischer/midianitischer Prophet über Israel? Das NT spricht vom „Zeichen des Jona“ und von der „Sünde Bileams“.
Erst wenn uns die Möglichkeit der Auferstehung der Toten nicht mehr erschreckt – und das ist nach Auschwitz unmöglich -, wird der Messias kommen.
Zum Satz Kafkas „Es gibt unendlich viel Hoffnung, nur nicht für uns“: Es gibt keine Garantie, die steht bei Gott.
Es gibt keine Heiligen mehr in dieser Welt, es sei denn, sie heißen Franz K., Schönfließ und Wiesengrund.
Die nach dem zweiten Weltkrieg modisch gewordene Wendung „Ich würde sagen …“ drückt eine geschichtsphilosophischen Sachverhalt aus: Es ist nicht mehr möglich ungebrochen theologisch zu reden (apodiktisch zu urteilen).
Die Realität heute ist ein kurzer Prozeß über die Kinder, die überall von Real-Verboten umstellt sind, deren Übertretung unmittelbar geahndet wird.
Zum Begriff der Strafe (läßt sich das Strafrecht überhaupt noch begründen: Gemeinheit ist kein strafrechtlicher Tatbestand): Zusammenhang von Strafe, Recht und Bekenntnislogik (Ursprung und Geltung des Weltbegriffs). Der Kreuzestod („Herr vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“) und das Problem der Strafe.
Strafe verhindert a limine (als Institut) die Gottesfurcht, und zwar auf beiden Seiten: durch Fixierung des Strafbedürfnisses (im Interesse der Erhaltung der „Welt“) und durch das, was sie dem, den sie der Strafe unterwirft, antut.
Läßt sich das Nationalprinzip unreflektiert auf die Alte Welt, insbesondere auf Israel, anwenden? Was bedeutet hier Volk, Nation, Sprache? Was heißt Assur, Babel, Moab, Amalek; Kanaanäer sind Händler; Israeliten sind für Ägypten, die Philister, bei Jona für die Schiffsleute (bei Judith für Holofernes) Hebräer (Sklaven, Söldner, Kleinviehnomaden). Wie lautet die hebräische Bezeichnung für die Ägypter, und was bedeutet sie?
Thomas Ziehe (FR vom 19.11.91) leitet das Individuationsprinzip aus dem Konkurrenzverhältnis ab; das Konkurrenzverhältnis bezeichnet aber gesellschaftlich durchaus verschiedene Sachverhalte:
– Im Handel und in der Produktion bezieht es sich auf den Markt,
– in der Verwaltung (wie in der Kirche und beim Militär) auf die Karriere (die Teilhabe am Sakrament der Macht), während
– die Anwendung aufs Proletariat nur auf den „Aufstieg“ aus dem Proletariat sich bezieht.
Sind die Atome das Proletariat der Mechanik, und ist die Astronomie die Verwaltung?
Der Begriff des Daseins ist aus der Hegelschen Diskussion des hic et nunc abzuleiten: Das Da ist das Hier für andere.
Ich habe Elias Canettis „Masse und Macht“ immer als Gegenpol und als Ergänzung zur „Dialektik der Aufklärung“ verstanden: Hier geht es beidemale um die gleiche Sache, das einemal um ihren naturalen Aspekt, das anderemal um ihren historisch-gesellschaftlichen und um ihre erkenntnistheoretischen Aspekt. -
11.11.91
Gleiche Probleme des Raumes, des Geldes und des Bekenntnisses: Ambivalenz, gegensätzliche Bedeutungen, die sich nicht von einander trennen lassen: wie die zwei Seiten eines Blattes, von denen ich nicht eine zerreißen kann, ohne die andere mit zu zerreißen; beide durch Umkehr aufeinander bezogen (Leib und Seele, Physik und sinnliche Welt; Reichtum, Schuld und Herrschaft; Christentum die menschenfreundlichste Religion, aber keine andere, in deren Namen solche Untaten begangen wurden).
Raum und Bekenntnis:
– Antijudaismus (kein Bekenntnis ohne Feindbild): vorn und hinten nicht unterscheiden können, im Angesicht und hinter dem Rücken („Augapfel Gottes“ Sa 212);
– Ketzerverfolgung (kein Bekenntnis ohne Häretiker): rechts und links nicht unterscheiden können (Barmherzigkeit und Gericht);
– Hexenverfolgung (Frauen nicht bekenntnisfähig): oben und unten nicht unterscheiden können (Gottesfurcht ist nicht Herrenfurcht).
Trinitätslehre, Christologie, Opfertheologie und Physik (Raum, Naturbegriff und Opfer der Sinnlichkeit).
Zentrales Kriterium für die Ketzerverfolgung ist bis heute die Unbotmäßigkeit der Ketzer, nicht die Abweichung ihrer Lehre von der Orthodoxie. -
06.11.91
Was bedeutet Diachronie: Kann es nicht sein, daß eine Kritik der homogenen Zeit auch die Möglichkeit mit erwägen muß, daß es (in der Folge des griechisch-neutestamentlichen Äonenbegriffs) zeitliche Real-Konstellationen gibt, die zerstört, unkenntlich gemacht werden, wenn man ihre Momente an realhistorische Abläufe bindet (historische Bibel-Kritik); oder daß es einen „Fundamentalismus“ gibt, der der faschistischen Konsequenz dadurch entgeht, daß er von einer chronologischen Anbindung der biblischen Texte (aus rational belegbaren Gründen) Abstand nimmt (Frage: Wer war Abraham? – „Ehe Abraham ward, bin ich“: Zusammenhang mit der „Übernahme der Schuld der Welt“ und der logostheologischen Präexistenz „vor Erschaffung der Welt“ – nicht vor der Erschaffung von Himmel und Erde. – Wirft das nicht auch ein neues Licht auf das Lachen Abrahams und Saras und auf den Schrecken Isaaks? – Zusammenhang der toledot: Schöpfungsgeschichte und Genealogien – und Trinitätslehre: toledot zum Mythos, zur „ewigen Wiederkehr des Gleichen“ umgebogen?).
Horkheimers Wort vom Christentum als der menschenfreundlichsten Religion, „aber sind keine schlimmeren Untaten als im Namen dieser Religion geschehen“, findet hier seine Begründung, ebenso die These, daß es ein der Welt angepaßtes Christentum ohne Antisemitismus nicht geben kann.
Der Kampf der Kirche gegen die Abtreibung, der ohne Rücksicht auf die Probleme, die die Frauen selbst damit haben, geführt wird, wird deshalb so wütend geführt, weil er an das andere Abtreibungs-Trauma des Bekenntnisses rührt: an die Abtreibung der Wahrheit aus Furcht vor den messianischen Wehen in der Phase der frühkirchlichen Anpassung an die Welt und des Dogmatisierungsprozesses (das Dogma als Wechselbag: Remythisierung durchs Trinitätsdogma und durch Christologie und Opfertheologie; das Bekenntnis als Narbe). Der Kampf wird an der Grenze der Selbstverfluchung und nicht zufällig (in der Tradition des Antijudaismus) mit dem emotional hochbesetzten Mordvorwurf geführt.
Sind die apokalyptischen Siegel, mit deren Lösung die Wehen beginnen, die Sakramente? Und sind die Sakramente (zunächst das Symbolum, das Bekenntnis) Zeichen der „Bindungen“, mit denen die Kirche auf Erden wie im Himmel bindet?
Oder haben die sieben unreinen Geister, von denen Maria Magdalena befreit wurde, etwas mit den sieben Siegeln der Apokalypse zu tun?
Fragen:
– Gibt es eine Untersuchung über die Geschichte des Bekenntnisbegriffs?
– In welchem Zusammenhang taucht der Weltbegriff im NT auf? – In der Geheimen Offenbarung ist Jesus Herr der Welt, Gott Herr der Schöpfung.
– Weshalb ist das NT in Griechisch geschrieben, und warum gibt es in ihm dann einen Brief an die Hebräer?
– Wer sind die Hebräer, und weshalb heißt die hebräische Sprache die hebräische? Gibt es sprachlichen und/oder realen Zusammenhang zwischen den Hebräern und den Barbaren?
– Ist die Bezeichnung für Welt in Joh 129 kosmos?
Das Subjekt des jesuanischen „Ich bins“ ist der genaue Gegensatz, der Gegenpol zum transzendentalen Subjekt Kants.
Indem Kant Raum und Zeit zu subjektiven Formen der Anschauung macht, trennt er die äußere von der inneren Anschauung, zerstört er den objektiven Anteil der Erinnerung und damit den Grund der Sprache (macht er das Objekt namenlos).
Verräterisch der in der marxistischen Tradition übliche Begriff des „Allseitigen“: Er bewirkt, daß die Dinge von allen Seiten, d.h. immer nur von außen, hinter ihrem Rücken betrachtet werden; Anpassung an den Erkenntnis-Status der Physik. Naturwissenschaftliche, d.h. objektivierende und instrumentalisierende Erkenntnis ist „allseitige“ Erkenntnis. Eliminiert wird der eigene Blick der Dinge, das, was sie ausdrücken, ihre Sprache.
Es ist Gottestrug und es zieht zwangsläufig den Gottesbeweis und die Theodizee nach sich, wenn die Theologie sich den innertrinitarischen Prozeß als das selige Leben Gottes in sich selber vorstellt. In Wirklichkeit ist es das selbstentfremdete Leben eines Organismus, in dem kein Glied nicht trunken ist. Es ist der Zornesbecher.
Die Genealogie Kains kommt in der Genealogie des Set noch einmal, aber in veränderter Konstellation vor: was bedeutet diese Veränderung?
Man muß einmal die Hegelsche Kriegslehre mit der kantischen vergleichen, um den Abgrund zu erkennen, der beide Philosophien trennt.
Der Marxsche Satz, wonach die Hegelsche Philosophie vom Kopf auf die Füße zu stellen ist, bezeichnet das richtige Problem, ist aber nicht dessen Lösung. Es ist das Problem der Umkehr, das Marx dann mit dem Revolutionsbegriff auch wieder verfehlt.
Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie