Fernsehen

  • 06.03.94

    Zieht nicht das Fernsehen die Menschen aus dem Verkehr, verändert es nicht die Sprache auf beiden Seiten des Geräts in Richtung Verstummen?
    Das Problem des Dings (oder das Problem der Hegelschen Logik) ist das des Inertialsystems oder das der Orthogonalität (auch die Beziehungen des Raumes zur Zeit und zur Materie sind Orthogonalitätsbeziehungen: erst die Materie neutralisiert die benennende Kraft der Sprache). Die Orthogonalität gründet in der versäumten Umkehr: sie ist (zusammen mit der Vorstellung der Materie und der homogenen Zeit und mit der Hegelschen Logik) das Produkt der Instrumentalisierung der Umkehr (wie das Dogma das der Instrumentalisierung des Kreuzestods).
    Seit Hegels List der Vernunft, in der die Schuld des Systems sich einbekennt, gibt es zum Zynismus keine Alternative mehr.
    Der Monotheismus ist intolerant, weil er die Idee des Absoluten – den Schatten, den das Ich auf Gott wirft – mit Gott verwechselt. Das Absolute ist ein Reflexionsbegriff, von dem des Relativen (wie auch vom Ich) nicht zu trennen. Gott hingegen ist ein Name, und nur der Name entzieht sich der Logik der Reflexion.
    Von wem stammt der Satz, daß Gott das Maß aller Dinge sei (vgl. Enzyklopädie I, S. 224f, Zusatz zu 111)?
    Hegel verwechselt beim quantitativen Verhältnis (Enzyklopädie I, 105, Zusatz) den Quotienten mit dem Exponenten.
    Die Ruhe des siebten Tages ist eine Ruhe von der Zeit, nicht in der Zeit. Und das Realsymbol dieser Ruhe ist der Sabbat, der etwas anderes ist als die dies dominica. Aber was bedeutet es, wenn es heißt, daß der Menschensohn Herr über den Sabbat ist, und gibt es eine Beziehung dieses Satzes zu der Befreiung Maria Magdalenas von den sieben unreinen Geistern: Ist diese nicht das Zeugnis für die Herrschaft des Menschensohnes über den Sabbat (und die doppelte Erinnerung des Sabbats an den siebten Schöpfungstag und an den Exodus, die Befreiung aus dem Sklavenhaus Ägypten)?
    Jeder Fundamentalismus ist ein Opfer des verdinglichten Bewußtseins: das Opfer einer Logik, aus deren Kritik die Theologie erst wieder zu gewinnen, zu rekonstruieren wäre.
    Sind Gelb und Rot Farben der Verdrängung, während Blau eine Farbe der Sehnsucht ist? Ergibt sich das nicht zwanglos aus der Beziehung dieser Farben zu Licht und Finsternis, aus ihrem Zusammenhang mit den Leiden und Taten des Lichts?

  • 01.03.94

    Walter Benjamins Definition „Schicksal ist der Schuldzusammenhang des Lebendigen“ wirft auch ein Licht auf Joh 129. Der Weltbegriff ist aus dem des Schicksals hervorgegangen, er ist das Produkt der Vergegenständlichung dieses Schuldzusammenhangs: deshalb haben Tiere eine Welt. Es käme jedoch darauf an, den Bann des Schicksals, den Schuldzusammenhang, durch Reflexion zu brechen; nur durch „Übernahme der Schuld der Welt“, die dazu die Voraussetzung ist, ist die Welt zu humanisieren.
    Charakter ist das Ensemble der Eigenschaften des verdinglichten Subjekts (weil Verdinglichung auf die Logik des Lachens zurückweist, ist der Charakter der erste Gegenstand der Komödie).
    Das Lachen gehört zu den Konstuentien der Mathematik, des Ding- und des Weltbegriffs (nicht zu denen des Begriffs der Sache). Ist das Lachen (zusammen mit der Mathematik, dem Ding- und dem Weltbegriff: die Vorstellung einer namenlosen Sprache) Gegenstand der Theorie des Feuers? Der Name des Dings ist ein Deckname fürs unkenntlich gemachte Tier.
    Positiv denken heißt sich mit der Rücksichtslosigkeit der gnadenlosen Welt (mit der Rücksichtslosigkeit der Dinge) gemein machen.
    Der Weltbegriff bannt die Menschen in die Rolle des Zuschauers und des ohnmächtigen Objekts zugleich (das Fernsehen ist der institutionalisierte Hohn über die Zuschauer, die nicht mehr zu durchdringende Wand zwischen mir und den anderen: das kollektive Gefängnis, in dem alle Insassen und Aufseher zugleich sind); er ist die perfekte Absicherung und das perfekte Alibi fürs Nichthandeln. Durch die Logik der Welt wird das verdinglichte (das bloß zuschauende, von der sprachlich fundierten Gemeinschaft des Handelns abstrahierende) Bewußtsein selber zum Ding.

  • 11.02.94

    Verteidigendes Denken ist das Gegenteil des apologetischen Denkens: Ihr Gegenstand ist keine bestehende Gemeinschaft, keine Institution, kein Dogma, kein Bekenntnis, sondern es tritt ein für die Opfer, die Benachteiligten, die Unterdrückten, die Ausgebeuteten. Nur apologetisches Denken ist Front- und Feinddenken (und gehorcht der Bekenntnislogik).
    Die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele verhält sich zu der Lehre von der Auferstehung der Toten wie das Gericht zur Barmherzigkeit (wie das Weltgericht zum Jüngsten Gericht).
    Die Asymmetrie der Beziehung von Ich und Du ist der Grund er Unterscheidung von Gericht und Barmherzigkeit.
    Bild und Fernsehen, oder über das Verhältnis von Bild und Herrschaft: Durch das Bild werde ich zum Herrn über das Abgebildete. Darin gründet das biblische Bilderverbot. Das Fernsehen ist die Idolatrie des Bestehenden (wie hängt das Bild mit den Grenzen der Beweisbarkeit, mit dem logischen Ort der Gemeinheit, zusammen?). Ist das Fernsehen der Greuel am heiligen Ort?
    Kant hat die Welt als das mathematische (und Natur als das dynamische) Ganze der Erscheinungen definiert: Hat er damit den Ursprung des Weltbegriffs (in Astronomie und Mathematik) nicht aufs genaueste bezeichnet? Beziehung der Mathematik zur Sprache: Die Mathematik ist die gekreuzigte und gestorbene Sprache, die Natur die Leiche im Grab. Das rührt an den logischen Grund von Joh 129, an den Sinn des Wortes von der „Sünde der Welt“.
    Die Totalitätsbegriffe Wissen, Natur und Welt bezeichnen jeder das Ganze, das Adorno zufolge das Unwahre ist: sie bezeichnen es als ein dreifaches. – Im „Stern der Erlösung“ erscheinen Wissen und Natur als Nichtwissen von Mensch und Gott (und nur die Welt als Nichtwissen von der Welt).
    Dogmatische Theologie ist die Heiligsprechung des verdinglichten Bewußtseins (das steinerne Herz der Welt, das am Ende gegen ein fleischernes ausgetauscht wird).

  • 9.2.96

    „Kommt ein Vogel geflogen“: Hatte nicht die Musik in den Volksliedern die Aufgabe, der Phantasie den Inhalt der Lieder präsent zu halten? Und hat nicht die Bilderwelt des Fernsehens diese Aufgabe übernommen (damit aber dem Volkslied die Grundlage entzogen)? – Vgl. auch Edgar Morins Bemerkungen über die Funktion der Musik im Film.
    Das Objekt ist der Statthalter des Subjekts (des Begriffs) in der Außenwelt (und der Begriff die imperiale Besatzungsmacht in den unterworfenen Ländern).
    Waren sind die Reichtümer des Feindes (die ersten Waren waren die erbeuteten Sklaven und Frauen, der Platz, auf dem sie zusammengetrieben und zum Verkauf angeboten wurden, der erste Markt: Ist nicht das KZ ein hybrider Abkömmling des Marktes?).
    Wenn die Distanz zum Objekt vermittelt ist durch die Distanz, die der Herr durch den Beherrschten gewinnt, dann ist die Urform des Objektivationsprozesses der Eroberungskrieg.

  • 06.02.94

    Das sic et non kommt der Wahrheit näher als das sic vel non: Im Hinblick auf den Bereich der Wahrheit gelten das Urteil und das Widerspruchsprinzip nur mit Einschränkung.
    Die Geschichte des Weltbegriffs (die hegelsche Geschichtsphilosophie) ist die Geschichte der Stellung des Bewußtseins zur Objektivität. Sie ist ein Teil der Herrschaftsgeschichte, die ihr Zentrum ist.
    Wie hängen die „gegenständlichen“ Begriffe Barbaren, Welt, Natur und Materie, die zum Begründungszusammenhang der Philosophie gehören, mit der Gemeinheit und mit den Grenzen der Beweislogik zusammen? Machen sie nicht durch ihr projektives Moment (durch ihre systembegründende Redundanz) die Grenzen der Beweislogik unsichtbar, und deshalb (als Rücksichtslosigkeit: als Gemeinheit nach außen) umso wirksamer? – Deshalb ist die Justiz (und mehr noch die Polizei) tendentiell ausländerfeindlich. Und deshalb ist sie tendentiell nationalistisch und spricht das Recht „im Namen des Volkes“.
    Gemeinheit ist keine Frage der Zwecke, sondern eine der Mittel: Grundprämisse einer Kritik der Verwaltung (einschl. der verwalteten Ökonomie: auch das Geld reinigt nicht seine Objekte).
    Heute nutzen die Menschen die Schlechtigkeit der Welt, die ihnen aus diesem Grunde wie nichts sonst gelegen kommt, zur Rechtfertigung ihrer eigenen. Hier ist den Medien die neue apokalyptische Aufgabe erwachsen (Lieferung von Drachenfutter).
    Sind Urknall und Schwarzes Loch nicht auch Modelle zur Erklärung
    a. wirtschaftlicher Vorgänge (Stichwort: Export und Reimport der Armut als Grundlage der „Schöpfung und Erhaltung“ von Reichtum, oder: die Selbstzerstörungskräfte des „reinen Marktes“) und
    b. von Einrichtungen der Medien (Urknall: Radio, und Schwarzes Loch: Fernsehen),
    insgesamt: realsymbolische Modelle gesellschaftlicher Naturkatastrophen?

  • 07.01.94

    Ist die schechina das Reich Gottes? Und ist die Nähe des Reiches Gottes eine zeitliche?
    Die Umkehr ist das genaue Gegenteil all der Fluchtbewegungen, als welche die Religionen sich heute anbieten. Jede Fluchtbewegung führt nur in die Verstrickungen wieder herein, aus der nur die Umkehr herausführen kann.
    Das liberale Motto: Leistung muß sich wieder lohnen, wäre an seiner Umkehrung zu messen: Ist alles, was sich heute „lohnt“ damit als Leistung ausgewiesen? Interessante Fragen: In welcher Relation stehen die Geldbewegungen und Gewinne an der Börse zu den leistungsbezogenen „Personalkosten“ eines Unternehmens? Und in welcher Beziehung stehen sie zu den („arbeitsplatzschaffenden“) „Investitionen“, auf die sie ideologisch bezogen werden? Der spekulative Anteil an den Geldbewegungen im Spätkapitalismus (in dem u.a. die Leistungen des Staates, der Gesellschaft, die die Infrastruktur bereitstellen, mit gerechnet werden) verweist fast direkt auf dessen astronomischen Hintergrund.
    Wurden die Sparkassen erfunden, als man wegen der spekulativen Zirkulation für die effektiven Kredite (für „Investitionen“) billiges Geld brauchte? Haben Börsen- und Bodenspekulation nicht einen gemeinsamen (ökonomischen und transzendentallogischen) Grund?
    Irrationale (vom Leistungsprinzip abgelöste) Geldbewegungen finden statt im Show-Business (einschl. der Fernsehreligion, zu der auch der Sport gehört), im Bankengeschäft, insbesondere im spekulativen Geschäft (paradigmatisch das Termingeschäft: Brecht und die Getreidebörse, Herstatt-Krise, VW-Krise, Metallgesellschaft).

  • 22.12.93

    Interessant und wahrscheinlich auch aufschlußreich wäre es, das Konstruktionsgesetz der Phantasie Manfred Dimdes und seiner Nostradamus-Interpretation zu entschlüsseln. Mir scheint, die Tatsache, daß er zum Management der Hoechst AG gehört, dürfte hierbei nicht unerheblich sein (der Zusanmmenhang ist mit Händen zu greifen, wenn er die Erbsünde auf einen Fehler in der DNS-Kette bezieht: sie zum Gegenstand der Gen-Forschung macht).
    Wird nicht das Bedürfnis nach „Prophetien“ dieser Art durch das Fernsehzeitalter mit geprägt: Man möchte Zuschauer beim Weltuntergang sein. Die Welt von außen sehen (sie aus dem technisch-naturwissenschaftlichen Blickwinkel sehen) und selber nur ohnmächtiges, passives Objekt des Weltgeschehens zu sein, das sind zwei Seiten des gleichen Sachverhalts. Die Wirkung, die Gewalt dieses Sachverhalts wird verstärkt durch den eingebauten Exkulpationsmechanismus. Nur als Zuschauer und als passives Objekt des „Geschehens“ bin ich „unschuldig“: für das, was ohne mein Zutun abläuft, nicht mehr verantwortlich.
    Ist nicht die Sexuallust Urteilslust, und läßt sich nicht das Problem der Nietzscheschen Philosophie aus dem Satz, daß „alle Lust Ewigkeit (will)“, ableiten?
    Der Faschismus als projektive Verarbeitung des eigenen Strafbedürfnisses. Deshalb macht das Vorurteil und das Foltern ebenso süchtig wie der Alkohol und das Rauchen (weshalb rauchen die entscheidungsunfähigen Politiker, die alle intellektuelle Kraft auf die eigene Machterhaltung und auf die Rechtfertigung ihres Nichtstuns verwenden müssen, so gern Pfeife (nicht Zigaretten und keine Zigarren)?
    Elemente einer prophetischen Erkenntnistheorie: Prophetie ist nicht Weissagung, sondern ein Weg zur Gotteserkenntnis, wobei diese Gotteserkenntnis das Wissen als Erkenntnis von Vergangenem ausschließt: Darin gründet ihre Beziehung zur Zukunft, aber einer nicht verdinglichten, einer, die anders ist als die Vergangenheit.
    Zur Ideologie des deutschen Waldes: Sind nicht alle Bäume Bäume der Erkenntnis, Bäume, die ins Vergangene wachsen (und Hegels Logik ein Pendant des Waldes)?
    Zum Gebrauch des Imperativs „siehe, seht“ im NT vgl. Joh 129 und das „Seht, ich sende euch wie Schafe unter die Wölfe“ (Mt 1016); gehört auch das Ecce homo (Joh 195) dazu (sh. noch Lk 1831. 1 Joh 31)? Sind das nicht allesamt Belegstellen für die Heilung der Blinden? Ist hier nicht der realsymbolische Anknüpfungspunkt für die prophetische und apokalyptische Vision, ist dieses Sehen nicht eine sprachlicher Tatbestand: der Hinweis auf das gegenständliche Korrelat des Namens (vgl. Mk 424: blepete ti akouete, Lk 818: blepete oun pos akouete)?
    Zum Angesicht gehören das Lachen und das Weinen; ist die Person als Maske (die mit dem Neutrum entspringt) nicht das neutralisierte Lachen und Weinen (das dann in den subjektiven Formen der Anschauung sich desensibilisiert und vergegenständlicht)? Arglos ist, wer hinter dem Lachen und Weinen keinen Hintersinn vermutet, erwartet, befürchtet (wer dem Bann der subjektiven Formen der Anschauung nicht verfällt: dem Bann der erinnerungslosen Vergegenständlichung). Der Personbegriff ist (zusammen mit dem der Natur und der Materie) das geschichtsphilosophisches Indiz für die Vergesellschaftung der Paranoia.
    Off 1316: Die Zeichen an der rechten Hand und an der Stirn: sind das nicht der Begriff und die Person (der Charakter), die Ersatzprodukte des Namens und des Angesichts? Gehört der Begriff zur rechten Hand?
    Stirn und rechte Hand: Grundbeziehung der Orthogonalität (entspricht die Form des Raumes: oben, vorn und rechts, der Beziehung des Tiers zu Stirn und Hand, oder des Staats zum Recht und zur Philosophie)?
    Ist die Person die „harte Stirn“ (Korrelat des „verstockten Herzens“, Ez 37ff), der Begriff die „rechte Hand“? Und hat das „Malzeichen“ des Tieres etwas mit dem „Kainszeichen“ (Gen 415) zu tun?

  • 21.11.93

    Daß Gewalt sich heute gegen den Kopf, das Gesicht von Menschen richtet, hat das etwas mit dem Fernsehen zu tun (und das wiederum mit der Furcht davor, von anderen angesehen zu werden: mit der unverarbeiteten Scham)? Die Präsentation von Gesichtern im Fernsehen, in den Nachrichtensendungen, in Talkshows, in Diskussionssendungen, hat eine merkwürdige Doppelwirkung: Sie verleiht den so Präsentierten die Aura der Erwählung, der Bedeutung, der Autorität (der Zuschauer hat keine Möglichkeit, einzugreifen, ihnen ins Wort zu fallen, zu widersprechen, zu antworten); zugleich sind ihre Gesichter aber schutz- und wehrlos dem zudringlichen und entlarvenden Blick der Zuschauer (der Rache der durchs Gerät Entmündigten) ausgesetzt. Der gleiche Blick, der hier dem Publikum anerzogen wird, wäre real unverschämt und beleidigend: Einübung des bösen Blicks. Die Szene ist irreal und paradigmatisch zugleich.
    Das Gewaltmonopol des Staates hat ihn zum Verstummen gebracht, dem argumentativen Gespräch den Boden entzogen: Grund des neuen Mythos.
    War nicht der Begriff des falschen Bewußtseins noch zu harmlos? Er unterstellt, es gäbe ein richtiges: Zur Gotteserkenntnis jedoch, die nichts weniger als richtiges Bewußtsein ist, gibt es keine Alternative mehr.
    Der Egoismus heute ist kein moralisches, sondern ein strukturelles Problem in der vom Geld beherrschten Welt.
    Die sinnliche Welt wieder erfahrbar machen: sie aus dem pathologischen Kontext der Empfindlichkeiten und „Empfindungen“, die allesamt aus Beleidigungen erwachsen, herauslösen (nur in einer Welt, in der das Hören und Sehen schon vergangen ist, kann die Vorstellung entstehen, das Hören und Sehen sei ein Produkt der Evolution).
    Wir kennen den Tod nur als den Tod anderer: Ist der Tod nicht ein zentrales Sinnesimplikat des Weltbegriffs?

  • 09.10.93

    An dem Wort Gerechtigkeit (an der Verarbeitung des zugrundeliegenden Worts „Recht“ durch das perfektivierende ge-, das adjektivierende -ig und das hypostasierende -keit) kann man die Geschichte und Struktur der deutschen Sprache ablesen, einer Sprache, die für die, die sie heute unreflektiert sprechen, zum Inertialsystem geworden ist: Sklavensprache als Herrensprache (die Sprache des Zuschauers). Aber kann man sich nicht aus den Verstrickungen dieser Sprache nur mit der Kraft dieser Sprache selbst befreien?
    Unterscheiden sich die Prä- und Suffixe nicht dadurch, daß, während die Präfixe den Begriff zusätzlich von außen bestimmen, die Suffixe innerlogische Ableitungen der Begriffe selber repräsentieren. Was bedeutet es, wenn im Griechischen (generell in den klassischen Sprachen) die Personalpronomina den Verben als Suffixe angehängt werden: Grund des Begriffsrealismus, der Philosophie? In den modernen Sprachen gehört die Ablösung (und Hypostasierung) der Personalpronomina zur Ursprungsgeschichte des Nominalismus. In den klassischen Sprachen haben die Flexionen (Konjugation und Deklination) ihren grammatische Ort in den Suffixen, die die Logik dieser Sprachen bestimmt. In den modernen Sprachen wird die Ablösung der Personalpronomina begleitet von einer Differenzierung und Entfaltung der Präfixe (den Erben der archaischen Determinanten?). Läßt sich der deutsche Idealismus aus der Sonderrolle der Präfixe im Deutschen ableiten? Sind die Präfixe die Determinanten der subjektiven Formen der Anschauung, die – als subjektive Formen der Anschauung – erst durch die Ausbildung und Entfaltung der Präfixe von den Verben endgültig sich ablösen (vgl. die Bedeutung des französischen Rationalismus und des englischen Empirismus für den Ursprung der transzendentalen Logik).
    Die grammatische Unsicherheit bei „trotz“ und „wegen“ (das Verschwinden der Logik der Begründung und der Argumentation) belegt die wachsende Unfähigkeit, rechts und links (Genitiv und Dativ) zu unterscheiden.
    Hängt das deutsche Wort Ort mit dem griechischen orthos zusammen?
    Der deutsche Himmel hängt mit dem Hammer zusammen; woher kommen das englische sky und heaven, der griechische ouranos, der lateinische caelum?
    Meinung und Sein: In beiden steckt das Possessivpronomen. Ist nicht das Eine das generalisierte, von der bestimmten Zuordnung zu Mein, Dein, Sein abgelöste Possessivum (Zusammenhang mit dem aristotelischen tode ti, dem Kernbegriff des historischen Objektivierungsprozesses)? Ist das Eine nicht ein Strukturelement der Warenform (das Eine ist das Andere des Anderen, Hegel)?
    Frauen als Kollektiveigentum, oder Steigerung des Possessivums: Das Possessivpronomen der 3. Person sing. fem. ist das Personalpronomen der 2. Person plural (sie/ihr), dessen eigenes Possessivpronomen (euer) das fatale „eu“ enthält? Beachte auch den Zusammenhang der Possessivpronomina mit der Genitivbildung der Personalpronomina (während der Dativ: mir, dir, ihm, außer im fem. und pl.: ihr, uns, euch, ihnen, unabhängig vom Possessivum gebildet wird?).
    Das Moment der Gemeinheit ist aus dem Allgemeinen nicht herauszulösen; die Niedertracht in der Gemeinheit ist im Allgemeinen nur falsch aufgehoben (Objektbegriff und Neutrumsbildung). Die Welt ist alles, was der Fall ist (Zusammenhang des Ursprungs des Weltbegriffs mit der Naturforschung: dem tode ti).
    Ist das tode ti die Verspottung der Prophetie, Ursprung und Statthalter des Hasses der Welt (die Sünde wider den Heiligen Geist)? Vgl. Hegels Analyse des hier und jetzt: Nachweis, daß das Individuellste das Allgemeinste ist, daß beide austauschbar sind (Grund der List der Vernunft).
    Die transzendentale Logik und ihr Kern, der apriorische Objektbegriff, ist der logische Grund der Trennung von Natur und Welt, aber auch der Kulturindustrie, des Fernsehens, in denen die Trennung von Natur und Welt als Trennung von Information und Unterhaltung (die – wie nach Kant die Begriffe Natur und Welt -ebenfalls heute „ineinander fließen“, aber leider nicht mehr nur gelegentlich) sich widerspiegelt. Der Ausbruch aus der Isolationshaft dieser Logik ist nur über die Umkehr möglich, die bei Franz Rosenzweig erstmals als gnoseologische Kategorie begriffen worden ist.
    Rohstoff und materielle Grundlage der Kulturindustrie ist das durch die Trennung von Natur und Welt präformierte Bewußtsein (Ursprung der Trägheit des Zuschauers).
    Zur Barmherzigkeit gehört die Seite des Zorns, wie sie gelegentlich in Texten von Henryk M. Broder durchblitzt. Aber liegt seine Gefahr nicht darin, daß er dieses Zorns nicht so mächtig ist, daß er gefeit wäre vor der Verführung durch den Weg des geringsten Widerstands? Nur so sind seine Ausfälle gegen Hans Mayer oder Dorothee Sölle verständlich. Ist nicht die Idee einer richtenden Barmherzigkeit (die Idee des Jüngsten Gerichts) nur zu halten im Kontext der Hoffnung auf die Auferstehung der Toten (im Kontext der Naturkritik)?
    Ist der Zorn, die andere Seite der Barmherzigkeit, das Feuer, daß Jesus vom Himmel bringen wollte, und von dem er wünschte, es brenne schon?
    Die Unterscheidung von Zorn und Wut gehört zusammen mit der Idee der Umkehr (die von der Idee der Auferstehung der Toten sich nährt) zu den letzten Einsatzpunkten der Begründung einer erneuerten Theologie. Aber diese Theologie wäre mehr als Theologie: sie wäre eine neue Gestalt der Prophetie. Hier gehören Joel und das Wort von der Sünde wider den Heiligen Geist zusammen.
    Die Logik des Herzens: Das Herz ist links, aber ist es nicht auf der Linken ein Repräsentant der Rechten: Stätte des Gerichts der Barmherzigkeit (des Zorns) über das gnadenlose Weltgericht.
    Der Zorn ist rational und gezielt, während die Wut (wie das Licht der Sonne) ohne Unterschied über Gerechte und Ungerechte sich ergießt.

  • 12.09.93

    Ursprung der Nerven: Im Kontext der Verinnerlichung des Opfers? Nerven bezeichnen die Stellen, an denen es schmerzt, Koinzidenzpunkte von Wahrnehmung und Schmerz (Lokalisierung der Empfindungen). Sind die Nerven nicht erst mit der Entdeckung der Elektrizität (der elektrischen Leitungen) endgültig materialisiert und objektiviert worden? Die Nerven sind ein Reflex und ein Produkt des historischen Objektivationsprozesses.
    Hat nicht das Inertialsystem die Welt in ein System von Logik und Empfindungen verwandelt, liegt hier nicht der Ursprung der Nerven? Sind die Nerven nicht der Inbegriff der Natur (des subjektlosen Subjekts) im Subjekt: Inbegriff des Verdrängten? Die Identifikation mit dem Aggressor, mit der Welt, generiert die Natur im Subjekt: ein Produkt der Geschichte der Veranderung.
    Ist nicht die Sünde der Welt die Sünde der (projektiven) Veranderung, die in der Philosophie an den Begriffen der Barbaren, der Natur und der Materie sich festmachen läßt.
    Projektion und Erkenntnis: Das Modell ihres Zusammenhangs ist der Film (der einen Projektor braucht und eine Projektionsfläche), das ihrer gesellschaftlichen Organisation und Beherrschung das Fernsehen (Kulturindustrie). Ist es eigentlich ein zufälliger Zusammenhang, daß, wenn die Eltern sich das Sehen durchs Fernsehen abnehmen lassen, die Kinder das Hören durchs Dröhnen dessen, was sie für Musik halten, verlernen?
    Liegt Schopenhauers Konzept der „Welt als Wille und Vorstellung“ nicht in der Nähe der christologischen „Sünde der Welt“?
    Ist die Simson-Geschichte nicht eine Kosmogonie mit abschließender Apokalypse?
    Merkwürdig die Astralmythen, zu denen neben der Simson-Geschichte u.a. auch die Gestalt des Henoch (der nach 365 Jahren zu Gott entrückt wurde) und die Esther-Geschichte gehört. Gehört auch die Debora (die „Biene“: die Richterin, die unter Mithilfe der Sterne den Sisera besiegt, auch die Amme Rebekkas und die Ahnfrau des Tobit und des Tobias) dazu?
    Tierkreis und Planetensystem: 12 = 3 * 4, 7 = 3 + 4. Wo taucht die Kombination 12/7 (Jahr/Woche) sonst noch auf? Bei der Brotvermehrung, beim Verhältnis der Apostel zu den Diakonen (der „Hebräer“ zu den „Hellenen“). Wie steht es mit den sieben unreinen Geistern, den sieben Siegeln der Apokalypse u.ä.?
    Den Tierkreis noch einmal genauer ansehen: Welche Zeichen (Waage, Widder, Löwe, Zwillinge, Fische, Jungfrau etc.) und in welcher Reihenfolge, welche Beziehung zu den „Sternbildern“ (z.B. Orion und Plejaden).
    Stehen die Sterne am Himmel und der Sand am Meer nur als Bilder einer nicht mehr zählbaren Menge in Wechselbeziehung? (Und gibt es eine Beziehung dieser Unzählbarkeit zum griechisch-deutschen „eu“?)
    Haben nicht die räumlichen Umkehrmetaphern (wie die Richtungsbeziehungen im Raum generell) etwas mit der Beziehung von Vergangenheit und Zukunft zu tun: im Angesicht und hinter dem Rücken, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, Herrschaft und Knechtschaft (der Himmel und die Unterwelt)?
    Zur „erhöhten Schlange“: Im Fluch über die Schlange heißt es, sie solle „auf dem Bauche kriechen“ und „Staub fressen“. Die Schlange ist das Gegenteil zum aufrechten Gang. Und wird man nicht durch Staubfressen zur Schlange?
    Im Anfang erschuf Gott den Himmel und die Erde. Dann wird die Erde näher bestimmt (tohu wa bohu), während anschließend zwei Objekte genannt werden (der Abgrund, über ihm die Finsternis, und das Wasser, darüber der Geist), deren Ursprung offen bleibt.
    – Ist der Abgrund die unbestimmte, das Wasser die bestimmbare Vergangenheit?
    – Der Himmel, den Gott im Anfang erschuf, wird dann als Name (der Feste, die die oberen von den unteren Wassern trennt) genutzt, während
    – die Erde die Pflanzen und dann die Tiere (außer den Fischen und den Vögeln des Himmels, die von Gott geschaffen werden) hervorbringt.
    – Unmittelbar sprachlichen Wesens ist nur das Licht (Er sprach und es ward), während jeweils im Kontext einer Trennung Licht und Finsternis (als Tag und Nacht), die Feste (als Himmel) und dann das Trockene und die sich sammelnden Wasser (als Land und Meer) benannt werden.
    – Die Finsternis, die nach ihrer Scheidung vom Licht Nacht genannt wird, war vorher die Finsternis über dem Abgrund (und wird nicht dieser Abgrund in der vom Mond und den Sternen erhellten Nacht sichtbar?).
    Ist nicht der Abgrund das Grundlose, das in die Vorstellung der homogenen Zeit (und des Inertialsystems) hineinreicht, der Ausschluß der begründenden Kraft der Sprache und der Grund jeglicher Form von Gewalt? Sind nicht Zeit und Raum, die kantischen subjektiven Formen der Anschauung (und ihr orthogonales Beziehungssystem: der Turm und der Phallus), Grund und Generator der Subjektivität insgesamt, Quellpunkte der Begriffe Natur und Welt? Sind nicht beide, Natur und Welt, Emanationen des Abgrunds (die apokalyptischen Tiere aus dem Abgrund: das Tier aus dem Meer und das vom Land)?
    Der Turm (die Verwirrung der Sprache), die Hure (die Unzucht) und der Drache (die Trunkenheit der Herrschaft) sind die Symbole Babels.
    Müßten nicht die Theologen wieder zu Himmelsforschern werden? Wie verhalten sich das Himmelreich und das Gottesreich, die basileia tou ouranou und die basileia tou theou zueinander (vgl. hierzu den divergierenden Sprachgebrauch der Evangelien)? Ist das Himmelreich nicht Besonderheit des Matthäus und das Gottesreich ein Teil der Täufertheologie beim Johannes? Gibt es zum Himmelreich oder zum Gottesreich (abgesehen vom messianischen Reich, von der zukünftigen Welt, vom Tag JHWHs) Belege im AT? Es gibt wohl die Bilder
    – von der Gotteserkenntnis, die die Erde bedecken wird wie die Wasser den Meeresboden,
    – vom Frieden, der die Umwandlung der Waffen (der Schwerter) und den Tierfrieden mit einschließt,
    und vor allem die Negativbilder
    – von Nimrod und der großen Stadt,
    – vom Turm von Babel,
    – vom Sklavenhaus Ägypten,
    – von Amalek (dem ewigen Widersacher JHWHs, zu dem auch der Agagiter Haman gehört).
    Der Turm, das Herabsteigen Gottes und die Verwirrung der Sprache: Hat das etwas mit der Jakobsleiter, mit Jakobs Kampf mit dem Engel und mit dem Namen Israel zu tun?

  • 16.08.93

    Das Absolute ist die Bestätigung und die Widerlegung des Weltbegriffs zugleich.
    Das Absolute ist nicht Gott, sondern die Selbstreflexion des Schuldzusammenhangs (und, als Reflexion der Geschichte der Selbsterhaltung, der Beginn der Befreiung davon). – Die Hegelsche Logik als Gegenstand einer Theorie des Feuers!
    Ist die deutsche (sowie griechische, auch lateinische?) Aussprache des Diphtongs „eu“ (in „deutsch“, „Zeus“, „Neutrum“ z.B.) aus einer Entstellung: einer Verschiebung und Umkehrung des hebräischen Gottesnamens (ia > io > eu/oi) ableitbar? Steckt darin ein Hinweis auf den Ursprung und die Bedeutung der Sprachlogik (der Grammatik) dieser Sprachen und ihrer Beziehung zur Philosophie? Gibt es außer der deutschen (und der griechischen und lateinischen?) noch eine andere Sprache, in der das „eu“ wie oi ausgesprochen wird? (Gab es im Griechischen schon ein Futur II; ist das nicht erst eine Entdeckung des Lateinischen, die zusammengehört mit dem Ursprung der Hilfszeitwörter und ihrer Verwendung bei der Perfektbildung?) Hat dagegen das Griechische nicht mit dem Deutschen (und nur mit dem Deutschen?) den artikulierten bestimmten Artikel (die Einbeziehung des Artikels in die Deklination, in die Casus-Bildung) gemeinsam?
    Duden: Die Deutschen sind zum Opfer ihrer Sprache geworden, aber ihrer Sprache nicht mehr mächtig.
    Was Günther Anders (Antiquiertheit, 2. Teil, S. 447, Anm. 5) zu den gelegentlich im Fernsehen zu Unterhaltungszwecken arrangierten und gezeigten Besuchen im Privatbereich der Zuschauer bemerkt, gilt nicht nur für diese Sendungen, sondern für das Medium insgesamt: „Während die (dem Unterhaltungsinteresse der Zuschauer, H.H.) „ausgelieferten“ Personen blind gegen uns, die Zuschauer, bleiben, ist es uns, den belieferten Zuschauern, unmöglich, mit den Ausgelieferten in einen mehr als voyeurhaften Kontakt zu treten.“ Der Satz erinnert nicht zufällig an den Kantischen und radikalisiert ihn: „Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe blind.“ Er beschreibt einen Effekt, der mit der Hypostasierung von Raum und Zeit (der kantischen subjektiven Formen der Anschauung) mitgesetzt ist: den Abbruch jeder anderen als ästhetischen Kommunikation zwischen Anschauendem und Angeschautem, zwischen Subjekt und Objekt. Oder genauer: Die Trennung von Subjekt und Objekt, die durch die Hypostasierung der Formen der Anschauung erzwungen wird, hat notwendig den Abbruch jeder anderen als ästhetischen (durch Herrschaft definierten) Kommunikation zur Folge. Der Ausgelieferte ist nur noch Objekt, der Belieferte zwar Subjekt, aber nur ästhetisches (ohnmächtig zuschauendes), nicht mehr handlungsfähiges, moralisches Subjekt; von der Moral bleibt nur deren Urteilsform (wie unter der Ungreifbarkeit des Imperium Romanum von der politischen Moral als deren Zerfallsprodukt die Sexualmoral, die Verwandlung von Verantwortung in Voyeurismus, übriggeblieben ist: Hinweis auf den Zusammenhang der Astronomie mit der Entstehung des Staates).
    Kunst als Gegenstand von Naturbeherrschung: Das Fernsehen beraubt die Zuschauer ihrer Handlungsfähigkeit (durch Ästhetisierung: durch Projektion der Gegenwart ins Vergangene).
    Historismus als Ästhetisierung der Vergangenheit: Nur durch ihre Ästhetisierung wird die Vergangenheit zum Objekt des moralischen Urteils, des Vergangenheitskolonialismus, während die reale Beziehung zur Vergangenheit, die in den Institutionen noch real und gegenwärtig, und nicht nur vergangen ist, verdrängt wird.

  • 11.08.93

    Ist nicht die Bühne ein Inertialsystem, und das Schauspiel, die Oper ein ästhetisches Korrelat der Physik?
    Opfer, Tragödie, Schauspiel: Ist das nicht ein Teil der Geschichte der Ausbildung der Raumvorstellung?
    Hat die Salbung des Königs etwas mit der Einbalsamierung der Toten, insbesondere des Opfers, zu tun? Ist der König nicht das gerettete (das wieder auferstandene) Opfer, der Kaiser hingegen die Verkörperung des philosophischen Monotheismus (der Einheit der Welt)? Was bedeutet dann die Krone, hatten die israelischen Könige eine Krone (David: 1 Sam 1230, 1 Chr 202; Joasch: 2 Kön 1112, 2 Chr 2311)? Ist die Krone der Kranz des Siegers oder der Kranz des Siegers ein Abbild der Krone? Hat nicht (nach der Legende) Karl der Große sich selbst die Krone aufs Haupt gesetzt?
    Natur und Welt werden durch den Einbruch der Subjektivität (genauer: der Intersubjektivität) getrennt.
    Es fehlt eine Kritik der indogermanischen Sprachen.
    Reicht nicht Rosenzweigs Bemerkung, daß das Äquivalent der modernen Technik in der alten Welt die Rhetorik gewesen sei, tiefer, als er selbst es gewußt hat: Sind nicht die sogenannten klassischen Sprachen des Altertums Ingenieursprodukte?
    Was verändert sich in der Sprache mit und nach der Entdeckung der Schrift? Welche innersprachlichen Voraussetzungen müssen für die Entwicklung der Schrift gegeben sein, und welche Rückwirkungen hat die Schrift auf die Sprache (Zusammenhang mit der Tempelreligion, dem Tempelbau, der Tempelwirtschaft: War die Schrift der Turm von Babel)?
    Ist das Christentum nicht ein Produkt der griechischen und lateinischen Tradition, bei gleichzeitiger Instrumentalisierung der jüdischen (wodurch unterscheiden sich die griechischen von den lateinischen Kirchenvätern)?
    Welche ökonomische Entwicklung liegt der Entdeckung des Winkels und welche der des Inertialsystems zugrunde?
    Auf das Futur II und die Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit antwortet der Logos mit einer Art Zeitumkehr: mit der Übernahme der Sünde der Welt und der Hereinnahme der schöpferischen Kraft des Wortes in die Schöpfungsidee. Wird hier nicht verständlicher, was mit dem homologein gemeint ist? Und gewinnt nicht erst hier das von den Kirchen entsetzlich verharmloste Wort vom Binden und Lösen seinen ungeheuren Sinn?
    Sind nicht die drei evangelischen Räte Ansätze oder Teile des Versuchs, den Wiederholungszwang endlich zu durchbrechen, der Katastrophe, die darin besteht, daß es immer so weitergeht, Einhalt zu gebieten?
    War nicht der Untergang des Zweiten und Dritten Reiches (die Ergebnisse der beiden Weltkriege) ein zweistufiger Weltuntergang? Oder waren sie nicht die Nachwehen (und ein spätes schreckliches Echo) jenes Weltuntergangs, dessen Zeuge Hegel war? Ist nicht das Erste Reich untergegangen, als Hegel seine Phänomenologie des Geistes schrieb?
    Der 68er Marxismus war von einer erschreckenden Banalität, eigentlich doch nur ein Rechtfertigungskonstrukt privater Probleme der 68er Generation: der Generation der verlorenen Söhne. Sie lebten von dem Gefühl, neu und unbelastet in die Welt gekommen zu sein und haben die Last der Vergangenheit (auch in ihnen selber) offenkundig falsch eingeschätzt.
    Zum Weltbegriff: Wird hier nicht seit seinem Ursprung eine entstehende Atombombe mit einem Rettungsboot verwechselt? Die Geschichte der Welt ist das Maß für das Anwachsen der kritischen Masse der Selbstzerstörung.
    Kritik des Weltbegriffs als Weissagung des Jüngsten Gerichts: Das Jüngste Gericht ist das Gericht der Barmherzigkeit über das Weltgericht.
    Das Zeichen des Jona: Jona, der vor dem Prophetenamt nach Tarschisch flieht, wird ins Meer geworfen, vom großen Fisch verschlungen, betet im Bauch des Fischs, wird wieder ausgespien und geht dann nach Ninve, um zu verkünden: In vierzig Tagen wird Ninive zerstört. Und welche Folgen hatte das?
    War die BALM der große Fisch?
    Wo und in welchem Kontext kommt die Auferstehung im AT vor (Jes 2619, Ez 37, Dan 122f, Hos 1314, 2 Makk 79, 1244f)? Alle im Zusammenhang mit der Unterwerfung Israels unter die Weltreiche (Assur, Babylon, Griechen)?
    Privatexistenz heute: das Ersticken im Komfort; das Fernsehen: der Schnuller im Mund; die Medien als Drachenfutter? Aufgabe der Medien heute: den Leuten die Welt, von der sie leben, vom Leibe halten?
    Wäre nicht Habermas‘ Strukturwandel der Öffentlichkeit endlich fortzuschreiben? Ist nicht Habermas der Mentor einer Wiederbelebung einer Theologie, die längst an den Naturwissenschaften erstickt ist? Gemeinsam mit Bloch, dessen große mystische Inspiration nach seiner marxistischen Bekehrung zur Rhetorik verdampft ist. Und wäre es nicht fortzuschreiben unter dem Aspekt:
    – Distanz zu den Frankfurtern (Verwerfung der Idee einer Rettung der Natur) und
    – im Hinblick auf die gegenwärtige Engführung des „Strukturwandels der Öffentlichkeit“ selber (die Hilflosigkeit und die Ohnmacht der Öffentlichkeit gegen dem, was jetzt sich zuträgt: Zusammenbruch des Ostblocks und Nichtgelingen der „Wiedervereinigung“, Ausbruch der Nationalismen, Verschärfung der ökonomischen Weltsituation; Fremdenhaß, Haß auf das Sichtbarwerden von Armut, Situation der Frauen)
    Hat nicht Habermas mit dem Ausklammern der „Naturfrage“ der Erinnerungsarbeit die Wurzeln abgeschnitten, dem einzigen Hilfsmittel gegen eine immer mehr in der eigenen Logik sich verstrickenden Öffentlichkeit? Ist der Verzicht auf die Kritik an den Naturwissenschaften nicht der Grund für den affirmativen Öffentlichkeits- (und Welt-) Begriff, an dem Habermas festhält, und der seinem Diskurs-Konzept zugrundeliegt (und ihn so harmlos macht)? Ist nicht die Abwehr der Postmoderne (ein Gemeingut der Habermas-Schule) die Abwehr dessen, der sich ertappt fühlt? Ist nicht die Verwechslung des Fremden mit dem Andern das, was die Habermas-Schule mit der Postmoderne verbindet, nur daß Derrida daraus die logischen Konsequenzen zieht, während Habermas die Früchte der Frankfurter Schule weiterhin ernten möchte, aber den Baum längst abgehauen hat? Weiter hilft nur die Einsicht, daß der Begriff des Anderen systemimmanent bleibt (und das Anwachsen der kritischen Masse mit befördert), während nur der des Fremden das System sprengt (bzw. die Sprengkraft des Systems auflöst). Zum Adorno/Benjaminschen Konzept der Säkularisierung aller theologischen Gehalte: Diese Säkularisierung setzt die Erinnerungsarbeit voraus, die Rekapitulierung der theologischen Gehalte. Denn: Auch die Naturwisenschaften sind eine Gestalt der restlosen Säkularisation der theologischen Gehalte, aber eine bewußtlose und die automatische und universale Verdrängungsarbeit fördende. Opfertheologie und Christologie sind Gestalten einer Logik, deren blindes und bewußtloses Fortwirken in den Zivilisationsprozeß selber eingewandert ist und, um des Begreifens dieses Prozesses willen, durch Erinnerungsarbeit der Bewußtlosigkeit zu entreißen ist.
    Die Physik ist der Stein vorm Grab der Vergangenheit: Wer wird ihn fortwälzen?
    Die ersten sechs Siegel (Off 6): die vier apokalyptischen Reiter, die Seelen der Märtyrer und Sonne, Mond und Sterne (die vom Himmel fallen wie ein Feigenbaum seine Blätter abwirft).
    Muß nicht, wer die Lehre von der Auferstehung ernst nimmt, die Unsterblichkeitslehre, die die Welt verrät, indem sie sie affirmativ rezipiert, verwerfen?
    Zur prophetischen Tradition: Neben dem Votum für die Fremden steht das für die Witwen und Waisen, wobei das für die letzten beiden gemeinhin zusammengefaßt wird als Votum für die Armen. Aber gehören die Frauen (die Witwen) nicht konstitutiv zu den Armen: Wer sind die Witwen? Sind es nicht die, die wie die Fremden und die Armen nur noch herausfallen aus den Strukturen des Patriarchats? Die Töchter leben unter dem Schutz des Vaters, die Frauen unter dem ihres Mannes, aber die Witwen fallen nur noch heraus. Müßte es heute nicht heißen: das Votum für die Fremden, die Armen und die Frauen?
    Wo wurde das Konzept der „narrativen Theologie“ entwickelt? Verdacht der Ambivalenz: Ist es nicht auch ein Kozept der Remythisierung, der Neutralisierung des kritischen Gedankens? (Gefahr, daß mit dem Urteil, dem Begriff, auch das Gebot, die Lehre, verworfen wird.)

Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie