Hat nicht die Unkenntnis des Blutsymbols, die Verwendung des Begriff „ad litteram“ und die Unfähgkeit zu Kritik des Weltbegriffs und in diesem Falle der Naturwissenschaften (die Rückprojektion unseres heutigen Bewußtseinsstandes in die frühe Christenheit), die Opfertheologie und das Dogma insgesamt verhext?
Die Natur ist die aufgedeckte Blöße der Welt, und die Materie die Scham.
Klingt nicht in dem paradiesischen „Sie waren nackt und sie schämten sich nicht“ die Verklärung an (der Stand vor der Verblendung durch Materie)? Steckt darin wie in dem anderen Satz „Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten, daß sie nackt waren“ nicht die Geschichte des Ursprungs der Materie?
Sind nicht die subjektiven Formen der Anschauung Fixierungen aufs Sehen und die Abstraktion vom Gesehenwerden (Grund des Prinzips: man darf alles, sich nur nicht erwischen lassen)? Die Abstraktion vom Gesehenwerden drückt sich selbst wieder in der Form der inneren Anschauung aus. Hier ist der Zusammenhang mit der Schicksalsidee begründet (Verinnerlichung des Schicksals als Grund des begrifflichen Denkens). Der Begriff der Materie bezeichnet die auf dem Sehen auf der Objektseite korrespondierende Scham. Die Heußsche „Kollektivscham“ hat nicht nur die Aufarbeitung der Vergangenheit blockiert, sie hat die Deutschen in die schicksalhafte Beziehung zur Welt, zum „Ausland“ gebracht, dagegen der Rechtsradikalismus heute so vergeblich wie selbstzerstörerisch aufbegehrt. Und kein Zweifel: Es gibt eine lustvolle Scham, wobei die Lust daher rührt, daß die Scham den Sich Schämenden von Schuldgefühlen befreit, indem es ihn von dem Subjektsein befreit, das den Schuldgefühlen zugrunde liegt. So ist die Scham der Keim des moralischen Trägheitsprinzips. Die Scham macht namenlos („Oh, wie gut, daß niemand weiß, …“), man begibt sich in der Scham außer Reichweite des Hörens.
Ein Papst, der Galilei rehabilitiert und der Inquisition guten Glauben bescheinigt, kann natürlich auch einen Pinochet seiner Freundschaft versichern (FR heute).
Eine Kirche, die sich so in ihrem Schuldverschubsystem verfangen hat, daß sie selber zur Schuldreflexion unfähig geworden ist, ist der Greuel am heiligen Ort.
Entspricht nicht die Beziehung von Kaninchen und Schlange in mancher Beziehung der des Hundes zum Mond: Gibt es diesen bannenden Blick der Schlange, und hat er etwas mit dem berüchtigten Blick Hitlers zu tun?
Während Seiters, Rühe, Hintze, auch Kinkel und Rexroth so aussehen, als könnten sie einen nicht anblicken, hat Schäuble den stechenden Blick.
Beelzebul, der Herr der Fliegen: Verhalten sich nicht die Insekten (Ursprung des Namens der Insekten?) zu den Blüten wie das Inertialsystem zum Licht und zur Materie? Sind die Insekten gleichsam lebendige Verkörperungen des Inertialsystems (ähnlich wie vielleicht die Dornen und Disteln und die Hörner der jüdischen Opfertiere)?
Sind nicht generell die symbiotischen Systeme in der Natur Repräsentanten der Doppelnatur des Lichts?
Bei Elisa (2 Kön?) steht die Geschichte von der Frau, die nach dem Tode ihres Mannes ihre Kinder in Schuldknechtschaft geben muß.
Ist nicht die Geldwirtschaft insgesamt ein System der Schuldknechtschaft, die sich auf die Naturwissenschaft bezieht wie die Trunkenheit Noes auf das Aufdecken der Blöße durch Ham.
Die in der Simson-Geschichte immer wiederkehrende Wendung „Da überkam ihn der Geist Gottes …“ ist sowohl komisch als auch ein noch aufzuklärender Hinweis auf die Beziehung des Geistes Gottes zu den Grundlagen der Gewalt, zu ihrem Naturgrund.
Die Welt ist das fensterlose Haus der Monade: die Isolationshaft des Subjekts. Nur die Kritik des Begriffs und die Wiedergewinnung der benennenden Kraft der Sprache führen heraus. Das „qui tollit peccata mundi“ ist das Ausbruchswerkzeug.
Der Antisemitismus (und sein kirchliches Pendant, der Antijudaismus) ist ein Versuch, sich die prophetische Kritik vom Leibe zu halten, der Verpflichtung des Votums für die Armen und die Fremden sich zu entziehen.
Blut
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30.06.93
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29.06.93
Die Trinitätslehre gehört zu den Konstituentien des Weltbegriffs (des Objektivations- und Instrumentaliserungsprozesses).
Im orthos im Begriff der Orthodoxie steckt der gleiche Abstraktionsmechanismus, dem auch der Begriff der Orthogonalität sich verdankt. Damit hängt es zusammen, wenn die Geschichte der Orthodoxie sich als die Geschichte der drei Leugnungen begreifen läßt.
Das metaphorische Element, in dem die benennende Kraft der Sprache gründet, ist im griechischen Mythos, und zwar bereits in seinem Ursprung, im Bilde des Labyrinths (mit dem Minothaurus im Zentrum) vorgestellt worden. In der Metaphorik kann man sich wie im Labyrinth verirren. In der Philosophie wurde dieses Labyrinth von seiner metaphorischen Wurzel abgeschnitten und als Logik des Begriffs (der Begründung und der Reflexion) spiritualisiert. Hier gründet die Verführungskraft der (von ihren Wurzeln in der Schrift abgehobenen) Trinitätslehre. Die Welt des Mythos und der logische Zusammenhang der Philosophie sind zwei Seiten ein und derselben Sache.
Ist nicht die Sintflut und das „Alles ist Wasser“ beim Thales ein Symbol für den Ursprung des Weltbegriffs (mit dem das Ich die Schöpfung überflutet), und die Arche schon ein Prototyp des Turms von Babel?
Der Weltbegriff bezeichnet die Wände der Monade, der Naturbegriff die Spiegelung des Außen im Innern der fensterlosen Monade.
In ihren wesentlichen Gestalten ist die Philosophie ein Versuch des Auftauchens aus dem Meer des Vergessens, in dem das Leben der Gesellschaft sich bewegt. Steckt nicht in diesem Satz die Auflösung des Rätsels der großen Meerestiere?
Der Zusammenhang von Phylogenese und Ontogenese gilt auch für die Sprache und das Bewußtsein. Das Vergangene ist nicht nur vergangen, es steckt noch in uns drin.
Laßt die Toten ihre Toten begraben: In der Geschichtsforschung begraben die Toten die Toten; aber wird so nicht die Auferstehung vorbereitet? Eine Kirche, die an die Auferstehung der Toten glaubt, muß auch die Verantwortung für ihre eigene Vergangenheit übernehmen.
Ist nicht das Modell jenes augustinischen Konstrukts, wonach zum Glück der Seligen im Himmel der Anblick der Leiden der Verdammten in der Hölle dazugehört, die Beziehung von Reichtum und Armut: Zum „Glück“ der Reichen gehört das (unerträgliche und deshalb seit dem Ursprung des bürgerlichen Bewußtseins verdrängte) Bewußtsein der Leiden der Armen (das real ebenso unabänderlich ist wie nach kirchlicher Lehre das Leiden der Verdammten in der Hölle), denn diese Leiden sind die Quellen seines Reichtums, und er genießt sie zusammen mit seinem Reichtum. Verarbeitet wurde dieses Syndrom in der Opfertheologie, in der entsetzlich entstellten kirchlichen Rezeption von Joh 129. Hilft dagegen nicht die ungeheuerlich Wendung im Hebräerbrief (928 im Zusammenhang mit 104 und 11?
Zu Brot und Wein (Melchisedech):
– das Brot vom Himmel, die ungesäuerten Brote und das Gleichnis vom Sauerteig;
– die Beziehung des Weins zur Blutsymbolik (die noachidischen Gebote und die Trunkheit und die aufgedeckte Blöße Noahs), der Kelch (der Kelch des Neuen Bundes und Gethsemane: „Könnt ihr diesen Kelche trinken?“ und „Vater, wenn es möglich ist, laß diesen Kelch an mir vorüber gehn“, der Taumelkelch und der Becher des göttlichen Zorns, der Becher mit dem Unrat in der Apokalypse), Kelch des Segens und Kelch der Dämonen, Wasser, Wein und Blut.
– Sauerteig und Kelch (Ihr werdet ihn trinken, aber das Sitzen zu meiner Rechten oder meiner Linken habe nicht ich zu vergeben), Brot und Wein: Rechts und Links, Barmherzigkeit und Gericht.
Ist die Materie die Scham der Dinge, gleichsam der Erdboden, in den sie versinken möchten: das Sein wie die anderen? Ein Medium, in dem das Selbstsein als Schuld erfahren wird, dessen man sich schämen muß. Ist das Blut die Scham des Lebendigen, Substanz und Medium des Ursprungs und des Mediums des Schuldzusammenhangs des Lebendigen, Grund des Schicksals? (Wenn das Volk sich als Schicksalsgemeinschaft definiert: ist dann ein Volksstaat denkbar ohne das ius sanguinis?)
Der Blutkreislauf wurde in der gleichen Zeit entdeckt, als auch das heliozentrische System: das Kreisen der Planeten um die Sonne (und damit dem Erkenntnisgrunde nach, das Gravitationsgesetz) entdeckt worden ist. Gibt es eine Beziehung des Blutes zum kreisenden Flammenschwert des Kerubs, der den Eingang des Paradieses bewacht? Hat das Blut etwas mit dem Fall zu tun (ist das Blut das Realsymbol des Falles? Gibt es aus deisem Grund keine Sühne ohne das Blut? Und ist das Opfer der Sünde deshalb das Blutopfer? Denn „fast alle Dinge werden mit Blut gereinigt nach dem Gesetz, und ohne Blutvergießen gibt es keine Vergebung“ (Hebr 922), und „Fleisch und Blut können nicht das Reich Gottes ererben“ (1 Kor 1550).
Liegt nicht eine sehr tiefreichende logische Konsequenz darin, daß im Paradies bemerkt wird, daß die Menschen nackt waren, aber sich nicht schämten, während sie nach dem Sündenfall, nachdem ihnen die Augen aufgingen, „erkannten“, daß sie nackt waren: Die Scham selbst wird nicht mehr genannt; sie steckte in dieser „Erkenntnis“.
Ochs und Esel: Der Ochs kennt seinen Eigner, der Esel die Krippe seines Herrn (Jes 13). Was unterscheidet den Eigner vom Herrn? Der Ochse wird ins Joch gespannt und zieht den Ochsenkarren, dem Esel wird die Last aufgebürdet.
Läßt sich der Satz „Man soll dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbinden“ (Deut 254 und 1 Kor 99) nicht auf den „Umbau des Sozialstaats“ beziehen?
Sind die Billardkugeln, das gegenständliche Paradigma der mechanischen Stoßprozesse, nicht die neutralisierten Bücke des mythischen Zeitalters?
Zur Logik des Raumes: Wir nutzen die verdinglichende, objektivierende und instrumentalisierende Gewalt des Raumes, sind aber unfähig, das in den Beziehungen der Dimensionen versteckte Moment der Reflexion (das Rätsel der Reversibilität und Orthogonalität der Richtungen im Raum) zu begreifen, genauer: wir verdrängen es.
Die mathematische Form des Raumes verdankt sich der Abstraktion von jenem Zeitmoment, das am Ende der Geschichte der Physik im Prinzip der Konstanz der Lichtsgeschwindigkeit gleichsam zwangserinnert wird.
Das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit klärt die Beziehung von Rechts und Links, von Wein und Brot, von Griechisch und Hebräisch.
Marx, Freud und Einstein: das Geld, das Bekenntnis und der Raum, oder Armut, Keuschheit und Gehorsam. (Die Physik ist nicht der Kloß im Hals, sondern der Stöpsel im Ohr.)
War nicht die Verklärung auf dem Berge Tabor die Antizipation des vollendeten Werks des Opfers der Sünde? Und hier wollte Petrus drei Hütten bauen: dem Moses eine, dem Elias eine und Jesus eine. -
24.06.93
Die Kritik des Weltbegriffs ist die Grundlage einer Metakritik der Kritik der reinen Vernunft.
Zum Begriff der Lebenswelt: Schicksal ist der Schuldzusammenhang des Lebendigen. Auch die Fachwelt ist eine Lebenswelt, die des Fachidioten. Ist nicht auch der Begriff des Lebens „idiotisch“, und der Weltbegriff ohne den des Lebens nicht zu denken?
Ps 165: „Der Herr ist Teil meines Erbes und mein Becher.“ Was hat das Erbe mit dem Becher, und haben vielleicht beide etwas mit dem Blut zu tun?
Ist nicht die Blutsymbolik, wenn sie nicht, wie in dem Katechismus-Zitat aus Lumen Gentium, zum Kern einer Metzger-Theologie werden soll, eigentlich die Aufforderung, der Entfremdung bis ins Innere der physis nachzuspüren: ein Einspruch gegen die Urteilslogik, gegen die Trennung von Gegenstand und Begriff, Leib und Seele?
Eine Assoziation zu dem Lumen-Gentium-Zitat: Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber; und ist nicht die katholische Marien-Verehrung zum Infektionskeim einer solchen Dummheit geworden?
War nicht der Arbeitstitel „Religion als Blasphemie“ eine Art Forschungsprogramm zum Begriff „Greuel am heiligen Ort“?
Bis auf wenige Ausnahmen scheint es im Hebräischen keine Prä-und Suffixe zu geben (s. die Stichworte Präfigierung und Suffigierung in der Hebräischen Grammatik). Zu diesen wenigen Ausnahmen gehören das b‘, das ha-, das -oth und das -im, die alle auf Nomen und deren genus und numerus sich beziehen. Kann es sein, daß die Konjugationen der Verben, die über die Vokalisierung laufen, unters Bilderverbot fallen (und die hebräische Schrift deshalb eine Konsonantenschrift ist)?
Hat das hebräische b‘, als Orts- oder Zielbestimmung, etwas mit dem Präfix be- (auch dem englischen to be) zu tun (so daß im Enlischen und Deutschen dieses telos-bestimmende b‘ zusammen mit seiner Instrumentalisierung gedacht wird, woraus sich dann zwanglos der Übergang vom englischen to be zum deutschen Sein sich herleiten ließe: Zusammenhang der Instrumentaliserung mit der Umwandlung in anonymes Eigentum, in „Sein“)?
Das Vorhandene ist herrenloses Gut.
Hängt das Sein nicht mit dem „Es gibt“ zusammen, wobei das Es als anonymisierter, vergesellschafteter Gesamteigentümer (Begründung des Nationalismus in der Dinglogik der Geldwirtschaft) zu verstehen wäre (vgl. das Hegelsche System-Programm, das die Substanz als Subjekt zu begreifen sich vornimmt, das dann direkt in die Staatsmetaphysik hineinführt)? Auch der kantische Begriff des „Gegebenen“, der das Sinnliche als ein von außen ans Subjekt Herankommendes vorstellt, erinnert an diesen Zusammenhang. Dieses Es ist seit dem Ursprung der Philosophie als Natur vorgestellt worden.
Ist das Geben nicht eine reine Präfix-Bildung, zusammengesetzt aus ge- und be-, während das dem entsprechende lateinische dare (Dativ) auf das deiktische da- (vgl. das Du und seine Ableitungen und die bestimmten Artikel im Deutschen) zurückweist?
Die subjektiven Formen der Anschauung sind die Mühle, die der gefangene, geblendete und gefesselte Simson im Gefängnis der Philister drehen mußte (Ri 1621).
Liegt hier nicht der Schlüssel für den Namen des ägyptischen Sklavenhauses: Gibt es ein Haus (als Objektivation der Form des Raumes) ohne Sklaven?
Enden nicht die Bücher der Könige damit, daß der Pharao seitdem keinen Kriegszug mehr aus Ägypten heraus geführt hat, nachdem der König von Babel ihm alles genommen hat, vom Grenzbach Ägyptens bis zum Euphrat, und auch Jerusalem erobert und geplündert und die Juden in die Deportation geführt hat.
Ist nicht der Neofaschismus in diesem Land auch ein Reflex auf die ekelhafte Anbiederung an das „Ausland“, die davon ausgeht, daß alles, was die andern Staaten tun, doch auch uns erlaubt sein müsse. Und da scheint Kinkel in der Konsequenz seines vorlaufenden Gehorsams noch den Genscher zu übertreffen. Hat nicht diese Bundesregierung in der „Wiedervereinigung“ nur die Chance des nationalen Gefühls gesehen, aber die praktischen Aufgaben und die Situation, auf die sie konstruktiv hätte reagieren müssen, nicht wahrgenommen, sondern das Land den durch die liberale Wirtschaftspolitik verwilderten Wirtschaftsinteressen überlassen und ausgeliefert. -
22.06.93
„Zorn ist ein Verlangen nach Rache.“ (Katechismus, Nr. 2302) Diese Definition, die auch durch das nachfolgende Thomas-Zitat nicht besser wird, rührt an den Kern der theologischen Unkenntnis und der Dummheit dieses Katechismus. Wenn sie stimmen würde, dürfte es keinen göttlichen Zorn geben, es sei denn, man unterstellte auch Gott ein Rachebedürfnis (das dann die projektive Abfuhr durch den Antisemitismus nach sich zieht: z.B. durch die Unterscheidung des christlichen Liebesgottes vom jüdischen Rachegott). Die deutsche Sprache unterscheidet Wut und Zorn; und die Katechismus-Definition trifft die Wut, nicht den Zorn. Aber ist nicht die Unfähigkeit, beide zu unterscheiden, beide unterschiedslos auf das „Verlangen nach Rache“ zu beziehen, eine zwangsläufige Folge eines theologischen Konzepts, in dem Gottesfurcht und Herrenfurcht, Umkehr und Umdenken sowie Nachfolge und Unterwerfung unter jegliche Autorität nicht mehr sich unterscheiden lassen, in dem m.a.W. der Gegenstandsbereich, auf den der Begriff des Zorns sich bezieht: die Verletzung der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens, längst aus dem Blickfeld geraten ist? Hier gibt es keine Möglichkeit mehr, den göttlichen Zorn und die teuflische Wut (einen teuflischen Zorn gibt es nicht) zu unterscheiden. Zu prüfen wäre insbesondere der Begriff des Rachebedürfnisses selber (der eigentliche Existenzgrund des Rechts, der Strafe und der gesellschaftlichen Einrichtungen des Strafvollzugs): Bezeichnet er nicht das subjektive Korrelat des Schuldverschubsystems, steckt nicht in jedem Rachebedürfnis ein projektives Element, die lustvolle Verschiebung eigener Schuld auf andere? Ist nicht in jedem Objekt eines Rachebedürfnisses auch etwas vom Sündenbock? Dann aber wäre nach der Katechismus-Definition der Begriff des Zorns auf Gott nicht anwendbar, dann wäre der Begriff des gerechten Zorns gegenstandslos. Aber ist nicht die kirchliche Theologie heute dabei, mit dem theologischen Begriff des Zorns die Theologie selbst gegenstandslos zu machen?
Auschwitz hat in Deutschland (und in der Kirche?) stärkere Rachebedürfnisse ausgelöst als bei den Juden (ist nicht die kirchliche Position in der heutigen Abtreibungsdiskussion, die nicht selten bei den kirchlichen Hardlinern mit Auschwitz-Assoziationen sich verbindet, eine Form der projektiven Abfuhr dieses Rachebedürfnisses: der ihr zugrunde liegenden Mordlust, die man dann in die Frauen hineinprojiziert?).
Wenn der Zorn ein Verlangen nach Rache ist, dann ist die Welt ein Geschöpf des göttlichen Zorns und der Kreuzestod der bis heute mißlungene Versuch, diesen Zorn zu besänftigen (die Welt zu „entsühnen“). Aber diesen Anschein erweckt ja nun in der Tat die christliche Theologie (aus diesem finsteren Konstrukt hat die Gnosis einmal versucht, die Konsequenzen zu ziehen). Gehört nicht in diesen Zusammenhang nicht auch der Satz: Extra ecclesiam nulla salus, der die Konsequenz mit einschließt, daß es nur um die Rettung der einzelnen aus der bösen Welt, nicht aber um die Rettung der Welt selber geht, und daß, wenn es Heil nur in der Kirche gibt, alles, was draußen ist, verworfen ist.
Der Gott, der den Tod seines eigenen Sohns als Sühne fordert: nimmt der nicht seine eigene Selbstoffenbarung im brennenden Dornbusch zurück, ist das nicht die Rücknahme des JHWH (in der Geschichte der Bindung Isaaks war es der Engel der Elohim, der das Opfer forderte, und der Engel JHWH’s, der die Forderung zurücknahm)?
Merkwürdige Stelle bei Kant (Kr.d.r.V., S.403f), wo er in der Verlängerung einer geraden Linie ins Unendliche die gleiche Logik erkennt wie bei dem Elternpaar, von dem man „in absteigender Linie der Zeugung ohne Ende fortgehen“ könne. Liegt hier, in der Beziehung der endlos sich fortzeugenden Geraden zu den endlos sich fortzeugenden Gattungen in der Natur, nicht ein Hinweis auf den Ursprung des christlichen Sexualtabus und auf sein anderes, verdrängtes Objekt: in der Verdrängung des Zeugungselements bei der Mathematisierung der Raumes (in der Abstraktion vom Licht, das beides, das Sehen und das Gesehenwerden, in sich enthält, und darin den Ursprung sowohl des Lebens wie des Angesichts; vgl. den biblischen Zusammenhang des Gesehenwerdens mit der Scham: „Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten, daß sie nackt waren“).
Auch eine Bemerkung zur feministischen Theologie: Die Vorstellung einer unendliche Ausdehnung des Raumes steht unter dem Zwang der Verdrängung des Gesehenwerdens, der Scham, die dann im Begriff der trägen Masse (und im Realsymbol des Blutes?) wiederkehrt: Ist die mathematische Raumvorstellung nicht (wie in anderer Hinsicht das Geld und das Bekenntnis) ein Realsymbol der Vergewaltigung (und der Onanie)? Liegt der Anfang hierzu in der geschlechtsspezifischen Trennung der Heiligen nach der Märtyrerzeit in Confessores und Virgines? Und liegt hier nicht ein Hinweis auf den Zusammenhang der Hexenverfolgung (einschließlich der damit verbundenen Mythen – vgl. Carlo Ginzburg: Hexensabbat) mit dem Ursprung der naturwissenschaftlichen Aufklärung?
Meistveraltet ist die jeweils jüngst vergangene Mode. Ist nicht auch das ein Teil des Schuldverschubsystems, seiner Mikrologik: Indem das gerade Vergangene nur durch den Zeitablauf reflexionsfähig wird, erzeugt es nur den Zwang zur Verdrängung; dieser das Ich bedrängenden Scham- und Schuldflut ist unser Reflexionsvermögen nicht gewachsen. Zu verarbeiten ist sie nur über die projektive Schuldverschiebung. – Anwendung auf die Beziehung zur Vergangenheit in Deutschland.
Liegt hier nicht auch der Schlüssel zum kritischen Verständnis der Habermasschen Verarbeitung der Kritischen Theorie? War nicht der „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ schon eine affirmative, neutralisierende Umformung des Begriffs der Kulturindustrie? Unter diesem Neutralisierungsdruck ist die Kommunikations- und Diskurstheorie entstanden (die letzte Fluchtburg vor der andringenden Notwendigkeit der Restituierung der benennenden Kraft der Sprache). Ist nicht das Reale in der Habermasschen Intersubjektivität verdampft (unter dem Hitzedruck der rekursiven und selbstreferentiellen Logik der Intersubjektivität)?
Der Geist Gottes brütend über den Wassern ist bei Heidegger zur Mordlust ausbrütenden Daseins-Philosophie verkommen (Rückfall in die gleiche Finsternis über dem Abgrund, die Habermas jetzt als Neue Unübersichtlichkeit überfällt).
Der Weltbegriff bedarf der quasitheologischen Idee der Entsühnung (er bedarf der Opfertheologie), und das deshalb, weil nur auf diesem Wege die projektive Verarbeitung der Erfahrung (der historische Objektivationsprozeß), die der Weltbegriff absichert, möglich gewesen ist. Die projektive Verarbeitung selber lief unter dem Titel Naturerkenntnis.
Wie verhalten sich eigentlich die bestimmten Artikel im Deutschen, in die die Deklinationsformen sich verlagert haben, zu den Nomen selber (den deutschen „Substantiven“), an denen die Deklinationen nur noch fragmentarisch an Endungsresten erkennbar sind? Die ehemaligen Suffixe sind zusammengeschrumpft und nur noch ein verhallendes Echo der die Deklination repräsentierenden bestimmten Artikel. Welcher Unterschied liegt zwischen der Deklination des Nomens Deutscher (der D’e, des D’en, dem D’en, den D’en) und der des Nomens Wald (der W, des W’es, dem W’e, den W)? In dem einen Fall drücken sich alle Beugungen durch das -en aus, in dem anderen stehen neben der Einheit des Nominativ und Akkusativ die getrennten Formen des Genitiv und Dativ. Sind in den femininen Nomen die Deklinationen insgesamt endungslos (die Frau, der F, der F, die F)? Aber sind hier die Deklinationen nicht ohnehin nur Varianten der fem./masc. Artikelbildungen? Und sie die Wald-Endungen nicht versteckte Neutrums-Endungen (vgl. das Haus, des H’es, dem H’e, das H)? Kann es sein, daß im Deutschen die Flexionen (die Deklinationen) durch genus-spezifische Elemente überlagert werden, gleichsam eine zweite Reflexionsstufe zum Ausdruck bringen? Wenn ja, welche Sprachlogik verbirgt sich dahinter? Auffällig ist eine merkwürdige Reflexions-Beziehung des Femininum zum Maskulinen (der maskuline Artikel erscheint als Genitiv- und Dativ-Artikel im Femininum, und die feminine Deklination des Artikels ist zugleich das Modell der allgemeinen Deklination im Plural) wie des Maskulinum zum Neutrum. Gibt es einen sprachlogischen Zusammenhang mit der Ersetzung der Suffixbildung durch Bildung mit Hilfe von Hilfszeitverben bei den Konjugationen (und der Ersetzung der hierarchischen Begriffs- durch hierarchische Satzkonstruktionen) und schließlich mit dem exzessiven Gebrauch von Prä- und Suffixen im Deutschen?
Wie verhält sich eigentlich das Wort vom Weizenkorn, das sterben muß, um hundertfältige Frucht zu bringen, zu dem Gleichnis vom Weizen, der unter die Dornen, auf felsigen und auf fruchtbaren Grund fällt? Sind die Dornen und der Felsen nicht Symbole der Hypostasierung des Todes (die in die Theologie durch den affirmativen Gebrauch des Weltbegriffs hergekommen sind, und in denen sich die entscheidenden Aspekte dieses Weltbegriffs, seine Subjekt- und Objektfunktion, ausdrücken)? Grund ist die Weigerung, das Nachfolge-Gebot in die Grundlagen der Theologie (der Gotteserkenntnis) mit hereinzunehmen. Aber Gott will nicht, daß sein Wort leer zu ihm zurückkehrt.
Ist nicht die Versteinerung (der Fels) Grund und Folge der nicht übernommenen Arglosigkeit (der Unfähigkeit, die Klugheit der Schlange ohne projektive Entstellung, ohne der Paranoia zu verfallen, zu übernehmen)? Ist sie nicht eine Folge der bis heute unaufgelösten Paranoia im Kern der Welt?
Zum Brief an Metz: Das „Zeit ist’s“ verweist auf den Aktualitätskern der theologischen Erkenntnis, auf das, was die Mystiker das „nunc stans“ (und Ernst Bloch das „Dunkel des gelebten Augenblicks“) nannten. Dieser Aktualitätskern ist die bis heute ungehobene Wahrheit des Sterns der Erlösung.
Ist nicht die Kirchengeschichte der paulinischen Theologie die Geschichte des kirchlichen Kleinglaubens, und hat nicht die lutherische Rechtsfertigungslehre diesen Kleinglauben auf den Begriff gebracht? Aber Jesus ist der, der dem Sturm und den Wellen des Meeres gebietet, und ist uns nicht ein Teil dieser Kraft in seinem Namen mitgegeben? -
21.06.93
Gründet
– der Raum in der Beziehung von Rechts und Links (Gericht und Barmherzigkeit),
– das Bekenntnis in der von Vorn und Hinten (im Angesicht und hinter dem Rücken, berith und Schwur) und
– das Geld in der von Oben und Unten (Gewalt und Herrschaft und Knechtschaft, diatheke und Tod)?
Und alle drei hängen mit Trägheit, Licht und Schwere (auch mit den drei Aspekten des Bösen: dem Satan, dem Teufel und dem Dämon) zusammen?
Haben Gottesfurcht, Umkehr und Nachfolge etwas mit den drei Abmessungen des Raumes, mit Raum, Geld und Bekenntnis (Bekenntnis des „Namens“!), und mit den drei evangelischen Räten zu tun (entspricht das „Bekenntnis des Namens“ der Keuschheit, das verdinglichte hingegen der Unzucht? – „Lehrzuchtverfahren“).
Die Bekenntnislogik ist wie die des Geldes ein Aspekt der Logik des Inertialsystems.
Die vergangene Zukunft ist die durchs Dogma neutralisierte Parusie-Erwartung.
Das Blutsymbol ist durch die Bekenntnislogik und durch das verdinglichte Dogma nicht nur unkenntlich gemacht worden: es ist in sein Gegenteil verkehrt worden. Es wird durchsichtig, wenn die verdinglichende Gewalt im Dogma getilgt wird, wenn in ihm die Gottesfurcht, die Umkehr und die Nachfolge wiedererkannt werden. Insofern ist die Opfertheologie in der Tat das zentrale Objekt der Weltkritik. Das Dogma ist der Greuel am heiligen Ort.
Die Hegelsche List der Vernunft heißt bei Kant noch schlicht und einfach Betrug (Kr.d.r.V., S. 395).
Im Futur II, im „Es wird gewesen sein“, klingt das „was wird schon gewesen sein“: die enttäuschte Erwartung, nach. Hier wird die Wurzel des Herrendenkens sichtbar: es gründet in der Verzweiflung (die die Wurzel des Neutrums ist, des Objektbegriffs: des Staubs, aus dem Adam ward, und zu dem er wieder werden wird, und von dem die Schlange sich nährt).
Der Vertrag bedarf des Schwures und der damit verbundenen Einrichtungen: des Tempels, der Religion, des Opfers und des Priestertums, während das Testament an den Tod anknüpft.
Trotz des Satzes „Niemand hat eine größere Liebe, als wer sein Leben hingibt für seine Freunde“ war der Kreuzestod kein Heldentod. Obwohl der Heldentod, der die Greuel des Krieges, die den Heldentod begründen, hinter sich verbirgt, sie unsichtbar macht, in der Tradition der christlichen Kreuzestheologie begründet ist (was ein bezeichnendes Licht auf die zentrale Bedeutung des Kreuzestodes in der deutschen Nachkriegstheologie wirft). Hier liegt zweifellos einer der Gründe, weshalb innerkirchlich die Aufarbeitung der Vergangenheit so schwer fällt: die Lösung liegt zu nah. Voraussetzung einer solchen Aufarbeitung wäre in der Tat der Bruch des Tabus, das über dem Heldentod liegt, seine Lösung vom Kreuzesparadigma: die Kritik seiner christlichen Prämissen. Ist nicht der Kreuzestod Jesu die offene Wunde der Geschichte, und die Opfertheologie – als Versuch, die offene Wunde durch Verdinglichung und Instrumentalisierung zu schließen – der blasphemische Kern der christlichen Tradition, nicht mehr nur Produkt der enttäuschten Parusieerwartung, sondern deren Hintertreibung?
Weltkrieg (dessen Name die transzendentallogische Einheit von Welt und Krieg aufs genaueste bezeichnet), Heldentod und Auschwitz bezeichnen den Kulminationspunkt einer bis heute nicht aufgearbeiteten Theologie.
Volk als Schicksalsgemeinschaft ist die Gemeinschaft einer Mordgesinnung, die glaubt, sie könne nicht haftbar gemacht werden. (Dieser Satz löst das Rätsel des Begriffs der „Volkspartei“.) Gilt das gleiche auch für „Bekenntnisgemeinschaften“? Sind nicht Bekenntnisgemeinschaften ebenfalls Schicksalsgemeinschaften? Aber die Differenz zwischen Volks- und Bekenntnisgemeinschaften ist ablesbar an der Differenz zwischen Antisemitismus und Antijudaismus: Das Schicksalhafte des Volks gründet im Biologischen, das des Bekenntnisses in einem Akt, der die Zustimmung per definitionem mit einschließt. Das Volk ist durch Gründung der Gemeinschaft im Blutprinzip antisemitisch; durchs Blutprinzip tritt das Volk in wütende Konkurrenz zum auserwählten Volk.
Müßte der Satz „Ich bin das A und das O (das Alpha und das Omega), der Erste und der Letzte“ (Apk 18, 216, 2213) wegen seines Ursprungs im Hebräischen nicht auf das Aleph und das Taw bezogen werden? Und hängt das mit dem et (dem Akkusativ-Partikel und dem mit) und dem at (dem femininen Du), in dem beide Buchstaben vereinigt sind (die nach kabbalistischer Auffassung das ganze Alphabet, die ganze Schrift, in sich befassen) zusammen? Haben die Griechen das thet und taw durch das Omikron und das Omega (beiden entspricht das hebräische waw) ersetzt: die beiden Verschlußlaute als Grenzbuchstaben durch zwei Vokale? Hängt das damit zusammen, daß die hebräische Sprache eine Sprache im Angesicht, die griechische eine Objektsprache ist (was die christliche Theologie nicht von der Gottesfurcht, der Umkehr und der Nachfolge suspendiert)? -
18.06.93
Kann es sein, daß, wenn auch die Gottesfurcht, die Umkehr und das Nachfolgegebot beim Paulus nicht vorkommen, sie aber dennoch die Grundlage seiner Theologie sind und diese anders nur mißverstanden werden kann? Aber ist dann dieses Mißverständnis nicht die Grundlage der kirchlichen, dogmatischen Bekenntnis-Theologie?
Hat die augustinische Vorstellung, daß zum Glück der Seligen im Himmel der Anblick des Leidens der Verdammten dazugehört, etwas mit dem Hegelschen Satz, daß die bürgerliche Gesellschaft bei all ihrem Reichtum nicht reich genug ist, der Armut und der Erzeugung des Pöbels zu steuern, zu tun? Und weist das nicht darauf hin, daß die Rezeption der paulinischen Theologie von Anfang an durchs Tauschprinzip verhext war? Ist nicht das entsetzliche Mißverständnis der paulinischen Theologie noch eine Schicht tiefer anzusetzen, als Hans-Joachim Schoeps es tut, nämlich als die Verfälschung eines völlig unverständlich gewordenen symbolischen Konstrukts durch den Tauschprinzip-Realismus. Das wäre insbesondere anhand der Christologie und der Opfertheologie zu demonstrieren. Es käme vor allem darauf an, endlich die Kelch- und Blut-Symbolik genauer herauszupräparieren, sie aus der „Metzger-Theologie“ herauszulösen, und endlich von den kannibalischen Aspekten der Eucharistie-Lehre loszukommen.
Zu dem Satz „Ein Fluch Gottes ist der Gepfählte“ gehört auch das Wort vom Zornesbecher und Taumelkelch. Beides hängt mit dem Problem der Scham (der Schande), dem „Hinter dem Rücken“ und der Übernahme der Sünden der Welt zusammen.
Die wirklich gefährlichen Sätze, wonach Sühne nur durch das Blut geleistet werden kann, und daß Erlösung die Reinwaschung durch das Blut einschließt, daß Erlösung (nur?) auf die Vergebung der Sünden abziele (anstatt auf die Rettung der Welt), begründen die ungeheuerlichen Mißverständnisse, von denen die Kirche und ihre Lehre seitdem nicht mehr losgekommen ist.
Durch den Tauschprinzip-Realismus ist das Erlösungskonzept, das etwas ganz anderes meinte: nicht die Erlösung von der „entsühnten“ Welt, sondern die Rettung der Menschen mit der Welt, in ein Herrschaftsinstrument umgewandelt worden.
Der von Schoeps zitierte Satz aus der rabbinischen Tradition, wonach „die Tore der Umkehr … niemals geschlossen“ sein werden (S. 313), ist die jüdische Entsprechung zum dem christlichen „Die Pforten der Hölle werden sie nie überwältigen“.
Die Mathematik erinnert an die Geschichte von Hase und Igel: Die Mathematik ist der Igel, der, wo der Hase auch hinrennt, rufen kann: Ick bün all do. Und der Hase rennt sich die Seele aus dem Leibe. Aber sollten wir nicht doch endlich die Partei des Hasen und nicht die des Igels ergreifen?
Nach Wahlen gab es immer die „Elefanten-Runden“, welche Bezeichnung den Sachverhalt sehr genau traf: Sind nicht Elefanten dickfellig, empfindlich und nachtragend? Aber verstärkt sich heute nicht der zusätzliche Eindruck, daß Kohl immer mehr dazu neigt, sich mit Elefanten-Babys zu umgeben? Eine physiognomische Beurteilung des männlichen Teils des Kabinetts Kohl (die FDP-Minister eingeschlossen) wäre zweifellos vernichtend. Man weiß eigentlich nicht mehr, mit welchen Organen diese Politiker hören (genau so, wie es immer unerfindlicher wird, weshalb Bundestagsdebatten in den Medien übertragen werden).
Der Fehler des Julian Jaynes („Ursprung des Bewußtseins“) liegt darin, daß er das Produkt des entfremdeten Bewußtseins, das Unbewußte, in den Ursprung des Bewußtseins hineinprojiziert, eine Rückkoppelung vornimmt, die so nicht zulässig ist.
Ist nicht das apokalyptische Tier, sind nicht die verschiedenen Gestalten des apokalyptischen Tieres aus sprachlichen Sachverhalten zu rekonstruieren, und zwar genauer aus den Mechanismen der Vergesellschaftung und Instrumentalisierung der Sprache, mit der Mathematik im Kern? Ihr Platzhalter im Subjekt sind die kantischen subjektiven Formen der Anschauung. Die subjektiven Formen der Anschauung gewinnen diese Funktion erst durch die Trennung des Anschauens vom Licht, nach dem Herauspräparieren des Angeschautwerdens aus dem Anschauen, nach dem Herauspräparieren der Scham und der Schuld und deren gegenständliche Neutralisierung im Begriff der Materie: durch die Zerstörung des Angesichts; bezieht sich hierauf nicht das biblische Symbol des Blutes? Das Verbot des Blutvergießens und das des Genießens von Blut meint eigentlich das Verbot, sich jener Paranoia zu überantworten, aus der der Materiebegriff entspringt (Zusammenhang mit dem Naturbegriff und mit dem Gebrauch des Namens der Barbaren). Wer Blut genießt, trinkt vom Taumelbecher des göttlichen Zorns. Hier liegt die Lösung des Rätsels der Genesis der Mordlust. Was der neue Katechismus „bedauerliche Vorkommnisse“ nennt, sind die Folgen davon, daß die Kirche den Kelch getrunken hat.
Der Tauschprinzip-Realismus ist transzendentallogisch in den subjektiven Formen der Anschauung begründet, verstärkt durch die These, daß diese der kritischen Reflexion sich entziehen. Er läuft auf die dann ebenfalls nicht mehr reflektierbare Konsequenz hinaus, daß Umkehr nicht möglich sei, und auf die Leugnung des Satzes, daß die Pforten der Hölle sie (die Kirche) nicht überwältigen werden. Unter dem Gesetz dieses Tauschprinzip-Realismus steht schon das augustinische „ad litteram“. Es steht schon unter dem Gesetz des Nominalismus, der Zerstörung der benennenden Kraft der Sprache.
Wer vor der Gottesfurcht flieht, kann sich aus der Unschuldsfalle nicht mehr retten. Zu Paulus und zur dogmatischen Tradition der Christologie und Opfertheologie: Zu klären wären ihre Beziehungen zur Gottesfurcht, zur Umkehr und zum Nachfolge-Gebot. -
19.05.93
Wie man, ohne zu erröten, den Satz niederschreiben kann (Z. 801) „Kein Charisma enthebt der Pflicht, die Hirten der Kirche zu ehren und ihnen zu gehorchen“ ist mir ein Rätsel. Hierzu wäre nur an Mt 1623 („Weiche von mir, Satan“) zu erinnern, aber auch an das Wort „Man soll Gott mehr gehorchen als den Menschen“ und an die Geschichte von den drei Leugnungen.
Ist nicht die Sprache des Katechismus eine Herrensprache, aber eine, die ihre Autoren selber nicht mehr verstehen, und von der sie auch nicht erwarten, daß andere sie verstehen (sie wünschen es nicht einmal); sie hoffen nur, daß sie auf die Leser Eindruck macht.
Durch den Begriff des „Prophetenamts“ wird die Prophetie zu einer Sache der Hierarchie und Verwaltung, die, wenn sie eine Beziehung dazu hätte, höchstens als Objekt der Prophetie sich begreifen ließe.
„Oder ist einer unter euch, der seinem Sohn einen Stein gibt, wenn er um Brot bittet, oder eine Schlange, wenn er um einen Fisch bittet?“ (Mt 79f) Aber die Kirche gibt ihren Gläubigen diesen Katechismus!
Wenn die Kirche der Leib Christi ist, dann der Sprachleib, der sich mit der Fähigkeit der Schuldreflexion bildet. Die Kirche lebt allein aus der Kraft der benennenden Sprache, die sie verschleudert hat.
Der Akt der Selbstverfluchung ist einer, in dem nicht die Kirche auf sich selbst sich bezieht (das wäre ein Akt, der die Welt nichts angeht), sondern in der Beziehung von Kirche und Welt sich konstituiert: er ist das Produkt der Verstrickung und der Identifikation der Kirche mit der Welt. Die Kirche ist in der Tat das sprachliche Herz der Welt, aber das versteinerte. Es geht nicht um die Rettung der Kirche, sondern um die der Welt. Abgestiegen zur Unterwelt, aber die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen.
Ist nicht das Dogma der Kelch, von dem Er gewünscht und erhofft hatte, er möge an ihm vorübergehen?
Liegt die Differenz zwischen dem Kelch des Herrn und dem der Dämonen in dem Moment der Reflexion? Der Kelch des Herrn ist der Wein, der zu Blut wird: die Prophetie; er wird zum Kelch der Dämonen durch die Verblendung: durch das fehlende Bewußtsein, daß es der Zornes- und Taumelkelch ist: der Kelch der Dämonen ist die Philosophie (die nur durch das Bewußtsein ihrer selbst zur Prophetie wird).
Der Weltbegriff ist durch seine Bindung an die Mathematik ein dezisionistischer Begriff (Konsequenzen für die Erkenntnis der Genesis des Nationalismus und der modernen Astronomie).
Der bestimmte Artikel zerstört die benennende Kraft der Sprache. Er verwandelt jeden Namen in einen Begriff, nachweisbar an der Redewendung „Wir Deutschen“, die korrekt „Wir Deutsche“ lauten müßte, in der gebräuchlichen Fassung aber Ausdruck der Selbstobjektivierung ist, in seiner vollständigen Fassung „Wir, die Deutschen“ heißen müßte und eigentlich der genaueste Ausdruck des pathologischen Selbstverständnisses ist, das in der deutschen Variante der Schicksalsidee und des Volksbegriff sich manifestiert.
Ist nicht der bestimmte Artikel Ausdruck einer Form der Beziehung zur Objektivität, die als Vorläufer (und Statthalter) des Fernsehens in der Sprache sich begreifen läßt? Wird die Sprache nicht durch die dem bestimmten Artikel zugrundeliegende Sprachlogik in eine Beziehung zur Objektivität gerückt, die den Naturwissenschaften und deren Vulgarisationsformen, insbesondere dem Fernsehen, entspricht? Das heißt: Die Existenz des Fernsehens ist auch ein sprachlicher Sachverhalt: die Leugnung der Wurzel.
Daß die Nomina im Deutschen großgeschrieben werden, hängt mit der Funktion und dem Stellenwert des bestimmten Artikels in der deutschen Sprache zusammen.
Bemerkenswert die Beziehung der bestimmten Artikel zu den Personalpronomina: Dem „der, die, das“ liegen offensichtlich die Personalpronomina 3. Pers. sing.: „er, sie, es“ zugrunde. Zugleich sind die bestimmten Artikel im Deutschen die Ausdrucksträger der Deklination, mit charakteristischen Varianten in den genera:
– Basis ist offensichtlich der allein vollständig durchdeklinierten männliche Artikel (der, des, dem, den),
– von dem der Artikel des Neutrums abgeleitet ist (mit der Identität von Nominativ und Akkusativ),
– während im Femininum neben der Identität von Nominativ und Akkusativ zusätzlich die fehlende Unterscheidung von Genitiv und Dativ auffällt, für die dann auch noch der männliche Artikel des Nominativ (der) eintritt.
Der durchdeklinierte feminine Artikel ist zugleich der für alle geltende Artikel des Plural (ähnlich übrigens wie das Personalpronomen der 3. Pers. plur. identisch ist mit dem der 3. Per. sing. fem.). Gibt es zu der darin sich ausdrückenden Sprachlogik eine Entsprechung in anderen Sprachen?
Ist nicht das Heideggersche Dasein eine Emanation des bestimmten Artikels (und dieser das letzte stumme Helden-Denkmal der Weltgeschichte der Sprachverwirrung: des Zerfalls der benennenden Kraft der Sprache)?
Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Gebrauch des bestimmten Artikels im Deutschen und der Form der Anrede von erwachsenen Personen durch die 3. Pers. plur. („Sie“)? Sind Großschreibung und Plural Majestatis nicht Stationen in der Geschichte der Herrschaft und des Weltbegriffs?
Sind Talar und Ornat Feigenblatt oder Tierfell (oder der Strauch, hinter dem Adam sich versteckte)? Aber auf jedenfall etwas, hinter dem die Person sich verbergen kann, mit dem sie ihre Blöße bedeckt.
Heute besteht die Gefahr, daß die Natur siegt, daß die Vergangenheit die Zukunft verschlingt. Dagegen steht nur das Wort: Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen.
Der Katechismus ist ein entsetzlicher Ausdruck der Desensibilisierung, der Unfähigkeit, Erfahrungen zu machen: Dieser Autismus ist ein Produkt des Rechtfertigungszwanges, in den die Kirche mit der Rezeption des Weltbegriffs sich verstrickt hat.
Johannes Eriugena hat einmal anhand der Geschichte vom Feigenblatt nach dem Sündenfall auf den unterschiedlichen Gebrauch der Schrift hingewiesen: den produktiven, fruchtbringenden im Kontext der Suche nach Gerechtigkeit, der Gottesfurcht und des Gottsuchens, und den, der die Schrift als Feigenblatt mißbraucht, um die eigene Blöße damit zu bedecken: den vom Rechtfertigungszwang determinierten Gebrauch. Ist etwa die Kirche der Feigenbaum, der keine Frucht mehr bringt (Mt 2119ff)?
Sind nicht die Röcke aus Tierfell, die Gott den ersten Menschen nach dem Sündenfall gab, sowohl ein Mittel zur Bedeckung der Scham als auch Ausdruck der Scham: das Substrat der Herrschaftsgeschichte? Gehört in diesen Zusammenhang auch die Geschichte vom Rock, der ohne Naht war (Joh 1923f), und über den die Soldaten das Los geworfen haben.
Die Geschichte der Beziehung von Öffentlichkeit und Privatsphäre ist ein Teil der Geschichte der Scham. Die Fixierung der Medien aufs Aufdecken der Blöße hängt zusammen mit dem Satz: Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten, daß sie nackt waren. Geht es nicht bei der Verlosung des Rockes um diese Nacktheit (und ihren Zusammenhang mit dem Tod)? Frage: Würden es die Kirche und würden es die Gläubigen ertragen, wenn der Gekreuzigte ohne Lendenschurz dargestellt würde? Hängt nicht das Knechts-und Sklavensymbol der Tradition auch mit dieser Aufdeckung der Blöße zusammen? Ist der Kreuzestod nicht u.a. auch die Antwort auf das Aufdecken der Blöße des andern: die Fähigkeit, mit dem Aufdecken der eigenen Blöße rational umzugehen, die letzte Konsequenz aus der Übernahme der Sünden der Welt. Liegt hier nicht der einzige befreiende Gebrauch des Bekenntnisbegriffs: daß der Schuldzusammenhang zerrissen wird durch das Bekenntnis „ich war’s“.
Dadurch, daß ich ohne mein eigenes Zutun in den Schuldzusammenhang der Welt, in die ich hineingeboren werde, deren Tradition, deren Sprache und Institutionen ich durch meine Existenz mittrage, verstrickt werde, bin ich Mittäter der Sünde Adams. Das ist die Begründung der Notwendigkeit von Erinnerungsarbeit. Ich kann mich klein machen und die Last der Vergangenheit auf die Erben abwälzen; so haben’s alle getan. Aber bin ich damit entschuldigt?
Zur Verstrickung der Kirche in den historischen Prozeß und zu den drei Leugnungen: „Amen, Amen, das sage ich dir: Als du noch jung warst, hast du dich selbst gegürtet und konntest gehen, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst. Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen werde. Nach diesen Worten sagte er zu ihm: Folge mir nach!“ (Joh 2118f)
Die Sexualmoral ist die Unzucht, die sie vorgibt zu verurteilen.
Zum Katechismus: Hier erkennt die Kirche den Balken im eigenen nur noch als Splitter im Auge des andern (kasuistische Moral).
Das Feigenblatt und das Hinter dem Rücken als Instrumente eines Schuldverschubsystems.
Der Gedanke, daß das kreisende Flammenschwert, mit dem der Kerub den Eingang des Paradieses bewacht, das Planetensystem ist, wäre zu ergänzen: Ist der Eingang des Pardieses nicht aus der Sicht der aus dem Paradies Vertriebenen die Pforte der Hölle, in der wir mit der Kirche sind?
Zu Velikovsky und Heinsohn: Ist die Venuskatastrophe vielleicht ein Stück vergangener Zukunft?
Erinnerungsarbeit: Theologie als Balanceakt ohne Netz.
Ist nicht die Form der äußeren Anschauung vor dem Hintergrund der Rosenzweigschen Konstruktion des Angesichts einäugig (das andere Auge ist – wie beim Blick durchs Fernrohr oder über die Zielvorrichtung einer Waffe – durch die Form der „inneren Anschauung“ geschlossen)? Das Anschauen ist das regungslose, empfindungslose, vergegenständlichende und vedinglichende Anschauen; aber es gibt einen anderen, teilnehmenden Blick. Der Raum ist in der Tat als Form der äußeren Anschauung einseitig, während das Licht das Gesehenwerden (und das Bewußtsein, gesehen zu werden) mit einschließt. Das wechselseitige fixierende Anschauen weist auf Stoßmechanik und Konkurrenzverhältnisse zurück.
Sind nicht der Golfkrieg und danach die Bosnienkatastrophe ein Beweis der Nichtfunktionalität und damit der Überflüssigkeit der militärischen Rüstung? Wenn Generale den Politikern klarmachen, daß der militärische Apparat, den sie beherrschen, für ein Eingreifen in diesen Konflikt nicht geeignet sei, so ist das eine Bankrotterklärung, die wahrscheinlich den Sachverhalt genau widergibt, aus der man aber auch dann die Konsequenzen ziehen sollte. Ist nicht diese Militärmaschine nur noch einsetzbar, wenn man die Auslöschung der Menschheit und das Ende der Geschichte in Kauf nimmt?
Erfahren die Kinder heute die Erwachsenenwelt als eine gegen sie verschworene Gemeinschaft, die die Gewalt hat, auch in ihrer Gegenwart unreflektiert und unsensibel über sie zu reden, aber nicht mehr die Kraft, ihre Erfahrungen zur Kenntnis zu nehmen und nachzuvollziehen. Hat die Grenze zwischen Kinder- und Erwachsenenwelt nicht Ähnlichkeit mit der, die das Inertialsystem von der sinnlich erfahrenen Natur trennt?
Dieser Katechismus ist eine Gebrauchsanweisung für Religionsmanager und -techniker, aber ohne jede Erinnerung an das, was einmal lebendiger Glaube hieß. Er ist nur noch eine Verführung zum Herrendenken, zu der die Kirche heute zu werden droht.
Die Bekehrung steht im Banne der Herrschaft, aus dem allein die Umkehr herausführt.
In Eph 39 (Einheitsübersetzung) wird aionos mit Ewigkeit übersetzt (sonst mit Welt!). -
18.05.93
Die Schuldbeziehung auf eine vergangene Sünde: auf eine vergangene Tat oder Unterlassung, ist der Grund des Begriffs und der Herrschaft (und der Grund des Weltbegriffs).
Katechismus, Ziffer 762: „Schon die Propheten klagen Israel an, es habe den Bund gebrochen und sich wie eine Dirne benommen.“ -Suggeriert dieser Satz nicht die Konsequenz: Wieviel mehr Grund haben wir, die wir als Christen die Erfüllung der Prophetie repräsentieren, Israel anzuklagen (mit dem komfortablen Nebeneffekt, daß wir die „Unheils“-Prophetie nicht mehr auf uns zu beziehen brauchen, der prophetischen Kritik entzogen sind)?
– So wird die Reflexion aus der Theologie ausgetrieben und der Antijudaismus zurückgeholt (Juden gehören, wie Andersgläubige und Frauen, zu denen, „über die man heute nicht mehr offen sprechen darf“).
– Gleichzeitig wird die politische Bedeutung des biblischen Begriffs der Unzucht neutralisiert und die Moral sexualisiert.
Dazu paßt der Satz: „Gemäß dem Plane Gottes (den die Autoren des Katechismus hier schlicht zu kennen vorgeben, H.H.) steht das Exil bereits im Schatten des Kreuzes, und der heilige Rest, der zurückkehrt, ist eines der deutlichsten Bilder der Kirche“ (Z. 710).
Die kasuistische Moral zerbricht sich den Kopf der Leute, weil sie davon ausgeht, daß sie keinen haben.
Der Sündenfall bezieht sich präzise auf das durch den Weltbegriff abgedeckte Verdinglichungskonzept.
Das Verbot, das Unkraut vor der Zeit auszureißen, heißt nicht, daß man es vorher nicht einmal sehen darf: dann nämlich sieht man es, wenn die Zeit da ist, auch nicht mehr.
Der unsägliche Satz, „die Kirche (sei) gesandt, das Mysterium der Gemeinschaft der heiligsten Dreifaltigkeit zu verkünden“ (Ziffer 738), verdrängt, daß am Ende „Gott alles in allem“ sein wird.
Wenn die „erste Wirkung der Liebe die Vergebung unserer Sünden“ (Ziffer 734) ist, wie steht es dann mit den Werken der Barmherzigkeit und mit dem „was ihr dem Geringsten … getan habt“? Muß man auch ihnen erst „ihre Sünden vergeben“? Aber hierzu paßt die die Identifizierung der Armen mit den „demütigen und sanften Menschen“ (Z. 716).
„An den Heiligen Geist glauben heißt also bekennen, daß der Heilige Geist eine der Personen der heiligsten Dreifaltigkeit ist“ (Z. 685): Was ist dann die Sünde wider den Heiligen Geist? Und ist es dieser Geist, von der es heißt, daß er uns beistehen wird, wenn die Welt uns haßt? (Aber um den Satz zu begreifen, muß man begriffen haben, was es mit der Welt auf sich hat.)
„Kein Mensch, selbst nicht der größte Heilige, wäre imstande, die Sünden aller Menschen auf sich zu laden …“ (Z. 616) Das mag stimmen, aber
– es geht nicht um die „Sünden aller Menschen“, sondern um die „Sünden der Welt“, und
– es heißt nicht „auf sich laden“ (vgl. die Sprache der Schlange in der Geschichte vom Sündenfall), sondern „auf sich nehmen“ (nicht „hinwegnehmen“); hier (in Joh 129) steht das gleiche Verb wie im Nachfolgegebot („wer mein Jünger sein will, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach“), und
– auch wenn es „kein Mensch“ kann, drückt sich nicht in diesem Nicht-Können genau die Gottesfurcht aus, die der Anfang der Weisheit ist, jedoch im Katechismus nicht vorkommt.
Wird hier nicht zugleich das Nachfolgegebot (das, wie es scheint, auch im Katechismus nicht vorkommt) geleugnet?
Was soll es eigentlich bedeuten, wenn Maria zum „brennenden Dornbusch der endgültigen Theophanie“ ernannt wird? Franz Rosenzweig hat sowas einmal die Vermanschung der Symbole genannt.
Die Kirchengeschichte enthält nicht u.a. auch „bedauerliche Vorkommnisse“, von denen man besser „absehen“ sollte (Z. 2298), sondern sie ist insgesamt die Geschichte der Ärgernisse, von denen es heißt, sie müssen kommen, aber wehe denen, durch die sie kommen. Würden die Autoren des Katechismus die Kirchengeschichte kennen und wären sie wirklich an der Sache der Theologie interessiert, müßten sie wissen, daß ein durch Rechtfertigungszwänge determiniertes Kirchenbild den Erinnerungsweg der Erkenntnis blockiert und nur noch verworfen ist.
Innerhalb der Rachelogik, die der Bekenntnislogik zugrundliegt, hat das Blut einen anderen Stellenwert als innerhalb der messianischen und parakletischen Logik. Wäre die Welt und wären die Menschen in dem Sinne „durch Sein Blut erlöst“, den die kirchliche Vorstellungskraft sich heute ausmalt, so wäre Gott wie nur der schlimmste Götze dem Blutrausch verfallen. Aber Jesus sitzt nach der Schrift zur Rechten, nicht zur Linken des Vaters (vgl. hierzu die Bücher Jona und Tobit: das Geschlecht, das Rechts und Links nicht mehr unterscheiden kann, bleibt zwar verschont, aber am Ende wird Ninive doch zerstört).
Das falsche Zeugnis ist das für andere Zwecke instrumentalisierte Zeugnis. Das Kriterium ist nicht allein das der „objektiven Wahrheit“, sondern ebenso das der Reflexion von Mittel und Zwecken. Das Verbot des falschen Zeugnisses richtet sich gegen die Instrumentalisierung der Sprache. Aber genau ihr ist die kirchliche Tradition zum Opfer gefallen.
Der wissenschaftliche Wahrheitsbegriff, der auf die Instrumentalisierung der Welt hinausläuft, gibt die Welt frei für die Zwecke der Herrschenden, macht diese Zwecke unkritisierbar. Das drückt sich in dem Tabu, das auf dem teleologischen Denken liegt, aus.
Drückt nicht in allen Wörtern mit -ng- Angst sich aus? Ist Angst nicht einfach nur der Superlativ des -ng-, die Steigerung des Dings? (Enge, bange, Strang, Schlinge, Zange, hängen, fangen, wringen, singen, Gesang; auch in den Verbalsubstantiven auf -ung drückt sich, ähnlich wie in Ding, Ring, das Abschnürende, die Subsumtion der Tat unter die Vergangenheit aus; aber was bedeuten Junge, Lunge, Zunge?)
Hängt das Suffix -heit mit dem Heiteren, der Heiterkeit, mit Aufheitern zusammen?
Ist nicht dieser Katechismus Produkt einer ebenso umfangreichen wie nachhaltigen Anstrengung, die Nachfolge aus dem Blickfeld zu rücken? Kein Katechismus für Jünger?
Vom Lamm ist nur das Schaf geblieben, das zur Schlachtbank geführt wird. Die andere Konnotation: das „Auf-sich-Nehmen“ der Sünden der Welt, ist durch Vergöttlichung verdrängt worden.
Steht etwas im Katechismus über die Bergpredigt oder über die Lehre Jesu (außer im Kontext der sakramentalistischen Verdrängung)? (Die Vorstellung, Ziel der Schriften des NT sei die Offenbarung der Lehre von der heiligsten Dreifaltigkeit, ist Hegelianismus.)
Die Gottesfurcht ist nicht identisch mit der Ehrfurcht; heute, nachdem der Kelch, von dem Jesus wünschte, er möge vorübergehen, endgültig getrunken worden ist, ist die Beziehung beider durch den historischen Prozeß zu der eines nicht mehr überbrückbaren Gegensatzes geworden.
Gegen die Opfertheologie steht auch das Schriftwort „Ein Gottesfluch ist der Gepfählte“. Diesen Fluch hat die Kirche versucht, als Akt der Gnade zu begreifen; sie hat damit die Gnade selber instrumentalisiert: zum Objekt des Fluchs gemacht.
War die Oper die Antwort der Musik auf die Ästhetisierung der Welt durch den Absolutismus, und in ihr der Gesang ein Versuch, die Zeit anzuhalten. -
24.03.93
Durchs Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit geht in die Vorstellung der Richtung (Dimension) im Raum ein zeitliches Moment mit ein, das insbesondere das Prinzip der Umkehrbarkeit, der Reversibilität aller Richtungen im Raum affiziert. Es gibt weiterhin zu jeder Richtung eine Gegenrichtung, aber diese Richtungen sind nicht mehr unverändert umkehrbar.
Sind die Längenkontraktion und die Zeitdilatation Produkt von Drehungen im Minkowskischen Raum-Zeit-Kontinuum?
Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit: Keiner kann über seinen eigenen Schatten springen. In welcher Beziehung steht dieser Schatten zur Materie? Verweist die Finsternis über dem Abgrund auf den Ursprung der Materie? Bezeichnet der Begriff der Materie den Schatten, den das System in die Dinge wirft?
Das Inertialsystem gleicht insofern einem selbstreferentiellen, autopoietischen System im Sinne Dirk Baeckers (Womit handeln die Banken, Ffm. 1991, S. 33ff), als der Realitätskontakt innerhalb des Systems nicht mehr zu bestimmen ist (diese Stelle nimmt im Inertialsystem das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ein). Die System sind nach außen abgeschlossen und blind: Isolationshaftsysteme, und wie diese durch Sichtblenden gegen jede Außenwahrnehmung abgedichtet (ist nicht das Fernsehen die Sichtblende, die heute die Privatexistenz gegen die Außenwelt abschirmt? Das Fernsehen instrumentalisiert heute in einem Maße die Information, daß es von einem Lenkungsinstrument nicht mehr sich unterscheiden läßt.).
Ist nicht die Systemtheorie das Modell der vollständigen und restlosen Selbstinstrumentalisierung?
Vor diesem Hintergrund wird die affektive Aufladung des Sinnbegriffs seit Heidegger in Deutschland (die von den Franzosen nicht wahrgenommen worden ist: sie haben Sinn weiterhin schlicht als Bedeutung verstanden) verständlich: In der Isolationshaft wird der Spalt, der allein noch einen Blick aus der Zelle auf den realen Himmel ermöglicht, zum Repräsentanten der ganzen Welt, die unerreichbar geworden ist (vgl. Heideggers eingeschrumpfte Repräsentationsbegriffe wie Eigentlichkeit, In-der-Welt-Sein, Mit-Sein u.ä.).
Wie ist das mit den Samaritern (der barmherzige Samariter, die Samariterin am Brunnen) im NT?
Num 3355: Wenn ihr die Einwohner des Landes vor euch nicht vertreibt, dann werden die, die von ihnen übrigbleiben, zu Splittern in euren Augen und zu Stacheln in euren Seiten. Vgl. hierzu:
– Mt 74f: Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Laß mich den Splitter aus deinem Auge herausziehen! – und dabei steckt in deinem Auge ein Balken. (sh. auch Adorno: Balken als Vergrößerungsglas, Minima Moralia)
– Gen 221: Heißt es hier, bei der Erschaffung Evas, Rippe oder Seite?
Joh 1934: … einer der Soldaten stieß mit der Lanze in seine Seite, und sogleich floß Blut und Wasser heraus.
Ps 1395: Du umschließt mich von allen Seiten und legst deine Hand auf mich.
Jer 203: Nicht mehr Paschhur nennt dich der Herr, sondern: Schrecken um und um. (Paschhur: ägypt. „Sohn des Horus“, hier ein Priester in Jerusalem, der Jeremias für eine Nacht in den Block legte.)
Kann es sein, daß in biblischen Texten die „Seite“ primär auf die Linke sich bezieht, während die Rechte in der Regel als Rechte auch benannt wird? Sind das Geld und der Raum (und das Bekenntnis) die linke Seite?
Haben Auge und Seite in Num 3355 etwas mit den subjektiven Formen der Anschauung (mit Raum und Zeit) zu tun?
Zu Auge und Seite vgl. auch Jos 2313 (Rücken und Auge), Ez 2824 (Dorn und Stachel), Hos 1314 (Scheol, wo ist dein Stachel), Apg 2614 (Saul, Waul, warum verfolgst du mich? Es wird dir schwer fallen, gegen den Stachel auszuschlagen), 1 Kor 1555 (Tod, wo ist dein Stachel), Off 910 (Sie haben Schwänze und Stacheln wie Skorpione).
Sieben hellenistische Diakone: Philippus hatte vier prophetische Töchter, aber was hat es mit Nikolaus und den Nikolaiten auf sich (sind in dem Namen nicht nikä und laos enthalten)?
Für den Kammerdiener ist der Held kein Held (Hegel), und: Mache dich nicht gemein mit den Spöttern (vgl. Ps 11 und 2 Pt 33). Erzieht nicht das Fernsehen die Menschen zu Kammerdienern und Spöttern?
Welches sind
– die sieben Todsünden,
– die sieben Gaben des Heiligen Geistes und
– die sieben Werke der Barmherzigkeit?
Thomas a Kempis: Die Verwechslung der Nachfolge Christi mit der Nachahmung.
Sind Himmel und Erde, tohu wa bohu und Abgrund und Wasser aufeinander bezogen: Enthüllt sich das tohu als Abgrund, und das bohu als Wasser? (Im Raum gibt es ebenso viele Richtungen wie Flächen, und ebenso viele Punkte wie Räume.)
Zum Ursprung der casus: Entspricht nicht der Genitiv-Ökonomie eine Dativ-Religion und eine Akkusativ-Politik? Sind Geld und Bekenntnis ähnlich auf einander bezogen wie Raum und Zeit? Heißen nicht die Planeten jenseits des Saturn Uranus und Pluto? -
03.03.93
Zur Unterscheidung von Unreinem von Greueln: Und ihr kamt hin und habt mein Land unrein gemacht, und mein Erbteil habt ihr zum Greuel gemacht. (Jer 27)
Das Naturproblem läßt sich erst lösen, wenn das Geldproblem gelöst ist, das Syndrom der Gleichnamigmachung des Ungleichnamigen (Zusammenhang des Schuldenproblems mit dem des Gewaltmonopols des Staates).
Enthält nicht die astrologische Kosmologie ein mythologisches Gesellschaftskonzept?
Die Tiere und die Subjektivierung, Individualisierung und Verinnerlichung des Lichts (Blut als verinnerlichte Scham). Hat sich in der Geschichte der Aufklärung das Licht gebildet, aus dessen Subjektivierung, Individualisierung und Verinnerlichung der Same und der Kristallisationskern des apokalyptischen Tieres entstanden ist? Und spiegelt sich nicht in dem Verhältnis der agrarischen zur städtischen Gesellschaft die Schöpfungsgeschichte der Pflanzen- und Tierwelt? Gehören die Tieropfer zu den Ursprüngen des städtischen Lebens? Sind nicht die Tempel Abbilder der Sternenwelt, in denen sich der Übergang von der agrarischen zur städtischen Existenz widerspiegelt? Ist nicht mit dem Ursprung der Philosophie und des Weltbegriffs der Nationalismus mitgesetzt, das Absolute als ein Partikulares, das, wenn es zum Absoluten werden will, imperialistische Züge annimmt? Wäre nicht in diesem Kontext des Zahl des Tieres zu ermitteln?
Was Adorno die restlose Säkularisierung der theologischen Gehalte genannt hat, wäre das nicht heute als die Befreiung der Theologie vom Verfolgungswahn, vom verdinglichenden Denken, vom Weltbegriff zu bestimmen?
Ist nicht im Kontext des astrologischen Kosmologieverständnisses die Ischtar, Astarte, Venus das genau Bild der Hurerei? Und gewinnt nicht von hierher die Velikovskysche Venus-Katastrophe das genauere Korrelat in einer gesellschaftlichen Naturkatastrophe?
Wenn Maria Magdalena in der gesamten Kirchengeschichte als die große Sünderin, als Prostituierte gesehen worden ist, ist darin nicht ein Hinweis auf die perhorreszierte Ischtar/Venus enthalten? Sind die sieben unreinen Geister Planetengeister? Und ist nicht das historische Korrelat der Venus-Katastrophe der Ursprung der Sexualmoral, ihre Trennung von der Herrschaftskritik? Und welche Bewandtnis hat dann, wenn Jesus in den Evangelien als Freund der Zöllner und Dirnen erscheint, und das vor dem Hintergrund des Wortes von den neunundneunzig Gerechten und dem einen Sünder?
Gehören nicht die Zöllner-Geschichten in den gleichen Zusammenhang wie das Wort „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist“ und die Geschichte von der Vertreibung der Geldwechsler aus dem Tempel?
„Maria aber bewahrte all diese Worte in ihrem Herzen.“
Nur wer die Tradition auf dem eigenen Rücken weiter zu befördern vermag, hilft, daß das Wort nicht leer zu ihm zurückkommt.
Heideggers Fundamentalontologie ist das Protokoll des ontologischen Erstickungstodes.
Orion und Siebengestirn: Hat das Siebengestirn etwas mit den sieben Planeten (und den sieben unreinen Geistern) zu tun?
Gründet nicht die Unfähigkeit, oder auch der Unwille, das Gewaltmonopol des Staates auch gegen Rechts anzuwenden, in dem Gefühl, daß beide sehr viel mehr mit einander zu tun haben, als die Vertreter des Staates nach außen bekunden dürfen; sind sie nicht Teil der verdrängten und unaufgearbeiteten eigenen rechten Vergangenheit? -
01.03.93
Nochmal zu den „Spitzen“ (Dornen und Disteln, Form des Raumes, sh. 28.02.93): Liegt hier nicht der Schlüssel zum Ursprung des Weltbegriffs (Projektion und Herrschaft: Barbaren, Natur, Materie; Gemeinheit, Recht und Grenzen der Beweisbarkeit), zum Verständnis der Zivilisationsschwelle?
Der Raum subsumiert die Zukunft unter die Vergangenheit und verdrängt die reale Vergangenheit: er zerstört die Erinnerung und desensibilisiert die Erfahrung. Grund und Ausdruck davon ist die Reversibilität aller Richtungen im Raum. Basis der Vorstellung der homogenen Zeit und Grund der Entsinnlichung der Natur. Er begründet das Trägheitsprinzip und vertreibt das Subjekt aus Natur und Welt, zerstört mit der Erfahrung des andern den Grund der Selbsterfahrung. Die philosophische Kritik des Anthropomorphismus, die von der Theologie übernommen wurde, und die die Erfahrungsunfähigkeit besiegelt, ist darin begründet. – Zusammenhang mit der dogmatischen Tradition im Christentum, insbesondere mit der Opfertheologie: Geopfert wird die Selbsterfahrung.
Gottesmörder, Hostienfrevel und Ritualmordlegende, jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung: An der Geschichte dieser projektiven Verkörperungen des antisemitischen Vorurteils läßt sich die Geschichte des Ursprungs und der Funktion der Theologie hinter dem Rücken Gottes und des Trägheitsprinzips ablesen (die Geschichte der drei Leugnungen). Sie lassen sich begreifen als Folgegestalten der Projektion im Kontext der Dogmenentwicklung (Opfertheologie), des scholastischen Objektrealismus (Universalienstreit) und der paranoiden Selbstverfluchung (Unfähigkeit zur Welt- und Herrschaftskritik: zur Aufklärung der Aufklärung). Ist der Faschismus die dritte Leugnung?
Ist die paranoide Form des Antisemitismus nicht der Schatten des im Bekenntnisprinzip und in der Rechtfertigungslehre sich verkörpernden Herrendenkens?
Steckt nicht in jeder Leugnung ein Stück präventiver Identifikation mit dem Aggressor, und ist die größte Gefahr heute nicht die der Paranoia (der Unfähigkeit zur Arglosigkeit)? Genau das, was die Kirche selbst als Erlösung verstanden hat, treibt die Leute heute aus der Kirche heraus. Das leisten heute die säkularen Instanzen besser, letztlich der Säkularisationsprozeß selber, der mit der kirchlichen Theologie begonnen hat. Der Exkulpationstrieb, den die Kirche erzeugt hat, wendet sich heute gegen die Kirche: weil niemand mehr die Schuld, die der Kirche zugewachsen ist, tragen kann.
Wenn das Bekenntnis die verdinglichte, instrumentalisierte und entfremdete Gestalt der Nachfolge ist, dann wäre die Kritik der Bekenntnislogik die erste Voraussetzung für die Freilegung des Nachfolgegebots. Wichtig die Beziehung zur Zeit: Zusammenhang mit einem Schöpfungsbegriff, der durch das Konzept der creatio mundi nur verstellt worden ist. Der Anfang ist nicht im Anfang, er wird am Ende sein.
Ist nicht die physikalische Idee einer Herstellung des Vakuums die der Herstellung der reinen Vergangenheit, deren Deckbild der Raum als die Form der Gleichzeitigkeit ist. Für die Naturwissenschaften sind die Dinge immer noch mit Zukünftigem „beschmutzt“.
Märchen beginnen mit dem „Es war einmal“, Sagen zitieren vergangene Zeiten. Sagen lehren den Stolz auf vergangene Herrlichkeit, Märchen die Trauer über vergangenes Glück. Das Märchen ist völlig frei von jeder heroischen Attitüde. Im Märchen wird der dumme Teufel von der ganz unheroischen List der Kleinen und Schwachen besiegt, und selbst des Teufels Großmutter hilft noch bei der Übertölpelung des Teufels.
Heute ist der Himmel leer: Inbegriff der (seit Kopernikus) vergangenen Zukunft.
Wird durchs Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit nicht das Moment des Gesehenwerdens in das Licht mit hereingenommen: Quellpunkt des Angesichts? Und ist es ganz illusionär, darin die beiden Augen des Rosenzweigschen Antlitzes zu erblicken?
Blut als verinnerlichte Scham: Es darf nicht nur kein Blut vergossen, nach der Tradition der Schrift darf auch kein Blut getrunken oder gegessen werden. Das Rot des Bluts ist das verinnerlichte Chlorophyll: darin steckt die gleiche Beziehung zum Licht, die in der Scham aufs Gesehenwerden, auf die Erkenntnis, nackt zu sein, sich bezieht. Pflanzen haben das Licht außer sich, Tiere haben es verinnerlicht. Stecken hier nicht die Verständnisgründe für das Symbol des Schwerts, für die Geschichte von der vom Blutfluß befallenen Frau, fürs Schwarzmondtabu?
Bezieht sich die Geschichte vom Binden und Lösen (auch in Hiob 3811) nicht auf die Macht der Vergangenheit? Und steckt nicht noch in den Anachronismen der Schrift ein Fingerzeig, ein Hinweis?
Wäre die Physik die Wahrheit über die Dinge, dann säßen die Menschen von Natur aus im Gefängnis. Aber ist nicht der Objektbegriff in der Tat der Schlüssel, der das Gefängnis der Subjektivität verschließt und die Subjektivität immer mehr zu einer Form der Isolationshaft macht? -
23.02.93
Off 411: Ist ta panta ein Plural? Dann kann man es nicht mit „Welt“ übersetzen.
Virginitas: Nach Hypostasierung der Materie (der Sexualität) Heiligsprechung der Unschuld; Produkt der Individualisierung und Privatisierung der Moral, Folge des Verzichts auf Weltkritik, Abwehr des Anteils am Schuldzusammenhang des kollektiven Weltgrunds.
Als Gefangene unserer Geschichte sind wir Gefangene der anderen.
Müßte man im NT nicht das homologein im „Bekenntnis“ des Namens mit „Heiligung“ des Namens übersetzen?
Nicht Herrschaft-, sondern Gewaltkritik: Idee einer Herrschaft ohne Gewalt (Gen 1: Zusammenhang des Herrschaftsauftrags mit dem vegetarischen Nahrungsgebot, d.h. ohne Töten der Tiere).
Das Votum gegen den Anthropomorphismus der jüdisch-christlichen Tradition (eine notwendige Folge der Rezeption des Weltbegriffs) ist ein Votum gegen die Erinnerung, gegen das Verstehen des andern: ein Votum gegen den Heiligen Geist.
Der Weltbegriff symbolisiert die vollendete Selbstentfremdung.
Wenn die Welt durchs Kreuzesopfer entsühnt wurde, kann Politik kein Gegenstand der Kritik mehr sein.
Hängen die Differenzen im Weltbegriff im Griechischen und Lateinischen (kosmos und mundus) mit denen im Naturbegriff (physis und natura) zusammen?
Das Christentum kann sich nur über die jüdische Religion und über den Islam selbst begreifen.
Zum Binden und Lösen vgl. Hiob 3831 (vgl. auch Hiob 99 und Am 58): Knüpfst du die Bande des Siebengestirns, oder löst du des Orions Fesseln? (Siebengestirn = großer Bär? Orion = Sternbild der Äquatorzone, im Winter am Abendhimmel sichtbar.)
Der affirmative Gebrauch des Weltbegriffs trennt das Tun vom Urteil: vom Erwischtwerden. Er verlegt die Sünde ins Erwischtwerden. Das war der Hintergrund der Seiterschen Bemerkung nach Rostock, als er nur die Befleckung des deutschen Namens im Ausland wahrnahm, aber weder die Ängste und die Schmerzen der Opfer jetzt, noch die Erinnerungen derer, die die Schrecken der Vergangenheit erlebt und überstanden haben, und auch nicht den barbarischen Zustand der Täter. Hat er damit nicht die Opfer (auch die vergangenen, die schon einmal ausgebürgert wurden) in einem ganz neuen Sinne zu „Ausländern“ gemacht? Und sind die Lichterdemonstrationen nicht doch auch nur ein Stück Exkulpationsdemonstration: Wir sinds nicht gewesen (der Sprachregelung Kohls entsprechend: Die Deutschen sind nicht ausländerfeindlich)? Klingt in dem Ganzen nicht auch ein spätes Echo der Friedensreden Hitlers nach?
Die sieben unreinen Geister, sind das nicht auch Produkte des Mißbrauchs der sieben Sakramente (als Instrumente zur Begründung und Stabilisierung des Weltbegriffs)? Und ist nicht die analogia entis ein nicht ganz ungefährliches Konstrukt: ein früher Hinweis darauf, daß am Ende die Natur christologische Züge angenommen hat?
Hängen die sieben unreinen Geister damit zusammen, daß auch der Syrer Naaman erst durch die siebenfache Taufe im Jordan von seinem Aussatz befreit wurde? Was hat es mit dem Jordan auf sich: Johannes taufte am Jordan; und mit der Überschreitung des Jordan beginnt die Landnahme unter Josua?
Das Hegelsche Weltgericht ist der Inbegriff der Sünden der Welt, Produkt der Unfähigkeit, sich in den andern hineinzuversetzen.
Erinnerungsarbeit ist die Antwort auf die Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit (Hinweis: der Raum ist die Macht der Vergangenheit über die Zukunft). Dazu bedarf es der Arglosigkeit, der Freiheit vom paranoiden Denken.
Gibt es heute noch Reichtum; und eröffnet sich hier, in der Vorstellung des Reichtums selber, nicht ein Abgrund.
„Sind wir Gefangene unserer Geschichte?“ Bezieht sich das Wir und das Unser auf das gleiche Subjekt: Gibt es hier nicht ein Übergewicht der Last der christlichen Geschichte?
Der Weltbegriff ist der Vorhang, hinter dem wir unschuldig schuldig, und d.h. gemein geworden sind. Ist nicht die Physik eine Form der paranoiden Erkenntnis? Der Weltbegriff ist ohne einen projektiven Anteil (und ohne die Stabilisierung dieses projektiven Anteils) nicht zu halten. Die „Entsühnung der Welt“ ist eigentlich die Entsühnung des Subjekts: die Erlaubnis, sich ohne Bewußtsein von Schuld des Instruments des Weltbegriffs zu bedienen. Durch die creatio mundi ex nihilo wurde diese Schuld Gott, und durch die Opfertheologie zugleich Jesus angelastet: Liegt hier der logische Grund der homousia?
Wird aus dem Koran das gleiche Wort im Englischen mit „creator“ und im Deutschen mit „Herr“ übersetzt? Wenn ja, welcher Schöpfungsbegriff steckt dahinter: einer, der den Untertan zur Kreatur seines Herrn macht?
Wo liegt die Grenze zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen (zwischen mir und dem anderen)?
Das Frauen, wenn sie in den Himmel kommen, zu Männern werden, ist keine Erfindung Tertullians; es steht schon so bei Lukas, wo es heißt, daß die, „die Gott für würdig hält, an jener Welt und an der Auferstehung von den Toten teilzuhaben, … durch die Auferstehung zu Söhnen Gottes werden“ (Lk 2036).
Nehmt euch fest vor, nicht im voraus für eure Verteidigung zu sorgen (Lk 2114): Das ist das Verbot der vergegenständlichenden Theologie.
Im Schöpfungsbericht kommt dreimal bara und dreimal baruch vor, dreimal „schaffen“ (Himmel und Erde, Fische und Vögel und die Menschen) und dreimal „segnen“ (im Hinblick auf die Fische und Vögel, die Menschen und den siebten Tag).
Der biblische Herrschaftsauftrag an den Menschen unterscheidet sich von der Geschichte der Naturbeherrschung dadurch, daß er das Töten ausschließt. Er folgt nach dem vegetarischen Nahrungsgebot für Menschen und Tiere. Herrschaftskritik wäre von Gewaltkritik zu unterscheiden, und an den Naturwissenschaften die Verblendung zu bestimmen, die auf die Gewaltsubstanz der Welt (auf die Beziehung zum Gewaltmonopol des Staates) verweist.
Hängt die Frage der Beziehung von Herrschaft und Gewalt (und der Beziehung beider zur Macht) mit der Bildung des Angesichts zusammen? Wie unterscheiden sich Herrschaft, Gewalt und Macht?
Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes kommen (Joh 35). Bezieht sich das nicht auf Gen 12 (auf den Geist Gottes über den Wassern, und die erste Geburt, vor der Wiedergeburt, auf die Finsternis über dem Abgrund)? Ist die Finsternis über dem Abgrund die Idolatrie, und der Geist über den Wassern die Prophetie?
Nach Auffassung des Islam ist Koran das Äquivalent der zerstörten ersten Tafel vom Sinai, und ebenso das Äquivalent zur Person Jesu, nicht zu den Evangelium, zum „Neuen Testament“. Ist nicht nur der Koran eine „Heilige Schrift“ (und die entsprechende Benennung der Bibel ein Produkt der Islamisierung)?
Was bedeutet es, wenn im Hebräischen schon die zweite Person (und nicht erst die dritte) nach Geschlechtern getrennt ist? Gibt es einen Zusammenhang mit dem Gebot: Du sollst kein falsches Zeugnis wider deinen Nächsten geben?
Mit der Verdrängung der Idee des seligen Lebens wurde die Wurzel der Sinnlichkeit abgeschnitten.
Lebt nicht die Stummheit des Helden in veränderter Gestalt im Begriff und in der persona fort?
Falsch ist die quasi teleologische Beziehung des Kreuzestodes auf mein Seelenheil.
Kann es sein, daß die männliche Rolle des Konfessors daher rührt, daß die Männer das Opfer begehen, d.h. die Schuld auf sich nehmen, während die Frauen zum Priestertum nicht zugelassen wurden, um sie vor der Schuld des Opferns zu bewahren (Grund der religiösen Bedeutung der virginitas)? Vgl. auch Walter Burkert: Wilder Ursprung.
Materie und Opfer: Das Opfer hängt mit der Erfahrung des Tötens zusammen, ist ein Mittel der Verarbeitung dieser Erfahrung. Es wurde überflüssig mit der Verinnerlichung des Opfers: mit dem Ursprung der subjektiven Form der äußeren Anschauung, der Konstituierung der Raumvorstellung. Auch die Materie ist Produkt des Tötens.
Burkert, S. 22: Darstellung eines Schuldverschubsystems.
Der Weltbegriff rechtfertigt das Töten und die Naturbeherrschung ohne die Erinnerung des Opfers (unter Verdrängung dieser Erinnerung).
Wo gibt es die indogermanische Mediopassivform, und was bedeutet sie (Burkert, S. 25)?
Gibt es einen generellen Zusammenhang zwischen Musik und Opfer? Hängt der Ursprung der Musik in der kainitischen Genealogie mit der Ursprungsgeschichte des Opfers zusammen?
Burkert, S. 26: Maskierte Männer haben das Tier zu töten. Die Maske schützt die Täter vor dem Erkanntwerden. Leistet das nicht seit dem Ursprung dieses Begriffs der Begriff der Person (Zusammenhang mit dem biblischen Feigenblatt)? Mit Vorliebe treten Chöre in den Tragödien in der Maske von Fremden oder von Frauen auf; wenn sie Athener darstellen, können dies allenfalls alte Männer sein, kaum je aber die jungen Bürger von Athen.
Die Idee des Schicksals (als Schuldzusammenhang des Lebendigen) gründet im Tötungsritual des Opfers. In dieser Tradition steht die Geschichte der Naturwissenschaften (Bedeutung der Opfertheologie für die Ursprungsgeschichte der Naturwissenschaften).
Sprachdenken ist metaphorisches Denken, aber eines, das man unter Kontrolle behalten muß. Ein sich verselbständigendes (hypostasiertes) Bilderdenken führt von der Sache weg. Man kann sich auch in Bildern verfangen und verstricken.
Wie hängen die drei Aspekte des Naturbegriffs: Herrschaftsobjekt, Medium der Exkulpation und Ursprung von allem, mit dem Raum zusammen, mit dem Im Angesicht und Hinter dem Rücken, Rechts und Links und Oben und Unten?
Problem der Beziehung der Verinnerlichung des Opfers zur These, daß nichts Vergangenes wirklich vergangen ist: Werden nicht am Ende die Steine wirklich schreien? Und hat der Satz „Maria bewahrte alles in ihrem Herzen“ etwas mit der verborgenen Erinnerungskraft der Materie zu tun (Erinnerung der Zukunft)? Wäre das „Macht euch die Erde untertan“ nicht zu ergänzen durch das Verbot zu vergessen?
Worauf bezieht sich das „Herniederfahren“ Gottes beim Turmbau zu Babel?
Der Weltbegriff entmächtigt die Sprache.
Das Christentum ist als Kirche durch seine Leugnung hindurch gerettet worden.
Was trennt die Innenwelt von der Außenwelt, das Private vom Öffentlichen? Bezeichnet nicht das Schwert die Grenze von Innen und Außen (Enthauptung)? Ist das Schwert nicht ein Symbol für diese Grenze (kreisendes Flammenschwert)? Und gibt es einen Zusammenhang des Schwertsymbols mit der Geschichte des Opfers? Das Schwert ist in der Geschichte des Opfers geschmiedet worden. Und eine, wenn nicht die zentrale Verkörperung des Schwertsymbols ist der Weltbegriff als Inbegriff des Begriffs und als Konstituens des Natur- und Objektbegriffs.
Der Gedanke, daß ich kein Recht hatte, die Privilegien der Opfer für mich in Anspruch zu nehmen, gehorcht schon einer sowohl christologischen wie auch antisemitischen Logik. Privilegien der Opfer gibt es nur im Christentum; Nur hier hat das Leiden Verdienstcharakter (Grund der Vergöttlichung Jesu).
Der Gegenbegriff zum Vorbestraften und zum Verbrecher ist der des Unschuldigen (u.U. „wegen erwiesener Unschuld freigesprochenen Bürgers“). Aber ist nicht der unschuldige nur der „unbescholtene“ Bürger (Schuld gleich Bescholtenheit, bewiesener Verdacht)? Was heißt eigentlich „Vorbestraft“? Unterscheidet sich der Vorbestrafte vom Unbescholtenen nicht doch nur durchs Erwischtwordensein? Die aktive Nutzung des Nicht-Erwischtwerden-Könnens ist der Quellpunkt der Gemeinheitsautomatik.
Drei sind es, die Zeugnis ablegen: der Geist, das Wasser und das Blut; und diese drei sind eins. (1 Joh 57) Wie hängt das zusammen mit Gen 12, dem Geist Gottes über den Wassern, und der Beziehung von Johannes- und Jesus-Taufe? Aber was hat es mit dem Blut auf sich? Klingt darin die Vorstellung mit an, wonach Blut als Ausdruck der verinnerlichten Scham sich fassen läßt? Gründet hier die Heiligkeit des Bluts; und ist es dieses Blut, das zum Himmel schreit (Abel, Noe, Ursprung und Geschichte des Opfers)? (Hat die deutsche Blutwurst etwas mit der Eucharistie zu tun?)
Beziehung zum Kelch in Getsemane: Verstrickung des Christentums in die Herrschaftsgeschichte. Diesen Kelch trinken heißt: der durch ihn verursachte Trunkenheit sich nicht überlassen, dabei seiner selbst mächtig bleiben (Abstieg zur Hölle?). Entspricht dem nicht das „Seid klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben“? Und ist das nicht gemeint in der Frage an Jesu an die Zebedäus-Sühne: Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde?
Das Neutrum (ne-utrum) macht das Ungleichnamige gleichnamig. Es gründet im Futur II, der grammatischen Form der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit, die das Andersein der Zukunft ausschließt: Quellpunkt des Inertialsystems. Der genaueste Anwendungsfall einer Reflexion, die diesen parvus error in principio aufzulösen versuchen wollte, sind die Naturwissenschaften, insbesondere die Astronomie, die Kosmologie. Die philosophische (und vor ihr die mythische) Subsumtion von Himmel und Erde unter den Totalitätsbegriff Welt ist der Ursprung der Gleichnamigmachung des Ungleichnamigen; mit ihr ist die nominalistische Konsequenz der Philosophie mitgesetzt, ihre sprachzerstörerische Kraft. Sie gründet in dem mathematischen, die Mathematik begründenden Konstrukt, dessen Symbol das Gleichheitszeichen ist: der Orthogonalität, die die Richtungen im Raum reversibel und Vergangenheit und Zukunft ununterscheidbar macht und die Gegenwart ausblendet. Sie macht insbesondere die Umkehr gegenstandslos: Hier lassen sich Vorn und Hinten, Rechts und Links sowie Oben und Unten nicht mehr unterscheiden. In diesem Kontext ist die Umkehr (im Christentum) zur Buße geworden. So leugnen die Naturwissenschaften das Angesicht, die Gnade und den Islam (den Willen Gottes). Der Islam im rechten Verstande, die „Unterwerfung“ unter den Willen Gottes, ist kein Passivum, sondern ein Aktivum: nicht das Erleiden eines Schicksals, sondern das Tun des Willen Gottes.
Theologische Ableitung des Inertialsystems: Hat es nicht auch symbolische Bedeutung, wenn der Islam den Sabbat auf den Freitag vorverlegt hat, gleichsam vor dem Sabbat stehenbleibt, während das Christentum den Sabbat auf den Folgetag (die dies dominica) verschoben hat, ihn gleichsam „überwunden“ hat, als Preis dafür aber selber dem Inertialprinzip verfallen ist (die Ruhe des Sabbat, die Spitze und Erfüllung der höchsten Aktivität, in die Ruhe des Toten: in Trägheit zurückübersetzt hat)? Ausdruck dieser „Überwindung“ des Sabbat ist das Symbol des steinernen Herzen der Welt.
Ist nicht der Weltbegriff ein Instrument, das es uns ermöglicht, uns den Anblick des Wirbels, in dem wir stehen, zu ersparen, uns den falschen Begriff der Ruhe (als Bewegungslosigkeit: vorgestellt im ruhenden Raum des Inertialsystems) zu vermitteln? Er installiert im Zentrum der Theologie den Götzendienst.
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