Die Probleme der drei großen monotheistischen Religionen heute gründen u.a. darin, daß die modernen Naturwissenschaften schon von ihrem Ansatz her das für alle drei Religionen geltende Bilderverbot (so wie die kapitalistische Ökonomie das Zinsverbot) verletzen, ohne daß eine Alternative sichtbar wäre. Der Fundamentalismus, der alle drei Religionen von innen (bei ihren treuesten Anhängern) bedroht, ist insofern eine Antwort auf diese Situation, als er Ausdruck davon ist, daß – wie es scheint – Rettung nur noch auf der Grundlage des Verrats möglich ist, daß der Verrat mit eingebaut ist und nur die Komplizenschaft des Opfers der Vernunft diese Religionen noch am Leben erhält. Diese Komplizenschaft gleicht in allen drei Religionen nicht zufällig der faschistischen, sie ist Ausdruck des Schicksals und der Gewalt der Bekenntnislogik unter den Bedingungen des derzeitigen Stands der Aufklärung.
Durch die Naturwissenschaften (und durch die Form der kapitalistischen Ökonomie) ist die Sünde gleichsam in die Struktur der Welt mit eingewandert; diese Sünde ist die (fast unaufhebbare) Last der Vergangenheit, die sich durch die Reproduktion der Welt hindurch reproduziert, und die durch keine individuelle Moral mehr aus der Welt entfernt werden kann. Es gibt keine reale Beziehung der Moral zur Unschuld mehr; der Begriff der Unschuld selber ist keine moralische Kategorie mehr, sondern einzig eine theologische. Die Vorstellung, daß es auch einen moralischen Begriff der Unschuld gebe, leugnet die Gottesfurcht und befördert das Herrendenken.
Reflexionsbeziehungen sind unkenntlich gemachte Herrschafts- und Schuldbeziehungen; sie begründen den Verblendungszusammenhang. Das Eine ist das Andere des Anderen: Hierin (in dem Primat des Anderen: auch der Personbegriff ist eine Reflexionskategorie und steht unter diesem Primat des Anderen) gründet der Hinweis Rosenzweigs auf die verandernde Kraft des Seins.
Der Raum ist das Modell aller Reflexionsbegriffe: Im Raum ist in der Tat eine Dimension wie die andere. Und das Inertialsystem gründet in der Verräumlichung der Zeit: im Begriff der Bewegung, der die Zeit in eine quasi-orthogonale Beziehung zum Raum setzt.
Die Umkehr wird heute eher durch das Bild von der Heilung von den sieben bösen Geistern beschrieben als durch ihr räumliches Vorbild (obwohl sie hierin ihre Wurzel hat: Im Angesicht und hinter dem Rücken; unter der Herrschaft der Reflexionskategiren verschwinden das Licht und das Angesicht). Das Inertialsystem (als Grund der Reflexionsbegriffe) hat den Begriff der Umkehr nur scheinbar gegenstandslos gemacht.
Idolatrie und Opfer gehören zur Vorgeschichte der naturwissenschaftlichen Aufklärung. Sie sind Frühformen des Herrendenkens (der Objektivation und Instrumentalisierung), das dann in der Form des Inertialsystems und seiner vergegenständlichenden Gewalt sich sedimentiert und stabilisert hat, wie es scheint: fast irreversibel.
Drewermanns Kritik des Anthropozentrismus leugnet das Antlitz Gottes.
Der Personbegriff ist ein Produkt der Bekenntnislogik; seine theologische Anwendung ist der Grund der Selbstzerstörung der Theologie (Wiederkehr des Verdrängten).
Die Universität ist der Grund des Universums. Ist der gekreuzigte Logos nicht ein Realsymbol des Inertialsystems? Und ist das „gekreuzigt, gestorben und begraben“ nicht die Geschichte der Naturwissenschaft (so, daß eigentlich nur noch das „abgestiegen zur Hölle und auferstanden von den Toten“ fehlt)?
Hegel hat am Ende den Abstraktionsprozeß mit der Auferstehung verwechselt. Genau das drückt sich in seinem Begriff der Aufhebung aus.
Hegels Leidensmystik (dem Negativen standhalten) ist gnostisch: er meint, er könne sich mit dem Negativen, den Verhältnissen abfinden, wenn er sie nur durchschaut.
Wer oder was ist Mamre (heiliger Ort mit Terebinthen bei Hebron; Abraham und Isaak)? Und wer sind die kanaanitischen Völker, wenn die Amoriter die Perser sind und die Hethiter die Hethiter?
Die Abraham-Geschichte, die voller Anachronismen ist, wird erst durchsichtig, wenn man die Schwierigkeiten (das Verständnis der Realien) häuft und nicht harmonisiert.
Von Abraham und von Isaak (sowie von den Hebräern in Ägypten; auch noch von anderen?) wird immer wieder gesagt, daß sie als Fremde im Lande leben. (Kann es sein, daß das Verhältnis Elohim / Jahwe mit dem von Herbäern und Israeliten, d.h. mit der Komposition der Schrift zu tun hat?)
Woher kommt diese merkwürdige Rezeption des Begriffs des Philisters in der deutschen Burschenschaftsbewegung?
Gibt es bei Marx Materialien, Hinweise zur Geschichte der Banken?
Die Geschichte der tendentiellen Privatisierung des Christentums (die Umformung der politischen Moral in die christliche Sexualmoral) ist eins mit der Geschichte der Verinnerlichung und Vergesellschaft von Herrschaft (der Immunisierung der Religion gegen Herrsschaftskritik). Sie schlägt heute in einer Weise auf das Christentum zurück, die eigentlich nur noch im Bilde der Selbstverfluchung zu fassen ist.
Zu den Folgen der christlichen Sexualmoral gehört auch die Unfähigkeit, das „Alte Testament“ überhaupt noch zu verstehen. Durch die christliche Sexualmoral sind die Bibel-Leser zu Antisemiten geworden (bis hinein in die christliche Bibel-Wissenschaft).
Adornos Satz über das erste Gebot der Sexualmoral ist ein spätes Echo des augustinischen Satzes: ama et fac quod vis. Die Liebe ist die die verdinglichende und instrumentalisierende Gewalt der Anklage auflösende Macht.
Das Wort Johannes‘ XXIII. „Ich bin Joseph euer Bruder“ trifft den Sachverhalt genauer als er selber wahrscheinlich meinte; darin klingt auch die Rolle Josephs in Ägypten: in der Geschichte der ursprünglichen Akkumulation des Kapitals und der Enteignung des Volkes, nach.
Zu Anfang: die Wormser Chassidim, nach dem Hinweis auf Hegels Erörterungen zum Problem des Anfangs der Philosophie; am Ende: der Taumelkelch.
Banken
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12.09.91
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10.09.91
Ist die Schuld der Welt, die Jesus auf sich nimmt, nicht die Schuld des Vaters, und hat die homousia, das „Ich und der Vater sind eins“, nicht doch einen ganz anderen als jenen affirmativen Sinn, den dann die dogamtische Trinitätslehre daraus gemacht hat?
Das Geheimnis der Person ist die Gesellschaft. Der Personbegriff ist der imaginäre Schutz gegen das Bewußtsein „nackt zu sein“ („da gingen ihnen die Augen auf und sie sahen, daß sie nackt waren“). Die Aggression gegen den Schador, gegen die islamische Verhüllung der Frau, rührt daher, daß erst die Verhüllung wieder ins Bewußtsein ruft, daß man nackt ist, und daß die neue Verhüllung, die Charaktermaske der Person, bloßer Schein ist, eigentlich Teil des Akts der Selbstzerstörung.
Mit dem Bekenntnis wurde der Personbegriff zum Begriff der Charaktermaske.
Person und Charakter: Ist die Person die Form und der Charakter der Inhalt des Bekenntnisses?
Das Bekenntnis ist die verinnerlichte Idolatrie, das Medium und der Katalysator der Verinnerlichung des Opfers, Grund und Motor des historischen Objektivationsprozesses. Es ist Teil einer Subjektstruktur, die jene Objektivität begründet und stabilisert, gegen die das Nachfolgegebot steht. Es ist ein Knotenpunkt in der Geschichte der Schuld und der Scham (der Verinnerlichung des Opfers entspricht die der Scham: seitdem gibt es Verdrängungen).
Womit handeln die Banken: mit der Schuld, die die Zukunft unter die Vergangenheit subsumiert, die Erblast der Vergangenheit reproduziert und potenziert; und zwar sowohl fürs Bewußtsein (Zusammenhang der Banken mit den Tempeln, der Idolatrie und dem Opfer; Erfindung der Null, doppelte Buchführung, Objektivierung und Verdinglichung des Debet und Ursprung der modernen Naturwissenschaften) als auch real (Schuldenkrise). Banco de Spiritu Santo: Banken und Ursprung des Bekenntnisses (der Vergeistigung des Martyriums).
Das Bekenntnis ist die falsche Auflösung der Erbschuld, eigentlich das Medium über das sie sich fortpflanzt. Das Bekenntnis ist Babel (sowohl Turmbau wie Hure). Luther hat’s gewußt, aber dadurch, daß er die Kritik nur von außen vollzog, ist er selber in ihren Bannkreis hineingeraten, ist er gleichsam zum Neubabylonier geworden.
Das Bekenntnis stabilisiert die Erfahrung des Liebesentzugs (nulla salus extra ecclesiam; salus ist femininum, nicht – wie im Deutschen – neutrum).
Die Schuld auf sich nehmen heißt, die Macht des Begriffs brechen (den Vater von der Last, Vater zu sein, befreien: das ist der erste Teil des Sinns des Gebots: Du sollst Vater und Mutter ehren).
Welt und Natur: oder Herrschaft und Symbiose?
Kernpunkt scheint immer mehr die Übersetzung des tollere im „qui tollit peccata mundi“ (Joh 129) zu werden (airho heißt – wie tollere – sowohl aufheben wie wegnehmen). Das „hinwegnehmen“ ist vermutlich falsch (ist agnus/amnos das Lamm oder der Widder?).
Wer eine Sache von außen kritisiert, gerät in ihren Bann, verfällt selber dem, was er kritisiert.
Daß die Richtungen im Raum nicht äquivalent sind, läßt sich am Verhältnis von vorn und hinten sowie an dem des Leuchtenden zum Beleuchteten nachweisen (äquivalent sind dagegen die Beziehungen der Dinge unterm Gravitationsgesetz). Und bei dem Satz „Es werde Licht“ darf man um Gottes willen nicht an einen Lichtschalter denken.
Kann es sein, daß die Berechnungen zur Entstehung der Erde oder zu den Entfernungen im Weltall einer ähnlichen Logik folgen, wie jener, die der Berechnung zugrunde liegt, die Richard Price im Jahre 1772 anstellte: „Ein Penny, ausgeliehen bei der Geburt unseres Erlösers auf Zinseszinsen zu 5 % würde schon jetzt zu einer größeren Summe herangewachsen sein, als enthalten wäre in 150 Millionen Erden, alle von gediegenem Gold.“? (Zitiert von Hinkelammert in „… in euren Häusern leigt das geraubte Gut der Armen“, Fribourg/Brig 1989, S. 168) -
04.09.91
Die Astronomie ist die Babel-zugehörige Wissenschaft: ist sie Teil des Turmbaus zu Babel? In welchem Verhältnis steht die babylonische (chaldäische) Astronomie zur Tempelwirtschaft?
Machtfrage werden in der Kindheit entschieden. Die instrumentelle Nutzung des Liebesentzugs erzeugt die Bekenntnis-Logik und die Bekenntnis-Mentalität, mit all ihren Folgen: Lösung von Schuldfragen durch Projektion; Veränderung, Zerstörung der Erinnerung; Messung der Wahrheit am Urteil der Herren, Zerstörung der Rationalität. Erkennbar sind die Folgen der Bekenntnis-Logik daran, was wann unter Begründungszwang gesetzt wird (Zusammenhang der Heideggerschen „Sorge“ mit der Herrschaftsstruktur der Fundamentalontologie; es ist diese „Sorge“, die sich mit Vermutungen und Unterstellungen in die Privatangelegenheiten anderer einmischt, aber hierbei nicht helfen, sondern nur sein Besserwissen, seine Autorität, unter Beweis stellen will; es ist diese Sorge, die ihr Objekt von der Außenwelt und von der eigenen Bewältigung seiner Probleme aussperrt, es in die symbiotische Inzest-Bindung zurückzwingen will: Modell der Naturbeherrschung, Funktion der subjektiven Formen der Anschauung hierbei?).
Indem die Frauen sich selbst durch ihre Unterwerfung unter die Mode und die Privatsphäre durch Unterordnung unter das Ansehen dem Urteil der Welt unterwerfen („was mögen andere über uns denken?“), werden sie zu Hütern des Vorhandenen (der Natur), während die Männer dagegen das Gesetz der instrumentalen Praxis (des Zuhandenen) repräsentieren: beides sind eigentlich nur zwei Aspekte einer Sache. Die männliche Autonomie ist die der Beherrschung des Zuhandenen, die dadurch selber zu etwas Zuhandenem wird, während die Unterwerfung unter das Urteil der Welt die Frauen zu Multiplikatoren dieses Urteils machen, durch das sie sich gegenseitig in Schach halten.
Ist der Webersche Begriff der puritanischen Askese (der Zusammenhang von Rationalität und Sexualität) nicht doch schon teleologisch in der frühkirchlichen Dogmenentwicklung angelegt? In diesen Kontext paßt das Schicksal der (verdrängten und korrigierten) Erinnerung an Maria Magdalene, der einzigen Heiligen, die es aufgrund ihrer Umkehr geworden ist.
Steht bei Spengler etwas über die Geschichte der Banken und des Geldes:
– Banken und Tempelwirtschaft,
– mittelalterliche Restitution des Bankensystems: doppelte Buchführung und Vatikan-Banken;
– Kleidung der Bänker im 19. Jhdt. als Modell der Zivil-Kleidung seitdem überhaupt: Modell des zivilisierten Menschen; Archaik der rituellen Gewänder in Recht, Religion, Militär; Unterscheidung zwischen männlicher und weiblicher Kleidung (in welcher Beziehung stehen Hose und Rock, sowie die Bänker-Krawatte zur Geldwirtschaft)?
Die Kollektivschuld-Diskussion ist durch den Trick abgewürgt worden, daß unterstellt wurde, es ginge um die Zurechenbarkeit von Handlungen, während es in Wirklichkeit um die Zurechenbarkeit von Unterlassungen ging, d.h. um eine ebenso reale Schuld, die nicht durch den Begriff der Kollektivscham zu ermäßigen war.
Ist das Sumerische als agglutinierende Sprache eine besondere Sprache, der man dann auch ein besonderes Volk substituieren muß (vorausgesetzt, hier gilt auch bereits die Zuordnung von Sprache und Nation), oder ist es nicht ein technisches Instrument. Hier genügt nicht die bloß formale Beschreibung von Grammatik und Sprachstruktur, sondern wichtig wäre die Ermittlung des cui bono, des technischen terminus ad quem. – Im Sumerischen sind (wenn ich’s richtig verstehe) die Wörter (die Stammbegriffe) Substanzbegriffe, während ihre nominale oder prädikative Qualität sowie deren Konjugation und Deklination durch Präfixe, Infixe und Suffixe bestimmt werden: reine Trennung von Form und Inhalt. Ist das der Beginn der Anpassung der Sprache an die Mathematik, und ist diese Sprache wirklich gesprochen worden?
Unterschied zwischen der sumerischen und den semitischen Sprachen: auch in dem semitischen Sprachen gibt es die Wortstämme, die dann durch Modifikationen ihrer grammatischen Bedeutung funktional angepaßt werden.
Einfluß der Schrift (Selbstobjektivierung des Gedankens, Ursprung der Reflexion) auf die Struktur der Sprache (Vergegenständlichung als Vergesellschaftung und Grammatik; logische Durchbildung; Ausbildung der Ausdruckskraft; Technik und Magie).
Der Ursprung der Sprache muß in etwas gelegen haben, was man den seligen Sprachgeist nennen könnte, mit dem immanenten Anspruch, das Ganze durchsichtig zu machen und aus dem Ganzen heraus auch das Einzelne zu begreifen. Dieser „selige Sprachgeist“ ist dann in einer Geschichte (der Geschichte der Schrift?), auf die der Mythos von der babylonische Sprachverwirrung verweist, in einen Verarbeitungsprozeß hineingezogen worden, in dem sich dann die verschiedenen Sprachfamilien herausgebildet haben.
Was mit Griechenland und Rom eingetreten ist (Sprache als Einheit von Herrschafts- und Erkenntnismittel; Ursprung des Weltbegriffs), diese Potenzierung der babylonischen Sprachverwirrung, die reflektierte Idolatrie, war mit den Mitteln der jüdischen Tradition (mit dem Bilderverbot) nicht mehr zu bewältigen; diese waren ohnmächtig gegen den griechischen Mythos, aber dieser Ohnmacht ist nicht das Judentum, sondern das Christentum zum Opfer gefallen. Das ist zu erkennen an der bis heute unerledigten Auseinandersetzung mit dem Mythos und mit der Philosophie.
War Tertullian Jurist? Augustinus war ein vom Manichäismus zum Christentum bekehrter Rhetorik-Professor (Winkeladvokat?). Indem Augustinus die Kirche zum Subjekt gemacht hat, hat er ihr ein nur leicht entschärftes manichäisches Erbe übergeben.
Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn: Ist das nicht der Inbegriff eine politischen Philosophie?
Mechanik und Gravitationsgesetz: Wenn ich mit meinem Kopf gegen die Wand renne, dann geht es nach der Mechanik nicht um Kopf und Wand, sondern um die Beziehung zweier träger Massen; alles andere verschwindet dahinter. Ähnlich reproduziert das Gravitationsgesetz, das die darunter fallenden Erscheinungen in eine Äquivalenzbeziehung zur Mechanik bringt, dessen Kraft, das Ungleichnamige gleichnamig zu machen: es sind nicht mehr Sonne und Erde, die hier in Beziehung gesetzt werden, sondern zwei schwere / träge Massen. Dahinter verschwindet, was Sonne und Erde sonst noch sind. Der Rationalisierungsgewinn wird erkauft mit einem Verlust an Erkenntniswert.
Durch die Entdeckung der Lichtgeschwindigkeit ist das Bewegungsmoment des Raumes verschoben worden auf die Bewegung des Lichtes im Raum (Zusammenhang mit der Entdeckung des Gravitationsgesetzes?).
Das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit verändert auch die Subjekt-Objekt-Beziehung im Inertialsystem: Beide, Subjekt und Objekt, unterscheiden sich durch ihre Beziehung zur Lichtgeschwindigkeit: als Leuchtendes und Beleuchtetes (in ihrer paradigmatischen Gestalt sind beide Adressaten des Herrschaftsauftrags im Schöpfungsbericht: Sonne und Mond sollen herrschen über die Zeiten …; und die Planeten kreisen gemeinsam mit der Erde um die Sonne, während der Mond um die Erde kreist).
Ist Maria Magdalena, die von den sieben bösen (Planeten-?) Geistern Befreite, die erste Erlöste überhaupt gewesen?
Das Bekenntnis zum Rechtsstaat enthält die Distanz zu den Objekten des Rechts als notwendiges Moment in sich. Aber jeder ist als Rechtssubjekt zugleich Objekt des Rechts, d.h. er hat in sich selber etwas, von dem er sich distanzieren, das er verdrängen muß. Die Institutionen des Rechststaats, insbesondere die Vollzugseinrichtungen, sind Stützen dieses Verdrängungsapparats.
Das Bekenntnis ist das Medium und die Grundlage kollektiver Konkurrenzverhältnisse.
Gibt es Länder mit eigener Währung, aber ohne Militär?
Abraham: Vater der Menge; Sara: die Fürstin;
Isaak: Er lacht; Rebekka: „saginata“ (die Gemästete?);
Jakob: er möge schützen / er betrügt; Israel: El streitet / El herrscht; Lea: Kuh / Rahel: Mutterschaf.
Sara hat’s mit dem Pharao und mit Abimelech (ebenso Rebekka); Rebekka und Rahel werden am Brunnen getroffen (Bedeutung des Brunnens).
In jedem Menschen das Ebenbild Gottes erkennen und ehren: davon scheint nur der Götzendienst, die Idolatrie (die Bekenntnislogik), zu dispensieren. -
30.08.91
Das Verständnis der speziellen Relativitätstheorie, ihrer Beziehung zum Objekt, dürfte nicht schwieriger sein als das des Bankengeschäfts und seiner Beziehung zur Wirtschaftsstruktur (vgl. Baecker: Womit handeln die Banken? Ffm 1991).
Der Verdinglichungsmechanismus besteht darin, daß ich etwas zu einem Ding mit festen Eigenschaften mache: z.B. jemanden, der gemordet hat, zu einem Mörder. Ich mache so eine Tat zu einer festen Eigenschaft, die sich nicht mehr ändern läßt; das Prädikat zu einer begrifflichen Bestimmung des Subjekts: zum Begriff. Auch der Adelstitel ist ein „Prädikat“, und jedes Prädikat eine Bewertung. Genau diesem Konzept gehorcht auch der Antisemitismus und der ist ohne den Rassismus ebenso wenig zu haben wie die Nobilitierung eines ganzen Volkes durch den gleichen Arier-Rassismus. Dieser Antisemitismus hat seine nur scheinbar harmlosen Vorläufer in der nationalistischen Geschichtsschreibung, zu deren Folgen unter anderem neben der antisemitischen Interpretation der ebenfalls national verstandenen Propheten und der Schrift insgesamt auch die Erfindung der Sumerer gehört. Modell dieses Verdinglichungskonzepts sind die Naturwissenschaften, die ein System aus lauter Prädikaten sind. Hier liegt der Ursprung der Mathematik, deren Vorgeschichte unter diesem Gesichtspunkt zu prüfen wäre (Sprache der Sumerer, „Turmbau zu Babel“, Ursprung der Idolatrie).
Die Ontologie entspringt mit dem Staat und mit dem Weltbegriff und stabilisiert beide; sie ist Erbe der Idolatrie und des Opfers; ihr genetisches Zentrum ist die Schicksalsidee.
Bei der Benennung der Tiere hat Adam nur die Arten benannt; die sind aber keine „Gefährten“ des Menschen.
Warum wendet Luhmann seine Systemtheorie nicht auf die Physik an?
Rechtfertigt Baecker („Womit handeln die Banken?“, Ffm. 1991) durch sein Konzept nicht die Funktion der Banken in diesem Wirtschaftssystem auf eine Weise, die eigentlich Anlaß zu begründetster Sorge wäre? Die Risiken, die die Banken verwalten und gegen die sie sich durch ihr Mangement absichern müssen, um die Stabilität des Wirtschaftsprozesses zu sichern: die Konsequenzen sind deutlich geworden in der „Wende“ in der deutschen Nachkriegspolitik, als alle Leute begriffen haben, was passiert, wenn diese Grundfakten nicht beachtet werden. Diese Risiken sind nur die offen zutage liegende Kehrseite der Verhältnisse, die die Existenz der Mehrheit der Bevölkerung bedroht.
Was würde eigentlich dabei herauskommen, wenn heute jemand Rosa Luxemburgs „Akkumulation des Kapitals“ und Rudolf Hilferdings „Finanzkapital“ auf den heutigen Stand der Dinge fortschreiben würde?
Die Katastrophen dieses Jahrhunderts, aus denen wir soviel gelernt haben, daß wir sie zur Zeit in die Dritte Welt exportieren, waren ja keine bloß ideologischen, sondern reale ökonomische Katastrophen.
Die Kreditschöpfung: eine creation ex nihilo. Beim deutschen Schöpfungsbegriff schwingt die Assoziation mit, daß jemand mit einer Schöpfkelle aus einer Flüssigkeit (einer Ursuppe gleichsam) „schöpft“. Das Flüssige, das Wasser (der erste Begriff der Philosophie übrigens), hat in biblischem Zusammenhang die Nebenbedeutung sowohl der Schuld, des Schuldzusammenhangs, als auch der Völker. Der Chaosdrache und das Tier aus dem Wasser gehören hier her. Aus einem solchen Medium (der Schuld und ihres kollektiven Ursprungs) „schöpft“ auch die „Kreditschöpfung“. -Ist das Geld, das eine Bank im Falle eines Kredits verleiht, real oder spekulativ; oder: ist diese Alternative real?
Die Frage „Womit handeln die Banken?“ ist präziser zu beantworten, wenn man den Baecker aus dem Verblendungsbann der Systemtheorie herauslöst. Die Banken handeln mit dem Tod, dessen Nichts so real wird.
Der real existierende Sozialismus ist u.a. daran gescheitert, daß er das Problem der Beziehung von Theorie und Praxis nicht ernst genug genommen hat. Die Vorstellung, die auf der unreflektierten Tauschprinzip-Theorie basiert, daß der Marxismus ein gleichsam technisches Konzept zur Beherrschung der wirtschaftlichen Prozesse biete, die die kapitalistischen Folgen vermeidet, war falsch. Dieser Instrumentalismus war ohne einen dann allerdings nur dilettantisch gehandhabten (Staats-)Kapitalismus nicht möglich. Der hatte dann weit schlimmere Folgen als der reale Kapitalismus. Lukacz hat das in „Geschichte und Klassenbewußtsein“ noch gewußt, dann aber schnell (und verzweifelt) verdrängt. Daß in diesem System dann so abenteuerliche Existenzen gedeihen konnten wie Schalck-Golodkowski, auch Mielke und Honegger, war kein Zufall. Zugrunde lag das durch die christliche Tradition abgesegnete Bekenntnis-Syndrom: die Vorstellung, daß das Bekenntnis zur Wahrheit hinreiche, um diese Wahrheit real werden zu lassen; sie hat wie im Christentum nur die schlaue Heuchelei und die Gemeinheit befördert und honoriert. Dadurch unterscheidet sich der Zusammenbruch des Sozialismus von der Niederlage des Faschismus, daß er die (durch Mißbrauch als Bekenntnis-Ideologie diskreditierten) Mittel, die eigene Situation zu begreifen, den Opfern aus der Hand geschlagen hat, und daß jetzt das Land Sündenböcke braucht. Deshalb glaubt man, die Probleme auf dem gleichen Bekenntniswege lösen zu können, der in die Katastrophe hineingeführt hat, während gleichzeitig diejenigen, die wirklich an den Hebeln der Macht sitzen, es besser wissen und sich ins Fäustchen lachen.
Die Wahrheit opponiert nicht der Lüge, sondern dem „Falsch-Zeugnis-Geben“. Die Lüge gehört bereits in den Kontext der verdinglichten, entmächtigten Wahrheit; Grundlage ist der Weltbegriff. Franz Rosenzweigs Begriff der „Bewährung“ macht das praktische (in letzter Konsequenz das herrschaftskritische) Moment an der Wahrheit kenntlich. Dieses Moment haben Juden unter der Idee der Heiligung des Gottesnamens verstanden (und die Christen – wie ihre eigene Theologie insgesamt – nicht verstanden).
Der Ödipus-Konflikt ist ein welthistorischer Konflikt, und zwar sowohl individuell wie auch gesamtgesellschaftlich. Die Möglichkeit der objektiven Anwendung des Verdrängungsbegriffs gründet in seinem Verhältnis zur Zeit. Verdrängt wird etwas Zukünftiges und Vergangenes zugleich, oder mit der verdrängten Vergangenheit wird zugleich ein Stück Zukunft verdrängt. Dieser Verdrängungsmechanismus konstituiert seit den Anfängen der griechischen Philosophie bis hin zu den modernen Naturwissenschaften den Begriff. (Dazu ein direktes Bespiel: Zwei Sechsjährige, ein Junge und ein Mädchen, fahren mit ihren Fahrrädern daher; ein anderer Sechsjähriger ruft den beiden mit offenkundig hämischem Ton nach: „Na, ihr beiden Verliebten.“)
Zur Konstruktion der Häme: Hier vermischt sich aufs trübste der Gestus der moralischen Überlegenheit, des moralischen Urteils, mit dem des schlecht verhohlenen Neids gegen den, über den man sich erhaben dünkt, indem man sich mit dem moralischen Urteil gemein macht.
Die Erkenntnis des Guten und Bösen ist die Klugheit der Schlange („Seid klug wie die Schlangen …“); sie ist die Erkenntnis auf die sich der Begriff der Umkehr bezieht.
Ist die Schöpfung die Umkehr des Chaos, und der Geist über den Wassern das Prinzip dieser Umkehr?
Sind Jahwist und Elohist nicht nur nebeneinander existierende (aus „verschiedenen Quellen“ stammende) Teile der Schrift, sondern durch eine Umkehrähnliche Relation aufeinander bezogen, und steckt in dieser Unterscheidung so etwas wie ein innertheologischer Reflex der babylonischen Sprachverwirrung?
Welche Sprachen wurden in Babylon gesprochen außer der sumerischen? Gibt es einen Sprachatlas der Antike?
Nur für die zerstreuten Leser (und die nationale Geschichtsschreibung, die sich an zerstreute Leser wendet) ist der eigentliche Gehalt der Schrift nicht sichtbar. Aber die heutige Schriftauslegung und der heutige Schriftgebrauch aller Kirchen hat die Zerstreutheit zur Grundlage (theologischer Grund ist offensichtlich). Die wesentlichsten Einsichten ergeben sich erst aus dem konzentriertesten Studium der Details.
Die Josephs-Geschichte: oder die Geschichte der Getreide-Versorgung als Teil der Geschichte der ursprünglichen Akkumulation des Kapitals (des Zusammenhangs von Privileg und Diskriminierung, Askese und Ausbeutung). Er holt die eigene Familie ins Land und liefert sie dem Schicksal derer aus, deren Schicksal er selber durch die Behandlung der Hungerkrise bestimmt hat.
Wie kommen die Philister und Amalek in die Abraham-Geschichte?
Fundamentalisten sind Religions-Hooligans.
Der Dogmatisierungsprozeß, die Entwicklung des Dogmas, vertritt den Ödipus-Konflikt in der Kirchengeschichte.
Konzept:
– Im Angesicht/hinter dem Rücken,
– Objektivation und Instrumentalisierung,
– Raum und Zeit, Geld, Bekenntnis,
– Ödipus-Konflikt: Ursprung des Weltbegriffs, des Säkularisationsprozesses; Philosophie und Ursprung der Weltreiche („Babylon“),
– Begriff und Namenlehre; Herrschaft und Erkenntnis (Herrschafts-, Schuld- und Verblendungszusammenhang),
– Herrschaftskritik, Übernahme der Schuld der Welt, Auflösung des Verblendungszusammenhangs, Idee des Heiligen Geistes,
– Anklage, Gericht, Verteidigung, Sprachphilosophie,
– Natur und Welt, oder Bemerkungen zur feministischen Theologie
Rosenzweigs Erinnerung an den Tod: Umwandlung in ein Gedenken der Toten. Der Tod als das Sterben der anderen scheint in Rosenzweigs Konzept zu kurz zu kommen. Darauf bezieht sich die Lehre von der Auferstehung der Toten.
Im Angesicht Gottes leben, schließt die wahnwitzige Hoffnung auf die Auferstehung der Toten mit ein; ist diese Hoffnung als nicht nur kontemplative, sondern als aktive Hoffnung denkbar? Ist eine Praxis denkbar, die dieser Hoffnung entspricht, aus ihr sich nährt?
Zu Reinhold Schneiders Satz „Allein den Betern kann es noch gelingen, das Schwert ob unsern Häuptern aufzuhalten …“: Welches Schwert hat er hier gemeint? Das der direkten Bedrohung durch den Faschismus, die Gefahr des Terrors, die Möglichkeit des Martyriums, oder das Schwert, das den bedroht, der durch Komplizenschaft mit dem Faschismus, durch die Mittäterschaft an Auschwitz, mitschuldig geworden ist?
„… und diese Welt den richtenden Gewalten durch ein geheiligt Leben abzuringen“: das scheint schon wieder eindeutig zu sein.
Das „Ehe Abraham war, bin ich“ drückt eine Zukunft aus, die in die Vergangenheit Abrahams hineinscheint und jetzt präsent ist.
Das „hinter dem Rücken“ ist der Verdinglichung äquivalent. Wenn ich eine Sache hinter ihrem Rücken betrachte, nagele ich sie fest auf ihre Eigenschaften, mache ich das Prädikat zum Herrn über das Subjekt, fälle ich ein Urteil (Urteile werden gefällt!), setze ich es als vergangen, als nicht mehr zu ändern. -
29.08.91
Joseph E. Hofmann weist in seiner Geschichte der Mathematik (Berlin 1963) darauf hin, daß Thales von Milet, der Begründer der griechischen Philosophie, „anscheinend mit der babylonischen Mathematik wohlvertraut“ war. Er fügt ergänzend hinzu: „Ihm mag die zusätzliche Einführung des Winkelbegriffs gehören“ (Erster Teil, S. 27f). Um die Bedeutung dieser Bemerkung einschätzen zu können, ist es vielleicht wichtig, darauf hinzuweisen, daß die „Einführung des Winkelbegriffs“ die Erkenntnis der Orthogonalität voraussetzt, d.h.:
– sie setzt die Erkenntnis der getrennten Dimensionen im Raum voraus, deren Beziehung der Winkelbegriff definiert;
– die Trennung der Dimensionen im Raum aber ist zugleich Modell und Grundlage der Trennung des Raumes von der Zeit und von dem in diesem Zusammenhang erst sich konstituierenden Materiebegriff, schließlich der Trennung von Begriff und Objekt: der Konstituierung des Begriffs.
Die „Einführung des Winkelbegriffs“ bezeichnet präzise den Anfang der Philosophie.
Wie ist der Zusammenhang zwischen der babylonischen Mathematik, den „Sumerern“ und der babylonischen Tempel-(Banken-)Wirtschaft? -
26.08.91
Max Webers Probleme bei der Darstellung der Verhältnisse in der Alten Welt, insbesondere sein Begriff des Idealtypus, sind Folgen seines Geschichtskolonialismus, d.h. Folgen der Anwendung von Kategorien, die definiert sind nur im Rahmen der zeitgenössischen politischen Ökonomie. Die Brüche in der (nur sich „annähernden“) Darstellung sind Folge des projektiven Gebrauchs der Begriffe, deren unreflektierte Anwendung auf die Ursprungsgeschichte zwangsläufig zu Fehlern und Mißverständnissen führt (bis hin zu antisemitisch verwertbaren Konstruktionen). Das Ganze ist Folge seines unhistorischen (durch den Endzweck seines Rationalisierungsbegriffs vorgeprägten) Weltbegriffs. (Vergleich Weber / Lukacs und Planck /Einstein?)
Die Historisierung der Welt, die Einbindung der Welt in den historischen Prozeß, führt darauf, daß der Antisemitismus in diesem Weltbegriff verankert und jedenfalls keine bloße Gesinnungsfrage ist.
„An den Wassern zu Babylon saßen wir und weinten …“ (Ps 1371).
Hängt die Reinlichkeitsneurose deutscher Frauen, der Zwang, jede Spur von Staub zu tilgen, mit ihrer Feindschaft mit der Schlange, die dazu verurteilt wurde, Staub zu fressen, zusammen?
Wenn die Entwicklung ihrer eigenen Logik weiter folgt, ist nicht auszuschließen, daß auch die Rechtsversicherung zu einer Pflichtversicherung – wie die Kranken-, die Haftpflicht- und die vorgesehene Pflegeversicherung – wird. – Anwendungsbeispiele für die Staubgeschichte (Adam: Staub bist du und zu Staub wirst du wieder werden; zu dem Staub, den dann die Schlange frißt?
Die Mühlen als Symbol des Todes (vgl. Benjamins Wahlverwandschaften) passen in diese Staubgeschichte herein.
Die Bedeutung des Inertialsystems scheint darin zu liegen, daß die Betrachtung „hinter dem Rücken“ allseitig wird (komplettiert wird zum System wie der Kapitalismus durch das Institut der Lohnarbeit, die Subsumtion der Arbeit unters Tauschprinzip, durch die Begründung eines Marktes für Arbeit, Güter und Kapital), das aber zugleich den genauen zeitlichen Charakter dieser Sicht mit einschließt, nämlich die Subsumtion unter die Vergangenheitsform.
Der Objektivationsprozeß ist der Sturz. Und wenn die Naturwissenschaft die Welt im Zustand des vollendeten Sündenfalls abbildet, dann deshalb, weil über die Naturwissenschaft die Welt in diesen Sturz, dessen Bahn durch das Herrendenken vorgezeichnet ist, mit hereingezogen worden ist.
Sind die Äste, Zweige, Blätter der Bäume, auch ihre Blüten und Früchte, nicht sozusagen Luftwurzeln (Luft- und Lichtwurzeln)? -Wie verhält sich der Baum der Erkenntnis zum Baum des Lebens? Im gleichen Kontext bezeichnet das Erkennen auch das Zeugen. Kann es sein, daß die gleiche Frucht, die die Frucht des Lebens gewesen wäre, durch die Trennung vom Baum zur Frucht der Erkenntnis wurde, der Erkenntnis des Guten und Bösen, d.h. des richtenden Urteils; war der Sündenfall nur ein falscher Gebrauch? Was Anfang war, ist hier zum Ende geworden; es muß sein Ende erst wieder einholen, ehe es in den Anfang zurückkehren kann. Blochs Bemerkung, daß der Anfang am Ende sein wird, könnte damit zusammenhängen (vgl. auch Ebachs „Ursprung und Ziel“).
Kann es hiernach sein, daß auch die Physik auf die Umkehr harrt? – Der Umkehrpunkt in der Physik läßt sich bezeichnen: er liegt im Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit.
Zur Konzeption des Inertialsystems gehören die drei Elemente: Raum, Zeit und Materie; diese drei Elemente spiegeln sich in der Dreidimensionalität des Raumes, sie haben etwas mit dem Werden der Vergangenheit zu tun. Ist die Dreidimensionalität des Raumes, in dem sich dann die Dinge (von den Photonen bis zu den Sternen) nicht nur bewegen, sondern auch als Dinge konstituieren, nicht auch bloßer Schein, der mit Gewalt durchgesetzt wird und dabei die entscheidenden Differenzen verdrängt und unterdrückt. Ist nicht der Raum selbst in die Bewegung mit hereingezogen, Objekt einer Bewegung, deren Subjekt zu sein er vortäuscht.
Über diese Bewegung des Raumes gibt Aufschluß die Geschichte der Banken, des Geldes, des Finanzkapitals.
Das Inertialsystem ist insgesamt ein selbstreferentielles System, und die Mechanik (unter Voraussetzung der metrischen Komponenten des System, Raum Zeit und träge Masse) reine Mathematik. Erst im Prozeß der Vergegenständlichung von Raum und Zeit, der Verräumlichung der Zeit, kristallisiert sich als ergänzendes metrisches Moment die träge Masse aus, die dann als äußerliches Ding in dieses System hereinkommt: und zum reinen namenlosen Objekt wird.
In der Bindung des Weltkonzepts an die Anschauung vollendet sich die Erkenntnis, daß „sie nackt sind“. Aber die Scham wird übermächtig (trifft vor allem die Tiere) und überschwemmt das ganze System. Die menschen verbergen ihr Angesicht und das Angesicht der Erde ist nicht mehr auffindbar.
Hat die Erfindung der Sumerer etwas zu tun mit dem letzten, verzweifelten Versuch, angesichts des Erkenntniskontinuums, das da war, den fernen Blick zu retten, der nicht zu retten gewesen wäre, wenn man die Sumerer gleich als die Chaldäer erkannt hätte. Und der Spenglersche Versuch einer Kulturmorphologie, der Versuch, die Einheit der Weltgeschichte zu sprengen und durch die Einheit eines abgehobenen kulturmorphologischen Modells zu ersetzen, das dann dem Gesetz der ewigen Wiederkehr unterliegt, scheint hiermit zusammenzuhängen. Der Zwang, die Sumerer zu einem besonderen Volk zu machen, rührt her von dem modernen Konzept der Einheit von Volk, Nation und Sprache, das so auf die Alte Welt nicht übertragen werden kann. Diese Bemerkung gilt u.a. auch für das „Volk“ der Hebräer. Einer der letzten – und vielleicht auch problematischsten – Ausläufer dieses Nationalbegriffs ist der Zionismus.
Gibt es zu dem Cherub mit dem flammenden Feuerschwert, der die Pforten des Paradieses bewacht, in der jüdische Tradition (Talmud, Mischna oder Mystik) Hinweise oder Interpretationen?
Ist die Idolatrie der Anfang des Objektivations- und Instrumentalisierungsprozesses, der sein Telos im Inertialsystem findet?
Die neuere französische Philosophie ist auf das Probleme des Anderen, des Fremden abgestimmt; sie wäre durch das Votum für die Armen, durch die Verteidung der Armen, zu ergänzen.
Kann es sein, daß der Konstruktionsfehler des Stern der Erlösung darin liegt, daß in der Konstruktion der Welt deren beide Elemente umgekehrt zu fassen sind: erst das B und dann das A (B=A, nicht A=B): so würde deutlicher, daß das A ein durchs B Provoziertes ist; oder daß Subjektivität (als Inbegriff des Allgemeinen) nicht das Erste und das Allgemeine nicht der Ursprung ist.
Das tode ti des Aristoteles ist das Inertialsystem in nuce.
Die Persönlichkeit ist für sich, was die Person an sich ist, nämlich ein Sein für andere. Deshalb ist die Persönlichkeit (als Ansehen) erlebbar, die Person nicht.
Wie verhalten sich Welt und Natur zu Himmel und Erde? Die Welt ist ein Reflex der Natur, die Natur ein Produkt der Welt. Aber wie hängt das zusammen?
Die jüdische Tradition vom verborgenen Gerechten verweist darauf, daß die Gemeinheit strafrechtlich nicht zu fassen, vom Recht nicht unterscheiden ist. Die Gemeinheit des antisemtischen Topos von der Doppelmoral der Juden liegt darin:
– ihre Voraussetzungen sind durch ein Wirtschaftssystem vorgegeben, das immer mehr darauf hinausläuft, die Gemeinheit der Wahrnehmung zu entziehen; diese Voraussetzungen sind nicht von Juden geschaffen worden, diese sind Opfer des Systems;
– aufgrund der rechtliche Sonderstellung, der die Juden weder aus eigenem Willen noch aus freiem Entschluß unterworfen wurden, insbesondere dadurch, daß nur jene Bereiche im Wirtschaftsleben auch für Juden offen waren, in denen es ohne die Doppelmoral nicht geht, kann ihnen die Doppelmoral nicht angelastet werden;
– Nutznießer dieses Systems sind nicht die Juden, sondern die Raubkapitalisten (unter ihnen auch die Weberschen Puritaner, die ohne dieses System ihre Moral und Gesinnung nicht entfalten könnten), die die Schuldverschiebung (auf die Juden) als Mittel der Exkulpierung nutzen, hinter diesem Vorhang unbehelligt ihren Geschäften nachgehen können.
Ohne die Herren, die sich der Hofjuden bedienen, würde es die Hofjuden nicht geben, und ohne jenes spekulative Geldgeschäft, das nicht nur den Bereich der Börsen und Banken kennzeichnet, sondern längst auch den Gesamtbereich der Produktion beherrscht, würde es den moralischen Kapitalismus, den Max Weber zu beschreiben versucht, nicht geben. Auch der Calvinismus als innerweltliche Askese war Ideologie im Sinne von Rechtfertigung.
Die feinsinnige Unterscheidung von Gesinnungs- und Verantwortungsethik läuft darauf hinaus, die Verantwortungsethik zu einer Gesinnungsethik zu machen, und sie von jener Verantwortung zu entbinden, die sich aus den Nebenfolgen ergibt. Das Ganze ist eine innere Konsequenz aus dem Rationalisiserungskonzept und aus der Rechtfertigung des Weltbegriffs, die damit zwangsläufig verbunden ist.
Das Selbsterhaltungsprinzip, das bei den Menschen individuell ist, ist bei den Tieren an die Art gebunden. Liegt hier das Bindeglied zwischen Schlange, Inertialsystem, Venus und Babel, sowie dem Cherub mit dem kreisenden Flammenschwert, der Sintflut und dem Regenbogen?
Abraham stammt aus Ur in Chaldäa, aber die Familie ist über Haran gezogen (einer seiner Brüder hieß Haran; ist der in Ur geblieben?). Haran liegt im assyrischen Herrschaftsbereich, näher bei Ninive als bei Ur.
Kommen Sodom und Gomorra (und die drei anderen Städte, von denen zwei in den Untergang mit hereingezogen werden, eine den Namen ändert) außer in der Abraham-/Lot-Geschichte nochmal vor?
Wenn Abraham (der Hebräer, der Fremde im Land) und Isaak (der Schrecken Isaaks) dem Jakob/Israel nachträglich vorgesetzt worden sind, welche Bedeutung hat es dann, daß die Frauen alle aus der (aramäischen) Verwandtschaft Abrahams genommen worden sind und alle Probleme mit der Geburt haben?
Wer ist Lots Frau?
Auch Sprachregelungen partizipieren an der benennenden Kraft der Sprache. Und der Weltanschauungskrieg, der auch ein Vernichtungskrieg war, war nur der Anfang. Der projektive Scharfsinn heute lebt von der dezisionistischen Gewalt der Sprache, indem er die eigene Sprachregelung unkenntlich und unangreifbar macht.
Der Unterschied zwischen „hat gemordet“ und „ist ein Mörder“ ist der Unterschied ums Ganze. Die Rückverwandlung eines Verbs, eines Tätigkeitsworts, in eine Eigenschaft ist der Grund der philosophischen Logik; sie gelingt nur um den Preis der Verwandlung des Täters in ein Ding. Ohne diesen Trick würde es den Weltbegriff nicht geben, würde es Herrschaft nicht geben. Grundlage und Modell dieses Verfahrens (Grund der Hegelschen Reflexionsbegriffe) ist das Inertialsystem. Die gesamte Logik, das „Wer A sagt, muß auch B sagen“, reicht genauso weit wie diese Herrschaftslogik, die eine Verdinglichungslogik ist. Wenn ich dem Subjekt die Eigenschaft (das Prädikat) als feste Bestimmung anhefte, verdingliche ich das Subjekt; und die Härte dieser Verdinglichung zeigt sich daran, daß sie den Begriff besoffen macht (daß – Hegel zufolge – im Absoluten kein Glied nicht trunken ist).
Jesus kann nur das „Ich bin’s“ sagen, weil er die Schuld der Welt auf sich genommen hat. Insoweit ist er auch der gefallene Morgenstern, der Erbe Luzifers, ist er „abgestiegen zur Hölle“).
Bei den Griechen ist es Kronos, der seine Kinder frißt; weshalb ist es bei den Kanaanäern Ischtar, Astarte, der Moloch? Kann es sein, daß der griechische Mythos über den Schicksalsbegriff in die Philosophie hineinführt, weil er von Anfang an ein kosmologicher Mythos war? Der orientalische Mythos ist als ethischer Mythos dieser Auflösung nicht fähig, wird erst abgegolten durch die Ablösung des realen Kinderopfers.
Das Christentum: das gefährlichste Experiment Gottes mit der Welt.
Die narrative Theologie wäre ein Gegenkonzept zur prädikativen, zur Begriffstheologie, wenn sie ohne Willkür noch möglich wäre. Wenn es narrative Theologie noch gibt, dann steckt sie u.a. in den Berichten von Überlebenden aus Auschwitz. Alles andere ist Kunst und Schmücke Dein Heim.
Der Begriff „allseitig“ und der Slogan „der Mensch im Mittelpunkt“ passen aufs genaueste zur dritten Leugnung: Wir sind umstellt.
Wer die Psalmen Rachegesänge nennt, läßt die Grunderfahrung, die sich in den Psalmen ausdrückt, nicht an sich herankommen.
Wann wurde das Symbolum zum Bekenntnis, wann wurde das Credo logisch umgeformt in ein Confiteor? – Mit dem Confessor?
Maria Magdalena, die von den sieben bösen Geistern befreit wurde (Mk 169, Luk 82, vgl. auch Luk 1126): heißt das, daß sie die erste war, die vom Sternendienst befreit wurde (während in der Zahl der Aposteln noch der Tierkreis symbolisiert ist)? Umgekehrt: die Besessenen, deren böse Geister „Legion“ heißen (Mt 828, Mk 59, Luk 826), die dann in die Schweineherde getrieben werden, beziehen sie sich auf die ganze Sternenwelt (Abrahams Nachkommenschaft zahlreich wie die Sterne).
Insbesondere die katholische Kirche entartet immer mehr zu einer Religion für den beliebigen Privatgebrauch. -
16.04.90
Gibt es eine Beziehung zwischen den Stationen der j Urgeschichte (von der Vertreibung aus dem Paradies über den Brudermord und die Sintflut bis zum Turmbau zu Babel) und der Abfolge der Tage der Schöpfungsgeschichte? – Vergleich mit Augustinus „Gottesstaat“?
Sintflut und Matriarchat (j – Mondjahr; P – Korrektur zum Sonnenjahr), Turmbau zu Babel: Konsolidierung des Patriarchats? (Waren die babylonischen Türme nicht sakrale Bank- und Verwaltungsgebäude? Dienen Hochhäuser – Prototyp Banken – nicht immer noch als Potenzbeweis – als Suche nach der Mitte und dem „tragenden Grund“ der Welt, wie E.D. es zu nennen nicht verschmäht? – Und scheitert die Fundamentalontologie nicht daran, daß sie sich selbst den Blick auf den „tragenden Grund“ verstellt: das Geld und in seinem Innern die drohende Gewalt der Überrüstung – als wahre Deckung des Geldes?)
Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie