Auschwitz

  • 27.3.1994

    Kai epestrepsa blepein tän phonän hätis elalei met‘ emou. – „Ich wandte mich um, um die Stimme zu sehen, die mit mir redete. Und als im mich umwandte, sah ich sieben goldene Leuchter und inmitten der sieben Leuchter einen, der einem Menschensohn ähnlich war, …“ (Apk 112f) Macht die Umkehr das Wort sichtbar (Beziehung des Lichts zur Sprache)?
    Ist die „eine Meinung“ der zehn Könige (mian gnomän, Apk 1713.17) das Dogma, das Bekenntnis?
    Hängt das Wort Stuhl mit stehlen zusammen (nach Kluge mit stehen, ähnlich die Ableitung von Thron, übers Französische vermittelt)? Ist nicht der Stuhl das Symbol des Besitzes (in der Schrift wird mit den Schuhen, durch Betreten, Besitz von etwas ergriffen)? Wie verhält sich hierzu das Wort: Der Himmel ist sein Thron, die Erde der Schemel seiner Füße (haben wir IHN nicht in beiden Teilen enteignet). Wer hat wann den Stuhl erfunden (spielt hier die herrschaftsbegründende Entwicklung der Astronomie und der Geldwirtschaft, zusammen mit der späteren Vergesellschaftung des Stuhls, mit herein)? Und hängt die Vergesellschaftung des Stuhls mit der Trennung von Ding und Sache (und diese mit der Unterscheidung von Besitz und Eigentum) zusammen? Vgl. im Lateinischen: possidere, occupare -in Besitz nehmen; facere c. gen. – zum Eigentum machen. Während das Eigentum zu den Grundlagen des Staates gehört, gehört der Besitz zu den Ursprungsbedingungen des Kapitalismus (Lohnarbeit als organisierter und legalisierter Raub: Grundlage des Inertialsystems; Zusammenhang der Verräumlichung mit der Trennung der primären und sekundären Sinnesqualitäten; das Relativitätsprinzip gründet in einer begrifflichen Eigenschaft des Geldes: Grund dafür, daß es keinen Reichtum ohne die Erzeugung von Armut gibt).
    Der Stuhl, der Ursprung des Inertialsystems und die sieben unreinen Geister („Besessenheit“ als Folge der Neutralisierung des Raumes).
    Wie verhalten sich:
    – die ursprüngliche Akkumulation des Kapitals und die Entstehung des Proletariats in England,
    – der Merkantilismus in Frankreich und
    – der Absolutismus in Deutschland
    zueinander? Sind sie nicht drei Seiten ein und derselben Sache? (Die Freisetzung der Bauern: die Trennung der primären von den sekundären Sinnesqualitäten?)
    Ist der Thron durch den Tisch zum Stuhl geworden? Vor dem Stuhl fällt niemand mehr auf die Knie, aber dafür wird auf dem Tisch angerichtet. Erst der Tisch (als Abkömmling des Altars und der Tische der Händler und Geldwechsler, die SEIN Haus zur „Räuberhöhle“ gemacht haben) hat das Essen vom Opfer getrennt (das Opfer verinnerlicht), er hat es zum Gericht gemacht.
    Mit dem Besitz hängt auch die Besessenheit, das Dämonische, zusammen: Reflex der Objektseite. Hier gründet die Geschichte von den sieben unreinen Geistern.
    Thing, Gericht und Ding (das als Objekt verurteilte Ding): Die Hegelsche Logik entfaltet das Urteil, das das Ding zum Ding gemacht hat.
    Unterscheiden sich Heidegger und Rosenzweig nicht dadurch, daß Heidegger aus Angst vor dem Tod (aus objektloser Angst) Selbstmord begeht, während Rosenzweig der Ausbruchsversuch ohne den Preis der Verdrängung, den die Philosophie seit ihrem Ursprung gezahlt hat (und deren gegenständliches Korrelat und Erzeugnis das Inertialsystem ist), gelingt?
    Schuld durch Nichthandeln (die Schuld von Auschwitz) ist strafrechtlich nicht faßbar, weil sie die Grundlage der Geldwirtschaft, des Kapitalismus ist (Handeln aus Mitleid ist existenzgefährdend). Hier liegt der systemlogische Grund, weshalb Gemeinheit kein strafrechtlicher Tatbestand sein darf.

  • 25.3.1994

    Die Vorstellung einer homogenen Zeit gründet in der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit (deren erste Gestalt war die Schicksalsidee: das Formgesetz des Mythos und der Grund, aus dem der Begriff, das Medium der Philosophie, hervorgegangen ist); sie ist vermittelt durch die Form des Raumes (Ableitung der Tatsache, daß der Raum drei Dimensionen hat). Durch die Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit (und d.h. durchs Inertialsystem) ändert sich auch die wirkliche Vergangenheit, wird sie überhaupt erst vergangen, unwiederholbar, entzieht sie sich dem ändernden Eingriff (Ursprung des Naturbegriffs). Der Raum begründet die Notwendigkeit der Erinnerungsarbeit und verhindert sie zugleich; er verhindert die der Prophetie zugrunde liegende Einsicht, daß nichts Vergangenes nur vergangen ist.
    Die Pforten der Hölle: das sind die Pforten der Unterwelt, des Totenreiches, der Vergangenheit, der Natur. Aber stark wie der Tod ist die Liebe.
    Aus dem Konstrukt der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit müßte sich eigentlich die Beziehung des Ursprungs des Weltbegriffs (der Philosophie und des Staats) zur Astronomie ableiten lassen. Zugleich müßte durchsichtig werden, was es mit den sieben Siegeln (und ihrer Beziehung zur Form des Raumes) auf sich hat, die allein das Lamm zu lösen vermag; ebenso das rationale Element in der Astrologie (Beziehung des Sternkreises zum Planetensystem) sowie die Bedeutung der biblischen Stellen über den Orion und die Plejaden, das Siebengestirn (das nach anderer Tradition auch auf die Planeten bezogen ist). Waren nicht die Plejaden die Tauben?
    Der Mond, der die irdische von der himmlischen Welt trennt, ist die Hölle vor dem Angesicht (heulen deshalb Hunde den Mond an?).
    Hat die Geschichte von dem einen unreinen Geist, der in die Wüste geht und mit sieben weiteren unreinen Geistern zurückkehrt, etwas mit Orion und den Plejaden zu tun?
    Auschwitz und die Astronomie (ist meine Lähmung nicht eine Lähmung durch Auschwitz, die ich an den Naturwissenschaften abarbeiten mußte?).
    Es gibt die Vögel des Himmels, das Königreich der Himmel und die Wolken des Himmels, auf denen der Menschensohn wiederkommen wird.
    Hat Jesus nicht die Taubenhändler und die Geldwechsler aus dem Tempel vertrieben? Wenn die Geldwechsler die Banken sind, wer sind dann die Taubenhändler? (Die Naturwissenschaften?)
    „Was du auf Erden lösen/binden wirst, …“: Auf Erden, dafür steht im Griechischen epi täs gäs (epi mit Gen.), „wird auch in den Himmeln gebunden/gelöst sein.“ Ist der Himmel im Singular ein Reflex der Idee des Absoluten, und käme es nicht darauf an, endlich den Plural wiederzuentdecken (im Kontext der Kritik des Begriffs einer absoluten Wahrheit, der Kritik des Dogmas und der Bekenntnislogik)?
    Sind die deutschen Präfixe Abkömmlinge der Präpositionen, und sind diese wiederum Erweiterungen und Abkömmlinge der Deklination; ist weiterhin diese Genealogie der Präfixe nicht in der Struktur des Neutrums vorgebildet (vgl. die Schlange, die den Staub frißt, den Adam produziert)? Und hängt das am Ende mit der Geschichte der drei Leugnungen zusammen?
    Wie steht das Haus zum Ding (der Raum zur Materie, die Ontologie zur Existenz)? Ist die Beziehung beider vorgebildet in der Beziehung von Ägypten und Babylon (Pharao und das Sklavenhaus Ägypten, der Turmbau von Babel und die Verwirrung der Sprachen)?
    Bedeutung des Namens „Haus“: Ägypten (Pharao und das Sklavenhaus; die Häuser der Juden in Ägypten, deren Pfosten vorm Exodus mit dem Blut der Pessachopfer bestrichen wurden, um den Racheengel abzuhalten, auch die Erstgeborenen der Juden zu töten; vgl. hierzu die Bindung Isaaks und die Opfer der Erstgeborenen für den Moloch), die mit Aussatz befallenen Häuser in der Thora, Häuser in der Astrologie, genealogischer Begriff „Haus“ (Haus Israel, Haus David), oikos (der Hausvater und der Verwalter).
    Die Orthodoxie ist das Bindeglied zwischen Mathematik und Sprache.
    Der Raum als die Form der Gleichzeitigkeit ist ein Reflex der inneren Struktur der Zeit.
    Die Vergangenheit ist endgültig nur dann vergangen, wenn die Zeit unendlich ist (wenn es eine ursprüngliche Vergangenheit, eine Vergangenheit vor jeder Gegenwart, gibt und kein Ende der Zeit).
    Auch das Lachen und Weinen ist in der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit begründet (während das Lachen die Subsumtion bestätigt, ist Erinnerungsarbeit Trauerarbeit: „Und er ging hinaus und weinte bitterlich“).
    Wer überleben will, muß an der Macht der Vergangenheit über die Zukunft partizipieren, er sollte aber dabei die drei evangelischen Räte nicht vergessen.

  • 15.03.94

    Geschäft: Sprachlich abgeleitet von „schaffen“, bezeichnet es die schlecht unendliche (Schöpfungs-)Tätigkeit, während das Geschöpf (säkularisiert, gleichsam schlecht verunendlicht, als Ding, Ware) das Werk bezeichnet. Auch das Geschäft ist ein Sechs-Tage-Werk. Das Geschäft leitet sich ab von dem stark konjugierten Verb „schaffen“ (schuf), das Geschöpf von dem schwach konjugierten „schöpfen“ (schöpfte). Liegt der Grund für die Unterscheidung von starken und schwachen Verben darin, daß jene die Tätigkeit bezeichnen, während diese das Produkt bezeichnen?
    Hängt die Unterscheidung von starken und schwachen Verben mit der Trennung von Ding und Sache zusammen, sowie mit der Verstärkung der Bedeutung der Personalpronomina und der Verwendung der Hilfszeitwörter?
    Ist das „Geschäft“ nicht gleichzeitig ein substantiviertes Suffix (das substantivierte „-schaft“), ein Suffix das zur Bildung von Abstrakta wie Wissenschaft, Gesellschaft u.ä. verwendet wird?
    Sind die Prä- und Suffixe insgesamt Abkömmlinge der Determinanten (und zugleich Voraussetzungen der flektierenden Sprachen, zu deren grammatischer Durchbildung sie unentbehrlich gewesen sind)? Und war dazu die historische Voraussetzung die Bildung der agglutinierenden Sprache: das heute sogenannte „Sumerische“, nach Heinsohn das Chaldäische? Hat die besondere Qualifikation der „Chaldäer“ im Altertum, wenn Astrologen (und Weissager, vgl. das Buch Daniel) generell Chaldäer hießen, hier ihren sprachlichen Grund?
    Merkwürdiger Sachverhalt, daß das Präfix Ur-, das im Urteil, in der Urgeschichte, in der Ursache vorkommt, und hier jeweils das Erste, „Ursprüngliche“ bezeichnet, zugleich den Namen der Stadt bezeichnet, aus der Gott Abraham herausgerufen hat: Ur in Chaldäa? Im Deutschen gibt es ähnlich wie das Eigentümlich auch das Urtümliche (sowie das Ungetüm und das Deutschtum): Steckt darin nicht die Rückkehr in den Ort, aus dem Abraham ausgezogen ist? Hängt dieses „Ur“ nicht mit dem Präfix „er-“ zusammen (erscheinen, erschaffen, errichten u.ä.); und in welcher Beziehung steht dieses Präfix zum Personalpronomen 3. Pers. sing. mask.: er?
    Die Erscheinung ist ein Produkt der Urteilsform: das Gesetz der Subsumtion unter die Vergangenheit.
    Der Bereich, auf den die benennende Kraft der Sprache (und damit auch die Benennung der Tiere durch Adam) sich bezieht, ist die Zukunft: in der Vergangenheit auf die uneingelöste Zukunft. Deshalb steht die Erkenntnis der Vergangenheit unter dem Schuldspruch des Urteils; und deshalb heißt die Dinge beim Namen nennen: die Schuld nicht verschweigen. In dieser zeitlich-logischen Konstellation konstituiert sich der Begriff des Bekenntnisses. Und aus dem gleichen Grunde findet die benennende Kraft der Sprache ihre Erfüllung im Namen Gottes. Die trinitarische Vergöttlichung Jesu (des Logos) ist der falsche Ausdruck dieses Sachverhalts (der die Übernahme der Sünde der Welt und das Bekenntnis oder die Heiligung des Namens voraussetzt und mit einschließt). Der Heilige Geist (oder der Geist der Prophetie) ist das Medium, in dem die benennende Kraft der Sprache sich erfüllt (Preisfrage: Ist der Heilige Geist eine Person?).
    Werden in den Museen die Kunstwerke nicht auf ähnliche Weise domestiziert (und neutralisiert, depotenziert) wie die Tiere im Zoo (und die „Eingeborenen“ in den Kolonien)?
    Hat die Forderung, daß endlich mit der Erinnerung an die Kriegsschuld, an Auschwitz und den Judenmord Schluß sein müsse, daß die Deutschen nicht immer im Büßerhemd herumlaufen könnten, nicht doch sehr viel mit der opfertheologischen Verarbeitung des Kreuzestodes mit der daraus abgeleiteten Vorstellung der Sündenvergebung, die nur zwischen dem Sünder und dem Priester sich abspielt, aber die Opfer draußen vor hält, sie nicht mit einbezieht) zu tun?
    Aber vertritt die Kirche nicht in der Tat alle Opfer (und ist das nicht der Sinn des corpus Christi mysticum wie auch der Übernahme der Sünde der Welt), und brauchte es nicht nur des Bewußtseins davon, um den Bann zu lösen, unter dem die Kirche steht (und die Sensibilität und Erinnerungsfähigkeit wiederherzustellen)?
    Wenn das Objekt, aus dessen Begriff die Erscheinungen hervorgehen, der Spiegel- und Quellpunkt des endlichen Wissens ist, wäre das nicht konkret anzuwenden auf den Mond: daß in ihm (als Grenze der sub- und translunarischen Welt) die Lösung des Problems des Planetensystems steckt? Anzuwenden auf den Mond, der über die Nacht herrscht.
    Wurde die Verwirrung, die die deutsche Sprache beherrscht (sie ihrer benennenden Kraft beraubt), damit besiegelt, daß im Deutschen die Sonne feminin und der Mond maskulin ist?

  • 3.3.1995

    Ist nicht Gunnar Heinsohn Opfer seines eigenen historischen Objektivitätsbegriffs geworden? Seine These, daß Hitler die Judenvernichtung angeordnet habe, um mit den Juden die Erinnerung an das Tötungsverbot zu tilgen, ist von der Motivation her wahr; nur gilt diese Motivation für den Antisemitismus insgesamt, und Hitler unterscheidet sich von den Antisemiten sonst durch durch das Maß an Konsequenz, durch den pseudomessianischen Akt: Er legitimiert sich als Führer dadurch, daß er in vollem Bewußtsein der Konsequenzen die Verantwortung für diesen Antisemitismus übernimmt; er nimmt „die Sünde der Welt“ auf sich (er nimmt den Tätern die Schuld ab, in die er sie doch zugleich verstrickt). Es geht in der Tat nicht um die Juden; eine Erinnerung tilgt man nicht, indem man die Träger dieser Erinnerung vernichtet. Zur beabsichtigten Wirkung der „Endlösung“ gehört sowohl die Binnenwirkung der Komplizenschaft (der „Treue“: wer in diese Taten verstrickt ist, kommt davon nicht mehr los) als auch die Außenwirkung des Terrors („wat denn, icke mir uffhängen lassen, lieber gloob ick an’n Sieg“) mit dazu: die irrationale Kommunikation der Gewalt als Verdrängungshilfe, ohne die das Tötungsverbot nicht aufzuheben ist. Ohne den gesamtgesellschaftlichen Resonanzboden, der selber zu dechiffrieren wäre, allein durch den Rekurs auf die Absicht und den Willen Hitlers wäre diese Tat nicht möglich gewesen. Dieser „Resonanzboden“-Effekt hat am Ende des Krieges, als das Konstrukt in der Niederlage implodierte, den ungeheuren Rechtfertigungsdruck erzeugt, der die Nachkriegsgeschichte in Deutschland beherrscht (und alle Voraussetzungen des Wiederholungszwangs in sich birgt). Selbst der Erklärungsbedarf steht unter diesem Rechtfertigungszwang und müßte ihn in die Reflexion mit aufnehmen, wenn er wirklich zur Befreiung beitragen soll. Ich habe das Gefühl, daß die heinsohnsche Form der Verarbeitung des apokalyptischen Aspekts dieser Geschichte (Entschärfung der Apokalypse durch Neutralisierung, durch Reduktion auf die Erinnerung an eine längst vergangene Naturkatastrophe, als hätten wir nicht das Objekt für das Studium der Apokalypse in der jüngstvergangenen gesellschaftlichen Naturkatastrophe vor Augen).
    Gunnar Heinsohn scheint alle bisherigen „Auschwitz-Theorien“ nur als Konkurrenz zum eigenen Konzept wahrzunehmen; und es gehört schon einiges dazu, allen bisherigen Reflexionen über Auschwitz (so u.a. den Studies in Prejudice, der Dialektik der Aufklärung, oder etwa dem Werk Hannah Arendts) bloß „Ratlosigkeit“ zu attestieren, um dann sein eigenes Werk als die gleichsam endgültige Lösung des Problems zu empfehlen. Wäre nicht eher von einer gemeinsamen Anstrengung zur Aufklärung des wahrhaft Unbegreiflichen ausgehen. Denn unbegreiflich bleibt diese Tat (wie auch die Welt, in der sie möglich war) für jeden, für den die Moral das sich von selbst Verstehende ist. Das Problem ist eher: Wie müßte die Welt aussehen, wenn man sie unter der Voraussetzung dieses Prinzips zu verstehen versucht; eine Welt, die dem Bann der Ontologie entronnen ist, und deren prima philosophia die Ethik wäre?
    Durch seinen Beitrag zur Chronologie-Revision („Die Sumerer gab es nicht“), zur Ursprungsgeschichte des Geldes („Privateigentum, Patriarchat, Geldwirtschaft“), und jetzt zur Erforschung des Antisemitismus („Was ist Antisemitismus“ und „Warum Auschwitz“) hat Gunnar Heinsohn Wesentliches zur Selbstaufklärung der Gegenwart beigetragen. Kann es sein, daß es nur noch einer kleinen Korrektur seines Konzepts bedarf?
    Zu Heinsohns Bemerkungen über den Totenkopf wäre an Benjamin zu erinnern, der im Totenkopf die Urallegorie erkannt hat. (Gibt es nicht Gesichter, in denen dieses leere Grinsen des Totenkopfs geronnen, als Charaktermaske eingezeichnet ist? Sind es nicht die „schneidigen“ Profile, die unter Offizieren verbreitet waren, und dann in der SS zum Züchtungsziel der nordischen Rasse geworden sind?)
    Tucholskys Satz „Alle Soldaten sind Mörder“ ist zweifellos eine Übertreibung; aber gibt es nicht im Bereich des Soldatischen ein Magnetfeld, das seine Anziehungskräfte vor allem auf einen disziplinierten Mordtrieb ausübt, auf die, die zur Ausübung dieses Triebs die institutionelle Deckung (den „Befehl“) brauchen? Und ist es nicht gerade dieser disziplinierte Mordtrieb, der so empfindlich auf den Vorwurf in dem Satz Tucholskys reagiert?
    Die Geschichte der naturwissenschaftlichen Aufklärung, die nicht zufällig mit der Astronomie beginnt (sowohl in der Antike, als auch in der modernen Welt), ist ein Teil des Gattungsprozesses der Menschheit.
    Das Angesicht steht für die Fähigkeit, sich mit anderen zu identifizieren, für die Empathie und Barmherzigkeit, dafür daß niemand weiß, ob er selbst anders wäre als einer, den er zu verurteilen geneigt ist, wenn er ernsthaft in seine Situation sich hineinversetzt. So hängt das Angesicht mit Urteil zusammen: Es ist nicht nur die Tötungshemmung, die Emanuel Levinas in ihm erkennt, sondern vielmehr und vor allem eine Urteilshemmung, die zugleich deutlich macht, daß es eine Erkenntnis gibt, die den Rahmen des Urteils sprengt. Auf diesen Sachverhalt bezieht sich das Prophetenwort vom Rind und vom Esel: Diese Urteilshemmung macht die Unterscheidung von Last und Joch erfahrbar.
    Die homousia ist das neutralisierte homologein, Produkt der Hellenisierung der Theologie, Anfang der Theologie hinter dem Rücken Gottes. Dieser Neutralisierung verdankt sich der Begriff des Bekenntnisses.
    Gründet das Neutrum im Menschenopfer?
    Waren nicht die Astrologie und die Alchimie gleichsam Häresien zu einer naturwissenschaftlichen Orthodoxie, die aus ihnen (durch symbolischen Elternmord) sich entwickelt hat? Wie alle Häresien sind sie nur verurteilt, verdrängt und verfolgt, nicht aber aufgearbeitet worden. Während die Astrologie gleichsam die politische Außenseite der Naturwissenschaft repräsentiert, repräsentiert die Alchimie ihre mystische Innenseite. Beide bezeichnen Knotenpunkte der Begriffsgeschichte von Schicksal und Scham.
    Der Begriff der Kollektivscham hat den Rechtfertigungszwang, der im Kern der modernen Aufklärung enthalten ist, nur verstärkt, anstatt ihn zu reflektieren.
    Der Objektbegriff ist der Pflug, vor den Rind und Esel gespannt sind.
    Hodie, si vocem eius audieritis: Dieses Heute tritt ein, wenn der Bann der Natur gelöst ist (mit der Einung des Gottesnamens): Wenn aus den Blinden und Lahmen die, die tun und hören, geworden sind.
    Definition der Kommunikationstheorie: Theorie der Signale, mit denen Isolationshäftlinge sich untereinander verständigen (oder auch, nur getrennt davon, ihre Wächter).
    Dauer, Folge und Zugleichsein: Gründet nicht die Dauer in der Beziehung von Vorn und Hinten, die Folge in der von Rechts und Links und das Zugleichsein in dem von Oben und Unten (im Verhältnis der Fläche zu der zu ihr gehörenden Normalen)? Ist nicht die Orthogonalität zweier Geraden in einer Fläche zu unterscheiden von der Orthogonalität der Normalen zur Fläche? Kann es sein, daß diese beiden Formen der Orthogonalität sich zueinander verhalten wie die Orthodoxie des Symbolums zu dem der Konfession?

  • 25.02.94

    Die Beantwortung der Frage, ob Raum und Zeit unendlich ausgedehnt sind, oder ob die Materie unendlich teilbar ist, hängt ab von der logischen Gewichtung des Andersseins (von der Bedeutung des Weltbegriffs): sie hängt von der Fähigkeit zur Schuldreflexion: von der Vorentscheidung ab, ob die Ontologie oder die Ethik als prima philosophia begriffen wird. Die exkulpierende Kraft des Wissens (und das Bedürfnis, davon Gebrauch zu machen) begründet die These der unendlichen Ausdehnung von Raum und Zeit und bedarf ihrer zu ihrer eigenen Absicherung und Rechtfertigung; sie ist zugleich der Grund, aus dem die Idee des Absoluten (der Schatten Gottes, der ihn verdeckt) sich speist. Hier ist die „Sünde der Welt“, die am Zusammenhang des Begriffs der Totalität mit dem des Absoluten sich demonstrieren läßt, mit Händen zu greifen.
    Das Zwischenglied zwischen den Begriffen der Totalität und des Absoluten ist das Ich: Die Totalität definiert sich unter Ausschluß des Ich, das Absolute durch Einbeziehung des Ich; jene ist das An sich des Absoluten, dieses das Für sich der Totalität, beide stehen in dieser Hegelschen Reflexionsbeziehung und sind als Unterschiedene unmittelbar identisch. Hat nicht unter den Totalitätsbegriffen der der Welt ein gewisses prius, während der des Wissens an den Absolutheitsbegriff sich anschließt? Beide stehen unter dem Vorzeichen der Säkularisation, deren Geschichte mit dem Absolutismus (und der Geschichte der Hexenverfolgung) anhebt und im Totalitarismus (in Auschwitz) endet.
    Am zweiten Tag schuf Elohim die Feste (den Staat), die die oberen von den unteren Wassern scheidet, und nannte sie Himmel; am fünften Tag die großen Meerestiere (die Nationen).
    Stämme, Sprachen, Völker und Nationen:
    – Die Stämme gründen in den Genealogien,
    – die Sprachen im Turmbau zu Babel (in der Folge der Sintflut),
    – Völker sind Schicksalsgemeinschaften, deshalb mythisch organisiert: in Selbstabsperrung von der Offenbarung; sie gründen im Kontext des Privateigentums und in der beginnenden Geldwirtschaft,
    – Nationen sind staatlich organisierte Völker.
    Stämme und Sprachen liegen vor, Völker und Nationen nach der durch den Weltbegriff bezeichneten Zivilisationsschwelle.
    Gehört die Erfindung der Sumerer zur dritten und die Erfindung der Karolinger zur zweiten Leugnung?
    Gründet Habermas‘ „neue Unübersichtlickeit“ in dem Zweifel an der These, daß die technischen und gesellschaftlichen Voraussetzungen für eine Gesellschaft ohne Hunger und Krieg schon gegeben seien?

  • 20.01.94

    Die Juden sind Hebräer für die anderen (für die Welt), Israeliten hingegen für Gott und für sich selbst.
    Ist nicht die Argumentation beim Loretz deshalb unverständlich, weil er es nicht zulassen kann anzuerkennen, daß die Beziehung der Hebräer zu Israel auf einer Ebene liegt, die durch den szientifischen Objektivitätsbegriff neutralisiert, gegenstandslos wird. Ist nicht der ganze Eiertanz um die Frage, ob der Name der Hebräer ein Appelativum oder ein Gentilizium sei, dadurch verursacht, daß das Eingehen auf die Sache den wissenschaftlichen Objektivitätsansatz sprengen würde? Dieser Objektivitätsansatz macht sich gemein mit der Welt, für die die Israeliten Hebräer sind, die sie haßt. An dieser Konstellation krankt die gesamte historische Bibelkritik (die „Quellentheorie“, die nicht zufällig an der Beziehung der Begriffe Stämme, Sprachen, Völker und Nationen, in deren Kontext die Namen der Israeliten und Hebräer gehören, sich desinteressiert zeigt).
    Die „Völker“ (als Schicksalsgemeinschaften, die mit dem Ursprung des Weltbegriffs entstehen) sind die Heiden. Gleicht die Unterscheidung von Völkern und Nationen nicht der von natura und physis? Die Sprachen beziehen sich auf Babylon, die Völker auf die Völkertafel, die Stämme auf die Genealogien, und die Nationen? Kann es sein, daß zwischen Völkern und Stämmen und zwischen Nationen und Sprachen genetische Beziehungen bestehen?
    Da wird Israel zu einem völkisch-nationalen Begriff, da werden die „späten Bearbeiter“ (Loretz, S. 122) zu dummen Kerlen (die gleichen Redaktoren übrigens, die Franz Rosenzweig mit dem Namen Rabbenu ehrt), die die „Materialien“, mit denen sie umgehen, nicht mehr verstehen und sich von den „kritischen“ Wissenschaftlern vorrechnen lassen müssen, wie die Stellen, die sie nur, wie der Assistent das Buch seines Professors oder der Lektor das Manuskript eines Autors, redaktionell „bearbeitet“ haben, eigentlich hätten lauten müssen.
    Merkwürdig, daß der Widerspruch zwischen dem „Hebräer“ Abraham und der „aramäischen“ Verwandschaft, bei der Isaak und Jakob sich ihre Frauen holen, überhaupt nicht erwähnt wird. Er paßt in das Schema der Fragestellung, die sich in voreilendem Gehorsam dem apriorischen Antworthorizont anpaßt, nicht herein. (Vgl. Deut 265: Ein umherirrender Aramäer war mein Vater …) Hierzu gehören Wendungen wie „er lebte als Fremder im Land“ oder auch die mit der Erinnerung an die eigene Vergangenheit als Fremde in Ägypten begründeten Regelungen für die Fremden in Israel.
    S. 125: Erinnert nicht das Alt-Zitat, im Namen der Hebräer schwinge „ein Ton der Selbstdemütigung“ mit, niemals aber ein „nationales Hochgefühl“, an das Argumentationsschema, mit dem heute die Erinnerung an Auschwitz abgewehrt wird?
    Ist die Trinitätslehre das dreidimensionale Gegenstück zur noesis noeseos des Aristoteles. Verhält sich die aristotelische Metaphysik zur euklidischen Geometrie wie die Trinitätslehre zum Inertialsystem (und zum kapitalistischen Wertgesetz)?
    Hatte nicht Sacharja nur die vier „apokalyptischen Reiter“, die erst in Johannes-Apokalypse durch den Hinweis auf den Einsturz des Himmels und die Märtyrer unter dem Altar ergänzt, vervollständigt werden?
    Hat der hebräische Sklave etwas mit dem Gottesknecht zu tun? Oder soll es deshalb keine hebräischen Sklaven geben, weil Israel der Knecht Gottes ist (ist Nietzsches Begriff der jüdisch-christlichen Sklavenmoral ein Hebraismus)?
    Nach der Selbstzerstörung der Welt (nach den Weltkriegen?) war das Innere „leer, gereinigt und geschmückt“.
    Verdankt sich nicht die Verdreifachung der altorientalischen Chronologie dem gleichen Mechanismus, dem in der Bibelwissenschaft die Quellentheorie sich verdankt?
    Hat nicht die historische Bibelkritik etwas mit Andersens Märchen von des Kaisers neuen Kleidern zu tun: Da werden Stoff, Farbe und Faltenwurf der Kleider untersucht und beurteilt; in Wahrheit aber ist der Kaiser nackt (und die zum Feigenblatt naturalisierte Schrift wird mit den nicht vorhandenen Kleidern verwechselt).
    Ist nicht das Stück Wut, das bei Heinsohn und Illig sich zeigt, der Drewermannschen Wut (die ihn an die Kirche bindet) vergleichbar: in beiden Fällen Ausdruck des blinden Flecks in der Theorie?
    Der Positivismus legt ein Minenfeld vor die Wahrheit.
    Wenn Jesus in seiner Botschaft an den Täufer mit den Blinden und Lahmen ein Detail aus der Geschichte der Eroberung Jerusalems durch David zitiert, gewinnen dadurch nicht beide Stellen prophetische Qualität? Von den Blinden und Lahmen, „die David in der Seele verhaßt waren“, heißt es da: „Sie werden dich (sc. David) vertreiben“ und „Es soll kein Blinder noch Lahmer in das Haus kommen“ (2 Sam 56ff).
    Die Strafverfolgung gegen den Stasi-Chef Wolff ist Heuchelei, aber die Nichtverfolgung wäre Zynismus. Wo liegt da die Lösung?
    Macht Heidegger nicht die gleiche Sorge, gegen die sich u.a. die Bergpredigt richtet, zum Existential?

  • 16.01.94

    Zur Beziehung von Scham und Blut sh. Vermes, Anm. 31, S. 260: Rabbi Nachman ben Isaak: „Wer seinen Nächsten in der Öffentlichkeit beschämt (erröten läßt), der ist, als hätte er Blut vergossen.“
    Anwendung von Mt 634: „Darum sorgt nicht für den anderen Morgen, denn der morgige Tag wird wird für das Seine sorgen. Es ist genug, daß jeder Tag seine eigene Plage hat“, auf die Schöpfungsgeschichte, das Sechstagewerk, und auf den „Tag des Herrn“. Geza Vermes rührt, ohne es zu bemerken, an den Grund der Prophetie, wenn er dazu darauf hinweist, daß Jesus „ein Mensch (war), für den die Gegenwart, das Hier und Jetzt, von einmaliger und unendlicher Wichtigkeit war“ (S. 264).
    Zur Bestimmung des Staubs (zu dem Adam wird, und den die Schlange frißt): Das Heideggersche „Man“ ist eine Emanation der Welt: die präziseste Bestimmung dessen, was die Propheten Unzucht nannten. Bezeichnend, daß das unpersönliche Man dann doch als männlich (und als Verkörperung des Universalen) erfahren wird.
    Das Geschwätz ist eine Erfahrungsverhinderungsmaschine (es gehorcht der dem Rechtfertigungszwang unterworfenen Bekenntnislogik).
    Wenn Israel der Augapfel Gottes ist, ist dann nicht der Antisemitismus (wie vor ihm der kirchliche Antijduaismus) ein Versuch, Gott blind zu machen: daß er’s nicht mehr sieht?
    Wenn der Antisemitismus Gott erblinden macht, hat dann das Christentum Ihn gelähmt? Drückt sich das darin aus, daß der erhöhte Jesus „zur Rechten des Vaters“ sitzt?
    Die Botschaft Jesu an den Täufer im Gefängnis („Blinde werden sehend und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote werden auferweckt und und Armen wird die frohe Botschaft verkündet, und selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt“, Mt 115) ist apokalyptisch (Zusammenfassung der Lösung der sieben Siegel und e contrario eine spiegelbildliche Beschreibung des apokalyptischen Weltzustandes).
    Als Zedekia, der letzte (vom König von Babel eingesetzte) König der Juden, nach Babel verbracht wurde, „schlachtete man (die Söhne Zedekias) vor seinen Augen; den Zedekia aber ließ er blenden und in Ketten legen. So brachte man ihn nach Babel“ (2 Kön 257). Hat diese Geschichte etwas mit Auschwitz zu tun: Ist „der König der Juden“ seitdem geblendet und in Fesseln, blind und lahm? Vgl. auch die „Blinden und Lahmen“ bei der Eroberung Jerusalems (2 Sam 56ff) und in der Botschaft Jesu an den Täufer („Die Blinden werden sehend, die Lahmen gehen, …“ Mt 115). -Ist hier die Richtung bezeichnet, in der das mit dem Lösen Gemeinte gesucht werden muß?
    Es gibt keine Erkenntnis, die nicht auch in Beziehung zur Gotteserkenntnis steht, und hier gilt der Satz: Der liebe Gott (und nicht der Teufel) steckt im Detail.
    Zu Geza Vermes: Der Nachweis, daß die Lehre der Kirche mit der Lehre Jesu nicht übereinstimmt, reicht nicht mehr. Zu ermitteln und herauszuarbeiten wäre die reale historische Beziehung beider zueinander; eine hierher passende Bemerkung zu den Elefanten: Ist nicht das Langzeitgedächtnis, soweit es von der Erinnerungsfähigkeit zu unterscheiden ist, und d.h. das Langzeitgedächtnis, dessen Objekt man nur ist, Ausdruck einer sehr tiefen Verletzung?
    Zur Unterscheidung von Mythos und Aufklärung: Wenn das Schicksal, nach der Benjaminschen Definition, der Schuldzusammenhang des Lebendigen ist, ist dann die Welt (und das wäre ebenfalls eine Definition) der Schuldzusammenhang des Toten (aber dieser Schuldzusammenhang ist einer, der in dem des Lebendigen gründet, und dessen realsymbolische Widerspiegelung das apokalyptische Tier ist)? Für uns sind nicht mehr die Götter unsterblich, sondern unsterblich ist nur noch die Sterblichkeit der Sterblichen: der Tod. Darin gründet der Naturbegriff.
    Vornehm und anständig, oder der Kern des Verblendungszusammenhangs: Der Vornehme spiegelt sich im Blick von unten, der Anständige im Blick von oben. Gemeinsam verstellen sie der Erkenntnis den Weg. Wenn die Vornehmen mit den Anständigen sich verbünden, siegt die Natur, wird die Welt gemein.
    Zur Raumvorstellung: Oben und unten bezeichnen das Verhältnis von Schöpfung und Auferstehung, rechts und links das von Gericht und Barmherzigkeit, und vorne und hinten das von Im Angesicht und Hinter dem Rücken.

  • 04.01.94

    Der Satz, daß Gott die Welt erschaffen hat, ist nicht aus Gen 11, sondern 121 abzuleiten: aus der Erschaffung der großen Seeungeheuer.
    Ist nicht der Klassenkampf ein Vorgang ebenso in der Realität wie in der Sprache: eine Manifestation des Herrendenkens? Wer die Macht hat, Fakten zu schaffen, braucht seine Begründungen nur noch diesen Fakten anzupassen: er spottet jeder Argumentation (wie die Reklame und die Propaganda). Zu klären wäre das Verhältnis von wirtschaftlicher Macht und politischer Gewalt, der materiellen Gewalt der Ökonomie zum Gewaltmonopol des Staates: wirtschaftliche Macht ist Macht über Objekte, politische Gewalt Gewalt über das Leben und die Sprache. Die Ökonomie herrscht über Erscheinungen, die Politik über die Namen.
    Nur der Staat hat Militär und Polizei, wobei das Militär das Gewaltmonopol des Staates nach außen, die Polizei nach innen wahrnimmt. Heute, da das Militär immer mehr die Funktion einer Weltpolizei in einer durch die Ausbreitung der Marktmechanismen geeinten Welt wahrnimmt, sind Innen und Außen nur noch relativ, im Verhältnis zueinander zu unterscheiden (Außenpolitik als Welt-Innenpolitik).
    Die beiden Asylrechtsfälle, die heute in der Rundschau zitiert wurden, haben mit Sicherheit keine dienstrechtlichen Folgen für die verantwortlichen Sachbearbeiter gehabt. Reicht eigentlich noch die Empörung auslösende Beschreibung der Fälle, käme es nicht darauf an, den systematischen Zusammenhang, in dem sie möglich waren (und weiterhin sind), zu analysieren? Sie haben paradigmatische Bedeutung für die Wahrheit des Satzes, daß Gemeinheit kein strafrechtlicher Tatbestand ist. Der Grund liegt in der Beweislogik, aus deren Analyse allein noch die Grenzen des Rechtsstaats sich bestimmen lassen. Läßt sich nicht die Differenz zwischen der politischen Rechten und der Linken aus ihrer Beziehung zu dieser Gemeinheit bestimmen: Während die Linke die folgenlose Empörung über die Gemeinheit zu mobilisieren sucht, macht die Rechte sie sich zu eigen und versucht, sie zu übertrumpfen. An den Grund der Gemeinheit rührt keiner von beiden. Hängt es nicht mit ihrer Beziehung zur Gemeinheit zusammen, wenn die Rechten Gräber schänden (die Wahrheit der „Versöhnung über Gräbern“ drückt sich darin aus) und die Linken Mausoleen errichten (letzte Folge des Heroen- und Reliquienkults)?
    Mit zu reflektieren ist die systemlogische Beziehung des Rechts zur Wahrheit: Rechtsgültige Urteile sind wahr, auch wenn sie falsch sind. Und wer je zum Objekt des Polizeihandelns geworden ist, weiß, daß, was nicht beweisbar ist, auch nicht existent ist. (Hierher gehören die Usancen beim Fußballspiel, wenn die Spieler jede Tatsachenentscheidung des Schiedsrichters hinzunehmen haben, auch wenn sie falsch war: Einübung in den Rechtsstaat.)
    Bemerkung eines Mitglieds der Geschäftleitung eines Konzerns zum Fall Barschel: Schlimm war nicht, was er getan hat, sondern daß er sich hat erwischen lassen.
    Die zentrale Funktion der Beweislogik im Recht verrückt das crimen von der Tat ins Erwischtwerden. Das perfekte Verbrechen wäre eins, bei dem das Erwischtwerden sich ausschließen läßt (unter diesem Gesichtspunkt hat Lyotard einmal Auschwitz untersucht; wären nicht die „Selbstmorde“ in Stammheim auch ein lohnendes Objekt der Analyse?). Hat hier nicht der Staat generell die besseren Chancen und Möglichkeiten (von der Gesetzgebung bis zu den Einrichtungen des Staatsschutzes), und die Logik, die dem Titel des Staatsanwalts zugrundeliegt, ihr fatales fundamentum in re?

  • 18.12.93

    Das Absolute und das Relative sind Reflexionsbegriffe: das Absolute ist Produkt der Abstraktion von der eigenen Relativität: von der Verstrickung in den Schuldzusammenhang (Korrelat des Naturbegriffs). Als Produkt des Exkulpationstriebs und des Rechtfertigungszwangs ist das Absolute der hypostasierte Abstraktionsprozeß: das Ding an sich, Reflex des hypostasierten Subjekts. Der Abstraktionsprozeß, der mit dem Objektbegriff seinen Stützpunkt in der Welt errichtet hat, hat die Welt durch den Objektbegriff überhaupt erst zur Welt (zu einer durchs Feindesland verhexten Wolfswelt: „Seht ich sende euch wie Schafe unter die Wölfe“) gemacht. Es gibt kein Absolutes ohne zugehörige Wolfswelt (ohne zugehöriges Feindbild), an dem die eigene Schuld projektiv gerächt wird (und ohne zugehörige Exkulpationsautomatik: ohne Naturbegriff).
    Absolut im strengen Sinne sind nur die subjektiven Formen der Anschauung, insbesondere der Raum (und als seine Reflexionsform das „Überzeitliche“): er entzieht sich der immanenten Kritik, wird reflexionsfähig erst im Kontext der Umkehr (und der Idee des Ewigen).
    Die Idee der Wahrheit ist nicht leer, aber der Begriff einer absoluten Wahrheit ist eine contradictio in adjecto: er relativiert die Idee der Wahrheit. Die Wahrheit hat einen Zeitkern (das Überzeitliche schließt wie der Prozeß der Dogmenbildung die Erinnerung und die Versöhnung aus: Substrat der Selbstverfluchung).
    Gehören die Trinitätslehre, die Christologie und die Opfertheologie zur Geschichte des Absoluten (ist der Absolute Geist der zur Hölle abgestiegene Geist, das Hegelsche Absolute die trinitarische Einheit von Ankläger, Verwirrer und Subjektivität: Satan, diabolus und daimon)?
    Der Geburtsfehler der Philosophie: Sie hat die an sich praktischen (durch Absolutierung) zu theoretischen Begriffen (die ethischen zu Weltbegriffen) gemacht und den Handelnden in die Position des Zuschauers gebannt: die Aufforderung zu handeln, die von den Dingen ausgeht, durch den Zuschauerbann (den Bann der Theorie) neutralisiert und storniert. Der Zuschauerbann ist der ästhetische Bann; deshalb beginnt die transzendentale Logik mit der transzendentalen Ästhetik. In dieser Ästhetik gründet auch die Kunstphilosophie, die heute unter dem Titel Ästhetik zusammengefaßt wird.
    Der Begriff des Absoluten ist die Bedingung der Möglichkeit des Objektivierungsprozesses und der Grund des Weltbegriffs: die Sünde der Welt.
    Hypostasierung und Personalisierung (die Formen der Verdinglichung) sind Emanationen des Absoluten.
    Die Idee des Absoluten ist der Quellgrund der Leidenschaften: Hier entspringen die moderne Lyrik, der Liebesroman und das moderne Drama.
    Die Ästhetik ist der Grund und die Folge der Todesweihe an den Dinge, aber „Stark wie der Tod ist die Liebe“. Kunst ist wie die Natur: nature mort (eine schöne Leiche).
    Das Objektbegriff, das ad litteram und der Antisemitismus: Der Zusammenhang wäre nachzuweisen an der Geschichte des Paulinismus: an der Rezeption der paulinischen Gesetzeskritik, die, indem sie auf ein vorbezeichnetes identifizierbares Objekt, die „jüdische Gesetzesreligion“, bezogen wird, als Mittel der Selbstreflexion, der Kirchen- und Dogmenkritik, ausgeschaltet wird. Die Gefahr heute scheint darin zu liegen, daß über die christliche Opfertheologie (die Logik der Vergöttlichung des Opfers) Israel nach Auschwitz in die Opfertheologie mit hereingezogen wird und auf eine ähnlich neutralisierende Weise heiliggesprochen wird, wie man im Anfang auch am Jesus (und an der jüdischen Tradition, in der er steht) das Beunruhigende durch Vergöttlichung neutralisiert hat. Die Kirche als Israel: das war ebenso wenig wie die Erwählung des Volkes Israel ein (den Juden geraubtes) Privileg, sondern ein Maß, an dem die Kirche ebenso wie das historische Israel sich muß messen lassen. Die Einschränkung der Prophetie auf die Juden (im Kontext ihrer „Erfüllung“ in Jesus) war die erste in der Kirchengeschichte der drei Leugnungen. Wenn die Kirche Israel ist, ist sie Objekt der Prophetie (steht sie unter ihrem Gericht), und nur als Objekt der Prophetie ist sie auch Israel.
    Melchisedek, der König von Salem, opferte Brot und Wein und war der erste Empfänger des Zehnten.
    Liegt nicht die Bedeutung (und die emotionale Besetzung) der herrschenden antiken Chronologie darin, die Objektbindung biblischer Texte abzusichern, sie gegen jeden realen prophetischen Gebrauch abzuschirmen? Ist sie nicht in der Tat fundamentalistisch (und der Grund jeden Fundamentalismus, auch des jüdischen und islamischen)?
    Das Bild, daß der Himmel sich aufrollt wie eine Buchrolle, ist eine apokalyptische Beschreibung des Ursprungs der Schrift.
    Die Welt brennt, und die Banken unterhalten und schüren das Feuer.
    Seit wann hat es die jüdischen „Hoffaktoren“ gegeben, und welche Aufgabe und Funktion hatten sie?
    Der Korpuskel-Welle-Dualismus, die Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation und das Bohrsche Komplementaritätsprinzip beschreiben den gleichen Sachverhalt.

  • 12.12.93

    Das Inertialsystem oder die Herstellung von Laborbedingungen: Sind nicht die Straf-, Irren- und Krankenanstalten, aber auch die Schulen und die Kasernen, die Produktion (sowie der Export und der Reimport) der Armut und die Ausgrenzung aller, die dem durch Staat und Wirtschaft definierten Realitätsprinzip (sei es aufgrund körperlicher, geistiger oder rechtlicher Eigenschaften) nicht entsprechen, das genaue gesellschaftliche Korrelat der Abstraktionsleistung, in der sich das Inertialsystem herausgebildet hat? Gehört nicht in der Tat die Geschichte der Hexenverfolgung zum Anfang und Auschwitz zum Ende der Geschichte der naturwissenschaftlichen Aufklärung?
    Die Elementenlehre als philosophische Zwischenstufe zwischen Mythos und Inertialsystem (Ursprung des Naturbegriffs)?
    Das Absolute ist ein Tier: ein Organismus, in dem kein Glied nicht trunken ist. Diese Trunkenheit ist eine sprachliche Trunkenheit (seine rationalen Entsprechungen sind die Mathematik und das Herrendenken); deshalb sind Tiere stumm. Tiere sind die Schöpfer der Welten: deshalb waren die vorweltlichen (vorzivilisatorischen, kosmogenischen) Religionen Tierreligionen. Ist das Tier aus dem Wasser die (dem Mythos entsprungene) Philosophie (das griechisch-mazedonische Reich und seine Nachfolger) und das Tier vom Lande der Staat (die Organisationsform einer Gesellschaft von Privateigentümern: das römische Reich)?
    Erst das Inertialsystem hat das Privateigentum ontologisiert.

  • 22.11.93

    Sind Empfindungen nicht zuerst Schmerzempfindungen, und sind diese nicht der Kern aller anderen Empfindungen? Grundlage des Begriffs der Empfindung ist die Mechanik, die den Stoß, die Stoßprozesse, ins Zentrum der Naturerkenntnis gerückt hat. Und ist nicht das Problem der Gewalt, bis zu ihren gegenwärtigen Manifestationen, eine Folge dieses Konstrukts, demzufolge jeder Existenzbeweis nur noch durch den Stoß und seine logischen Entsprechungen zu führen ist. In den gleichen logischen Zusammenhang gehört der Satz, daß Gemeinheit kein strafrechtlicher Tatbestand ist, der beweislogisch (durch sein Verhältnis zur Nachweisbarkeit) zwingend zu begründen ist. Heute erweist sich die Macht als eine der Wurzeln der Beweislogik. Der Staat, wenn er keine moralischen Rücksichten mehr zu nehmen braucht, ist aufgrund des Gewaltmonopols nicht mehr zu widerlegen. Daß Auschwitz nicht zu einem perfekten Verbrechen geworden ist, lag einzig an der Dummheit der Nazis.
    Die Paranoia ist selbst Opfer der Logik der Instrumentalisierung. Es gilt aber, diese Logik zu durchschauen.
    Habermas hat sich mit seiner Entscheidung, die Rationalität der Naturwissenschaften nicht mehr zu hinterfragen, selber dumm gemacht. Und er sollte sich eigentlich nicht über die „neue Unübersichtlichkeit“ beklagen, die er mit dieser Entscheidung selber herbeigeführt, verschuldet hat.
    Die spezielle Relativitätstheorie hat das Inertialsystem gesprengt, die Kopenhagener Schule hat es notdürftig wieder repariert.
    Ist nicht mizrajim (Ägypten, das Sklavenhaus) eine geschichtliche Vorstufe des Neutrum, der Dualis der Bezugspunkt des „ne-utrum“? Was bedeutet der Name mizrajim? Und ist nicht Pharao, das „große Haus“, eine Personalisierung des Turms von Babel?
    Die neutralisierende Gewalt erscheint in der Schlange, in Ägypten und in Babel (Astronomie)?
    Hängt die Beziehung Israels zum Saturn mit den Kronos-Geschichten in der griechischen Mythologie zusammen?
    Ist nicht die Beschneidung eine zurückgenommene Entmannung (vgl. die Sichem-Geschichte und den „Blutbräutigam“ Moses): Teil einer Kritik der Zeus/Jupiter-Religion, des Patriarchats?
    Wenn die Welt durchs Wort erschaffen worden ist, ist es dann so abwegig, die Geschichte auch als einen Prozeß in der Sprache zu begreifen?
    Et descendit ad inferos: Wir erfahren den Tod nur als den Tod der anderen, den eigenen Tod nur im Spiegel der Erfahrung der anderen: im Kontext unserer eigenen Fremdwahrnehmung, im Kontext der Schamerfahrung. Wie hängen Tod und Scham mit einander zusammen, was bedeutet in diesem Zusammenhang die Blut-Symbolik, und wozu gehört die Geschichte der Eucharistie?
    Wenn der Tod (der mit dem Sündenfall und der Scham in die Welt gekommen ist) nicht mehr sein wird, wird auch die Materie, die Natur, nicht mehr sein? Wie hängt das mit der Idee der Auferstehung zusammen? Ist die Lehre von der Auferstehung das gegenständliche Korrelat der Umkehr, wird nicht mit der Auferstehung auch die Umkehr geleugnet?
    Ist die Josephs-Geschichte mit den sieben fetten und den sieben mageren Jahren (und der „Geschichte der ursprünglichen Akkumulation des Kapitals“ in den sieben mageren Jahren) nicht die Geschichte Israels und des Christentums? Muß das Christentum nicht von den in der Geschichte Israels gesammelten Schätzen (der Thora, der Prophetie) leben und hierbei sich von allem eigenen Besitz entblößen, der vom Geld, über das Vieh bis zum Land an den Pharao übergeht?

  • 17.11.93

    Ist nicht die Vorstellung, daß die ganze Pflanze „vorwärts und rückwärts“ nur Blatt sei (Bühler, S. 41), Teil einer Naturanschauung, die an der Idee der Unschuld sich orientiert: die Frucht und die „Befruchtung“ gleichsam „verunschuldigen“ möchte? Hat dieses „Blatt“ nicht sehr viel mit dem Feigenblatt des Sündenfalls (und seiner Interpratation durch Johannes Eriugena) zu tun? Liegt hier nicht der mythische Zentralpunkt der Goetheschen Naturanschauung? Und ist nicht die Goethesche Naturanschauung wirklich ans Schauen gebunden, d.h. an eine Erkenntnisform, die (wie die naturwissenschaftliche, an deren Modell sie sich orientiert) von jeder Schuldreflexion abstrahiert und jede Identifikation a limine ausgrenzt?
    Alles Denken ist Schuldverarbeitung (daher die Neigung, es zu diskriminieren), ohne Sprache gäbe es keinen Ausweg.
    Zwei Einwände gegen die Anthroposophie:
    – Sie bleibt gefesselt ans Selbsterhaltungsprinzip, das sie zugleich als Egoismus an andern verurteilt. Sie bringt sich selbst durch einen sublimierten Egoismus, durch den sie zur „Weltanschauung“ wird, um ihr bestes Ergebnis.
    – Die Vorstellung, der Mensch sei ein Mikrokosmos, müßte spätestens, wenn man die Reflexion der Naturwissenschaften mit hereinnimmt, historisiert und dynamisiert werden. Kosmos und Mikrokosmos sind in den historischen Prozeß verflochten, und lassen sich nur mit Gewalt (mit der Enthistorisierung und Moralisierung des Ego) daraus lösen. Mit zu reflektieren wären die Logik und die Geschichte des Weltbegriffs: der historische Säkularisationsprozeß, in dem wir Akteure, Zuschauer und Opfer zugleich sind. Erinnerung müßte auch kollektive Erinnerung mit einschließen: die ganze Geschichte steckt mit drin.
    Hat nicht der anthroposophische Astralleib mehr mit den apokalyptischen Tieren als mit dem individuellen Fortleben nach dem Tode zu tun?
    Hängt nicht das kosmische Element der Anthroposophie mit der Unfähigkeit, das Inertialsystem und die Geldwirtschaft zu reflektieren, zusammen? Durch diese Unfähigkeit verbleibt die Anthroposophie im Banne dieser Aprioris. Der Äther- und der Astralleib bezeichnen ein Problem, das die Anthroposophie durch Verdinglichung verdrängt (sind nicht die Tiere in der Natur, was die Stadt und der Staat in der Geschichte sind? Beide sind durch die Objektivierung des Sternenhimmels vermittelt).
    Verweisen die Geschichten von den angeblichen Todeserlebnissen, nach denen im Moment des Todes das Leben wie ein Film abläuft nicht eher auf den Zustand der Gesellschaft im Zeitalter des Films und des Fernsehens (vorbereitet durch den Roman und den Historismus)?
    Sind nicht die Warums bei Bühler (S. 114f) allesamt paranoid? Vgl. auch S. 117f: auch durch Streit oder Haß geschaffene seelische Bande erweisen sich als unzerreißbar.
    S. 124f: Problem des Karma?! Bemerkungen zu den Gefallenen der Kriege: Anwendung auf Auschwitz?
    S. 126: Ableitung der Überbevölkerung aus der materialistischen Gesinnung der Menschen, die (auch nach dem Tode noch) zu stark an die Erde gebunden sind und deshalb rascher zu einer neuen Verkörperung drängen?
    S. 130: Zum Bösen fällt Walther Bühler nur der Satz ein: Wer ist nicht schon einmal bestohlen, belogen oder betrogen worden?
    Zum Lachen und Weinen: Wie verhalten sich der Ursprung und die Geschichte zum Ursprung und zur Geschichte der Sprache? Bildet sich die Schrift an einer ähnlichen Grenze wie die Sprache; gibt es eine objektive Korrespondenz zur Unterscheidung von Hören und Sehen und zur Beziehung von Lachen und Weinen zu dieser Unterscheidung?
    Hat das Osterlachen nicht etwas mit jener Szene in Büchners „Lenz“ zu tun, in dem Lenz nach dem mißlungenen Versuch ein totes Kind wieder zum Leben zu erwecken, begreift, daß der Mond nur eine leere und tote Steinwüste ist: In diesem Augenblick griff mit einem entsetzlichen Lachen der Atheismus in ihm Platz.
    Die Naturwissenschaft ist das Lachen, das der Theologie im Halse stecken geblieben ist.
    Ist nicht der Faschismus, auch sein gegenwärtiges Wiederaufleben, ein Beweis dafür, welche ungeheuren Unterdrückungskräfte mobilisiert werden müssen, um der Verführung gut zu sein zu widerstehen?
    Hat der prophetische Begriff der Unzucht etwas mit der Venus-Katastrophe (mit den Ascheren) zu tun?
    Wenn in der Antike die Rhetorik dem entspricht, was in der modernen Welt die Technik ist, bedeutet das nicht auch, daß das Christentum, insbesondere die christliche Theologie (die Entwicklung der Orthodoxie), die technologisch durchgearbeitete und instrumentalisierte Mythologie (den historischen Stand des Herrschaftsdenkens) repräsentiert? Und ist das nicht die zwangsläufige Folge der theologischen Rezeption des Naturbegriffs (die dem Stand der politischen Geschichte angemessene historische Stufe der Naturerkenntnis)?
    Das Christentum und die Provinz: Galiläa, Nordafrika und Irland?

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