Das Modell der Beziehung von Gattung und Exemplar ist das der Beziehung von Geld und Ware.
Ist es nicht eigentlich konsequent, wenn erst nach der Sintflut der „Bogen in den Wolken“ erscheint, wenn erst, nachdem der Begriff die Welt überflutet hat, der Begriff der Farbe in den Wolken sichtbar wird?
Das Horn ist das Symbol einer Gewalt, die aus der Bedrängnis erwächst.
Der Atheismus heute leugnet den Imperativ, das Gebot.
Das, was Ferdinand Ebner den Traum nannte, die Logik der Ich-Einsamkeit, ist der Traum des Nebukadnezar. Diesen Traum, den der, der ihn träumt, zwangsläufig vergißt, rekonstruiert und deutet Daniel.
Die Schlange oder das Neutrum ist ein Instrument zur Vermeidung der Gottesfurcht.
Ismaeliten waren es (Midianiter), die Joseph nach Ägypten verbrachten, wo er als Sklave verkauft wurde. Midianiter waren es, die Moses, als er aus Ägypten floh, aufnahmen (die Frau des Moses war eine Tochter des Midianiter-Fürsten, der Moses aufgenommen hatte).
Den Namen geändert haben Abram/Abraham und Sarai/Sara, Jakob/Israel. Danach erst wieder Simon/Petrus und Saulus/Paulus?
Trägt von den Aposteln nur Johannes, der „Lieblingsjünger“ (und Nathanael, „ein wahrer Israelit“) einen theophoren Namen?
Wer klare Fronten haben will, will wissen, wofür und wogegen einer ist. Will nicht die „Aufklärung“ klare Fronten, wie die subjektiven Formen der Anschauung sie dann schaffen (Aufklärung ist auch Verbrechens- oder Feindaufklärung)? Aber: Die Sonne bescheint Gerechte und Ungerechte; die Sonne Homers bescheint auch uns; und: Es gibt nichts Neues unter der Sonne.
Die Bekenntnislogik usurpiert die Definitionsmacht über die Unterscheidung von Licht und Finsternis. Wer diese Deifinitionsmacht verliert, fürchtet, in die Finsternis zurückzusinken.
Heute will niemand mehr ein Gerechter sein, aber alle wollen unschuldig sein, an der Unschuld der Kollektive, die sie durch die Bekenntnislogik zu gewinnen glauben, teilhaben. Darin gründet die logische Attraktionskraft der Nationen, der Kirchen, der Parteien.
Welche Rolle spielen in der Logik der RAF-Unterstützer die Geschichte der RAF und die Gefangenen? Ist es nicht die Sprengkraft dieser Logik, die heute so drastisch sich manifestiert?
Die RAF fällt, gemessen an den Feuerbach-Thesen Marx‘, unter die Philosophien, die die Welt nur verschieden interpretieren. Zur Änderung der Welt reichen die bloße Absicht und der bloße Wille nicht aus. Es hilft nicht, der anderen Interpretation nur eine dezisionistische Praxis anzuhängen.
Schrumpft das Handeln der RAF nicht auf Reflexe des Verfolgungsdrucks zusammen? Und wie schützt sie sich vor der Gefahr, diesen Verfolgungsdruck zu verinnerlichen und zu reproduzieren?
Nur Gott sieht ins Herz der Menschen: Das Herz der Menschen, ist das nicht die Barmherzigkeit? Und wartet Gott nicht darauf, daß er endlich in den Herzen der Menschen sich selbst erkennt? Bezieht sich nicht das Wort vom Binden und Lösen und das von dem einen Sünder, über dessen Bekehrung mehr Freude im Himmel herrschen wird als über 99 Gerechte, auf diesen Sachverhalt?
Zentral ist nicht die Frage Luthers: Wie bekomme ich einen gnädigen Gott, sondern die Frage Gottes: Wann werden die Menschen barmherzig, wann wird das steinerne Herz der Welt in ein fleischernes Herz verwandelt.
Der Kapitalismus, die Naturwissenschaften und die Bekenntnislogik sind Instrumente der Versteinerung des Herzens.
„Und er ging hinaus und weinte bitterlich“: Dieses Weinen löst die Wut. Ist das das Lösen?
Das vor der Schlange erstarrende Kaninchen erstarrt aufgrund seiner fehlenden Reflexionsfähigkeit. – Jonas war nicht „im Angesicht“, sondern im Bauch des großen Fisches.
Die Bekenntnislogik gründet in der Unfähigkeit zur Selbstreflexion der Beweislogik.
Der Dezisionismus ist falsch; aber gibt es zu ihm eine Alternative? Das gleiche gilt für die nachkopernikanische Naturerkenntnis.
Ebner
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18.3.1997
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3.3.1997
Hat Matthäus mit den drei Magiern aus dem Orient den Daniel auf den Kopf gestellt?
Sprache und Schrift: Hängt der apokalyptische Begriff der Sprachen (in der Konstellation Völker, Stämme, Nationen und S.) mit der jakobinischen „Zunge“ (vgl. auch Paulus‘ Glossolalie, „Zungenreden“) zusammen? Findet nicht die Sprache, wenn man den Namen der Offenbarung ernst nimmt, ihre Begründung in der Schrift; und macht nicht der Begriff der semitischen Sprachen – wie anhand von Bibel und Koran sich demonstrieren läßt – das Ungleichnamige gleichnamig; ist nicht der Koran, und in seiner Folge die christliche Koranisierung der Bibel, die Wurzel der kopernikanisch-newtonschen Revolution? Wenn am Ende der Himmel wie eine Buchrolle sich aufrollt, heißt das nicht, daß dann die himmlische Wurzel der Sprache in dieser Schrift lesbar wird, und daß darin, in diesem Buch, jeder sich selbst erkennt – und das ist das Gericht?
Wenn heute Regierung durch Verwaltung ersetzt wird, ist das nicht der deutlichste Hinweis auf die innere Pluralität des Weltbegriffs (sein stummes Inneres)?
Das Geschwätz ist die zwanghafte Folge der Unfähigkeit, in den Andern sich hineinzuversetzen: deshalb muß das Geschwätz die Andern vergegenständlichen, sie zu Objekten von Urteilen machen („über“ andere reden). Nur so glaubt man, die „aufdringlichen“ Andern, deren Aufdringlichkeit im Schuldverschubsystem gründet: in der gegenständlichen Erinnerung an das, was man in sich selbst verdrängen mußte, sich vom Leibe halten zu können.
Barmherzigkeit ist die Arbeit des Gebärens.
Sind nicht eigentlich alle Richtungsgegensätze, oben und unten, vorn und hinten, rechts und links, asymmetrische Spiegelungen, vergleichbar der Beziehung von Vater und Sohn? Und gründet nicht die neutralisierte Form des Raumes (die subjektive Form der äußeren Anschauung) in der Neutralisierung dieser Gegensätze: in der Idee der Brüderlichkeit? – Die brüderliche Welt ist die Wolfswelt.
„Patientengut“ (ein Begriff aus einer Sammlung medizinischer Aufsätze): Sind Krankenhäuser Lagerhäuser für Patientengut (das mit dem Tod der Patienten zu herrenlosem Gut wird, das dann der medizinischen Verwertung zugeführt werden kann; die „ethische“ Diskussion um den Hirntod ist eine verwaltungsinterne Diskussion)? Hieran wäre das sprachlogische Problem der Instrumentalisierung und die Bedeutung des Begriffs des Falls im ersten Satz des Wittgestein’schen Tractatus logico-philosophicus zu demonstrieren. Der Hinweis auf die lebensrettende Bedeutung der Bereitstellung von Organen ist wahr und zynisch zugleich. Der Begriff Patientengut drückt genau diesen zweideutigen Aspekt, die Subsumtion der Krankheit unters Wertgesetz, aus.
Gibt es nicht inzwischen „Krankheiten“, die nachweislich nur noch ein Alibi für die lukrative medizinische Dauerverwertung der Hypochondrie und der Ausweitung der Nutzungskapazität der Apparatemedizin sind? Und spielt hier nicht ein Aspekt des Begriffs der Objektivität mit herein, der auf das Bedürfnis nach Schuldentlastung und auf die Mechanismen des Schuldverschubsystems (auf die kollektive Wirksamkeit von Rechtfertigungszwängen) verweist, ein Kontext, den das medizinische (wie sonst auch das technische) Vokabular wirksam verschleiert?
Hängt die Vorstellung des unendlichen Raumes nicht mit dem Bedürfnis nach logischer Fundierung des Schuldverschubsystems zusammen (Zusammenhang mit dem Namen des Angesichts und dem biblischen Motiv der sieben unreinen Geister und der sieben Siegel)? Abgesichert wird diese logische Fundierung durch die Universalisierung des Gravitationsgesetzes. Das Resultat dieser Schuldverschiebung wird lesbar, wenn der Himmel wie eine Buchrolle sich aufrollt.
Das Subjekt der symbolischen Erfahrung (der Spracherfahrung) ist die Barmherzigkeit.
Zur Kritik der Naturwissenschaften vgl. Kants Antinomien der reinen Vernunft (und die Unerkennbarkeit der Dinge an sich), Levinas‘ Asymmetrie und Ferdinand Ebners „Ich-Einsamkeit“.
Intersubjektivität und Bekenntnislogik: die Gemeinschaft, auf die beide sich beziehen, ist die Gemeinschaft der Einsamen, des kollektiven Nicht-Ich (ein Hochsicherheitstrakt). Der Repräsentant dieser Gemeinschaft im Subjekt sind die subjektiven Formen der Anschauung, ist die Welt.
Der „innere Schweinehund“ ist das, was uns daran hindert, die „Pflichten“ der Selbsterhaltung zu erfüllen; und gehört dazu nicht auch die Barmherzigkeit (das, was die Nazis „Humanitätsduselei“ nannten)? -
18.3.96
Die Vorstellung, daß die Dinge von außen in den Raum hineinkommen, gründet in der Form des Raumes selbst: er ist die Form der Äußerlichkeit; im Raum beziehen sich die Dinge nur äußerlich auf sich selbst. Das Inertialsystem ist das Formgesetz dieses Sich-auf-sich-selbst-als-ein-Anderes-Beziehens. Ist diese Äußerlichkeit nicht zugleich eine politische, steckt darin nicht die Urgeschichte der Warenform, an den Ursprung des Handels in Raub und Krieg? Der erste Handel ist Außenhandel, Fernhandel; die ersten Waren waren die gefangenen und erbeuteten Sklaven und Frauen. Ist nicht der Raum das Instrument, das die Dinge sowohl technisch als auch ökonomisch beherrschbar macht?
Rauben, Stehlen, Morden gehören zu den Gründungsakten des Staates (als Organisation einer Gesellschaft von Privateigentümern). Das Geld ist der domestizierte Eroberungskrieg. Beschreibt und definiert das Strafrecht nicht genau jene Aktivitäten als Verbrechen, die einmal den Staat begründeten? Ist nicht die Bekenntnislogik das Produkt der ohnmächtigen und hilflosen Anpassung der Religion an die Logik des Staates? Der Staat bedarf deshalb des Schutzes vor der Verunglimpfung seiner Symbole, weil anders in diesen Symbolen die systematische Demütigung der Bürger durch den Staat zu leicht erkennbar wäre. Im Nationalismus vergessen die Bürger, wer sie sind.
Knäste sind exterritoriale, rechtsfreie Zonen im Innern der Staaten (Brutstätten der Gemeinheit, die selber kein strafrechtlicher Tatbestand ist). Gefangene sind vogelfrei.
Die bloße Verurteilung des Faschismus wirkt wie jede Verurteilung: sie begründet und legitimiert die Verdrängung, die Nicht-Wahrnehmung dessen, was man verurteilt, und damit seine Wiederkehr. Die Verurteilung des Faschismus macht blind für die Wahrnehmung des wirklichen Faschismus.
Alle Dinge sind Ausländer (darin ist ihre Fähigkeit begründet, Eigentum zu werden).
Bei Ferdinand Ebner gibt es den Begriff des Rads der Generationen; zitiert er hier das „Rad des Lebens“ im Jakobus-Brief? Bezeichnet dieses Rad des Lebens den Generationenwechsel, daß Eltern Kinder haben und Kinder zu Eltern werden? In welcher Beziehung steht die Welt zu diesem Rad des Lebens: ist die „Welt“, die die Eltern an ihre Kinder vererben, wirklich gleich bleibend? Johannes (der Täufer) sollte die Herzen der Väter zu ihren Kindern bekehren (Lk 116).
Gibt es einen inneren Zusammenhang innerhalb der nachpaulinischen Briefe (von Jakobus, über Petrus und Johannes zu Judas); und ist der Hebräerbrief die Feuerwand, die beide Gruppen von einander trennt? Sind nicht alle nachpaulinischen Briefe apokalyptische Briefe, Briefe, die sich nicht im Bestehenden einrichten? – Was haben Jakobus und Judas mit einander zu tun, und was 2 Pt mit dem Judasbrief?
Wie verhalten sich die Begriffe „Neues Testament“ (nur im Hebräerbrief?) und „Evangelium“ zueinander und zum Begriff des Bundes (Evangelium: „eine Literaturgattung, die im Zusammenhang mit dem jüdischen Krieg entstanden ist“, TuK Nr. 67, S. 3; vgl. auch die Aufschlüsselung des Begriffs, seine Aufteilung auf die Schriften des NT, ebd., S. 22)? Ist der Schlüsselbegriff der vom „Blut des Bundes“ (Mt 2628, Mk 1424, Hebr 920, 1029, vgl. Ex 248) bzw. vom „neuen Bund in meinem Blut“ (Lk 2229, 1 Kor 1125). – Kann es sein, daß die Beziehung von Kelch, Blut und Bund, zusammen mit dem rätselhaften Wort, daß er vom Gewächs dieses Weinstocks erst im Reiche seine Vaters trinken wird, verständlich wird vor dem Hintergrund der Lehre von der Wiederkunft: Das Christentum als offene Wunde, die erst mit seiner Wiederkunft sich schließen und heilen wird? Und gilt das Testament, das „den Tod des Erblassers voraussetzt“, mit seiner Auferstehung jedoch eigentlich schon hinfällig geworden ist, nur für diese leere Zwischenzeit des „Christentums“? -
25.4.1994
Eine Kritik der politischen Ökonomie heute müßte auch die Astronomie durchsichtig machen.
Zur Geschichte des naturwissenschaftlichen Freiheitsbegriffs: Sie beginnt mit dem liberum arbitrium, Reflex der Freiheitsgrade des Raumes und Produkt der Neutralisierung der Richtungen im Raum, und sie endet mit dem Freiheitsbegriff der Quantenphysiker, der an die Unbestimmtheitsrelation und das Komplementaritätsprinzip sich anlehnt (als falsches Bewußtsein der Freiheit vom Zwang des Inertialsystems).
Im Begriff der Weltanschauung enthüllt sich die Bekenntnislogik als (patriarchale und sexistische) eine subjektive Form der Anschauung: Der Krieg Hitlers gegen die Sowjet-Union war als Weltanschauungskrieg ein Vernichtungskrieg (wie jetzt wieder der Bürgerkrieg in Jugoslawien). Weltanschauungen gibt es nur unter der Voraussetzung des „naturwissenschaftlichen Weltbildes“; der Begriff der Weltanschauung rückt die logische Beziehung der Bekenntnislogik zur subjektiven Form der äußeren Anschauung, zum Raum, ins Licht.
Daß die transzendentale Ästhetik in dreifacher Gestalt sich präsentiert: als Form des Raumes, in der Logik des Geldes und als Bekenntnislogik, ist selbst wieder in der Form des Raumes begründet, im Problem der „drei Abmessungen“ des Raumes, in seiner Dreidimensionalität, darin, daß diese drei Dimensionen entgegen der Form ihrer mathematischen Beziehung im Raum nicht gleichwertig, nicht äquivalent, sind. Ihre mathematische Äquivalenz ist selber bereits Produkt der dreifachen, selbstreferentiellen Abstraktion. Das „von allen Seiten hinter dem Rücken“ konstituiert sich in der Abstraktion
– von der Umkehr,
– vom Namen (von der benennenden Kraft der Sprache) und
– vom Angesicht,
wobei
– der Raum primär die Differenz zwischen vorn und hinten,
– das Geld die zwischen Rechts und Links und
– das Bekenntnis die zwischen Oben und Unten
neutralisiert und in dieser Neutralisierung sich konstituiert.
– Das Bekenntnis ist der Quellpunkt des autoritären Charakters,
– das Geld der Quellpunkt der verdinglichten Welt und
– der Raum der Quellpunkt des Absoluten und der Verblendung.
Sind die subjektiven Formen der Anschauung die Pforten der Hölle; und ist nicht der Abstieg zur Hölle die Vorstufe der Auferstehung?
Das Substantiv ist das durch die Kasus, die Formen der Deklination (der Veranderung) hindurch sich bestimmende Nomen; der Staub und die Asche in einer Welt, in der der Name zu Schall und Rauch geworden ist. Zu den Konstituentien des Substantivs gehört die Neutralisierung der differierenden Bestimmungen der Kasus (Akkusativ, Genitiv, Dativ, Ablativ, Instrumentalis, Lokativ): Indem das Substantiv die Objektbeziehung ins Nomen mit hereinnimmt, unterdrückt und verdrängt sie die Reflexion auf den Objektivationsprozeß, der in den Formen der Deklination sich entfaltet. Damit hängt es zusammen, wenn in dem Ausdruck „Wir Deutschen“ der Name der Deutschen zum reinen Ausdruck und zugleich zum Alibi der Gemeinheit und Brutalität geworden ist.
Der Begriff des Substantiv ist Ausdruck der Trennung von Ding und Sache, Geburtsname der Verdinglichung, dem auf der Subjektseite der Personbegriff entspricht (Dinge gibt es, seit es juristische Personen gibt). Er ist der reinste Ausdruck einer Welt, in der alles nur noch das ist, was der Fall ist.
Welche grammatische Bedeutung und welche logische Funktion hat das Suffix -iv in den grammatischen Begriffen (vom Substantiv bis zum Infinitiv)?
Ist der griechisch-lateinische Gottesname Produkt einer Verschmelzung des -ivum mit dem deiktischen Affix d- (und damit der genaueste Ausdruck der Geburt des Absoluten)? Woher kommt dann der germanische Name „Gott“ (nach Ferdinand Ebner soll er aus einer Wurzel stammen, die das Anrufen, das Objekt der Anrufung, ausdrückt)?
Hat die Venus-Katastrophe die Voraussetzungen für die Staatenbildung geschaffen:
– Privateigentum und Geldwirtschaft,
– Tempel, Opfer und Schrift,
– Monogamie und Inzestverbot?
Die Venus-Katastrophe hat das Planetensystem nicht nur ergänzt und vervollständigt, sondern es in Konstellationen eingerückt, die dann in die internen Voraussetzungen der Staatenbildung mit eingegangen sind.
Gehört die chaldäische Astrologie zur Ursprungsgeschichte der indogermanischen Sprachen (insbesondere zur Ausgestaltung der Deklinationsformen, die selber vermittelt sind durch die Umgestaltung der Konjugationen)?
Welcher Kasus und welcher Planet repräsentiert das Selbsterhaltungsprinzip? Die Logik des Selbsterhaltungsprinzips ist eine männliche Logik, es ist die Logik der vom Privateigentum beherrschten Welt. Klingt ihr Geheimnis nicht im Namen des Jupiter an (des Divus-Pater, des Erzeugers des Merkur, der Venus und des Mars, gleichsam seiner Emanationen, der aber der Macht des Kronos, des Saturn, auch wenn er ihn besiegt, nicht entgeht: der der Gefahr der Paranoia ausgesetzt bleibt)?
Ist die Paranoia die patriarchalische Erscheinung der Melancholie (der messianischen Wehen)?
Vgl. die Antwort Jesu auf die Frage der Pharisäer (der Schriftgelehrten, der Sadduzäer?) nach dem jenseitigen Schicksal der Frau und ihrer sieben Männer?
Ist Heideggers Fundamentalontologie nicht gleichsam eine interne Erläuterung des Thalesschen Satzes: Alles ist Wasser? War nicht die Sintflut die Überschwemmung mit dem Was?
Turmbau zu Babel: Der Turm, der bis zum Himmel reicht, und der herniederfahrende Gott bezeichnen präzise den Ursprung des Mythos.
Die Bekenntnislogik ist eine reine Exkulpationslogik, Produkt der Weigerung, die Sünde der Welt auf sich zu nehmen; deshalb gehören die Opfertheologie und das Konzept der Entsühnung der Welt durchs Kreuzesopfer als deren innerster Kern zur Bekenntnislogik.
Die Confessiones des Augustinus sind (als Dokument seiner Bekehrungsgeschichte) Sündenbekenntnisse (z.B. in den Kindheitsgeschichten, aber auch in der Geschichte der namenlosen Mutter seines Sohnes Adeodatus), aber Sündenbekenntnisse, die vom Instrumentarium des mythischen Schuldverschubsystems: von den Formen projektiver Schuldverschiebung, sich nicht lösen können: Darin stellt sich die Beziehung zum Glaubensbekenntnis her, die durchs Schuldverschubsystem (die Opfertheologie und das Konstrukt der Entsühnung der Welt) vermittelt ist. Vermutlich gehört die Geschichte über das mit der Erbsünde belasteten Kind Augustinus zu den geschichtlichen Ursachen der Einführung der Kindertaufe. Hier wurde der Trieb in die Seelen eingesenkt, der antstatt an der Herstellung gerechter Zustände nur noch an der eigenen Unschuld interessiert ist.
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03.02.92
„Die Dimension des Dativs oder Vokativs, die die ursprüngliche Richtung der Sprache eröffnet, läßt sich nicht gewaltlos in der Dimension des Akkusativs oder den Attributen des Objekts begreifen und modifizieren.“ (Derrida: Die Schrift …, S. 145) Der Dativ wird immer mehr vom Genitiv (die Gnade von Herrschaft und Besitz) verdrängt, und der Vokativ (die Anrufung des Anderen, die zunächst in den Höflichkeitsformen noch überlebte) ist durch den Akkusativ vergiftet worden und mit der Ausbreitung der Telekommunikation ganz verschwunden (der Anruf erfolgt über die Telefonnummer, nicht im Namen): Hat er sich rein in die Idee Gottes, dessen Name in der kommunikativen Sprache gegenstandslos geworden ist, zurückgezogen? Ist sein Schicksal an dem der Berufung und des Berufs (an der Geschichte der Professionalisierung und des Fachidiotentums: bis hinein in die Theologie) abzulesen?
Das „Hallo“ ist an die Stelle des Namens getreten und ersetzt den gegenstandslos gewordenen Vokativ. Ist der deutsche Name „Gott“ (nach einem Hinweis F. Ebners) nicht die Hypostase des Anrufs, Personifikation des Vokativs, der heute durch das neutralisierte Hallo, aus dem mit dem Namen der Schmerz des Akkusativs (die Erinnerung an die Familienbande, ans Erwischtwerden: an den Namensruf der Eltern) entfernt wurde, ersetzt wird. Wenige, die nicht versuchen, ihrem Namen zu entrinnen. -
05.12.91
Zu Ferdinand Ebners Bemerkung, das „Ich bin“ sei der erste Satz, das Urwort der Sprache (S. 141), ist berichtigend auf den Namen Adams (abgeleitet von adama – Acker: Zusammenhang von Acker und Erde: ist der Acker Erde als Eigentum, steckt das Moment des Eigentums in adama und Adam?) hinzuweisen. Die Sprache konstituiert sich nicht in der idealistischen Selbstbeziehung des Ich, sondern in der Fähigkeit zur Selbstreflexion der irdisch-gegenständlichen Schuld- und Eigentumsbeziehung: im Bewußtsein, Staub zu sein und wieder zu Staub zu werden. – Hängt der Name des Mannes isch (und der andere Name des Menschen Enosch/Henoch) mit dem des Feuers zusammen (wie der Name des Himmels)? Und steckt in Enosch das ani (Ich/nicht) und das isch (Feuer)?
Und verweist der Name Adams nicht auch auf die hervorbringende Kraft der Erde (am dritten und am Anfang des sechsten Schöpfungstages), aber als eine vergangene und so vom Menschen angeeignete, daß er deshalb die Tiere benennen, aber auch die Erde (den Acker) als Natur in den Schuldzusammenhang der durch ihn (durchs Eigentum und durchs Selbsterhaltungprinzip) konstituierten Welt mit hereinziehen kann? Mit der Erkenntnis des Guten und Bösen (die das Zu-Staub-Werden des Adam und das Staubfressen der Schlange zur Folge hat) ist der Keim gelegt für den Ursprung des Staates (den Prozeß der Verweltlichung und die Trennung von Welt und Natur).
Das kantische Objekt ist Staub. (Noch einmal Nelly Sachs lesen!)
Wann wurde die Erde zum Acker? – Der zweite Schöpfungsbericht unterscheidet sich vom ersten dadurch, daß hier in der Idee des Paradieses die Erde zum Garten des Menschen gemacht wird: So wird sie danach zum Acker. – Wie verhält sich der „Blutacker“ (Hakeldama, darin ist adama enthalten) zum adamitischen Acker, oder zu dem Acker, von dem das Blut des Abel zu Gott schreit?
Heißt es beim Verbot zu schwören: Eure Rede sei ja, ja, nein, nein; oder heißt es: Eure Rede sei ja oder nein? Man wird ausschließen dürfen, daß Jesus hier die Grundsätze der Informatik und das herrschende Identitätsprinzip lehren wollte.
Zum Weltbegriff: Die Welt spricht sich durch die Exkulpationsmechanismen, die in ihren Begriff eingebaut sind, selber schuldig, ihr Begriff ist ein realer Inbegriff der Projektion.
NB: Es genügt nicht, der Weltgeschichte eine Naturgeschichte entgegenzusetzen, sondern es kommt darauf an zu begreifen, daß das eine ohne das andere nicht zu denken ist und beide unter einem Bann stehen. Wie die Planeten um die Sonne, so kreist unser Natur- und Geschichtsverständnis um das (ebenso leere wie – nicht leuchtende, sondern – scheinerzeugende) Zentrum der transzendentalen Logik und Ästhetik: um das Prinzip und den Inbegriff der Subjektivität.
Wird das adamitische Wesen des Menschen in den Bekenntnisreligionen verdrängt (durch die persona: die Maske, den Charakter), oder kommt es hier auf seinen Begriff? – Ist der Charakter das Animalische, von Adam Benannte im Menschen? Ist Adam das Grundwort der Sprache?
Ist die Erinnerung der Natur im Subjekt adamitisch? -
01.12.91
Bemerkung zu Ferdinand Ebner: Indem das Ich vor dem Du sich verschließt, öffnet sich der Raum ins Unendliche, verschwindet die sinnliche Welt (Beziehung der sinnlichen Wahrnehmung zur Sprache; Sprache, Wahrnehmung und Selbsterhaltung).
Franz Rosenzweig: Gott hat die Welt und nicht die Religion erschaffen. Gershom Scholem: Die Religion, der man angehört, ist ohnehin die falsche (in einer Vorlesung über die Dönme-Sekte). -Und warum kann man dann nur einer Religion oder Konfession angehören (genauso: warum gibt es in Deutschland nur die Möglichkeit einer Einzelstaatsangehörigkeit)? Die Kritik des Bekenntnisses trifft nicht nur die Konfessionen, sondern auch den Staat. Die Entkonfessionalisierung der Kirchen entzieht der Staatsmetaphysik (dem Prinzip Staatsanwalt) den Boden. -
28.04.91
Zu den Problemen des Vaterbegriffs gehört es, daß die davidische Abstammung über Josef geht, Josef selbst aber nicht der Vater Jesu ist. Daß Josef später nicht mehr vorkommt, daß aber der Vaterbegriff Jesu trotz allem sehr auf Josef bezogen ist: daß er keinen Vater hat, macht ihm Gott zum Vater. Er hat eine Mutter (was hab ich mit dir zu schaffen?) aber keinen Vater. Der Vaterbegriff scheint dann ja auch in den einzelnen Evangelien mit unterschiedlicher Akzentuiereng, Betonung und Häufigkeit vorzukommen. Der Vaterbegriff ist – wie mir scheint – in der jüdischen Tradition so nicht vorgebildet. Mit dem Vaterbegriff hängt dann auch der fatale trinitarische Begriff der Zeugung zusammen. Frage: Ist das achte Gebot: Du sollst kein falsches Zeugnis geben …, eine Widerlegung oder eine Bestätigung des Christentums? Oder ist die Zweideutigkeit des Zeugungsbegriffs nur eine Suggestion des deutschen Sprachgebrauchs? Im Lateinischen wird zwischen dem generare und dem testare unterschieden.
Die Atome, Moleküle (Avogadrosche Zahl), Elementarteilchen sind Knotenpunkte des durchs Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit korrigierten Inertialsystems.
Ist der „unbewegte Beweger“ des Aristoteles der Inbegriff aller Gravitationszentren (zumindest ist er das seit den Kant-Laplaceschen Weltentstehungstheoriem geworden)?
Die christliche Theologie war seit ihren Anfängen Apologetik. Ihr beliebtestes Werkzeug war – spätestens seit dem ontologischen Gottesbeweis – die Theodizee. Beide, der ontologische Gottesbeweis und die Theodizee, sind den Theologen spätestens mit Auschwitz aus der Hand geschlagen worden. Ist die Trinitätslehre auch eine Gestalt der Theodizee, oder nur ihr systemlogischer Ursprung? Wenn die Theologen nicht in der gleichen Geschichte das Hören verlernt gehabt hätten, hätten sie diese Katastrophe vorher kommen hören (in ihrer eigenen Sprache, in der Sprache der Erbaulichkeit). Die Theodizee war seit je ein Teil der Scheinheiligkeit, die sich im kirchlichen Pomp aufs drastischste manifestiert und darin sich um die Gottesfurcht herumgelogen hat. Wenn doch diese verstockte Christenbande endlich begreifen würde, welche Konsequenzen sie aus dem Nachfolge-Gebot ziehen müßte und daß nicht Gott sich für das Böse in der Welt rechtfertigen muß.
Adornos „Eingedenken der Natur im Subjekt“ bleibt an die Begriffe von Natur und Subjekt gebunden, die eigentlich zu kritisieren wären.
Kennzeichnend für den Zustand der Theologie ist es, daß von den zentralen theologischen Kategorien wie z.B. Gottesfurcht oder „im Angesicht Gottes leben“ nur noch ein erbaulicher Gebrauch gemacht wird, der in den Kontext der Scheinheiligkeit hineingehört. Grund ist die metaphysische Interpretation des Ergebnisses der Säkularisation.
Das wesentlich Neue bei Marquardt ist, daß er begriffen hat, daß nach Auschwitz jede apologetische Haltung gegenüber den Juden untersagt ist; nicht begriffen hat er, daß Mission (die Ausbreitung des Bekenntnisses) insgesamt eine Form der Apologetik ist. In diesem Zusammenhang erweist sich „Empörung“ (der Quellpunkt des autoritären Denkens) als die Versuchung, der unsere Theologie immer wieder erliegt.
Die Einführung des Personbegriffs in die Theologie war die Folge einer falschen Übersetzung durch Tertullian; im Griechischen heißt es soma. Genau hier ist der Punkt, an dem das physische Martyrium (die Heiligung des Gottesnamens) durch das seelische Selbstmitleid ersetzt wird. Hier setzt sich die Kirche an die Stelle der Armen und der Fremden und begründet so ihre hierarchisch-autoritäre Struktur (und den Pompzwang). Durch den Personbegriff ist die Sünde wider den Heiligen Geist fest in der Theologie installiert worden. Und hier ist der Punkt, an dem Gott, Mensch und Welt fast unrettbar in den Schuldzusammenhang eingebunden worden sind.
Trug meine Anpassung an kirchliche Bräuche, insbesondere mein Verhalten im Gottesdienst, vielleicht doch von Anfang an subversive Züge: Ich wollte nicht (zu früh) erkannt werden. Hierzu paßt es, daß ich nach dem Krieg sehr kurzentschlossen Theologie studieren wollte, mir aber nie vorstellen konnte, einmal Priester zu werden.
Auf eine wirkliche Berufung kann man sich nicht berufen (zum Titel des Professors). Bedeutung des Begriffs Berufung: jdn. berufen, sich berufen, berufen werden, Berufung einlegen.
Im Begriff des Feindbildes verschmelzen die Übertretungen des Bilderverbots und des Gebots der Feindesliebe. Sind nicht alle Bilder Feindbilder? Sind nicht Idole (Götzenbilder) Projektionsflächen für die Identifikation mit dem Aggressor und deshalb untersagt? Und ist nicht das Gebot der Feindesliebe der subjektive Aspekt des Bilderverbots?
Der Dekalog wird traditionell so aufgeteilt, daß die ersten drei Gebote als die eigentlich theologischen Gebote als die wichtigsten angesehen werden, während die folgenden nur das Zusammenleben der Menschen regeln, somit zweitrangig sind. Könnte es nicht sein, daß bei näherem Hinsehen die Akzente sich doch ein wenig verschieben.
– Du sollst kein falsches Zeugnis geben wider deinen Nächsten: bedeutet doch auch, daß es untersagt ist, Theologie hinter dem Rücken Gottes zu betreiben.
– Ebenso das vierte Gebot: Du sollst Vater und Mutter ehren, auf daß du lange lebest und es dir wohl ergehe auf Erden. Hier geht es nicht um die autoritäre Familienbindung, sondern darum zu begreifen, daß man die Eltern nicht als Projektionsfolie für eigene Fehler nutzen darf, daß man am Ende selbst die Verantwortung für den eigenen Charakter übernehmen muß.
Susanne Albrecht und Ezechiel: Das „dixi et salvavi animam meam“ ist nur einem Propheten (im Rahmen von Herrschaftskritik) erlaubt; im profanen Gebrauch (im Rahmen der Kronzeugenregelung) wird es zur Denunziation, zur Verletzung des achten Gebots. Sie hat ihre Haut, nicht ihre Seele gerettet.
Die Staatsfrömmigkeit, die im Titel des Staatsanwalts sich ausdrückt, hat u.a. lutherische Ursprünge (bzw. paulinische). Und der Säkularisierungsschub, den der Protestantismus ausgelöst hat, hat offensichtlich seine Grenze in seiner Beziehung zum Staat. Und diese Staatsbeziehung ist es, die den Protestantismus auf spezielle Weise anfällig gemacht hat für den Antisemitismus, d.h. auf pathologische Weise empfindlich gemacht hat gegen das Moment von Herrschaftskritik, das in der jüdischen Tradition enthalten ist. Hier scheint der kritische Punkt beim Friedrich-Wilhelm Marquardt zu liegen, wenn er sein Votum für Israel auch auf den israelischen Staat bezieht.
Kann es sein, das Marquardtsche Votum für den Staat Israel damit zusammenhängt, daß Israel durch den Staat in den Bekenntnizwang hereingezogen wird? Und Henryk M. Broder und Micha Brumlik sollten vielleicht doch einmal darüber nachdenken, ob nicht ihre Stellungnahmen in der letzten Zeit mehr mit der Schaffung „klarer Fronten“ als mit einer Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus zu tun haben, und ob nicht die Aufteilung in Gute und Böse, und die Anwendung des Prinzips „Wer nicht für mich ist, ist wider mich“ in die Mechanismen hineinführt, aus denen der Antisemitismus erwachsen ist: das ist ein böses Erbe des Christentums. Mir ist ein Jehoshua Leibowitz immer noch lieber als ein Micha Brumlik der auf den Bileam Marquardt hereinfällt.
Zur Kritik von Metaphysik: Die Verwechslung von Kontingenz und Geschöpflichkeit ist identisch mit der Verwechslung des Untertans mit dem Geschöpf (und des Staats mit dem Schöpfer: hier trifft die gnostische Kritik des Schöpfergotts).
Wie hängt die Institution des Bundespräsidenten mit der Bekenntnislogik zusammen (Personalisierung des Staates)?
Der Behemoth reicht (wie der Leviathan) in die Saurierzeit zurück; das Rätsel beider läßt sich wahrscheindlich nur gemeinsam lösen.
Was kommt alles zweifach vor? Jahwe und Elohim, die Urflut und die Wasser (über denen der Geist brütet), die Wasser über und unter dem Firmament, Mond und Sonne, herrschen über Tag und Nacht, Behemoth und Leviathan, Kain und Kenan, Adam und Noach.
Zur Konstruktion der Verblendung, des Verblendungszusammenhangs: Grundlage ist die Empörung, die Konstitution des Herrendenkens, des vergesellschafteten Subjekts; vorbedeutet im Verhältnis von Licht und Finsternis, Tag und Nacht, Sonne und Mond, Wachen und Schlaf, Leben und Tod, Name und Begriff. Wir werden geweckt, auferweckt, wenn wir beim Namen gerufen werden. Zusammenhang mit der Trennung von Zukunft und Vergangenheit (Idee der Gegenwart).
Wo und in welchem Zusammenhang erscheint in der Schrift die Aufforderung zu wachen? Wie hängt das Gebot zu wachen mit dem Beten zusammen?
Hier sind die Kinder dieser Welt wieder einmal klüger als wir: Im brain-storming haben sie längst entdeckt, was heute nottut (allerdings auch wieder unter Kontrolle gebracht): die Erinnerungsarbeit.
Im Schöpfungsbericht gibt es sieben Tage, aber nur sechs Nächte: nach dem siebten Tag gibt es keine Nacht.
Hat nicht der Aufklärungsprozeß, die Geschichte der Säkularisation, die ganze Welt in Nacht getaucht? Die Romantik hat nur den Mond entdeckt, nicht die Sonne. Und die Kirche wird den Herrn dreimal verleugnen und beim Hahnenschrei erwachen.
Ferdinand Ebner und Florens Christian Rang sind wohl die ersten im Christentum gewesen, die im Ansatz begriffen haben, welche Konsequenzen sich aus der Idee eine Theologie im Angesicht Gottes ergeben. Bei Florens Christian Rang in seiner Idee einer messianischen Erkenntnistheorie und in dem Ziel, nicht die Unendlichkeit Gottes, sondern seine Endlichkeit zu begreifen. Ferdinand Ebner fällt hinter seine eigene Einsicht zurück, wenn er die Ich-Du-Beziehung wieder in seine Ich-Einsamkeit zurücknimmt. Christ kann man nicht alleine sein, nur gemeinsam mit anderen. Das gemeinsame Gebet, die gemeinsame Auflösung der Ich-Einsamkeit: die Ausgießung des Geistes.
Die Vergöttlichung Jesu, die ihn zum Objekt der Anbetung macht, ist der Balken im christlichen Auge. Hier wurde auf Erden gebunden, was dann auch im Himmel gebunden war; der Weg der Nachfolge versperrt. Vgl. Büchners „Lenz“: Herr Pfarrer, wenn ich Gott wäre, ich würde retten, retten.
Mit dem homoousia haben wir ihn getötet, den cäsarischen Wahn, mit dem wir Macht über den Vater zu erlangen suchten, in die Fundamente der westlichen Zivilisation mit eingebaut. Der Preis dafür war der Antijudaismus (und schließlich der Antisemitismus, die letzte Reichsideologie). „In hoc signo vincis“: Als Siegeszeichen wurde das Kreuz zum Zeichen des Tieres.
Großartig erinnert Freud an „die Stimmung unserer Kindheit, in der wir das Komische nicht kannten, des Witzes nicht fähig waren und den Humor nicht brauchten, um uns im Leben glücklich zu fühlen“. (Sigmund Freud: Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten, Fischer Bücherei, Frankfurt 1958, S. 193)
Gott schuf:
– Himmel und Erde,
– das Licht (1),
– alle Arten von großen Seetieren und anderen Lebewesen, von denen das Wasser wimmelt, und alle Arten von gefiederten Vögeln (5),
– den Menschen (6).
Gott schied:
– das Licht von der Finsternis (1),
– die Wasser unterhalb des Gewölbes von den Wassern oberhalb des Gewölbes (2)
Gott machte:
– das Firmament (2),
– die Lichter am Firmament (4),
– alle Arten von Tieren des Feldes, alle Arten von Vieh und alle Arten von Kriechtieren auf dem Erdboden (5).
Es sammle sich:
– das Wasser unterhalb des Himmels an einem Ort, damit das Trockene sichtbar werde (2).
Das Land lasse wachsen:
– junges Grün, alle Arten von Pflanzen, die Samen tragen, und von Bäumen, die auf der Erde Früchte bringen mit ihrem Samen darin (3).
Das Land bringe hervor:
– alle Arten von lebenden Wesen, von Vieh, von Kriechtieren und von Tieren des Feldes (5).
Gott nannte:
– das Licht Tag und die Finsternis Nacht (1),
– das Gewölbe Himmel (2),
– das Trockene Land, das angesammelte Wasser Meer (3).
Herrschen sollen:
– das größere Licht über den Tag, das kleinere über die Nacht (4),
– die Menschen: unterwerft euch die Erde und herrscht über die Fische des Meeres, das Vieh, die Vögel des Himmels und alle Kriechtiere auf dem Land (6).
Gott segnete:
– alle Arten von großen Seetieren und anderen Lebewesen, von denen das Wasser wimmelt, und alle Arten von gefiederten Vögeln (5),
– die Menschen (6),
– den siebten Tag (7).
Nahrungsgebot:
– Für die Menschen alle Pflanzen auf der ganzen Erde, die Samen tragen und alle Bäume mit samentragenden Früchten (6),
– für die Tiere des Feldes, die Vögel des Himmels und alles, was sich auf Erden regt, was Lebensatem in sich hat: alle grünen Pflanzen (6).Adorno, Aktueller Bezug, Antijudaismus, Antisemitismus, Aristoteles, Auschwitz, Bäume, Bekenntnislogik, Broder, Brumlik, Büchner, Christentum, Ebner, Einstein, Empörung, Erbaulichkeit, Feindbildlogik, Freud, Justiz, Kant, Laplace, Leibowitz, Lüge, Marquardt, Naturwissenschaft, Rang, Selbstmitleid, Sprache, Theodizee, Theologie, Tiere, Wasser -
23.04.91
Das „Semper aliquid haeret“ ist heute zum Grundprinzip wissenschaftlicher Erkenntnis und gesellschaftlichen Handelns geworden: Es kommt nur darauf an, nicht widerlegt werden zu können (so wie bei der Vorbereitung der Gesetzgebung in der obersten Verwaltung oder auch bei Entscheidungen nachgeordneter Behörden nur darauf, daß der Referent sich selbst salviert: für die Folgen seines Tuns nicht verantwortlich gemacht werden kann). Hier treffen sich systemnotwendig unverantwortliches Handeln und sein Spiegelbild im Objekt: der Verfolgungswahn der Opfer, die das, was ihnen widerfährt, sich nur als böse Absicht der Herrschenden erklären können. Auf den sogenannten Terrorismus reagieren die Herrschenden deshalb so irrational und wütend, weil sie im Terrorismus auf das Prinzip ihres eigenes Handelns treffen. Die Differenz ist nur noch eine Machtfrage: deshalb ist das Gewaltmonopol des Staates und seine exzessive Auslegung heute so wichtig.
Letzte Folge der Verletzung des Bilderverbots: Das Bild, die Verdoppelung der Natur, wird zur Realität, zur zweiten Natur, an der man sich ebenso den Kopf einrennt wie an der ersten. Aber dieses Verdoppelungsprinzip (Grund der Ebnerschen „Ich-Einsamkeit“) ist das der Existenz, des Überlebens in der vom Herrschaftsprinzip verhexten Gesellschaft. Wir sind alle nur noch Doppelgänger, Schauspieler (Maskenträger: personae) unserer selbst, deshalb atheistisch.
Ist die Apokalypse die Gestalt der Tragödie im Bereich der Offenbarung: Repräsentiert das „Tier“ den tragischen Helden, die notwendige Folge seines Verstummens? Warum gibt es keine spekulative Grammatik?
Vgl. hierzu Ferdinand Ebners Bemerkungen zum Atheismus, dessen tiefe gesellschaftliche Verwurzelung er allerdings nicht begreift, den er deshalb (ohne den Grund hierfür erkennen zu können) auch verharmlost. Die Einsicht, die den Grund der Weltanschauung aus den Angeln heben könnte, wird so selbst wieder zur Weltanschauung, zu einer persönlichen, privaten Angelegenheit. -
28.11.90
Wir sind in einer Situation, in der das Verbot des Gesinnungsstrafrechts, wie es scheint, nur noch die Gemeinheit schützt. Gemeinheit ist eine Funktion der Verweltlichung (oder die subjektlose Welt die Ausrede für Unverantwortlichkeit). Mit der Ausbreitung der Welt vermehren sich auch die Schlupfwinkel, in denen die Gemeinheit heranwächst. Die Anpassung an die Welt ist der Ursprung der Gemeinheit. Es ist der objektive Zynismus, gegen den juristische Mittel nichts mehr helfen, der sich in der Gemeinheit nach außen kehrt. Die Gemeinheit ist ein Teil dessen, was Hegel das Weltgericht genannt hat, das jedoch heute von der BILD-Zeitung bis zum Fernseh-Interview ungehindert öffentlich funktioniert.
Das proton pseudos der Hegelschen Philosophie ist die Vorstellung, daß der absolute Begriff, die Idee, die Natur „aus sich entläßt“. Wenn, dann gilt dieses Konstrukt nur im Hinblick auf die zweite, nicht auf die erste Natur. In Wahrheit nämlich ist der Begriff das Medium und der Transporteur der zweiten Natur, die rückwirkend die erste ins Bewußtsein hebt, den naturwissenschaftlichen Erkenntnisprozeß in Bewegung bringt. Vor diesem Hintergrund nochmal Hiob lesen, die Antwort Gottes aus dem Gewitter auf die Anklage Hiobs
Irgend jemand hat einmal festgestellt, daß mit dem Erscheinen des Protestantismus die Kraft der Häresienbildung erschöpft war. Das verweist darauf, daß hier ein Zustand erreicht war, in dem der Weltbegriff theologisch nicht mehr kritisierbar war, die Säkularisation sozusagen ihr Ziel erreicht hatte. Es gab keine Alternative mehr zur Welt und die Orthodoxie war selbst weltfähig geworden (Protestantismus und Gegenreformation als Gestalten der Verweltlichung der Religion, einer Religion, über die die Welt gesiegt hatte).
Die Unfähigkeit der Kirchenväter, gegen die Häresien zu argumentieren (die Form der Argumentation, die hier erstmals erscheint, gilt heute noch insbesondere für die katholische Apologetik: sie geht auf den Gegner nicht ein, „widerlegt“ ihn nur von oben bzw. von außen), scheint damit zusammenzuhängen, daß die Orthodoxie in der Häresie, wenn sie sich wirklich darauf einließe, ihre eigenen Fehler und Versäumnisse erkennen würde; deshalb die wütende (in der Geschichte der Inquisition und der Ketzerverfolgung praktisch sich austobende) Reaktion. Schon die Kirchenväter schimpfen nur.
Was bedeutet eigentlich die zentrale Stelle des Brot- (und Wein-) Symbols im Christentum, von der wunderbaren Brotvermehrung bis zum Brotbrechen, an dem ER erkannt wird (unmittelbar nach der Auferstehung!) und vom Kana-Wunder (Beginn seiner öffentlichen Tätigkeit) bis zum Abendmahlswort, daß ER von diesem Getränk bis zur Wiederkehr (am Ende der Zeiten!) nicht mehr trinken werde.
Sind Disteln und Dornen Gegensatzbildungen zu Weizen und Weinstock? Ist der theologische Hinweis darauf, daß das Weizenkorn absterben muß, damit es hundertfältige Frucht bringt, ein Hinweis auf eine (auch) positive Bewertung der Kulturentwicklung? Wird hier etwa versteckt die Jesus-Parabel vom Weizen, der unter die Dornen fällt, zitiert?
In der alten Christenheit wurden bei das Taufe das Symbolum (Glaubensbekenntnis) und das Herrengebet (Vater unser) übergeben. Beide Handlungen heißen bei Augustinus noch Sakrament. Wer hat wann die Einschränkung auf die sieben Sakramente (und nur auf diese: Taufe, Eucharistie, Firmung, Buße, Priesterweihe, Ehe, letzte Ölung) veranlaßt und vollzogen?
Ist Haschamajim ein echter Plural, oder ist es eine Parallelbildung zu Elohim, oder sind beide im ersten Satz der Genesis echte Plurale?
Die Deutschen sitzen schon in Isolationshaft: Ferdinand Ebners „Traum“, aus dessen Bann nur der Aufwachende heraustritt, ist inzwischen – insbesondere durchs Fernsehen – zum allgemeinen komfortablen Kulturgut geworden.
Nochmal bei Johannes (dem Logos-Theologen) das Verhältnis von Beistand, Welt und Gericht der Welt nachlesen.
Kosmos und Physis, Welt und Natur sind Kristallisationkerne des Schuldzusammenhangs; sie lassen sich aus diesem Kontext nicht herauslösen.
Es ist ein aus dem hierarchischen, an Rangordnungen orientierten Denken stammendes Vorurteil, daß Organisches höherrangig sei als Mechanisches; in Wirklichkeit ist jeder Organismus nur ein nach Herrschaftsgrundsätzen organisierter Instrumentalismus. Das Vorurteil stammt aus der Verwechslung des Lebens mit seiner organisch-teleologischen Struktur (der bloßen Beherrschung der organisierten Abläufe, die auch in der Gesellschaft jeweils als höherrangige Tätigkeiten gelten). Dabei ist die organische Ausgestaltung des Lebens Folge und notwendiges Korrelat der Struktur und Beschaffenheit der äußeren, „anorganischen“ Natur, gegen die das Leben sich behaupten muß: Folge des Prinzips der Selbsterhaltung unter bestimmten vorgegebenen Naturbedingungen. Nicht nur sind die von Menschen geschaffenen Werkzeuge primär den „natürlichen“ Organen nachgebildet, die Organe sind selber Instrumente, Folge der von der äußeren Natur aufgezwungenen Instrumentalisierung (mit zwangsläufigen Korrespondenzen zwischen äußerer Natur und den besonderen Formen der organischen Ausgestaltung). Der Freiheitstrieb des Lebendigen, bevor er in den verschiedenen Gestalten der Selbsterhaltung erstarrte, hat gleichsam tastend und experimentierend diese Gestalten durchlaufen müssen und dabei auf bis heute unbegriffene Weise die äußeren Bedingungen, die Struktur der „anorganischen Natur“ reflektiert und abgebildet. – Bezeichnend, daß Augustinus das Leben im Paradies als völlig durchrationalisierten und der Subjektherrschaft unterworfenen Organismus sich vorstellte und zumindest für den Zeugungsakt das Funktionieren subjektfremder autonomer Abläufe (unter der Herrschaft des Lustprinzips) ausschloß.
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28.10.89
Das Maß theologischer Erkenntnis ist ihre Kraft zur Versöhnung, und die wiederum hat ihr objektives (geschichtsphilosophisches und menschliches) Maß an der Schuld. Es ist die Last der Schuld, die in der Neutralisierung der Natur, ihrer Vergegenständlichung und Entfremdung sich ausdrückt. Der kopernikanische (newtonsche) Kosmos ist keiner; er hat seine nicht mehr abschließbare Grenze nicht im Objekt, sondern in der Erkenntnistheorie (erst die spezielle Relativitätstheorie hat sie wieder ins Objekt verlegt); zu seinen Konstituentien gehören subjektive, ins Objekt hineinprojizierte, nicht vom Objekt abstrahierte Prämissen; und diese Prämissen haben ihr fundamentum in re in der Gesellschaft, im Herrschaftsprozeß, in der Geschichte der Naturbeherrschung, nicht in der Natur; durch sie ist Natur in den gesellschaftlichen Schuldzusammenhang (der hier identisch wird mit dem Naturzusammenhang, der immer schon einer der zweiten, schuldbeladenen Natur war) verflochten, nicht mehr daraus abzulösen. Durch den Objektivationsprozeß wird Natur in einen nicht mehr aufzuhebenden Anklagezustand versetzt; die Naturerkenntnis ist das Gericht über die Natur, und dieses Gericht kennt keine Verteidigung und keine Gnade (unmögliche Aufgabe einer Naturphilosophie?). Hier ist der Ursprung der unauflösbaren Verbindung von Herrschaft und Schuld: Beherrschbar ist jedes Objekt nur durch Schuld, durch die es in das Inertialsystem der Herrschaft hereingezogen, ihrem Gesetz unterworfen wird; nur das Schuldmoment bietet den Ansatzpunkt, den Widerstand, an dem das Objekt greifbar, begreifbar wird; an diesem Widerstand arbeitet Herrschaft sich ab, entwickelt sie sich selbst zum Duplikat ihres Objekts (wie die Sonne zum Duplikat der Erde im newtonschen System). Trägheit, Masse, Materie (als Inbegriffe der Subjektlosigkeit) sind Begriffe, in denen in der Natur dieses Schuldmoment sich anzeigt. (Levinas hat den Zusammenhang des Materiebegriffs mit dem theologischen Schuldbegriff anhand seiner erkenntnistheoretischen Konstituentien aufgezeigt: Dieser Materiebegriff gründet in der Isolation des Einsamen. Ähnlich schon Ferdinand Ebner.)
Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie