Der Satz aus der DdA, daß die Distanz zum Objekt vermittelt ist durch die Distanz, die der Herr durch den Beherrschten gewinnt, wäre zu ergänzen: Die Distanz zum Objekt (die Urteilsform, die Trennung des Natur- und Weltbegriffs) ist ebensosehr vermittelt durch die Distanz, die mit den Außenbeziehungen der Staaten sich konstituiert. Der Staat als Organisationsform einer Gesellschaft von Privateigentümern entspringt erst im Verhältnis zu und in der Natur-Gemeinschaft mit anderen Staaten. Es ist deshalb nicht unwichtig, darauf hinzuweisen, daß die Bibel die Trennung von Welt und Natur nicht kennt, daß im Namen der Hebräer auch der Begriff der Barbaren (der Fremden) reflexionsfähig gehalten wird, daß mit einem Wort jedes nationalistische Verständnis des hebräischen Gottesnamens und der Geschichte Israels sich vom Ansatz her verbietet.
Hegels Begriff des Absoluten ist eine Folge seiner Einbeziehung der Ästhetik in die Logik. Nur so war es ihm möglich, die Idee des Absoluten vom Staat zu trennen (durch die Logik der Schrift das hic et nunc des realen Staates in der Idee des Absoluten „aufzuheben“). Die Natur, die die Idee Hegel zufolge „frei aus sich entläßt“, ist eigentlich die dem eigenen Staat äußerliche Staatenwelt, in deren Struktur das reine Naturverhältnis sich wiederherstellt: als Krieg. Der Begriff ist die Form des einzelnen Staates, der sich selbst, kraft seiner eigenen Logik, zum Absoluten wird: In dieser Logik ist die Xenophobie (und deren teleologische Urform: der Antisemitismus) vorgezeichnet; das gegenständliche Korrelat dieser Xenophobie ist die Natur im Lichte des naturwissenschaftlichen Herrschaftsdenkens. Alle Natur, auch die erste, ist zweite Natur. Natur ist der Bann, unter dem Natur steht.
Das Inertialsystem ist Produkt und Ausdruck des Gewaltmonopol des Staates (die Astrologie war ein erster Versuch der Rekonstruktion der Struktur der staatlichen Gewalt und seiner Naturbasis).
Antisemitismus
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7.11.1994
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3.11.1994
Wer den Begriff abschaffen will, muß die Verwaltung, das Recht und das Geld abschaffen.
Ist nicht der theologische Indikativ (der die Attribute Gottes zu Attributen des Seins macht) blasphemisch? Und ist nicht das Wort „Der Vater und ich sind eins“ nur ein anderer Ausdruck für die ethische Beziehung beider, keine Wesensaussage (kein Beleg für eine homousia)?
Der Nominalismus ist Ausdruck des Todes und der Grablegung des Logos.
Haben die sieben Gemeinden in Asien (in der Apokalypse des Johannes) etwas mit dem gordischen Knoten zu tun? Dem, der diesen Knoten löst, war durch ein Orakel bestimmt, über Asien zu herrschen. Der gordische Knoten war der Knoten, der das Joch mit der Deichsel eines Ochsenkarrens verband. Hat die Deichsel des Karrens etwas mit dem Esel zu tun, und bezieht sich die Dt-Stelle über das Rind und den Esel auf den gordischen Knoten?
Hängt nicht die Geschichte vom Rind und Esel mit der Urteilsform zusammen: Das Urteil ist das gemeinsame Pflügen. Im Urteil werden Ochs und Esel gemeinsam vor den Pflug gespannt.
Verweist nicht der zunehmende Gebrauch des Wortes Gehirn, während Begriffe wie Geist und Vernunft beginnen, ihren Bedeutungshorizont zu verlieren, auf eine rasante Verwilderung der Sprache?
Stand die Kriegsseife und das Gerücht, das im letzten Krieg damit sich verband, nicht in symbolischem Zusammenhang mit der exkulpierenden („reinigenden“) Funktion des Antisemitismus?
Sind die Sphingen, die die toten Könige in den Pyramiden bewachen, nicht eigentlich die Cherubim, die das Paradies (und seine in den Königen real gegenwärtige Vergangenheit) bewachen? Sind die Könige nicht Repräsentanten des verlorenen Paradieses, und hängt es damit zusammen, wenn es mit den Pyramiden auch eine astronomische und kosmologische Bewandnis hat?
Hegel hat die Philosophie als Ausdruck der Geschichte begriffen. Die Rekonstruktion der Erkenntniskritik wäre demnach (als Geschichtskritik) auch auf die Geschichte zu beziehen: als Erinnerungsarbeit.
Die Sünde wider den Heiligen Geist, die weder in dieser noch in der zukünftigen Welt vergeben wird, bezeichnet aufs genaueste den Knoten, der, wenn er auf Erden gelöst wird, auch im Himmel gelöst sein wird: Die Sünde wider den Heiligen Geist ist die Sünde der Welt.
Das Theodizeeproblem wird gegenstandslos, wenn man begreift, daß die Attribute Gottes keine Attribute des Seins, sondern des Handelns sind.
Das Wort ist deshalb in der Schrift fast unauffindbar geworden, weil die Sprache nach der Verinnerlichung des Schicksals und dann der Scham (den Folgen der Logik der Schrift) sich selbst nicht mehr begreift.
Zu Schicksal und Scham: Die Griechen haben die Barbaren erfunden, wir haben die Wilden erfunden.
Was du schwarz auf weiß besitzt, kannst du getrost nach Hause tragen: Aber heute ist jedes Haus ein Sklavenhaus. -
5.10.1994
Das Objekt des Vorurteils ist aufgrund seiner Apriorität unzerstörbar (und der Antisemitismus aus diesem Grunde unbelehrbar).
Das Problem des falschen Propheten findet seine Lösung in der Unterscheidung zwischen der Erfüllung der Schrift (der „Unheilsprophetie“) und der Erfüllung des Wortes („Heilsprophetie“). Die „Unheilsprophetie“ ist aufgrund ihrer Beziehung zur Logik der Schrift grundsätzlich wahr (kann jedoch durch das Erbarmen Gottes „enttäuscht“ werden); die „Heilsprophetie“ ist nur dann wahr, wenn „das Wort sich erfüllt“. In dieser Konstellation findet das Bild des Tieres vom Lande seine Lösung.
Scham ist die Innenerfahrung des Witzes (die Erfahrung, die das Objekt eines Witzes mit dem Witz macht). Sensibilität ist die Fähigkeit, diese Innenerfahrung des Witzes zu reflektieren.
Die Idee des Parakleten gründet in der Umkehr der Logik des Witzes: Ihre Intention ist die Verteidigung des Objekts, über das gelacht wird, gegen das Kollektiv der Lacher (gegen die Welt). Zur Idee des Parakleten gehört der Satz: Aufgrund der Asymmetrie zwischen mir und den anderen ist Selbstverteidigung nur über die Verteidigung des andern erlaubt.
Steckt nicht in jedem objektivierenden Verfahren, in der Konstitution des Objekts selber, etwas von dem Auslachen, gegen das die Idee des Parakleten sich richtet?
Die Idee des Absoluten hat die Verinnerlichung der Scham zur Grundlage; über die Verinnerlichung der Scham ist die Idee des Absoluten an den Weltbegriff gebunden. Wittgensteins Satz: Die Welt ist alles, was der Fall ist, verweist auf diese Konstellation.
Die List der Vernunft gehört zu den Konstituentien der Idee des Absoluten. Wer den Realgehalt dessen, was Hegel die List der Vernunft nennt, begreifen will, muß den Argumentationsstil Kohls (unter Einschluß der Elemente der Selbstinszenierung: von der Versöhnung über den Gräbern bis hin zum bedenkenlosen Gebrauch der Gemeinheit) untersuchen.
