Wenn das „natürliche Sittengesetz“ (vgl. Z. 1958f) unveränderlich ist (und das unterstellt schon das Adjektiv „natürlich“), dann ist Erlösung unmöglich: dann gibt es zum Staat und zu dieser Welt keine Alternative.
Z. 1968: „So hat er das Kommen Christi vorbereitet“: Klingt das nicht eher nach dem Organisationskonzept einer Konzertagentur, als nach einem Akt der göttlichen Vorsehung?
Was heißt es eigentlich, daß „der Menschensohn auch Herr über den Sabbat“ ist (Mk 228)?
Z. 2302: „Zorn ist ein Verlangen nach Rache“. Diese Definition ist nicht nur falsch, sie ist antisemitisch. Sie unterschlägt die Differenz zwischen Wut und Zorn und die Beziehung des Zorns zur Liebe.
Zum Titel „Friede“ (Z. 2302ff): Es gibt auch objektive Verhältnisse, die von denen, die deren Opfer sind, als Rachewunsch, als Haß, erfahren werden. Nicht immer (und heute weniger denn je) hängen Friede und Gerechtigkeit von personalisierbarem guten Willen ab. Das „sie wissen nicht, was sie tun“ hat heute eine beängstigende Aktualität (im Staat wie in den Kirchen); sie wird umso beängstigender, je mehr sie geleugnet wird.
Der Lieblosigkeit der Ausführungen über die Liebe entspricht die Einsichtslosigkeit in die Verstrickungen auch der Kirche in den gesellschaftlichen Prozeß. Das Gegenmittel wäre zu entwickeln aus dem achten Gebot: Das „Du sollst kein falsches Zeugnis geben wider deinen Nächsten“ ist im Prozeß der Verweltlichung der Welt zu einem Erkenntnisprinzip, zu einem Teil der Idee der Wahrheit selber, geworden: das einzige Mittel zur Auflösung des Banns. Erkenntniskritik ist zu einem Mittel geworden, der Gesetzmäßigkeit der Lüge auf die Spur zu kommen.
Die „Reinheit des Herzens“ (Z. 2518ff) hat mit der Übernahme der Sünden der Welt (und mit Herrschaftskritik) zu tun, während der affirmative Gebrauch des Weltbegriffs die Idee der Reinheit des Herzens zur Unkenntlichkeit entstellt, wenn er – durch die Logik des Weltbegriffs – sie als einen Begriff der Sexualmoral zu begreifen gezwungen ist (die kirchliche Sexualmoral konnte die entsetzliche historische Bedeutung nur gewinnen, nachdem mit der Idee einer „Entsühnung der Welt“ die Welt und mit ihr ihr Daseinsgrund: die Institutionen der Herrschaft, der Kritik entzogen wurden; zwangshaft reproduziert deshalb der neue „Welt“-Katechismus das autoritäre Syndrom).
Der Eindruck, daß der Katechismus nur lieblos von der Liebe, von der Sexualität, von der „Natur des Menschen“ – um von dem eigentlich theologischen Bereich zu schweigen – redet, hängt mit dem ungeklärten Weltbegriff zusammen.
Diese Katechismus erinnert nicht zufällig an die Trümmerlandschaften nach dem Kriege.
Der Katechismus ersetzt die benennende Kraft der Sprache durch ihren Schein: die ernennende Gewalt der Autorität (ähnlich wie er die erkennende Kraft des Namens durch die bekennende Gewalt aller über alle ersetzt). Der Name des Goebbelsschen Ministeriums („Propaganda“) ist nicht zufällig kirchlichen Ursprungs. Die hierbei von der Kirche benutzte tabuisierende Gewalt des Begriffs des Heiligen, die selber bereits antijudaistisch war, ließ sich dann über das beliebig anzuheizende, Mordlust erzeugende Grauen vor den „Juden“ antisemitisch instrumentalisieren.
Natur als Inbegriff des Andersseins ist durch den Tod vermittelt (Grund der „Todesangst“ von Getsemane: der Schweiß des Angesichts aus Gen 319 wird hier zu Schweiß und Blut).
Die Begriffe Natur und Materie sind ohne Antisemitismus, Fremden- und Frauenfeindschaft nicht zu halten.
Kommt der unsäglich erbauliche Ton (Verletzung der biblischen „Nüchternheit“) nicht daher, daß die an sich prophetische Wahrheit in die indikativische Dingsprache zurückübersetzt wird (Grund des Dogmatismus)? Durch den Indikativ wird das, was (wie die Idee des Ewigen) jeder Vergangenheit sich entzieht, unter die Vergangenheit subsumiert, ihrem Gesetz unterworfen, damit aber neutralisiert und entmächtigt. (Vgl. Mt 2327: Wehe auch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler: Ihr seid wie die Gräber, die außen weiß angestrichen sind und schön aussehen; innen aber sind sie voll Knochen, Schmutz und Verwesung.) Die Sprache des Katechismus ist die „fachidiotische“ Sprache derer, die sich von Berufs wegen damit befassen müssen, aber die Sache selbst um keinen Preis an sich herankommen lassen dürfen.
Was im neuen „Welt“-Katechismus zur Trinitätsspekulation verkommt, war einmal nur die verdinglichte Beschreibung der Umkehr. Die Übersetzung metaphorischer Namen in Begriffe ist in einer Logik und in einem System vermittelt, dessen Hypostasierung das Objekt der Trinitätslehre ist. Es war der Weltbegriff, der (vermittelt durch den Natur- und Objektbegriff) die Begriffe von ihrem metaphorischen Sprachgrund getrennt hat.
Das Urteil ist das gekreuzigte Wort.
Hängt der Gottesname „Vater“ (dessen patriarchalische Konnotationen heute nicht mehr verdrängt werden sollten) mit der Übernahme der Sünden der Welt zusammen (wie der Vatername mit dem Begriff der Schuld, der der Mutter mit dem der Sünde)? Ist er nur der Name eines Äons?
„Unser tägliches Brot gib uns heute“ – aber nicht unseren täglichen Wein?
Es gibt keinen Begriff ohne Empörung: jeder Begriff ist durch seinen Objektbezug über der Sache. Die „Natur der Dinge“ ist der Inbegriff ihres Andersseins. In der Erkenntnis des Andersseins (der „Natur“) der Dinge und als dessen Legitimation bildet sich der Weltbegriff.
Der Freudsche Mythos von der Ermordung des Urvaters durch die Brüderhorde (der in dem christlichen Gottesnamen „Vater“ nachklingt) ist ein wesentlicher Beitrag zur Erklärung des Antisemitismus.
Empörung
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23.05.93
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07.05.93
In der Einheitsübersetzung wird, was im Buch Bahir als Tohu bezeichnet (und an anderer Stelle als Materie verstanden) wird, als Götzen übersetzt (Bahir, 113, S. 120 zu 1 Sam 1221). Ist der Materiebegriff der Erbe des Götzendienstes?
Zivilisiert sind die, die sich gegenseitig als Eigentümer anerkennen (aber erst nachdem sie das Eigentum durch Raub erworben und die Erinnerung daran verdrängt haben). Die Nichtzivilisierten (die Barbaren, die Sklaven, dann die Wilden, jetzt die Ausländer) werden als Nichteigentümer angesehen (die der „Schicksalsgemeinschaft“ des Volkes nicht angehören). Ist nicht der Kampf um die Anerkennung in der Phänomenologie des Geistes der Kampf um die Anerkennung als Eigentümer?
Ist die dogmatische Begründung auch nur eines der sieben Sakramente wirklich überzeugend? Steckt nicht in der gesamten Argumentation ein Stück Willkür, das nur mit Hilfe der imgrunde autoritären Bekenntnislogik unkenntlich gemacht werden kann?
Zum Ursprung der Bekenntnislogik: War nicht die sogenannte religiöse Erneuerung im Mittelalter, der Ursprung der religiösen Bewegungen des Mittelalters (paradigmatisch der devotio moderna), auch ein Stück projektiver Schuldverarbeitung, die seitdem ununterbrochen die Geschichte des Geistes beherrscht? Und ist nicht die Geschichte der „Fälschungen“ im Mittelalter eine der Voraussetzungen der europäischen Geschichte der Aufklärung (wie die Geschichte des Vorurteils ihr Schatten)? Gehört sie nicht zu den Ursprüngen dessen, was man heute das Projekt Moderne nennt, in dem auch die Vergangenheit so zurechtgelogen wird, daß sie als Einspruch gegen die verstockte Subjektivität nicht mehr verwandt werden kann. Gehören nicht die Fälschungen des Mittelalters zu den Gründen der unlösbar gewordenen Probleme der Chronologie und der Astronomie?
Die Barbaren waren eine Erfindung der Griechen; sind nicht die Wilden eine Erfindung der Moderne, ohne die die projektive Gestalt der Erkenntnis nicht zu halten gewesen wäre?
Zum Begriff der Wilden im Kontext der projektiven Verarbeitung der Vergangenheit vgl. den merkwürdigen Zusammenhang des Untergangs der Tasmanier mit dem Ursprung der Darwinschen Evolutionstheorie.
Wenn Habermas die „Dialektik der Aufklärung“ für „überholt“ hält, verwechselt er dann nicht die Geschichte des Geistes mit einer sportlichen Wettkampf, vielleicht einem Marathonlauf?
Liegt nicht das Modell des Kohlschen Argumentationstricks in der Polemik der Kopenhagener Schule gegen die sogenannte „klassische Physik“? In beiden Fällen werden Spuren verwischt, wird das, was man selbst tut, an anderen diskriminiert. Vorbereitet wurde dieses Argumentationsschema in der kirchlichen Apologetik, die das Fortwirken der Vergangenheit dadurch aus dem Blickfeld rückt, daß sie mit den eigenen vergangenen Untaten die Vergangenheit insgesamt für überholt erklärt.
Der Antisemitismus war seit je ein Werkzeug der Verdrängung. Mit der Diskriminierung und Verfolgung der Juden war die Erinnerung an die fortwirkende eigene Vergangenheit gemeint, die auf diese Weise projektiv verdrängt werden sollte.
Die Lehre von der creatio mundi ex nihilo ist ein Alexander-Erbe in dem Sinne, daß sie den Knoten, den es zu lösen gilt, nur durchschlagen hat.
Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer: In welcher Beziehung stehen die sieben Werke der Barmherzigkeit zu den sieben Sakramenten?
Sind nicht die subjektiven Formen der Anschauung und die durch sie generierten Totalitätsbegriffe Natur und Welt Produkte einer Empörungs-Dynamik, deren Objekt die unaufgearbeitete Vergangenheit ist?
In welcher Beziehung stehen die Umläufe des Mondes und der Planeten zum Gesamtumlauf des Tierkreises?
Gibt es einen genetischen Zusammenhang zwischen den Anschauungen der sogenannten Lebensschützer und der Empörungslust derer, die sich die Illustrierten kaufen, um sich über die Bilder darin zu empören? -
03.05.93
Bedeutet das gbr im Namen Gabriel nur Mann, oder auch Held, Starker (und Gabriel demnach „Mann Gottes“ oder auch „Held, Starker Gottes“)? In der Schrift kommt Gabriel nur im Buch Daniel und bei Lukas vor.
Werbung und Welt (Anders: Werbung ist ein Modus unserer Welt -II, S. 160): De mortuis nihil nisi bene. Die Werbung ist das inverse Bekenntnis: die Bekenntnislogik der Waren.
Ist der Plural majestatis nicht ein Vorgriff auf die Massenproduktion (auf die technische Reproduzierbarkeit der Dinge) und die Warenwelt die in Herrlichkeit auferstandene Natur? Gibt es nicht den lateinischen Ausdruck fürs Sterben: ad plures ire?
Die Wochentage: Sonne, Mond, Merkur, Jupiter, Mars, Venus und Saturn?
Die kopernikanische Theorie hat das Licht, das Werk des ersten Tages, und das Firmament, den Himmel des zweiten Schöpfungstages, zerstört. Waren das die naturalen Korrespondezen des Angesichts?
Das Christentum hat den Egoismus heiliggesprochen und damit eine neue Art von Rücksichtslosigkeit in die Welt gebracht.
Zum Erfahrungsgehalt des mythischen Realsymbols des Wassers: Zur Vorstellung des Wassers gehört sowohl das Liquidieren (der Mord des Feindes und des Verräters) als auch das Verflüssigen (der verdinglichten Vorstellungen: die Kritik des Begriffs). Hat die Trennung der unteren von den oberen Wassern durch das Firmament hiermit etwas zu tun?
Gehört zu den Petrus-Geschichten nicht auch das Gleichnis von dem Weizen, der auf steinigen Grund fiel?
Es gehört zu den verhängnisvollsten Folgen des Weltbegriffs und seiner Theologisierung im Begriff der creatio mundi, daß er ohne identitätsstiftendes transzendentales Subjekt nicht zu halten ist. Das aber bedeutet, daß es den Weltbegriff ohne Nationalismus nicht gibt. Hier liegt die Selbsttäuschung der deutschen Klassik (auch der französischen Revolution), die aus innerer logischer Konsequenz dann bei Hegel sich einbekennt (in dem Zusammenhang des Begriffs der „List der Vernunft“ mit dem Staat als „sterblichem Gott“).
Welt, Empörung und Panik bilden eine logische Einheit (Nationalismus und Religionskriege).
Der Übergang ins Zeitalter der „Ideologiefreiheit“ ist der Übergang in ein Zeitalter, in dem die Dinge unserer Rechtfertigung nicht mehr bedürfen. -
02.05.93
In der Figur des „Kongruisten“, in der Beziehung von „Versagen“ und „Selbstsein“, beschreibt Günther Anders (II, S. 157) den gleichen Mechanismus der Verinnerlichung des Opfers, der in der „Dialektik der Aufklärung“, in den „Elementen des Antisemitismus“, als Opfer des Selbst an das Selbst beschrieben wird. Zu ergänzen wäre nur, daß diese Verinnerlichung des Opfers mißverstanden wird, wenn sie nur psychologisch verstanden wird; sie ist ein Moment der Objektivität selber. Das Opfer und seine Leugnung gehören zu den Konstituentien des Gegenstandsbegriffs.
Die Verinnerlichung des Opfers und die Verdrängung der Umkehr (die Bekenntnislogik) gehören zusammen; und beide sind Teil des Konzepts einer „Entsühnung der Welt“, in dem diese (im Kontext eines magischen Sakramentenverständnisses) unabhängig von der Nachfolge verstanden wird. Die Vorstellung, die Welt sei bereits entsühnt, ist ein Konstituens der Gemeinheitsautomatik.
Zum Begriff des Drachenfutters gehört der Empörungsgenuß. Und der durchs Fernsehen bezeichnete Entwicklungsstand der Medien belegt die Notwendigkeit des Satzes „Seid klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben“. Empörungsbereitschaft und Panikbereitschaft hängen zusammen; beide sind verbunden durch das Ohnmachtsgefühl, zu dem es in der Inertialwelt keine Alternative mehr zu geben scheint. Wenn alle Wege des Handelns verstopft sind, bleibt nur Empörung oder Panik, deren Beziehung in die heute endgültig stillgestellte Dialektik von Herr und Knecht, von Subjekt und Objekt gehört.
Warum sind in der Bibel nur Tiere mit Hörner Opfertiere? (Und woher kommt die Vorstellung, daß dem Mann, dessen Frau es mit einem andern treibt, „Hörner aufgesetzt“ werden?)
Aufgabe der Philosophie heute: den Gemeinheitskern des Wissenschaftsbetriebs herauspräparieren.
Durch die Definition von Wahrheit als Übereinstimmung von Begriff und Gegenstand wird die Trunkenheit zum Prinzip erhoben (vgl. Hegels Logik hierzu). Wenn diese Definition stimmen würde, gäbe es in der Tat nur die Alternative Konformismus oder Gewalt.
Im Islam ist der Engel Gabriel („Mann Gottes“ – gbr/gbrim, Mann/Männer) der Heilige Geist, was sehr gut zur Verkündungsgeschichte beim Lukas paßt. (Ist im Namen Gabriel das br – dessen Beziehung zu Abraham, zum Namen der Hebräer und zum Begriff der Barbaren – ein Bedeutungselement des Namens?)
„Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen“ (Mt 1618): d.h. die Vergangenheit wird die Zukunft nicht überwältigen, oder auch: die Natur wird nicht siegen. Aber die Geschichte der drei Leugnungen Petri geht bis zur Selbstverfluchung.
„Ich werde dir die Schlüssel der Himmel geben; … was du auf Erden lösen wirst, wird auch in den Himmeln gelöst sein.“ (Mt 1619, vgl. auch 1818) Dieser Satz folgt unmittelbar nach dem über die Pforten der Hölle.
Mt 1016: „Seht ich sende euch wie Schafe unter die Wölfe“: Ihr seid vom Herrendenken entbunden. Und „darum seid klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben“: Aber verfallt nicht der Paranoia.
Erinnerungsarbeit: die Einheit von Philosophie und Gebet. Aber in dieser Einheit verändert sich sowohl die Philosophie auch das Beten.
Die creatio mundi ist die Gründung einer Reinigungsanstalt: der Grund der Fähigkeit, sich trotz der „Sünde der Welt“ und in ihrem Angesicht unschuldig zu fühlen. -
23.04.93
Anders, S. 143: Die Zweideutigkeit der Medien, bei denen nicht mehr zu unterscheiden ist, was ernst oder unernst („fun“) ist, und ob der Zuschauer als moralisch-politisches Wesen oder als Mußekonsument angesprochen wird, hat ihre Wurzeln im Habitus des Zuschauers selbst (in der Funktion der „subjektiven Formen der Anschauung“). Das Ernste wird unernst, die Information zum Spaß, wenn es in die Exkulpationsmechanismen hineingerät, sie ausbeutet. Wer – als Zuschauer – von der Möglichkeit zu handeln, von eingreifender Praxis, abgeschnitten ist (der Zuschauer kann in das, was er sieht, weder real noch sprachlich, dialogisch, eingreifen, er bleibt in seine Passivität: in seine Impotenz, gebannt), dem bleibt als Reaktion nur das folgenlose Urteil (in dem er sich über die Sache erhaben, moralisch exkulpiert fühlen darf), ihm bleibt das Schuldverschubsystem des Konkretismus und des Personalismus, der Genuß der Empörung, der wie ein Virus, gegen den es kein Mittel mehr gibt, sich ausbreitet. Er darf impotent und inert bleiben, und sich zugleich, da er sich durch Empörung distanziert, unschuldig fühlen. Diesen Fluchtweg beuten heute die Medien aus (Verführung durch Ästhetik). Die Kehrseite der Informationsunterhaltung sind die Hör- und Fernsehspiele, in denen das ungelebte Leben sich in den für es produzierten künstlichen Nachbarschaften („Lindenstraße“) als Voyeur ausleben darf. Hier erscheint der Grund, aus dem die Medien erwachsen und in den sie immer tiefer zu versinken scheinen: der Tratsch, das Geschwätz. Hier braucht kein Propagandeministerium mehr Regie zu führen, Sprachregelungen herauszugeben, das wird durch die synthetischen Urteile apriori der Unterhaltungsindustrie, durch ihre eigene transzendentale Logik, selbsttätig geregelt (Einschaltquote, Auflagenhöhe als Maßstab für Werbeeinnahmen): durch Einbindung der gesamten Sphäre ins Wertgesetz.
Der „solistischen Massenpanik“ (S. 144) entspricht auf der andern Seite im Falle der realen Untergangsgefahr, das gelassene Zuschauen: Im Golfkrieg wurde in Tel Aviv Nacht für Nacht die Skyline der Stadt im Fernsehen gezeigt; so konnte man die Scud-Raketen anfliegen sehen, deren Opfer man dann selber in Gefahr war zu werden. (Aber ist dieser Unterschied nicht auch einer der Medien: die solistische Massenpanik gehört zum Radio, Zuschauer beim Weltuntergang wird man im Fernsehen.)
Inertialsystem und Fernsehen: Die Asymmetrie (Neutralisierung der Ethik und Konstituierung des Habitus des Zuschauers) ist in beiden Fällen gleich.
Ist Ludendorff das Modell der Kohlschen Politik? Sind nicht die Weichen schon gestellt, wonach die Sozialdemokraten die Suppe werden auslöffeln müssen, die hier eingebrockt wird? Und haben die Sozialdemokraten diese Rolle nicht selber längst internalisiert, erwarten sie überhaupt noch etwas anderes für ihre Rolle in der Politik??
Anders, Anm. zu S. 168: Hinweis, daß „alle heutigen Konterrevolutionen … mit Hilfe derer erkämpft werden, gegen die sie gerichtet sind“. Genauer ist die Funktion von „Solidarpakt“ und „Asylkompromiß“ nicht zu beschreiben.
Beachte die 1. Anm. zu S. 180 und den dazugehörigen Text, demzufolge in den Naturwissenschaften der Singular noch zum Nichtsein gehört (einmal ist keinmal). Wie hängt diese Bemerkung mit der christlichen Trinitätslehre und der Lehre von der Eucharistie zusammen: Wird hier nicht auch der Kreuzestod durch seine endlose Wiederholung erst real gemacht (aber mit der Folge, daß er so nur als „Gottesmord“, für den ein Schuldiger präsentiert werden muß, real zu machen ist: Ursprung des theologischen „Antijudaismus“)?
Sind nicht die Banken die Verwalter des Unterirdischen (der Schulden), daher ihre Affinität zum Mythischen (und ist nicht die Bundesbank, oder allgemein die Zentralbanken, ein Erdbebenverhinderungsinstitut – Verhältnis der Zentralbanken zu Geschäftsbanken wie Seismographen zu den Erdbebenzentren)?
Die Philosophie war das Produkt eines „Erdbebens“ in der mythischen Welt. Sie bedurfte, um sich dann gesellschaftlich zu stabilisieren, der Theologie, des Dogmas, des Bekenntnisses. Für sich genommen, wären die Begriffe Welt und Natur nicht tragfähig gewesen.
Herrschaft macht blind, und mit der Herrschaft wurde seit Beginn der Aufklärung in Europa auch die Blindheit vergesellschaftet.
Im Inertialsystem ist die „Schwerkraft“ eine die Dinge von außen (von hinten) angreifende Kraft, die sich auf ihr Substrat, die schwere Masse, ähnlich bezieht wie die Stoßprozesse auf die beteiligten trägen Massen. Ist der Fall ein modifizierter Stoßprozeß, oder der Stoßprozeß ein modifizierter Fall (in der Schwerkraft greift der Feind hinterm Rücken an)? -
Karfreitag, 09.04.93
Judas, der Verräter, oder zum (christologischen) Ursprung des Objektbegriffs und über die Verstrickung der Unschuldsfalle (gemeinsamer Ursprung der Opfertheologie und des moralischen Inertialsystems): Die Empörung über den Verräter versetzt den Empörten in die Opferrolle, sie lähmt ihn, erweckt in ihm das Selbstmitleid des unschuldigen Opfers, läßt ihn die exkulpatorische Macht der Empörung genießen, entsubjektiviert ihn, indem sie mit der Schuld auch die Verantwortung für sein Schicksal auf andere abschiebt, und macht ihn unfähig, seine Lage anders denn als die eines ohnmächtigen Objekts zu begreifen. Das Verrätersyndrom gehört zur Verschwörungslogik, der – nach einem Wort Adornos – die Welt sich immer mehr angleicht, die jedoch die Welt zugleich falsch abbildet. Der Welt- und Naturbegriff, und in ihrem Kern die Raumvorstellung, sind ein Produkt dieser Verschwörungslogik: der Kern ihrer Selbstreproduktion.
Nach dem Hinweis „damit die Schrift erfüllet werde“ flohen die Jünger (Matthäus-Passion). Als die Christen die „Unheilsprophetie“, weil mit Jesus erledigt, auf die Juden bezogen haben (eine der Quellen des christlichen Antijudaismus), haben sie nicht bemerkt, daß sie damit die Juden in das Schicksal Jesu so eng eingebunden haben, wie die Heils- und Unheilsprophetie in der Schrift.
Der Stein vorm Grab, den Pilatus auf Wunsch der Hohepriester hat versiegeln und bewachen lassen, und dessentwegen die (von den sieben unreinen Geistern befreite) Maria Magdalena und die andern Frauen am nächsten Morgen sich fragten, wer ihnen den Stein hinwegrücken werde: ist das die Kirche (hat die Kirche das Erbe der Hohepriester, Schriftgelehrten und Ältesten: m.e.W. der „Juden“ des Johannes-Evangeliums, angetreten)?
Haben die andern Simon-Gestalten (der Kananäer, der Zelot, der Jesus-Bruder, der Vater des Judas Ischariot, der Aussätzige, der von Cyrene, der Magier und Begründer der Simonie, der Gerber und der, der Niger genannt wird) mit dem, den Jesus dann Kephas, Petrus, nannte, etwas zu tun? -
29.03.93
Fernsehen und Exkulpation: Unterhaltung hat u.a. die Funktion, Exkulpationsmodelle zu liefern, die eine Schuldabfuhr über Projektionsobjekte ermöglichen (erkennbar am Empörungsmechanismus).
Der Begriff des Reiches erscheint im AT nur im Buche Esra und bei Daniel (in der Apokalypse!). Im NT spricht Mt vom „Reich der Himmel“ (basileia ton ouranon), Mk, Lk (und gelegentlich Joh und Apg) vom „Reich Gottes“ (basileia tou theou). Bei Paulus ist das Reich Gottes Gegenstand der „Erbschaft“, er kennt außerdem das „Reich Christi“ und das „Reich des Sohnes“: Am Ende wird der Sohn das Reich dem Vater übergeben. Das Wort Reich hängt mit reg- König zusammen, auch in der adjektivischen Verwendung (reich im Gegensatz zu arm). Änderung der Bedeutung des Reichsbegriffs in der paulinischen Theologie (Zusammenhang mit dem apokalyptischen Millenarium?)
Der Antritt des Erbes setzt den Tod des Erblassers voraus. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die paulinische Theologie (für die das Reich Gottes – als „Reich Christi“, „Reich des Sohnes“? – Gegenstand einer Erbschaft ist)? Gibt es einen Zusammenhang mit dem Martyrium des Stephanus?
Der Name Imperium hängt mit parare, rüsten, sich zu etwas bereiten, zusammen: In ihm drückt sich das Moment der Verinnerlichung von Herrschaft aus.
Die subjektiven Formen der Anschauung tasten die Selbständigkeit der Dinge an: Sie verwandeln sie in ein „Gegebenes“, rücken sie in ein Herrschafts- und Besitzverhältnis. Die Bildung der Vorstellung des Raumes ist ein Begleitprozeß des Prozesses der „ursprünglichen Akkumulation“: Untersuche unter diesem Aspekt den Josefs-Roman, die Exodus-Geschichte und den Namen des Pharao (Haus und oikos). Beziehen sich nicht Sodom und die anderen Xenophobie-Geschichten auf Konflikte zwischen Haus und Stadt, und ist nicht der Tempel (das Haus Gottes) ein Symbol dieses Konfliktes?
Die ersten Städte in der Schrift (Vorgeschichte der Sprachverwirrung):
– die Von Kain gegründete und nach seinem Sohn Henoch benannte Stadt (Gen 417),
– Nimrod … wurde ein großer Held auf der Erde. Er war ein tüchtiger Jäger vor dem Herrn. … Kerngebiet seines Reiches war Babel, Erech, Akkad und Kalne im Land Schinar. Von diesem Land zog er nach Assur aus und erbaute Ninive, Rehobot-Ir, Kelach sowie Resen, zwischen Ninive und Kelach, die große Stadt (1012), und
– die Stadt Babel, in der die Menschen einen Turm bauen wollten, der bis an den Himmel reicht (114).
Und die ersten Häuser (Vorgeschichte des Tempels und des Gottesreichs):
– Noah und sein ganzes Haus (71),
– an Abram: Geh aus deinem Land und aus deiner Verwandtschaft und aus dem Haus deines Vaters … (121),
– das Haus des Pharao (1215),
– die 318 Hausgeborenen des Abram (1414),
– Abram: Erbe meines Hauses (wird Elieser von Damaskus) (152).
Sind die toledot (des Schöpfungsberichts und der Genealogien) Haus-Geschichten? -
28.03.93
Haben heute nur noch Böcke Chancen, Gärtner zu werden? Ist das Fachidiotentum (in Politik, Verwaltung, Justiz, Medizin, Erziehung) so weit gediehen, daß es von sich aus, aus seinen eigenen Prinzipien heraus: insbesondere aufgrund des objektivitätbegründenden Exkulpationsprinzips (aus Anpassungs- und Disziplinierungsgründen), kontraproduktiv zu werden droht? Das Exkulpationsprinzip ist der Kern des moralischen Trägheitsprinzips (Transformation der Handlungsprinzipien in Kriterein des Urteils: Kritik des moralischen Urteils und seines Ursprungs: der Dynamik der Empörung). Der projektive Kern der europäischen Aufklärung wendet sich gegen seinen eigenen Ursprung; der Weltbegriff wird zum Motor der Weltvernichtung. Das Denken wird von der Barbarei eingeholt, gegen die es einmal glaubte, die Zivilisation begründen zu können, ebenso von dem gleichen Naturbegriff, dessen Vergegenständlichung die Aufklärung begründete, und vom Materiebegriff, von dem es sich nicht mehr unterscheidet.
Der Faschismus wurde bloß domestiziert, nicht aufgehoben.
Radio und Fernsehen: Das Radio (das Organ der Führerreden und der „Sondermeldungen“) hat den faschistischen Hörer produziert, das Fernsehen bannt in die Trägheit des bloßen Zuschauens: es demoralisiert, indem es endgültig Information in Unterhaltung, Politik in Rituale verwandelt, und für das schlechte Gewissen die Exkulpationsmodelle und die Projektionsobjekte, das Drachenfutter, liefert.
Wenn mit dem Geld die Organisationsform des Staates und grundsätzlich der Export der Armut verbunden ist, was bedeutet das für den Ursprung und die Bedeutung des Namens der Barbaren (und für die Begriffe Welt, Natur und Materie)?
Welt, Natur und Materie: Welt und Natur sind objektbezogene Totalitätsbegriffe; bezeichnet der Begriff der Materie nicht einfach die innere Grenze des dritten Totalitätsbegriffs, des Wissens: das Nichtwissen als Objekt? -
17.03.93
Zum aufrechten Gang: Die dritte Dimension (der Phallus, die Erektion, der Turm) stabilisiert nicht nur die Fläche, sondern den Raum insgesamt. Aber ist diese dritte Dimension, ihre orthogonale Beziehung zur Fläche, nicht das Produkt der Abstraktion vom Licht, die am Ende wieder eingeholt wird vom Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit?
Paßt nicht die Bemerkung von Edgar Morin, daß die Musik dem Flächenbild im Film die Tiefe gibt, die eigentlich räumliche Dimension, zu dem Hinweis Spenglers, daß in der modernen Welt (in der „faustischen Kultur“) die Musik die Stelle einnimmt, die in der alten Welt die Skulptur, die Statue, innehatte?
Das Bekenntnis zur Göttlichkeit Jesu hat deshalb diese ungeheure emotionale Bedeutung, weil es insgeheim als Akt der Wiedergutmachung an der Instrumentalisierung des Kreuzestodes in der Opfertheologie verstanden wird. Es ist Ausdruck des schlechten Gewissens der Gläubigen. Diese Instrumentalisierung begründet und sanktioniert die Verräumlichung der Dinge; sie gehört zu den Fundamenten der „christlichen Zivilisation“. Seine Geschichte ist Teil der Geschichte des Ursprungs und der Entwicklung des Bekenntnisbegriffs überhaupt. Bezieht sich hierauf nicht der Satz vom Binden und Lösen: Nicht Opfer, sondern Barmherzigkeit?
Keine Empörung ohne Projektion.
Die Sünden der Welt: Bezieht sich dieser Plural nicht auf eine genau bestimmbare Anzahl, nämlich sieben? War nicht die Astrologie die Instrumentalisierung dieser Sünden, und war nicht die Sakramentenlehre das kirchliche Erbe der Astrologie?
Die Scheidung der Wasser oberhalb von den Wassern unterhalb ist die Scheidung des Segens von der Schuld. Die Erkenntnis des Guten und Bösen ist das im Interesse der Selbsterhaltung und Selbstrechtfertigung instrumentalisierende und verdinglichende Denken; das befreiende Denken ist das verteidigende Denken.
Vergleiche die Geist-Rede des Petrus mit der Märtyrer-Rede des Stephanus.
Das Trägheitsgesetz, die Hochsicherheitstrakte des Inertialsystems und die Isolationshaft der Materie.
Rechtsstaat: Muß man nicht die kleinen Verbrechen verfolgen, um die großen decken zu können?
Gibt es eigentlich Privateigentum ohne den Staat, ohne Geld und ohne Banken (die Banken verwalten das Nichts, aus dem der Staat die Welt erschafft)? -
08.11.92
Sind die Gestalten des Atheismus heute nicht Metastasen des steinernen Herzens der Welt, zu dem die Kirche geworden ist; und wird sie darüber nicht einmal Rechenschaft ablegen müssen?
Kann man die Zivilisationen aufteilen nach ihrer Stellung zur Erbschaft (zum Privateigentum), ob in ihnen die Kinder von den Vätern oder die Väter von den Kindern leben?
Das Blasphemie-Verbot hat einen ähnlichen Stellenwert wie die Sexualmoral: Beide sind Instrumente zur Verhinderung von Herrschaftskritik. Und wirksam sind beide nur über die Mechanismen von Empörung und Entrüstung. Grund beider ist das sakralisierte Privateigentum, dessen Verletzung noch vor dem Mord rangiert.
Die Kirche seit der Konstantinischen Wende hat die Erinnerung an die Märtyrer durch Heiligsprechung nicht nur gerettet, sondern zugleich verraten.
Wenn das Wort stimmt: Wer sein Leben retten will, der wird es verlieren, dann hat die Kirche mit dem Unsterblichkeitsglauben ein Spielchen eröffnet, in dem der Gläubige nur verlieren kann.
Die Kopernikanische Wende war einmal ein Instrument der Befreiung, die Mittel dieser Befreiung aber sind dann zu einem Netz der Verstrickung geworden, in dem das Bewußtsein langsam aber sicher erstickt. Letzter (und tödlicher) Beweis für die Wahrheit des Satzes „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“.
Karl Popper ist der liberale Wissenschaftstheoretiker, der entscheidend dazu beigetragen hat, den Ideologiebegriff so zu instrumentalisieren, daß die Wahrheit dahinter verschwindet.
Nach dem Sündenfall: Adam beruft sich auf Eva, Eva auf die Schlange, und dann spricht Gott den Fluch über die Schlange, Eva und Adam: Stufen der Vergegenständlichung? Gibt es hierzu eine Beziehung in der Geschichte der drei Versuchungen Jesu? -
29.10.92
Sind die Orden nicht in der Tat ein Hinweis auf die Geschichte der (inneren und äußeren) Verweltlichung der Kirche, von den Eremiten, über die Gemeinschafts- und Armutsorden zum verweltlichten Gehorsamsorden der Jesuiten.
Das Paradigma Natur und Welt hat die Welt höchst folgenreich gegen Gott und Mensch gekürzt. Der Naturbegriff leugnet die Auferstehung, der Weltbegriff die Schöpfung. Und die Kritik der Welt schließt das Votum für die Armen, die der Natur das für die Fremden mit ein. Es ist der Bann beider Begriffe über unser Bewußtsein, der die Sprache heute entmächtigt, depotenziert, sie ihrer benennenden Kraft beraubt. Seitdem verliert das Argument seine Kraft, es dankt ab gegen die einzige noch unmittelbar einleuchtende Instanz: die Gewalt, die in der Einrichtung der Welt sich manifestiert. Das Hegelsche Absolute war der Widerschein dieser Gewalt.
Wie hängen das Votum für die Fremden und das für die Armen mit dem Vater und dem Sohn zusammen: Bezieht sich darauf das Hervorgehen des Geistes (des Parakleten: des Beistands)? Der Fremde rührt an den Grund des Angesichts, der Arme an den der Barmherzigkeit.
Die Welt ist der Deckel auf der unerlösten Natur. Dessen genaueste Beschreibung findet sich in Elias Canettis „Masse und Macht“.
Im Bilde der Primitiven und Wilden wird Ursprung und Ende der Menschheit zugleich vorgestellt. Nicht nur die Tieren, sondern in diesem Kontext auch die Anfänge der „gesellschaftlichen Entwicklung“, die sogenannten Primitiven und Wilden, erinnern an ein abgründiges Unheil in der Urzeit. (Kann es sein, daß die Velikovskysche Katastrophen- (Venus-) Theorie zu ergänzen oder zu korrigieren wäre durch Einbeziehung geologischer Katastrophen, zu denen auch die Trennung der Kontinente gehören müßte.)
Das Lachen Abrahams und Saras und der Schrecken Isaaks sind Momente der Selbsterfahrung des Fremdseins.
Die Klage über die „Unfähigkeit sich trösten zu lassen“ (Zeit der Orden, S. 30) ist nicht ganz unproblematisch. Angesichts der Unerlösbarkeit der Welt noch den kirchlichen Trost der Erlösungszuversicht haben zu wollen, ist irrational und blasphemisch. Da ist es fast schon komisch, wenn die Kirche feststellt, daß da niemand mehr ist, der sich von ihr trösten lassen will.
Der Abschnitt über die „Ehelosigkeit“ (in dem Band über die Orden) ist merkwürdig blaß und abstrakt, auch seine Begründung. Das Ganze wäre wahrscheinlich unter dem Titel Keuschheit genauer zu bestimmen gewesen, wenn dieser aus den traditionellen sexualmoralischen Konnotationen herausgelöst und in den politischen Zusammenhang des prophetischen Gebrauchs der Begriffe Hurerei und Unzucht gestellt worden wäre (zusammen mit Erinnerung an den Ursprung der Scham im Sündenfall: „Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten, daß sie nackt waren“, und der Aufnahme des Adornoschen „ersten Gebots“ der Sexualmoral: „der Ankläger hat immer Unrecht“: der Lösung der Sexualität aus dem Bann des Baums der Erkenntnis). Der zentrale Stellenwert der Sexualmoral in der christlichen Tradition ist viel weniger christlich als vielmehr ein gesellschaftliches Erbe aus der Zeit des Ursprungs der Anpassung des Christentums an die Welt (ein Erinnerungsmal an den Ursprung des Weltbegriffs selber), und damit sicherlich ein zentraler Punkt der Erinnerungsarbeit, die heute zu leisten wäre.
Zum Gehorsam: Gehorsam kommt vom Hören und ist der eigentlich prophetische unter den evangelischen Räten; insbesondere hier, im Begriff des Gehorsams, ist das herrschaftskritische Moment, das der Prophetie und dem Hörenkönnen gemeinsam ist, endlich zu entdecken; der Gehorsam ist endlich aus dem autoritären Bann zu lösen.
Die Umkehr, ohne die es keine Nachfolge gibt, hat nicht mehr nur eine einfache Richtung, sondern sie ist in sich selber differenziert (Verhältnis des einen zu den sieben unreinen Geistern).
Der Hinweis (Jenseits bürgerlicher Religion, S. 13), daß die bürgerliche Religion „in der schwächlichen und unparteilichen Art, in der sie sich über alle leidvollen Gegensätze spannt, gar keine wirklichen Gegner mehr hat“, wäre zu ergänzen: außer sich selbst.
Das Futur II gehört zu den Gründen der Welt.
Die Differenz, die sich daraus ergibt, ob das Ja und Amen Jesu auf die Welt oder auf die göttlichen Verheißungen sich bezieht, drückt sich auch im Selbstverständnis der Theologie und in ihrem Verhältnis zur Kirche aus.
Mir ist der Jonas, der in den Bauch des Fisches gerät, dann Ninive den Untergang ansagt und schließlich darüber enttäuscht ist, daß Ninive gerettet wird, lieber als Tobias und Tobit, die den Fisch erlegen, selber gerettet werden, aber dann mit ansehen müssen, daß Ninive zerstört wird.
Wenn Drewermann mit einem deutlich empörten (und antisemitischen) Unterton die Psalmen „altorientalische Rachegesänge“ nennt, so vergißt er, daß wir, durch die Konstruktion der Welt, in der wir leben, selber die Rache nur noch kalt genießen. Die Rache ist längst in als Bindekraft in die Fundamente der Welt mit eingegangen: Sie ist die Sünde der Welt, die Jesus nach dem Wort des Täufers auf sich (nicht hinweg) genommen hat; und hierauf bezieht sich das Nachfolgegebot. Wie tief die Rache in der Konstruktion des Gewaltmonopols des Staates und des Rechts, das hierauf gründet, drinsteckt, wird deutlich, wenn man das Wirken der Generalbundesanwaltschaft oder des Bundeskriminalamts und auch der Staatsschutzgerichte näher betrachtet; hiermit hängt es rechtssystematisch zusammen, wenn Gemeinheit kein strafrechtlicher Tatbestand ist. Wenn in Deutschland der öffentliche Ankläger Staatsanwalt heißt, wenn der Staat selber sich zum Prinzip der Anklage gemacht hat, und den Staatsanwalt zu seinem Anwalt, so schirmt er sich damit nur gegen die Reflexion dieses Zusammenhangs ab und macht ihn damit umso gefährlicher: So ist er jeder Kontrolle entzogen. Als (verständliche, wenn nicht notwendige) Rache rechtfertigt sich immer noch jede Untat. In jeder Empörung steckt etwas von dieser Rechtfertigungs-, d.h. Exkulpierungsautomatik.
Vorschlag für eine Reform des Rechts in Deutschland:
– den Staatsanwalt wie in anderen zivilisierten Ländern öffentlichen Ankläger nennen (der Tradition der deutschen Staatsmetaphysik die Grundlage entziehen);
– die Anerkennung der Trunkenheit als Strafmilderungsgrund gesetzlich ausschließen (und damit eine Quelle der Gewalt verstopfen).
Der Begriff des Andern ist nicht nur systemimmanent, sondern zugleich der Systemgrund, der am Ende in der Selbstzerstörung des Systems durchschlägt (in diesen Kontext scheint der Derridasche Dekonstruktivismus zu gehören).
Die selbstgestellte Aufgabe der Fernsehsendung „Weltspiegel“ scheint es zu sein, den Schrecken, den der Zustand der Welt heute auslöst, durch Empörung zu neutralisieren, und noch das Elend als Mittel zur Einübung des Herrendenkens zu nutzen.
In der Xenophobie reflektiert sich die unverarbeitete Erfahrung des Gewaltmonopols des Staates in der vom Marktparadigma beherrschten Gesellschaft.
Was J.B. Metz gelegentlich über Einstein (der ein schlechter Schüler und ein langsam Lernender war) berichtet, gehört mit zur Einsteinschen Wende.
Die christliche Sexualmoral verwechselt die Reflexion der Blöße mit dem Aufdecken der Blöße. Die Befreiung entspringt der Reflexionsfähigkeit, die die Sexualmoral als Mittel des Urteils über andere unbrauchbar macht.
Es gibt schon zuviel Vergangenheit, von der wir glaubten, erinnerungslos Abschied nehmen zu können, und die seitdem erinnerungslos verschollen zu sein scheint, in Wahrheit jedoch nur verdrängt ist.
Die Geschichte des Christentums basiert auf der Verinnerlichung des Schicksals (und somit auf der Geschichte der Philosophie), und sie ist selber Teil der Geschichte der Verinnerlichung von Herrschaft (und damit eine wesentliche Ursache der Verweltlichung der Welt, die am Ende die Herrschaftsmetaphorik, die die christliche Religion historisch, im Dogma wie in seinen Institutionen geprägt hat, aufzehrt: die Geschichte der Entzauberung ist die Geschichte der Aufzehrung dieser Herrschaftsmetaphorik, der Aufzehrung des Bewußtseins der Herrschaft von sich selbst: der Erinnerungslosigkeit). -
24.10.92
Zu der Meldung, daß die Entscheidung des Bundespräsidenten über das Gnadengesuch für Bernd Rössner um 18 Monate verschoben/vertagt wurde, daß Bernd Rössner aber am 17.11. aus der JVA Kassel mit der Auflage, sich einer Therapie zu unterziehen, entlassen wird, einige Fragen:
– Wie ist die Auflage hinsichtlich der Therapie zu verstehen: Wird R. in eine vorbestimmte Anstalt eingewiesen, hat er ggf. dieser Einweisung selber zugestimmt (wenn ja, unter welchen Bedingungen), oder kann er frei bestimmen, welche Therapie er selber für richtig und wirksam hält, hat er die Möglichkeit, sich selbst einen Therapeuten seines Vertrauens zu wählen?
– Im Falle der Einweisung in eine Anstalt (ohne eigene Entscheidungs- oder freie Zustimmungsmöglichkeit): Setzt das nicht die Feststellung der Unmündigkeit, damit aber der Haftunfähigkeit voraus? Ist diese Haftunfähigkeit eine Folge der Haft, oder hat sie schon vorher bestanden, wenn ja: seit wann? Wer ist ggf. dafür verantwortlich, daß R. trotz Haftunfähigkeit in Haft gehalten worden ist?
– Die Tatsache, daß ein Gnadengesuch für R. beim Bundespräsidenten vorlag und mit festen Terminvorstellungen dort in Bearbeitung war, war seit langem bekannt. Dieses Verfahren wurde durch eine „überraschende“ Entscheidung des OLG Düsseldorf in einer Weise unterlaufen und in Frage gestellt, die in der Öffentlichkeit als eine Brüskierung des Bundespräsidenten verstanden wurde und so verstanden werden muß, wenn, wie es die Meldungen nahelegen, die Entscheidung des OLG ohne vorherige Abstimmung mit dem Herrn Bundespräsidenten getroffen wurde. Es mag sein, daß keine rechtliche Pflicht zu einer solchen Abstimmung besteht; es bleibt aber die Frage, ob diese Form des öffentlichen Umgangs mit dem höchsten Amt im Staate, der Eingriff in ein beim Bundespräsidenten laufendes Verfahren, nicht die Loyalitätspflichten berührt, denen nach meinem Verständnis auch ein Senat eines OLG unterworfen ist. Mehr noch: dieses Verhalten des OLG wirft ein Licht auf sein Staatsverständnis, das man nicht ohne Erschrecken zur Kenntnis nehmen kann. Ist es nicht der Fall eines in dem Rechtsverständnis unserer Staatsschutzinstitute begründeten Verfassungskonflikts, der unter dem Stichwort Recht und Gesetz nicht zu lösen ist, vielmehr deren dunkle Gründe offenlegt: das auch in der Verfassung ungelöste Problem der Souveränitat, dessen Begriff nicht zufällig sowohl den Grund der Staatsautorität wie auch die Freiheit der Vernunft von den Zwängen, in die sie durch Unfähigkeit zur Schuldreflektion sich verstrickt, bezeichnet. Ist dieser Konflikt nicht in dem gleichen positivistischen Rechtsverständnis begründet, ohne welches die Aufgabenstellung von Staatsschutzsenaten sich nicht definieren läßt, das aber von einem autoritären (und d.h. nicht souveränen) Staatsverständnis nicht zu lösen ist: Ist nicht ein Rechtsverständnis, das den Staat nur als positivistische Instanz der Rechtssetzung begreift, gezwungen, diesen Staat als nicht souveränes Institut anzusehen? Als ein Institut, das per definitionem jeder Schuldreflektion sich entzieht, deshalb nicht souverän sein kann? Deshalb müssen Staatsschutzsenate jedes Ansinnen an den Staat, sich durch Schuldreflektion als souverän (oder schlicht als vernünftig) zu erweisen, als Angriff auf den Staat, der mit allen Mitteln zu ahnden ist, ansehen und verfolgen, gleichgültig, ob dieses Ansinnen von der raf oder vom Bundespräsidenten ausgeht. Ich meine, die Öffentlichkeit hat ein Recht zu erfahren, ob und in welcher Weise die von diesen Vorgang mit betroffenen Verfassungsorgane hierauf reagieren. Ich befürchte nur, daß dieser Staat sich weiterhin als einer der „unbegrenzten Zumutbarkeiten“ erweisen wird, wobei gegen Sonnemann vielleicht doch zu fragen bleibt, ob diese Zumutbarkeiten wirklich unbegrenzt sind, und ob sie nicht doch an eine Grenze stoßen, an der die letzten Bastionen der politischen Moral, ohne daß es noch einer bemerkt, fallen werden, an der die Welt wirklich zu allem wird, was der Fall ist.
Weitere Bemerkungen:
– 129a als Exerzierfeld zur Erprobung des Grundsatzes: Gemeinheit ist kein strafrechtlicher Tatbestand;
– funktioniert nur gegen Links, nicht gegen Rechts (obwohl hier die Realerinnerung an die größte terroristische Vereinigung, die es je in Deutschland gegeben hat, unabweisbar ist);
– wie schnell war der Gesetzgeber (auf wessen Anregung?) bereit, den 129a zu erweitern, um Anschläge gegen Strommasten mit aufzunehmen; Anschläge gegen Menschen (dazu noch „Ausländer“) sind offensichtlich weniger gravierend;
– ist der Angriff auf die moralischen Grundlagen des Gemeinwesens kein Angriff auf den Staat?
– das Zeitalter des Antichrist wird das Gesicht eines Hundes tragen, aber muß das unbedingt im Staatsschutzbereich vorgezeigt werden?
– Recht, Verknüpfung von Sünde und Schuld (Schuld und Sühne); Genesis des Faschismus, der Gemeinheit, rechtlich nicht zu fassen, weil subjektlos (Sünde der Welt); Zusammenhang mit der Genesis des Begriffs (äußerliche Erinnerung an die vergangene Tat, die den Täter im zum Namen gewordenen Begriff – „Dieb“, „Mörder“ – als Schicksal ereilt: Schuld als schicksals- und wesensbegründendes Identitätsprinzip), der Welt;
– zum „Verständnis“ für diese Jugendlichen (überhaupt für die „Psychologie“ des Faschismus) gehört es, daß hier womöglich die einzige Stelle ist, an der der Staat aus Vernunftgründen gezwungen ist, mit jenem Zorn, deren nur die souverän gewordene Autorität fähig ist, zu reagieren.
Erinnerungsarbeit begründet die eingreifende, zukunftseröffnende Kraft der Erkenntnis, hängt zusammen mit der inneren Struktur der Zeit (gegen die Metzsche Diskriminierung der Anamnese). Teil des Verhältnisses von Theorie und Praxis: Über die Kritik der mit dem Weltbegriff mitgesetzten Verblendung wird die Theorie zu einem Teil der Praxis. Der Weltbegriff, der endgültig mit der Philosophie und dem Römischen Imperium sich durchgesetzt hat (und spätestens seit der Konstantinischen Wende Theologie und Kirche beherrscht), hat seine Vorgeschichte (die durch Erinnerungsarbeit in die Kritik des Weltbegriffs mit aufgenommen wird); dazu gehören auf der einen Seite das, was die Schrift Idolatrie, Sternen- und Opferdienst nennt, andererseits aber auch Ursprung und Geschichte der politischen und ökonomischen Institutionen (insbesondere der Ursprung und die Geschichte der Stadt, des Königtums, des Handels und des Geldes) und die damit verknüpfte Sprachgeschichte. Gewinnt vor diesem Hintergrund vielleicht doch der Ursprung der indogermanischen Sprachen neues und ganz anderes Interesse (grammatische Ausdifferenzierung, insbesondere Ursprung des Futur II: Ursprung des objektivierenden, verdinglichenden Denkens, sprachliche Voraussetzung des Weltbegriffs)?
Die Vorstellung von der Kirche als einer gesellschaftskritischen Institution bleibt bei einem äußerlichen Verhältnis von Kirche und Gesellschaft stehen. Das hängt zusammen mit
– der Funktion des Weltbegriffs,
– der ungeklärten (ebenfalls bloß äußerlich vorgestellten) Beziehung von Theorie und Praxis und
– dem Verzicht auf die Idee einer eingreifenden Erkenntnis.
Die Kirche wird zur gesellschaftskritischen Institution, wenn sie sich selbst als das steinerne Herz der Welt begreift und darüber erschrickt. Dazu ist sie aus dem gleichen Grunde geworden, den Metz heranzieht, wenn er auf die christlichen Ursprünge der Verweltlichung der Welt verweist. Das aber verweist darauf, daß und in welcher Form das Christentum in der Tat in den Säkularisationsprozeß verstrickt ist, daß dessen fehlendes Selbstbewußtsein in der kirchlichen Selbstverblendung begründet ist, und daß der Schlüssel zur Lösung in der Hand der Kirche liegt.
Die Welt als Geschichte (Metz) wäre nicht nur auf die politisch-ökonomische Geschichte zu beziehen, sondern ebenso auf die der naturwissenschaftlichen Aufklärung (auch im Verhältnis zur Natur auf die innere Struktur des Weltbegriffs selber).
Ist nicht der paulinische Gesetzesbegriff selber erst zu begreifen, wenn er aus dem Grunde der juristischen Verknüpfung von Sünde und Schuld begriffen wird. Denn das ist der Grund des Gesetzes im Recht wie in den Naturwissenschaften (in denen die Verknüpfung von Sünde und Schuld im Kausalprinzip wiederkehrt).
Zur Verdeutlichung dessen, was mit der Übernahme der Sünden der Welt gemeint ist, ist auf einen Witz zu verweisen, der von Mitscherlich stammt, und den Horkheimer und Adorno in den Soziologischen Exkursen zitieren:
In einer Massenveranstaltung wettert der Redner über die Massen: „Die Masse ist an allem schuld.“ Tosender Beifall.
Die Masse: das sind immer die anderen, aber nicht wir; wir sind es nur insoweit, als wir es auch für die anderen sind. Hierbei wirkt der fatale Mechanismus mit: Gerade dadurch, daß man sich über die Masse erhebt, wird man selbst Teil der Masse. Hierauf bezieht sich die Idee der Übernahme der Sünden der Welt, mit der dann wiederum allein die Kraft der Sündenvergebung sich begründen läßt.
In der Geschichte des Massenbegriffs ist der Zusammenhang von Empörung und Fall zur Gemeinheitsautomatik zusammengeschlossen. Nach dem gleichen Schema reagiert jegliche Empörung (jede exkulpatorische Nutzung des moralischen Urteils, mit dem ich mich von der Tat distanziere: Zusammenhang mit dem Begriff der „Tatsache“; die Geschichte der Philosophie ist in diese Geschichte des Massenbegriffs verstrickt).
Anima naturaliter christiana: Der Satz läßt sich variieren: Natura mortaliter christiana. Das, was wir Natur nennen, ist abgestorbenes Christentum, Folge und Ausdruck der Sünde wider den Geist. Die Sünden der Welt: Deren Inbegriff ist die Natur, und zwar als Todsünde. Hierauf bezieht sich das Wort vom Kelch in Gethsemane.
Die Kausalverknüpfung von Sünde und Schuld, zusammen mit dem Konzept, daß Jesus die Sünde der Welt hinweggenommen hat, ist die Kehrseite der sprachlichen Verknüpfung des Indikativs mit dem Imperativ, aus dem die Ontologie den Schein ihrer Tiefe gewinnt (durch Begriffe wie Geschehen, Ereignis, Eigentlichkeit, Vollzug, vor allem durch den Existenzbegriff selber: Fundamentalontologie als Kommando der subjektlosen Welt).
Wer die Vergangenheit nicht antasten will, wer nicht daran rühren will (wer 2000 Jahre Christentum für einen Wahrheitsbeweis, anstatt für das Gegenteil, hält), wer sich davon glaubt fernhalten zu können, verbaut sich die Zukunft (eben darauf bezieht sich das dem vierte Gebot beigefügte Versprechen).
Wenn man sich daran erinnert, daß Adorno durch sein Wirken in einem kleinen Geschichtsaugenblick uns wieder Luft zum Atmen gegeben hat, dann braucht man diesen Satz nur ins Griechische zu übersetzen, um eine kleine Ahnung davon zu bekommen, was die Idee des Heiligen Geistes real bedeuten könnte.
Der prophetische Satz, daß der Geist die Erde bedecken wird wie die Wasser den Meeresboden, hat sein spätes Echo in der Apokalypse, wo es heißt: Und das Meer wird nicht mehr sein. Hierher aber gehört auch die Geschichte vom Kleinglauben des Petrus, der bei dem Versuch, wie Jesus auf dem Wasser zu wandeln, versinkt mit dem Ruf: Herr hilf mir, ich ertrinke. Ist nicht das Dogma dieser Kleinglaube? Und sind diese Wasser nicht seit Thales die Philosophie?
Wenn Aristoteles etwas mit dem einen unreinen Geist zu tun hat, dann die Hegelsche Philosophie mit den sieben unreinen Geistern.
Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie