Last und Joch: Eine Differenzierung im Begriff des Begriffs. Wie hängen Last und Joch mit Hören und Sehen zusammen (mit Wort und Schrift)?
Zur Prophetie gibt es nur zwei Positionen: Man ist entweder selbst Prophet, oder man wird zu ihrem Objekt. Die gegenständliche, historische Beziehung zur Prophetie führt in einen logischen Zwang, durch den man selber zum bewußtlosen (zum blinden und lahmen) Objekt der Prophetie wird.
Von den biblischen Opfertieren ist das Rind in den Kernbestand der Evangelien nicht mit eingegangen, während Lamm und Taube zu innertrinitarischen Symbolen, zu Symbolen des Sohnes und des Geistes, geworden sind (die Erstgeburt des Menschen wird durchs Opfer des Lammes, nur bei den Armen durch das Opfer der Taube ausgelöst; nach Mt und Mk treibt Jesus die Wechsler und die Taubenverkäufer, nur nach Joh auch die Verkäufer von Ochsen und Schafen aus dem Tempel).
Ist nicht die Geschichte vom reichen Jüngling eine parakletische Geschichte? Die Aufgabe des Reichtums sollte er nicht nur für den Moment den Armen helfen (Maurer: „die Urgemeinde ist am Kommunismus gescheitert“), sondern die Ursache der Armut, ihren Zusammenhang mit dem Reichtum, reflexionsfähig machen.
Es ist so leicht, die Worte Jesu durch Übersetzung in den Indikativ unsinnig und die Nachfolge unmöglich erscheinen zu lassen.
Eine Sprache, die nur Imperfekt und Perfekt kennt, kennt eigentlich keine (abgeschlossene) Vergangenheit, sie kennt insbesondere keine Herrschaftslogik, die den Sprechenden selber in die Vergangenheit versetzt und als Ersatz das Präsens (eine in die Vergangenheit eingetauchte Gegenwart) braucht. Realsymbol dieser Herrschaftslogik in der Schrift ist das Sklavenhaus Ägypten, dann die babylonische Gefangenschaft.
Die Verlagerung des Perfekt in die Vergangenheit begründet die Ontologie. Zugleich wird die Erinnerung an die Zukunft (und mit ihr der Kern der theologischen Tradition) ausgeschieden.
Die Trinitätslehre entlastet die Theologie von der Last der Apokalypse, der Parusie-Erwartung.
Schuldverschubsystem: Heute wird das Wort Goethes noch überboten: Wir lassen nicht mehr nur die Armen, sondern auch die Opfer schuldig werden: So werden sie wirklich zu Vertretern des Gekreuzigten. (Die Vergebungsbereitschaft der Kirche geht heute soweit, daß sie auch den Juden Auschwitz vergeben würde, wenn sie ihre Halsstarrigkeit aufgeben und die immer ausgestreckte Hand der Versöhnung endlich ergreifen würden.)
Der Versuch, die ganze Mikrophysik aus der speziellen Relativitätstheorie, aus dem Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, abzuleiten, hatte bereits als bewußtloses Modell die Vorstellung, daß die Wahrheit der Trinitätslehre erst in ihrer Konfrontation mit der jüdischen Tradition hervortreten wird. War nicht die Physik Einsteins in der Tat, nur anders als es die Vertreter der „Deutschen Physik“ sich vorstellten, eine „jüdische Physik“?
Die Welt ist (wie auch ihre Emanationen) die Totalität des Feigenblattes.
Was in der Trinitätslehre mit Gott begonnen hat und über die Welt fortgesetzt wurde, die Gewalt der Vergegenständlichung, ergreift am Ende unser Herz (das Herz der Kirche).
Einstein
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17.8.1995
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9.8.1995
Die Bewußtseinsgeschichte ist in die politische Geschichte eingebunden: Bezieht sich nicht die große Prophetie auf die Geschichte des Ursprungs der (assyrischen und babylonischen) Großreiche? Die Verinnerlichung des Opfers (und das Ende der Prophetie) ist ein Teil des politisch determinierten Ursprungs des Weltbegriffs.
Bekenntnisfragen sind Machtfragen. Deshalb ist Überzeugen unfruchtbar.
Doppelbedeutung des Seins (und Doppelbedeutung des Sinns, die in der des Seins begründet ist): Die verandernde Kraft des Wörtchens „ist“ gründet darin, daß es das An-sich zu einem Für-mich macht; und das läuft über das Prädikat und den Begriff: seine Eigenschaften machen das Ding (so wie der Begriff das Objekt) verfügbar.
Wenn der speziellen Relativitätstheorie zufolge die Zeit richtungsbezogen ist, wären dann nicht drei (sich wechselseitig durchdringende) Chronologien anzusetzen: durchsetzt mit katastrophischen Zeitbrüchen? Bezieht sich nicht die Geschichte der drei Leugnungen auf diese Zeitbrüche?
Die subjektiven Formen der Anschauung sind Formen der Selbstzerstörung ihrer eigenen Grundlagen: die Form der äußeren Anschauung zerstört das Licht und das Sehen, die der inneren Anschauung die Erinnerung. Beide sind Produkte der Instrumentalisierung des Todes (der Opfertheologie).
Ist nicht die Opfertheologie der Greuel am heiligen Ort (und das Substantiv ein Produkt der Opfertheologie)?
Hängt nicht der Begriff der Allseitigkeit in der marxistischen Tradition mit der Herrschaft des Tauschparadigmas zusammen?
Es gibt keine Verwaltung ohne Kollektivschuld. Die Kollektivschuld ist das Subjekt-Objekt der Verwaltung.
Der Unterschied zwischen Himmel und Erde und der Welt drückt sich auch in ihrer Beziehung zur Schöpfungsvorstellung aus: „Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde“. Der Schöpfungstheologie zufolge aber „hat Gott die Welt erschaffen“. Es ist der Unterschied zwischen Imperfekt und Perfekt.
Ziel des „Rechtsstaats“ ist nicht die Gerechtigkeit, sondern die Entsühnung der Welt: die Exkulpation der Bürger.
Wenn nicht Ham, sondern Kanaan vom Fluch wegen der Sünde Hams getroffen wird, ist das nicht das Urteil über die „freie Marktwirtschaft“, aber auf keinen Fall eine Begründung der Apartheid, des Rassismus? Hängt Kanaan mit Merkur und Hermes zusammen?
Der jüdische Tempel war das Haus des Namens Gottes: Rührt nicht die Idee des Heiligen an den Grund der Sprache, an den Grund ihrer Beziehung zur Logik der Schrift? In welcher Beziehung stehen die Ideen des Heiligen und des Ewigen?
Die Vertauschung von Genitiv und Dativ ist an bestimmte Konstellationen, insbesondere an ihre Verknüpfung mit bestimmten Präpositionen gebunden. Kann es sein, daß es hierbei um die Gewinnung eines Begriffs der Objektivität geht, die gegen Begründungsforderungen als immun sich erweist? Für die Medien spaltet die Sprache sich auf in das bloß feststellende, konstatierende Sein und die Meinung dazu. Die Meinung wird aber erst zur Meinung, wenn sie den Anspruch auf eingreifende Kraft leugnet. Die Meinung läßt die Dinge, wie sie sind. Die feststellende Gewalt der kommunikativen Wahrnehmung hebt die Veränderbarkeit (das Flüssige) nicht auf, sondern verdrängt sie bloß. Der Indikativ (die durch die ästhetische Grenze von den Dingen getrennte Sprache des Zuschauers) stabilisiert das Herrendenken, entzieht der Kritik den Boden. Die Trinitätslehre macht Gott zu einem ästhetischen Objekt.
Wenn die Sprache im Namen Gottes gründet, dann hat Gott in der Sprache uns sich selbst offenbart.
Die Ontologie ist die Leugnung der Idee des Heiligen und der des Ewigen zugleich. -
8.8.1995
Wie hängen Präpositionen mit der Deklination zusammen: Im Englischen werden Dativ und Genitiv allein mit Hilfe von Präpositionen (of und to) gebildet. Im Deutschen gibt es eine in der Regel streng definierte Bindung der Präpositionen an die Deklination (gleichsam eine orthogonale Beziehung beider).
Wer Genitiv und Dativ vertauscht, kann rechts und links nicht unterscheiden.
Sind nicht die Deklinationsformen und die Präpositionen ein sprachlicher Reflex der Entfaltung der Raumvorstellung?
Erinnert der „Zeitbruch“ nicht an die Einsteinsche Zeitdilatation: an den Zeitbruch zwischen den getrennten Dimensionen des Raumes. Ist nicht die Orthogonalität Ausdruck des Zeitbruchs?
Zum Begriff der Scham: In den Formen der Anschauung, in der Abstraktion vom Gegenblick, setzt der Gegenblick, der Blick des Andern, sich durch. Im Anschauen erkennen wir, daß wir nackt sind. Ist nicht die Abstraktion vom Gegenblick die Abstraktion vom Angesicht?
Im Deutschen werden beim bestimmten Artikel im Femininum Genitiv und Dativ (die beide dem Nominativ mask. entsprechen) nicht unterschieden, im Plural, das sonst dem Femininum nachgebildet ist, wird beim Genitiv der Nominativ, beim Dativ der Akkusativ mask. verwendet. Im Plural werden die Geschlechter nicht unterschieden (im Hebräischen hingegen gibt es ein männliches und ein weibliches Plural).
Ist beim Dativ nicht die Ambivalenz festzuhalten: die Unterscheidung von Geschenk und Tribut (das einzig legitime Objekt der Barmherzigkeit ist der Arme, nicht der Herr).
Im Hebräischen ist der bestimmte Artikel (der dem Nomen als Suffix angehängt und nicht dekliniert wird) identischen mit Ausdruck des Lachens.
Hängt die Bedeutung der Zahl 10 mit dem Zehnten, dem Tribut, zusammen (der erstmals in der Begegnung Abrahams mit Melchisedech auftaucht)? -
6.8.1995
Die Sklaverei ist eine Vorstufe des Handels und der Geldwirtschaft. Die ersten Waren waren die bei Eroberungen erbeuteten Gefangenen. Zur Schöpfung gehört die Folge von Katastrophe und Rettung, erst das Christentum war die Rettung als Katastrophe. Zur Kritik des Tauschprinzips: Der Faschismus verweist auf ein ungelöstes Problem in der Marxschen Kapitalismuskritik. Die Identität des Objekts gründet in der Identität des Vergangenen: Das Wasser unter dem Himmel sammle sich an einem Ort, daß das Trockene sichtbar werde (Gen 19). – Aber verweist nicht die Einsteinsche Zeitdilatation, die auf die Richtungen im Raum getrennt sich bezieht, darauf, daß es diese Identität des Vergangenen nicht gibt? Die Zeitdilatation bezieht sich auf die Grenze zu einer Vergangenheit, die insgesamt nicht ist: auf das Moment des Nichtseins an der Vergangenheit. Zum Begriff des Gesetzes (des Inertialsystems): Verweist nicht die Gesetzesbindung der Verwaltung darauf, daß auch die Verwaltung eine Art Gericht ist: ein Standgericht, das seine Urteile unmittelbar vollstreckt? Die hoheitliche Tätigkeit des Beamten, deren Modell die Tätigkeit der Polizei ist, bezeichnet den Anteil der Verwaltung an einer richtenden Tätigkeit, zu der es in der Regel keine Verteidigungsmöglichkeit mehr gibt. Verwaltungsgerichte sind Revisionsgerichte. Für die einen ist das Recht ein Mittel der Selbsterhaltung, ein Instrument der Berechenbarkeit und Beherrschung gesellschaftlicher Prozesse, für die anderen ist es bloß Schicksal. Durch die Naturschutzmaßnahmen im Mönchbruch werden auch Handlungen als Vergehen definiert, die nicht die Natur, sondern nur die Allmachtsphantasien und das Gesetzesverständnis der Verwaltung berühren. Haben die Israeliten in den Geschichten der Eroberung Kanaans vielleicht erlittene Erfahrungen als eigene Handlungen beschrieben, um so diese Erfahrungen bearbeiten zu können? Ist nicht die ganze Schrift Erinnerungsarbeit (und kein normativer Text)? Sind die „drei Abmessungen“ des Raumes (wie Kant sie nannte) auf die Trinitätslehre versiegelt? Der Staat nimmt die Sünde der Welt hinweg: er erlaubt es seinen Bürgern, ihren Rachetrieb in der Justiz und in den Knästen auszuleben und nimmt die Schuld daran auf sich. So entsühnt er die Welt. Ding und deutsch: Wie hängt die Verdinglichung mit dem Nationalismus (in der Religion: mit dem Fundamentalismus) zusammen? Der Nationalismus ist (wie der Fundamentalismus) ein Schutz vor der Wahrnehmung der logischen Konsequenzen der Verdinglichung: ein Instrument der Verblendung. Ich bin gekommen, Feuer vom Himmel zu holen, und ich wollte, es brennte schon. Ist dieses Feuer das Symbol des Gegenblicks, das die Formen der Anschauung durchbrechende Element (das Feuer im hebräischen Namen des Himmels)? Und ist dieses Feuer die Verkörperung des „Wer“ (und das Wasser die des „Was“)? Und sind nicht die Formen der Anschauungen die logischen Formen des Deiktischen (der Grund des Heideggerschen „Daseins“)? War die Heinsohnsche Revision der Chronologie nur möglich bei gleichzeitiger Abstraktion von der Bedeutung dieser Revision für die Gegenwart? Das heißt: War sie nur möglich unter den Bedingungen des Konkretismus („Venus-Katastrophe“)? Wie hängt im christlichen Begriff der Liebe das passive, das Ich erweckende und konstituierende Element der Empfindung mit dem aktiven Element der tätigen Liebe (der Barmherzigkeit) zusammen? Liegt nicht dazwischen die Passion und Auferstehung? Zu Ez 412ff: Zu den Attributen der Hölle gehörte in der christlichen Tradition immer auch der Gestank. Der Gestank destruiert und vertreibt die Erinnerung. Haben das Riechen und der Geruch (die göttliche Wahrnehmung der Gebete der Heiligen) etwas mit dem ruach zu tun? Hängt nicht die Beziehung von Kot und Geld mit dieser die Erinnerung destruierenden und vertreibenden Gewalt zusammen? Steckt in der Menschenkot-Stelle bei Ezechiel nicht auch noch die Beziehung zur Geschichte des Opfers: zur Ablösung der Erstgeburt des Menschen durch das Rind (nicht der Armen: die wird ausgelöst durch die Taube, die dann zum Symbol des Heiligen Geistes geworden ist)? Das Exil hat den genealogischen und kollektiven Schuldzusammenhang gesprengt, die Verantwortung individualisiert. Der gesprengte Schuldzusammenhang reproduziert sich im Kontext des „dixi et salvavi animam meam“: Die individualisierte Verantwortung ist auf das Ganze bezogen. Gründet nicht die Kommunikationstheorie in der Trennung der Sprache von ihrer erkennenden Kraft, in der Aufzehrung ihres eigenen Grundes? Das war erst möglich im Banne einer vom Neutrum beherrschten Sprachlogik. Ist nicht die Hegelsche Philosophie, wie an der Dialektik von Herr und Knecht in der Phänomenologie des Geistes nachzuweisen wäre, „kanaanäisch“ (Gen 925)? In der Marxschen Transformation der Hegelschen Dialektik drückt sich das im Paradigma des Tauschprinzips aus. Vergewaltigung: Ist nicht die Orthodoxie (das Dogma, das Bischofsamt und das kirchliche Lehramt) eine Verletzung des Rates der Keuschheit, die auch durchs Zölibat nicht aufzuheben ist?
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16.7.1995
Dieser mit Verbotsschildern durchsetzte Wald paßt zu den Joggern, die in ihm den verbissenen Kampf gegen die eigene Wahrnehmungsfähigkeit führen. Wenn der Wald von den „zuständigen“ Naturschutzbehörden in Schutzhaft genommen wird, werden nur noch Besucher zugelassen, die sich selbst freiwillig die Bedingungen der Isolationshaft (im Wald nichts hören, nichts sehen) auferlegen.
Woher kommt der Name Gutachten, und welche Funktion haben Gutachten in der verwalteten Welt?
Kritik der Bekenntnislogik: Die Theologie aus dem Bann der Urteilsform, des Indikativs, der Vergegenständlichung und des Begriffs: aus dem Kontext ihrer nationalistischen Verfügbarkeit befreien. Die Bekenntnislogik ist das Inertialsystem der Theologie.
Die Entdeckung der Winkelgeometrie und der Orthogonalität, des Gesetzes der Beziehungen der Dimensionen Raum, gehört zu den Voraussetzungen des Ursprungs der Philosophie, des philosophischen Beweisverfahrens und des philosophischen Begriffs der Objektivität und des Wissens. Über die Theologie, als Orthodoxie, ist sie dann in den kosmos noetikos eingedrungen, über die Theologie ist sie dann verinnerlicht worden. Die Orthogonalität, Prinzip der Erstarrung der Form des Raumes, ist das Modell des logischen Zangs, Grund eines Beweisverfahrens, das durch Verinnerlichung der Beziehung zu den anderen (der Herrschaftsbeziehung) des Zeugen zur Ermittlung der Wahrheit und der Erlangung des Wissens nicht mehr bedarf.
Das Problem des Zeugen (und der Orthogonalität) kehrt in der Theologie im Begriff des Opfers und im Namen des Märtyrers wieder (im theologischen Beweisverfahren nimmt der Märtyrer die Stelle des Zeugen im juristischen Beweisverfahren ein). Hier liegt der Grund der kirchlichen Opfertheologie, über die (wie im juristischen Verfahren über das Urteil und seine Beziehung zur Strafe) die Gemeinheit in den theologischen Wahrheitsbegriff eindringt. Das Bekenntnis und die Bekenntnislogik gründet in der Verinnerlichung des Opfers (der Altar wurde über den Reliquien der Märtyrer errichtet, vgl. Off 69).
Der Begriff der Materie bezeichnet die Narbe an der Stelle der Wunde, die mit der Vergegenständlichung des Opfers geschlagen worden ist.
Die Bekenntnislogik ist das Inertialsystem der Theologie, das Instrument ihrer Verdinglichung, das Instrument ihrer Übersetzung in den Indikativ (Grund des Dogmas).
Graffiti: Gezählt, gewogen und zu leicht befunden: Das Menetekel an der Wand ist das Symbol der Logik der Schrift, des Abstraktionsprozesses, der in den Naturwissenschaften sich vollendet: In der Abstraktion von der Schwere. Wie das Tauschprinzip von der Schuldknechtschaft abstrahiert, so das Trägheitsprinzip von der Schwere. Beide Abstraktionen gründen in der Verwechslung von Joch und Last (das theologische Äquivalent dieser Abstraktion ist die Opfertheologie, die opfetheologische Vergegenständlichung des Kreuzestodes). In den Naturwissenschaften wurde dieser Abstraktionsprozeß von Newton, mit der Formulierung des Gravitationsgesetzes und der dynamischen Begründung des kopernikanischen Systems, vollendet. Erst Einstein, und darin liegt die entscheidende Einsicht der Allgemeinen Relativitätstheorie, hat in der Trägheit das Moment der Schwere wiedererkannt. Die Anwendung des Doppler-Prinzips auf die Rotverschiebung in den Spektren der Sterne und deren Abhängigkeit von der Entfernung und die kosmologischen Folgetheorien (vom Urknall bis zu den Schwarzen Löchern) dienen allesamt der Legitimierung der Trennung von Trägheit und Schwere, der Stabilisierung des Inertialsystems.
Die Gotteserkenntnis unterscheidet sich vom Bekenntnis wie der Imperativ vom Indikativ, oder wie das Im Angesicht vom Hinter dem Rücken, der Name vom Begriff (die Schwere von der Trägheit?). -
2.7.1995
Die Selbsterzeugung des Objekts im Schuldverschubsystem ist ein Produkt des Rechtfertigungszwangs, unter dem heute alles steht. Ihr erstes Produkt war die Opfertheologie. Die Gewalt der Bindung der Theologie an Trinitätslehre und Opfertheologie gründet in deren exkulpativem Effekt (Zusammenhalt durch den Außendruck der verdrängten Schuld). Hier gründet der Stellenwert und die Funktion des Begriffs des Scheins in der Hegelschen Logik (List der Vernunft).
Das grammatische Präsens der indogermanischen Sprachen bezeichnet genau das gegenständliche Korrelat des projektiven Denkens.
Wie haben die alten Völker sich selbst genannt, wie wurden sie von andern genannt (vgl. Israeliten/Hebräer)?
Die Ontologie ist das Instrument der Zerstörung der Sprache, die Ethik die Basis ihrer Rekonstruktion.
Zum Kelchsymbol: Der göttliche Zorn ist die Außenseite des Leuchtens Seines Angesichts (die Schrift die Außenseite Seiner Stimme).
Die Schrift verhält sich zur Sprache wie das Inertialsystem zur Natur; die Schrift veräumlicht die Zeit, sie verwandelt das Nacheinander in ein Nebeneinander, das Inertialsystem verzeitlicht den Raum, es verwandelt das Nebeneinander in ein Nacheinander. Die Schrift begründet die Welt, das Inertialsystem die Natur. (Die hebräische Schrift entwindet sich dieser ihrer eigenen Logik, deshalb heißt sie die „hebräische“.)
Der Nachweis, daß die angeblich friedliche Nutzung der Atomenergie seit je in das vorrangige Konzept der militärische Nutzung mit eingebunden war, an ihm sich orientierte, ist leicht zu führen. Ohne diesen Hintergrund wären die Nebenfolgen und die Risiken der atomaren Energieerzeugung (die schon im Anfang auch für Laien erkennbar waren) nie tolerabel gewesen. Der politische Druck unter dem Eindruck des faschistischen Kriegs und dann des kalten Krieges hat das näher liegende Ziel der theoretischen Rekonstruktion der Gründe der Mikrophysik durch Reflexion des Inertialsystems nach Entdeckung des Prinzips der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ausgeblendet und verstellt: Ausgeblendet wurde insbesondere die Reflexion auf den Zusammenhang des Inertialsystems mit dem Kontinuum und der Logik der Instrumentalisierung der Natur. Die „Kopenhagener Schule“, die dann gegen die Einsteinsche Intention sich durchgesetzt hat, hat der Reflexion auf den Zusammenhang von Naturerkenntnis und Naturbeherrschung in der Physik selber, die die Einsteinsche Erkenntnis eröffnet hatte, den Weg versperrt. Sie hat den Erkenntnisprozeß erneut unters Joch der Naturbeherrschung gebeugt, jede Erinnerung an eine Alternative wütend abgewehrt. Sie hat die Physik vor die Wand gejagt, an der sie sich heute den Kopf einrennt. Es ist die gleiche Wand, die mit dem Verzicht auf die Reflexion des Inertialsystems vor dem durchs Inertialsystem präformierten (und präjudizierten) Naturverständnis sich aufrichtet.
Das Inertialsystem aber ist das Äquivalent der Bekenntnislogik. Die Reflexion des einen ist ohne die Reflexion der anderen nicht möglich. Beide gehören zum System der Herrschaftslogik, die nicht für sich, sondern nur im Kontext der wechselseitigen Reflexion der Elemente, aus denen sie hervorgeht, sich bestimmen läßt. -
25.6.1995
Anschauungen sind die Anschauungen anderer, die ich mir durchs Bekenntnis zueigen machen kann.
Beruht die Schwierigkeit der Texte Adornos nicht darin, daß sie nicht in die Flaschen der Anschauung sich abfüllen lassen? Ihr Begreifen hängt davon ab, ob der Funke überspringt oder nicht.
Anschauungen und Bekenntnisse sind Transformatoren, die das Feuer des Zorns in sein Anderssein: in Wut umwandeln. Die subjektiven Formen der Anschauung haben die Geschichte der Scheiterhaufen, die ein Teil der Bekenntnisgeschichte war, durch Verinnerlichung beendet.
Alle Anschauungen haben die subjektiven Formen der Anschauung zur Voraussetzung, sie gründen in der Unfähigkeit, sie zu reflektieren. Wenn die subjektiven Formen der Anschauung mit dem biblischen Symbol des Kelchs zusammenhängen, dann verweist der Begriff der Weltanschauung auf den Unzuchtsbecher.
Die spezielle Realitivitätstheorie rührt an die erkenntniskritische Seite der Naturwissenschaft, die allgemeine Relativitätstheorie rührt an den Grund ihrer Objektivität: an ihre theologische Seite.
Nur der Geist hat die Kraft, sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen und, wenn er alle ergreift, den Sumpf trockenzulegen.
Die Geschichte des Dogmas und ihr Produkt, der katholische Mythos, ist die Geschichte der Umformung des Glaubens in die Form des Wissens; die Beziehung zur Zukunft wird gelöscht, der Glaube unter die Vergangenheitsform subsumiert, sein Inhalt als Himmel, Hölle und Fegfeuer in den Raum projiziert. Diese Geschichte ist die der drei Leugnungen.
Wie hängt die Angewohnheit Kohls, in angespannten Situationen die Zunge zwischen die Lippen zu klemmen, mit den zusammengepreßten Lippen bei Politikern sonst zusammen? Die Geste erinnert die von Kindern, wenn sie zu Beginn ihr Schullaufbahn das Schreiben üben.
In einem Brief an seine Frau (Wie Efeu an der Mauer, S. 345) beschreibt Huidobro, wie er zum erstenmal nach über zehn Jahren mit einem anderen, auch eine „Geisel“, zusammen in einer Zelle ist. Er beschreibt es, indem er von den zwei Paar zerschlissenen Schuhen erzählt, die er beim Erwachen morgens vor seinem Bett vorfindet. Das Ergreifende dieser Situation ist, daß die Dinge anfangen zu erzählen, weil sich die Menschen – nach so langer Einsamkeit – noch zu fern sind, um anderen von sich schon erzählen zu können (oder das eigene Leiden noch zu nahe ist; deshalb erbarmen sich die Schuhe und beginnen zu erzählen). Ist der Gedanke so abwegig, daß heute ein ganzes Land, seine Städte und die Wohnungen in diesen Städten nach Kriterien eingerichtet werden, deren Zweck es zu sein scheint zu verhindern, daß die Dinge sich erbarmen und anfangen zu erzählen? Tot ist, wer sich nicht mehr erbarmt.
Die moderne Definition der Wahrheit als Übereinstimmung von Begriff und Gegenstand macht die Beweisbarkeit zum Kriterium der Wahrheit.
Der „prinzipielle Ideologieverdacht“ gegen die Autorität des Leidens ist ein Instrument zur Absicherung des modernen Wahrheitsbegriffs. Wahrheit als Übereinstimmung von Begriff und Gegenstand abstrahiert von der Gewalt, genauer: Gewalt ist der blinde Fleck dieser Definition.
Wenn – ihren Aussagen vor den Ermittlungsbehörden zufolge – keiner der GSG-9-Beamten in Bad Kleinen gesehen hat, daß Wolfgang Grams sich erschossen hat, so ist das fast schon der Beweis, daß es sich nicht um Selbstmord handeln kann: Die Beamten kennen die Folgen einer Falschaussage, deren Widerlegung sie offensichtlich für möglich, wenn nicht für wahrscheinlich halten; deshalb berufen sie sich aufs Nichtgesehenhaben.
Ist nicht der Jesaias-Satz
„Ich, der Herr, und keiner sonst, der ich das Licht bilde und die Finsternis schaffe, der ich Heil wirke und Unheil schaffe, ich bin’s, der Herr, der dies alles wirkt“ (457)
eine Erläuterung des Schöpfungsberichts, seines Rhythmus von Katastrophe und Rettung (die hier vor der Katastrophe genannt wird, wenngleich die Schöpfungsfolge genau umgekehrt ist)? Wirft dieser Satz nicht ein Licht auf die geschaffenen Dinge (Himmel und Erde, die großen Seetiere und schließlich die Menschen), die zunächst als Katastrophen sich erweisen? Verweist das bara generell auf katastrophische Vorgänge (auf etwas zu Rettendes)?
Kann es sein, daß in dem „wüst und leer“, „Finsternis über dem Abgrund“ und dem „Geist Gottes über den Wassern“ die dreifache Schöpfung des Menschen (als Ebenbild Gottes, als Sein Bild, als Mann und Weib) sich anzeigt, daß in dieser jene sich spiegeln? Und heißt es deshalb, daß der Mensch aus Erde gemacht ist (aus dem Staub, den die Schlange frißt)?
Die Totalitätsbegriffe (Wissen, Natur und Welt) sind die Reste des durchschlagenen Knotens, den es zu lösen gilt. Die Zeit der Harmonisierung ist vorbei. Gilt nicht das gleiche auch für die Trinitätslehre, ist nicht auch sie der zerschlagene Knoten, den es zu lösen gilt (wurde nicht der Knoten durch Übersetzung des Imperativs in den Indikativ, durch Übersetzung der Offenbarung vom Hebräischen ins Griechische, zerschlagen)?
Theologie wird zur Theologie im Angesicht Gottes, wenn man begreift, daß die Attribute Gottes nicht im Indikativ, sondern im Imperativ stehen. Und Gott suchen heißt: diesen Imperativ endlich hören zu lernen (Heute, wenn ihr Seine Stimme hört).
Die Theodizee fällt unter das erkenntnistheoretische Problem der kontrafaktischen Urteile, das Problem, das in Vergegenständlichung des Vergangenen und in der Konstituierung der Geschichte steckt. (Zweck der modernen Wahrheitsdefinition ist es u.a., das Vergangene in die Vergangenheit einzusperren.)
Die Kritik der Verdinglichung affiziert sowohl den Begriff der Vergangenheit als auch den der Natur.
Wenn das Wahre der bacchantische Taumel ist, in dem kein Glied nicht trunken ist, dann ist diese Trunkenheit ein logischer Ausfluß der subjektiven Formen der Anschauung (des Kelches).
Die Theologie hinter dem Rücken Gottes hat die Religion zur Religion für andere, zum Herrschaftsinstrument gemacht. In dieser Konstellation gründet die tiefe Zweideutigkeit der Trinitätslehre, gegen die der Satz von der Sünde wider den Heiligen Geist gerichtet ist.
Die Übersetzung des Indikativs in den Imperativ führt direkt in das Levinassche Konstrukt (mein Verhältnis zum Angesicht des Andern und die Beziehung beider zum „Dritten“), während der Indikativ auf die durch Herrschaft vermittelte Distanz zum Objekt sich bezieht: auf den historischen Objektivationsprozeß.
War nicht die Lichtmetaphysik einmal der Versuch, den Baum des Lebens zu rekonstruieren, der seine Wurzeln im Himmel hat und dessen Krone den Trieb in sich hat, auf der Erde sich auszubreiten?
Die Übersetzung des Begriffs der omnipotentia mit Allmacht ist nicht korrekt, genauer wäre der Begriff des Allesvermögenden. Darauf verweist der Satz, wonach bei Gott kein Ding unmöglich ist. Erst unsere Allmacht hat die potentia von ihrem Sprachgrund getrennt. Erst dadurch ist sie böse geworden (islamisch-christlicher Ursprung des modernen Machtbegriffs). Allesvermögend ist der Retter, der Erlöser, allmächtig, aber das auch nur seinem eigenen verblendeten Bewußtsein nach, ist der faschistische Diktator. Der Preis der Allmacht ist die Paranoia.
Haben das apokalyptische Tier aus dem Meere etwas mit den großen Seetieren (den Symbolen der Macht) und das Tier vom Lande etwas mit der Schlange in der Paradieses- und Sündenfallgeschichte (Modell des falschen Propheten) zu tun?
Die memoria passionis, die das unabgegoltene Leiden der Geschichte nicht vergessen kann, sprengt den Bann des Vergangenen, sie verweigert sich der „Versöhnung über den Gräbern“.
Der Kreuzestod war die Katastrophe, zu der die Rettung noch aussteht; und die Geschichte des Christentums ist die Geschichte der descensio ad inferos.
Religion für andere, das ist das genaue Gegenteil einer Utopie, in der keiner mehr den andern belehren wird, weil alle Gott erkennen (vgl. Jer 3134).
Ist nicht die Kirche unfähig geworden, in der Prophetie auch das Gericht über sich selbst zu begreifen?
Erinnert nicht das Brumliksche „Ausdrucksgeschehen im Gesicht eines anderen“ an eine Videoaufnahme, die Objektivation eines nicht Objektivierbaren, die Übersetzung eines Imperativs in den Indikativ, das Gegenteil des Levinasschen Angesichts? -
23.5.1995
Prozeß gegen Birgit Hogefeld: Auf die Frage der Verteidigerin nach dem Grund der erneuten Festnahme einer Prozeßbesucherin, erklärt der Vorsitzende Richter (Dr. Schieferstein) erkennbar wütend und mit aggressiver Lautstärke: „Damit habe ich nichts zu tun“. Die Art seiner Reaktion weist darauf hin, daß er den Vorgang sehr wohl kennt und offensichtlich doch etwas damit zu tun hat (die Anfrage der Verteidigerin hat ihn nicht überrascht, nur verärgert; deshalb seine gereizte Reaktion). Bei der Festnahme (am vergangenen Donnerstag, an ihrem Geburtstag!) hatten sich die Polizeibeamten auf eine „Anordnung des Vorsitzenden Richters“ berufen.
Synthetisches Urteil apriori: Wieder einmal erweist sich, daß nur die Verteidigung und die Angeklagte in diesem Prozeß souverän agieren (aber was bleibt ihnen auch anders übrig), während Bundesanwälte und Richter nur noch gereizt reagieren. Man hat das Gefühl einer Verhandlung beizuwohnen, in der die Beziehung des Gerichts zur Angeklagten auf den Kopf gestellt ist: Das Gericht verhält sich, als sei es selbst angeklagt, als müsse es sich fortwährend gegen Beschuldigungen wehren, die es nicht entkräften, sondern nur noch durch repressive Maßnahmen unterdrücken kann: Jede Erörterung der Fakten wird verweigert, ihr bloßes Lautwerden diskriminiert. So sieht sich das Gericht immer wieder gezwungen, den Grundsatz „In dubio pro reo“ für sich selbst geltend zu machen (aber in keinem Fall und um keinen Preis für die wirklich Angeklagte, die ohnehin, schon durch die Inszenierung des Verfahrens, vorverurteilt ist). – Das jedoch ist die zwangsläufige Folge davon, daß der Prozeß mit all seinen Begleiterscheinungen (zu denen auch die Nichtwahrnehmung durch die Medien gehört) objektiv als politischer Prozeß geführt wird: Die Angeklagte ist nicht nur Angeklagte, sie ist Feind; und die Besucher sind Parteigänger des Feindes, „Sympathisanten“, sie werden ausnahmslos wie potentielle Terroristen angesehen und behandelt (Empfang durch maschinenpistolenbewehrte Polizeibeamte und Hundeführer, im Eingang dann schikanöse, entwürdigende und diskriminierende Kontrollen, die demonstrieren, daß die Würde des Menschen im wörtlichen Sinne antastbar ist). Durch rigoros gehandhabte Sprachregelung jedoch soll um jeden Preis der Schein eines rechtsstaatlichen Verfahrens aufrechterhalten werden.
Wie es scheint, ist inzwischen zumindest ein Teil der Prozeßbesucher dem Gericht und der Polizei mit Namen bekannt (so wurde ein regelmäßiger Prozeßbesucher, der bisher weder mit dem Gericht noch mit der Polizei persönliche Berührung gehabt hat, von einem Polizeibeamten mit seinem Namen angesprochen; die Frage, woher er ihn kenne, wurde von dem Beamten nicht beantwortet). Einige Besucher wurden, nachdem sie vor dem Gerichtsaal festgenommen worden waren, erkennungsdienstlich behandelt; der Polizei im Gerichtsgebäude liegen Fotos dieser Prozeßbesucher vor (ob auch von anderen Prozeßbesuchern, war nicht erkennbar; aber die Größe des Packens ließ darauf schließen, daß weitere Fotos vorliegen).
Gründet nicht die merkwürdige, redundante Selbstbezeugung der subjektiven Formen der Anschauung („Ich und der Vater sind eins“) in ihrem Grundprinzip: in der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangeheit: so bezeugt sich Zukunft als vergangen?
Die Form des Raumes ist der gelungene (und zugleich neutralisierte) hieros gamos.
Werden die Zitate aus dem „Alten Testament“ in der Johannes-Apokalypse unverändert wiedergegeben, oder in der Formulierung oder durch den Zusammenhang verändert oder ergänzt (vgl. die vier apokalyptischen Reiter; das Buch, das der Seher ißt; der Himmel, der wie eine Buchrolle sich aufrollt; der Unzuchtsbecher; das Tier aus dem Meer und das Tier vom Lande u.ä.)?
Max Webers Unterscheidung von Verantwortungs- und Gesinnungsethik greift zu kurz: Selbstverständlich kann man mit Gesinnungen keine Sachzwänge aushebeln. Aber das heißt nicht, daß man Sachzwänge unreflektiert hinnehmen muß. Die Anerkennung von Sachzwängen schließt ihre Reflexion (und damit ihre Konfrontation mit anderen Notwendigkeiten, ihre Variabilität) nicht aus.
Nicht nur die Außenbeziehunger der Staaten erweisen sich als Naturverhältnisse. Über die Armut dringt die rohe Natur der Außenwelt ins Innere der Gesellschaft ein.
Die explosive Entwicklung des Militär- und Rüstungsbereichs, die in Wechselbeziehungen zu den sich ändernden Strukturen im Innern der Staaten steht, wird unterstützt und stabilisiert durch den irren Griff nach den Sternen und durch den ebenso irren Griff ins vorgebliche Innere der Materie.
Merkwürdige Beziehung des Prinzips der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit zu den kantischen Antinomien: Hier wird das Problem, ob die Ausdehnung des Raumes endlich oder unendlich ist, in der Längenkontraktion handgreiflich und auf neue Weise bestimmbar. Paradox die Konsequenzen hinsichtlich der Zeit: Die Zeitdilatation verlegt das Ende der Zeit in ihren Anfang. -
18.5.1995
Steht nicht der Strukturwandel der Öffentlichkeit in Abhängigkeit von der Geschichte der naturwissenschaftlichen Aufklärung?
Der Mensch lebt nicht vom Brot allein: Hat das Brot etwas mit der Schrift, mit der Alphabetisierung, zu tun? Was würde das für das Verständnis der Versuchungen Jesu, der „wunderbaren Brotvermehrungen“ oder auch des Brotbrechens (an dem die Jünger ihn erkannten) bedeuten?
Der Raum ist das sich auf sich selbst beziehende Anderssein.
Hängen nicht der Ursprung der Hilfsverben und die Verselbständigung der Personalpronomina mit der Geschichte des Ursprungs des Inertialsystems zusammen (und gibt es nicht erst eine Öffentlichkeit seit der Trennung von Sprache und Objekt)? Drückt nicht in dem Ursprung der Hilfsverben (des Seins, des Habens und des Werdens) die Gewalt der Hypostasierung des Raumes (die Gewalt des sich etablierenden Staates) sich aus?
Gottesfurcht ist etwas anderes als Angst. Alle Angst ist Todesangst (Verlassenheitsangst), und Herrenfurcht ist instrumentalisierte Angst.
Das kontrafaktische Urteil war immer schon auch ein Instrument der Verdunkelung, ein Teil des Schattens, den der Faschismus in seine eigene Vorgeschichte wirft. Kontrafaktische Urteile sind Ausdruck eines Rechtfertigungszwangs.
Heute gerät die Herrschaftsgeschichte in eine Engführung, die an der Logik der speziellen Relativitätstheorie sich demonstrieren läßt. -
9.5.1995
Steckt nicht in dem Satz aus der Dialektik der Aufklärung: „Die Distanz des Subjekts zum Objekt, Voraussetzung der Abstraktion, gründet in der Distanz, die der Herr durch den Beherrschten gewinnt“ (Neupublikation 1969, S. 19), die ganze Kritik des Inertialsystems und der Raumvorstellung? Die Distanz zum Objekt und die Beziehung des Herrn zum Beherrschten gründen in der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit. Ist nicht, was bei Kant Erinnerung heißt, eine in die Vergangenheit zurückprojizierte Planung?
Sind die Planeten Instrumente zur Austarierung des Zeitkontinuums (und damit auch des Inertialsystems: des dreidimensionalen Raumes)?
Das Menetekel: Gezählt, gewogen und zu leicht befunden, ist ein frühes Symbol des Inertialsystems (und jeder Ästhetik): der Abstraktion von der Schwerkraft.
Was haben Rind und Esel mit der Gravitation zu tun? Gibt es nicht auch eine astronomische Anwendung des Satzes vom Rind und Esel (auch ihrer Beziehung zum Opfer, zur Auslösung der Erstgeburt)? Sind nicht Sünde und Schuld die moralischen Äquivalente der Gravitation (und Objekt und Begriff Reflexe der Abstraktion von der Gravitation)?
Ist die Technik der Esel und die Ökonomie das Rind? Und ist nicht die Beziehung von Technik und Ökonomie (von äußerer und innergesellschaftlicher Naturbeherrschung) ein Schlüssel zur Lösung des Rätsels der Beziehung von Astronomie und Banken? Verweist nicht die Unterscheidung der Zentralbanken von den Geschäftsbanken und innerhalb der Geschäftsbanken die Unterscheidung von Depositen- und Kreditbanken auf den Grund der Dreidimensionalität des Raumes?
Was bedeutet eigentlich der Spruch „quod licet Jovi non licet bovi“?
War nicht die Astrologie so etwas wie das frühe Modell einer Regierung: mit Jupiter (Baal?) als Regierungschef, Mars (Nebu?) als Verteidigungsminister, Venus (Ischtar?) als Familienminister und Merkur als Handels- und Wirtschaftsminister; Saturn wäre dann der Finanzminister? Von den klassischen Ressorts fehlen (aus rekonstruierbaren Gründen) insbesondere der Außen- und der Justizminister.
Und ist nicht die Musik das Echo des Seufzens der Kreatur, das am Ende seinen Wiederhall in den Posaunen des Gerichts und den sieben Donnern finden wird? (Haben die sieben Donner etwas mit dem Brüllen JHWHs zu tun, oder auch damit, daß der Himmel am Ende wie eine Buchrolle sich aufrollen wird, und hängt es damit zusammen, daß ihre Botschaft nicht niedergeschrieben werden durfte?)
Der übermächtige Rachetrieb im Nachkriegsdeutschland, der die Politik, das Recht, aber auch die privaten Verhältnisse durchsetzt, gründet in den Racheängsten nach Auschwitz. Die Kollektivscham hat die Kollektivschuld nicht aufgelöst, sondern stabilisiert und zugleich verdrängt. Durch Transformation in die Kollektivscham ist die Kollektivschuld unauflösbar geworden.
Läßt sich nicht an dem Thalesschen „Alles ist Wasser“ die Beziehung von Selbstreflektion und Vergegenständlichung sich demonstrieren. Was bei Aristoteles aus diesem Satz geworden ist, ist bereits ein Produkt der Veranderung der Thalesschen Intention.
Den Positivismus aus dem Gesetz der doppelten Negation ableiten.
Im Begriff des Notwendigen bezeichnet die Not eher das Subjekt als das Objekt des Wendens.
Drückt nicht das Moment der Abwehr in der Habermasschen Philosophie aufs deutlichste in der Irrationalisierung der Mimesis (im Nachwort zur Neupublikation der Dialektik der Aufklärung) sich aus (hier prallt der Habermassche Gedanke von der Härte des unreflektierbar gewordenen Raumes ab)?
Newtons Theorie des absoluten Raumes war darin begründet, daß die Drehung des Raumes um eine seiner Achsen zwar die Form des Raumes, nicht aber die Bewegungen in ihm, unberührt läßt. Das Relativitätsprinzip gilt nur für Translationsbewegungen (für geradlinig gleichförmige Bewegungen), nicht für Rotationen. Ein ruhender Körper in einem um eine seiner Achse rotierenden Raum läßt sich von der Kreisbewegung eines Objekts in einem ruhenden Raum durch das Auftreten von Zentrifugalkräften (in denen die Inertialkräfte sich manifestieren) unterscheiden. Reale kreisförmige Bewegung (wie die Planetenbewegungen im kopernikanischen System) sind in einem Inertialsystem nur möglich, wenn die Zentrifugalkräfte durch Gegenkräfte aufgehoben werden, die nicht auf Inertialkräfte sich zurückführen lassen (wie z.B. die Gravitationskräfte). Noch verwickelter werden die Probleme im Falle der Anwendung des Inertialsystems auf das Licht: Die Erscheinung der Fortpflanzung des Lichts im Raume zieht zwangsläufig (und keineswegs nur empirisch) den ganzen Formalismus der Elektrodynamik und der Mikrophysik (einschließlich des Prinzips der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit und der Paradoxien der Mikrophysik) nach sich: Das Inertialsystem verwandelt die Welt in die Totalität dessen, was der Fall ist. -
8.5.1995
Die Grenzen zwischen Information, Unterhaltung und Reklame sind durchs Fernsehen fließend geworden.
Auch die Ontologie ist eine Ethik, allerdings im Banne des Selbsterhaltungsprinzips und der zum Schicksal hypostasierten Sachzwänge. Für den Zuschauer ist das Schicksal zur Unterhaltung geworden.
Sind nicht die Pflanzen aufs Licht und die Tiere auf den Sternenhimmel bezogen? So hängen der erste und der dritte, der vierte und der sechste Schöpfungstag zusammen. Aber wie verhält es sich dann mit dem zweiten und dem fünften Schöpfungstag, der Erschaffung der Feste des Himmels (und der Scheidung der oberen von den unteren Wassern) und der Erschaffung der großen Seetiere, der Fische und der Vögel des Himmels (U-Boot und Hai, Stuka und Adler)?
Heiligung des Gottesnamens: Kritik ist das Feuer, durch das der Begriff hindurch muß, um zum Namen geläutert zu werden. Kritik ist das sprachliche Äquivalent des Feuers.
Zu Hegels Dialektik von Herr und Knecht vgl.
– Ulrich Sonnemanns Hölderlin-Rezeption in seinem Essay über das „Land der unbegrenzten Zumutbarkeiten“ und
– die biblische Konstellation von aufgedeckter Blöße und Knechtschaft in der Gestalt des Ham.
Die Hegelsche Dialektik von Herr und Knecht bezieht sich auf den Prozeß der Vergesellschaftung von Herrschaft, nicht auf die Auflösung ihres Banns.
Zum Brechen des Brotes (an dem die Jünger Ihn in Emmaus erkannten) vgl.
– die symbolische Beziehung des Brotes zur Barmherzigkeit,
– die „wunderbaren Brotvermehrungen“ und
– das Eucharistiesymbol, das heute, in der vollends verdinglichten Welt, zu Protest geht.
Ist nicht die spezielle Relativitätstheorie (das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit) ein Beitrag zur Lösung des Rätsels der Physik, die allgemeine Relativitätstheorie hingegen ein Hinweis auf die Unmöglichkeit der Lösung: der realsymbolische Ausdruck der Unmöglichkeit der Lösung ist das Objekt dieser Theorie selber: die Schwere.
Gehören zu dieser „Unmöglichkeit“ nicht die Worte: „Weiche von mir Satan, deine Gedanken sind Menschen-, nicht Gottesgedanken“ (Mt 1622); „bei den Menschen ist dies unmöglich, bei Gott aber sind alle Dinge möglich“ (1926)? Ist das Objekt der Theologie heute nicht generell das Unmögliche eher als das, was Georg Lukacs einmal mit der Kategorie des objektiv Möglichen zu fassen versuchte: Nur wer die Last auf sich nimmt, befreit sich von ihr; aber ist nicht genau das das Unmögliche, auf das sich das Schriftwort bezieht?
Wie hängt der Schatten, über den niemand springen kann, mit der Schwere zusammen, die niemand aufheben kann? Vgl. Jes 457: „der ich das Licht bilde und die Finsternis schaffe, der ich Heil wirke und Unheil schaffe, ich bin’s, der Herr, der dies alles wirkt“.
Posaunen des jüngsten Gerichts: Edgar Morins Hinweis, daß die Musik im Film die bewegten Bildern aus ihrer flächenhaften Abstraktheit befreit, ihnen Leben, Tiefe und Gewicht verleiht, findet seine Ergänzung in einer Bemerkung Spenglers, wonach in der modernen („faustischen“) Kultur Musik die Stelle einnimmt, die in der antiken („apollinischen“) Welt die Statue einnahm. Wie der antike Tempel für die Statue, das Götterbild, gebaut wurde, so die moderne Kirche für die Musik, die sie erfüllen sollte. Hat nicht die Musik die Aufgabe übernommen, als Schutz vor dem horror vacui den leeren Raum (die Labor- und Experimentierwelt des newtonschen Kosmos) mit der Erinnerung an das aus ihm ausgeschlossene Leben zu erfüllen? – Welches Bedürfnis drückt in der allgegenwärtigen Musik heute sich aus, und vor allem: wie drückt dieses Bedürfnis in dieser Musik selber sich aus? Handelt es sich nicht erstmals um eine Musik, die nicht nur mehr den räumlichen, sondern auch den zeitlichen horror vacui vertreiben soll? (Seit wann gibt es den „Zeitvertreib“, das Wort und die Sache?) Welche Löcher müssen heute durch das allgegenwärtige Angebot an Unterhaltung gestopft werden?
Menetekel: Nimmt die Kunst wirklich dem Leben die Schwere? Gilt das „gezählt, gewogen und zu leicht befunden“ nicht für die der Ästhetik in jeder ihrer Manifestationen zugrunde liegenden Abstraktion von der Schwere (die die genetische Beziehung der Kunst zum Mythos begründet)? -
25.4.1995
Der Schlüssel ins Innere der Materie (die kein Inneres hat) ist das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit. Oder genauer: Übers Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit dringt die Scham ins Innere der Materie vor.
Apokalypse: Mit der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit kehrt die Zeit sich um: Rückt die Zukunft in den Ursprung und die Vergangenheit ans Ende. Die Bewegung, in der das Subjekt ans Ende einer endlosen Zeitreihe sich setzt, um die Zeit insgesamt ins Vergangene einzutauchen, ist das Korrelat der Vergegenständlichung der Natur. Ihr Reflex in der Naturerkenntnis ist das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit: die Zeitdilatation.
Ist das Feuer des brennenden Dornbuschs ein Symbol der Beziehung von Wort und Schrift? Und bezeichnet es nicht den Ursprung und die Bedeutung der Schrift im Kontext der Offenbarung?
Die Vergöttlichung Jesu gehört (wie auch die Opfertheologie) zur Logik einer Theologie hinter dem Rücken Gottes. Sie trennt die Nachfolge von ihrer Erfüllung in einer Theologie im Angesicht Gottes, die mit der Vergöttlichung Jesu ins Unerreichbare verrückt wird. Die große theologische Tradition, auch die Theologie des Paulus, war die objektivierende Erinnerung an eine Theologie im Angesicht Gottes und damit der Anfang einer Theologie hinter dem Rücken Gottes. Allein in dieser vergegenständlichenden Erinnerung erhält die Person Jesu anstelle seiner Tat diese ganz unangemessene Bedeutung.
Das griechische Wort, das in den Evangelien mit „Jünger“ übersetzt wird, ist mathaetaes, der Schüler (der Adressat der Lehre). Das Nachfolgegebot ist an die Jünger gerichtet. Von den Jüngern unterscheiden sich die Apostel als (durch ihre Erwählung vorausbestimmte) Zeugen der Auferstehung; die Apostel waren die Teilnehmer beim Abendmahl, bei der Kreuzigung haben sie Ihn verlassen und sind geflohen. Steht nicht Maria Magdalena, die von den sieben unreinen Geistern Befreite, im Zentrum des Apostolats?
Der Name repräsentiert die Stimme in dem Satz: „Heute, wenn ihr Seine Stimme hört“. Er lebt von der Kraft des Gebots: Er ist ein Imperativ, und widersetzt sich jedem Versuch, ihn in den Indikativ zu übersetzen. Sind nicht die Sternbilder an den Himmel versetzte Namen, und hängt nicht die Vorstellung von den „Heiligen im Himmel“ damit zusammen? Hängt nicht der katholische Jenseits-Mythos zusammen mit der Transsubstantiationslehre, mit der Geschichte der Eucharistielehre und deren Bedeutung für den Ursprung des Dingbegriffs? Gilt nicht (wie für die Eucharistie) auch für den Himmel, daß der Glaube ersetzt, was die Sinne nicht erkennen (ist nicht die kopernikanische Wende der Beginn eines Prozesses gegen den Himmel, in dem er schon zu Beginn zu lebenslanger Haft vorverurteilt wurde)?
Gibt es nicht eine den Juden und Christen gemeinsame Tradition, die auf beiden Seiten durch eine Logik verhext ist, deren Reflexion heute auf der Tagesordnung steht?
Kapitalismus-Kritik heute: Den Namen des Proletariats aus dem Gefängnis der klassifikatorischen Logik befreien: aber heißt das nicht, den Schub der Proletarisierung der Gesamtgesellschaft, die im Faschismus mündet, endlich begreifen.
In welchem Kontext steht das Wort von Rind und Esel im Dt?
Ist nicht im Christentum das Wort, daß die Erstgeburt des Esels durch ein Lamm auszulösen ist, bis heute unverstanden geblieben? Kann es sein, daß Rind und Esel verwechselt wurden und an die Stelle des Esels das Rind gerückt wurde? Diese Verschiebung läßt als zwangsläufige Folge der Rezeption des Weltbegriffs in der Theologie (der Trennung von Joh 129 vom Nachfolgegebot) sich begreifen.
Die Theologie hinter dem Rücken Gottes gehorcht einer Logik, die als Bekenntnislogik zu dechiffrieren wäre. Ähnlich hat die Natur hinter dem Rücken der Schöpfung und der Staat hinter dem Rücken der Armen sich etabliert.
Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie