Der Gegenstand, und mit ihm sein Korrelat, der Weltbegriff (oder die Substanz als Subjekt), ist ein Produkt der Logik der Schrift.
Der Gegenstandsbegriff ist ein projektiver Reflex der Nacktheit: Es geht nicht darum, Tatsachen zu bestreiten, sondern darum, ihre Konstitutionsbedingungen, und d.h. den gesellschaftlichen Schuldzusammenhang, in dem der Objektbegriff sich konstituiert, zu reflektieren.
Die Scham macht stumm; deshalb sind Objekte namenlos (und Namen unfähig, ihr „Wesen“ zu bezeichnen).
Sind die Menhire und Masseben nicht Denkmäler aus der Vorgeschichte des Tempels und der Schrift? Oswald Spengler hat auf die Beziehung der Musik in der modernen Welt zu den Statuen und Skulpturen in der Alten Welt hingewiesen. Kann es sein, daß, was die Statuen und Skulpturen im Hinblick auf den Ursprung und die Begründung der Schrift einmal waren, die Musik im Hinblick auf die Erfüllung des Worts: die Auflösung der Logik der Schrift, sein wird?
Die prophetische Kritik der Götzenbilder und des Götzendienstes bezieht sich auf die „heidnischen“ Statuen und Skulpturen und den damit verbundenen Opferdienst. Sie haben eine Idee der Ewigkeit als Grundlage, die der Logik der Schrift, ihrer Fähigkeit, der Sprache Dauer zu verleihen, sich verdankt. Das Bilderverbot reißt die Schrift auf für den Blitz der Prophetie. (Gehört hierzu nicht das Ende des Hiobbuches: die Gottesreden aus dem Gewitter?)
Ist nicht die Schicksalsidee die Verkörperung der Logik der Schrift, und sind nicht das Inertialsystem und das Relativitätsprinzip ihr Produkt?
Ist das Tier aus dem Meer der Staat, das Tier vom Lande die Kirche?
Konstruktion des Himmels: Kann es sein, daß, was draußen Wasser ist, durch Verinnerlichung Feuer wird?
Ist nicht das kopernikanische System das Schwarze Loch, das die gesamte theologische Tradition in sich aufgesaugt hat?
Die Opfertheologie, das „Gezeugt, nicht geschaffen“ und die homousia, das consubstantialis, stehen in einem durch die Bekenntnislogik vermittelten Zusammenhang. (Das consubstantialis ist der Grund aus dem die Lehre von Transsubstantiation, der theologische Kern der Eucharistie-Verehrung, hervorgegangen ist.)
Heute bezieht die Theologie ihre Kraft allein noch aus der descensio ad inferos.
„Das Objekt hat daher nicht Eigenschaften noch Akzidenzen, denn solche sind vom Ding oder der Substanz trennbar; im Objekt ist aber die Besonderheit schlechthin in die Totalität reflektiert“ (Hegel, Logik II, S. 361), aber in eine dreifache: Das Objekt ist der Kristallisationskern der drei Totalitätsbegriffe, des Wissens, der Natur und der Welt. Die Prädikate (die ich ihm beilege), die Eigenschaften (die das Ding hat) und die Akzidenzen (in denen die Substanz sich manifestiert) sind zusammengeschrumpft auf die gegeneinander neutralisierten Bestimmungen des dreidimensionalen Raumes.
Ist die „Farbe rot“, die vor dem Hintergrund der Naturwissenschaften keine Eigenschaft des Dings mehr bezeichnet, sondern nur noch einen irrationalen psychologischen Tatbestand, nicht das logische Modell der Jungschen Archetypen (und sind diese nicht das Modell der kollektiven Bewußtseinssteuerung durchs Fernsehen)?
Beitrag zur Wissenschaftskritik: Der Objektivierungsprozeß instrumentalisiert nicht nur die Objektwelt, sondern ebensosehr das Bewußtsein.
Fernsehen
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18.8.1994
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14.8.1994
Die Beziehung des Dings zu seinen Eigenschaften ist ein Reflex der Eigentumsbeziehungen, in denen das Ding sich konstituiert.
Die Anschauung begründet das Gesetz der Eigentumsbeziehungen.
Was du schwarz auf weiß besitzt, kannst du getrost nach Hause tragen: Heute wird es per Fernsehen farbig ins Haus geliefert, und die Menschen ersticken unter der ihnen abgenommenen Last.
Das Stalinsche Konzept vom Sozialismus in einem Land ist gescheitert, übrig geblieben ist nur das Prinzip des einen Landes: der Nationalismus oder die Bekenntnislogik.
Gibt es eigentlich ein Äquivalent der Bekenntnislogik im Dingbegriff? – Wenn die Verdinglichung undurchdringlich und unaufhebbar wird, gibt es keine Alternative mehr zur Bekenntnislogik; dann gibt es nur noch die geschlossene Front der Richtenden und die kollektiven Rechtfertigungszwänge. Die Urform der Rechtfertigungszwänge aber ist die Form des Raumes, die Orthogonalität (im Bereich der Lehre die Orthodoxie). Darin gründet die logische Gewalt der Raumvorstellung und des Dogmas.
In der Kollektivschuld-Diskussion war die Reflexion nahe an der Erkenntnis dieses Zusammenhangs; sie ist noch einmal abgewehrt worden durch die Erfindung der Kollektivscham.
Der Ursprung der Raumvorstellung ist dokumentiert in dem Satz: Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten, daß sie nackt waren.
Kann es sein, daß das Rätsel der Blutsymbolik sich löst im Namen des Blutackers: hakeldama. Darin steckt adama, der Acker, aus dem Adam, der Mensch, gebildet ist. – Erinnert nicht die faschistische Formel „Blut und Boden“ an den Blutacker?
Wo liegt der Unterschied zwischen dem Verrat und der dreifachen Leugnung? Welche Jünger werden in der Abendmahlsgeschichte genannt (neben Judas und dem Jünger, den der Herr liebte), und an welchem Zeichen wird der, der Ihn verrät, erkannt („der, welcher mit mir die Hand in die Schüssel taucht“)?
Es gibt kein Gerede, das nicht Ausdruck von Rechtfertigungszwängen ist; auf dem Feuer des Geredes werden die Vorurteile ausgekocht.
Zur Logik der Schrift: Erst die Schrift konstituiert Öffentlichkeit. Und das immanente telos der Öffentlichkeit ist das Inertialsystem, das die Dinge entblößt.
Die Entblößung hat mit der Subsumtion unter die Vergangenheit, mit dem prädikativen Urteil zu tun. – Das Prädikat ist die säkularisierte Prophetie.
Philosophie heute, ist das nicht der Versuch, die Niagara-Fälle hochzuschwimmen?
Verhält sich das Werk Kafkas zur Logik der Schrift wie das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit zum Inertialsystem?
Kritik der Linguistik oder die Logik der Schrift.
Heiligung des Gottesnamens: Die Logik der Schrift verwandelt jeden Namen, auch den Gottesnamen, in eine Objektbezeichnung; deren Repräsentant in der Bibel ist elohim, der gleiche Name, mit dem auch die Götter der Völker benannt wurden. Das Tetragrammaton, das nicht ausgesprochen werden durfte (und im Christentum, entsprechend der Vokalisierung nach adonai, mit „Herr“ übersetzt wurde, bevor es in den Namen Jehovas oder Jahwähs von der Logik der Schrift eingeholt wurde), war die Selbstbezeichnung Gottes, das Subjekt des prophetischen Worts („Spruch des Herrn“). – Entsprach nicht dieser Selbstbezeichnung Gottes die Fremdbezeichnung des Volkes: Hängt das Tetragrammaton mit dem Namen der Hebräer, der zugleich der Name des Volkes und der Name seiner Schrift war, zusammen (Abraham war ein Hebräer, und Moses berief sich beim Pharao auf den „Gott der Hebräer“)? Bezeichnen die Gottesnamen in der Bibel nicht unterschiedliche Stellungen zur Objektivität, die nur gemeinsam den Gottesnamen bilden, der die Erkenntnis besiegelt und dessen Heiligung den Juden wie den Christen geboten wurde? -
6.7.1994
Sind die „Wolken des Himmels“, auf denen der Menschensohn kommen wird, der Beginn der Trennung von Wasser und Feuer, und ist das Bild von dem wie eine Buchrolle sich aufrollenden Himmel ein anderes Bild für diese Trennung?
Das „es werde“ und das „es ward“ des ersten Schöpfungstages wird im Text durch das gleiche Wort (und die gleiche grammatische Form dieses Wortes) bezeichnet. Es kann demnach auch heißen: Gott sprach: es ward Licht, und: es werde Licht. Während die übliche Übersetzung mit der (auch zeitlichen) Abfolge von Befehl und Vollzug, Ausdruck absoluter Souveränität ist, bleibt die Möglichkeit offen, ob der Schöpfungsbericht (nicht nur in seinem Anfang: wüst und leer, Finsternis über dem Abgrund, der Geist Gottes über den Wassern) genauer als eine Abfolge von Katastrophe und Rettung zu begreifen wäre.
Die Lehre von der Auferstehung ist in der Schöpfung im Namen des Himmels symbolisiert.
Hat nicht die Kollektivscham Auschwitz in die Vergangenheit verbannt, an die Stelle der Gegenwart von Auschwitz die Gegenwart der „Welt“ (der Siegermächte), vor denen die Deutschen sich zu schämen haben, gerückt? Ist Kohls „Versöhnung über Gräbern“ nicht eine Konsequenz aus der Logik der Kollektivscham?
Jede Scham bezieht sich auf ein vergangenes Ereignis und verhindert (im Gegensatz zur Schuld) geradezu seine Erinnerung und produktive Verarbeitung. Sie unterliegt darüber hinaus sogar der Gefahr der Instrumentalisierung im Schuldverschubsystem: der Erpressung des Täters, auf dessen „Vergebung“ der sich Schämende Ansprüche geltend zu machen sich ermächtigt glaubt: er hat mit der Scham doch seine Vorleistung erbracht. Die Scham ist einerseits peinlich, andererseits aber auch wieder nützlich: Man will gar nicht mehr über die Scham hinaus, da sie als Mittel der Stabilisierung der exkulpierenden Logik des Weltbegriffs (der endgültigen Säkularisierung des theologischen Erbes im Säkularisationsprozeß) sich erweist.
Sie waren nackt, aber sie schämten sich nicht. Das heißt: sie waren frei.
Takt ist die Fähigkeit, dem andern die Wahrheit zu sagen, ohne ihn zu beschämen. Insofern ist die gesamte Dogmengeschichte zwar nicht scham-, wohl aber taktlos: Sie verletzt das Keuschheitsgebot.
Hat Taktik etwas mit Takt zu tun (als die List der Instrumentalisierung des Takts, durch die er zur Gemeinheit wird)? Und ist nicht die Gemeinheit die idealistisch (oder zum Selbstzweck, zum Absoluten) gewordene Taktik?
Es gibt ein Besehen, Betasten, Befühlen, aber es gibt kein Behören (wohl eine Behörde). Was hat das Sich verhören mit dem Verhör (jemanden verhören) zu tun?
Hegel, oder der falsche Prophet: Die Prophetie ist ihre Zeit in Gedanken gefaßt, aber im Gegensatz zur Philosophie ist dieser Gedanke bis heute uneingelöst.
Fußball ist ein Zuschauerspiel: Der Zuschauer braucht (aufgrund seiner konstitutionellen Ohnmacht und Nichtexistenz) die Realimagination des Sieges. Etwas von der Qualität des Siegers geht (durch den magischen Mechanismus des Schuldverschubsystems) vom Spiel auf den Zuschauer über. Wer nicht zu den Gewinnern gehört, ist „weg vom Fenster“: Dieses Fenster ist das Schaufenster oder die Mattscheibe des Fernsehers, jedenfalls die absolute Trennwand, die den Zuschauenden vom Handelnden, oder – ihrem eigenen Bewußtsein nach – heute alle vom „wirklichen Leben“ (das im Fernsehen wie in den unzugänglichen und unerreichbaren Bereichen der Gesellschaft stattfindet) trennt. Dieses Fenster entscheidet darüber, auf welcher Seite einer steht. Sport als Liturgie: Steht der Zuschauersport nicht in der Tradition des Meßopfers und der öffentlichen Hinrichtungen, den traditionellen Herrschaftsliturgien? -
27.6.1994
Gründet der sprachlogische Unterschied zwischen den indogermanischen und den semitischen Sprachen (der Ursprung des Neutrum, der in der biblischen Tradition im Bild der Schlange vorgestellt wird) in der Logik der Schrift? Und wie hängt die „Erfindung der Schrift“ mit dem Turmbau zu Babel zusammen? Hat die babylonische Sprachverwirrung – etwas mit dem Namen des Teufels (des diabolos, des Verwirrers) zu tun und – bezeichnet sie nicht eher eine neue logische Struktur der Sprache als die Ablösung der Sprachen von einer gemeinsamen Ursprache und ihre endgültige Trennung in verschiedene Sprachen? Bezieht sie sich damit nicht auf den Ursprungsakt des Indogermanischen: den Ursprung des Neutrum? Und ist die „Verwirrung“ nicht der Ursprungsort des Schuldverschubsystems im Kern der Srpachlogik: symbolisiert im Kelchsymbol, in der Trunkenheit, im Taumelbecher (Geld, Bekenntnis, Inertialsystem)? Der Staat, die Familie und das Privateigentum gründen in der Logik der Schrift (und darauf beziehen sich die drei evangelischen Räte). Hat der Satz, daß die Gotteserkenntnis am Ende die Erde erfüllen wird, wie die Wasser den Meeresboden bedecken, etwas mit dem Thalesschen „Alles ist Wasser“ zu tun? Auch beim Exodus aus dem Sklavenhaus des Begriffs werden die Erstgeburten der Ägypter getötet und die Schätze der Ägypter geraubt. Die Herrschaft der Vergangenheit über die Zukunft ist der Grund, aus dem die drei Totalitätsbegriffe Wissen, Natur und Welt hervorgehen. Repräsentiert nicht das Präfix be- das „hinter dem Rücken“ (bekehren, bekennen, bearbeiten), und gehört es damit nicht zur Ursprungsgeschichte des Neutrums? Und liegt hier nicht der Grund für seine Verwendung als Infinitiv von Sein im Englischen (vgl. Rosenzweigs Hinweis auf die „verandernde Kraft“ des Seins)? Das Hinter dem Rücken ist eine Emanation der Finsternis. Dieser Satz hängt zusammen mit der Objektdefinition (Inbegriff der Nächte, der Finsternisse, die die Schöpfungstage von einander trennen). Was bedeutet im Judas-Brief (wer ist sein Verfasser?) die merkwürdige Stelle, wonach Michael und Luzifer sich um den Leichnam des Moses streiten, und ist diese Stelle eigentlich wirklich damit erledigt, daß man ihre Herkunft angeben kann (nach Origenes aus dem apokryphen Buch „Die Himmelfahrt des Mose“)? Werden nicht durch die Judas-Zitate auch diese „Himmelfahrt des Mose“ und die Henoch-Apokalypse wichtig? Vor allem: Wen repräsentieren hier Michael und Luzifer? Die Dogmengeschichte ist die Geschichte der fortschreitenden Abstraktion vom Zeitkern der Wahrheit (ihrer fortschreitenden „Ent-Prophetisierung“). Diese Geschichte fällt unter das Wort „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“. Das im wörtlichen Sinne „Verrückte“ an der Hegelschen Philosophie liegt darin, daß er in dieser Geschichte der Abstraktion vom Zeitkern der Wahrheit selber wiederum einen Zeitkern entdeckt hat. Das Fernsehen als Säkularisation von Platos Höhlengleichnis. Zu den Summenzahlen: 153 liegt 3×6-1 zugrunde, 276: 4×6-1, und 666: 6×6. Sind Merkur und Venus Sonnenplaneten, Mars, Jupiter und Saturn Mondplaneten? Philosophie als „Eingedenken der Natur“: Läuft das nicht auf den Versuch hinaus, den Wahnsinn, dem die Bewußtseinsgeschichte zusteuert, von innen aufzusprengen? Die Anwendung des Wortes vom Binden und Lösen auf die kirchliche Bußpraxis, auf das Sakrament der Beichte, hat die Logik des Rechts zur Grundlage der Sündenvergebung gemacht, wobei das Grundproblem des Rechts (Gemeinheit ist kein strafrechtlicher Tatbestand: das Problem der Heuchelei, das Beweisbarkeitsproblem in jeder Urteilslogik) das theologische Verständnis des Bußsakraments nicht unberührt gelassen hat. Hier liegt der Grund für die Probleme, die heute so viele Katholiken mit der Beichte haben (daß das Schuldproblem, das im Namen von Auschwitz sich anzeigt, im Bußsakrament nicht faßbar ist und nicht gelöst wird).
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26.6.1994
Die Logik der Gemeinheit bezieht sich gerne auf Tatsachen (die sie notfalls auch erfindet, jedenfalls dann, wenn sie im Augenblick nicht „widerlegt“ werden können: „Notlüge“). Durch den Begriff der Tatsachen werden die Schuldbeziehungen dingfest gemacht: werden alle zu Tätern gemacht (und durch die Logik des Weltbegriffs zugleich entlastet). Tatsachen sind die Säulen des Weltbegriffs und die Fixsterne des Schuldzusammenhangs. Tatsachen sind nackt. Tatsachen sind „nackt“, weil sie „nicht widerlegbar“ sind, Gemeinheit hingegen ist nicht nachweisbar. Zur „Sünde der Welt“: Welcher Anfang ist in dem Satz „Im Anfang war die Tat“ gemeint? Zur Theologie im Angesicht Gottes: Nur Gott sieht ins Herz der Menschen. Was wird aus einer Welt, in der der Gedanke an diesen Gott nicht mehr zu halten ist (die von dieser „Gottesvergiftung“ endgültig sich befreit haben wird)? Das Inertialsystem verwandelt die Welt in „alles, was der Fall ist“ (macht Licht und Finsternis ununterscheidbar). Nackte Tatsachen: Der Bereich, in dem das Gesetz der Fortpflanzung des Lichts im Raume gilt, ist der Bereich der aufgedeckten Blöße. Hängt die Existenz des Lebendigen nicht mit der „Fortpflanzung“ des Lichts im Raume zusammen? Die Pflanzen entringen sich der Schwere, „streben zum Licht“; die Tiere haben das Licht verinnerlicht, sind deshalb selbständige (wahrnehmende, dem Selbsterhaltungstrieb gehorchende, Ziele anstrebende, aus eigenem Antrieb sich bewegende) Wesen. Nicht durch den Werkzeuggebrauch, sondern durch die Fähigkeit, die Welt, die den Werkzeuggebrauch begründet und legitimiert, zu reflektieren, unterscheidet sich der Mensch vom Tier. War nicht schon die Astrologie ein kosmologischer Reflex des Selbsterhaltungsprinzips? Das konservative Konstrukt, wonach die Familie die Keimzelle des Staates ist, hat seine Wahrheit darin, daß in der Tat an den Familiendramen heute der Zustand und das Schicksal des Staates sich ablesen läßt. Als Verstärker wirken die Medien, die nur voyeuristisch an diesen Dramen teilhaben, sie für die voyeuristische Bedürfnisse des Publikums ausbeuten. Die Medien unterstützen und verstärken die Rechtfertigungszwänge, die diesen Familiendramen zugrundeliegen, sie determinieren. Die Lindenstraße ersetzt die Nachbarn, die viel langweiliger sind, sie ist ein Isolationsprojekt (sie isoliert die, die ihr verfallen sind, und unterhält die so Isolierten). Sie ist eine Art Beichte im Schuldverschubsystem (bekannt und als Urteilsobjekte vorgeführt werden die Sünden der andern, die Absolution erhält der Zuschauer, nach dem das moralische Urteil insgesamt beherrschenden Prinzip: Gott sei dank, daß wir nicht so sind). Ist nicht das „Bekannte“ („mir ist bekannt, daß …“) Inhalt eines im Schuldverschubsystem auf die Objektivität, auf Anderes oder Andere projizierten Bekenntnisses; das (Glaubens-)Bekenntnis ist das veranderte (Schuld-)Bekenntnis? Verzeihen und Vergessen: Von jemandem, der nicht verzeihen kann, sagt man er könne nicht vergessen. Aber das ist nachweislich falsch. Die Logik dieses Satzes gründet in jener Selbstzerstörung der Erinnerung, ohne die es den Weltbegriff nicht geben würde. Hier liegt die Wurzel der fatalen Folgen des christlichen Erlösungskonzepts, das die ganze Vergangenheit dem Vergessen überantwortet. Zur Frage der Säkularisierung theologischer Gehalte: Die Anwendung dieses Konzepts auf die Rechtfertigungslehre, die schon in den Wurzeln des Christentums angelegt ist, führt über die Bekenntnislogik direkt in den Faschismus. Bekenntnistheologie ist Feigenblatt-Theologie, ist Heuchelei. Das Rechtfertigungsproblem ist ein Teil des Schamsyndroms (im Paradies heißt es: „sie waren nackt und sie schämten sich nicht“; nach dem Sündenfall hingegen „gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten, daß sie nackt waren“: aber kein Wort, daß sie sich jetzt schämten). Die subjektiven Formen der Anschauung werden sich der Reflexion solange entziehen, wie von der Schuldreflexion abstrahiert wird. Zur dritten Leugnung: Die Sünde wider den Vater und die wider den Sohn können vergeben werden, die Sünde wider den Heiligen Geist kann weder in dieser noch in der zukünftigen Welt vergeben werden. Das Objekt ist der Inbegriff der sechs Finsternisse (der sechs Nächte), durch die die sieben Schöpfungstage voneinander getrennt sind, und die wie diese zum Schöpfungsbericht gehören. Gehört nicht der Stalinismus, das Problem „Aufbau des Sozialismus in einem Lande“, in die Geschichte der Parusieverzögerungen? – Die Bekenntnislogik, die im „Diamat“ auch den „real existierenden Sozialismus“ beherrschte, (und in ihrem Kern der Weltbegriff selber) ist das notwendige Korrelat der Parusieverzögerung. Ist das Schicksal des Stalinismus, des „real existierenden Sozialismus“, ein Menetekel für die Kirche?
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12.6.1994
Berufskleidung für Soldaten (Uniformen und Waffen, sowie Orden und Standarten) gibt es, seit es geprägte Münzen gibt (zur Geschichte der Banken, zur Kritik des Absoluten, des Weltbegriffs und des Staates). Zur Geschichte der Banken: War nicht die Priesterkleidung die erste Banker-Kleidung, und ist nicht die Banker-Kleidung im neunzehnten Jahrhundert zur männlichen Standardkleidung überhaupt geworden (Bedeutung der Krawatte)? Zur Geschichte der Optik: Im Ersten Weltkrieg ist die Gala- und Paradeuniform durch die Tarn- und Schutzuniform (Feldgrau und Stahlhelm) ersetzt worden. Gegen den Monotheismus: Nicht die Einheit, sondern die Einzigkeit ist ein Attribut Gottes (Hermann Cohen, vgl. Hegels Logik über das Eine und das Viele, das Eins und das Leere). Das Christentum hat die Prophetie mit der Philosophie verwechselt, den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs mit dem Absoluten. Durch das Attribut der Einheit wird Gott zu einem Nationalgötzen (wozu der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs dann für die deutsche bibelwissenschaftliche Tradition auch geworden ist: Grund der Verstrickung des deutschen Nationalismus in den Antisemitismus). Befördern die gegenwärtigen Verhältnisse nicht die windigen Geschäfte? Und die F.D.P. ernennt alle, die daran teilnehmen, zu Leistungsträgern (die es nur als „Besserverdienende“ sind). Die röhrenden Hirsche, die irgendwann die Kruzifixe in den Wohnzimmern ersetzt haben: die Eucharistie der steinernen Herzen, Beweis der Anstrengung, die heute notwendig ist, das Realitätsprinzip anzuerkennen (und das Fernsehen: die Aufbereitung des Realitätsprinzips zur frohen Botschaft – Drachenfutter). Hat die Eucharistie nicht in der Tat einmal die Gläubigen in die Anfangsgründe dieses Fotorealismus eingeübt (die Transsubstantiation und die Hostie als Modelle der technischen Reproduzierbarkeit)? Ist das Tier aus dem Wasser die Philosophie (der Weltbegriff), und das Tier vom Lande die theologische Orthodoxie und ihr Produkt: die modernen Naturwissenschaften (der Naturbegriff)? Die Sprache heute ist der (durch Geldwirtschaft, Inertialsystem und Bekenntnislogik) gefesselte Prometheus. Sensibilität ist Sprachsensibilität; sie gründet in der Fähigkeit, die Logik der Sprache nicht zu verdrängen, ihrer Instrumentalisierung zu widerstehen (sie gründet in der Fähigkeit zur Reflexion des Tauschprinzips, des Trägheitsgesetzes und der Opfertheologie).
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5.6.1994
Die Lichtgeschwindigkeit ist als Grenze zugleich ein Moment der Beziehungen zwischen thermischen und optischen Erscheinungen. Und das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ist der Grund der Existenz des Planckschen Wirkungsquantums (und der elektrischen Elementarladung).
Hängt der Rock aus Fellen mit dem Bogen in den Wolken zusammen (und das Feigenblatt mit der Sintflut)? Ist die Farbe ein Schamprodukt (aufgrund ihrer Beziehung zum Licht)?
Die Bewußtlosigkeit unserer Theologie ist der Grund ihrer Selbstzerstörung.
Das Über-Ich ist der Schatten, den das Ich auf das Gewissen wirft. Dagegen richtet sich das vierte Gebot.
Bezieht sich die Frage der Frauen, als sie zum Grabe gingen: „Wer wird uns den Stein wegräumen?“, auf Petrus?
Stecken nicht in dem „leer, gereinigt und geschmückt“ die drei Leugnungen? Und kann man nicht die drei Adjektive ersetzen durch Universum, mundus und kosmos?
In den modernen europäischen Sprachen haben sich die Suffixe, die Grundlage der Konjugationen, zu selbständigen Personalpronomina und Hilfsverben gegen die Verben verselbständigt; zugleich hat sich die sprachliche Gestaltung der Verben verändert, während die Nomen zu Substantiven geworden sind: So hat sich das Ding von der Sache getrennt.
Im griechischen „einai“ wurde das Infinitiv-Suffix zum Sein verselbständigt. Definieren nicht die Infinitivbildungen des Hilfsverbs Sein (der Kopula des Urteils) des Status der Verben in den Sprachen? Das gilt fürs deutsche Sein ebenso wie fürs englische to be (verbale Hypostasierung eines für die Organisation der Sprache zentralen Präfixes: des be-; Zusammenhang mit der den Empirismus fundierenden Logik der englischen Sprache).
Nichts gefährlicher, als wenn einer, der in der christlichen Tradition aufgewachsen ist, die Bibel aus dem Gedächtnis zitiert (sh. Theodor Haecker und Johann Baptist Metz).
Hat Theodor Heuß, ohne es zu wissen, mit dem Begriff der Kollektivscham nicht den parvus error in principio getroffen? Ist diese Kollektivscham nicht der Kern eines Weltbegriffs, der den Anblick aller durch alle fixiert und dem keiner mehr entrinnt; ist sie nicht eine Konsequenz aus der falschen Übersetzung von Joh 129? Seitdem sind die Deutschen auf den Blick und das Urteil „des Auslands“ fixiert, und seitdem verweisen sie zur Selbstentlastung immer wieder darauf, daß sie (die andern Länder) ja auch nicht besser sind.
Ist nicht die Geschichte mit den sieben unreinen Geistern ein Hinweis darauf, daß wer nach der absoluten Untat sich (wie die andern) endlich einmal auch unschuldig fühlen möchte (wie unter anderem auch in der Ökologie-, der Friedensbewegung u.ä.), Gefahr läuft, Opfer noch ärgerer Dinge zu werden? Die Frage ist nicht mehr, wie bleibe ich unschuldig, sondern: wie kann ich produktiv und ohne Selbsttäuschung mit dieser Schuld umgehen? Der Unschuldstrieb endet im Geschwätz und in der projektiven Verarbeitung der Wirklichkeit.
Analyse der politischen Farben: Es gibt die Schwarzen, die Roten, die Gelb-Blauen und die Grünen.
Die Hegelsche Logik ist die konsequenteste Selbstexplikation des durchschlagenen Knotens (des gordischen Knotens, nachdem der Aristotelesschüler Alexander ihn durchschlagen hat). Das Schwert, mit dem dieser Knoten durchschlagen wurde, war das kreisende Flammenschwert des Cherubs vorm Eingang des Paradieses.
Zur Sintflut und zur Arche gehört die doppelte Version der Rettung der Tiere: einmal (so Elohim) sollte von allen Tieren je ein Paar mit in die Arche genommen werden (Gen 619), dann aber (so JHWH) von allen reinen Tieren je sieben, Männchen und Weibchen, von den unreinen Tieren je ein Paar, Männchen und Weibchen, auch von den Vögeln des Himmels je sieben, Männchen und Weibchen (72f). Vgl. hierzu die Bindung Isaaks (Aufforderung zum Sohnesopfer durch Elohim, der Engel JHWHs hält Abraham dann zurück).
Antisemitismus, Xenophobie und Frauenfeindschaft sind die Fundamente der Bekenntnislogik. Was für die Griechen die Barbaren waren, das waren für die Christen die Heiden und die Ketzer (wobei der Islam beides in sich vereinigte, auch wenn der Aquinate sie unter den gentes, den Heiden, subsumierte: Folge der Rezeption des häretischen Elements in der Islamisierung des Christentums, die dann die Ursache für das Ende der häresienbildenden Kräfte im Christentum war).
Gibt es nicht ein Systemprinzip, aus dem
– die Häresien (ihre Abfolge seit der Gnosis) sich ableiten lassen, oder auch
– die Momente des antisemitischen Vorurteils (vom Ritualmord, über den Hostienfrevel und die Brunnenvergiftung, bis hin zur zionistischen Weltverschwörung).
Im Zentrum müßte das projektive Moment und das Schuldverschubsystem (im Kontext der Rezeption der Philosophie, des Ursprungs des Weltbegriffs) stehen.
Das Systemprinzip der Frauenfeindschaft scheint dagegen auf einer anderen Ebene zu liegen: Während Antisemitismus und Fremdenfeindschaft in der Logik des Weltbegriffs liegen, liegt die Frauenfeindschaft dieser Logik zugrunde. Zusammenhang mit dem Kelchsymbol (und seinen Konnotationen)?
Merkwürdige Affinität der Worte Welt und Kelch: Ersetzung der gutturalen Konsonanten durch labial-dentale.
Neben den Etymologien gibt es auch Etymogeleinen. Dazu gehören die „Ableitungen“ von: Sein, Würde, Wasser, Sinn, to be. Und wie ist das eigentlich mit der Heiterkeit und dem Ungetüm? Haben diese Etymogeleien etwas mit dem zweischneidigen Schwert zu tun?
Die Hegelsche Logik wird zur dialektischen Logik durch die Entfaltung der Differenz von Ding und Sache. (Welches griechische Äquivalent gibt es zur lateinischen res? Hat das pragma die gleiche Bedeutung wie die lateinische res?) Der Dingbegriff ist in sich selber theologisch vermittelt; er hat sich aus der Rezeption der Philosophie (der Logik des Weltbegriffs) in der Theologie (bzw. der Weiterbildung und Umgestaltung der Philosophie durch die Theologie, durch Opfertheologie und Bekenntnislogik) ergeben. Insbesondere verdankt sich die Rezeption der Philosophie im Römischen Reich, die Übersetzung der griechischen Kategorien der Metaphysik ins Lateinische durch Tertullian, dem Bedürfnis der Übersetzung der Trinitätslehre.
Voraussetzung für die Entfaltung der Dialektik von Ding uns Sache war die kantische transzendentale Logik, die Hereinnahme des Objekts in die Urteilsform im Kontext der Lehre von den subjektiven Formen der Anschauung.
Frage: An welchem Ort ist das Vergangene:
– In der Unterwelt,
– in Himmel, Hölle und Fegfeuer,
– in den Bibliotheken oder
– in unserm Kopf?
Aber tun wir nicht alles, das Vergangene zum endgültig Vergangen zu machen (um dem Schuldzusammenhang und der Last der Erinnerung zu entrinnen, zur Absicherung des Inertialsystems und der Naturbeherrschung, zur Konstituierung einer Welt, die nur noch als Reflex des Prinzips der Selbsterhaltung sich manifestiert): Wir halten uns unsere Vergangenheit wie exotische Tiere im Zoo, wie Kunstwerke im Museum, als Mittel der Unterhaltung im abendlichen Fernsehprogramm. Domestiziert im historischen Objektivationsprozeß, zugerichtet zum Objekt des bloßen Zuschauens, der folgenlosen Neugier, neutralisiert zum Panoptikum, fremd und banal wie die Sternenwelt (zu den Folgen der Logik der Schrift gehörte einmal die gemeinsame Entdeckung der Astronomie und der Geschichte).
Berichtigung: Das Absolute ist der Schatten, den das Subjekt auf den Namen Gottes wirft (nicht auf Gott, der jenseits aller Schatten ist).
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17.5.1994
Die Logik der Scham, das Anderssein, der Weltbegriff und die Ausbildung und Entfaltung der Raumvorstellung (das Aufdecken der Blöße oder das Sklavenhaus Ägypten):
– Sie waren nackt, aber sie schämten sich nicht; da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten, daß sie nackt waren.
– (Sintflut, Arche) Noah, der Weinbau, die Trunkenheit und die aufgedeckte Blöße, Ham und die Knechtschaft (gehört die Ham/Kanaan-Geschichte zur Vorgeschichte der Kafkaschen Erzählung „Das Urteil“?).
– Erkenntnis der Nacktheit und Ursprung des Weltbegriffs: Scham als verinnerlichter Blick des Andern; in diesem Blick und als Inbegriff der Logik seiner Objektivation konstituiert sich der Weltbegriff.
– Der Raum als die zwangshafte Rekonstruktion des verinnerlichten Blicks des Andern; die kopernikanische Wende, die Vernichtung des Angesichts Gottes durch den „unendlichen Raum“ (Abwehr, Verdrängung des Angeblicktwerdens), Grund der kantischen Erkenntniskritik.
– „Kollektivscham“ als kollektive Isolationshaft, die Unfähigkeit zu trauern und die zweite Schuld; Kollektivscham und Xenophobie, Ausländerfeindschaft und neue Rechte. Der Begriff der Kollektivscham hat die Erinnerung mit der Welt versöhnt und somit zur Folgenlosigkeit verdammt (und dieses Land zum „Land der unbegrenzten Zumutbarkeiten“ gemacht).
– Das Fernsehen (die institutionelle Aufspaltung des Sehens durch Trennung des Sehens und Gesehenwerdens) oder die Blinden und die Lahmen (2 Sam 56ff, Mt 115).
– Die Logik der Scham und die Ausbildung und Entfaltung der Logik des Raumes.
– Ist die am zweiten Tag geschaffene Feste, die die oberen von den unteren Wassern (die Prophetie von der Philosophie) trennt, das kosmische Realsymbol der Scham?
– Scham und Verdinglichung, Ursprung der Exkulpationsmechanismen, Scham und Gewalt: Ist die Scham die Materie des Absoluten?
– Die Philosophie ist mit der Verinnerlichung des Schicksals entstanden (Ursprung des Begriffs), die mathematische Naturwissenschaft mit der der Scham (Ursprung der subjektiven Formen der Anschauung, der Raumvorstellung).
– Scham und Schuldverschubsystem (Exkulpation durch Projektion: Prinzip der Anklage, Grund des Objektivationsprozesses), Ursprung des katholischen Mythos (der traditionellen Höllenlehre: stammt der Satz, daß zum Glück der Seligen im Himmel die Anschauung des Leidens der Verdammten dazugehört, den Nietzsche auf Thomas von Aquin zurückführt, nicht schon von Augustinus? Vgl. das Nietzsche-Zitat bei Jürgen Ebach: Apokalypse, in: Einwürfe 2, S. 45).
– Die Scham als gemeinsamer Grund des Mythos und der Kunst (der Ästhetik). Konstruktion der Farben (die Sintflut und der Bogen am Himmel).
– Sind die sekundären Sinnesqualitäten nicht stellvertretende Opfer für das eigentliche Opfer: die benennende Kraft der Sprache (der Logos), und liegt dem nicht die Ersetzung des Hörens durch den Gehorsam (die säkularisierte Gestalt des Islam, mit der augustinischen „Wörtlichkeit“ als Vorstufe des Koran) zugrunde? – Wäre das Gehorsamsgebot nicht endlich beim richtigen Namen zu nennen: als Heiligung des Gottesnamens? Das Credo hat das Niederfahren Gottes beim Turmbau zu Babel zu einem Akt der Kirche gemacht: sie zieht ihn in ihre Verstrickungen (in die Verstrickungen der Bekenntnislogik, der Logik des Absoluten) mit herein. Ist nicht die Kirchengeschichte die endlose Ausdehnung der descensio ad inferos?
– Scham, Sexualität und Urteil (Begriff der Erbsünde). Als Urteilslogik ist die transzendentale Logik eine Logik der Scham (und bedarf zu ihrer Begründung der transzendentalen Ästhetik: der Logik der Abstraktion vom Gesehenwerden).
– Die Scham und die Zerstörung der benennenden Kraft der Sprache (oder die Heiligung des Gottesnamens).
– Scham hat einen Adressaten, Scham ist Scham vor einem anderen: Mit dem Weltbegriff ist dieser Andere verinnerlicht worden. Gibt es Stufen der Scham (Entschlüsselung der sieben unreinen Geister)? Die Geschichte der drei Leugnungen ist in die Geschichte der Scham verstrickt.
– Die Kollektivscham und die Pforten der Hölle (oder Kollektivscham und Naturbegriff).
– Die Grenze zwischen Natur- und Weltbegriff ist eine Schamgrenze, starr und gleichsam orthogonal verbunden mit dem Ursprung und der Geschichte der Sexualmoral.
– Der Weltbegriff unterläuft die Herrschaftskritik und begründet die Sexualmoral durch Herstellung von Komplizenschaft (er unterwirft die Herrschaftskritik dem Schuldverschubsystem; die Theologie hat dieses Schuldverschubsystem im Dogma kanonisiert: mit der Opfertheologie und dem Konstrukt der „Entsühnung der Welt“, begründet in der falschen Übersetzung von Joh 129).
– Durch die Einbeziehung der Übernahme der Sünde der Welt ins Nachfolgegebot wird das „wörtliche“ Verständnis ins prophetische Verständnis transformiert (Wahrheit der Lehre von der Transsubstantiation), gewinnt die Sprache ihre benennende Kraft zurück (apokalyptische Enthüllung).
– Scham und Sprache: Sollte mit der Heiligung des Gottesnamens die Anonymität des Angeblicktwerdens aufgehoben (der Mensch in den Anblick Gottes gerückt) werden? Die Anonymität gründet in der Abstraktion der Form des Raumes (Zusammenhang mit der Geschichte der drei Leugnungen).
– Steckt im kantischen Begriff des Erhabenen die Erinnerung an den leeren Weltenraum, und gründet darin die Assoziation des „moralischen Gesetzes in mir“ mit dem „gestirnten Himmel über mir“?
– Die Scham, das Feigenblatt und der Rock aus Fellen.
– Wie hängt die Logik der Scham mit der des Feuers zusammen (auch die Scham brennt wie Feuer)? Gründet das Feuer im Namen des Himmels (und im brennenden Dornbusch: in der brennenden Innenerfahrung der Profangeschichte) in dem, was die Scham objektiv bezeichnet?
– Der brennende Dornbusch als brennende Innenerfahrung der Profangeschichte setzt die Gotteserkenntnis (die Selbstoffenbarung Gottes) in Beziehung zur Bewegung der Profangeschichte (vgl. Walter Benjamin, Theologisch-politisches Fragement: „Das Profane ist zwar keine Kategorie des Reiches, aber eine Kategorie, und zwar der zutreffendsten eine, seines leisesten Nahens“). Der brennende Dornbusch ist
– „Absolutum est prius relativo secundum esse, et est posterius secundum dici“ (Thomas von Aquin, S.Th. I 2, q. 16.4 ad 2). Der newtonsche „absolute Raum“ hat seine Wurzeln in der Scholastik; er findet seine Vollendung in der Hegelschen Idee des Absoluten.
– Die Verstrickung der Theologie in die Dialektik der Aufklärung ist symbolisiert in der Geschichte von den drei Leugnungen. Leugnet nicht die aus der Philosophie rezipierte Idee der Anschauung Gottes das Angesicht Gottes?
– Die subjektiven Formen der Anschauung entspringen in der (praktischen) Abstraktion vom Gesehenwerden, sie sind ein Produkt der Schamverarbeitung. Mit dem Ursprung der Naturwissenschaften wurde der Blick des andern tabuisiert, verdrängt, gelöscht; als Produkt projektiver Schuldverschiebung erscheint er dann wieder in dem bösen Blick, der den Hexen nachgesagt wurde: So gehört die Geschichte der Hexenverfolgung zur Geschichte des Ursprungs der Naturwissenschaften. Der wirkliche böse Blick aber ist der, den die Naturwissenschaften auf die Dinge werfen; dieser Blick hat eine eingebaute Exkulpationsautomatik: es ist der Blick des Herrn (des Absoluten).
– Das „naturwissenschaftliche Weltbild“, die kopernikanische Wende als Katalysator des gesellschaftlichen Fortschritts, hat die (intellektuellen und moralischen) Hemmnisse beseitigt, die der „freien Entfaltung“ des Kapitalismus im Wege standen.
– Der Herrenblick oder das verinnerlichte Babylon und die projektive Verschiebung des „Grauens um und um“ (Jeremias). Gehört heute nicht die descensio ad inferos zu den Prämissen theologischer Erkenntnis?
– Ergänzung zum Stern der Erlösung: Die Philosophie verschweigt nicht nur den Tod, sondern seit ihrem Bündnis mit der Theologie hat sie ihn instrumentalisiert: War das nicht der Kelch (der Kelch der Opfertheologie), von dem Jesus wünschte, er möge an ihm vorübergehen? Mit der Instrumentalisierung des Kreuzestodes wurde die Strafe der Steinigung (zur subjektiven Form der äußeren Anschauung und zum Prinzip der Verdinglichung) vergeistigt (und der Feuertod zur Strafe für Juden, Ketzer und Hexen).
– Es genügt nicht, daß die Christen sich irgendwo im Stern der Erlösung wiederfinden, es käme darauf an, den Stern der Erlösung ins Christliche zu übersetzen (nach Walter Benjamin: die Tradition auf dem eigenen Rücken weiter zu befördern, nur daß Christen sie überhaupt erst auf die eigenen Schultern heben müssen).
– Merkwürdig, daß aus einem Buch, das die Lösung der sieben Siegel zum Gegenstand hat, ein „Buch mit sieben Siegeln“ geworden ist.
– Der Name Gottes bildet sich in der Lösung der sieben Siegel, in der Lösung des Banns, den der Raum auf Mensch und Welt legt.
– Der Prototyp der neuen Gestalt der Religionskriege war der Weltanschauungskrieg der Nazis gegen Rußland, und der war schon ein Vernichtungskrieg („Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?“).
– Leben wir nicht heute nach dem Motto: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß? Aber diese Kälte ist die des steinernen Herzens. Dagegen wäre der Satz zu setzen: „Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu bringen, und ich wollte, es brennte schon“ (Lk 1249).
– Zum letzten Satz des Buches Jona: Wer rechts und links nicht mehr unterscheiden kann, unterscheidet sich nicht mehr vom Vieh (sh. Behemoth), das deshalb in die Buße Ninives ebenso wie in die Barmherzigkeit Gottes mit hereinzunehmen ist.
– Daß niemand das Licht unter den Scheffel stellt, stimmt nicht: Die moderne Aufklärung hat es getan, weil sie das Licht mit dem Scheffel verwechselte. So ist sie zum Scheffel über dem Licht geworden.
– Das Lachen instrumentalisiert die Scham, macht sie zur Waffe.
– Die Waffen der Schlange: ihr Blick und das Gift (gleicht sich die Sprache der Politiker nicht immer mehr dem Blick der Schlange an?).
– Zu Jes 271: Ist der Leviatan, „die flüchtige Schlange, … die gewundene Schlange“, Produkt der Mimesis an den Grund der Raumvorstellung (die erste Gestalt des „Korpuskel-Welle-Dualismus“, Reflex dessen, daß jede Gerade im Raum sowohl Trägheitsbahn als auch Rotationsachse ist – daß beide Bewegungen die Zukunft mit der Vergangenheit kurzschließen, indem sie die Gegenwart ausschließen: „Das Tier, das du gesehen hast, war und ist nicht und wird (wieder) heraufkommen aus der Unterwelt und geht hin ins Verderben“, Off 178)?
– Gibt es eine Beziehung der astrologischen Planetentheorie und der kirchlichen Sakramentenlehre zur Logik der Scham (Venus und Eucharistie)?
– Schicksal und Scham: Die Verinnerlichung des Schicksals (und der Ursprung des Begriffs) mußte abgesichert und stabilisert werden durch den projektiven Namen der Barbaren; die Absicherung der Verinnerlichung der Scham (und des Ursprungs der Naturwissenschaften) erfolgte über den projektiven Namen der Wilden (war die kopernikanische Wende der Anfang eines kosmologischen Kolonialismus und die kantische Philosophie der Beginn des kritischen Selbstbewußtseins davon?).
– Hat die Scham mit der Eitelkeit zu tun, mit dem Nichtigen?
– Die gleiche Logik der Scham, die die Raumvorstellung konstituiert, liegt auch der Bekenntnislogik zugrunde (über die Logik der Scham hängt der Greuel der Verwüstung mit der Sünde Adams zusammen: der Greuel der Verwüstung ist aus der Sünde der Welt ableitbar).
Woher kommt konkret der Name Palästina, welchen historischen Weg hat er genommen? Wie lange hat es die Philister gegeben, wer waren ihre Nachfahren, und haben nicht die Römer dann das Land Israel Palästina genannt?
Wie wäre es mit dem schönen Titel: Ein Vorschlag zur Güte? -
13.5.1994
Hängt die Beziehung der Schrift zum Problem der Eigentumsübertragung, zum Ursprung des Tauschprinzip, zusammen mit der Beziehung beider zum Namen (der Name und die Logik der Schrift)? Ist die Schrift ihrer eigenen genetischen Logik zufolge eine enteignete Sprache (und liegt darin der Grund für den Namen der „hebräischen“ Schrift wie auch für die logisch-grammatische Durchorganisation der Sprache im Kontext des Ursprungs und der Entfaltung der Schrift)?
Zu den sieben Siegeln der Apokalypse: Gehört neben der Maske und als Teil ihrer Vorgeschichte nicht auch das Siegel zur Geschichte des Ursprungs des Personbegriffs?
Gehören nicht die Sakramente ebenso wie vorher die Astrologie zur monarchischen Organisation des Staates (und der zugehörigen Welt), und ist der traditionelle Katholizismus nicht durch sein eigenes Strukturprinzip auf die monarchische Tradition verwiesen? Liegt hier nicht der Grund dafür, daß heute eine katholische Theologie fast nicht mehr rekonstruierbar ist?
Ist uns unser physisches Inneres (Herz, Lunge, Leber usw.) nicht genau so fremd wie Sonne, Mond und Sterne?
Definition des Naturbegriffs: Objekte der
– Herrschaft durch Demut,
– Verschuldung durch Entsühnung,
– Verblendung durch Erkenntnis.
Drachenfutter: das Fernsehen, der politisch-ökonomische Inzest (die neoliberale Wirtschaftspolitik) und die Kapitulation der Kirchen. Aber gehört nicht der Verzehr des Leviathan zum messianischen Hochzeitsmahl?
Randbedingungen des Rassismus und der Fremdenfeindschaft: die Verdrängung des kannibalistischen Aspekts der Eucharistie, die Rechtfertigungslehre und die projektive Sexualmoral. -
2.5.1994
Die vollständige Umkehr aller Richtungen im Raum schließt die Zeitumkehr als Bedingung der Vorstellung einer homogenen Zeit mit ein; die Voraussetzung hierfür ist die Vorstellung eines orthogonalen dreidimensionalen Raumes, eines für sich bestehenden „absoluten“ Raumes; aber dieses Für-sich-Bestehen des Raumes (der „subjektiven Form der äußeren Anschauung“) verdankt sich der Selbstleugnung des Subjekts, das dann nur noch „alle meine Vorstellungen muß begleiten können“: das zu seinen eigenen Vorstellungen äußerlich sich verhält (mit der Vergegenständlichung wird eine Eigentumsbeziehung zu diesen Vorstellungen begründet: sie werden zu „meinen Vorstellungen“, Pendant ihrer Kommerzialisierung). Das Inertialsystem ist die dritte Leugnung (ein System, in dem es nur noch die miteinander vertauschbaren Dimensionen der Vergangenheit und Zukunft, aber – wie in der indogermanischen Sprache, in der das alte Imperfekt durch das neue Präsens, den Kern des neuen Konjugationssystems, verdrängt worden ist – keine Gegenwart mehr gibt).
Das Prinzip der „Meinungsfreiheit“ ist Ausdruck und Folge der Herrschaft des Tauschprinzips, seiner Anwendung auf die Erkenntnis (Begründung des Wissens und des Bewußtseins).
Durch ihre Verstrickung in den Prozeß der europäischen Aufklärung ist die Theologie zur Theologie hinter dem Rücken Gottes geworden; aber eben deshalb ist der Konflikt der Theologie mit der Aufklärung unlösbar.
Die theologische Lehre von creatio mundi ex nihilo beschreibt einen Vorgang in der Ursprungsgeschichte des Staates: Dieses nihil symbolisiert den Mord, der Staat und Welt zugleich begründet; dieses nihil ist zugleich der Systemgrund des mythischen Opfers wie auch der christlichen Opfertheologie: Die christliche Theologie ist erst durch die Instrumentalisierung des Kreuzestodes zur Staatsreligion (zur Römischen Reichsreligion) geworden.
Natur ist das Objekt des Herrendenkens; sie konstituiert sich als Natur im Kontext der exkulpatorischen Logik des Begriffs (der Logik der Welt). Der Grund oder die Wurzel dieser exkulpatorischen Logik des Begriffs heißt in Joh 129 die „Sünde der Welt“.
Die Schwere und das Licht sind die realsymbolischen Korrelate des Gründens und Aufspannens.
In den „Studies in Prejudice“ gibt es eine Untersuchung über die Sprache des Agitators (Löwenthal/Gutermann: Agitation und Ohnmacht). Diese Sprache des Agitators, die heute zur politischen Sprache insgesamt geworden zu sein scheint, hat eine metaphorische Basis. Wäre es nicht an der Zeit, das Problem der Metaphorik, deren Logik mit der der benennenden Kraft der Sprache zusammenhängt, ins Licht zu bringen? Ohne die Reflexion ihres metaphorischen Grundes ist die Rekonstruktion der benennenden Kraft der Sprache nicht zu leisten. Die Sprache des Agitators lebt von den unverarbeiteten Resten der theologischen Tradition; ihre Aufklärung ist ohne Theologie nicht mehr möglich. Liegt nicht die Differenz zwischen der Instrumentalisierung des metaphorischen Elements der Sprache und der Rekonstruktion seiner benennenden Kraft im Begriff der Umkehr? Ist nicht der Fundamentalismus ein Versuch, metaphorische Texte indikativisch zu verstehen; und ist nicht der Indikativ eine der zentralen differentiae specificae des Indogermanischen, eine der sprachlichen Wurzeln der abstraktiven Gewalt des Inertialsystems (vgl. die Sprachwurzeln der Begriffe Indikativ und Konjunktiv)?
Das Präsens ist die Vergangenheitsform der Gegenwart (Reflex der Vorstellung einer homogenen Zeit), während das alte Imperfekt die offene Gegenwart (den Bereich der unabgeschlossenen Handlung) repräsentiert. Zum Präsens gehört das Präsentieren und das „Es gibt“. Unterm Gesetz dieses Präsens wird das Imperfekt zum Präteritum. Das Präsens und die Vorstellung einer fix und fertigen Welt, die gleichsam für unseren Gebrauch daliegt, gehören zum Weltbegriff. Aber diese Welt ist das Produkt einer Handlung (das Ensemble von „Tatsachen“): Produkt der Sünde der Welt. Mit diesem Präsens hängt die Neutrumsbildung zusammen: die Frucht, die die Schlange der Eva anbietet, die sie dann an Adam weiterreicht, ist das Präsentierte.
Ist nicht der Präsens der Sprachgrund des Dativ? Und macht dieses Präsentische die indogermanische Sprache zur Schaufenstern- und Fernseh-Sprache, deren frühester Ausdruck die theoria ist (und ihr Repräsentant im Subjekt die Formen der Anschauung). In der jüdischen Tradition gibt es das „von Angesicht zu Angesicht“ (zu dem das sch’ma Jisrael gehört), aber nicht die (einseitige) „Anschauung Gottes“ (zu der das Credo gehört).
Beschreibt die Geschichte vom Sündenfall den Ursprung der indogermanischen Sprache?
Hat nicht Esau eine Kanaaniterin zur Frau; und wie war es mit Ismael, dem Bruder des Isaak?
Die kirchliche Sexualmoral ist (wie der Fundamentalismus insgesamt) ein Produkt des indikativischen Verständnisses biblischer Texte.
Die Römer sprachen Latein, die Israeliten hebräisch (die Juden aramäisch, hebräisch war die Sprache ihrer Schrift) und die Hellenen (die in der Apg mit den „Hebräern“ verglichen werden) sprachen Griechisch: Wie verhalten sich Volks- und Sprachennamen zueinander, und worin ist die Differenz begründet?
In den Genealogien werden nur die Väter genannt, aber Jude ist, wer eine jüdische Mutter hat?
Ist Drewermann konfliktunfähig, nachdem ihm der Geist, der Inbegriff des verteidigenden Denkens, zum „Furz“ geworden ist? Die Befreiung des Hegelschen Geistes vom Fluch des Absoluten ist auch die Befreiung von seiner Wurzel, dem „Weltgeist“.
Was ihr den Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan: Genau so wie wir sie im Bewußtsein und in der Praxis zum Verschwinden gebracht haben, haben wir ihn zum Verschwinden gebracht.
Der Staub und die Archäologie: Archäologische Theologie ist experimentelle Theologie, der Versuch, die Ablagerungsschichten des Staubs aus dem Weg zu räumen, um die verschüttete Wahrheit ans Licht zu holen. Modell ist die Psychoanalyse, die ebenfalls schon eine archäologische Disziplin war. Der Jungsche Vorstoß zu den „Archetypen“ war ein Vorstoß in dieser Richtung, wobei er nur verkannte, daß das gesuchte Objekt kein psychologisches, auch kein kollektives, ist, sondern ein historisch-gesellschaftliches, und zwar eines, das sich in der Kritik der Konstellation von Verdrängung, Unbewußtem und Projektion erst bildet. Insbesondere hier gilt: Das Vergangene ist nicht nur vergangen. In diesem Konstrukt steckt die ganze Geschichte.
Im Hebräischen gibt es kein Neutrum, wohl aber beim Interrogativpronomen die Unterscheidung zwischen Personen und Sachen (nicht „Belebtem“ und „Unbelebtem“). Hat das Interrogativpronomen für Sachen etwas mit dem Namen des Wassers (und dem des Himmels) zu tun (mah/majim/schamajim, vgl. im Deutschen was/Wasser)? Ließe sich daraus ableiten, daß die Trennung der oberen von den unteren Wassern etwas mit der Unterscheidung von Prophetie und Philosophie zu tun hat (der Name des Himmels bezeichnete dann diese Unterscheidung)?
Als Jesus seine Jünger fragte: „Könnt ihr den Kelch trinken?“, meinte er die Nachfolge, aber als er dann sagte: „Ihr werdet den Kelch trinken“, hat er gewußt, daß die Evangelien in Griechisch geschrieben wurden.
Der Konjunktiv bezeichnete ursprünglich die hypothetische Folge in einem Begründungszusammenhang (würde/hätte …, wenn …); wie ist aus der konkreten, begründeten Möglichkeit die abstrakte, von ihrer Begründung abgelöste Möglichkeit (der von der coniunctio getrennte Konjunktiv) geworden, ein Modus des Verbs? Worauf bezog sich der Indikativ (die prosaische Wirklichkeitsform; indicatio: Preisangabe, Zusammenhang mit dem durchs Tauschprinzip oder durchs Trägheitsgesetz definierten Realitätsprinzip)? Gibt es einen der kantischen Kategorie der Notwendigkeit korresponierenden verbalen Modus? -
27.4.1994
Sünde als Voraussetzung der Erkenntnis: Diese Erkenntnis wird durchs moralische Urteil (durch die Exkulpations-Logik des Schuldverschubsystems) zum Geschwätz neutralisiert.
Die grammatischen Begriffe sind insgesamt geronnene Handlungen, Verbalabstrakta; deshalb die Suffixe -ativ/-itiv (nominare: Nominativ, accusare: Akkusativ).
Woher stammt der Genetiv/Genitiv (oder der Infinitiv)? Hat er etwas mit dem generare (erzeugen) zu tun, und ist der Genitiv Repräsentant des Zeugungs- und Adoptionsverhältnisses in der Sprache (Ableitung von Herrschaft und Besitz aus der Hurerei)? Im Griechischen wird das bar (Sohn des) durch den Genitiv wiedergegeben. Und hat nicht in der Tat jedes Herrschafts- und Besitzverhältnis eine sehr tief reichende libidinöse Komponente? Liegt hier der Ursprung der biblischen Schwurpraxis (mit der Berührung der Lenden des Vaters, des Herrn), oder auch die Lösung des Problems der Beziehung des Schwurs zur Zahl Sieben (Beerscheba): Zusammenhang des Schwurs mit den Siegeln?
Im Hebräischen ist der Genitiv ein Nominalobjekt, der Akkusativ ein Verbalobjekt. Ist die Entfaltung des Deklinationssystems in den indogermanischen Sprachen eine Konsequenz der Neutrumsbildung und durch diese mit dem veränderten System der Konjugationen (der veränderten Beziehung der Verben zur Zeit) verbunden? Und verweist die Ursprungsgeschichte dieses Deklinationssystems auf die Geschichte Israels mit Kanaan (ist die Sprache wie das Land Kanaan Privateigentum und Gegenstand des Wertgesetzes, oder ist sie Gottes Eigentum)?
Ist der Baal die Urgestalt des Absoluten?
Die grammatischen Begriffe sind hypostasierte Adjektive, ihre Hypostasierung eine Folge der Trennung von Ding und Sache.
Die grammatischen Begriffe der indogermanischen Sprache sind Funktionsbegriffe, die der hebräischen Sprache, soweit sie nicht aus analoger Anwendung der indogermanischen Grammatik sich herleiten, haben die materiellen sprachlichen Bildungselemente als Grundlage (daher der Name der „hebräischen“ Schrift und Sprache?).
Bezeichnet das „Filius meus es tu, hodie genui te“ den Ursprung des Genitiv?
Definition der Ellipse: Geometrischer Ort aller Punkte, bei denen die Summe der Abstände zu den beiden Brennpunkten sich gleichbleibt. In der Konstruktion der Ellipse wird gleichsam der Radius des Kreis in seine zwei Richtungskomponenten (in das Sehen und Gesehenwerden) aufgespalten: Schlüssel zum Verständnis der elliptischen Planetenbahnen?
Zu den griechischen Sternensagen: Sind vielleicht die griechischen Mythen insgesamt Sternensagen (und historische Sagen zugleich)? Und haben wir nicht durch das Tabu über die Astrologie (über das Problem ihrer logischen Konstitution) den Schlüssel zu den Mythen verloren? Ist die Astrologie der Turm, der bis an den Himmel reicht (Turmbau zu Babel, Ursprung des Mythos und der Herrensprache)? Und sind Spuren davon nicht noch in den divinatorischen Traditionen (die der Römische Imperialismus dann als Gefahr wahrgenommen und verboten hat) enthalten (Haruspizien, Auguren: Leberschau und Vogelflug)?
Wäre es nach Erfindung des Fernsehens nicht an der Zeit, zu Platons Höhlengleichnis endlich die Konstruktion der Höhle zu entschlüsseln? Ist die platonische Höhle ein Bild der Hölle, von der es in der Bibel heißt, daß ihre Pforten sie (die Kirche) nicht überwältigen werden?
Ist nicht der technische Fortschritt eingebunden in ein System von Entsprechungen; sind nicht die Gestalten der Naturbeherrschung ebenso Formen der Herrschaft in der Gesellschaft und Gestalten der Selbstverblendung in der Theologie im Kontext des Herrendenkens?
In Küng und Drewermanns Ägyptophilie ist die Sehnsucht nach den Fleischtöpfen Ägyptens aufgebrochen, der Wunsch nach Wiederherstellung des Sklavenhauses.
Kontrafaktische Urteile gehorchen der Logik des Stammtischs; sie leben von der fatalen Gnade der späten Geburt (dem Privileg des Besserwissens). Sie sind die ohnmächtigen Erben der Magie, die, wenn sie ihrer Ohnmacht bewußt wird (und den Drang zu handeln in sich verspürt), faschistisch wird.
Wenn Kohl das Urteil der Geschichte reklamiert, dann gründet das in seinem Glauben an die Kraft der kontrafaktischen Urteile.
Die historische Bibelkritik wird zwangsläufig antisemitisch, wenn sie das Problem der prophetischen Geschichtsschreibung, der Beziehung von Prophetie und Geschichte, oder auch das Problem der Grenzen der objektivierenden Erkenntnis in der Geschichte, verdrängt (vgl. Nietzsche, Rosenzweig, Benjamin).
Wenn sich Biblische Texte des „Alten“ wie des „Neuen“ Testaments) dem historisch-kritischen Blick in verschiedene Quellen auflösen, so gründet das in dem gleichen Gesetz, nach dem im Stern der Erlösung das All nach seiner Konfrontation mit der Todesfurcht in seine Elemente auflöst. Die Quellentheorie ist das Opfer der gleichen Logik, die Franz Rosenzweig durch Reflexion zu durchdringen und zu begreifen versucht hat. Die Rosenzweigsche Reflexion der Todesfurcht ist die Antwort auf ihre philosophische Instrumentalisierung, deren direkte Produkte die Opfertheologie, das Dogma und die Bekenntnislogik sind: Seit ihrem Ursprung hat sich die Theologie geweigert, den Kelch zu trinken, auf den die Getsemane-Geschichte sie so deutlich verweist. So ist sie zur Theologie hinter dem Rücken des lieben Gottes geworden.
Am Brotbrechen haben ihn die Jünger in Emmaus erkannt, aber den Kelch wird er erst im zukünftigen Gottesreich mit ihnen trinken. -
31.3.1994
Die intentio recta, das Inertialsystem und die sieben unreinen Geister. Das Inertialsystem ist die real existierende Verwischung der Differenz zwischen Rechts und Links (und der drei Dimensionen des Raumes), und die Geschichte der Mathematik ist die Geschichte des Ursprungs der Definition des Begriffs der Dimension (Entdeckung des Winkels, der Null und der negativen Zahlen). Fortbildungen der intentio recta (der Abstraktion von der Reflexion): das Schaufenster und das Fernsehen; die Abstraktion vom Gesehenwerden (von der Scham) oder die Hereinnahme der Naturgrenze ins Sehen. Im Schaufenster und im Fernsehen erfüllt sich die intentio recta: als Hilfsmittel der Reklame und der Propaganda (als „Vater der Lüge“). Zur Beziehung der mikrophysikalischen Naturkonstanten zum Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit: Wenn das Plancksche Wirkungsquantum, die elektrische Elementarladung und die übrigen Konstanten mathematisch aus dem Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit sich nicht sollten herleiten lassen (wie die Kreiszahl pi oder die Basis des natürlichen Logarithmus e), so müßte die Unmöglichkeit der Ableitung streng sich darstellen lassen. Gegenstand einer Chaostheorie im traditionellen Sinne wäre eigentlich die Physik insgesamt, deren Erkenntnisse sich der Subsumtion der Dinge unter die chaotisierende Gewalt des Vakuums verdanken. Das Chaos im Schöpfungsprozeß, das tohu wa bohu, ist kein Attribut der Schöpfung insgesamt, sondern nur der Erde (Gen 12). Wenn der Himmel Sein Thron ist, ist dann nicht das Besitzen insgesamt blasphemisch (ein Akt der Empörung)? Wie heißt der Dominus Deus Sabaoth auf hebräisch (in den Geschichtbüchern, Psalmen und Propheten)? Die (die Naturerkenntnis begründende) Frage „If the future will be like the past“ hat ihr Gegenstück in der anderen (die historische Erkenntnis begründenden) Frage „If the past has been like the present“. Gibt es nicht auch Vergangenheiten im Plural, und ist die Singularisierung der Vergangenheit (wie die des Himmels) nicht eine Vergewaltigung des Objekts? An welcher Stelle bei der Lösung der sieben Siegel erscheinen der Drachen und die Tiere? Und haben die Planeten nicht doch etwas mit den Kasus und mit der Deklination der Nomina zu tun (z.B.: Nominativ = Sonne, Akkusativ = Mond; Genitiv = Merkur; Dativ = Venus; Instrumentalis = Mars; Vokativ = Jupiter; Ablativ = Saturn)? Ist die grammatische Durchbildung der Sprache (der indogermanischen und der semitischen) astrologischen Ursprungs (chaldäischen Ursprungs: Turmbau von Babel), und hat sie etwas mit dem „kreisenden Flammenschwert“ des Cherubs am Eingang des Paradieses (das dann im „zweischneidigen Schwert“ Ps 1466, Spr 54, Hebr 412 und in der Apk 116 und 212 wiederkehrt) zu tun? Hat die Gedankenschwere etwas mit dem Inertialsystem der Grammatik (wie die Materie mit dem Erlöschen der benennenden Kraft der Sprache) zu tun? Wenn die Sonne (die den Tag erhellt) den Nominativ und der Mond (der die Nacht erleuchtet) den Akkusativ repräsentiert, dann ist es in der Tat nicht unwesentlich, welchem Geschlecht sie zugeordnet werden.
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