Wie wär’s mit dem schönen Titel: In vierzig Tagen wird Ninive zerstört?
Als Adam sich unter den Bäumen des Gartens versteckte, da schämte er sich. Stammten diese Bäume vom Baum der Erkenntnis?
Der Takt verbietet es, im Hause des Mörders vom Opfer zu sprechen: Dieser Takt war der Grund, aus dem der Begriff der Kollektivscham hervorgegangen ist (Kohl: Es gibt Wichtigeres als Solingen).
Zur Feste des Himmels: Kann es sein, daß Gott keine „Rückseite“ hat, daß es diese „Rückseite“ nur für uns gibt: Sie fällt zusammen mit der Idee des Absoluten : mit dem Schatten, den das Subjekt auf Gott wirft (mit der Spiegelung Gottes in der Logik der Schrift).
Wie hängen die Idee des Absoluten, die Feste des zweiten Tages und die Gestalt des Elias (des Vorläufers des Messias) miteinander zusammen?
Das philosophische Subjekt, Korrelat des Weltbegriffs, ist ein Produkt der Logik der Schrift.
Das Richtige unterscheidet sich von der Wahrheit durch seine Beziehung zu anderen; im Falle des Richtigen ist diese Beziehung eine konstitutive, im Falle der Wahrheit eine regulative Beziehung. Beide unterscheiden sich wie die Lüge und das falsche Zeugnis (wie Schrift und Wort).
Der ungeheure Gedanke, daß Gott meine Schuld gegen andere nicht vergeben kann, daß er deren Vergebung nicht antizipieren kann, verweist auf den Tabestand, der dem Lösen zugrunde liegt. („Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dort eingedenk wirst, daß dein Bruder hat etwas gegen dich hat, …“ Mt 523). Ist das Bußsakrament nicht eine ungeheure Anmaßung: werden hier nicht die Opfer ihrer Kraft zu vergeben, die der Grund ist, daß ihnen selbst vergeben wird, enteignet? – Haben die sieben unreinen Geister nicht tatsächlich etwas mit den sieben Sakramenten zutun?
Die Philosophie beschreibt den Akt des Heraustretens aus dem Bann des Mythos. Wäre der letzte Akt der Philosophie nicht der ihrer Selbstauflösung: der des Heraustretens aus dem mythischen Bann der Logik der Schrift? Dazu bedarf es der Hilfe der Theologie: beide können diesen Schritt nur gemeinsam gehen.
Die Opfertheologie war der Preis für die theologische Rezeption des Weltbegriffs; die Höllenvorstellung, die Vorstellung von der Ewigkeit der Höllenstrafen, der Preis für die Rezeption des Naturbegriffs (die projektive Verarbeitung des Feuers).
Haschamajim: Die Sintflut ist das Realsymbol der Verinnerlichung des Schicksals (der Überflutung der Objektivität durch die Fluten des Begriffs); sie repräsentiert den Wasseraspekt der Geschichte der Aufklärung. Die Verinnerlichung der Scham (die Geschichte des Ursprungs und der Entfaltung der Raumvorstellung) und ihr gegenständliches Korrelat, die Verdinglichung der Welt, repräsentiert die Vorgeschichte des Feuers: Die Erfüllung der Logik der Schrift als Vorgeschichte der Erfüllung des Worts. „Ich bin gekommen, Feuer vom Himmel zu holen, und ich wollte, es brennte schon.“
Die spontane Reaktion auf die ersten Meldungen über Auschwitz: „das wird sich einmal rächen“, ist wahr geworden im Begriff der Kollektivscham. Ralph Giordano wäre dahin zu korrigieren: Nicht die Zweite Schuld bezeichnet den Kern der Nachkriegsentwicklung, sondern die zweite Intrumentalisierung der Schuld im Begriff der Kollektivscham. Die Erfindung der Kollektivscham war der schreckliche Versuch der Naturalisierung der Schuld, der Versuch, die Pforten der Hölle endgültig und ausweglos zu schließen. Sie war der Greuel al heiligen Ort.
Erst die Reflexion der Scham macht die Theologie zu einer experimentellen Wissenschaft.
Die Apokalypse des Johannes ist kein Schauspiel, nicht durch die ästhetische Objektivitätsgrenze von der Gestalt des Zuschauers getrennt. Wir stecken mitten drin wie Jonas im Bauch des Fisches. Auch die Apokalypse ist aus dem Bann der Logik der Schrift zu befreien. (Ist nicht der Fisch ein Sprachsymbol: ein Symbol der Logik der Schrift? Und ist der Fisch, das große Seeungeheuer, das Zweitgeschaffene, wie die Logik der Schrift das eigentlich apokalyptische Symbol: die Logik der universalen Vergegenständlichung?)
In der Astronomie gilt – wie im Recht -, daß das Nichtbeweisbare nicht existiert (Folge der ästhetischen Beziehung zur Sternenwelt). Gilt der die Grenzen des Rechts definierende Satz: Gemeinheit ist kein strafrechtlicher Tatbestand, auch für die Astronomie (und in ihrer Folge für die modernen Naturwissenschaften)? Die Grenzen der Beweislogik widerlegen sie nicht, aber sie machen die Beweislogik reflexionsfähig und das, was durch die Beweislogik ausgeschlossen wird, doch noch erkennbar. Vor allem ist jeder Versuch, die Beweisgrenzen zu schließen, auf seine Haltbarkeit und auf seine Nebenwirkungen zu prüfen.
Beweislogik und Verdinglichung: Das deiktische Element im bestimmten Artikel ist ein Produkt der Beweislogik. Dagegen hat die negative Dialektik das mikrologische Verfahren der Reflexion zu mobilisieren versucht.
Hitlers Wort, daß die Masse ein Weib ist, knüpft an die merkwürdige Beziehung des Femininum zum PLural an (die gleiche Beziehung, die auch im Begriff der Materie sich ausdrückt).
Die Logik der Schrift, deren Ursprung an der Hegelschen Analyse des Hier und Jetzt (in der Phänomenologie des Geistes), sich demonstrieren läßt, entfaltet sich in der Vorstellung des Inertialsystems, gewinnt in ihr ihre ungeheure abstraktive Gewalt. Sie ist der Grund des Abstraktionsprozesses, der (über die Opfertheologie) in der Geschichte der naturwissenschaftlichen Aufklärung sich vollendet.
Die Angst, den Boden unter den Füßen zu verlieren, ist das erste (und notwendige) Resultat der Kritik des Inertialsystems (und der Opfertheologie: der Vorstellung, daß die Welt durch den Kreuzestod Jesu entsühnt worden sei). Der Versuch, dieses Gefühl durch durch die Vorstellung, „in Gottes Hand geborgen“ zu sein, zu unterdrücken, ist der Kern der Verführung durchs Herrendenken.
Die Kritik der Naturwissenschaft findet ihren Hauptwiderstand an der nie reflektierten pseudotheologischen Begründung des naturwissenschaftlichen Erkenntnisbegriffs (an ihrem Zusammenhang mit der Opfertheologie). -
14.9.1994
Zur Kritik des Fundamentalismus: Ziel der Gotteserkenntnis wäre es, aus dem Bann der Gottesvorstellung herauszutreten.
Merkwürdige Stellung des Neutrum in der französischen, italienischen und spanischen Sprache:
– Die französische und die italienische Sprache kennt beim Nomen kein Neutrum, auch kein entsprechendes Personalpronomen; wohl gibt es im Französischen die unpersönlichen Verben mit „il“ (3. Pers. m.) als grammatischem und einem Substantiv als (nachgestelltem) logischem Subjekt (und im Italienischen die unpersönlichen Ausdrücke wie basta, es genügt, u.ä.).
– Das Spanische kennt das Neutrum beim bestimmten Artikel, auch als Personalpronomen, der sächliche Artikel wird aber nur bei substantivisch gebrauchten Adjektiven, Adverbien, Fürwörtern und Zahlwörtern verwendet.
Alle drei Sprachen kennen keine Deklination der bestimmten Artikel.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Bildung des Neutrum und und der politischen „Reichs“-Bildung (Griechen, Römer, Deutsche), dem Carsarismus, der herrschaftsgeschichtlich von der Monarchie zu unterscheiden ist (Differenz der caesarischen zur davidischen Tradition)? Steckt im Reich, in der caesarischen Tradition, die babylonische Tradition?
Ist das nicht auch ein Hinweis auf die Logik der Deklination, der Fallbildungen, daß in den „monarchischen“ Sprachen die bestimmten Artikel nicht der Deklination unterliegen, sondern insbesondere Genitiv und Dativ mit de und a (im Spanischen wie im Französischen), oder mit of und to (im Englischen) gebildet werden? In diesem von/zu scheint noch die Wechselseitigkeit durch, die durch die Monarchie stabilisiert und erst im Caesarismus nochmal vergegenständlicht wird. Erst die moderne Aufklärung, die den Caesarismus totalisiert (im Kapitalismus wie im Inertialsystem), hat der Monarchie den Boden entzogen.
Verhalten sich nicht Deklination und Konjugation wie Geometrie und Algebra (wie die subjektiven Formen der Anschauung: wie Raum und Zeit)?
Ist das Neutrum (als Ausdruck und Produkt des Caesarismus) die säkularisierte (politisch instrumentalisierte) Herrlichkeit Gottes (Produkt der Vertreibung der Schechina aus der Sprache)?
Der Fall ist der Fall in die Finsternis: Wichtig ist vor allem, was er zum Verschwinden bringt.
Die Beziehung von Genitiv und Dativ reflektiert das Tauschprinzip, die Beziehung von Nominativ und Akkusativ die Schuldknechtschaft (die drei romanischen Sprachen kennen keine Unterscheidung von Nominativ und Akkusativ: hier ist das Prinzip des Neutrum in die beiden personalen Geschlechter mit hereingenommen worden; entfällt damit die Notwendigkeit eines gesonderten Neutrums; oder umgekehrt: fehlt mit dem gesonderten Nominativ und mit der fehlenden Großschreibung der sprachliche Repräsentant des vergesellschafteten Caesarismus?).
Was ist der Unterschied zwischen Konjunktiv (coniungo – verbinden) und Subjunktiv (subiungo – (unten) verbinden, anfügen, anspannen; unterwerfen)?
Modell: Die Geschichte vom Sündenfall als Darstellung des Schuldverschubsystems, der Verschlingung von Schuldknechtschaft und Tauschprinzip; die ausgeführte Gestalt ihrer Selbstreflexion ist die Hegelsche Philosophie, die aber in ihr eigenes Prinzip sich verstrickt hat und daraus nicht mehr sich zu lösen vermochte.
Bemerkung zur Geschichte der Grammatik: Sind nicht die Skinheads (mit ihren nackten „Häuptern“) zwangsneurotisch-paranoide Verkörperungen des Substantivs, das selber der Logik des durchdeklinierten bestimmten Artikels sich verdankt?
Johannes Scottus Eriugenas bezieht in seine Interpretation des Gleichnisses von barmherzigen Samariter die typologische Bedeutung von Jerusalem und Jericho mit ein: das Paradies und „diese Welt“ (Über die Einteilung der Natur, S. 97). Wirft das nicht ein Licht auf den Zusammenhang der sonstigen Jericho-Geschichten (mit der Dirne Rahab, die dann in den Stammbaum Davids und Jesu hereinkommt, der Xenophobie-Geschichte und der Zerstörung Jerichos, aber auch dem Wiederaufbau Jerichos in 1 Kön 1634 in den Tagen Ahabs, der es ärger trieb als alle, die vor ihm gewesen sind, der sogar die Isebel zur Frau nahm und dem Baal diente und ihn anbetete)?
Jedes Bekenntnis definiert sich durch ihr Feindbild; deshalb war die Hölle für die kirchliche Tradition (und der Antisemitismus für die Nazis) so wichtig. Eben deshalb aber mußten auch das Dogma und das Credo seit je großzügig über das Gebot der Feindesliebe sich hinwegsetzen. Im Dogma selbst mußte die Bekenntnislogik durch ein Denkverbot verankert werden, das den Widerspruch zum Gebot der Feindesliebe unsichtbar machte. Dieses Denkverbot war der innere Grund der homousia: Ausdruck und Deckbild der Haßliebe von Vater und Sohn, ohne die die Opfertheologie nicht zu halten war. Der Vater der Trinitätslehre rechtfertigt seitdem jede Form von Herrschaft und jede Form von Gewalt, die von oben kommt (Verschiebung der Bedeutung des theologischen Begriffs der Empörung, der seitdem anstatt auf die Gewalt oben auf jegliche Gewalt von unten sich bezieht). -
8.9.1994
Ist der demagogische Trick Kohls nicht vorgebildet in der Geschichte der Physik: Die Kopenhagener Schule, die selber nach Einstein die Physik wieder ins Paradigma der Naturbeherrschung zurückgebogen hat, hat sich zugleich in der Öffentlichkeit immer als „Überwindung“ der klassischen Physik, zu der sie dann insbesondere Einstein hinzugerechnet hat, präsentiert, und den Preis der Rückkoppelung (die Unbestimmtheitsrelation und den Korpuskel-Welle-Dualismus als Komplementaritätsprinzip) als besonderen Gewinn sich selbst und den anderen eingeredet. Das wirklich Neue bei Einstein wurde damit der Reflexion entzogen. War nicht die Kopenhagener Schule, insbesondere ihr deutscher Teil, auf eine subtilere Weise antisemitisch als die ominöse „Deutsche Physik“?
Gibt es eine (nationale oder weltanschauliche) Identität ohne Bekenntnislogik, und d.h. ohne eingebautes Feindbild? Ist nicht die politische Theologie Carl Schmitts (mit der Grundlage des Freund-Feind-Denkens) die genaueste Entfaltung der Bekenntnislogik? Und sind nicht Skinheads und Hooligans die letzten Confessoren?
Hat Jesus nicht tatsächlich den Teufel mit Beelzebub ausgetrieben, und zwar genau mit der gleichen Logik, mit deren Hilfe er den Vorwurf zu widerlegen versucht (ein Reich, das in sich uneins ist, …)?
Die Bekenntnislogik ist der Kelch von Getsemane.
Der Begriff der „zeitlosen Wahrheit“, Grundlage der Trennung von Natur und Welt, setzt voraus, daß es zur Vergangenheit des Vergangenen keine Alternative gibt.
Zu Weigels Satz (in einem Brief an den WDR zur Lotto-Satire), daß er zwar Humor verstehe, aber …, fehlt die Ergängzung, die man wird hinzudenken müssen: Das Verständnis endet, wenn er selbst zum Objekt des „Humors“ wird. Dann ist er nur noch beleidigt. Hat nicht der Humor überhaupt eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Duftmarken-Setzen der Hunde. Mit Humor werden Herrschaftsbezirke abgesteckt. Opfer des Humors sind in der Regel die, die aus der Gemeinschaft der Lachenden ausgeschlossen (oder zur Identifikation mit dem Aggressor gezwungen) werden sollen (Frauen, Juden, Ausländer). Der Humor hat die gleiche logische Struktur wie das Vorurteil und die Bekenntnislogik, wie er auch die gleiche Funktion hat: Gemeinschaftsstiftung durch gemeinsames Lachen: durch Identifikation des gemeinsamen Objekts. Auch der Antisemitismus ist eine Variante des Humors. Deshalb ist Humor nur erträglich, wenn er die Reflexion auf diese Struktur in sich mit hereinnimmt: als schwarzer Humor.
Kein Bekenntnis ohne eingebautes Feindbild, wobei die logische Leistung des Lachens in seiner identitätsstiftenden Kraft liegt: Die Identität des Feindes wird durchs Lachen konstituiert. Repräsentant dieses Lachens im Subjekt ist die, die Objektvorstellung begründende, subjektive Form der äußeren Anschauung: der Raum.
Hängt es nicht mit der inneren Logik des Gebots der Feindesliebe zusammen, wenn Jesus nicht gelacht hat?
Weshalb wird das Lächeln der Babys als süß empfunden? Ist es nicht eigentlich etwas Schreckliches: Das Lächeln ist nicht freundlich. Beim Lächeln (auch dem archaischen Lächeln frühgriechischer Statuen, dem Seligkeits-Lächeln mittelalterlicher Skulpturen, dem Lächeln der Mona Lisa) ist der Schrecken nicht zu übersehen, der im instrumentalisierten keep smiling, im Lächeln der Verkäuferin, im cheese-Grinsen, als Raubtier-Lächeln erkennbar wird. Ist nicht das Lächeln der Babys das erste Zeichen der Selbstinstrumentalisierung, Folge der Erfahrung, daß diese Geste von den „Bezugspersonen“ honoriert wird? Wieviel objektive Ohnmachts- und Gewalterfahrung steckt schon in diesem Lächeln? Und ist das Süße an diesem Lächeln nicht die Süße der eigenen Macht- und Gewalterfahrung, die durchs Kind so bestätigt wird (Zusammenhang mit der Logik der Scham)?
Kann es sein, daß der Adressat des archaischen Lächelns das sich zur objektiven Gewalt kontrahierende Schicksal des mythischen Zeitalters, der Adressat des mittelalterlichen Lächelns der Seligen die Gottes- und Subjektvorstellung war, die der Verinnerlichung der Scham sich verdankt. Ist das Lächeln nicht der früheste Ausdruck der paranoischen Ansteckung, die zu den Grundlagen der zivilisierten Welt gehört? Aufgetragen ist dieses Lächeln auf die Folie des verzweifelten Weinens.
Haben die Wolken des Himmels, auf denen der Menschensohn erscheinen wird, etwas mit den Wolken, die die ausziehenden Israeliten durch Wüste geführt haben, mit den Wolken am Berge Sinai, dann mit den Wolken der Herrlichkeit Gottes über der Lade im Allerheiligsten des Tempels, zu tun: mit der Schechina?
Gegenstand der modernen Entzauberung der Welt war der katholische Mythos, der selber schon ein Produkt des gleichen Inertialsystems war, dem er dann zum Opfer gefallen ist.
Jesu Wort an den Schächer am Kreuz: Heute noch wirst du mit mir im Paradiese sein, ist noch unerfüllt. Dieses Heute ist noch nicht eingetreten.
Der Sprach- und Symbolgrund der Barmherzigkeit ist die Gebärmutter. Aus welchem Sprachgrund stammt die Gerechtigkeit?
Hat nicht die Anthropomorphismus-Kritik das weibliche Element (die Barmherzigkeit) aus Gott ausgetrieben?
Die Philosophie hat die Sinnlichkeit aus dem Himmel (aus Wasser und Feuer) ausgetrieben, die Naturwissenschaften haben sie aus der Erde ausgetrieben. Das erste war die Folge der Verinnerlichung der Schicksalsidee, das zweite die der Verinnerlichung der Scham.
Wenn die Grenze zwischen Innen und Außen eine transzendentallogische Grenze ist, die begründet ist in der Grenze zur Vergangenheit, ist es dann nicht notwendig, das Schicksal der Geschichte des Klassenkampfes, die nicht nur in der Außenwelt sich abspielt, im Innern der Menschen zu untersuchen, die Fortsetzung dieser Geschichte in der Geschichte seiner Verinnerlichung weiter zu verfolgen? Vermittelndes Glied ist der Mechanismus der Identifikation mit dem Aggressor; zur Geschichte der Verinnerlichung des Klassenkampfes gehört die Geschichte seiner Verdrängung. Diesem Aspekt kommt ein anderer entgegen: die Einsicht, daß der Begriff der Verdrängung nicht mehr auf die Psychologie sich einschränken läßt, daß er durch einen objektiven, historisch-gesellschaftlichen Begriff der Verdrängung, zu dem die Geschichte des Mythos und der Aufklärung gehört, zu ergänzen ist.
Werbung und Propaganda, als Formen der technischen Anwendung der Psychoanalyse, haben diesen objektiven Begriff der Verdrängung (den sie ausbeuten und verstärken) zur Grundlage (Zusammenhang mit der Bekenntnislogik).
Dignum et justum est: Hat das dignum, das dann mit würdig übersetzt wurde, etwas mit der Barmherzigkeit zu tun? Und wie verhält sich das dignum et justum (würdig und gerecht) zum juristischen billig und recht (wie verhalten sich dignum, würdig und billig zueinander)? -
3.9.1994
Vergangene Arbeit und die Arbeit anderer sind austauschbar: Ausbeutung ist das Sparen aus den Taschen anderer.
Physis und natura: Bei den Griechen waren die Bürger die Erzeuger, bei den Römern die Erzeugten des Staates (und die Konsumenten seiner Leistungen).
Die Exkulpationsautomatik verdrängt nur die Schuld, löst sie nicht auf; deshalb erzeugt und verstärkt sie den Rachetrieb (Ursprung des Feindbildes und der Bekenntnislogik).
Zur Säkularisation aller theologischen Gehalte:
– Das KZ war eine Säkularisation der Hölle, und die Knäste und die psychiatrischen Anstalten sind es immer noch;
– die rechtsextremistische Gestalt der Gewalt ist ein Produkt der Säkularisation der Bekenntnislogik, der Antisemitismus eine Gestalt der Säkularisation der Opfertheologie.
Heideggers „Haus des Seins“ steht in der Tradition der Pyramiden, es ist ein Haus des Todes, zu dem das „Vorlaufen in den Tod“ logisch dazugehört. So ist es das genaue Gegenstück, und zugleich eine entsetzliche Parodie des Hauses, das Salomo dem Namen Gottes errichtet hatte. Der Satz „Laßt die Toten ihre Toten begraben“ gilt auch für die Fundamentalontologie. Ähnlich, aber in einem sehr viel differenzierteren Sinne, gilt das auch für die Philosophie Hegels: Hegels Logik ist das Mausoleum des Namens. Die Vorarbeit dazu hat die Bekenntnislogik geleistet (die aus dem Bekenntnis des Namens das Glaubensbekenntnis gemacht hat).
Das Haus des Seins ist die zusammengeschrumpfte, ontologisierte und instrumentalisierte Gestalt der transzendentalen Logik.
Wie wir’s machen, machen wir’s falsch: Die Aufarbeitung, die nach dem Ende des Faschismus notwendig gewesen wäre (und versäumt wurde), versuchen wir heute an der DDR-Vergangenheit nachzuholen. Aber sind die Verhältnisse vergleichbar? Wäre hier nicht etwas anderes vorrangig gewesen, nämlich praktische Hilfe, praktische Solidarität? Und wird das jetzt Versäumte nicht wieder ideologisiert? Man hat ja den Sündenbock: die marode Wirtschaft des SED-Staates, der man auch die Folgen der eigenen Veräumnisse jetzt anlasten kann. Die ökonomische Katastrophe, in die die fünf neuen Länder und die Menschen in diesen Ländern jetzt geraten, ist deshalb nicht so schlimm, weil sie gleichzeitig als ideologische Waffe (als Waffe gegen den Sozialismus) nutzbar ist. Zusätzlich werden die alten Vorurteile mobilisiert, um ganz sicher zu gehen, daß ja niemand auf die falschen (d.h. die richtigen) Gedanken kommt.
Christliche Ursprünge der Hegelschen Philosophie: Gründet nicht die Hegelsche Staatsmetaphysik in der Instrumentalisierung des Satzes „Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“?
Mit den subjektiven Formen der Anschauung, insbesondere mit der Raumvorstellung, verankert sich die Urteilsform in der Objektivität. Erst als die Vorstellung des unendlichen Alls sich durchgesetzt hat, wurde die Welt draußen von der Sprache in unserem Kopf endgültig geschieden (wurde der Weg frei gemacht für den Kapitalismus).
Gehört nicht das Privateigentum an Grund und Boden, deren Subsumtion unters Tauschprinzip, zu den Grundvoraussetzungen einer staatlich organisierten Gesellschaft? Und war das nicht die Grundlage des Kolonialismus: Eigentum an Grund und Boden gibt es nur in staatlich organisierten Gesellschaften; jedes andere Land ist herrenloses Gut, das mit der Aneignung durch einen Staat von jedem Bürger dieses Staates privat angeeignet werden kann. (Bedeutung dieses Zusammenhangs für eine Theorie des Krieges, Anwendung auf die Vorgänge in den Folgestaaten Jugoslawiens.)
Hängt die Nichtannahme des Opfers Kains vielleicht mit dem vegetarischen Charakter dieses Opfers zusammen? Vegetabilien (die Früchte des Feldes) sind Symbole einer herrschaftsfreien Gesellschaft; deren Opfer aber wäre dann das Symbol der Leugnung der Idee einer herrschaftsfreien Gesellschaft. Ist es nicht diese Leugnung, die den Weg frei macht zum ersten Mord?
Das Tieropfer Abels hingegen gehört in die Geschichte der Rücknahme der Sünde Adams, der Sünde der Welt. Korrelat des Weltbegriffs ist wie der Staat (der Schöpfer und Erhalter der Welt), so insbesondere das Tier. -
13.8.1994
Die Logik der Schrift begründet die Theorie, das Wort Gottes die Lehre. Das Dogma ist die Lehre in der Form der Theorie.
Die Kritik der reinen Vernunft ist der Anfang der Kritik der Logik der Schrift.
Gründen der Ursprung und die Geschichte der Sexualmoral darin, daß mit der Einführung des Neutrum (der dritten Person Neutrum, des Es) die zweite Person, das Du, geschlechtsneutral geworden ist: auf die abstrakte Person, auf die Eigenschaft, Eigentümer zu sein, reduziert worden ist?
Über die grammatischen Strukturen sind die Herrschaftsbeziehungen in die Sprache mit eingegangen; das läßt sich sowohl an den Deklinationen nachweisen, als auch an den eingreifenden Veränderungen im Bereich der Konjugation. Das Neutrum ist ein Produkt der Logik der Schrift, und die flektierenden Sprachen sind ein Produkt der Anpassung der Sprache an diese Logik, die über die Flexionen in die Sprache eindringt, in ihr sich ausbreitet und entfaltet. Die erste Schriftsprache war eine agglutinierende Sprache. – Ist die Logik der Schrift die Logik des Eigentums?
Die Erscheinungen und die Dinge, wie sie an sich selbst sind: Das Neutrum (die Quelle des Begriffs) ist das Zeichen an Stirn und Hand, das die Dinge in Eigentum verwandelt und dem Tauschprinzip unterwirft, sie in ein System verstrickt, in dem, was sie immer an sich selbst sein mögen, gegenstandslos geworden ist.
Ist nicht das ad litteram bei Augustinus – Grund des fundamentalistischen Wortverständnisses – der Repräsentant der Logik der Schrift in der christlichen Theologie (und ist das homousia, das vorher da war, schon eine präventive Konsequenz aus diesem Schriftverständnis)? Nur auf der Grundlage dieses Schriftverständnisses war es möglich, die Prophetie zu neutralisieren, sich selbst aus dem Kreis der Adressaten der Prophetie herauszustehlen (und die sogenannte „Unheilsprophetie“ allein auf die Juden zu beziehen). Die Lehre, daß die Prophetie in Jesus sich erfüllt habe, schien es zu erlauben, sie insgesamt ins Vergangene (in das dann auch die Juden gehörten) abzudrängen. – Gibt es nicht ein Wörtlichnehmen der Schrift, das blasphemisch ist?
Der Antisemitismus ist ein Blitzableiter, der am Ende den Blitz auf sich zieht.
Gilt nicht das Verbot der Hexerei auch für die Logik der Schrift, die das reale Subjekt und Objekt zum Verschwinden bringt und beide durch ein Bildersystem ersetzt, durch eine Phantasmagorie, die durch den Weltbegriff sich ihren eigenen Grund erschaffen hat?
Ist nicht die Geschichte von Sem, Japhet und Ham Symbol einer innersprachlichen Geschichte? Die aufgedeckte Blöße Noahs (des Trösters), in der das „und sie erkannten, daß sie nackt waren“ nachklingt und variiert wird, gehört zur Geschichte des Ursprungs des Urteils: des Ursprungs der von allen Attributen abgelösten Objektvorstellung. (Die Geschichte mit Sem, Japhet und Ham liegt vor der babylonischen Sprachverwirrung.)
Was bedeutet beim Japhet der Hinweis auf den weiten Raum und die Zelte Sems?
Steckt im Namen des Sem der Name des Namens (Sem – Nomen, Fama, Positus; Japhet – Dilatatus; Ham – Calidus, Calor: der Name, der Raum und die Hitze, die Wärme)? – Antisemitismus: Wer in diesem Lande die Dinge beim Namen nennt, setzt sich dem Vorwurf aus, ein Nestbeschmutzer zu sein.
Das Licht ist ein Realsymbol der Prophetie.
Durch das homousia ist die Verletzung des Bilderverbots zum Kern der christlichen Theologie gemacht worden.
Ist die Unterscheidung von „Gottes Bild“ und „Seinem Bild“ (bei der Erschaffung des Menschen) nicht vorbezeichnet in der vorausgehenden Unterscheidung von „unserm Bild und Gleichnis“?
Ist nicht die Idee der Allmacht Gottes ein islamisches Konstrukt, wie überhaupt die Bildungen mit All- (allmächtig, allwissend, allbarmherzig) auf den Koran verweisen? Durch das Konstrukt der creatio ex nihilo ist der Zusammenhang von Katastrophe im Begriff der Schöpfung verdrängt, die Schöpfung zu einem diktatorischen Akt geworden; darin ist der Gehorsamsbegriff angelegt, der das Hören halbiert, das dialogische Moment aus dem Hören (ähnlich wie die Theorie – die „Anschauung“ – das Gesehenwerden und mit ihm das Licht aus dem Sehen) austreibt.
Das Ganze ist das Unwahre: Sind die Totalitätsbegriffe Wissen, Natur und Welt nicht schon deshalb unwahr, weil sie den Anspruch erheben, abschließende Begriffe zu sein? Und ist nicht das Abschlußhafte dieser Begriffe, ihr Totalitätscharakter, vermittelt durch den Objektbegriff, durch seine Beziehung zur neutralisierenden Gewalt des Raumes? (Ist nicht in der logischen Konstruktion des Schlusses der Weltuntergang enthalten?)
Heute ist von der Theologie nur noch das Retten übriggeblieben. -
11.8.1994
Wie verhalten sich das Beschaffen und die Beschaffenheit zum Erschaffen?
Wer hat eigentlich aus der kantischen Erkenntnis, daß das An sich der Dinge unerkennbar ist, die Dinge-an-sich gemacht? Diese Bezeichnung aus der Hegelschen Logik kommt so bei Kant nicht vor.
Ist die Eucharistie-Verehrung, ihr Öffentlichkeitscharakter, die Quelle des Barock, und das Barock der Ursprung der Reklame? Hängt es damit zusammen, wenn – Adorno zufolge – die Reklame den Tod verschweigt?
Fronleichnam, oder über das Verhältnis der Dinge an sich zu den Formen der Anschauung (Transsubstantiation; praestet fides supplementum, sensuum defectui).
Ist nicht Kants Philosophie eine Fronleichnams-Philosophie: Im Kontext der Anschauung sind die Dinge an sich selbst nicht erkennbar.
Was drückt sich in für die Portrait-Malerei konstitutiven Unterscheidung des en face vom Profil aus? – Bei der erkennungsdienstlichen Behandlung finden beide Sichtweisen Anwendung. Hat die Seitenansicht, das Profil, mit dem Charakter und der Individualität zu tun, während das „Angesicht“ (der Anblick von vorn) auf das Verhältnis von Strenge und Güte verweist.
Die diskriminierende Judentracht (der Judenhut und der gelbe Fleck) ist in der gleichen Phase eingeführt worden, in der die Lehre vom Fegefeuer feste Strukturen gewann (1180/1190). War nicht das Fegefeuer in der Realität eines für die Juden? Und ist nicht auch in dieser Hinsicht die Lehre vom Fegefeuer durch Auschwitz, das die Hölle war, widerlegt worden?
Nach Einstein ist die Vorstellung eines unendlichen Raumes nicht mehr zu halten. Und die kantischen Antinomien der reinen Vernunft, gegen die Hegel alle List der Vernunft aufbringen muß, um diese Spur zu tilgen: sind sie nicht der erste Hinweis in der Philosophie auf die sieben Siegel?
Ist mit der Vorstellung der Tiefenzeit nicht eigentlich die Zukunft (und nicht die Vergangenheit) gemeint? Sie soll die Nähe des Himmelreichs aus dem Blickfeld rücken. Die Vorstellung der Tiefenzeit ist ein Konstituens der Vorstellung des unendlichen Raumes: des Kelches, dessen Inhalt das All geworden ist (endet nicht die Phänomenologie des Geistes mit dem Hinweis auf den Kelch?).
Mit der kopernikanischen Wende haben wir den Kelch wirklich getrunken.
Beim Abendmahl waren nur seine Jünger und keine Frauen anwesend. Kann das damit zusammenhängen, daß der Kelch nur für den männlichen Teil der Jüngerschaft bestimmt war, während den Frauen die Salbung zugesprochen wurde?
Kann man heute noch an einen Gott glauben, der uns freispricht, der uns rechtfertigt, ohne daß die Welt sich ändert?
Sind nicht alle logischen und metaphysischen Kategorien, ist nicht die ganze Hegelsche Logik determiniert durch die Logik der Schrift?
Wie hängt der Ursprung des Neutrum mit der Neutralisierung der Geschlechtsbezogenheit der zweiten Person zusammen? Liegt hier nicht der grammatische Ursprung der Hysterie?
„Spruch des Herrn“: In diesem Wort benennt sich Gott: das Wort Gottes. Und dieses Wort ist der Blitz in den Wolken der Logik der Schrift.
Die Logik der Schrift zerstört den Namen durch Neutralisierung. Grund dieser Neutralisierung ist die veränderte Beziehung der Schrift zu Zeit: das Verschwinden der Gegenwart. Darauf bezieht sich das Bilderverbot und das Gebot der Heiligung des Gottesnamens.
Liegt der paulinischen Theologie nicht die Saulus-Geschichte zugrunde, wird sie nicht in dem Namenswechsel Saulus/Paulus so zitiert, als ob Rom (Paulus) das Erbe des Saulus antritt? -
6.8.1994
Wichtig die Hinweise le Goffs auf den Zusammenhang der Fegefeuer-Theologie mit mit dem Ursprung der Buchführung, das Problem der „Verrechnung“ des „Gewichts“ der Sünden mit dem Zeitmaß der Sündenstrafen – mit deutlicher Erinnerung an das Marxsche Mehrwert-Problem (Geburt des Fegefeuers, S. 276ff). Hängt nicht überhaupt das Konzept des Gewichts der Sünde („schwere Sünden“) zusammen mit dem Ursprung der Mechanik, der Definition der schweren und trägen Masse? Ist das Fegefeuer das theologische Modell des Inertialsystems?
„Ohne Ansehen der Person“. Kann das nicht auch heißen: Ohne Personalisierung der Schuld? – Und läßt sich hieran nicht die Bedeutung der Geschichte von dem einem und den sieben unreinen Geistern demonstrieren?
Steckt nicht im Jogging etwas vom Orgasmus, ist das nicht ein Art von Unzucht? Die Vergewaltigung ist der Versuch der Befriedigung der Wutlust (Entladung der Wut). Und war nicht die Mechanik, symbolisiert im Stoßprozeß, der Beginn der Vergewaltigung (der Penetration) der Natur zur Natur (hat die intentio recta etwas mit der Erektion zu tun)? War nicht das Tabu über die Sexualität, daß dann ihre projektive Verarbeitung erzwungen hat, die Voraussetzung für den Ursprung und die Entwicklung der naturwissenschaftlichen Aufklärung?
Gibt es eine Geschichte des Turms? Wie hängen Stadt, Turm und Schrift (die Logik der Schrift) zusammen?
Das Geschwätz ist die Hölle (nicht für die Objekte des Geschwätzes, sondern für seine Urheber), und die Zunge der Entzünder des Feuers der Hölle. Die Theologie ist durch die Bekenntnislogik zum Geschwätz geworden (zum Kelch des göttlichen Zorns). Das ist darin begründet, daß die Bekenntnislogik, die zu den Elementen des Weltbegriffs gehört, den Weltbegriff mit einer automatisierten Feindbeziehung versieht (die im Naturbegriff sich vergegenständlicht, verkörpert). Deshalb sind Weltanschauungen austauschbar (alle weltanschaulich Gebundenen sind potentielle Wendehälse) und mit einem untilgbaren Vernichtungstrieb versehen (alle Weltanschauungskriege sind Vernichtungskriege).
Durch die Übersetzung des ho airon mit qui tollit (mit Hinwegnehmen) ist das Christentum antisemitisch geworden. Die Hereinnahme von Joh 129 in das Nachfolgegebot gründet in der Beziehung des Auf-sich-Nehmens (der Sünde der Welt) zum Gebot der Feindesliebe.
Die Ontologie, die darin der Logik der Schrift gehorcht, hat den Trägheitskeim ins Denken eingepflanzt. -
11.7.1994
Beklemmende Komik der altorientalischen Geschichtsschreibung: Hier ersetzt die martialisch-nationalistische Phantasie, an deren Sprachgestalt sich ablesen läßt, daß es so nicht gewesen sein kann, die kritische Arbeit. Der Stil, der den Schein erweckt, der Historiker beschreibe eine lebendige Gegenwart, gleicht nicht zufällig dem von Theologen, die ihre eigenen Vorurteile als Gottes geheime Pläne ausgeben. Sowas macht man (auch in der atheistischen Theologie, die an die Gegenwart Gottes nicht mehr glaubt) nur mit Toten. Paulus und die „Heidenmission“: die Korrumpierung des Christentums durch den Erfolg. Es würde der Sache sehr nahe kommen, wenn man die Geschichte der Theologie als Geschichte ihrer Abtreibung begreifen würde. Hängt die Tatsache, daß im Hebräischen auch die zweite Person (das Du) geschlechtsbezogen ist, damit zusammen, daß es in ihr kein Neutrum gibt? Ist die zweite Person durch Neutralisierung zur Person (durch ihre Fähigkeit, Eigentum zu haben) geschlechtsneutral geworden; und ist diese Fähigkeit in der Subsumtion des Grund und Bodens (des Ackers) unters Tauschprinzip begründet? Das Arier-Problem läßt sich auf die Grundfrage zurückführen: Wer hat den Vorrang, der Phallus oder die Zunge (das Volk oder die Sprache)? Haben Feuer und Wasser etwas mit Sem und Japhet, mit Hören und Sehen, zu tun? Der Staat ist eine Kapitalmaschine; für ihn ist das Arbeitslosenproblem eine ökonomie-technische Frage: Vorrang hat die Frage der „Konjunktur“, von der die Staatseinkommen abhängen; das Arbeitslosenproblem ist nur ein Mittel der Rationalisierung der Steigerung des Sozialprodukts, von der die Arbeitslosen nichts haben. Aber wird nicht in der Tat das Steuersystem immer mehr zu einem Steuerungssystem, das die Erträge in die richtigen Taschen leiten soll? Und ist nicht dieses Steuersystem im Hinblick auf den Staatsertrag ein Beschleunigungs-, im Hinblick auf die Vollbeschäftigung (auf das „Recht auf Arbeit“) hingegen ein Bremssystem? Dadurch nämlich, daß sie (über die Lohn- und Einkommensteuer) die Arbeitskosten zusätzlich belastet. Wäre eine Infrastruktursteuer denkbar, die die Nutznießer der gesellschaftlichen Vorleistungen direkt an ihren Kosten beteiligt, und wäre sie nicht im Hinblick auf die wirtschaftliche Gesamtrechnung ehrlicher? Ist nicht die Erfindung der Tiefenzeit auch ein Ausbeutungsphänomen, das an der Kapitalstruktur und -funktion des nachfaschistischen Staates, des Staates nach dem faschistischen Modernisierungsschub, nachzuweisen wäre (hat Hegel mit der Kritik der kantischen Dinge an sich nicht die Ursachen der Erscheinungen aus dem Blickfeld gerückt)? Hegels Satz, daß die bürgerliche Gesellschaft bei all ihrem Reichtum nicht reich genug ist, der Armut und der Erzeugung des Pöbels zu steuern, wäre endlich zu verifizieren durch den Versuch der Bestimmung der Struktur des Reichtums (durch Analyse seines mathematischen und seines dynamischen Teils sowie wie der Beziehung beider). Die Eigentumsseite ist seine mathematische, seine ruhende Seite, während die Frage der Entstehung und der Erhaltung des Reichtums, seine dynamische Seite, eine merkwürdige Eigenschaft aufweist: sie ist Teil eines fortschreitend sich beschleunigenden Prozesses der Selbsterhaltung durch Selbstvernichtung: der Erneuerung durch Selbstaufopferung; sie ist ein Teil der fortschreitend sich beschleunigenden Umlaufzeiten des Kapitals (hier liegt das derzeit explosiv sich ausbreitende Tätigkeitsfeld der Banken). Wäre bei der Analyse der inneren Struktur des Reichtums nicht die alte Astrologie (die selber schon eine durch Projektion in den Kosmos sich selbst entfremdete Analyse des Reichtums war) eine wichtige Hilfe (durch die Beziehungen Venus/Reklame, Merkur/Zirkulation, Mars/Konkurrenz, Jupiter/Recht)? Die Propheten haben vom „Tag des Herrn“ gesprochen, Jesus sagte bei seinem ersten Auftreten in Kana: „Meine Stunde ist noch nicht gekommen“. Einer der Quellpunkte der Gemeinheit: Unwissenheit schützt nicht vor Strafe. Wäre Gemeinheit ein strafrechtlicher Tatbestand, würde es die List, die Übervorteilung der Dummen nicht geben. Im Kontext der Bekenntnislogik ist die politisch-gesellschaftliche Analyse weniger wichtig als das Feindbild, ohne das es die projektive Schuldverarbeitung, die dem Herrendenken zugrundeliegt, nicht gibt. Im Bann der Bekenntnislogik ist der dialektische Materialismus zur Ideologie geworden; der Antisemitismus ist die selbstreferentiell gewordenene Bekenntnislogik. Die Bekenntnislogik ist das logische Äquivalent des prophetischen Symbols des „Taumelbechers“, der Trunkenheit (und das Herrendenken das logische Äquivalent der Trunkenheit)?
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12.6.1994
Berufskleidung für Soldaten (Uniformen und Waffen, sowie Orden und Standarten) gibt es, seit es geprägte Münzen gibt (zur Geschichte der Banken, zur Kritik des Absoluten, des Weltbegriffs und des Staates). Zur Geschichte der Banken: War nicht die Priesterkleidung die erste Banker-Kleidung, und ist nicht die Banker-Kleidung im neunzehnten Jahrhundert zur männlichen Standardkleidung überhaupt geworden (Bedeutung der Krawatte)? Zur Geschichte der Optik: Im Ersten Weltkrieg ist die Gala- und Paradeuniform durch die Tarn- und Schutzuniform (Feldgrau und Stahlhelm) ersetzt worden. Gegen den Monotheismus: Nicht die Einheit, sondern die Einzigkeit ist ein Attribut Gottes (Hermann Cohen, vgl. Hegels Logik über das Eine und das Viele, das Eins und das Leere). Das Christentum hat die Prophetie mit der Philosophie verwechselt, den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs mit dem Absoluten. Durch das Attribut der Einheit wird Gott zu einem Nationalgötzen (wozu der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs dann für die deutsche bibelwissenschaftliche Tradition auch geworden ist: Grund der Verstrickung des deutschen Nationalismus in den Antisemitismus). Befördern die gegenwärtigen Verhältnisse nicht die windigen Geschäfte? Und die F.D.P. ernennt alle, die daran teilnehmen, zu Leistungsträgern (die es nur als „Besserverdienende“ sind). Die röhrenden Hirsche, die irgendwann die Kruzifixe in den Wohnzimmern ersetzt haben: die Eucharistie der steinernen Herzen, Beweis der Anstrengung, die heute notwendig ist, das Realitätsprinzip anzuerkennen (und das Fernsehen: die Aufbereitung des Realitätsprinzips zur frohen Botschaft – Drachenfutter). Hat die Eucharistie nicht in der Tat einmal die Gläubigen in die Anfangsgründe dieses Fotorealismus eingeübt (die Transsubstantiation und die Hostie als Modelle der technischen Reproduzierbarkeit)? Ist das Tier aus dem Wasser die Philosophie (der Weltbegriff), und das Tier vom Lande die theologische Orthodoxie und ihr Produkt: die modernen Naturwissenschaften (der Naturbegriff)? Die Sprache heute ist der (durch Geldwirtschaft, Inertialsystem und Bekenntnislogik) gefesselte Prometheus. Sensibilität ist Sprachsensibilität; sie gründet in der Fähigkeit, die Logik der Sprache nicht zu verdrängen, ihrer Instrumentalisierung zu widerstehen (sie gründet in der Fähigkeit zur Reflexion des Tauschprinzips, des Trägheitsgesetzes und der Opfertheologie).
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5.6.1994
Die Lichtgeschwindigkeit ist als Grenze zugleich ein Moment der Beziehungen zwischen thermischen und optischen Erscheinungen. Und das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ist der Grund der Existenz des Planckschen Wirkungsquantums (und der elektrischen Elementarladung).
Hängt der Rock aus Fellen mit dem Bogen in den Wolken zusammen (und das Feigenblatt mit der Sintflut)? Ist die Farbe ein Schamprodukt (aufgrund ihrer Beziehung zum Licht)?
Die Bewußtlosigkeit unserer Theologie ist der Grund ihrer Selbstzerstörung.
Das Über-Ich ist der Schatten, den das Ich auf das Gewissen wirft. Dagegen richtet sich das vierte Gebot.
Bezieht sich die Frage der Frauen, als sie zum Grabe gingen: „Wer wird uns den Stein wegräumen?“, auf Petrus?
Stecken nicht in dem „leer, gereinigt und geschmückt“ die drei Leugnungen? Und kann man nicht die drei Adjektive ersetzen durch Universum, mundus und kosmos?
In den modernen europäischen Sprachen haben sich die Suffixe, die Grundlage der Konjugationen, zu selbständigen Personalpronomina und Hilfsverben gegen die Verben verselbständigt; zugleich hat sich die sprachliche Gestaltung der Verben verändert, während die Nomen zu Substantiven geworden sind: So hat sich das Ding von der Sache getrennt.
Im griechischen „einai“ wurde das Infinitiv-Suffix zum Sein verselbständigt. Definieren nicht die Infinitivbildungen des Hilfsverbs Sein (der Kopula des Urteils) des Status der Verben in den Sprachen? Das gilt fürs deutsche Sein ebenso wie fürs englische to be (verbale Hypostasierung eines für die Organisation der Sprache zentralen Präfixes: des be-; Zusammenhang mit der den Empirismus fundierenden Logik der englischen Sprache).
Nichts gefährlicher, als wenn einer, der in der christlichen Tradition aufgewachsen ist, die Bibel aus dem Gedächtnis zitiert (sh. Theodor Haecker und Johann Baptist Metz).
Hat Theodor Heuß, ohne es zu wissen, mit dem Begriff der Kollektivscham nicht den parvus error in principio getroffen? Ist diese Kollektivscham nicht der Kern eines Weltbegriffs, der den Anblick aller durch alle fixiert und dem keiner mehr entrinnt; ist sie nicht eine Konsequenz aus der falschen Übersetzung von Joh 129? Seitdem sind die Deutschen auf den Blick und das Urteil „des Auslands“ fixiert, und seitdem verweisen sie zur Selbstentlastung immer wieder darauf, daß sie (die andern Länder) ja auch nicht besser sind.
Ist nicht die Geschichte mit den sieben unreinen Geistern ein Hinweis darauf, daß wer nach der absoluten Untat sich (wie die andern) endlich einmal auch unschuldig fühlen möchte (wie unter anderem auch in der Ökologie-, der Friedensbewegung u.ä.), Gefahr läuft, Opfer noch ärgerer Dinge zu werden? Die Frage ist nicht mehr, wie bleibe ich unschuldig, sondern: wie kann ich produktiv und ohne Selbsttäuschung mit dieser Schuld umgehen? Der Unschuldstrieb endet im Geschwätz und in der projektiven Verarbeitung der Wirklichkeit.
Analyse der politischen Farben: Es gibt die Schwarzen, die Roten, die Gelb-Blauen und die Grünen.
Die Hegelsche Logik ist die konsequenteste Selbstexplikation des durchschlagenen Knotens (des gordischen Knotens, nachdem der Aristotelesschüler Alexander ihn durchschlagen hat). Das Schwert, mit dem dieser Knoten durchschlagen wurde, war das kreisende Flammenschwert des Cherubs vorm Eingang des Paradieses.
Zur Sintflut und zur Arche gehört die doppelte Version der Rettung der Tiere: einmal (so Elohim) sollte von allen Tieren je ein Paar mit in die Arche genommen werden (Gen 619), dann aber (so JHWH) von allen reinen Tieren je sieben, Männchen und Weibchen, von den unreinen Tieren je ein Paar, Männchen und Weibchen, auch von den Vögeln des Himmels je sieben, Männchen und Weibchen (72f). Vgl. hierzu die Bindung Isaaks (Aufforderung zum Sohnesopfer durch Elohim, der Engel JHWHs hält Abraham dann zurück).
Antisemitismus, Xenophobie und Frauenfeindschaft sind die Fundamente der Bekenntnislogik. Was für die Griechen die Barbaren waren, das waren für die Christen die Heiden und die Ketzer (wobei der Islam beides in sich vereinigte, auch wenn der Aquinate sie unter den gentes, den Heiden, subsumierte: Folge der Rezeption des häretischen Elements in der Islamisierung des Christentums, die dann die Ursache für das Ende der häresienbildenden Kräfte im Christentum war).
Gibt es nicht ein Systemprinzip, aus dem
– die Häresien (ihre Abfolge seit der Gnosis) sich ableiten lassen, oder auch
– die Momente des antisemitischen Vorurteils (vom Ritualmord, über den Hostienfrevel und die Brunnenvergiftung, bis hin zur zionistischen Weltverschwörung).
Im Zentrum müßte das projektive Moment und das Schuldverschubsystem (im Kontext der Rezeption der Philosophie, des Ursprungs des Weltbegriffs) stehen.
Das Systemprinzip der Frauenfeindschaft scheint dagegen auf einer anderen Ebene zu liegen: Während Antisemitismus und Fremdenfeindschaft in der Logik des Weltbegriffs liegen, liegt die Frauenfeindschaft dieser Logik zugrunde. Zusammenhang mit dem Kelchsymbol (und seinen Konnotationen)?
Merkwürdige Affinität der Worte Welt und Kelch: Ersetzung der gutturalen Konsonanten durch labial-dentale.
Neben den Etymologien gibt es auch Etymogeleinen. Dazu gehören die „Ableitungen“ von: Sein, Würde, Wasser, Sinn, to be. Und wie ist das eigentlich mit der Heiterkeit und dem Ungetüm? Haben diese Etymogeleien etwas mit dem zweischneidigen Schwert zu tun?
Die Hegelsche Logik wird zur dialektischen Logik durch die Entfaltung der Differenz von Ding und Sache. (Welches griechische Äquivalent gibt es zur lateinischen res? Hat das pragma die gleiche Bedeutung wie die lateinische res?) Der Dingbegriff ist in sich selber theologisch vermittelt; er hat sich aus der Rezeption der Philosophie (der Logik des Weltbegriffs) in der Theologie (bzw. der Weiterbildung und Umgestaltung der Philosophie durch die Theologie, durch Opfertheologie und Bekenntnislogik) ergeben. Insbesondere verdankt sich die Rezeption der Philosophie im Römischen Reich, die Übersetzung der griechischen Kategorien der Metaphysik ins Lateinische durch Tertullian, dem Bedürfnis der Übersetzung der Trinitätslehre.
Voraussetzung für die Entfaltung der Dialektik von Ding uns Sache war die kantische transzendentale Logik, die Hereinnahme des Objekts in die Urteilsform im Kontext der Lehre von den subjektiven Formen der Anschauung.
Frage: An welchem Ort ist das Vergangene:
– In der Unterwelt,
– in Himmel, Hölle und Fegfeuer,
– in den Bibliotheken oder
– in unserm Kopf?
Aber tun wir nicht alles, das Vergangene zum endgültig Vergangen zu machen (um dem Schuldzusammenhang und der Last der Erinnerung zu entrinnen, zur Absicherung des Inertialsystems und der Naturbeherrschung, zur Konstituierung einer Welt, die nur noch als Reflex des Prinzips der Selbsterhaltung sich manifestiert): Wir halten uns unsere Vergangenheit wie exotische Tiere im Zoo, wie Kunstwerke im Museum, als Mittel der Unterhaltung im abendlichen Fernsehprogramm. Domestiziert im historischen Objektivationsprozeß, zugerichtet zum Objekt des bloßen Zuschauens, der folgenlosen Neugier, neutralisiert zum Panoptikum, fremd und banal wie die Sternenwelt (zu den Folgen der Logik der Schrift gehörte einmal die gemeinsame Entdeckung der Astronomie und der Geschichte).
Berichtigung: Das Absolute ist der Schatten, den das Subjekt auf den Namen Gottes wirft (nicht auf Gott, der jenseits aller Schatten ist).
Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie