Bäume

  • 27.11.93

    Wirtschaftsstandort Deutschland: Appell an die nationale Selbsterhaltung als imperialistische Kampfparole.
    Ist nicht jede Ökonomie (aufgrund der Währungs- und der Rechtshoheit des Staates und ihrer Verflechtung mit der Infrastruktur des Landes und den gesellschaftlichen Institutionen) National-Ökonomie; und bedarf es nicht deshalb endlich einer Geschichte der Banken (die auch Kopernikus und Newton, deren nationale Geldtheorien zu den Grundlagen ihrer Astronomie gehört, enthalten sollte)? Gehört die Kritik des heliozentrischen Systems zur Imperialismus-Kritik?
    Gibt es nicht eine Korrespondenz zwischen den Unterdrückten und Beleidigten, den Ausgebeuteten und Erniedrigten (den Armen und den Fremden) und der verdrängten Vergangenheit? Repräsentieren nicht die Herren (die „Sadduzäer“) die unversöhnte Vergangenheit (den Unterdrückungs- und Verdrängungsapparat als Verkörperung der Macht der Vergangenheit und die Leugnung der Auferstehung)?
    Das tode ti, das hic et nunc (bei Hegel Kern der Begründung des Objektbegriffs, dessen Subjektivität Grundlage der transzendentalen wie auch der Hegelschen Logik ist): Ist das nicht in der Tat der Umkehrpunkt, der Knoten, der zu lösen ist? Das wahre tode ti ist die Aktualität der Prophetie: die aktuelle Realität des Hungers, der Folter, der Unterdrückung, des Krieges (der Armen und der Fremden).
    Die Trennung der oberen von den unteren Wassern und dann des Flüssigen vom Festen (das Werk des zweiten Tages): Hat das nicht mit der Trennung von Zukunft und Vergangenheit zu tun (und mit der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit: der Begründung des Wissens)? Und hängt das Wunder von Kana nicht mit der Sintflut und Noe zusammen (sind Wasser, Wein und Blut drei Dimensionen des Zukünftigen; Zusammenhang mit der Erde, der Blöße und dem Fleisch)?
    Der Urknall oder die Sprache als schwarzes Loch: Gehört nicht zur deutschen Staatsmetaphysik ebenso wie der Staatsanwalt auch der Volkstrauertag (das „Heldengedenken“): wie das Opfer zum Götzendienst? Der Staat als Moloch, der seine Opfer frißt. Der Volkstrauertag als Versuch der Sinngebung des Sinnlosen benötigt den Nationalismus als sinngebende Instanz: Ursprung der hohlen Sprache, Kern der Zerstörung ihrer benennenden Kraft.
    Die Schrift (die Bibel) ist ein multidimensionaler, von allen Seiten durchsichtiger Körper; hat sie nicht siebzig Dimensionen?
    Zum Anfang der Genesis:
    – Sie enthält die vier Elemente (Erde Himmel Geist);
    – ist der Geist über den Wassern eine Emanation des Feuers?
    Dann wäre:
    – die Erde wüst und leer,
    – Finsternis über dem Abgrund, und dann
    – der Geist Gottes über den Wassern: die erste Tätigkeit der Himmel (des Feuers).
    Zur Dynamik dieser Geschichte gehört es, daß der gleiche Himmel dann verwandt wird zur Benennung der Feste, die die oberen von den unteren Wassern scheidet.
    Ist es nicht ein großartiger Gedanke, daß die Jotam-Fabel die Idee des Königtums an die Bäume (und nicht an die Tiere) bindet: an den Dornstrauch?
    Die Summenzahlen im Neuen Testament haben die Basis 17 (153, Joh 2111), 23 (276, Apg 2737) und 36 (666, Offb 1318):
    – 17 ist die Summe aller Zahlen von 1 bis 5, plus 2;
    – 23 die Summe der Zahlen von 1 bis 6, plus 2;
    – 36 die reine Summe von 1 bis 8.
    Woher stammt die Geschichte vom Schachbrett und den Reiskörnern?
    Gibt es außer der Zahl „etwa 84“ (7 x 12, Alter der Prophetin Anna, Lk 237) noch andere, die keine Summenzahlen sind?
    Bezieht sich die Wendung: eine Zeit, zwei Zeiten und eine halbe Zeit (Dan und Offb), auf die Formel der Summenbildung: (n + n2)/2 ?

  • 28.04.93

    Wenn die Mathematiker des 16. Jahrhunderts vom „natürlichen Licht“ des Verstandes sprechen, dann meinten sie das „Licht“ der Mathematik.
    Der Punkt ist die Grenze einer Geraden, die Gerade die Grenze einer Fläche und die Fläche die Grenze eines Körpers. Trennt der Körper das Innere vom Äußeren? Aber was ist dann das „Innere“?
    Der Nenner und das Gleichnamig-Machen: Zerstörung des Namens (der benennenden Kraft der Sprache) durch die Form der Anschauung, oder der gemeinsame mathematische Ursprung des Objektbegriffs und des Identitätsprinzips.
    Plus und Minus in der Mathematik: Die Null gibt es real (als Ergebnis) nur im Bereich der Addition und Subtraktion, dann (als Operator) wieder beim Potenzieren. Die Null ist in beiden Fällen die Grenze von Plus und Minus (ähnlich wie auch der Punkt, die Gerade, die Fläche und der Körper Grenzen sind).
    Sind nicht die imaginären Zahlen ein Produkt der analytischen Geometrie?
    Die Beziehung der Kopula (des „Seins“) zum Gleichheitszeichen ist der Grund der Beziehung des Begriffs zur Mathematik: der Usurpation der benennenden Kraft der Sprache durch die Funktion des Nenners (der Verschlingung der Finalursachen durchs Kausalprinzip und der Zerstörung der begründenden und argumentierenden Kraft der Sprache; Verhexung der Logik und Einlaß der Gewalt, letztlich des Gewaltmonopols des Staates, in die Sprache: Produkt der idealisierenden Gewalt des Raumes).
    „Unseren täglichen Hunger gib uns heute.“ (Anders, II, S. 16) Der anwachsende Reichtum ist eine Funktion der potenzierten Bedürfnisse, der Bedarfsgüter mit eigenen Bedürfnissen (bedürfniserzeugenden Bedürfnissen), wie Auto, Wohnung, Haus u.ä..
    Ist die dritte Leugnung die Sünde wider den Heiligen Geist (deshalb die Selbstverfluchung)? Beziehen sich die Sünden wider den Vater und den Sohn auf die erste und zweite Leugnung?
    Zur Rekonstruktion des Weltuntergangs: Vor hundert Jahren gab es den Geheimrat, heute gibt es den Geheimdienst.
    Der Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus und der Sieg des Kapitalismus (der „freien Marktwirtschaft“) gründet nicht nur in Taten und Unterlassungen, sondern vorab im Prinzip des Nicht-erwischt-Werdens. Die Kompetenz des Kapitalismus bei der Verwertung der Ressource Feigenblatt war größer, sie ist durch die kostenlose Lieferung eines Sündenbocks, auf den man alles abwälzen kann, erheblich gesteigert worden. Ist hier wirklich eine Situation entstanden, der die Theorie nicht mehr gewachsen ist (Habermas: Neue Unübersichtlichkeit)?
    Christliche Zoologie: Seht, ich sende euch wie Schafe unter die Wölfe; deshalb seid klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben.
    Hatte die Schelersche „Gesamtperson“ nicht doch etwas mit Behemot zu tun, dem „Gesamttier“?
    Wie verhalten sich die Begriffe Subjekt und Person: Das Subjekt ist das Korrelat des philosophischen, die Person das des politischen Weltbegriffs. Das Subjekt ist der Grund der Fähigkeit der Begriffsbildung, die Person Grund der Fähigkeit, die eigenen Taten zu verantworten.
    War nicht Sokrates der philosophisch neutralisierte Held, sein Tod das Opfer der Philosophie an die Polis, und so die Geburt der Person? Nicht zufällig entspringt hier die philosophische Unsterblichkeitslehre.
    Zur Geschichte der Scham: Heute ist die Welt, die einmal das Siegel des Ursprungs der Scham war, selber das letzte Objekt der Scham geworden. Subjekt-Objekt der Erkenntnis der Nackheit ist die Welt.
    Es genügt heute nicht mehr, nur über Bäume zu reden. Heute müssen wir über Astronomie und über den Stand der naturwissenschaftlichen Aufklärung insgesamt reden. Und wenn es dann wieder notwendig wird, über Bäume zu reden, dann über die Geschichte und die Geschichte der Beziehung des Baumes der Erkenntnis und des Baums des Lebens.
    Rosenzweigs Wort an die Adresse Eugen Rosenstocks: Vermanschen Sie die Symbole nicht, trifft heute die gesamte Theologie.
    Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet: Gilt das auch für das Richten eines Hauses?
    Ist Kanaan ein stammesgeschichtlicher, ein politischer oder ein gesellschaftlicher Name („Händler“)? Und wer waren die Philister?
    – Gen 918: Ham ist der Vater Kanaans.
    – 925: Und er sprach: Verflucht sei Kanaan. Der niedrigste Knecht sei er seinen Brüdern.
    – 106: Die Söhne Hams sind Kusch, Mizrajim, Put und Kanaan.
    – 1015ff: Kanaan zeugte Sidon, seinen Erstgeborenen, und Het, ferner die Jebusiter, die Amoriter, die Girgaschiter, die Hiwiter, die Arkiter, die Siniter, die Arwaditer, die Zemariter und die Hamatiter.
    Nach Gen 1014 zeugte Mizrajim (auch ein Sohn Hams) u.a. die Kasluhiter, von denen die Philister abstammen.

  • 22.04.93

    Wächst nicht die Hörigkeit in dem gleichen Maße, in dem die Fähigkeit zu hören abnimmt? Wobei diese Fähigkeit zu hören als Fähigkeit zu bewußtem, grammatisch reflektierten und metaphorischem Hören zu bestimmen wäre. Das metaphorische Hören, ein durchscheinendes Hören, ist das Produkt des ersten Schöpfungstages, der Erschaffung des Lichts, während das verdinglichende Hören, jede Art von Konkretismus, oder die Vereidigung des Denkens auf das tode ti, letztlich die Raumvorstellung und seine Konsequenz, das Inertialsystem, das Licht aus der Sprache und aus dem Denken austreibt (dialogisches Denken wird wahr erst, wenn es als das Licht in der Sprache sich begreift, anstatt sich selbst durch seine Beziehung zum „Gespräch“ und zur „Begegnung“ konkretistisch zu neutralisieren). Die traditionelle christliche Interpretation des evangelischen Rats des Gehorsams war autoritär, weil sie im Bann des verdinglichenden Denkens stand; sie hat das wirkliche Hören verdrängt und am Ende auch noch die Erinnerung daran ausgelöscht.
    Wird nicht das Angesicht der Erde in der Herrschaftsgeschichte ebensosehr unterdrückt und entstellt wie es in dieser Geschichte zugleich auch erst bildet?
    Gibt es einen Zusammenhang zwischen Metaphorik und Umkehr? Sind nicht vor allem die Pflanzen (und auf besondere Weise die Bäume) metaphorische Wesen? (Welches ungelöste Rätsel steckt in den Tieren?)
    Das Dogma ist sowohl das Unkraut, unter das der Weizen fiel, als auch der Scheffel, unter den das Licht gestellt wurde.
    Das Inertialsystem ist ein Grenzbegriff der Sprache, genauer: die Todesgrenze der Sprache (Zerstörung des metaphorischen Elements: seitdem ist der Name Schall und Rauch). Es abstrahiert vom Gesehenwerden (und macht damit auch das Sehen unerklärbar); eben deshalb verfällt es ihm. Hier wird den Dingen dasselbe angetan wie Gott in der Theologie hinter seinem Rücken.
    Das, wovon die Naturwissenschaften abstrahieren, wird in der politischen Ökonomie selber wiederum verdinglicht.
    Haben wir die Tatsache, daß jede Vergangenheit die Vergangenheit von etwas ist, nicht unmittelbar vor Augen?
    Die ganze Welt ist zum Feigenblatt geworden, aber war sie das nicht seit dem Ursprung des Weltbegriffs?
    Zum Binden und Lösen: Paulus hat dieses Lösen genauestens bezeichnet, wenn er darauf hinweist, daß die ganze Kreatur seufzt und in Wehen liegt und auf die Freiheit der Kinder Gottes wartet.
    Wäre nicht heute die Rosenzweigsche Reihe Schöpfung Offenbarung Erlösung umzukehren? Liegt nicht für uns die Erlösung vor der Offenbarung, und diese vor der Schöpfung?
    Schuld wird nicht an sich, sondern nur im Urteil erkannt. Im Urteil wird zur Schuld verurteilt. Schuld ist Ausdruck einer Herrschafts- und Verblendungsbeziehung; deshalb gibt es keine Freiheit ohne Fähigkeit zur Schuldreflektion (ohne Sprachreflektion).
    Ist nicht die Geschichte mit David, Urija dem Hetiter und dessen Frau Batseba, die dann die Frau Davids wurde und ihm, nach dem Tod des Erstgeborenen, den Salomo geboren hat (2 Sam 11f), auch ein Stück Prophetie?
    Verhalten sich Konsonanten und Vokale nicht wie Form und Farbe? Und ist das Inertialsystem zwar inhaltlich eine Konsequenz aus der Struktur der indogermanischen Sprache, formal aber „konsonantisch“ wie das Hebräische?
    Die Forderung an die Kirche, sich endlich mit der Geschichte des Antisemitismus, der Ketzerverfolgung und der Hexenverfolgung auseinanderzusetzen, ist eine Aufforderung an die Kirche, sich mit der Bekenntnislogik und mit den Naturwissenschaften auseinanderzusetzen, mit der genetischen Beziehung der Bekenntnislogik zur naturwissenschaftlichen Aufklärung, zum Inertialsystem.

  • 08.04.93

    Die Erfindung der Null ist die Voraussetzung des Konzepts negativer Zahlen und die Grundlage für die Trennung der Dimensionen im Raum (Grundlage des Koordinatensystems, das die negativen Richtungen wie die positiven behandeln muß, ihnen die gleiche Realität verleiht). Gehört zur Genese dieses Konzepts nicht die Opfertheologie, die Vorstellungen von Hölle und Fegfeuer, die nach Etablierung der Vorstellung des unendlichen Raumes gemeinsam ins Unsichtbare verschoben, irrationalisiert werden.
    Weshalb erzeugt die Kritik des verdinglichenden Denkens das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren?
    An der Fallbeschleunigung ist nicht das Moment der Beschleunigung das Wesentliche, sondern das retardierende Moment: weshalb diese Beschleunigung nicht unendlich ist (was sie für ein Punkt-Objekt sein müßte).
    Theologie im Angesicht Gottes: das wäre eine Theologie des Paradieses.
    Ist das Planetensystem der Baum des Lebens, gesehen aus der Sicht des Baumes der Erkenntnis?
    Zum Futur II, „Es wird gewesen sein“: darin klingt auch die Bedeutung mit an „Es wird schon so gewesen sein, wie du sagst“. Das aber heißt, daß es eine Beziehung gibt zwischen Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit und der Zeugenschaft. Im Futur II zitiert sich das Subjekt selbst gleichsam als zuküftigen Zeugen, „verandert“ so seine eigene Erfahrung, gleicht sei strukturell der Erfahrung des Andern an. Das beschreibt zugleich die Grundstruktur des Inertialsystems, das Moment der Vergesellschaftung in ihr. Die Entwicklung der Mathematik und der Raumvorstellung ist ein Indikator des Standes der Vergesellschaftung des Subjekts.
    Die Mathematik begründet das Wissen und mit ihm die Begriffe der Natur und der Welt. Beide Begriffe, Natur und Welt, sind durch die Idee des Wissens und seine mathematische Begründung vermittelt.
    Nur die Sprachreflexion befreit uns von dem Wiederholungszwang, den wir Kultur nennen.
    Hängt es nicht mit der Beziehung von Mathematik und Vergesellschaftung zusammen, wenn schon seit den altorientalischen Ursprüngen die Astronomie ein Reflex und ein Grundlage der Staatenbildung gewesen ist? In diese Geschichte gehören die Megalit-Denkmäler hinein.
    Objektivierung und Scham: Ist nicht die Scham der Reflex des Objektivierungsprozesses in der Sensibilität (in der sinnlichen Erfahrung, die so an den Geschichtsprozeß gebunden ist).
    Grundprinzip des Christentums: Niemand darf die eigenen Untaten mit dem Hinweis auf die der andern rechtfertigen.

  • 05.04.93

    Wenn man Empfindlichkeit und Sensibilität unterscheidet, hat dann dieser Begriff des Sensiblen (der Sensibilität) etwas mit der kantischen Unterscheidung von mundus sensibilis und intelligibilis zu tun? Wäre nicht Sensibilität die Voraussetzung der Intelligibilität?
    Hängt die kantische Unterscheidung von „bloß reflektierten“, sprich Verstandes-Begriffen, und „geschlossenen“, d.i. Vernunft-Begriffen (S. 282), die er dann Ideen nennt, mit der Form des Raumes zusammen? Ist nicht der Raum der Deckel auf der Vergangenheit (auf der vergangenen Zukunft), der nur durch Reflexion sich öffnen läßt? Und ist nicht jeder Begriff ein unreflektierter Schluß?
    Indem ich eine Sache vergegenständliche, begebe ich mich hinter ihren Rücken, betrachte ich sie von der Seite ihrer Vergangenheit. Der Gegenstand ist die tote Sache, und die alte Definition der Wahrheit als adaequatio intellectus et rei ist nicht identisch mit der neuen (auch bei Kant und Hegel), die die alte falsch übersetzt: der Übereinstimmung von Begriff und Gegenstand.
    Ist nicht in dem Satz „Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch, und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf dem Land regen“ (Gen 126) mit gemeint, daß die Erde, die Fische, die Vögel und die Tiere Teil unserer selbst sind? Nicht Selbstbeherrschung, aber seiner selbst mächtig sein, darauf käme es an.
    Bezeichnen die Dornen und Disteln nicht Momente des Raums, wobei zwischen den Dornen und Disteln noch zu unterscheiden wäre: zwischen dem intentionalen Zugriff (der Dornen) und den nicht intendierten Nebenfolgen (den Disteln)? Der Weizen fiel unter die Dornen, die Krone war eine Dornenkrone, der brennende Busch ein Dornbusch und der König der Bäume in der Jotamfabel der Dornenstrauch.
    Das Königtum ist eine an die Stadt gebundene Einrichtung (der Pharao ist der Herr des Sklavenhauses), und Henoch, der (im Stammbaum Sets) nicht stirbt, gibt (im Stammbaum Kains) den Namen für die erste Stadt her: Ist Henoch eine Prophetie auf den Messias?
    Ist der Hund der Wächter der Stadt und die Katze das Haustier?
    Sind nicht die Heils- und die Unheilsprophetie zwei Seiten oder zwei Aspekte der gleichen Sache, anstatt zwei getrennte Sachen, zu denen sie erst unter dem Zwang des Identitätsprinzips der objektivierenden Logik werden? Und wird die objektivierende Logik nicht eo ipso zum Grund des Antisemitismus: hier erscheint die Heilsprophetie als in Jesus erfüllt, die Unheilsprophetie aber damit (mit der „Entsühnung der Welt“) als erledigt; sie gilt nur noch für die Juden.

  • 18.03.93

    Nach Raymond Bogaert „Grundzüge des Bankwesens im alten Griechenland“ wurden Eingänge (Einzahlungen) im Genitiv, Ausgänge (Auszahlungen, Kredite) im Dativ bezeichnet (S. 11). Kann es sein, daß Genitiv und Dativ Links und Rechts (die Seiten) bedeuten? Und sind Genitiv und Dativ die sprachlichen Repräsentanten des Tauschs? Die Banken verwalten das Tauschprinzip wie die Planeten das Inertialsystem.
    Die Anschauung abstrahiert von der eigenen Verstrickung ins Angeschaute; das Produkt dieser Abstraktion ist die Form des Raumes. Und sie überantwortet damit das Angeschaute den Gesetzen der Projektion (Barbaren, Natur, Materie).
    Die ersten Privatbanken sind von Sklaven gegründet worden, generell liegt ihr Ursprung im Bereich des Opferwesens und der Tempelwirtschaft. Das Bankenwesen ein Begleitinstitut der Lohnarbeit, die den Systemcharakter des Geldes begründet? Die Bankentürme in der Skyline Frankfurts stehen in der Tradition des Turms von Babel.
    Die Tradition des Opfers und ihre Verinnerlichung in der dogmatischen Theologie gehören zu den Fundamenten des Bankenwesens.
    Die Instrumentalisierung des Opfers macht sich gemein mit dem Mord und leugnet das Antlitz (Kruzifix und Münze).
    Sein, Haben und Werden, das sind die objektiven, naturhaften (den Naturbegriff begründenden) Hilfszeitverben. Ist nicht das Sein die veranderte Gegenwart, das Haben und das Werden die zukünftige Vergangenheit und vergangene Zukunft? Vergleiche die beiden Bildungen „Ich werde gehabt haben“ und „Ich werde geworden sein“ (aktives und passives Futur II).
    Wann sagte Jesus: Bei Gott ist kein Ding unmöglich? Mt 1926, Mk 1027 und Lk 1827: Nach dem Wort über den Reichen, das Kamel und das Nadelöhr.
    Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. Im Sechstagewerk nutzt er dann den Himmel als Namen für die Feste, die die Wasser oben von den Wassern unten scheidet, und die Erde zur Hervorbringung der Pflanzen und Tiere. Die Finsternis über dem Abgrund nennt er nach der Erschaffung des Lichts Nacht, und die Wasser, über denen der Geist Gottes schwebt, trennt er durch das Firmament (Schuld und Segen).
    Wer das Leben aus den Leiden und Taten der Atome und Moleküle herleiten will, verhält sich ähnlich wie der, der das Wachsen der Bäume aus dem darin investierten Kapital herleitet.
    Die Merkaba ist sprachlichen Wesens, und wer sie entschlüsselt, begreift den Ezechiel.
    Zu dem Siebengestirn Cohen, Rosenzweig, Bloch, Benjamin, Lukacs, Horkheimer und Adorno den Orion finden. (Vgl. Hi 3831, auch 99 und Am 58)
    Die endliche Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts und das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit sind die Bedingungen der Möglichkeit sowohl der dinglichen, körperlichen Existenz: der Vergangenheit der Dinge, als auch des Feuers: der dinglichen Gegenwart der Zukunft (entsprechen der Vergangenheit in Ding und Raum die Zukunft in Feuer und Licht?).

  • 20.01.93

    Gestern ein Vortrag über die jüdische Religion in der katholischen Gemeinde in Walldorf: Gegen die Degenerierung des Katholizismus zum Stammtischgeschwätz scheint es kein Mittel mehr zu geben. Zur Frage der Auferstehung: „Heute wissen wir, daß …“
    Das Inertialsystem zerstört die Gegenwart, macht sie gegenstandslos.
    Adornos Wort von der Paranoia, der die Welt sich immer mehr angleiche, von der sie jedoch zugleich falsch abgebildet werde, enthält vielleicht die genaueste Benennung des Charakters der Naturwissenschaften (Raum und Paranoia).
    Es ist nicht ohne Bedeutung, wenn das Neue Testament in Griechisch geschrieben wurde: Zu beachten jedoch sind die vorsorglich eingebauten Warnungen, vom Satz des Täufers über die Übernahme der Schuld der Welt bis zum Gebot der Feindesliebe.
    Im Namen der Hebräer wird der Blick des andern in das Selbstverständnis mit aufgenommen; das erinnert wohl nicht zufällig an das Wort nach dem Sündenfall, das ebenfalls die Reflexion auf den Blick des andern in sich enthält: Da gingen ihnen die Augen auf und sie erkannten daß sie nackt waren (Ursprung der Gottesfurcht).
    Bei den Propheten erscheint das Aufdecken der Blöße als Strafe; steckt das nicht schon in der Sünde des Ham (der Blick auf die Blöße des Vaters als Blick des Richtenden, als Versuch, Herr über den Vater zu werden, der dann zwangsläufig in die Knechtschaft führt)?
    Der projektive Blick (oder der verworfene Grund der Kohlschen Politik): Man glaubt sich selbst aus dem Anwendungsbereich des Urteils herausstehlen zu können, wenn man die Aufmerksamkeit auf andere lenkt. Die projektive Anwendung des Urteilens ist die Nutzung der Urteilslogik als Feigenblatt (Bedeutung der Begriffe Natur und Materie als Projektionen der Fremdheit).
    Sind nicht die Herz-Jesu- und die Aloisius-Frömmigkeit als Folgen des Kampfes gegen den Kitsch in der Religion schlicht und einfach von der Furie des Verschwindens erfaßt worden und deshalb erinnerungslos untergegangen. Aber was ist mit ihnen untergegangen?
    Sind nicht die Ängste, die Katholiken gegen Ende des letzten Krieges hinsichtlich des Schicksals der Kirche nach dem Kriege hegten, auf eine fatale und fürchterliche Weise wahr geworden? Nur: niemand hat es gemerkt.
    Wenn die Dornen und Disteln die Welt aus der Sicht der Erfahrung der Armen und der Fremden bezeichnen, dann ist die gegenwärtige Politik eine Politik der Ausbreitung und der Kultivierung der Dornen und Disteln.
    Zu dem Satz „Wer von euch ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein“ ist daran zu erinnern, daß der Hauptbelastungszeuge den ersten Stein werfen muß.
    Durch das Urschisma und den damals entsprungenen Antijudaismus hat die Kirche sich selbst die Wurzeln abgeschnitten, ist sie zu jenem Dornenstrauch geworden, der nach der Jotam-Fabel wurzellos war wie Kain und als einziger bereit war, König der Bäume zu werden.
    Die kantische Trennung der äußeren von der inneren Anschauung ist der Grund für die Trennung von Natur und Welt, Objekt und Begriff (Differenz der äußeren und inneren Anschauung: die Objekte der inneren Anschauung sind meinem Zugriff entzogen, die der äußeren meiner Verantwortung).
    Die Dehnung der Chronologien in Naturwissenschaft und Geschichte ist Produkt und Ursache der Verdrängung des Zeitproblems (Verdrängung der Gegenwart). Und zwar jenes Zeitproblems, das im Vergleich von Off 14 („der ist und der war und der kommt“) und 178 („es war einmal und ist jetzt nicht, wird aber wieder da sein“) sich anzeigt.

  • 16.01.93

    Ein Haus hat nur vier Wände, nicht wie eine Kiste sechs, dazu den Fußboden und die Decke, das Dach. Die oberen und unteren Flächengrenzen (der Boden und das Dach) sind durch ihre objektive Beziehung zur Schwere, die auf sie von außen auftrifft, von den seitlichen, zur Richtung der Schwerkraft parallelen Begrenzungen des Hauses eindeutig zu unterscheiden.
    Erst ein Denken, das aus dem Bann der Herrschaft heraustritt: Herrschaftskritik in sich mit aufnimmt, eröffnet auch den Himmel wieder. Erst die vollständige Umkehr sieht den Himmel offen.
    Der mathematische Raum subsumiert alles, auch die obere Welt, unter die Vergangenheit. Deshalb ist dort kein Himmel, an dem nichts vergangen ist, sondern, in den Bildern der Herrschaftsmetaphorik, nur das Subjekt, das den Himmel usurpiert und als dessen subjektive Form der Anschauung der mathematische Raum sich konstituiert.
    Die transzendentale Logik Kants hat durch die subjektiven Formen der Anschauung das Moment der Tätigkeit aus dem Urteil (durch Verdinglichung des Verbs zum Prädikat, zum Begriff) herausgenommen und in den subjektiven Akt des Urteils, ins Urteilen, verlegt (zurückgenommen): Sie hat das Urteilen selbst als (die Objektivität verändernde) Tätigkeit, die Theorie als Moment der Praxis, begriffen. Deshalb heißt das Subjekt Subjekt, hat es eine Bezeichnung angenommen, die vordem dem Subjekt im Urteil zukam. Das Subjekt des Urteils wurde durchs Objekt ersetzt (durch das Produkt der objektivierenden Tätigkeit des Urteilenden). Hier wurde das erkennende Urteil durchs richtende, der intellectus durch den Verstand ersetzt. Ziel war nicht mehr die adaequatio intellectus et rei, sondern die Übereinstimmung des Begriffs mit dem Gegenstand, die apriori hergestellt war: Konsequenz des auf die Logik übergreifenden Trägheitsprinzips. So hat das Inertialsystem auch die Philosophie ergriffen und verändert: Die Geschichte der Objektivierung der Dinge war die Geschichte ihrer Subjektivierung.
    Die kantischen synthetischen Urteile apriori sind Produkt der Herrschaft des Trägheitsprinzips übers Urteil. Durchs Trägheitsprinzip wird das Subjekt als Objekt in die Form des Urteils mit hereingenommen. das Urteil selber neutralisiert und die benennende Kraft der Sprache zerstört.
    Begriff und Trägheitsprinzip: Die Austreibung der Tätigkeit (des Subjekts) aus dem Urteil (in der Konsequenz der Logik des Begriffs und der bewußtlosen Rezeption des Trägheitsprinzips) vollendet sich in der Hypostasierung der Kopula: in der Ontologie. Eine Zwischenstufe war die Umwandlung der Moral, die durch die Wertphilosophie aus einem Element der Selbstverständigung und einer Anleitung zum Handeln zu einem Objekt des passiven Zuschauens gemacht und in eine Urteilslehre transformiert wurde. So ergreift das dem Zuschauen und Urteilen korrespondierende Trägheitsprinzip alles, was in den Bannkreis des Objektivierungsprozesses hereingerät (Modell Fernsehen).
    Stephanus sah den Himmel offen, während Paulus nur in den dritten Himmel entrückt wurde.
    Nicht die naturwissenschaftliche Aufklärung, die selbst nur eine andere Gestalt des Mythos ist, sondern die Offenbarung ist das Maß, an dem der Mythos gemessen werden muß.
    Die Gründe, aus denen Theologen glauben, den Nachweis führen zu müssen, daß mit dem Weltbegriff im Johannes-Evangelium nicht der Kosmos gemeint sei, sind ein Teil jenes Argumentationszusammenhangs, durch den sich die Theologie um Kopf und Kragen geredet hat.
    Die Neutralisierung von Himmel und Erde zur Welt ist die Erbsünde der Theologie.
    Die Geschichte des Gottesbegriffs unterm Nominalismus ist der Beweis dafür, was aus der Gottesidee zwangsläufig wird, wenn sie mit der Idee verbunden wird, daß Gott die Welt erschaffen habe. Es ist die gleiche Welt, die nach dem Johannes-Evangelium „euch (d.h. jeden, H.H.) haßt“, ihre „Schöpfung“ wäre demnach eine sadistische Handlung Gottes (diese Konsequenz hat die Gnosis gezogen, als sie diesen Gott als Demiurgen erkannte; falsch war nur die Identifizierung dieses Demiurgen mit dem jüdischen Gott: in Wahrheit war er der Staat). Die Lehre von der creatio mundi wäre nur zu halten, wenn der Logos gemäß dem geschichtskritischen Logozentrismus-Konzept als Begriff gefaßt wird, dessen Geschichte in die des Staates verflochten ist. Dieser Gott wäre der Feind des Heiligen Geistes. Darauf, so scheint mir, ist der Satz zu beziehen, daß die Sünde wider den Heiligen Geist die einzige ist, die weder in dieser noch in der zukünftigen Welt vergeben wird (Hinweis auf die Bedeutung der Sündenvergebung im Evangelium, die Dämonenaustreibung und deren Zusammenhang mit der Übernahme der Sünden der Welt). Aber ist dann nicht diese Theologie insgesamt ein Teil der Sünde wider den Heiligen Geist? Bewegt sich diese Theologie nicht in dem gleichen Zirkel des Selbstwiderspruchs, der durch das „ja aber“ und durch kühne apologetische Konstruktionen immer weniger zu bewältigen ist? Das Netz, in das sich die Theologie verstrickt hat, wird immer enger, die Erstickungsängste werden immer akuter.
    Der Satz „Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ bezieht sich auf die (damals) zukünftigen Generationen: wir sind sein Objekt und unser Leben ist Produkt der (von uns) verratenen Zukunft.
    Am Zustand der Sprache ist der Stand der Dinge zu ermessen; nach ihrem Tod und Begräbnis (wo war Lazarus begraben?) ist die Sprache in Verwesung übergegangen, und von ihr gilt das Wort „Herr, sie riecht schon“.
    Ist nicht die Schöpfungsgeschichte, das Sechs-Tage-Werk, die Geschichte der Bildung des Antlitzes als Seines Ebenbildes: und liegt nicht hier der Grund des Sabbat, ist sein Grund nicht im Werk des ersten Tages, im Licht, gelegt worden? Vor diesem Hintergrund gewinnen das Öffnen der Augen (der Erkenntnis der Nacktheit) nach dem Sündenfall und das Senken des Blicks nach dem Brudermord beim Kain (mit dem Hinweis auf das Lauern der Sünde als Dämon an der Tür) ihre wirkliche Bedeutung. Ist nicht das auf die Kirche bezogene Wort von den Pforten der Hölle, die sie nicht überwältigen werden, ein Echo des Lauerns des Dämons an der Tür?
    Die Geschichte der Beziehung von civitas dei und civitas terrena (und d.h. die Geschichte der Kirche) wäre an den beiden Gestalten des Henoch zu demonstrieren. Von Adam her gezählt ist der kainitische Henoch der dritte (Tag des Hervorgehens der Pflanzen und Bäume: des „organischen Lebens“, seiner Selbstinstrumentalisierung), der setische Henoch der siebente in der Geschlechterfolge (an welchem Tag Gott ruhte von all seiner Mühe). Hat die Umkehr der Reihenfolge der drei auf Kain/Kenan folgenden Generationen etwas mit der Beziehung von Abel und Set, mit Set als Abel redivivus, zu tun?
    Der schlimme Satz von dem guten Gewissen, das in Deutschland als sanftes Ruhekissen gilt: Ich befürchte, die KZ-Schergen haben gut schlafen können, weil sie unfähig waren, die Leiden ihrer Opfer auch nur in Gedanken nachzuvollziehen. Jedes gute Gewissen hat etwas von dieser Unfähigkeit, ist in sich selber pathologisch, Produkt der Selbstexkulpation und Reflex der falsch „entsühnten“ Welt. Es entspringt aus der Verdrängung der Gottesfurcht.
    Merkwürdig am Christentum sind seine Ursprünge in der Provinz: in Galiläa, Nordafrika, Irland und heute in Südamerika.
    Die Geschichte kann nur dann zum „große(n) Becken, in welchem der Mensch von aller Schuld reingewaschen wird“ (Rosenzweig: Hegel und der Staat, S. 97) werden, wenn sie Naturgeschichte ist. Und als solche hat Marx die Hegelsche Weltgeschichte dann auch entschlüsselt.
    Wenn Benjamin (in der Einbahnstraße) schreibt, daß die entscheidenden Schläge heute mit der linken Hand geführt werden, hat das etwas mit den „linkshändigen Benjaminiten“ im Buch der Richter zu tun?

  • 24.12.92

    Was drückt sich in den Worten Raum, Traum, Baum, Schaum, kaum, Zaum gemeinsam aus?
    Zwischen dem „es gingen ihnen die Augen auf“ und dem „die Blinden sehend Machen“ (der Aufdeckung des Angesichts) liegt die Umkehr. Das Angesicht ist ein sprachlicher Sachverhalt.
    Steckt nicht in dem Metzschen Begriff der Empfindlichkeit und in der Hemmung, den Begriff der Sensibilität zu gebrauchen, die Instrumentalisierung des Kreuzestodes durch die Opfertheologie, die in der Tat für das Entsetzliche dieses Todes (indem sie ihn tendentiell zum Gottesmord macht) unempfindlich macht. – Die kantischen subjektiven Formen der Anschauung sind ein Produkt der Instrumentalisierung des Kreuzestodes, der Verinnerlichung des Opfers: der davon nicht ablösbaren Verstocktheit und Unbelehrbarkeit, die dann (zusammen mit der Lehre von Erfüllung der Prophetie in Jesus) auf die Juden projiziert wurde.
    Einer der Nebeneffekte des Dogmas ist die Unbelehrbarkeit, für die das Christentum seit je besonders anfällig war, und die sie insbesondere im „Kampf gegen die Häresien“ exekutiert hat.
    Hegels Rezeption und Begriff des Christentums war unter dem Schein seiner Bestätigung in Wahrheit seine Widerlegung. Aber widerlegt wurde ein Christentum, das sich wider das Gebot seines Ursprungs mit der Welt eingelassen hatte. Grund dessen ist in der Hegelschen Philosophie die Funktion und Bedeutung des Begriffs des Scheins: Der „Übergang“ vom Schein zum Wesen ist kein Übergang und kein Werden, sondern die verhinderte Umkehr, die geleugnete Auferstehung. Hier liegt der Angelpunkt, der das Christentum an die Welt gebunden hat: der Kleinglaube.
    Ist nicht der erste Dialogpartner des Menschen in der Schrift die Schlange, und sind nicht alle anderen sprachlichen Äußerungen vorher
    – Imperative: Gott sprach und es ward,
    – Benennungen: von „und Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht“ bis zur Benennung der Tiere durch Adam,
    – Gebote: „Seid fruchtbar und mehret euch“, „Von allen Bäumen darfst du essen, nur von dem einen nicht“, und
    – Monologe: „Laßt uns Menschen machen …“, „Das endlich ist Bein von meinem Bein, …“?
    Kann man im Hebräischen erkennen, ob das „Uns“ im „Lasset uns den Menschen machen“ ein Pluralis oder ein Dualis ist?
    Die Seligsprechung der Frau, die, weil sie die Abtreibung verweigert hat, gestorben ist, um ihr Kind zu retten, wäre wahr, wenn die Kirche sich darin selbst erkennen würde. Die Abtreibungskampagne rührt an die Wahrheit, es wird aber von keiner der beiden Seiten begriffen, daß hier von einem messianischen Sachverhalt die Rede ist.

  • 05.11.92

    Hinkelammert: Die ideologischen Waffen des Todes, S.232: Ableitung des Ursprungs der Physik aus der „Nachfolge Christi“. Steht die subjektive Form der äußeren Anschauung in der Tradition des Kreuzestodes, ist sie nicht selbst das Kreuz, an das das Subjekt geschlagen wird? Mit der „Vergewaltigung der Natur“ (Thomas a Kempis) vergewaltigt und erhöht das Subjekt sich selber. Der „christologische“ Naturbegriff hängt mit diesem „christologischen“ Selbstverständnis des Subjekts zusammen. Darin gründet der Bann, der auf der Natur und dem Subjekt zugleich liegt. Vgl. hierzu auch die Bemerkungen über das Opfer in den „Elementen des Antisemitismus“ in der „Dialektik der Aufklärung“. Die Vergesellschaftung von Herrschaft hat den Punkt erreicht, an dem der cäsarische Wahn das vergesellschaftete Subjekt ergreift. Hier gründen Xenophobie und Antisemitismus, die als Ausdruck des Wahns ihn zugleich stabilisieren und verstärken.
    Das Wort „Hostie“ kommt von hostia, Opfertier. Gibt es eine Beziehung zu „hostis“, Feind?
    Der Fremdenhaß in den neuen Bundesländern ist eine Form der Überanpassung; er verweist darauf, wie die „Wiedervereinigung“ erfahren worden ist.
    Umkehrung des Christentums: christologischer Naturbegriff als Produkt der Dynamik von Empörung und Fall. Xenophobie Produkt einer double-bind-Situation: Verstanden wird die unterschwellige Botschaft, weil man die manifeste, die mit einem Augurenlächeln ergeht, als Heuchelei nach außen (als Feigenblatt) erfährt. Die Verführung durch Moral ist die subtilste und die gefährlichste. Deshalb findet man die Antisemiten vor allem unter den Christdemokraten, die die vom Westen, aus den alten Ländern der Bundesrepublik, erteilten Lehren begriffen haben.
    Steckt in dem Konzept der raf nicht auch ein Stück Ausagieren des Ödipuskomplexes? Enthält es nicht ein Stück magisches Ritual, das durch Wiederholung der Sünde, die die Kultur begründet hat, durch Wiederholung des Vatermords, die Kultur zu entsühnen hofft? Ähnlich wiederholt das verdinglichte Bewußtsein als Isolationshaft am anderen, was es als verdinglichtes Bewußtsein in seinem Verhältnis zur Außenwelt selber erleidet.
    Ist die Kreuzestheologie der gottverlassene Jubel über die Gottverlassenheit, Erlösung als Befreiung von der Moral durch Rechtfertigung? So ist sie der Kern der Selbstverfluchung, die mit der dritten Leugnung einhergeht.
    Geht es nicht heute um die Koinzidenz der Armen und der Fremden, und ist es nicht gerade diese Koinzidenz, die die Irritation, den Haß und die Mordlust wachruft?
    Drückt nicht in dem Wort „Wirtschaftsflüchtling“ das Bewußtsein sich aus, daß es die Armen sind, die – als Fremde verkleidet -jetzt zu uns kommen und so Asylmißbrauch treiben? Das wird als Rechtfertigung verstanden, sie totzuschlagen, und mit dem Vorschlag der CSU, den „Mißbrauch“ des Asylrechts unter Strafe zu stellen, nachträglich legalisiert.
    Der Staat ist als Schöpfer und Erhalter des Geldes, das die Welt regiert, Schöpfer und Erhalter der Welt. Darin gründet die Logik der Lehre von der Schöpfung der Welt aus Nichts. Dieses Nichts ist der Quellpunkt des Atheismus in der Theologie.
    Erst wenn die Kirche die Täufertheologie, die Theologie des Rufers in der Wüste, zu der die Kirche die Religion gemacht hat, in sich aufnimmt, wird sich das steinerne Herz der Welt in ein fleischernes umwandeln.
    Wie heißt der Hahn auf Griechisch und Hebräisch; gibt es diese Beziehung des Hahnes zum Wasserhahn auch in den andern Sprachen?
    Über den Tiefsinn der Bauernregeln: Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, wirds Wetter anders oder es bleibt wies ist. Aber das ist eine Bauernregel, und in den Städten gibt es außer am Grill und an den Wasserleitungen keine Hähne mehr. Und die Rätselfrage: Was war zuerst, das Huhn oder das Ei, ist bis heute ungelöst.
    Weshalb heißen die Hühner-KZs Lege-Batterien; und was haben diese mit den gleichnamigen Artillerie-Einheiten und Elektrizitäts-Speichern zu tun? – B.: Zusammenschaltung mehrerer gleichartiger technischer Geräte, Industrieeinrichtungen u.a. (Meyers großes Taschenlexikon).
    Was hat es mit den Namen der Bäume auf sich: Eiche, Buche, Erle, Esche, Eibe, Fichte, Tanne, Kiefer, Lärche, Ahorn, Pappel, Espe, Birke, Apfel-, Birn-, Kirsch-, Pflaumen-, Aprikosen-, Pfirsichbaum, Zeder, Zypresse, Palme, Feigenbaum, Ölbaum. Gibt es außer der Grobeinteilung Laub- und Nadelbäume noch andere Verwandtschaften: Obstbäume (Stein- und Kernobst)?
    „Eine Lilie unter Disteln ist meine Freundin unter den Mädchen. Ein Apfelbaum unter Waldbäumen ist mein Geliebter unter den Burschen.“ (Hld 22f) Was hat es mit den Bäumen auf sich in der Bibel: Baum des Lebens, Baum der Erkenntnis; Adam und seine Frau verstecken sich, nachdem sie von dem Baum gegessen haben, vor Gott, dem Herrn, unter den Bäumen des Gartens. In der Jotan-Fabel stehen Bäume anstelle der Könige: Nur der Dornbusch (zu dem der Baum der Erkenntnis nach dem Fall geworden ist?) ist bereit, König zu werden. Der Feigenbaum (von den Feigenblättern über Nathanael zum unfruchtbaren Feigenbaum).
    Die brennenden Kronen der Buchen im Herbst: Hat der Name der Buche etwas mit Buchstaben und Buch zu tun?
    Das Wort vom Lösen bezieht sich auf einen Knoten, der nicht nur geknüpft, sondern auch durchschlagen ist, durchschlagen mit dem Schwert, das vielleicht auch an das kreisende Flammenschwert erinnert, dessen astronomische Konnotationen jedenfalls mitgehört werden sollten.
    War die Fundamentalontologie der letzte Versuch, die Welt über die Philosophie zu retten: der letzte Versuch der Legitimierung des Herrendenkens? Auch die Fundamentalontologie steht in der Tradition des Feindbildes der Barbaren. Hier liegen die Gründe ihrer Beziehungen zum Nationalsozialismus, und hier ist ihr antisemitischer Grundton fundiert.

  • 31.10.92

    Ähnlich wie die mathematische Naturwissenschaft zum Sternendienst und der Weltbegriff zur Idolatrie verhält sich das Opfer zur kapitalismusbegründenden Institution der Lohnarbeit, der Subsumtion der Arbeitskraft unters Tauschprinzip. Hier liegt der Grund für Benjamins Wort vom Kapitalismus als Opfer ohne Dogma. Der Begriff der Verweltlichung der Welt bezieht sich auf die fortschreitende Durchsetzung der Systemprinzipien: des Trägheits- und des Tauschprinzips, die aufs genaueste das fundamentum in re des Hegelschen Postulats bezeichnen, daß „das Wahre nicht als Substanz, sondern ebensosehr als Subjekt aufzufassen und auszudrücken“ sei (Phänomenologie des Geistes, stw, S. 23).
    Im Begriff der Welt konstituiert sich das Anderssein als Substanz, überlebt der Tod das Leben.
    Es wäre wichtig, Affirmation und Kritik der Idolatrie, des Sternendienstes und des Opfers in der Konstruktion des Hegelschen Systems aufzuzeigen.
    Die gegenwärtige Weltphase ist eine Phase der Beschleunigung des Vergessens.
    Physik und Ökonomie (Inertialsystem und Geld, Trägheitsprinzip und Tauschprinzip): Was ist (beim Gordischen Knoten) Joch und was ist Deichsel? Was am Gordischen Knoten durchschlagen wird, ist erkennbar an seinem Produkt: die endgültige Definition der Grenze der Zivilisierten zu den Barbaren; hier entspringen der Weltbegriff und der Säkularisationsprozeß, und hier stabilisiert sich ein Bewußtsein, das dann ohne den Materiebegriff nicht mehr auskommt. Die Grenze zu den Barbaren, zum Begriff der Materie oder des Objekts, bezeichnet präzise die Schnittstelle, an der der Knoten durchschlagen wurde.
    Von den drei Totalitätsbegriffen der transzendentalen Logik: Wissen, Natur und Welt, die dann in der Abfolge der Systeme des deutschen Idealismus abgearbeitet wurden, erscheinen zwei im Stern der Erlösung unter anderem Namen, nämlich das Wissen als Mensch und die Natur als Gott. Nach der Umkehr, in der sie wechselseitig aufeinander sich beziehen, werden aus den drei Totalitätsbegriffen die theologischen Begriffe Schöpfung, Offenbarung und Erlösung. Aber gleichzeitig erscheinen Wissen, Natur und Welt auch in systematischer Funktion: als Nichtwissen, aus dem die Naturen von Mensch Welt Gott hervorgehen, die dann unterm Bann des Weltbegriffs zunächst jedes in isolierter Verschlossenheit, ohne Reflexion im anderen, in Erscheinung treten.
    Zu Gog und Magog: Die Gargarenser (Gogarener), die nach Ranke-Graves mit dem Volk Gog bei Ezechiel identisch sind, sind der den Amazonen zugeordnete Männerstamm: Sind das nicht die freien Männerhorden, die nach Heinsohn die Privateigentumsgesellschaft: den Staat, begründen?
    Wenn Haman ein Agagiter (Amalekiter) ist und gleichzeitig der erste Antisemit und der Erfinder der Endlösung, welche Bedeutung haben dann Ahasveros, Esther und Mordechai?
    Mit der Implantierung des Unschuldstriebs (hervorgegangen aus der falschen Übersetzung des Joh 129) ist das Christentum vollends böse geworden. Der Unschuldstrieb ist nämlich nur zu halten über die Dynamik von Exkulpation, Rechtfertigung und Projektion: den Fremdenhaß (Sodom vor der Zerstörung). Das Schuldverschubsystem kommt ohne Sündenböcke nicht aus.
    Zur Geschichte und Kritik des Nominalismus: Es gibt keinen Begriff der Wahrheit ohne die Fähigkeit zur Schuldreflexion. Wer das leugnet, verfällt zwangsläufig der Eigendynamik des Schuldverschubsystems, die in Xenophobie und Antisemitismus endet.
    Der Weltbegriff definiert und stabilisiert die dem jeweiligen Stand der Entwicklung angemessene Gestalt des Schuldverschubsystems und macht sie zugleich unsichtbar.
    Zur Korrektur der Metzschen politischen Theologie: Das Votum für die Armen bezeichnet nur eine Seite der Prophetie; dazu gehört die andere: das Votum für die Fremden, das anhand der für das gegenwärtige Weltverständnis zentralen Geschichten Jerichos und Sodoms zu bestimmen wäre.
    Daß die unreinen Geister in Jesus den Sohn Gottes erkennen, findet sein spätes Echo in den Grab- und Friedhofsschändungen der Rechten: Sie sind die letzten, die an die Auferstehung der Toten glauben und daran (gegen diesen Glauben) ihren Mut beweisen wollen.
    Im Angesicht Gottes und nicht hinter seinem Rücken, das heißt auch: Sich unter das Wort stellen, und nicht sich darüber erheben: d.h. die Prophetie bloß zu apologetischen Zwecken, als Steinbruch fürs Dogma, benutzen.
    Die Moral als Maßstab des Urteils fällt unter das Gesetz des Baumes der Erkenntnis des Guten und Bösen, es gehört zur Geschichte des Sündenfalls, der Verweltlichung der Moral. Zu explizieren an der Sexualmoral, deren politische (prophetische) Bedeutung neutralisiert wird durch die Urteilsbeziehung im Kontext einer kasuistischen Moral. Adornos „erstes Gebot der Sexualmoral: der Ankläger hat immer unrecht“ verweist auf den Bereich, in dem Moral allein sich begründen läßt: nämlich als Richtschnur des (eigenen) Handelns, während das Urteilen (das Richten) Gott vorbehalten ist. Politisch aber wird die Sexualmoral in seiner Beziehung zu der anderen Seite des Sündenfalls, zum „Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten, daß sie nackt waren, und sie schämten sich“, in seiner Beziehung zu dieser Scham, die den gleichen geschichtlichen Index hat wie die Politik. Verletzt wird diese Scham durchs Obszöne, dessen Begriff eher auf Kriege, auf Knäste, auf die Existenz der Armut, auf Fremdenfeindschaft und Antisemitismus (bezeichnend, daß das sodomitische Modell der Fremdenfeindschaft in der Geschichte Sexualmoral auf den Verkehr mit Tieren bezogen worden ist: war das „Sexualobjekt“ der Leviathan?), aber auch auf staatliche Institutionen wie den Staatsanwalt und die Polizei sich beziehen läßt, als auf den unmittelbaren sexuellen Bereich.
    Bezieht sich das Jesuswort: „ich bin gekommen, Feuer vom Himmel zu bringen, und ich wollte, es brennte schon“, auf das „kreisende Flammenschwert“, dessen Erkenntnis in der Geschichte der Astronomie, zuletzt im kopernikanischen System, sich vorbereitet? Und hängt das, was im zweiten Schöpfungsbericht als „kreisendes Flammenschwert“ benannt wird, mit dem, was dem Produkt des zweiten Tages im ersten Schöpfungsbericht: der Feste zwischen den Wassern, die Gott dann Himmel, schamajim, nennt, zusammen?
    Von der Nachkommenschaft Abrahams heißt es, sie werde zahlreich sein wie die Sterne am Himmel und wie der Sand am Meer. Hängen diese Sterne und dieser Sand zusammen wie der Himmel und das Meer? Sind nicht die Sterne und der Sand (der „Staub“ des Fluches über die Schlange und über Adam nach dem Sündenfall, aber auch die „Wüste“) die ersten Objekte des historischen Objektivationsprozesses (kopernikanisches System und Relativitätsprinzip, Inertialsystem und die newtonsche dynamische Begründung des kopernikanischen Systems, Ursprung des Materiebegriffs)? Und sind diese Sterne und dieser Sand nicht auch ein anderer Name für die „Enden der Welt“: die Grenzen des „Missions-“ und Taufauftrags? Aber am Ende wird das Meer nicht mehr sein, und der Himmel wird sich aufrollen wie eine Buchrolle.
    In Hegels Philosophie kommt wohl der Begriff des Anderen, nicht aber der des Fremden vor.
    Hängt auch das mit dem Verhältnis von Sünde und Schuld (Ps 10914) zusammen, daß die Propheten vom Mutterleibe an berufen sind, Jesus aber vom Vater gezeugt ist, er zugleich die „Sünden der Welt auf sich nimmt“ und den Willen des Vaters tut?

  • 19.10.92

    Vorne und Hinten, Rechts und Links: ihre Verwechslung läßt die räumliche Beziehung von Oben und Unten unberührt, verkehrt aber ihren Sinn (macht Theologie zur Herrschaftsideologie). Nur über die Aufzehrung des Rückens im Angesicht und über die Vereinigung der Gerechtigkeit mit der Gnade läßt die Theologie sich neu begründen, eröffnet sich das andere Oben (Stephanus: „Ich sehe den Himmel offen und den Sohn zur Rechten des Vaters sitzen“). Haben die Versuchungen Jesu hiermit etwas zu tun, und steckt darin die Beziehung zu den drei Verleugnungen Petri?
    Hat Jesus dann nicht doch den drei Versuchungen nachgegeben und versucht,
    – aus Stein (Kephas) Brot zu machen,
    – sich von der Zinne des Tempels zu stürzen in der Erwartung, daß die Engel ihn auffangen (und er nach drei Tage wieder aufersteht) und
    – hat dann am Ende nicht doch den Pakt mit der Macht geschlossen?
    Oder genauer: Hat nicht die Kirche diesen drei Versuchungen nachgegeben und sind das die drei Verleugnungen?
    Die gleichzeitige Vertauschung von vorn und hinten und von rechts und links ist das Aufdecken der Blöße (oder ist es die Vorstellung vom den Sohn zeugenden Vater: die Trinitätslehre?).
    Persona, die Maske: der Ersatz des Angesichts und die Teilhabe an der Herrschaft (Vergesellschaftung von Herrschaft als Ursprung des Weltbegriffs). Person ist das Rechtssubjekt, die Seele dagegen der Addressat der Gnade. Mit der Erfahrung der Gnade verschwindet auch die Seele (Luthers Frage: „Wie bekomme ich einen gnädigen Gott“). Die Erfahrung der Gnade aber verschwindet mit der Durchsetzung des Personbegriffs (die die Seele zum apriorischen Objekt der Anklage macht, Grund der transzendentalen Logik: Das Ich denke, das alle meine Vorstellungen muß begleiten können, ist der unendliche Rechtfertigungstrieb, der sich an der Neutralisierung der Welt abarbeitet). Nur dort, wo beide, die Seele und die Person, durch Umkehr sich finden:
    – die Person durch Verzicht auf Rechtfertigung und Übernahme der Sünde der Welt , und
    – die Seele durch Verzicht darauf, den gnädigen Gott für sich haben zu wollen, ihn statt dessen für die anderen erstrebt,
    bildet sich das Antlitz.
    Wird das Bilderverbot nicht in der philosophischen „Überwindung“ des Mythos falsch verstanden? Hier – und so hat es die Vätertheologie übernommen – sieht es so aus, als würden die Bilder bloß abgeschafft, während es in Wahrheit darauf ankäme, die Bilder zum Sprechen zu bringen. Die Philosophie macht die Bilder stumm, und das ist die logische Folge davon, daß sie das Werk der eigenen Hände sind. Die Bilder zum Sprechen bringen aber heißt, die benennende Kraft der Sprache wiedergewinnen (die Macht des Schicksals aufbrechen).
    Wenn man die jüdische Tradition mit dem Mythos in Verbindung bringt, redet man immer (Goldziher und Ranke-Graves) vom „hebräischen“ Mythos. Diese Bezeichnung trifft den Sachverhalt genauer, als die Autoren selber wissen. Ist nicht der falsche Gebrauch des Namens der Hebräer der Beginn der Remythisierung der jüdischen Tradition und der Zerstörung der benennenden Kraft der Sprache? Macht man die Juden nicht dadurch, daß man sie Hebräer nennt, zu Barbaren, die dann auch einen Mythos haben müssen, und die deshalb hinter den griechischen Mythos zurückfallen, weil sie der projektiven Kraft des griechischen Mythos beraubt sind. Denn nur der griechische Name der Barbaren trägt projektive Züge: sie sind es selber, während der Name der Hebräer gerade durch das reflektorische Element, das darin enthalten ist (Fremdbezeichnung als Selbstbezeichnung), die Aufzehrung des Mythischen bezeichnet.
    Das offenkundige Geheimnis der Blüte und des Baumes begreifen: Die Blüte ist das Antlitz, und der Baum hat die Krone. Ist es ein Zufall, daß die Jotam-Fabel sich auf die Bäume bezieht, die allesamt keine Könige sein wollen, mit der einen Ausnahme des Dornbuschs?
    Zu Metz: Ist es nicht doch ein wenig unverständlich, wie man nach Auschwitz sagen kann, diese Welt sei (im Christusmysterium) von Gott „angenommen“? Umgekehrt: Der Weltbegriff bezeichnet genau die Sperre, die Gott im Wege steht, die ihn hindert einzugreifen, an der er leidet. Hierauf bezieht sich die der Kirche (das aber heißt: uns) übertragene Kraft zu lösen. (Die Theologie des „Angenommenseins“, die heute in der Kirche offensichtlich eine logische Kluft überbrücken soll, ist mir insgesamt sehr unheimlich, Ausdruck des überbordenden Exkulpationstriebs, der Unfähigkeit zur Gottesfurcht. Folge der Privatisierung des Lösens in der Bußtheologie.)
    Kafkas Theologie: Es gibt unendlich viel Hoffnung, nur nicht für uns.
    Der Raum wird widerlegt durch die Differenz von Täter und Opfer (durch die Ungleichnamigkeit moralischer Gebote, die dem anklagenden Gebrauch, der urteilenden Anwendung auf andere, sich entziehen).

Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie