Buber

  • 14.09.1996

    Die subjektiven Formen der Anschauung, das Geld und die Bekenntnislogik begründen drei getrennte Reiche der Erscheinungen.
    Rosemary Radford Ruether und Erich Fromm kommen in der Untersuchung von Reinhart Staats über das Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel nicht vor.
    Doppelte Konsequenzen:
    – Unmöglichkeit der Harmonisierung der Theologie mit Auschwitz und mit den Naturwissenschaften;
    – Franz Rosenzweig: Konversion zum Judentum nach Auschwitz nicht möglich; seine Theologie vermag die Idee der Auferstehung zu begründen, nicht aber die Unsterblichkeit der Seele;
    – Karl Thieme: Hitler war nicht der Antichrist, nur die Generalprobe; Rosenzweig wichtiger als Buber.
    Läßt sich die These, daß Auschwitz, je mehr es in die Vergangenheit zurücksinkt, umso mehr uns auf den Leib rückt, nicht aus der logischen Beziehung von Bekehrung und Umkehr (Maria Magdalena und die sieben unreinen Geister) begründen?
    Zu den Bedingungen des Holocaust gehört ganz wesentlich die Rolle des Staates. Nur die im Staat installierten Exkulpationskräfte haben den Tätern das gute, zugleich mit Rachsucht und Infamie aufgeladene Gewissen gegeben (die Befreiung von Schuldgefühlen durch die Erniedrigung, das Quälen und das Töten der Juden), ohne das Auschwitz nicht möglich gewesen wäre. Spielt hier nicht in der Tat eine sehr protestantische Tradition mit herein, die über die Rechtfertigungslehre den Staat zur Quelle des Gewissens gemacht (und dem Gewissen die Möglichkeit der Orientierung an der Idee der Barmherzigkeit genommen) hat?
    Die Trinitätslehre, deren dogmatische Entfaltung zusammenfällt mit der konstantinischen Wende, hat die Logik dieses Exkulpationsmechanismus begründet. Durch die lutherische Neudefinition des Glaubens ist sie (und mit ihr die damit verbundene Staatsmetaphysik) ins einzelne Subjekt übertragen worden. Die „Rechtfertigung durch den Glauben“ gründet in dieser Konstellation.
    Die konstantinische Wende hat die Tradition der Barmherzigkeit aus der theologischen Spekulation verdrängt; die Rechtfertigungslehre hat die Tradition der Barmherzigkeit (den theologischen Grund der Herrschaftskritik) aus dem Handeln verdrängt und durch die Gnadenlehre ersetzt.
    Das Symbolum bezieht sich weniger auf das Zeichen, an dem die Christen sich erkennen, als vielmehr auf einen Sachverhalt, der in dem Satz Jesu sich ausdrückt: Wer mich vor den Menschen bekennt, den werde ich vor dem Vater bekennen. Und ist das nicht in der Tat der logische Kern des Symbolbegriffs? Dieses Bekennen ist eigentlich ein Bezeugen, und hierauf bezieht sich der Satz: Das Zeugnis Jesu ist der Geist der Weissagung. Und hierzu gehört auch der andere Satz, daß keiner zum Vater kommt außer durch den Sohn.
    Die blasphemische Wendung der Orthodoxie beginnt mit jenem Akt, mit dem Theodosius die Glaubensformel zur Grundlage des römischen Bürgerrechts gemacht hat.
    Verschweigt Reinhart Staats nicht den Grund des Konflikts zwischen Ambrosius und Theodosius, in dem Ambrosius gegen den Kaiser die Rechtmäßigkeit eines Pogroms, einer antisemitischen Aktion der Gläubigen, behauptet und durchsetzt? Das endet in Carl Schmitts Rechtfertigung der Nacht der langen Messer durch Berufung auf die Souveränität des Führers. Carl Schmitt war der Autor einer politischen Theologie, die das Freund-Feind-Verhältnis als Grundlage sich erwählte.
    War es nicht Reinhart Staats (Das Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel), der an einer Stelle anstatt vom Geist vom Gerhirn sprach?
    Der logische Grund des Staates ist in der Tat das Feinddenken, für das der Staat die Verantwortung übernimmt. Nur der Staat hat das Recht zu töten, das er an seine Bürger delegieren kann, ohne daß diese „schuldig“ werden. So richtet sich auch die strafrechtliche Verfolgung des Mörders nicht gegen die Tat, sondern allein gegen den Täter, in dem der Staat seinen Widersacher erkennt: einen, der für sich ein Recht in Anspruch nimmt, das nur dem Staat zukommt. Deshalb sind Soldaten keine Mörder. Und der Mörder im Sinne des Strafrechts zieht die Rachsucht aller auf sich, weil er die Exkulpationsgewalt des Staates, die den, der in seinem Auftrag tötet, rechtfertigt, und damit ein zentrales Element der Ich-Bildung in Frage stellt.
    Daß die Philosophie den Tod verdrängt, hängt mit ihrer logischen Beziehung zum Staat, zur Herrschaftslogik, zusammen. Diese Beziehung des Staats zum Tod drückt in dem jesuanischen Gebrauch des Kelch-Symbols (in dem „Karriere“-Dialog mit den Zebedäus-Söhnen und in Getsemane) sich aus, der genau dadurch von dem vorhergehenden prophetischen Gebrauch sich unterscheidet. So wird
    – die Bekenntnislogik (das Produkt der Rezeption der Philosophie und des Weltbegriffs in der Theologie) zur Bekenntnislogik durch die Opfertheologie (durch die Lehre vom Opfertod Jesu),
    – das Inertialsystem zum Inertialsystem durch die Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit (durch die Säkularisation der eucharistischen Vergegenwärtigung des Kreuzestodes, durch die Konstituierung des Totenreichs): es bezieht sich essentiell auf tote (anorganische) Materie,
    – das Geld zum Geld durch seine Beziehung zum Opfer.
    Hängt mit dieser Geschichte und mit dieser Logik nicht das merkwürdige Verhältnis der Evangelien zu den Vätern („laßt die Toten ihre Toten begraben“) zusammen?

  • 07.09.1996

    Die Bergpredigt war für mich einmal der erste Hinweis auf die moralische Asymmetrie zwischen mir und den Andern sowie auf den Ursprung der Gemeinheit (die in der Verletzung dieser moralischen Asymmetrie gründet).
    Unterscheidet sich nicht die Laientheologie von der Theologen(Priester)-Theologie vor allem dadurch, daß sie nicht unter dem Zwang steht, Theologie für andere zu sein? Deshalb war seit je die monarchische Theologie der Laientheologie näher als die Theologentheologie, die seit je in einem sehr genauen Sinne „weltliche“ Theologie war. Laientheologie heute gründet in der kritischen Reflexion des Weltbegriffs.
    Laientheologie unterscheidet sich von der Theologentheologie dadurch, daß sie zwar auf die Lehre abzielt, aber nicht mehr belehren will und kann: durch den Verzicht auf den autoritären („väterlichen“) Gestus: Laientheologie ist das Resultat der Bekehrung der Herzen der Väter zu ihren Kindern (Lk 117).
    Der Weltbegriff ist die genaue Umkehrung der Levinasschen Beziehung von Indikativ und Imperativ.
    Nach Klaus Heinrich muß ich, wenn ich Dinge vergleichen will, sie an einen gemeinsamen Ort bringen. Es gibt zwei gemeinsame Orte, deren Beziehung das Zentralproblem der gegenwärtigen Theologie ist: das Inertialsystem und der Name Gottes (der Ort, der durch das Licht des Angesichtes Gottes erhellt wird).
    Das Johannes-Evangelium ist nicht antisemitisch, es wird antisemitisch, wenn man den Namen der Juden anstatt typologisch rassistisch versteht (dem entspricht es, wenn die unsägliche Diskussion um Daniel Jonah Goldhagen eigentlich nur auf der Basis eines immer noch rassistischen Selbstverständnisses der Deutschen sich verstehen läßt – und niemand merkt’s). Der Rassismus steht in der Tradition des Begriffsrealismus: Er macht Kollektivbegriffe zu Subsumtionsbegriffen.
    „Wir Deutschen“: Ist das nicht das aktuelle Äquivalent des Namens der Hebräer (das dann projektiv über den eliminatorischen Antisemitismus abgeleitet werden muß)? Sich als das erfahren, was man glaubt für andere zu sein (die Identifizierung des Subjekt-Plural „Wir Deutsche“ mit dem Objekt-Plural „Die Deutschen“). – Kann es sein, daß die Wendung „Wir Deutschen“ insbesondere dann gebraucht wird, wenn der Redende unter Rechtfertigungszwang gerät (und das Kollektiv-Subjekt hinter dem Kollektiv-Objekt sich versteckt, die Kollektivschuld durch die Kollektivscham, die beide der Sache nicht angemessen sind, ersetzt)?
    Wir Deutschen: Erkennt man die Deutschen heute nicht am ehesten daran, daß sie vom Ausland geliebt werden wollen?
    In den Neonazis, die aus Trotz das Kollektiv-Objekt zum Kollektiv-Subjekt zu machen versuchen, implodiert die Kollektivscham: und in ihr die Rechtfertigungslogik, die glaubt, der Objektzone der Veurteilung entrinnen zu können, indem sie sich zum Subjekt der Verurteilung macht. Der Faschismus ist das Produkt der Metamorphose der noesis noeseos, des Denkens des Denkens, zur Verurteilung der Verurteilenden (der Vernichtung all dessen, was als Bedrohung der eigenen Identität erfahren wird). Deshalb hat der Hinweis aufs Ausland (was „das Ausland“ wohl denken wird) die Ausländerfeindschaft eher verstärkt als eingedämmt.
    Die Grenze zwischen Begriff und Objekt ist die Innen-Außen-Grenze: die politische Grenze ebenso wie die Grenze, die die Anschauung vom angeschauten Objekt trennt. Deshalb gehören die subjektiven Formen der Anschauung zu den Konstituentien des Begriffs und des Nationalismus zugleich. Und deshalb gehört zur Entwicklung des Urteils und der Urteilsform das projektive Konstrukt der Barbaren (der Juden, der Heiden, der Ausländer, der Fremden) und der Naturbegriff.
    Ist nicht das Werk Bubers die erste Verkörperung einer Theologie, die weder warm noch kalt, sondern nur noch lau ist?
    Hat nicht das (theologische wie auch das nationale) Votum für den Staat Israel in Deutschland etwas mit der Erleichterung darüber zu tun, daß jetzt die Juden auch nicht mehr anders sind? Findet Hermann Cohens Bemerkung über die Zionisten nicht erst seine wirkliche Erfüllung in diesem Votum („die Schufte wollen genießen“)?
    Es gibt heute Dinge, die sowohl unmöglich als auch notwendig sind, und es sind offensichtlich die wichtigsten Dinge. Die Sätze der Bergpredigt werden dadurch nicht widerlegt, daß sie nicht mehr „anwendbar“ sind.
    Staatsanwalt: Liegt einer der Unterschiede zwischen England und Deutschland nicht darin, daß, während in England die Staatskirche durch die Königin repräsentiert wird, sie in Deutschland von allen verinnerlicht wurde.
    Hegels Weltgericht ist die Rache des Objekts, die dann seine Philosophie ebenso ereilte wie die Substanz, von der sie lebt.
    Ich habe getan, ich bin gewesen: In welchen Fällen wird das Perfekt mit haben und in welchen Fällen mit sein ausgedrückt? Ist das Sein substantiell, das Haben akzidentiell? Das Tun qualifiziert das Subjekt, es wird substantiell durch Dauer: als Beruf, als Nationalität, als Bekenntnis, aber auch im Falle des „Mörders“.
    Ich bin, ich habe, ich werde, ich wurde, ich würde, ich möchte. Du sollst.
    Die subjektiven Formen der Anschauung sind Formen der Selbsterpressung des Denkens.
    Der Raum (oder die subjektiven Formen der Anschauung) legitimiert den Blick von außen; er gründet in der Übermacht des Gerichts über die Barmherzigkeit, des Hinterhalts und der Gemeinheit über den offenen Konflikt, der Niedertracht über die Ohnmacht. Verkörpert nicht die Mechanik den Blick von hinten, die Gravitationstheorie den Blick von unten und die Elektrodynamik den Seitenblick?
    Das Schreien der Steine: In Lk 1940 (im Zusammenhang mit dem Einzug in Jerusalem) zitiert Jesus Hab 211 („Ja, der Stein in der Mauer schreit, und der Balken im Holzwerk antwortet ihm. Wehe dem, der eine Stadt auf Blut baut …“).

  • 31.08.1996

    Sprachlogik: Die griechische Sprache hat links und rechts vertauscht (und die Barmherzigkeit verdrängt), die lateinische oben und unten (den Namen gegenstanslos gemacht), die deutsche vorn und hinten (das Angesicht durchs Inertialsystem ersetzt). Die griechische Sprache begründet den Dogmatisierungsprozeß (die Politisierung der Religion), die lateinische die Instrumentalisierung des Dogmas (die Privatisierung der Religion), die deutsche die Bekenntnislogik als Rechtfertigungslogik (der verdorrte Feigenbaum).
    Die Orthogonalität (das Korrelat der Projektion in der Mathematik, das im Inertialsystem als Schuldverschubsystem sich konstituiert) neutralisiert die Qualitäten der Richtungen im Raum; sie begründet eine Logik, die die Zivilisation mit der gleichen Barbarei (und ihren modernen Ableitungen und Denominationen) verbindet, die sie mit dem Instrumentarium des Schuldverschubsystems (der Verurteilung, der Verdinglichung, der Feindbildlogik und des Rassismus) zugleich nach draußen projiziert.
    Die Orthogonalität (die Norm) begründet das Maß als Maß für andere: sie macht die Last zum Joch.
    Die griechische Sprache ist die Sprache des Nomens und der (Winkel-)Geometrie (wobei die orthos-begründende, den Namen in den Begriff transformierende Abstraktion projektiv abgeleitet wurde im Namen der Barbaren); die lateinische Sprache ist die des Rechts (und der Kreuzigung Jesu); die deutsche Sprache (die durchs Christentum nur „bekehrt“ wurde und auf ihre Umkehr noch wartet) ist die Substantivs: des Rechtfertigungszwangs, der Bekenntnislogik und des Inertialsystems (mit der dreifachen Abfuhr in den Namen der Fremden, der Wilden und der Juden). Die christliche Unterscheidung der Heiden von den Völkern ist biblisch nicht zu begründen.
    Der eliminatorische Antisemitismus ist ein Produkt der Bekenntnislogik.
    Wenn Buber die Namen der Armen, der Fremden und der Barmherzigkeit beschweigt und zugleich Mizrajim mit Ägypten übersetzt, waren das nicht Kompromißbildungen, die an eine herrschaftstheologische Tradition im Christentum erinnern, die die Theologie von ihrer prophetischen Wurzeln getrennt hat? In den gleichen Zusammenhang gehört die Bubersche Zuordnung der Bücher Josue und Richter, sowie Samuel und Könige zu den historischen anstatt zu den prophetischen Büchern.
    Ein beschnittenes Christentum (das sich dann gern auf Buber beruft) ist noch nicht jüdisch (allerdings auch nicht mehr christlich).
    Es geht nicht um die „Konservierung des Entsetzens“, sondern darum, den Schrecken an sich heranzulassen, es geht um die Fähigkeit, den Schrecken zu reflektieren anstatt sich dem Kollektiv derer anzuschließen, die, indem sie das Entsetzliche bloß verurteilen, den Schrecken verdrängen und damit den Boden für seine Wiederkehr bereiten.
    Ist das nicht auch ein Teil der Eucharistie-Tradition, daß in dem Brot sein Schmerz und in dem Wein sein Tod erinnert werden?
    Joseph und Moses (und vor ihnen auch Sara) waren am Hofe (im Hause) Pharaos, Daniel und seine Genossen am Hofe des babylonischen Herrschers, Esther am Hofe des Ahaschweros. Der Pharao bedrohte das Volk Israel, der Herrscher Babylons Daniel und seine Genossen, und Haman (am Hofe des Ahaschweros) das jüdische Volk.
    Ist nicht Hegels Weltgeist der ins Fleisch übersetzte Geist?
    Die RAF war ein schrecklicher Irrtum; aber war dieser Irrtum in einem Land, das seine eigene schreckliche Vergangenheit nie wirklich aufgearbeitet hat, nicht hoch determiniert?
    Hätte ein „Heide“ den Stern der Erlösung geschrieben, er wäre, weil er die Umkehr nicht kennt, in der Vorwelt stecken geblieben. Und hätte er nicht Heidegger geheißen? Wenn ein Christ den Stern der Erlösung schreiben würde, so würde es ein apokalyptisches Buch. Den Stern ins Christliche übersetzen: Das wäre der Hahnenschrei.
    Levinas‘ Satz, daß die Attribute Gottes nicht im Indikativ, sondern im Imperativ stehen, trennt die Theologie vom Fundamentalismus, ohne sie zu verraten.
    Vor der ersten Brotvermehrung hatte Jesus Mitleid mit dem Volk, bei der zweiten erbarmte er sich des Volkes (Mt 1414 und 1532). Beim Tod des Lazarus war er erschüttert (Joh 133ff).
    Im Körper der Sprache ist die Barmherzigkeit die Gebärmutter, sind die Juden der Augapfel.
    Das Lamm löst die Erstgeburt des Esels aus, die Taube die der Armen. Das Lamm ist das Symbol des Gottesknechts, die Taube das des Heiligen Geistes.
    Die Betriebswirtschaftslehre frißt die Nationalökonomie (und den Staat, ohne dessen Ordnung es keine rentabilitätsorientierte Ökonomie gäbe). Das hat die Bahn freigemacht für den Globalisierungsprozeß, der eigentlich ein Prozeß der Verwüstung ist. Ist der real existierende Sozialismus nicht an der Übermacht der betriebswirtschaftlichen Gesetze (der Rentabilitätsgesetze) gescheitert? Der Neoliberalismus ist der genaueste Ausdruck für die wachsende Ohnmacht der Nationalökonomie und für die fortschreitende Verrottung des Staates.

  • 19.08.1996

    19.08.1996
    kabod: die „Herrlichkeit“ (Gottes), die Buber gelegentlich mit „Wucht“ übersetzt, hängt der Wortbedeutung nach mit der Schwere (dem Belastenden, der Last?) zusammen. Steckt darin nicht ein Hinweis auf den Satz vom Rind und Esel, die nicht zusammen vor einen Pflug gespannt werden sollen: Nur wer die Last auf sich nimmt, befreit sich von ihr? Du sollst die Herrlichkeit Gottes nicht zum Joch (zur Last für andere) machen, die Attribute Gottes (die Elemente seiner Herrlichkeit) stehen im Imperativ, nicht im Indikativ. – Wer ist der Dominus Deus Sabaoth?
    Wenn der Stier, das Rind, (und mit ihm das Tieropfer überhaupt) in der christlichen Symbolik entfällt, hängt das nicht damit zusammen, daß, wäre das Christentum realisiert, es kein Joch (keine Aufbürdung der Last auf andere) mehr geben dürfte? Aber sind nicht das Inertialsystem, die Geldwirtschaft und die Bekenntnislogik (die Verkörperungen der transzendentalen Ästhetik, die den kantischen Totalitätsbegriffen zugrunde liegen) Reflexionsformen des Selbsterhaltungsprinzips und Formen der Entlastung durch Schuldverschiebung? Hat der Naturbegriff das Symbol des Rindes absorbiert, aus dem Blickfeld gerückt?
    Hängen die Hörner der apokalyptischen Tiere (die Attribute, durch die der Drache und das Tier aus dem Meere sich unterscheiden) mit dem Joch zusammen?
    – Der Drache hat sieben Köpfe und zehn Kronen, und auf seinen Köpfen sieben Kronen (Off 123),
    – das Tier aus dem Meere hatte zehn Hörner und sieben Köpfe und auf seinen Hörnern zehn Kronen und auf seinen Köpfen gotteslästerliche Namen (ebd. 131), während
    – das Tier vom Lande (der falsche Prophet) zwei Hörner hat wie das Lamm und redet wie ein Drache (1311).
    Machen wir heute nicht zu leichtfertig unseren Geschmack (anstelle des Worts) zu einem Kriterium unseres Religionsverständnisses, in dem „Gott“ dann nur noch als ein dekoratives Element vorkommt? Hier bleibt eigentlich nur noch übrig, allen Theologen die Lektüre der Kritik der Urteilskraft (insbesondere die logische Ableitung des Geschmacks) ans Herz zu legen.

  • 28.7.96

    Ist nicht das Sektiererische an der Apokalypse ein Sprachproblem, eines, das in der Logik des Weltbegriffs gründet? Und ist nicht die Apokalypse der Schlüssel zur Lösung dieses Problems (des Problems des Fundamentalismus)?
    Man kann nicht magnificare mit Großmachen (Jankowski) und zugleich justificare (anstatt mit Gerechtmachen) mit Rechtfertigen übersetzen. Der Glaube, der gerecht macht, ist ein anderer als der, der rechtfertigt. Der eine steht vor der Tat, die er ändert, der andere folgt der Tat, die er nicht mehr nicht mehr rückgängig machen, sondern nur noch anders beurteilen kann. Der erste Glaube ändert die Praxis (und mit ihr die Welt), der andere nur das Urteil. Zwischen diesen beiden Gestalten des Glaubens liegt der Weltbegriff, der sie trennt. Der rechtfertigende Glaube gehört zur Anpassung an eine Welt, die sich doch nicht ändern läßt, während der gerechtmachende Glaube auf eine Welt sich bezieht, die ebenso änderungswürdig wie -fähig ist. Die Apokalypse, die für den rechtfertigenden Glauben ein Schreckensbild ist, deckt dem gerechtmachenden Glauben die Schwierigkeiten und Hindernisse auf, die sich ihm in den Weg stellen, auf deren Erkenntnis er um seines Ernstes und seiner Würde willen jedoch nicht verzichten kann.
    Das Wort vom „Zudecken der Sünde“ (Jak 520) fällt unter die Levinassche Asymmetrie (unter den Satz vom Rind und vom Esel); man darf es nicht auf sich selbst beziehen (auf die Verdrängung). Es ist die andere Seite des „Richtet nicht, …“. Hier läßt sich zeigen, daß Liebe (Gnade) etwas anderes ist als „Huld“, in der der „gnädige Herr“ nur sich selber spiegelt. Huld ist die abscheuliche Gnade von oben, die zugleich demütigt.
    Wer Religion als Kuschelecke sucht, tut der nicht dasselbe, was die Kirche seit je getan hat: in einer Welt, an deren Veränderung sie nicht mehr glaubt, sich komfortabel einzurichten? Auch das Dogma war einmal ein Teil dieses Komforts.
    Natur ist ein herrschaftsgeschichtlicher Begriff. Als Habermas seine Kant-Kenntnisse verdrängte und die Naturwissenschaften als nicht mehr hinterfragbar erklärte, hat er die Idee einer Kritik der Herrschaftslogik aus seiner Philosophie ausgeschlossen; so blieb ihm nur noch die Möglichkeit des „herrschaftsfreien Diskurses“, die es nicht gibt, auf der er gleichwohl seine Kommunikationstheorie aufzubauen versucht hat. Seitdem steht seine Philosophie unter Rechtfertigungszwang (aus dem sein Konzept des „Verfassungspatriotismus“, das die Idee einer richtigen Gesellschaft ersetzen sollte, allein sich erklären läßt).
    Beide, Natur und Welt, sind keine theologischen, sondern herrschaftsgeschichtliche Kategorien.
    Jede Blume und jedes Tier widerlegt das kopernikanische System.
    Zu den ägyptischen Plagen gehören:
    – das Wasser (auch das in „hölzernen und steinernen Gefäßen), das zu Blut wird (später wird Jesus Wasser in Wein und den Wein in sein Blut verwandeln?),
    – die Frösche, die u.a. in die Betten und in die Backtröge kriechen (vgl. die Geschichte mit Pharaos Weib und mit dem Oberbäcker; in der Apokalypse werden sie als „unreine Geister“ begriffen),
    – drei Insektenarten: die Mücken, das „Geziefer“ (Buber), und später die Heuschrecken,
    – die Pest, die der HERR über das Vieh der Ägypter (nicht über das der Israeliten) kommen läßt,
    – der Ofenruß, der zum Himmel geworfen zu Staub wird und an Mensch und Vieh (auch an den Zauberern) Beulen und Geschwüre hervorruft,
    – der Hagel, der zusammen mit Donner und Feuer alles erschlägt, was auf dem Felde ist, Mensch und Vieh, Gewächs und Bäume, auch Flachs und Gerste (nicht Weizen und Spelt, die später reifen),
    – dann die Heuschrecken, die alles fressen, was der Hagel übriggelassen hat (auch Weizen und Spelt),
    – dann die Finsternis und
    – am Ende der Tod aller Erstgeburt, vom Pharao bis zur Sklavin, auch beim Vieh.
    Paulus hat, außer an die Römer, u.a. auch Briefe an die Korinther, an die Thessalonicher und an die Galater geschrieben. Der Brief an die Römer ist wie die an die Korinther und Thessalonicher als Brief an die Bewohner Roms zu verstehen, und nicht, wie der an die Galater (oder an die Hebräer), an einen durch andere Kriterien definierten Adressaten. Aber kann es nicht sein, daß mit den Römern zunächst nur die Einwohner Roms, darüber hinaus aber auch die römischen Bürger insgesamt (zu denen auch Paulus gehörte) gemeint waren, eine politisch-rechtlich, nicht nur lokal definierte Gruppe? Hätte dieser Brief, so verstanden, dann nicht eine ganz andere, die Intention der paulinischen Völkermission („Heidenmission“) neu bestimmende Bedeutung? So wäre er ein Text der Selbstverständigung, eine Apologie, aber auch ein Programm.
    Wer sind die „Galater“, und weshalb schreibt Paulus einen Brief „an die Gemeinden <tais ekklesiais> in Galatien“ (während Johannes zum Eingang der Apokalypse die sieben Briefe an „die Engel der ekklesiai in Asien“ schreibt)? – Zu den „Galatern“ vgl. Der Kleine Pauly, Bd. 2, Sp. 666ff.
    Ist die Frage „Wer war Paulus“ eigentlich wirklich geklärt?
    – Hat Tarsus in Cilicien etwas mit Tarschisch zu tun (und Paulus mit Jonas, der nach Tarschisch floh, als er den prophetischen Auftrag an Ninive erhielt)?
    – Israelit, Benjaminit und Römer: Diese Identitätsnamen erinnern an
    . den „Schüler“ des Gamaliel,
    . den Eigennamen Saulus (und den Benjaminiten Saul, den königlichen Vorgänger und Gegenspieler Davids) und
    . den anderen Namen Paulus (mit dem er erstmals bei seinem Aufenthalt in Zypern, beim Statthalter Sergius Paulus, genannt wird; schließt das „Römer von Geburt“, das an „Römer von Natur“ anklingt, eigentlich eine Adoption aus? Natur selber, in deren Namen der der Geburt nachklingt, ist ein herrschaftsgeschichtlicher Begriff, ein Korrelat der patria potestas.)
    – Paulus war kein „Zelot“ (das aus der einen Stelle im Gal abzuleiten, ist ähnlich haltlos, wie der mittlerweile herrschenden, sachlich gleichwohl völlig unbegründeten Auffassung, die aus Rosenzweig aufgrund einer einzigen Erwähnung Heideggers zum Existentialisten gemacht hat); war Paulus nicht eher ein V-Mann der Herrschenden (der Hohenpriester, in deren Auftrag er die Gemeinde bis hin nach Damaskus verfolgte)?
    Hängt nicht der Satz aus dem Jakobus-Brief, daß die Barmherzigkeit über das Gericht triumphiert, mit dem letzten Satz des Buches Jonas zusammen („wie sollte ich mich nicht erbarmen, …“)?
    In welcher Beziehung steht der Name des Petrus („Fels“) zum Staub, aus dem Adam geworden ist, und zu dem er wieder werden wird (der war und wieder sein wird), und die Befreiung Maria Magdalenas von den sieben unreinen Geistern zum Samen Evas, der der Schlange den Kopf zertreten wird?
    Wenn die Welt „das Objekt nicht halten kann“, wenn sie in einer gleichsam parasitären Beziehung zur Natur steht, die Hegel zufolge „den Begriff nicht halten kann“, ist das nicht ein genaues Abbild des Attributs des Tieres, das „war, nicht ist, und wieder sein wird“? Und war die Zukunft, die von der Vergangenheit aufgezehrt wird, nicht vorher schon die „zukünftige Vergangenheit“: das Futur II?

  • 26.7.96

    Das Ende des Messianismus manifestiert sich im Werk des Paulus, nicht bei den Evangelisten (TuK 70).
    Ist die paulinische „Rechtfertigung durch Glauben“ nicht der Ausdruck einer tiefen Verzweiflung darüber, daß das Wort und das Handeln (die Thora, das Gesetz und das Tun) nicht mehr zusammenzubringen sind?
    Waren die Evangelien nicht u.a. deshalb notwendig, weil nach Paulus das Christentum – aufgrund der Abstraktion von der Lehre Jesu – zu einer magischen Religion (zu einer Opfer- oder Mysterienreligion) zu werden drohte?
    Ist nicht das Wort von dem einen Sünder, über dessen Bekehrung im Himmel mehr Freude herrscht als über 99 Gerechte, ein antipaulinisches Wort: Ist nicht dieser eine Sünder der, der über das Gesetz und die Thora, über das Bewußtsein der Sünde, zur Gottesfurcht gelangt ist, die Paulus, der einigemale auf sein „ruhiges Gewissen“ verweist, auch den Christen ersparen möchte?
    Das Fleisch, oder die Gewalt der Sünde über mich, ist nur durch Reflexion und Umkehr, nicht durch Verurteilung und durch Verdrängung, nicht durch Tabuisierung, zu brechen.
    Kommt der Name der Barmherzigkeit bei Paulus überhaupt vor, und verdeckt nicht die Rechtfertigungslehre genau diese Lücke? Gibt es eine Stelle, die der im Jakobusbrief, daß die Barmherzigkeit über das Gericht triumphiert, entspricht?
    Hat Paulus nicht das Christentum zu einer Schutzhütte vor den Unbilden des Römischen Reiches gemacht? Hier ist der Messianismus gestorben und begraben worden, ist das Christentum zu einer magischen Religion geworden.
    Während die Synoptiker nur die leeren Stellen der paulinischen Theologie auffüllen, ist das Johannes-Evangelium antipaulinisch: der Kampf gegen die Komplizenschaft der Herrschenden (deren V-Mann Paulus war, als er noch Saulus hieß) mit den Römern. In der Konsequenz dieser johanneischen Intention liegt die Apokalypse (kann es sein, daß das „Tier vom Lande“, das „zwei Hörner (hat) wie ein Lamm“, aber „spricht wie ein Drache“, vielleicht doch an Paulus erinnert?). Dieser Johannes schreibt immerhin unter dem Namen des „Donnersohns“, des gleichen Jüngers, den „der Herr liebhat“.
    Wenn man im Römerbrief die „Beschneidung“ als Bekenntnis liest, kommt man der Wahrheit näher.
    Der Antisemitismus und vor ihm der kirchliche „Antijudaismus“ gründen in Vorurteilsstrukturen, die durchsichtig werden, wenn man auf das projektive Element in ihnen aufmerksam wird, auf die Mechanismen der Selbstentlastung durch Schuldverschiebung. Beide, der Antisemitismus und der Antijudaismus, sagen nichts über die Juden, aber sehr viel über die Antisemiten und die antjüdischen Christen. Der „eliminatorische Antisemitismus“, auf den Daniel Goldhagen verweist, dessen Buch bereits soviel Hühnerhof-Aufregung verursacht hat, bevor es in Deutschland überhaupt erschienen ist, gründet in genau diesem Mechanismus. Und, bei allen Mängeln, die das Buch haben mag, beweist nicht diese Reaktion, daß es einen Nerv getroffen hat?
    Zu den großen Partien bei Paulus gehört der Satz, daß die ganze Schöpfung auf die Freiheit der Kinder Gottes wartet; dazu gehören die Elementarmächte; dazu gehört nicht zuletzt sein Begriff des Glaubens, wenn man ihn als Asyl des Messianismus begreift. Unerträglich hingegen ist der apologetische Grundton fast aller paulinischen Briefe (sein „Theologisieren“).
    Ist nicht der Hierarchie-Begriff eine zwangsläufige Folge der Subsumtionslogik (in der der Begriff, der die Dinge unter sich begreift, selber in einer Subsumtionsbeziehung zu „höheren“ Begriffen sich wiederfindet)? Läßt er nicht aus der neuplatonischen Emanationslehre sich herleiten, in der Elemente der Licht- und der Herrschaftsmetaphysik trübe sich mischen, und die selber zu den kosmologischen Konsequenzen der Rezeption der Sündenfall-Theologie zu gehören scheint? Hierarchische Strukturen sind Konstrukte der Selbstreproduktion der Subsumtionslogik des Begriffs, die in der Moderne in den subjektiven Formen der Anschauung auf ihren Grund in der Subjektivität zurückgeführt werden; aufzulösen sind sie allein durch die logische Kraft des Namens.
    Die subjektiven Formen der Anschauung sind das logische Äquivalent der Finsternis über dem Abgrund: Unter ihrem Zwang erkenne ich nur noch, was ich in die Dinge hineinlege, nicht mehr, was sie an sich selbst sein mögen. Es hilft nichts, den kantischen Agnostizismus zu kritisieren; hier wird sehr präzise und konkret die vorletzte der ägyptischen Plagen, die allgemeine Finsternis, aufgedeckt.
    Am ersten Schöpfungstag hat Gott nicht die Finsternis durch das Licht vertrieben, sondern eine Hilfe geschaffen, einen realsymbolischen Hinweis darauf, daß die Finsternis nicht alles ist.
    Quoad nos ist die Finsternis das Erste. Aber sind die Christen nicht „das Licht der Welt“ (und zwar nicht durch Restauration irgendwelcher Vergangenheiten, sondern durch Errettung der vergangenen Hoffnung)?
    Verwechseln wir nicht die Heiligen mit den Helden? (Auf diese Verwechslung bin ich bei meiner Erstkommunion gestoßen worden, durch ein Buch, das ich geschenkt erhielt, und das mir durch die Enttäuschung, die es mir beim Lesen bereitete, die Augen geöffnet hat: „Helden und Heilige“. Ich hatte vorher Märtyrer-Geschichten gelesen, aus denen ich gelernt hatte, daß Christsein nicht am Triumph und Sieg der Helden, an ihrem Nachruhm, sondern allein an der Bereitschaft der Heiligen, Leiden und Niederlagen auf sich zu nehmen, auch wenn außer Gott keiner es sieht und anerkennt, sich messen läßt. Das hat mich vorbereitet auf den Vers von Reinhold Schneider.)
    Wer die Gewissenserforschung nur tief genug treibt, wird an einen Punkt kommen, an dem er zum Propheten wird.
    Kann es sein, daß ich an den „Kern der Sache“ nicht herankomme, weil ich ihn nur vor Augen, nicht im Ohr habe?
    Vor dem Gesetz: Hat nicht Kafkas Erzählung einen Mangel; sind es anstatt des einen nicht mindestens sieben Tore, die uns den Weg zum Gesetz verstellen?
    Was heute zur Verzweiflung treibt, ist genau das, was die Verzweiflung vertreiben soll: daß das Leben vor der Glotze endet.
    Ist nicht die chronologische Verwirrung und die Verwirrung der Namen (von Personen und Völkern), die beide zusammenhängen, eine zwangsläufige Folge des Positivismus im neunzehnten Jahrhundert, nach dem Zerfall der idealistischen Systeme? Sie wurde vorbereitet im kopernikanischen System, das, nach seiner dynamischen Begründung durch Newton, durchs Gravitationsgesetz, den Zusammenhang von Sprache und Erinnerung durch Verdinglichung der Erinnerung zum astronomischen Gesetz zerrissen, den Sprachgrund in den Sachen neutralisiert, das Ungleichnamige gleichnamig gemacht hat.
    Trägt nicht die Formulierung (Ton Veerkamp): „Kommt der Messias nicht (bald), hat Paulus ein Problem, ein unlösbares Problem“ (TuK 70, S. 24), die Züge einer Projektion? Nicht Paulus, sondern die gesamte christliche Theologie hat in der Geschichte der Moderne „ein Problem, ein unlösbares Problem“ bekommen. Und heißt dieser Paulus nicht eigentlich Luther?
    War es nicht Paulus, der den Sündenfall zum Absoluten gemacht (und das Christentum zweitausend Jahre vor die Wand gejagt) hat (und hat das nicht die paulinische Tradition begründet)? Als Paulus die Erlösung zur reinen Gnade machte, hat der den Satz vom Binden und Lösen geleugnet, eine Tradition begründet, in der die Kirche als hierarchische Verwaltungsorganisation und die Theologie als Theologie hinter dem Rücken Gottes nur noch binden, nicht mehr lösen konnten.
    War nicht Bubers Übersetzung von Gnade mit „Huld“ eine sehr schlimme christliche Übersetzung, die endgültige Verdrängung dessen, woran die scholastische Lehre von der „heiligmachenden Gnade“ letztmals erinnerte, Ausdruck der Regression der Gnadenlehre durch Einbindung in einen autoritären Kontext? Eine Gnade, die bloß rechtfertigt, nicht gerecht („heilig“) macht, ist ein Palliativ.
    Kommt es nicht im Ernst darauf an, den Begriff der Heiligkeit aus der Tabuzone der Eigentums- und Herrschaftssicherung, aus den Verstrickungen seines nationalen Mißbrauchs, zu befreien?
    Die Idee der Auferstehung lebt von dem ungeheuerlichen Gedanken, daß es ein Leben gibt, das vom Tod (von den Strukturen und Institutionen, die ihn verkörpern) im Kern nicht berührt wird. Nur Gott sieht ins Herz der Menschen, während der Tod sein gegenständliches Korrelat im Staat hat. Der Staat ist in der Tat der Statthalter des Gerichts in der Welt; aber „die Barmherzigkeit triumphiert über das Gericht“ (Jak 213). Ist das nicht der zentrale Einspruch des Jakobus gegen die paulinische Theologie (und gehört dieser Einspruch nicht auch zur Kontroverse um die Beschneidung)?
    Vielleicht hätte es, wenn es Paulus nicht gegeben hätte, das Christentum nicht gegeben. Und vielleicht war nur über diesen „Irrweg“ (Jak 520) eine Tradition zu retten, die anders untergegangen wäre?
    Der Glaube ist die Gestalt, in der die Wahrheit den Weltlauf überlebt. Dieser Glaube aber hat unter dem Bann der Rechtfertigungslogik sich als Keim einer Logik entwickelt, die zur Logik des Vorurteils geworden ist (bezieht sich hierauf das Symbol des Tieres vom Lande, das zwei Hörner hat wie ein Lamm, aber spricht wie ein Drache?).
    Bezeichnen nicht alle antisemitischen Stereotype, vom Hostienfrevel über die Brunnenvergiftung zum Ritualmord (der Wiederholung des Gottesmords) Tatbestände, die den Antisemiten kennzeichnen:
    – der Hostienfrevel die Verdinglichung, die Logik des Fundamentalismus,
    – die Brunnenvergiftung die Bekenntnislogik als Wurzel des Nationalismus und
    – der Ritualmord (der Gottesmord) die Instrumentalisierung des Kreuzestodes in der Opfertheologie?
    Rührt Auschwitz nicht an die Idee der Auferstehung, stellt Auschwitz nicht Ostern in Frage?
    Muß nicht, wer heute noch glaubt, Christ sein zu können, entweder sehr viel verdrängen, oder aber die Kirchengeschichte und die Theologie gegen den Strich bürsten, auf jeden Fall endgültig Verzicht leisten auf jede Form der Apologetik? War es nicht immer schon leichter, aber auch verhängnisvoller, Ereignisse wie Kreuz und Auferstehung auf die eigene Seele zu beziehen anstatt auf den Zustand der Welt?
    Ist nicht Helmut Gollwitzer, als er glaubte, gegen Gerschom Scholems Bemerkungen über den christlichen „Messianismus“ sich verteidigen zu müssen, in eine offene Falle hineingelaufen? Und sind nicht auch die Reflexionen von F.W. Marquardt, denen ich den Hinweis verdanke, daß es Helmut Gollwitzer war, an den der Brief Gerschom Scholems gerichtet war, noch sehr hilflos; können wir uns, kann irgend ein Christ sich freisprechen von dem, was Scholem zu Recht so scharf anspricht? – Müßten nicht in jede Reflexion über den Messianismus dieser Text von Scholem, aber auch seine übrigen Untersuchungen zum Thema (insbesondere über die Geschichte des Sabbatai Zwi, die auch eine Untersuchung über Paulus und das Christentum ist), mit einbezogen werden? Gehorcht nicht auch noch das Verschweigen dieser (im Kern mit Auschwitz zusammenhängenden) Untersuchungen den Rechtfertigungszwängen, die Auschwitz hinterlassen hat, und aus denen Gollwitzer wie auch Marquardt nicht herausgekommen sind (und hat nicht Auschwitz vom Grunde her das Problem der Rechtfertigung in dem Sinne selber neu gestellt, daß der Holocaust dieses Problem theologisch gegenstandslos gemacht hat)?
    Wie kommt es, daß bis heute kein Theologe das Blasphemische, das z.B. an den Kriegsgräberstätten (die die Toten nochmals schänden) sich wahrnehmen läßt, beim Namen genannt hat? Sind nicht diese „Gedenkstätten“, die die Toten instrumentalisieren und mißbrauchen, Gedenkstätten eines Nationalismus, den die Toten, die er produziert hat, überhaupt nicht interessieren, außer als Mittel zur Reproduktion der Logik, der der Nationalismus sich vedankt. Nur die Lüge, sie seien „für die Nation“ (für Führer, Volk und Vaterland, so hieß es damals) gestorben, während sie in Wahrheit für ihnen fremde Zwecke verheizt worden und elend verreckt sind, soll erhalten bleiben: fürs nächste Mal? Aber sind diese Gedenkstätten nicht eigentlich Gedenkstätten einer Opfertheologie, deren säkularisiertes Ritual sie zelebrieren? Die Symbolik, die diesem Ritual zugrundeliegt, ist eine Blutsymbolik: danach heiligt das Blut, das hier verströmt ist, den Zweck, für den es vergossen ist: die Nation, das „heilige Vaterland“, das zwar keiner mehr so zu nennen wagt, das aber der Sache nach weiter besteht.
    Vor diesem Hintergrund kann ich mit der anderen Blutsymbolik, daß wir durch das Blut des am Kreuz geopferten Gottessohns von Sünden rein gewaschen werden, nichts mehr anfangen. Ich meine, die Reflexion dieser Symbolik dürfe nicht länger mehr verdrängt werden. Ich weiß nicht, welche Folgen es haben wird, wenn wir das Paradigma einer Versöhnung durch Blut weiterhin akzeptieren. Vielleicht hilft der Hinweis auf den Satz Jesu, daß er von diesem Weinstock erst im Reiche Gottes wieder trinken wird. Hat nicht die Blutsymbolik etwas mit dem schrecklichen Verdrängungsakt, den das Kriegsende für die Deutschen bedeutete, die danach im Ernst überzeugt waren, nichts gewußt zu haben, zu tun? (Und was passiert, wenn an diese Verdrängung gerührt wird?)
    Schweigen die Götter wirklich in einer Welt, in der, soweit ich sehe, bis heute kein Theologe Anstoß daran genommen hat, daß die „Kriegsgräberfürsorge“ auch nach dem zweiten Weltkrieg nicht nur nicht beendet wurde, sondern zu einer endlosen Geschichte zu werden droht? (Welche Rolle spielt eigentlich der Israel-Nationalismus einiger Theologen bei der Restauration des deutschen Nationalismus?)
    Ideologie ist Rechtfertigung: Beide stehen unter dem Bann der Schuld, den sie nicht zu sprengen vermögen. Die Rechtfertigung reagiert ex post, während die Gotteserkenntnis an das ante, an den Geist der Weissagung heranzukommen trachtet.
    Gehört nicht die Identifizierung des Fleisches mit der Beschneidung in den Scholem-/Gollwitzer-/Marquardt-Komplex?
    Vor einem Schaufenster, in dem u.a. Objekte archaischer „Kunst“ angeboten werden, überfällt mich der Gedanke: „Da halte ich mich lieber ans Original“, und denke an Klee. – Ist der Gedanke nicht ungeheuerlich, daß ein Bild von Klee das Orginal und die archaischen Objekte bloße Nachahmungen sind?

  • 24.7.96

    Hängen die paulinischen Reflexionen über die Thora, das Gesetz, mit der Bräutigam-Braut-Symbolik zusammen, mit der Beziehung Jesu zum „himmlischen Jerusalem“ der Apokalypse (Jankowski, TuK 70, S. 8ff)?
    Erinnert nicht die Auslegung des paulinischen Fleischbegriffs, den Jankowski auf die Juden bezieht (ebd. S. 12ff, vgl. auch Ton Veerkamp im gleichen Heft), an den der „fleischlich gesinnten Juden“, den ich zuletzt bei Karl Thieme vorgefunden habe? Und zieht er nicht die ganze Vorstellungswelt des kirchlichen Antijudaismus nach sich, die über die Beziehung von Fleisch und concupiscencia, Sexualität, dann auch in die antisemitische Vorstellungswelt mit eingegangen ist? In der Sache, so scheint mir, scheitert diese Auslegung an der sachlich nicht begründbaren Gleichsetzung von Beschneidung und Fleisch: Die Beschneidung ist nicht Fleisch, sondern wird am Fleisch vollzogen. Hier wird das Objekt einer Handlung mit dieser Handlung verwechselt. Ist dieses „Fleisch“ – auch vor dem Hintergrund des Weltbegriffs, auf die ganze Ursprungsgeschichte des Christentums sich beziehen läßt – nicht eher das Fleisch der apokalyptischen Tiere, das am Ende die Vögel fressen? Hegel hat einmal seinen Satz, daß die Natur den Begriff nicht halten kann, mit dem Hinweis begründet, daß es dann keine unterschiedlichen Gattungen und Arten von Tieren, sondern nur eine Art bzw. Gattung geben dürfe; diese Begründung spiegelt den unbestreitbaren Sachverhalt wider, daß Tier und Welt in einer eindeutigen Wechselbeziehung stehen: Jedes Tier (jede Gattung) hat seine Welt, und zur Idee der „einen Welt“ (zum universalen Weltbegriff) gehört dann das eine Tier (als das dieser Welt eindeutig zuzuordnende Subjekt). In dieser Beziehung drückt sich übrigens ein logischer Sachverhalt aus: die Logik der Welt ist die Logik der Instrumentalisierung, und der Begriff des Tieres (des Organismus) drückt genau diese als Subjekt sich konstituierende Einheit der Instrumentalisierung aus, die über das Selbsterhaltungsprinzip, über ein System subjektiver Ziele, sich definiert. Deshalb unterliegen alle subjekthaften (dem Selbsterhaltungsprinzip unterworfenen) Systeme und Institutionen dem Gesetz der „organischen Entwicklung“. Und die kantischen „subjektiven Formen der Anschauung“ erfüllen genau diese Funktion: alle Erfahrung nach dem Prinzip der Selbsterhaltung zu organisieren, in deren Licht die Dinge nur noch als Mittel subjektiver, ihnen von außen auferlegter Ziele erscheinen. Dieses Prinzip liegt dem kantischen Begriff der Erscheinungen zugrunde, die die Erfahrung insgesamt nach Maßgabe der Totalitätsbegriffe Welt und Natur aufteilt und organisiert. Unter diesem Gesetz ist, was die Dinge an sich sind, in der Tat nicht mehr erkennbar.
    Macht nicht Jankowski, wenn er Fleisch als Synonym für Beschneidung setzt (S. 14), den Gegensatz Fleisch/Geist zu einem antijudaistischen Gegensatz?
    Daß die Natur den Begriff nicht halten kann, ist ein Grund der Hoffnung.
    Wenn Paulus ein Zelot war, dann war Hitler ein Sozialist.
    Barmherzigkeit, nicht Opfer: Wäre das nicht das Motto einer Theologie-Kritik, einer Kritik der Verdinglichung?
    Die einfachste Definition der Barmherzigkeit ist die, daß vor dem Urteil die Frage steht, ob du anders hättest handeln können, wenn du an der Stelle des Objekt gestanden hättest.
    Rosenzweigs Stern der Erlösung oder die Vergegenwärtigung der Tradition: Die Transformation der Schrift ins Wort setzt die Reflexion auf das fundamentalistische Schriftverständnis, auf die Bindung des Textes an die intentio recta, voraus. Lesen, wie es heute nötig wäre, ist interlineares Lesen, Lesen zwischen den Zeilen, bei genauester Wahrung des Worts.
    Ist nicht genau das der Unterschied zwischen Buber und der jüdischen Tradition, daß Buber die Bücher Josue bis Könige als historische und nicht als prophetische Bücher begreift (zum Buch der Richter vgl. Lillian Klein: Triumph Of Irony In The Book Of Judges)? Vergegenwärtigung ist heute nicht leichter mehr zu haben als über die Auflösung des Banns der subjektiven Formen der Anschauung, und d.h. über die Kritik der Naturwissenschaften.
    Wer die Prophetie historisiert, braucht sie nicht mehr auf die Gegenwart und auf sich zu beziehen: Als Heilsprophetie hat sie sich in Jesus erfüllt, als Unheilsprophetie gilt sie nur noch für die Juden (und dient so als Schriftbeweis des Antisemitismus: schon damals waren sie so).
    Jüngstes Gericht: Aufhebung der Trennung von Natur und Geschichte im Geiste der Utopie, oder die Idee der Auferstehung als erkenntnisleitendes Prinzip. Eine Distanz zu dem, was die Idee der Auferstehung von sich aus meint, bleibt; diese Distanz darf durch Symbolisierung der Idee (die die Toten instrumentalisiert und vergißt) nicht aufgehoben werden.
    Die Geschichte aus dem Gefängnis befreien, in das wir sie durch Subsumtion unter unsere subjektive Form der inneren Anschauung (durch Subsumtion unters Zeitkontinuum) eingesperrt haben.
    Die subjektiven Formen der Anschauung (Raum und Zeit) sind keine Naturprodukte, sondern in einem gesellschaftlichen Prozeß entsprungen; sie sind selbst Produkt einer Vergesellschaftung („das stumme Innere der Gattung“).
    Unterscheidet sich nicht die mittelalterliche von der antiken Kosmologie durch eine geringfügige, kaum wahrnehmbare, darum aber nicht weniger folgenreiche Veränderung: durch die Lehre vom Sündenfall, als deren instrumentalisierte Gestalt die Naturwissenschaften sich begreifen lassen? Wittgensteins Satz: Die Welt ist alles, was der Fall ist, wäre in antikem Kontext nicht denkbar.
    Läßt sich nicht der Haß auf die Zukunft als das Produkt eines logischen Zwangs begreifen, den die Beschaffenheit der Welt in Verbindung mit dem alles durchdringende Selbsterhaltungsprinzip auf unser Bewußtsein heute ausübt, ist er nicht schon überdeterminiert? (Ich habe Benjamins anderslautende Bemerkung schon beim ersten Lesen nicht begriffen, bis mir bewußt wurde, daß sie in der Tat aus Gründen, die es endlich zu begreifen gilt, heute nicht mehr gilt. Daß sie nicht mehr gilt, affiziert die Idee des Glücks, die damit ihre raison d’etre verloren hat. Dafür rächt sich der Faschismus und macht so den Verlust irreversibel.)
    Adornos Philosophie ist die Entfaltung des apokalyptischen Satzes: Das Erste ist vergangen.
    Klingt nicht in Rosenzweigs Kritik des Allbegriffs die Kritik der Universalität des Hegelschen Weltgerichts mit an, die eigentlich die Universalität des Opfers meint.
    Ist nicht das Opfer der Zukunft, auf das die Kirche heute bewußtlos und selbstzerstörerisch sich zubewegt, die Selbstverfluchung Petri in der dritten Leugnung?
    Nicht nur der römische Hauptmann unterm Kreuz sagt: Das war Gottes Sohn, auch die Dämonen sagen es („und zittern“, nach Jakobus), auch Petrus (nach Karl Thieme ein Typos der Kirche) sagt es, bevor er ihn dreimal verleugnet.
    Ton Veerkamps Satz „Was nicht erzählt wird, ist nicht passiert“ (TuK 70, S. 23) erinnert an Hegels Bemerkung (in seinen Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte), daß das Wort Geschichte sowohl die historia rerum gestarum als auch die res gestas bezeichnet.
    Hat die Vorstellung des Zeitkontinuums (die subjektive Form der inneren Anschauung) sich in der Auseinandersetzung mit der Sternenwelt gebildet? Das würde die Beziehung begründen, in die Kant das moralische Gesetz in uns und den Sternenhimmel über uns rückt. Und der altorientalische Sternendienst war in der Tat ein Instrument der Legitimation der altorientalischen Reiche.
    Steckt nicht eine ungeheure Logik in den Problemen, die Goethe und Hegel mit Newton hatten? War es nicht bei beiden das griechische, das „heidnische“ Erbe, das sie aufs Anschauen verwies, auf eine Distanz zu den Dingen, deren Preis die Leugnung und Verdrängung eines Innen war, das bei Newton als das barbarische der allgemeinen Gravitation sich enthüllte (Christentum und Gravitation)? Ist nicht die Anthroposophie eine der letzten Manifestationen dieser Logik? Und gehört nicht die Marxsche Bindung seiner Kapitalismus-Kritik ans Tauschparadigma (und die Ausblendung des Schuldknechtschafts-Paradigma) in diesen Zusammenhang, mit der welthistorischen Folge, daß der Versuch der Realisierung im real existierenden Sozialismus direkt ins Sklavenhaus führte (deshalb gab es im gesamten Ostblock keine Banken)?
    Blüm wäre zu korrigieren: Nicht Jesus lebt, wohl aber die tief in der Geschichte des Christentums verwurzelten Banken, deren Zentralen in der Bankenstadt Frankfurt den Triumph über den Sozialismus und das Christentum zugleich ausdrücken.
    Ist nicht die Vertreibung der Geldwechsler und der Taubenhändler aus dem Tempel das zentrale Symbol der heute anstehenden Kirchenkritik? (Gibt es einen Zusammenhang dieser Vertreibung der Taubenhändler mit der Geschichte vom Scherflein, das die arme Witwe in den Opferstock gab; ist nicht die Taube das Opfer der Armen und das Symbol des Heiligen Geistes zugleich? Hat nicht die Kirche die Armen und den Heiligen Geist zugleich verraten, als sie sich selbst an die Stelle der Armen setzte und den Geist zum Instrument der Selbstlegitimation machte?)
    Wie unterscheidet sich die typologische und realsymbolische Schriftinterpretation von der historisch-kritischen (auf die sie gleichwohl sich beziehen muß)? Ist nicht vor allem der Versuch einer Vergegenwärtigung, die nicht dem Bann des Erbaulichen verfällt? Die typologische und realsymbolische Interpretation gewinnt ihr Leben aus dem des Namens, das in ihnen sich entfaltet.
    Sprachastrologie: Ist der Jupiter der Nominativ und der Mars der Akkusativ, und haben Venus und Merkur mit Genitiv und Dativ zu tun?
    Unschuldige Dingwelt, oder das Prinzip der Verdinglichung: Der Verurteilungsmechanismus ist ein Exkulpationsmechanismus. Es ist der Mechanismus der Verhärtung des Herzens.
    Wer durch die Blume spricht, greift den Adressaten auf eine Weise an, daß er sich nicht wehren kann; er nimmt ihm die Möglichkeit der Verteidigung.

  • 23.7.96

    Ist nicht das Gleichnis vom Unkraut im Weizen auch eine prophylaktische Warnung von der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung? Zwei biblische Themen sind z.Zt. zentral: – Das eine geht aus vom letzten Satz des Jakobus-Briefes; es bezieht mit ein das Wort von dem einen Sünder, dessen Bekehrung mehr Freude im Himmel hervorruft als 99 Gerechte; und es bezieht mit ein Maria Magdalena, die von den sieben unreinen Geistern befreit wurde (sowie die andere Geschichte von den sieben unreinen Geistern). – Zum anderen gehören der Kelch-Begriff, der Schlaf der Apostel in Getsemane sowie das „Herr vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“, als Grundlage aber die Geschichte der Verhärtung des Herzens Pharaos. Was den Stern der Erlösung von der gesamten christlichen Theologie damals (und heute noch) unterscheidet, ist die Vergegenwärtigung der Offenbarung, ihre Errettung vorm Vergangensein, die durchgeführte Kritik der ihr Objekt zum Objekt (oder Gott zum stummen und blinden Autisten) vergegenständlichenden Theologie, während Martin Buber dem eigenen dialogischen Prinzip zum Trotz hilflos am Prinzip der Vergegenständlichung festhält, deshalb nur eine angepaßtere Version des Erbaulichen liefert.
    Innen- und Außen-Kommunikation, oder Gericht und Barmherzigkeit: Jeder Autor hat seine Zensoren im Kopf, die seine ersten Adressaten sind, vor denen er bestehen möchte. Dazu mögen u.a. sein „Partner“, seine Eltern, seine Lehrer, seine Freunde, insbesondere auch seine Kinder gehören. Wenn er schreibt, sind sie anwesend, hören zu, machen Einwände; wenn etwas gelungen ist, scheinen sie sich sogar zu freuen. Aber sind nicht auch, und zwar auf eine sehr viel beunruhigendere Weise, die andern anwesend, die er nicht kennt, deren Einwände wie auch deren Zustimmung er nicht kennt, die er gleichwohl antizipieren muß: das namenlose Kollektiv seiner Leser, seine wirklichen Adressaten, für die er schreibt? Ist nicht der Abgrund, der ihn von diesem Adressaten trennt, und den er durch sein Schreiben überbrücken möchte, der Abgrund der Sprache, des Namens? Hat Levinas‘ Satz, daß die Attribute Gottes nicht im Indikativ, sondern im Imperativ stehen, den er mit dem Hinweis auf die Barmherzigkeit begründete, etwas mit diesem Abgrund zu tun? Gehört nicht Adornos Wort vom „Licht der Erlösung“ in den gleichen Zusammenhang? Hat nicht das real existierende Christentum mit der Lehre von der Unsterblichkeit der Seele den Impuls der Gotteserkenntnis, der in allen steckt, durchs Selbsterhaltungsprinzip verwirrt und vergiftet? Hat es nicht zugleich den Blick auf die Welt versperrt und verdunkelt?
    Es gibt keine Kollektivschuld (so wie es kein kollektives Objekt des moralischen Urteils gibt), wohl aber eine kollektive Schuldverdrängung: die Verweigerung der Erinnerung durch das Instrument der Verurteilung. Die Schuldverdrängung führt in das, was Ralph Giordano die „zweite Schuld“ genannt hat, die dann allerdings in der Tat zur Kollektivschuld wird. Gleicht die Beziehung der zweiten zur ersten Schuld nicht der der zweiten zur ersten Natur? Wird nicht die erste Natur (als „Erscheinung“) erst im Lichte der zweiten sichtbar? Hat nicht das Christentum im dogmatischen Prozeß den Verurteilungsmechanismus ausgebildet und eingeübt (im „Kampf gegen die Häresien“), zusammen mit der Ausbildung und Einübung der Bekenntnislogik? Wer einen Schuldigen verurteilt, bekennt sich zu den „Werten“, die der Schuldige verletzt hat: Er entzieht sich damit dem Urteil, ändert aber nichts. War es nicht dieser Verurteilungsmechanismus, mit dem die Philosophie aus dem Bann des Mythos sich befreit hat, aber um den Preis der Logik des Begriffs? Die Erfindung der Philosophie war begleitet von der Erfindung der Barbaren. Das Christentum hat diese Erfindung differenziert, ebntfaltet und verfeinert, und zwar in dem Prozeß, auf den Geschichte der drei Leugnungen verweist: durch die weiteren Erfindungen der Juden, der Heiden und der Wilden. Schuldverdrängung und Schuldverschiebung funktionieren nur als kollektive Mechanismen; sind diese Mechanismen nicht der Kern der Bekenntnislogik und der Massenbildung zugleich? Autonome, spontane Solidarität wäre Solidarität ohne Komplizenschaft (ohne das Wechselspiel der kollektiven Absicherung). Bezeichnet nicht die Opfertheologie genau dieses Moment der Komplizenschaft in der Bekenntnislogik (die Bindung, den gesellschaftlichen Kitt der Religion)? Im Anfang wurden die Tiere in Horden, nicht durch Einzelne erlegt, die dann zur Versöhnung des Opfers bedurften. Der erste einzelne Jäger („Held der Jagd“, so Buber) war Nimrod? Gründet nicht der Totemismus im Raub der jungen Tiere, die – über die symbiotische Beziehung zu diesen Tieren – den Anfang der Domestikation bildete? War die christliche Opfertheologie das Instrument der Domestikation des Messianismus? Es war in Antiochien, wo die Christen erstmals sich Christen nannten. Die Sekten nutzen die Apokalypse als Angsterzeugungs-Instrument, um die Schafe in die eigenen Hürden zu treiben. Aber ist nicht umgekehrt die Apokalypse, als Mittel der Angstbearbeitung, auch eine Erkenntnishilfe? Es gibt drei subjektive Formen der Anschauung, den Raum, das Geld und die Bekenntnislogik, die sich durch wachsende Distanz von der Natur unterscheiden. Der Raum ist noch ein „Naturprodukt“, während das Geld auf den Selbsterhaltungs- und Eigentumstrieb der Menschen verweist, die Bekenntnislogik hingegen aufs Schuldverschubsystem und seine objektkonstituierende Kraft. „Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten, daß sie nackt waren“: Ist der Plural („ihnen“, „sie“) nicht wesentlich? Ist das Augen-Aufgehen und die Erkenntnis der Nacktheit nicht ein kollektiver Akt (und sind die „subjektiven Formen der Anschauung“ nicht das Produkt dieses kollektiven Akts)? Steckt nicht in jedem gegenständlichen Sehen das Bewußtsein und der Anspruch eines gemeinsamen Tuns (das dann im Fernsehen sich erfüllt)? Und bedarf es nicht einer zusätzlichen Reflexion, um zu bemerken, daß es keine Garantie gibt, daß das, was ich sehe, von den anderen genau so gesehen wird, wie ich es sehe?

  • 22.7.96

    Jak 520: Gerettet ist nicht, wer frei von Schuld ist, sondern wer einen Sünder von seinem Weg des Irrtums bekehrt. Mission, Propaganda, Reklame sind die Irrwege der Bekehrung. Bekehrung ist nicht Umkehr: Bekehren kann ich auch mit Gewalt, aber Umkehr kann ich nicht erzwingen.
    Ist nicht das Scheitern des real existierenden Sozialismus der Beweis dafür, daß die richtige Gesellschaft sich nicht über die Köpfe der Menschen hinweg (nicht durch „Bekehrung“) errichten läßt? Die wirkliche Umkehr korrespondiert mit der Auferstehung aller.
    „Was nicht erzählt wird, ist nicht passiert“ (Ton Veerkamp in TuK Nr. 20, S. 23): Dieser Satz ist schrecklich. Der Kreuzestod Jesu oder Auschwitz wären demnach nicht „passiert“, wenn nicht davon erzählt worden wäre? Und das namenlose, nie erzählte Grauen in der Geschichte ist nicht gewesen, wenn niemand es erzählt? Ist es nicht vielmehr das Leiden, an dem, was Rosenzweig wie auch Adorno einmal den Vorrang des Objekts genannt haben, sich demonstrieren läßt? Ist es nicht der Sinn des Eingedenkens, des Erinnerns, auch das Nicht-Erzählte, das, was im Dunkeln liegt, noch ans Licht zu bringen? Und korrespondiert nicht das Dunkel der Vergangenheit mit den heutigen Objekten der Verdrängung (liegt hier nicht die geheime Korrespondenz der Gegenwart mit der Vergangenheit, an die Walter Benjamin in seinen Geschichtsphilosophischen Thesen erinnert)?
    Was nicht erzählt wird, ist so, als wäre es nicht passiert; aber dieses „als“ ist ein Äquivalent der Verdrängung. Denn die Spuren auch des nicht erzählten Leidens sind unauslöschbar. Das Erzählen ist wichtig als eine Hilfe des Nicht-Vergessens; nur im Mythos hat es objektkonstituierende Macht. Martin Buber hat die Bücher Josua bis Könige zu den Geschichtsbüchern gezählt und für Mizrajim den Namen Ägypten gewählt. Hängt nicht beides zusammen, hat er hier nicht das hellenistische Erbe (das auch das Christentum verhext) übernommen? Ist nicht die Historisierung dieser Bücher ein Symptom der Historisierung der Prophetie, eigentlich ihrer Leugnung durch Remythisierung?
    Ist es nicht ein Unterschied, ob man die drei Geschichten von Sodom, Jericho und Gibea historisch, oder ob man sie prophetisch begreift (z.B. als Hilfe zum Verständnis von Rostock, Mölln, auch von Auschwitz)?
    Paulus war kein Zelot (gegen Jankowski), eher ein Skinhead.
    Ist nicht heute die Freudsche Psychosenlehre wichtiger geworden als seine Neurosenlehre (liegen nicht die Fortschritte der Psychoanalyse heute im Bereich der Erforschung der Schizophrenie und des Autismus, auch der Antipsychiatrie)? Und werden hier nicht biblische Motive wie das Gebot, die Eltern zu ehren, oder das der Bekehrung der Herzen der Väter zu ihren Kinder, auch das, daß nur der seine Seele rettet, der einen Sünder von seinem Irrweg bekehrt, auf ein ganz neue Weise aktuell? Rühren diese Motive nicht genau an diesen Punkt? Nur: das Problem der Psychose ist im Gegensatz zu dem der Neurose psychologisch (subjektintern) nicht mehr darstellbar, es rührt an den Grund des Zustands der Welt (wie in der Theologie der Name Israel oder der corpus Christi mysticum). Ist die Jesus-Geschichte nicht die Innenseite (die Feuerseite) der gleichen Geschichte, deren Außenseite (Wasserseite) im Römischen Imperium und im Caesarismus sich manifestiert? Gründet nicht Adornos Ästhetik (der Begriff wie auch das Werk, das diesen Titel trägt) in Hegels Logik des Scheins?
    Die Welt ist alles, was der Fall ist: Bezeichnet nicht dieser Begriff des Falls einen physikalischen, einen gesellschaftlichen und sprachlogischen Sachverhalt? Dieser eine Begriff bezieht sich nicht zufällig (nicht durch bloße Äquivokation) gleichzeitig auf – die Erscheinungen der Gravitation, – die Objekte der Verwaltung: die Fälle, die die Verwaltung bearbeitet, und nicht zuletzt – die casus der Grammatik. Gehören nicht zu dem sprachtheoretischen Konstrukt einer „indoeuropäischen Ursprache“ acht casus (neben den vier kanonischen: Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ, der Ablativ, der Lokativ, der Instrumentalis und der Vokativ)? Sind nicht die casus, die dann (in den modernen europäischen Sprachen, nach dem griechischen Vorbild, das zusätzlich allerdings noch den Vokativ enthielt) kanonisch geworden sind, die Reflexionsformen des Begriffs im Objekt? War nicht die Einführung des unbestimmten Artikels, die sprachlogisch mit dem Ursprung der Hilfsverben zusammenzuhängen scheint, der entscheidende Schritt zur Kanonbildung der casus? Ist es nicht eine gemeinsame (ihren empirischen Objektbezug begründende) Sprachlogik, die das englische to be mit der Tatsache verknüpft, daß gleichzeitig die Artikel im Englischen geschlechtsneutral sind und nicht dekliniert werden? Sprachlogisch lassen männlich und weiblich nicht mehr sich unterscheiden, Akkusativ und Nominativ nur noch durch ihre Stellung im Satz, während Dativ und Genitiv von außen, durch vorangestellte Präpositionen, bestimmt werden. Wann und in welchem herrschaftsgeschichtlichen (gesamtgesellschaftlichen) Kontext sind die Hilfsverben entstanden? Ist das englische to be ein sprachlogisches Denkmal des Übergangs von der Stammesgesellschaft zur Monarchie (und das deutsche Sein eines des Ursprungs der Reichsgeschichte und des Kaisertums)? Ist das to be (wie auf andere Weise auch das Sein) nicht ein Exorzismus (einer, der die Geister leben läßt, sich aber nicht mehr vor ihnen fürchtet)? Sind die Hilfsverben Beleg einer Entwicklung, die (wie das mittelalterliche Christentum insgesamt) den Mythos übersprungen hat, ihn aber eben deshalb (in Gestalt der Hilfsverben, mit Hilfe der Logik, die sie repräsentieren) in sich reproduziert?
    Die kantischen Prolegomena verhalten sich zur Kritik der reinen Vernunft wie Engels zu Marx. Der Nationalsozialismus, der seine „Weltanschauungs“-Kriege im Rußland-Feldzug wie in Auschwitz als Vernichtungs-Kriege geführt hat, hat damit den Begriff der Weltanschauung selber aufgedeckt und unbrauchbar gemacht.
    Der Begriff der Weltanschauung ist aus zwei Komponenten zusammengesetzt, die jede für sich auf die Ursprungsgeschichte der gleichen Zivilisation verweisen, die sie in dieser Komposition von innen sprengen. Der Begriff der Weltanschauung macht den apokalyptischen Vorgang unkenntlich, den er bezeichnet.
    Die Auseinandersetzung mit dem Staat ist die Auseinandersetzung mit der Quelle der Logik, die auch das eigene Bewußtsein beherrscht. Das Feindbild Staat gewinnt seine Verführungsgewalt aus der Vorstellung, dieser Auseinandersetzung (der Selbstreflexion des falschen Bewußtseins, dessen Quelle in der Tat der Staat ist) sich entziehen zu können. Zugrunde liegt das Versäumnis der Reflexion des Faschismus (der deshalb das „wahre Gesicht des Staates“ ist, weil der Staat keins hat).

  • 18.7.96

    Beim nächsten Mal wird’s keine Zuschauer mehr geben: Hat nicht die gewaltige Verdrängungsleistung der Menschen im Nachkriegsdeutschland etwas mit der Aufspaltung in Täter und Zuschauer (mit der Funktion der „subjektiven Formen der Anschauung“) zu tun? Und hängt nicht die Verdrängung des eigenen Anteils am „Geschehen“ (an der Geschichte) mit der Ursprungsgeschichte der Verhärtung des Herzens zusammen? Der Pharao der Exodus-Geschichte, der „Joseph nicht mehr kannte“, kannte auch JHWH (den Gott der Hebräer) nicht.
    Zum Beitrag Ton Veerkamps im neuen Heft von TuK: Spiegelt das „Scheitern des Messianismus“ nicht die Sicht des Zuschauers (des Historikers)? Auch wenn der Messianismus „gescheitert“ sein sollte? Ist das „Scheitern“ nicht eine Kategorie, die allein den Herrenblick des Überlebenden, der überlebenden Gewalt, reflektiert? Bleibt der Antichrist (dessen Wahrnehmung der Zuschauerblick apriori ausschließt) nicht aktuell? Und haben wir nicht die einmalige (danach nicht wiederkehrende) Möglichkeit, im Faschismus die „Generalprobe des Antichrist“ zu studieren?
    Übrigens: Das am ersten Tag erschaffene Licht hat die Finsternis nicht vertrieben, sondern es hat Bestand neben ihr (vgl. Rosenzweigs „und“).
    Im Kontext des Weltbegriffs, und d.h. der Individualisierung des Subjekts, kann der Name Israel nur nationalistisch mißverstanden werden. Modell des Subjekts ist der Privateigentümer, der, indem er zum Geschöpf und Komplizen des Staates sich macht, Gott den Schemel unter seinen Füßen wegzieht.
    Sind eigentlich die biblischen Hethiter identisch mit dem Volk, das die Historiker heute so nennen? Und gründet nicht der historische Name der Hethiter (die „Indogermanen“ gewesen sein sollen) in einem rassistischen Sprachbegriff?
    Gilt nicht, was Franz Rosenzweig über den Ursprung des Charakters gesagt hat, auch für den Ursprung von Ideen? Man wird von Einsichten überfallen, die sich nicht mehr wegwischen lassen, auch wenn es möglicherweise ein ganzes Leben braucht, um sie zu realisieren.
    Ist die Gravitation (die im Kontext der Lehre vom Sündenfall erfahrbar gewordene Schwere) die Todesgrenze der gegenständlichen Erfahrung, die Innenseite der Orthogonalität? Und ist nicht der Schwerpunkt der Ursprungspunkt des Raumes wie des Inertialsystems, und zugleich der Abstraktionspunkt, der beiden den Schein des Schwerelosen (des Leichten, das zugleich der absolute Zwang ist) verleiht?
    Der Fehler Augustins war die tendentielle Parallelisierung der civitas dei mit der civitas terrena (im Bann des Weltbegriffs, dem dann auch der Begriff der civitas dei verfallen ist), die Verwischung der qualitativen Differenz (des Unterschieds zwischen dem Licht und der Schwere, oder der Nichtidentität des Lichts und des Schwerelosen wie auch der Schwere und der Finsternis).
    Zur Apokalypse gibt es drei Positionen, die alle drei mit der Angst zu tun haben:
    – die Instrumentalisierung der Apokalypse als Mittel der Angsterzeugung (um die Verängstigten in die eigenen Hürden zu treiben),
    – die Verdrängung der Apokalypse als Hilfe der Angstverdrängung (die gegenwärtige Praxis der Kirchen, die damit ihre Mitglieder allein läßt); diese Position ist die Voraussetzung der ersten; und
    – die Nutzung der Apokalypse als Mittel der Angstreflexion und -bearbeitung und so als Mittel einer theologischen Erkenntnis, die anders nicht mehr zu gewinnen ist.
    Das unterscheidet die Apokalypse von der Prophetie, daß sie die Zuschauerhaltung, die im Weltbegriff gründet (und die es deshalb für die Prophetie noch nicht gibt), sprengt und durchbricht, damit aber – unter den Bedingungen des Weltbegriffs – die Voraussetzungen der Prophetie wiederherstellt und radikalisiert. Die Apokalypse ist wie die Prophetie und die Offenbarung insgesamt zunächst ein Vorgang in der Sprache, nicht unmittelbar, sondern allein durch die Sprachreflexion hindurch, auf „die Realität“ bezogen. Der Fehler jeglichen Fundamentalismus ist es, daß er glaubt, von dieser Sprachreflexion absehen und gleichwohl die Offenbarung verstehen zu können.
    Das Fernsehen füttert nicht mehr nur, es nudelt und mästet den Drachen. Wann werden Leviatan und Behemot schlachtreif sein?
    Erst wenn der Himmel kein Objekt der Anschauung mehr ist, wenn er ganz Sprache geworden ist: wenn er wie eine Buchrolle sich aufgerollt hat, wird die Welt sich begreifen.
    Wer die Religion, die Theologie, die Gotteserkenntnis ins Anschauen übersetzt, verrät sie.
    Der Antisemitismus ist die Maschine, die mit den Taten, die er provoziert, genau die Schuld produziert, von der zu entlasten er vorgibt. Liegt in dieser Konstellation nicht die Wurzel des Rassismus? Der Faschismus verbindet die inhaltliche Irrationalität mit einer ungeheuren rationalen Funktionalität. Ist diese Verbindung nicht im Weltbegriff vorgebildet? Ähnlich war die Konstruktion des Inertialsystems erst möglich war, nachdem die Reflexion auf den Sündenfall ins Bewußtsein mit aufgenommen und dann verdrängt worden ist. Darin steckt die innere Ursprungsgeschichte des Inertialsystems, die bis heute noch nicht erzählt worden ist. Verdankt sich nicht Luthers Rechtfertigungslehre genau dieser Konstellation, die sie damit theologisch legitimierte?
    An Kindern meinen wir zu erkennen, daß Unwissenheit Freiheit von Schuld erzeugt; liegt nicht die gleiche Logik dem Konzept der Rechtfertigung durch den Glauben (der Wissen nur verdrängt, nicht reflektiert) zugrunde?
    Ist nicht Bubers Religionsverständnis eines der Transformation der Religion in Anschauung, nachweisbar anhand seiner Bearbeitung der Chassidischen Erzählungen, die er, indem er sie ihres Realitätsbezugs entkleidet, ins Erbauliche transformiert und so für die ernsthafte Reflexion untauglich macht.
    Liegt das eigentliche Chronologieproblem nicht darin, daß wir die unendliche Vergangenheit brauchen im Hinblick auf die Konstruktion der unter die Vergangenheit subsumierten und so ins leere Unendliche prolongierten Zukunft (die Konstruktion der „subjektiven Form der inneren Anschauung“), die die Grundlage des Herrendenkens ist? Aber ist nicht diesem Konstrukt durchs Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit der Boden unter den Füßen weggezogen worden?
    Wenn es heißt, daß nur Gott ins Herz der Menschen blickt, ist damit nicht der Ort des Leuchtens seines Angesichts aufs genaueste bezeichnet?
    Nur Gott sieht ins Herz der Menschen; aber davor steht das Bollwerk der Welt. Hängt nicht die heute so verbreitete Einbrecherangst mit der verdrängten Erwartung zusammen, daß er kommen wird wie ein Dieb in der Nacht? – Hat dieser „Dieb in der Nacht“ etwas mit dem Passah zu tun, der Nacht, der die Finsternis vorausging, in der alle Erstgeburt der Ägypter getötet wurde?
    Verweist der letzte Satz des Jakobus-Briefs nicht darauf, daß die Befreiung nicht das Ergebnis einer einfachen Entschließung ist, sondern daß sie nur über die „Bekehrung des Sünders von seinem Weg des Irrtums“ läuft (und ist nicht diese fast unmögliche „Bekehrung des Sünders“ die Lösung des Rätsels des Gnadenbegriffs)?
    Die erste, die das Grab leer vorfindet, ist Maria Magdalena, die von den sieben unreinen Geistern befreit wurde (wie bei Mk 169 in diesem Zusammenhang berichtet wird). – Bei Lukas steht der Satz über die „Ausfahrt der sieben Dämonen“ schon vorher: „… und die zwölf begleiteten ihn und einige Frauen, die von bösen Geistern und Krankheiten geheilt worden waren: Maria, genannt die aus Magdala, aus der sieben Dämonen ausgefahren waren, und Johanna, die Frau des Chusa, eines Beamten des Herodes, und Susanna und viele andere, die mit ihrem Vermögen für sie sorgten“ (Lk 81ff).

  • 17.7.96

    Hat das Mittelalter (nach der irischen/pseudodionysischen Revolution) den Satz des Kohelet „Es gibt nichts Neues unter der Sonne“ auf den Mond bezogen (und daraus seine Kosmologie entwickelt), und war dieser Paradigmenwechsel der Katalysator der kosmologischen Remythisierung der Theologie, ihrer Verschmelzung mit der Herrschaftslogik?
    Die Gravitation, die seit Newton zum Zentrum der modernen Astronomie und Kosmologie geworden ist, ist (wie das Medium der elektromagnetischen Prozesse und wie die Objekte der Mikrophysik, eigentlich wie unsere Vorstellungen und Begriffe insgesamt) unsichtbar.
    Gibt es nicht zwei getrennte und von einander zu unterscheidende natürliche Zyklen, des Tages- und den Jahreszyklus? Wodurch unterscheiden sich diese beiden Zyklen? Hat nicht die zyklische Folge von Tag und Nacht eine andere Qualität als die der vier Jahreszeiten? Gründet die zyklische Folge von Tag und Nacht in dem Wechsel von Oben und Unten, die der Jahreszeiten in der wiederkehrenden Folge der vier Himmelsrichtungen?
    Sonne und Mond sind auf den Tag und die Nacht bezogen. Haben Jupiter, Mars, Venus und Merkur etwas mit den vier Jahreszeiten (und den Himmelsrichtungen) zu tun (sind die vier apokalyptischen Reiter Repräsentanten dieser vier Planeten)? Und ist der Saturn, der siebte Planet, der Planet des Sabbats?
    Zur Venus: Hat nicht jede Lust Anteil an der Euphorie des Sterbens (und ist nicht die kantische Ästhetik als Theorie der Urteilslust, eine Theorie der Euphorie – nicht aber des Glücks, das das Erwachen voraussetzt)?
    Dazu gibt es eine dritte Periodik: die der „Sothis-Periode“. Bezieht sich hierauf das Wort „Vor Gott sind tausend Jahre wie ein Tag“?
    In der jüdischen Tradition sind nur gehörnte Tiere Opfertiere. Welche Opfertiere gibt es, und welche Tiere haben außerdem noch Hörner? Was hat den Bock zur Symbolfigur des Teufels gemacht?
    Leben wir nicht in sadduzäischen Zeiten: Niemand glaubt mehr an die Auferstehung.
    Zum Kelch von Getsemane gehört der Schlaf der Apostel.
    Waren nicht die Evangelien die ersten Angehörigen-Infos? Auch sie waren in erster Linie getragen von den Müttern.
    Als Jesus sagte: „Denn wer den Willen meines Vaters in den Himmeln tut, der ist mit Bruder und Schwester und Mutter“ (Mt 1250 parr), da nannte er nicht den Vater (bei Lk fehlt auch die Schwester).
    Ist nicht die Gnadenlehre eine postdogmatische (und in dem Sinne lateinische) Lehre, setzt sie nicht das zur confessio geronnene Dogma voraus? Ist sie nicht der Reflex auf das, was man die Gravitationserfahrung nennen könnte (die Unaufhebbarkeit der Schwere, die Abgeschlossenheit und Unentrinnbarkeit der unteren, irdischen Welt)? Ist das Dogma die Schrift an dem sonst unerreichbaren Himmel?
    In der Kabbala gibt es zu dem Psalmvers „Aus der Tiefe rufe ich zu dir, o Herr“ auch die Version „Aus der Tiefe rufe ich dich, o Herr“: Die Frage bleibt offen, wer in der Tiefe, wer unten ist.
    „Finsternis über Urwirbels Antlitz. Braus Gottes schwingend über dem Antlitz der Wasser“ (Buber-Übersetzung von Gen 12). Hat dieses „über“ etwas mit jener Tiefe zu tun? Ist es das gleich (unaufhebbare) „über“, das die Beziehung des Begriffs zum Objekt definiert (und ist die Oben-Unten-Beziehung eindeutig nur in dieser Beziehung)?
    Die Gravitation bezieht sich auf das stumme Innere der Dinge, das Licht auf ihre farbige Außenseite (nur als Wärme dringt es auch in ihr Inneres).
    Haben die Attribute des Tieres aus dem Wasser und des Tieres vom Lande etwas mit dem Satz „Der Himmel ist sein Thron und die Erde der Schemel seiner Füße“ zu tun?
    Die Propheten in den Büchern Samuel und Könige sind Königspropheten, erst die Schrift-Propheten handeln im Angesicht der Großreiche, der drohenden, dann auch eintretenden Unterwerfung Israels unter äußere Mächte.
    Ist nicht Walter Benjamins Bemerkung über die Beziehung des Profanen zum Messianischen der Schlüssel für den Satz, wonach am Ende, wenn Gott alles unterworfen sein wird, sich auch der Sohn Ihm unterwerfen wird, und Gott alles in allem sein wird (1 Kor 1528)?
    Daß das Lesen öffentlicher und intimer zugleich ist als der unmittelbare Umgang, widerlegt die Bedeutung, die seit Buber dem Begriff der Begegnung beigelegt wird.
    War nicht der habermassche „Verfassungspatriotismus“ (zusammen mit der Akzeptierung eines Rechts, das nur durchs formal geregelte Verfahren, nicht mehr inhaltlich sich legitimiert) nur die vornehmere Version der hitlerschen Abschaffung des Gewissens („dieser jüdischen Erfindung“)?
    Vgl. Mt 548 („seid vollkommen, wie auch euer himmlischer Vater vollkommen ist“) und Lk 636 („seid barmherzig, wie auch euer Vater im Himmel barmherzig ist“).
    Liegt nicht das Problem der Vertriebenen-Verbände darin, daß insbesondere Schlesien seit dem siebenjährigen Krieg ein Legitimationsland war (Ursache des Übergangs der Reichsgewalt von Österreich an Preußen)? Liegen hier nicht auch die Gründe für einige Eigenheiten Schlesiens, insbesondere für die merkwürdige Gestalt des schlesischen Katholizismus (eine Mischung aus Anpassung, Hybris und Sentimentalität). Hat es nicht schon in Adenauers Zeiten, und jetzt erneut nach der „Wiedervereinigung“, eine zwar nicht offizielle, darum aber nicht weniger wirksame Politik gegeben, die (aus Gründen der Legitimität) auf die Revision der Ergebnisse des letzten Krieges hinausläuft?
    Die schriftstellerischen Fähigkeiten Christinas von Braun profitieren offensichtlich von ihrer Arbeit als Filmemacherin, von ihrer Fähgikeit, Themen in Handlungen zu übersetzen. Aber ist das nicht eine Anforderung, die an jede „Theorie“ zu stellen ist, daß sie aufhört, bloß „objektiv“ über Sachen zu reden, diese Objektivität vielmehr aufbricht, sie aufschlüsselt mit Hilfe der Logik des Handelns anstelle der des Seins, mit Hilfe der Ethik anstelle der Ontologie (war das nicht der parvus error in principio von Habermas, daß er das Handlungskonzept durch ein Kommunikationskonzept <die Handlungsgemeinschaft durch die Kommunkationsgemeinschaft> ersetzt, damit gleichsam die Ontologie durch die Hintertür wieder eingeführt hat)?
    Gilt dieses Projekt des Aufbrechens der Objektivität nicht auch für die Geschichte der Theologie (und hier vor allem für die Opfertheologie, die das Handeln ontologisiert hat)?
    Den Bann des Mythos sprengen, heißt: den ihm einbeschriebenen Bann der Vergegenständlichung und damit den logischen Kern der Schicksalsidee sprengen. Ist nicht die transzendentale Ästhetik in jeder Gestalt die instrumentalisierte Schicksalsidee, und reproduziert sich nicht durch sie der Mythos in der Aufklärung? Deshalb ist der Titel der Adornoschen „Ästhetik“ falsch: Angemessen wäre der Titel Kunstkritik (ebenso wie Kapitalismuskritik, Kritik der Naturwissenschaften, Kritik der Geschichte: Kritik des Weltgerichts, des blinden Flecks, der Verblendung durch Objektivität).

  • 23.6.96

    Welche Organe des Fisches befreien die Sara vom Asmodei, und welche Organe heilen den Tobias von seiner Blindheit? Und welche Bedeutung haben diese Organe nach dem Sohar?
    Jannes und Jambres (2 Tim 38) hießen nach einer apokryphen jüdischen Überlieferung die ägyptischen Zauberer, die die ersten Wunder von Moses und Aaron vor dem Pharao ebenfalls vollbrachten (Ex 711.22, 87).
    Das transzendentale Subjekt, das „Ich denke, das alle meine Vorstellungen muß begleiten können“, ist der Repräsentant des Begriffs im Subjekt: der Repräsentant der Herrschaftslogik. Die Trennung des Denkens von meinen Vorstellungen reflektiert die Trennung von Begriff und Objekt, von Welt und Natur. Durch diese Trennung verselbständigen sich auch „meine Vorstellungen“ gegen mein Denken, werde ich manipulierbar (transzendentallogischer Grund des Fernsehens). Herr über meine Vorstellungen werde ich nur durch die Kraft der Reflexion (durch die Kritik der intentio recta).
    Die Objektivierung des Vergangenen ist ein Gradmesser der Herrschaft der Vergangenheit über die Zukunft, die nur durch Erinnerungsarbeit aufzulösen ist.
    Bemerkenswert die unterschiedliche Funktion, der unterschiedliche sprachlogische Stellenwert der Affixe in den klassischen europäischen Sprachen im Verhältnis zu den modernen Sprachen, insbesondere zur deutschen Sprache: Während in den alten Sprachen Präpositionen als Präfixe den Verben vorgesetzt werden (prae-, ad-, de-, cum- u.ä.) und Suffixe in erster Linie Mittel der Flexion sind (der Bestimmung des Geschlechts sowie zur Deklination beim Nomen und zur Bestimmung der Person und zur Konjugation beim Verb), kommen in den modernen Sprachen zusammen mit der Verselbständigung der Personalpronomina objektkonstituierende Präfixe (be-, er-, ver-, zer- u.ä., primär bei Verben) und substantivierende, begriffkonstituierende Suffixe (-heit, -keit, -ung u.ä.) hinzu (nach Vorbereitung dieser Formen im Lateinischen: in den Formen des Supinum, Gerundium, Gerundivum u.ä.?). In den modernen Sprachen ist die Trennung von Natur und Welt bereits in die Struktur der Sprachen und in die Grundlagen der Wortbildung mit eingegangen (Ursprung des Nominalismus).
    Ist nicht das „Ungetüm“ (eines der Substantive, die nur aus Prä- und Suffixen gebildet sind) ein Schlüsselwort der deutschen Sprache (gleichsam der Repräsentant des Seeungeheuers: Ist die deutsche Sprache der Bauch des Walfisches, der den Jonas verschlingt, und war die Reise nach Tarschisch die Flucht der griechischen Sprache vor der Wahrheit, die dann im „Bauche des großen Fisches“ endete)?
    Die descensio ad inferos (Jonas im Bauche des Fisches) ist der Beginn der Bearbeitung der Finsternis über dem Abgrund.
    Ist die Etymologie von Leviatan bekannt (Behemoth ist das Getier)? Das Namensregister meiner Vulgata-Ausgabe (von 1824) notiert „Copulatio, Societas sua“ (?).
    Zu Bubers „Geziefer“: Er hat vom Ungeziefer die Negation hinweggenommen. Nach Kluge verweist aber das Stammwort (Geziefer) auf ein ahd. „zebar“, ae. „tiber“, anord. „tivurr“, Worte die allesamt auf das Opfer zurückzuweisen scheinen. Demnach wäre Ungeziefer ein Name für „unreine“, nicht zum Opfer geeignete Tiere? Hat Buber vielleicht vom Ungewitter, in dem das Un- als Verstärker, nicht als Negation erscheint, sich verleiten lassen und Geziefer als eine nur harmlosere Form des Ungeziefer aufgefaßt (vielleicht auch den antisemitischen Gebrauch des Wortes „Ungeziefer“ ausschließen wollen)? – Vgl. auch Unkosten, Unwetter, in denen das Un- keine Negation, sondern eine Steigerung einer bereits gegebenen negativen Konnotation des Stammworts ausdrückt.
    Läßt nicht an Hegels Bemerkung, wonach die Natur, nachdem die Idee sie frei aus sich entlassen hat, den Begriff nicht halten kann, die Logik des Naturbegriffs (Natur als Inbegriff aller Objekte: Inbegriff des Begriffslosen) sich demonstrieren? Vgl. hierzu insbesondere die Hegelsche Begründung: sein Hinweis auf die unterschiedlichen Gattungen und Arten der Tiere, die es nach der Logik des Begriffs nicht geben dürfte. Ist nicht der Begriff der Ganzheit ein spätes Echo dieser Logik, und richtet sich dagegen nicht Adornos Satz „Das Ganze ist das Unwahre“?
    Das Inertialsystem ist der dogmatische Kern der Urteilsmagie. Das weist zurück auf den Schuldzusammenhang, den das Inertialsystem (zusammen mit dem Geld und der Bekenntnislogik) verkörpert.
    Wer glaubt, die Abstraktion verwerfen und sich der Unmittelbarkeit des Konkreten versichern zu können, verfällt der Abstraktion.
    Ist nicht Spenglers „zweite Religiosität“, die heute die Religionen durchherrscht, die die Agonie begleitende Euphorie?
    Spätestens im Barock ist die Religion zum Trost der Herrschenden geworden.
    Sind nicht Wendungen wie „Ich glaube zu wissen“ und „Ich würde sagen“ Symptome des gegenwärtigen Zustandes des kosmos noetos?
    Zu den Vätern im NT vgl. Eph 64 und Kol 321: Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht.
    Gehört nicht zu dem Satz „Laßt die Toten ihre Toten begraben“ auch der andere: „Gott ist kein Gott der Toten, sondern der Lebenden“?
    Die Jakobus-Wendung „nicht schnell zum Zürnen“ verweist darauf, daß
    – das Zürnen ein Urteilen ist und
    – vor dem Urteil die Hemmung des Sich-Hineinversetzens in den, über den das Urteil ergeht, steht.
    Sind die Tefillin (die Zeichen an Hand und Stirn) ein Symbol der Bekenntnislogik?
    Sch’ma Jisrael: Das Leuchten des Angesichts ist das Licht des Hörens. Das Dunkel des gelebten Augenblicks ist der blinde Fleck im Kern der Philosophie: das tode ti.
    Ist der Satz, daß man Herr seiner eigenen Phantasien sein soll, nicht der schärfste Einwand gegen das Fernsehen?
    Haben die beiden apokalyptischen Tiere etwas mit der Beziehung des „Ich denke“ zu „meinen Vorstellungen“ (mit der Beziehung von Politik und Ökonomie) zu tun?

Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie