Die Natur ist der blinde Fleck der Theologie, das Wissen ihre Versuchung, die Welt ihr Gefängnis. Ist dieser Naturbegriff der Schlüssel zu Rosenzweigs Stern der Erlösung?
Das Wissen kommt von Gesehenhaben. Ist das Licht der dritte Brennpunkt der elliptischen Planetenbewegungen?
Die kopernikanische Wendung hat die astrologische Welttheorie (das „mathematische Ganze“) der Planetenbewegungen in eine Naturtheorie (das „dynamische Ganze“) transformiert. Die theologische Planetentheorie wäre eine Theorie der Wege des Irrtums.
Die Welt ist der Inbegriff der Herrschaft, die Natur der Inbegriff ihrer Objekte. Beide sind in die Herrschaftsgeschichte verstrickt. Der aristotelische „unbewegte Beweger“ ist der, der andere für sich arbeiten läßt und nur zusieht. Das Symbol des unbewegten Bewegers der Welt ist der Buddha, dessen letzte Verkörperungen sind die Teilnehmer der „Elefantenrunde“, als Einzelverkörprung Kohl, der alle Probleme nur noch aussitzt.
Ist der Raum, die subjektive Form der Anschauung, der Erbe der noesis noeseos?
Ist das Licht der Quellgrund jener Beziehung zu den Anderen, die in der Theologie Gnade heißt (vgl. den Titel Simone Weils „Schwerkraft und Gnade“)? Die Welt, die alles ist, was der Fall ist, ist ohne Licht.
Die Geschichte vom Sündenfall ist kein Mythos, sondern der Beginn der Auflösung des mythischen Banns: die Hilfe zur Reflexion der Schicksalsidee.
Die Schicksalsidee war ein Versuch, den Sündenfall durch Übersetzung in Statische, ins Welthafte, zu exkulpieren, den Schuldzusammenhang zu neutralisieren.
Der Raum ist in sich selber beides: statisch und dynamisch zugleich. Das drückt in der Physik im Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, das die starren Strukturen des Raumes verflüssigt, sich aus.
Ist das Problem des Prinzips der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ein Problem des Maßes? Jedes Maß wird von außen an eine Sache (auch an eine Gerade im Raum) herangetragen. Es gibt insbesondere kein inneres Längenmaß einer Strecke. Aber wie konstituiert sich die Äußerlichkeit des Maßes gegenüber dem Gemessenen anders als durch die Form der Äußerlichkeit selber?
Das Tauschprinzip ist das Relativitätsprinzip der politischen Ökonomie. Hier reproduziert sich das Problem des Maßes im Geld.
Gegen Weizsäckers Bemerkung über die „Explosion von Genie“ hat Adorno schon das befreiende Stichwort geliefert: Eingedenken der Natur im Subjekt.
Hat nicht die deutsche Fraktion der „Kopenhagener Schule“ eine ähnliche Beziehung zu Niels Bohr wie die Habermas’sche Fraktion der Frankfurter Schule zu Horkheimer und Adorno? Beides sind Beispiele des konstitutiven Mißbrauchs.
Die Philosophie ist die Taschenlampe (oder der Scheinwerfer), die Licht in einen an sich dunklen Raum bringen soll, die Theologie lebt in Erwartung des Morgensterns, des aufgehenden Lichts.
Aufklärung bezieht ihre Energien aus dem Potential der Wut.
Welche Implikationen hat das nationale Votum für die „Härte“ der DM, was verhärtet sich mit der DM?
Die subjektiven Formen der Anschauung sind Balken und Splitter im Auge.
Das Selbsterhaltungsprinzip begründet eine doppelte Grenze der Barmherzigkeit. Die eine liegt im Subjekt, das für andere Ziele als die der Selbsterhaltung keine Luft mehr hat, die andere im Objekt, das das Mitleid der Anderen nicht mehr erträgt und jeden Versuch zu helfen als Angriff und als Demütigung erfährt.
Wie das Inertialsystem die Dinge zur Trägheit verurteilt, so das Geld die Menschen zur Selbsterhaltung (und die Bekenntnislogik zu einer Unsterblichkeitsvorstellung, die am Zustand der Welt nicht mehr sich interessiert).
Seit es keine unzweideutige Sprache mehr gibt, gibt es zur Personalisierung (zur Empfindlichkeit und zur Ausgrenzung anderer) keine Alternative mehr. Deshalb ist Reklame nicht unpolitisch.
Einstein
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17.3.1997
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14.3.1997
Ding und Sache: Die Sache ist der Inbegriff aller Ziele, während das Ding die ins Bestehende zurückgestaute Teleologie repräsentiert. Das Ding ist die privatisierte res, die die res publica zum Geschwätz gemacht hat. Das Ding ist die gegenständliche Verkörperung der Subjektivierung der Zwecke (der Träger von Eigenschaften).
Die Ware ist das Ding im Geldraum.
Die Mechanik (das Inertialsystem, die subjektiven Formen der Anschauung) hat mit der Verdrängung des Lichts die Sphäre zerstört, in der Theologie allein sich entfalten kann. Aber es geht nicht um die Rettung und Erhaltung des Kulturguts Theologie, sondern um die Erhaltung dessen, wofür Theologie steht. Auch an der Kirche und an der Theologie läßt sich die Selbstzerstörung der Zwecke durch Hypostasierung der Mittel, mit denen man sie zu verwirklichen trachtet, demonstrieren, die Selbstzerstürung der Theologie durch Apologetik.
Der Kurzschluß des Dings ist durchs Gericht vermittelt: durch die kopernikanische Wende.
Gehören Jupiter und Merkur, Venus und Mars jeweils auf ähnliche Weise zusammen wie Sonne und Mond (Sonne und Mond umkreisen die Erde, die anderen Planeten die Sonne)?
Die Verurteilung zerstört die Sensibilität, die Barmherzigkeit hebt die Empfindlichkeit auf. Darin gründet der Satz, daß die Verurteilung den Schrecken nicht auflöst: sie macht ihn nur unsichtbar.
Ist die Physik der Traum des Nebukadnezar, den Daniel erst finden muß, ehe er ihn deuten kann?
Gezählt, gewogen und zu leicht befunden: Ist das nicht das Urteil über Kopernikus und die Folgen?
Das Inertialsystem destruiert (durch die konstitutive Rolle des Seitenblicks) die Unterscheidung von Vorn und Hinten, das Geld die Unterscheidung von Rechts und Links, die Bekenntnislogik die von Oben und Unten (sie neutralisiert die Schwere, den Fall). Der Dingbegriff ist der Kristallisationskern der Bekenntnislogik.
Der Herrscher, der seiner nicht spotten läßt (die Empfindlichkeit des Herrendenkens), verkörpert die Macht, sich zu rächen. Diese Macht macht ihn verletzlich (pathologisch). Das „Mein ist die Rache, spricht der Herr“ ist der Anfang der Transsubstantiation der Rache in eine befreiende Kraft, in die Kraft der Reflexion.
Mit der transzendentalen Ästhetik, mit den subjektiven Formen der Anschauung (dem subjektiven Reflex der kopernikanischen Wende), ist die logische Vorentscheidung zugunsten des Herrendenkens (der Empfindlichkeit und des Rachetriebs) getroffen.
Inertialsystem als Referenzsystem; Bedeutung des Prinzips der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit: logischer Grund des Korpuskel-Welle-Dualismus; Modell der Beziehung von Unmittelbarkeit und Vermittlung.
Der Versuch, den Rechtfertigungs- und Exkulpationstrieb zu befriedigen, zieht den Zwang zur Befriedigung des Rachetriebs nach sich: Keine Schuldverschiebung ohne Eskalierung des Feindbilddenkens, ohne negative Totalitätsbegriffe (Barbaren, Juden, Heiden, Ausländer), ohne Ausgrenzung und Vernichtung des „Sündenbocks“.
Die Empfindlichkeit ist ein Maß der Intensität des Rechtfertigungstriebs. -
9.3.1997
Die Nachkriegsgeneration: Kinder der Dingwelt.
Selbstverdinglichung, der Versuch, die Last, die auf uns liegt, durch Abwälzung auf andere (durchs Schuldverschubsystem) zu reduzieren, potenziert die Last.
Rechts und Links nicht unterscheiden können: Die Umkehr wird in der Regel auf die Beziehung zwischen vorn und hinten (im Angesicht und hinter dem Rücken) oder oben und unten (Gott und Kreatur) bezogen, nicht auf die von rechts und links (über die ich, wie es scheint, nichts vermag). Rechts und Links: Diese Umkehr wäre die Bekehrung des Andern, ein Motiv, das die Kirchen – über das Verfahren der Mission – zu willigen Helfern des Imperialismus gemacht hat. Aber gibt es nicht auch das andere Motiv, daß, wer einen Sünder vom Weg des Irrtums bekehrt, seine eigene Seele rettet, und daß über die Bekehrung des einen Sünders größere Freude in den Himmeln herrscht als über 99 Gerechte?
Hängt die Blut-Symbolik (das Abwaschen der Sünde, das Reinwaschen der Kleider durchs Blut des Lammes, aber auch die Blut-Symbolik in der Thora und bei den Propheten) mit diesem Rechts-Links-Paradigma zu tun? Ist sie vielleicht nur so vom Schein der Metzgertheologie zu befreien? Liegt hier die Lösung des Rätsels des Rassismus (das selbst bei Rosenzweig in einer Weise anklingt, die nach Auschwitz unerträglich geworden ist)? Liegt an der Frage der Unterscheidung von Rechts und Links die Umkehr Gottes (die Möglichkeit einer Theologie im Angesicht Gottes)? Unsere eigene Seele ist in den Wegen des Irrtums des Sünders (in den subjektiven Formen der Anschauung, in der Logik des Geldes und in der Bekenntnislogik) mit gefangen.
Oh wie gut, daß niemand weiß, daß ich Rumpelstilzchen heiß: Enthält das Gespräch, das Heisenberg im Krieg mit Nils Bohr geführt hat, den Schlüssel zum Verständnis des Versuchs, nach dem Krieg eine „einheitliche Weltformel“ zu entwickeln? Hat sich das nationalistische Erbe in diesen hilflosen Versuch, Einstein zu übertrumpfen, zurückgezogen, verkapselt und in einen Objektivismus entstellt, der seitdem endgültig nicht nur die Naturwissenschaften, sondern die Welt verhext?
Stand der Aufklärung: Heute reden alle übereinander, weil sie die allgemeine pathologische Empfindlichkeit daran hindert, mit einander zu sprechen. Selbst die Theologie ist zur „Rede von Gott“ verkommen.
Am Beispiel des Begriffs der Empfindung wäre nachzuweisen, daß der historische Subjektivierungsprozeß (die Rückseite des Objektivierungsprozesses) ein Vergiftungsprozeß ist. Der Begriff der Empfindung verweist auf die pathologisierende Gewalt der Aufklärung, die zu reflektieren wäre. Statt dessen haben die Nachfolger der kritischen Theorie die Dialektik der Aufklärung liquidiert.
Hängen nicht die Objekte der Subjektivierung: Empfindung, Kritik und Schuld, wie der Verblendungs-, Schuld- und Herrschaftszusammenhang mit einander zusammen?
Gesellschaftskritik als Waffe ist ein Instrument der Potenzierung des Kritisierten, Gesellschaftskritik hat nur ein Recht als Mittel der Reflexion.
Die Subjektivierung der Empfindungen, der Meinungen und der Schuldgefühle sind Attribute der Feindbildlogik.
Hat nicht Paul Watzlawik zum Gespräch zwischen Heisenberg und Bohr ein aufhellendes Beispiel geliefert, das nur den einen Mangel hat, das es nur die Psychologie, nicht die Logik dieses Gesprächs beleuchtet?
Verstricken sich nicht die „Alternativen“, die außerhalb des Systems (in der Natur oder in der Religion) die Nischen einer „heilen Welt“ suchen, eben damit in den Netzen des Systems? Sie möchten dem Schuldzusammenhang nur entrinnen, anstatt der Mühe sich zu unterziehen, ihn durch Reflexion zu sprengen.
„In vierzig Tagen wird Ninive zerstört“: Liegt der Unterschied zwischen Jonas und Tobias vielleicht nur in dieser Frist?
Ersetzt nicht der Begriff der Buße, und zwar schon im Namen der lateinischen paenitentia, die Umkehr durch die Selbstbestrafung, durch die Verinnerlichung von Herrschaft? Buße ist gnadenlos.
Drückt nicht in der Darstellung der Buße im Buch Jona in der Tat die Unfähigkeit, Rechts und Links zu unterscheiden, sich aus?
Haben Rechts und Links mit Tod und Auferstehung zu tun, und die Unterscheidung von Rechts und Links mit der Umkehr Gottes?
Es gehört zur Logik der Unsterblichkeitslehre, daß sie mit dem eigenen Tod den der Anderen verharmlost, in Kauf nimmt, daß sie hilft, den Verdrängungsprozeß gegen die Vergangenheit zu legitimieren: die Finsternis zu befördern. Ist die Finsternis das Licht der Aufklärung (der Begriff der Klarheit erinnert an die klaren Verhältnisse, die das Feindbild hervorbringt)?
Zur Geschichte der Aufklärung gehört das Bild der Wilden wie zum Ursprung der Philosophie das der Barbaren. Sind die Wilden das Produkt der Hellenisierung der Barbaren, die nur durchs Christentum möglich war?
Ist der Streit in der Prozeßgruppe ein nachträglicher Sieg Hembergers und Schiefersteins, eine Folge der Unfähigkeit, das, was im Prozeß passiert ist, zu reflektieren? Und macht uns nicht unsere Empfindlichkeit zu Marionetten des Systems, zu willigen Vollstreckern der BANK, DIE IMMER GEWINNT? -
8.3.1997
Bezeichnet die „Venuskatastrophe“ einen Vorgang, zu dem der Ursprung des Staates (der Organisation einer Gesellschaft von Privateigentümern), die Objektivation der Sternenwelt (die Trennung von Natur und Welt) und die Freigabe der Sexualität (der gemeinsame Ursprung der Ehe und der Prostitution) gehören? Die Begründung der Astronomie, die Vergegenständlichung der Sternenwelt, ist ein Teil der Herrschaftsgeschichte. Hängt nicht die Venuskatastrophe mit dem Ursprung der Sexualmoral als Urteilsmoral, insgesamt mit der Entfaltung der Urteilslogik, zusammen?
Bereschit: Wer den zeitlichen durch den logischen Anfang (den Ursprung) ersetzt, gerät in den Bann der Elementarmächte.
Geschaffen wurde nicht die Welt: Dann nämlich würde im Staat Gott sich manifestieren.
Geoffenbart wurde kein Wissen, auch nicht ein durch den Glauben vermitteltes: Dann wäre die Offenbarung ein Reflex der Subjektivität, den sie in Wahrheit sprengt.
Und erlöst wird nicht die Natur, sondern Erlösung ist die Erlösung vom Bann der Natur.
Gegen die Kollektivscham gilt: Nicht Scham, sondern Trauer.
Zum Problem der Errichtung eines Holocaust-Denkmals wäre der sanfte Hinweis notwendig, daß Auschwitz kein Heldenfriedhof ist. Begründen und verkörpern in Deutschland Denkmäler nicht doch seit je nur Tabus (seit es Goethe-Denkmäler gibt, wird Goethe in Deutschland nicht mehr gelesen), und hat Mihm, als er sich auf die „Kriegerwitwen“ berief (gibt es auch Autofahrerwitwen, Katastrophenopfer-Witwen), nicht so etwas wie die unsäglichen „Kriegerdenkmäler“ gemeint?
Hängt nicht der Korpuskel-Welle-Dualismus wie auch die damit verbundene Heisenberg’sche Unbestimmtheitsrelation und die Bohr’sche Komplementarität mit der Doppelfunktion der Lichtgeschwindigkeit zusammen, die sowohl auf die einzelne Bewegungsrichtung des „Lichtstrahls“ als auch auf die Ausbreitung des Lichts im ganzen Raum (in alle Richtungen des Raums gleichzeitig) sich bezieht? Dem einzelnen Lichtstrahl korrespondiert die korpuskulare Interpretation, die Ausbreitung in einem dreidimensionalen Raum erzwingt das Bild der wellenförmigen Bewegung. Gründet nicht das individualisierende Moment (die Atomvorstellung und ihre Durchorganisation) in dieser Doppelfunktion, die dann auch den zentralen Konstanten, dem Planck’schen Wirkungsquantum und der elektrischen Elementarladung, zugrundeliegt?
Sind die Maxwellschen Gleichungen ein Äquivalent des Relativitätsprinzips? -
6.3.1997
Thomas Powers „Heisenbergs Krieg“ ist in Wirklichkeit Heisenbergs Legende: Es ist schon erstaunlich, wie dreist der Nationalismus Heisenbergs (und der Antisemitismus E. v. Weizsäckers) heruntergespielt wird, so als sei es normal, angesichts der Vertreibung der jüdischen Kollegen, des Kriegs und des Genozids nationalgesinnt zu sein, und als sei es verständlich, wenn Heisenberg den Anstand im faschistischen Deutschland erst in dem Augenblick als bedroht ansieht, als es um die eigene Karriere (um die Berufung auf den Lehrstuhl Sommerfelds in München) geht. Da sieht er selbst in dem Versuch, Himmler einzuschalten, noch kein Problem. Andererseits trägt Powers doch sehr dick auf, wenn er die Bemühungen in den USA, nach Hahns Entdeckung der Atomspaltung die Möglichkeiten einer militärischen Nutzung der Atomenergie auszuloten, als gierig und irrational beschreibt (und auf die Sensibilisierung der Emigranten, die Art und Ausmaß der Nazigefahren am eigenen Leibe erfahren haben, für eine mögliche deutsche Bedrohung nicht eingeht), während beispielsweise ein mindestens vergleichbarer Hinweis Weizsäckers an das Heereswaffenamt auch im unmittelbaren Anblick der Gefahr eines von Deutschland ausgehenden neuen Weltkrieges für ihn nur normal ist.
So läßt sich denn auch die in der Tat unsägliche Rolle Philip Lenards und Johannes Starks und der „deutschen Physik“ als Alibi verwenden, um die wirkliche Beziehung der „seriösen“ deutschen Physiker wie Heisenberg und Weizsäcker, um von Pascual Jordan zu schweigen, zu Einstein nicht aufklären zu müssen. Dabei wäre es an der Zeit, einmal im Ernst zu untersuchen, welche ideologische Rolle die sogenannte „Kopenhagener Schule“ (die seit je Nils Bohr nur als Alibi benutzt hat) im faschistischen Deutschland (und in der Folgezeit) wirklich gespielt hat.
Adornos Satz „Das Ganze ist das Unwahre“ ist der fundamentale Einspruch gegen das Herrendenken. Den gleichen Sachverhalt hat Rosenzweig in seiner Kritik des All zu formulieren versucht. Es ist der Einspruch gegen einen Universalismus, für den die Totalität zur Verfügungsmasse geworden ist. Der Satz „Das Ganze ist das Unwahre“ hält die Idee der Versöhnung bis ins Innere des Gedankens (und d.h. auch: bis in den Kern der Natur) offen. Die Idee einer Zukunft, die nicht unter die Vergangenheit subsumiert ist, ist anders nicht mehr zu halten.
Kritik der Naturwissenschaft oder
– der Seitenblick, in dem Natur als Natur überhaupt erst sich konstituiert, oder
– Kritik der zukünftigen Vergangenheit oder
– der asymmetrische Wahrheitsbegriff (Name und Begriff).
Die kantische Frage, wie es möglich ist, daß Raum und Zeit als subjektive Formen der Anschauung gleichwohl objektiv sind, erstreckt sich heute auf Natur und Geschichte insgesamt.
Der terminus ad quem der resurrectio naturae ist die Erkenntnis des Namens. Natur steht unterm Bann der Feindbildlogik. Deshalb gehörten zum Selbstverständnis des Hellenismus als Projektionsfolie die Barbaren.
Die modernen Naturwissenschaften (deshalb ist der Begriff der naturwissenschaftlichen Erkenntnis emotional so hoch besetzt) haben die Idee der Erlösung und damit die Wurzel des Christentums selber angegriffen und säkularisiert. Bezieht sich das Wort „Was ihr auf Erden lösen werdet, wird auch im Himmel gelöst sein“ auf dieses dem Begriff der naturwissenschaftlichen Erkenntnis innewohnende Problem? Steckt darin nicht die Lösung des Problems des zweiten Tags (zur Feste des Himmels fehlt der Satz „und er sah, daß es gut war“)?
Die Kritik der Naturwissenschaften ist von dem Problem der Kritik der politischen Ökonomie und dem der Kritik der Bekenntnislogik nicht zu trennen. Verweisen die „Völker, Nationen und Sprachen“ in den Apokalypsen auf diese Konstellation (vgl. auch das Wort über Assur, Ägypten und Israel in Jes 1925)?
Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist: Ist das Geld nicht ein „außenpolitisches“ Institut, ein Mittel der Tributerhebung, damit aus seiner eigenen Logik heraus ein kaiserliches Institut (Dareiken)?
Kann es sein, daß die karolingische Münze, die als Beweis für die Existenz des karolingischen Reiches angesehen wird, als Schlußstein zu den Fälschungen gehört, die das mittelalterliche Imperium legitimieren sollten: daß sie „Falschgeld“ ist? War dieses Geld ein Instrument der Selbstbegründung der Reichsidee und des Kaisertums?
Aus welcher Zeit stammt das Attribut „der Große“, auf wen wurde es angewandt (von Alexander über Karl bis zum preußischen Friedrich) und was drückte in diesem Attribut sich aus?
Das Traumproblem in der Schrift scheint darauf hinzudeuten, daß der Joseph in den Evangelien vielleicht doch etwas mit dem gleichnamigen Sohn Israels etwas zu tun hat? -
2.3.1997
Die Goldhagen-Debatte hat eines deutlich gemacht, daß nämlich der Objektivismus auch als Entlastungsinstrument benutzt wird.
Wer Solidarität fordert, aber die Reflexion unterbindet, ist vom Grunde her ein Faschist. Befreiung ist nur möglich auf der Grundlage einer Solidarität ohne Komplizenschaft. Solidarität ohne Komplizenschaft ist das entscheidende Argument gegen die Bekenntnislogik (und gegen jeglichen Nationalismus). Fatal ist heute jeder Wunsch, einer Gemeinschaft anzugehören, „in der ich mich wohlfühlen kann“.
Sind die Planeten am zweiten Tag erschaffen oder am vierten: Gehören sie zur Feste des Himmels oder zu den Sternen? Wer sind die Sabaoth?
Hängt nicht das Recht (zu dem die Verfolgungsbehörden gehören) mit dem Sündenbocksyndrom zusammen?
Das Geschwätz ist der Mutterboden des Gerüchts. Beide gedeihen unterm Rechtfertigungszwang. Zum Gerücht gehört die Instrumentalisierung des Verdachts, sein Ziel ist die Verurteilung.
Das Geschwätz ist ein Experimentallabor der Feindbildlogik. Die Feindbildlogik ist ein Instrument zur Ausbildung und Rechtfertigung der Gemeinheit.
Ist die Gleichzeitigkeit ihrer Entdeckung nicht ein Hinweis darauf, daß das Plancksche Strahlungsgesetz etwas mit der speziellen Relativitätstheorie Einsteins und dem Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit zu tun hat? Hinweis: Das Relativitätsprinzip ist das Prinzip der Veranderung. Es definiert den Raum (das Referenzsystem), in dem die mathematische Naturerkenntnis sich konstituiert.
Die Schwere wird gemessen mit Hilfe der Waage, die es aber nur in einem Schwerefeld gibt. Der Erscheinungsort der Schwere ist die Erde, auf der wir sie am eigenen Leibe erfahren. Wer wiegt die Sonne oder den Mond? Ist das Planetensystem und sind die Gezeiten Teile einer Waage (so erfahren die Planeten die Gravitationskräfte der Sonne und die Meere die des Mondes „am eigenen Leibe“)? Die Planetenbahnen sind Fallwege, die kein Ziel mehr haben.
Der Preis für die Reversibilität der Beziehung von oben und unten ist die Irreversibilität der Zeit (wie verhält sich das Licht zur Irreversibilität der Zeit, was drückt in der Existenz der konstanten Lichtgeschwindigkeit sich aus?).
Was hat die trinitarische Zeugung mit den messianischen Wehen, mit dem apokalyptischen Bild der Geburt, zu tun?
Der Weltbegriff ist ein Plurale Tandem; es gibt nicht die Eine Welt. Der Keim des Weltbegriffs ist das Neutrum, das selber im Ursprung ein pluralis ist (Gehölz, Gebirge, Gewässer).
Der Begriff der Zeugung bezeichnet das mythische Moment im christlichen Dogma, das gleiche Moment, das den messianischen Wehen entspricht, die in der Hölle als ewig vorgestellt werden.
Hat der babylonische Unzuchtsbecher etwas mit dem Zusammenhang von Götzenopfer und Unzucht zu tun (mit Bileam)? -
25.2.1997
Das spezielle und das allgemeine Relativitätsprinzip verhalten sich wie Tauschverhältnis und Schuldabhängigkeit, wie Handel und Konsum. Auch der Konsum ist eine reine Geldbewegung: das Abbild des „freien Falls“.
Wenn die Welt das „mathematische Ganze der Erscheinungen“ bezeichnet, ist es dann nicht der Staat, der – schon in seinem Namen – das statische Moment in dieser mathematischen Totalität (die verdinglichende, das Objekt zum Objekt machende Gewalt des Begriffs, der Grund der versteinerten Verhältnisse) repräsentiert? Das Gewaltmonopol des Staats gehört zu den Fundamenten des Weltbegriffs. Der Staat ist das Schwert, mit dem Alexander den Knoten, den es zu lösen galt, durchschlagen hat.
In der Beziehung der Begriffe Natur und Welt (des „dynamischen“ zum „mathematischen Ganzen der Erscheinungen“) drückt aufs genaueste die Beziehung der naturwissenschaftlichen Erkenntnis zu ihrem Objekt sich aus. Natur und Welt, das mathematische und das dynamische Ganze der Erscheinungen, sind wie die Form der inneren Anschauung auf ihren Inhalt, wie das Anschauen auf die Zeit, die an sich niemals Gegenstand der Anschauung ist, die selber nicht angeschaut, nur durch den Seitenblick auf die Zeit, durch die historisierende Projektion in den Raum, zum Gegenstand der Anschauung gemacht werden kann, auf einander bezogen (kopernikanische Wende).
Sind nicht die beiden Relativitätstheorien Einsteins auch Geldtheorien?
Frei fallender Fahrstuhl: Der Neoliberalismus ist nur ein Ausdruck jener ungeheuren Bewegung, in die der Staat heute hereingezogen worden ist (vgl. das Motto, das Adorno vor seine Kierkegaard-Arbeit gesetzt hat – aus Edgar Allen Poe: Der Maelstrom).
Drückt nicht im Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit das Moment der Willkür im Weltbegriff: im „mathematischen Ganzen der Erscheinungen“, sich aus?
Haben nicht Zeugung und Geburt (die beiden Gründe des Naturbegriffs) etwas mit dem Fall zu tun? Welche Bedeutung hat in dieser Konstellation die Gebärmutter, das Symbol der Barmherzigkeit? Und wie verhält sich der Naturbegriff zum apokalyptischen Symbol der messianischen Wehen?
Was hat das tollere peccatum mundi mit der Schwangerschaft und den Wehen zu tun?
Wer die Unheilsprophetie von der Heilsprophetie trennt (und jene den Juden, diese den „erlösten“ Christen zuweist), leugnet die messianischen Wehen.
Gleicht nicht die Beziehung der apokryphen zu den kanonischen Apokalypsen der des Korans zur Schrift? Ist Allah (der selber die Texte des Koran verfaßt hat) ein pseudepigraphischer Autor? Nicht das Christentum, sondern der Koran ist der Endpunkt der apokalyptischen Bewegung.
Das Wort, daß nur Gott ins Herz der Menschen sieht, hat utopische Qualität: Was ist, wenn dort, wo Gott hinblickt, nichts ist, und bildet sich nicht das Herz der Menschen erst mit der Barmherzigkeit? -
24.2.1997
Was unterscheidet eigentlich den Günter Grass (sh. FR von heute) von Heinrich Böll? – Was bei Heinrich Böll Melancholie und Erbitterung war, ist bei ihm Resignation, böse Nachrede. Auch Günter Grass scheint auf sein eigenes Handeln nicht mehr zu setzen, sondern darauf zu warten, daß es einer für ihn tut. Heinrich Böll war moralisch involviert, Günter Grass ist bloß Zuschauer. Auf Günter Grass scheint das Bild vom Hotel Abgrund zuzutreffen; der Abgrund, in den er schaut, das ist die Bühne, auf die er die Gegenwart transponiert, um ihr als Zuschauer beiwohnen zu können.
Hängt es nicht mit der kantischen Illusion zusammen, wenn Günter Grass auf den ungeheuren Reichtum verweist, dem nur die im Grundgesetz vorgesehene soziale Verpflichtung implantiert werden müßte, um eine heile Welt zu schaffen? Ist nicht die Vorstellung, was man mit Geld alles machen kann, die Vorstellung derer, die es nicht haben? Und ist nicht der Reichtum heute nur noch um den Preis des Bewußtseins des Ertrinkens, der Panik, zu haben? Sind nicht die Reichen unter dem notwendigen Schein ihres Reichtums heute die Armen, sind sie nicht die wahren Opfer in einer ihnen mißgünstigen, feindlichen Welt (so die Innensicht des Reichtums – und hat diese „Innensicht“ nicht etwas mit den subjektiven Formen der Anschauung zu tun, mit den in diese Formen eingebauten Mechanismen der Verblendung)?
Es gibt keinen Trost mehr, sondern nur noch den Ausweg, den niemand mehr sieht.
Die Kritik der subjektiven Formen der Anschauung ist der Beginn der Sprengung der Feindbildlogik; und der kantische Erkenntnisbegriff, demzufolge wir nur das an den Dingen erkennen, was wir in sie hineinlegen, bezeichnet genau das Moment der Projektion, das von der Feindbildlogik nicht zu trennen ist. Es sind die Totalitätsbegriffe Kants, die die Feindbildlogik fundieren und absichern. Hierauf bezieht sich das Wort: Emitte spiritum tuum, et renovabis faciem terrae.
Die Theologie hinter dem Rücken Gottes ist eine Theologie im Bann der Feindbildlogik, die dann zwangsläufig apologetisch ist.
Zu Luzia Sutter Rehmann: Gibt es beim Daniel das apokalyptische Motiv der Geburtswehen?
Ist nicht die Opferlogik eine die Geburtswehen verhindernde und verlängernde Logik? Bezieht sich nicht auch hierauf das Wort: Barmherzigkeit, nicht Opfer?
Der Menschensohn: Ist das nicht das Kind der Geburt, die die messianischen Wehen ankündigen? Was bedeuten in diesem Zusammenhang die Wolken des Himmels?
Luthers Satz: „Wie bekomme ich einen gnädigen Gott“ war der Beginn der Flucht nach Tarschisch, der im Bauche des großen Fischs endete.
Wenn die Kirche begreift, daß Auschwitz das Ende der Lehre vom stellvertretenden Sühneleiden ist, hat sie den ersten Schritt zu ihrer eigenen Bekehrung getan.
Goldhagen und die Castor-Transporte: Ist nicht auch Goldhagen ein Angriff auf einen Entsorgungsvorgang?
Gibt es eigentlich einen deutlicheren Hinweis als den, daß das Wort Gottes ein Name ist, den niemand kennt als der, der ihn trägt? – Hat das nicht etwas mit dem zweiten Schöpfungstag zu tun, an dem der im Anfang erschaffene Himmel zum Namen der Feste des Himmels wird?
Ein Hinweis, den Heinrich Böll einmal gegeben hat, läßt sich noch präzisieren: Während das Kapital von Marx in Ideen gründet, die den Einsatz des eigenen Lebens rechtfertigen, rechtfertigt das Hitlersche Machwerk „Mein Kampf“ nur den Judenmord: das Opfer des Lebens der Anderen. Hiermit hängt es zusammen, wenn der Satz sich begründen läßt, daß im Nachkriegs-Atheismus Hitler nachträglich noch siegt (und der marxistische Atheismus bewußtlos diesen Sieg antizipiert, den Sozialismus in den Faschismus überleitet). Haben nicht die stalinistischen Prozesse das Opfer für die Idee, das dem Sozialismus zugrundeliegt, durch Universalisierung instrumentalisiert?
Sind nicht die Einsteinsche Denkmodelle vom fahrenden Zug und vom frei fallenden Fahrstuhl Weiterbildungen der kantischen subjektiven Formen der Anschauung? Aber was drückt sich in dieser Transformation aus?
Ist nicht das Relativitätsprinzip der Grund jeder Ästhetik (die Wurzel des Bildes)? -
23.2.1997
Wenn es die logische Affinität der Naturwissenschaft zur politischen Ökonomie gibt, müßte sich dann nicht aus der mimetischen Rekonstruktion der Erfahrung aus ihren politisch-ökonomischen Bedingungen (aus der Fähigkeit, in die Erfahrung des andern unter Reflexion der politisch-ökonomischen Bedingungen seiner Erfahrung sich hineinzuversetzen) so etwas wie ein symbolisch-metaphorischer Zugang zur Kosmologie ergeben?
Das Relativitätsprinzip begründet das Verfahren der Konstituierung des Raumes als subjektive Form der Anschauung, den Raum dadurch zu neutralisieren, daß der eine Raum über den anderen gezogen wird. Ist nicht dieser Raum das logische Kontinuum, in dem die Ökonomie sich entfaltet (und der im Entfaltungsprozeß der Ökonomie sich bildet): das Geld? Bezeichnet das Relativitätsprinzip am „Unzuchtsbecher“ das Moment der Unzucht?
Gestern ein Bericht in der FR über Haie. Danach sind Haie zwar keine Säugetiere, aber die kleinen Haie schlüpfen im Bauch ihrer Mutter aus ihren Eiern und fressen dort z.T. sich gegenseitig, so daß z.B. von 70 – 80 ausgeschlüpften Haien nur zwei im Bauch der Mutter überleben und dann ins Freie gelangen.
Die Tiere des fünften Tags sind die eierlegenden Tiere (Fische und Vögel). Die Säugetiere sind (mit den Menschen) die Tiere des sechsten Tags.
Sind nicht die Säugetiere nach der Evolutionstheorie gleichzeitig mit den blütentragenden Pflanzen entstanden?
Das Atheismus-Problem im Marxismus ist zu lösen allein über die Reflexion des Faschismus. Auch im Sozialismus bezeichnet der Atheismus den Sieg Hitlers.
… et dimitte nos debita nostra sicut et nos dimittimus debitoribus nostris, et ne nos inducas in tentationem, sed libera nos a malo.
Hat nicht der Traum des Nebukadnezar etwas mit dem Ursprung des Bekenntnisses zu tun?
Das Richtige ist nicht das Wahre, das Richtige ist das Unwiderlegbare.
Wie hängt das salomonische Urteil (über die beiden Frauen, die sich um das eine Kind stritten) mit dem danielischen (über die beiden Alten, die sich an der Susanna rächen wollten) zusammen? Salomo apelliert an den Mutterschoß, das Organ der Barmherzigkeit, Daniel enthüllt die Verwundbarkeit des ungerechten Urteils?
Tratsch und Gewitter; Tratsch als Instrument der Demoralisierung, Demoralisierung als Herrschaftsmittel. Aus dem Tratsch kann man nur eines lernen: Gegen die darin installierte mythische Gewalt, kommt keiner an; zur Identifikation mit dem mythischen Aggressor gibt es keine Alternative. Wen’s trifft, den trifft’s.
Das Licht ist der Naturgrund aller Zwecke (die Grenze des Kausalitätsprinzips).
Gestern in der Sendung über die Höhlenbilder von Lascaux der Hinweis, daß Tiergruppen nicht verschiedene Tiere, sondern möglicherweise verschiedene Bewegungsphasen der Bewegung eines Tieres abbilden. Ist die Höhlenmalerei ein Vorläufer des Kinos? Ist die Höhle (auch das Kino ist eine Höhle) eine Variante des Mutterschoßes (und das Fernsehen der Greuel am heiligen Ort: die endgültig instrumentalisierte Barmherzigkeit)?
Zur Genese des Vorurteils: Welche Rolle spielt hier das Verbot der Neugier? Wird nicht mit der Neugier die Erfahrungs- und Lernfähigkeit, eine nicht restlos ins „Wissen“ übersetzte Beziehung zur Welt, verboten? Ist nicht die Rückübersetzung jeder Erfahrung ins schon Bekannte das Ziel des ganzen Objektivierungsprozesses (und wird damit nicht die Erfahrung der ganzen vergangenen Menschheit verraten)? Ist die Geschichte der naturwissenschaftlichen Erkenntnis auch die Geschichte der Selbstzerstörung der Lernfähigkeit?
Kopernikus und Newton haben das Ungleichnamige (Oben und Unten) gleichnamig gemacht, was haben Maxwell und Einstein getan?
Zum Begriff der Öffentlichkeit: War nicht das Kollosseum die öffentliche Löwengrube, und wurde nicht, als die Scheiterhaufen öffentlich gemacht wurden, die Öffentlichkeit selber verbrannt? Auch Auschwitz war öffentlich, allerdings in der fürchterlichsten Gestalt: als Gerücht. Darauf wäre der von Habermas mißbrauchte Titel vom „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ zu beziehen: In der kollektiven Verdrängungsleistung der Deutschen, die die Kollektivscham dann besiegelt hat, ist die Öffentlichkeit selber verbrannt worden. Seitdem gibt es keine mehr.
Der Begriff der Information bezeichnet den Pfropf, der heute die Erfahrungsfähigkeit verstopft.
Das Feindbild, die Urteilslust und der Unzuchtsbecher.
Das Perfekt, das vom Handeln ins Sein (in die Vergangenheit) transformiert wird, spaltet sich auf in Sein und Haben (in Politik und Ökonomie). Hier liegt der Ursprung der Auxiliarien, der Hilfesverben, in denen die Gewalt der politischen Ökonomie sich ausdrückt. Das Problem Namens (des Symbolischen, des Metaphorischen) gründet in der Beziehung dieser beiden Formen des Perfekts.
Name und Begriff sind nicht vergleichbar. Ihr Verhältnis ist das der Umkehr.
Der Historismus, der die Vergangenheit des Perfekt ratifiziert, ist das Prinzip der Zerstörung des Symbolischen (der Zerstörung der Prophetie). Sind nicht alle Motive der Apokalypse aus dieser Transformation des Perfekt ableitbar? Die Idee der Auferstehung drückt den Widerspruch zwischen der Kraft des Namens und der „historischen Realität“ (der Ratifizierung der Vergangenheit der Geschichte) aus. Das Subjekt der symbolischen Erfahrung ist die Barmherzigkeit. -
12.2.1997
Die Welt ist alles, was der Fall ist: Hat Wittgensteins Philosophie etwas mit dem Allgemeinen Relativitätsprinzip zu tun, ist sie die Verkörperung des frei fallenden Fahrstuhls?
Die Christen haben seit der Eingliederung der Kirche ins römische Imperium (seit der Konstituierung der Theologie hinter dem Rücken Gottes) die Erlösung mit der Euphorie in dem frei fallenden Fahrstuhl verwechselt. Mit der zentralen Funktion des Falls in der Logik der Theologie hinter dem Rücken Gottes hängt es zusammen, wenn für diese Theologie die Hölle seit je realer war als der Himmel.
Antisemitismus: Der Zustand der Welt reißt die Institutionen in den Abgrund, in denen die Hoffnung sich verkörpert. Der Mechanismus des „Beweises“: die sind auch nicht besser, zerstört alles.
Als die moderne Aufklärung die Unendlichkeit von Raum und Zeit „bewiesen“ hatte, gab es kein Halten mehr.
Diese Logik ist die der Personalisierung, die H.G. Kippenberg soziologisch an der Figur des am ha’arez festmachen möchte (am Königsland, am Modell des Königs als Schützer der Armen), damit aber mit Hilfe der gleichen Logik erklärt, die er eigentlich selbst erklären müßte, aber nicht durchschaut. Beziehen sich die Gleichnisse Jesu, auf die er verweist, wirklich alle auf die Situation der Landbevölkerung im Königsland, nicht auch auf den Großgrundbesitz von Stadtbewohnern?
Die Logik der Personalisierung ist ein Teil der Bequemlichkeit und des Komforts, die heute zu Grundlagen der Weltanschauungen und damit mörderisch geworden sind.
Löwengrube und Feuerofen: Die Wirkung der Medien läßt sich heute sowohl unterm Bilde des Drachenfutters wie unter dem des Brennmaterials, mit dem der Feuerofen geheizt wird, fassen. Als die Nazis das gesunde Volksempfinden ins Recht einführten, haben sie im Recht die Feuer der Hölle entzündet, und diese Feuer werden heute weiter genährt. Der Feuerofen, das ist der Ofen der Empörung. An der Empörung nährt sich der Rachetrieb (sie ist nicht seine Wurzel, nur sein Alibi).
Die räumlich-dingliche Höllenvorstellung ist ein logisches Sinnesimplikat der Theologie hinter dem Rücken Gottes.
Die Himmel: Das ist kein Pluralis, sondern ein Dualis (schamajim, wie auch Mizrajim). Drückt darin das Verhältnis von Gericht und Barmherzigkeit sich aus? Ist das Wasser das Gericht (und steckt nicht in dem Thales’schen „Alles ist Wasser“ schon das Inertialsystem), und das Feuer die Barmherzigkeit (das Feuer des Himmels, das die Kirche in die Hölle projiziert hat)?
Ist das Licht der Realgrund der Sprache?
Die Sinnfrage entscheidet sich nach dem Adressaten: Der Sinn für mich (der Sinn von Sein, aber auch jede sinnliche Qualität) ist zu unterscheiden vom Sinn an sich: vom Namen Gottes.
Wie hängt die Sinnfrage mit der Sinnlichkeit zusammen? -
11.2.1997
Ich seh etwas, was du nicht siehst: Nur Gott sieht ins Herz der Menschen (so wie er auch in den Abgrund sieht).
Bezieht sich das „wüst und leer“ auf die vier Himmelsrichtungen, und die „Finsternis über dem Abgrund“ auf den Ursprungsort des Lichts, den Himmel, das Oben und Unten?
Was ist der Abgrund (die Tiefe)? Ist es nicht der Abgrund, der heute die Finsternis über die Welt zieht? Haben wir nicht den Himmel zum Abgrund gemacht, damit die Niedertracht kosmologisiert?
Was ihr auf Erden lösen werdet, wird auch im Himmel gelöst sein: Hat Einstein den Anfang gemacht zu diesem Lösen?
Nach Jer 4828 nistet die Taube „am Rande des Abgrunds“ (so die Elberfelder Übersetzung, Zürcher Bibel: „jenseits des Abgrunds“, Buber: „inseits des Schrundenmunds“).
Ist der Begriff des Abgrunds nicht ein logischer und ein sinnlicher Begriff zugleich, bezeichnet er nicht (wie der Begriff des Falls, auf den er sich bezieht) einen logischen Sachverhalt (wie der Begriff des Grundes) und eine sinnliche Qualität (wie die Farbe rot)? -
8.2.1997
Im Begriff des Endes der Offenbarung steckt auch ein politischer, ein herrschaftsgeschichtlicher Sachverhalt.
Ist die kasuistische Auslegung der Thora (z.B. der Sklavengesetze) nicht anachronistisch? Ist aus dem Wort „hebräische Sklaven“ wirklich herauszulesen, daß andere, „nicht-hebräische“ Sklaven nicht unter die Sabbatjahr-Regelung fallen? Gilt die Kasuistik nicht erst in einer Welt, die „alles (ist), was der Fall ist“?
Hat nicht die Sklavenbefreiung im Sabbatjahr etwas mit der Utopie der Befreiung Israels aus der babylonischen Gefangenschaft zu tun?
Ist das Feuer, das Jesus vom Himmel holen wollte, und er wollte, es brennte schon, das Feuer der Barmherzigkeit: das Gericht über das gnadenlose Weltgericht?
Ödipuskomplex: Der Sohn, der die Mutter heiraten will, will die Erinnerung ihres Angesichts löschen. Die Suche nach der verlorenen Zeit, ist das nicht die Suche nach dem verlorenen Angesicht?
Das Bilderverbot entzieht dem Nationalismus den logischen Grund. Und der Kampf gegen die Idolatrie ist der Kampf gegen die Wurzeln des Nationalismus: gegen das Tier und gegen die Einheit der Welt. Der Hegel’schen Logik und der Idee des Absoluten, die eigentlich nur die Reprise der Logik ist, ist der Nationalismus einbeschrieben.
Judas, die Salbung Jesu und das Geld: Die Schätzung des Geldes, die daran sich orientiert, was man mit Geld alles machen kann, gründet in der Privatsphäre, in der das Geld allein als Mittel des Konsums und als unschuldiger Anteil an der Herrschaft über andere und über die Güter der Welt wahrgenommen wird, als Verfügungsmacht. An dieses Konstrukt knüpft das Evangelium den Verrat. Ist es nicht das gleiche Konstrukt, das heute unter dem Stichwort Privatisierung seinen Beitrag zur Verrottung des längst abgestorbenen und gleichwohl weiterbestehenden Staates leistet?
Die Relativitätstheorien Einsteins: der Sabbat der Physik?
Die Allmachtsphantasien der Verwaltung stehen in einem logischen Zusammenhang mit den Exkulpationsstrategien, die das Verwaltungshandeln determinieren und beherrschen. Entscheidend ist, so zu handeln, daß niemand verantwortlich gemacht werden kann für das, was er tut. Darin gleichen die Regeln und Gesetze, die das Verwaltungshandeln bestimmen, der Unwiderlegbarkeit, die die Hegel’sche Logik auszeichnet. Der gleiche Mechanismus beherrscht und dirigiert die Entfaltung der Naturwissenschaften.
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