Weltbegriff als Wasserscheide zur Zivilisation (Ödipuskomplex; Ursprung des Geldes und der Schrift; Götzendienst und Monotheismus; Astronomie und Opfer; Philosophie und Staat; Mathematik und Sprache).
Nathanael wird von Jesus unter einem Feigenbaum als echter Israelit erkannt. Später verflucht Jesus einen Feigenbaum, der keine Früchte trägt, und er verdorrt. Hat das etwas zu tun mit dem Feigenbaum, mit dessen Blättern Adam und Eva nach dem Sündenfall ihre Scham bedecken (vgl. hierzu die Bemerkungen Johannes Scottus‘ zu den Feigenblättern im 4. Buch, Kap 21 – S. 231: die die von den Werken abgelösten bloßen Worte des göttlichen Gebots bezeichnen, mit denen die Frevler ihre Scham: ihr schlechtes Gewissen, vor sich und vor anderen verbergen)? Verweist die Verfluchung (und dann das Verdorren) des Feigenbaums auf das Schicksal der Theologie, des Dogmas, in der Geschichte des Christentums (auf den geheuchelten Gebrauch des Wortes Gottes: An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen).
Johannes Scottus ist einer der wenigen Theologen, die wissen, daß die „Strafe Gottes“ (am Ende auch die Hölle) etwas ist, was nicht Gott den Menschen, sondern die Täter sich selber antun. Und es gehört zu den verworfensten Zügen der christlichen Kirchen, daß sie diesen Mechanismus den Tätern abgenommen und gleichsam in eigene Regie übernommen haben (Grund und Zentrum: Sexualmoral; Objektivationen: Bußsakrament und Höllenvorstellung, Bekenntnis und Rechtfertigung). Genau darin (im instrumentalisierenden Gebrauch der Religion) manifestiert sich das Binden: hat sich die Kirche zum steinernen Herzen der Welt gemacht (mit dem Lösen wird das steinerne durch ein fleischernes Herz ersetzt: das verweist auf den Zusammenhang des Lösens mit dem Weinen).
Steht bei Johannes Scottus der Begriff „Wesenheit“ (essentia) an der Stelle, an der später der Weltbegriff steht (5. Buch, S. 180)? Sind Wesenheit und Welt gleichsam die Vorder- und Rückseite des Begriffs; wird in der Wesenheit die benennende Kraft des Begriffs, die dann im Nomalismus (im Weltbegriff) untergeht, noch erinnert; und gründet darin die Beziehung der Philosophie zur Theologie (in der Hegelschen Logik ist das Wesen vermittelt durch den Schein)?
Ist das Antlitz des Menschen das Abbild Gottes und der Spiegel der Schöpfung? Oder hat der Schöpfungsbericht etwas mit der Bildung des menschlichen Angesichts zu tun (und die Verantwortung für die Schöpfung etwas mit der Verantwortung für das eigene Gesicht)?
Johannes Scottus‘ Bemerkung, daß die Güte die Bosheit, ihr Gegenteil, in sich selber aufzehrt, auf das Christentum, das Bekenntnis, das Dogma anwenden: die Realisierung des Angesichts zehrt die blasphemische Rückseite des Dogmas, die erst in seiner Instrumentalisierung sich bildet, das Unbekehrte an ihm, auf.
Anwendung auf die Sexualmoral: der Ankläger hat immer unrecht, und: ama et fac quod vis.
Schon im biblischen metanoeite (im „Umdenken“) wird die Umkehr als erkenntnistheoretische Kategorie begriffen. Sie ist der sowohl ethische als auch gnoseologische Kern der Weltkritik. Dazu gehören: die „Übernahme der Sünde der Welt“, das „Richtet nicht“, die Feindesliebe, das „Seid klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben“. Aber in dem gleichen Zusammenhang, in dem die Erbsünde in die Sexuallust verlagert wurde, wurde dieses metanoeite als „Buße“ dem Herrendenken untergeordnet und in das Konzept des stellvertretenden Leidens (der Opfertheologie) mit einbezogen und so zur Unkenntlichkeit entstellt.
Ist die Sexualität Repräsentant des Objekts (der Materie) in der eigenen physis? Dann ist die Sexualmoral von der Geschichte der Naturbeherrschung nicht zu trennen.
Das Rätsel lösen, das in dem Satz „Wir haben seinen Stern gesehen“ steckt.
Der Raum macht das Ungleichnamige gleichnamig: das Im Angesicht und Hinter dem Rücken, das gnadenlose Recht (den „Rechtsstaat“) mit der Gerechtigkeit und das Herrendenken mit der Theologie; das Vorn und Hinten, Rechts und Links, Oben und Unten.
Die Beziehung von Natur- und Weltbegriff ist Ausdruck und Stabilisator der Antinomien der reinen Vernunft. Beide sind – als Totalitätsbegriffe – in einem sehr wörtlichen Sinne Kurzschlußbegriffe (Problem der Beziehung von Dynamischem und Mathematischem in der kantischen Philosophie).
Wenn von Weizsäcker sagt, der Raum sei Geist, so hat er recht; Nur – so wäre zu ergänzen – unreiner Geist (Grund und Inbegriff der sieben unreinen Geister).
Hängt der Kreuzestod Jesu damit zusammen, daß nach der Schrift sterben muß, wer das Angesicht Gottes sieht?
Freud
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02.10.92
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04.07.-13.07.92
Krankenhausaufenthalt:
Ist nicht der Weltbegriff Produkt der Verletzung des gesamten Dekalogs (insbesondere des 4. und 8. Gebots)?
Die Opfertheologie, die Vorstellung von der Wiederholbarkeit des einen Opfers, hat die christliche Theologie an den Mythos gebunden. Der Preis war die Vergöttlichung des Geopferten (und der Ursprung des modernen Naturbegriffs).
Gesellschaftlicher Zusammenhang von Schuld: Täter – Opfer; Vater (Herr) – Sohn (Knecht); Schuld/Schulden; Schuld – Bekennntis -Rechtfertigung; Schuld gibt es nur vor jemandem (vor Gott); kann Robinson schuldig werden? Schuld ist ein gesellschaftliches Phänomen, auch als ontologisches.
Vermittlung des christologischen Naturbegriffs durch den modernen Kunstbegriff (W.B. I 1, S, 64 – Novalis). Bedeutung des Naturschönen.
Ist nicht die Religion gleichsam der verwesende Rest des mythischen Opfers, sein christlicher Umkehrpunkt das Martyrium (Zeugenschaft)? Verinnerlichung des Opfers im Bekenntnis (mythischer Ursprung des Bekenntnisses: Notwendigkeit einer letzten Summa contra gentiles).
Außen und Innen: Auch die Funktionalität der modernen Architektur steht unterm Primat des Außen (Rasenmäher und Plätschern beim Krankenhaus nur für den zerstreuten Besucher (Betrachter), aber gegen die Bedürfnisse der Patienten, die ohnehin nur Objekte sind – Gewöhnung als Gewöhnung ans Objektsein, an die Entmündigung, die die Ärzte bereits voraussetzen – Ansätze beginnender Paranoia).
Im Krankenhaus die Bedeutung des Satzes erfahren: Die Welt ist alles, was der Fall ist (die Hölle des Selbstmitleids).
Die Stationsärztin, die bis heute kein Wort mit mir gesprochen hat, erklärt an meinem Bett mit allen Details meinen „Fall“ dem Chefarzt: So erfährt man, wie es um einen steht (vgl. die zweite Leugnung Petri).
Außen und Innen: Naturwissenschaft als Produkt der Veräußerlichung und Verinnerlichung des Kosmos zugleich (= Weltanschauung). Das Innen ist das Außen des Außen.
Ist nicht der Begriff der Weltanschauung im Sinne eines Genitivus subjectivus zu verstehen (Welt als Subjekt, nicht Objekt der Anschauung)? – Aus diesem Grund gibt es Weltanschauungen nur im Plural.
Ist nicht die Anschauung die Leugnung des Angesichts?
Erst die durchinstrumentalisierte Welt ist frei für nicht mehr kritisierbare subjektive Zwecke; sie ist „ideologiefrei“, weil es jedem offen steht, in ihr seine Interessen und Zwecke zu verfolgen. Hierbei wird nur die „Kleinigkeit“ übersehen, daß diese „Offenheit“ nur für den geringeren Teil der Menschheit real und gegeben ist; für alle anderen ist sie eine geschlossene Welt, ein Gefängnis, ein Irrenhaus, Grund des universalen Hospitalismus (Verhältnis von Raum und Geld!).
Die Vorstellung des unendlichen Raumes und das Tauschparadigma verdrängen den Widerspruch (kein Reichtum ohne Armut, keine Materie ohne Energie).
Pharao, das „große Haus“: Hängt der Name des Pharao mit der geschichtsphilosophischen Bedeutung des Hauses (der Architektur mit dem Toten im Innern) zusammen? Ist das „Haus des Seins“ pharaonisch und ontologisch (der babylonische Turm hingegen instrumental)?
Benjamin zufolge können „Gestalten keiner Dichtung je der sittlichen Beurteilung unterworfen“ sein (I 1, S. 133). Gilt das nicht mit fortschreitendem Objektivationsprozeß auch bereits für die Lebenden?
S. 189: „von Haus aus“.
Pharao: Haben die Juden sowohl die institutionellen Grundlagen (Josef) als auch die äußere, architektonische Realisierung des Pharaonentums (das Sklavenhaus) geschaffen? Ist der Josef-Roman das früheste Dokument der Dialektik von Herr und Knecht (aber anders als die Hegelsche)?
Walter Benjamin I 1, S. 332f: Der neudeutsche Kult der Trägheit des Herzens (acedia).
Rührt Benjamins Theorie der Allegorie nicht auch an den Ursprung der Schrift (S. 339f, 351)?
Schrift und Vergesellschaftung: Mit der Schrift beginnt die Zivilisation (Modell und Ursprung der Beziehung von Begriff und Gegenstand, des Objektivations- und Vergesellschaftungsprozesses).
Schlange als Bild der Zeit (S. 346): Seid klug wie die Schlangen.
Benjamin II 1, S. 351: die „fallende Sucht“; wie verhält sich die Epilepsie zum Mond und zur Mutter?
S. 352: Dummheit und Bosheit bereits Grundlage der herrschenden Politik, der Herrschaft überhaupt (keine Alternative dazu?). Der subjektlose Gemeinheitskern der Öffentlichkeit: Ontologie der Strudel, in dem die Moral versinkt.
Ist die Eucharistie nicht mehr nur Zeichen, sondern bereits Ersatz der Nachfolge? Bezieht sich darauf der Satz vom Zusammenhang des unwürdigen Essens mit dem Gericht (1 Kor 1127)?
Die islamische Polygamie verweigert die Erfahrung des ehelichen Konflikts ebenso wie die Verarbeitung dessen, worauf sich das vierte Gebot bezieht (den Ödipuskonflikt).
Sabotiert der Islam (die Ergebung in den „Willen Allahs“) die Spontaneität und die Aufmerksamkeit?
Ist der Islam die verdinglichte Version des jüdischen „Monotheismus“ (die jüdische Religion als Fall), und deshalb gleichsam „von Haus aus“ fundamentalistisch? Kein Ausweg aus dem Sexismus (Pascha: Herrschaft und Selbstmitleid)? Islam als Gottesfurcht-Vermeidungsstrategie, als scheinhafter Ersatz der Gottesfurcht?
Ist der Islam nicht auch Ausdruck einer erschütternden Hilflosigkeit (wie jeder Fundamentalismus, und jede zum Terrorismus neigende politische Bewegung, einschließlich der durch den unaufgearbeiteten Faschismus bestimmten herrschenden Politik)? – Läuft nicht die Art, wie die Kinder des Pakistani ihrem Vater jeden Wunsch erfüllen, noch bevor er ihn überhaupt äußern kann, auf eine ganz sublime Entmündigung (Infantilisierung) des Vaters hinaus? Er ist nicht mehr fähig, die einfachsten Dinge selbst zu tun. So rächt sich die Familie an ihrem „Oberhaupt“. (Oder: Die arme, klagende Kreatur rächt sich für das, was ihr angetan wurde, an ihrer Umwelt.)
Der Islam scheint eine Erlösung der Welt nicht zu kennen (deshalb der Freitag als Wochenfeiertag: der Tag vor dem Sabbat). Der Islam kennt Erlösung nur als individuelle Erlösung (Belohnung oder Bestrafung); deshalb ist er mehr noch als das Christentum auf die unerlöste Sexualität (und damit an die Frauenfeindschaft) fixiert. Paradigma der Erlösung ist die unio mystica oder die Rückkehr ins Paradies (den Garten mit den Flüssen) als reine Regression. Wenn die Welt nicht erlösbar ist, ist es auch die Frau nicht (Zusammenhang des Weltbegriffs mit dem Patriarchat und der Frauenfeindschaft).
Vgl. hierzu die Entrüstung, mit der der Autor von „Jesus starb in Indien“ auf die Salbung Jesu durch eine „Prostituierte“ reagiert (überhaupt die Empfindlichkeit gegen „Schande“, gegen eine Beeinträchtigung des Rufs, des öffentlichen Ansehens: deshalb darf Jesus nicht am Kreuz gestorben sein.)
Zusammenhang von Nationalismus und Befreiungsbewegungen:
– Konsequenz daraus, daß es ohne Geldwirtschaft (als subjektiver und objektiver Nationalitätsgrund) nicht geht, der Sozialismus hieran seine Grenze findet.
– Grund des Wiederauflebens religiös-politischer Kräfte (Nordirland, Islam, Jugoslawien, GUS).
– Grund für das theoretische Gewicht und die Bedeutung einer Analyse des Geld- und Bankenwesens.
Die Vorstellung des unendlichen Raumes setzt die ganze Welt unter Laborbedingungen, sterilisiert sie gleichsam, unterwirft sie dem Herrenblick, bringt das Andere zum Verschwinden.
Mit der Verdrängung des Sterbens aus der Erfahrung schwinden die Toten aus der Erinnerung. Die Welt wird vom Sterben und von den Toten nicht mehr berührt: sie wird steril (durchs Inertialsystem zum universalen Labor).
Der Personalismus in der Philosophie trat auf, als die Seele (und mit ihr der Gedanke der Unsterblichkeit und des seligen Lebens) aus dem Bewußtsein verdrängt wurde. Aber niemand (auch die „Gläubigen“ nicht) hat’s gemerkt, weil alle andere Ziele haben.
Ist die Erschaffung der „großen Seeungeheuer“ der Hinweis auf die Erschaffung des Bösen? Vgl. auch Hiob: den Ankläger und Behemoth und Leviatan.
Hat die Sara (im Buch Tobit) etwas mit Maria Magdalena zu tun (die sieben in der Brautnacht verstorbenen Männer mit den sieben unreinen Geistern)?
Die Trennung von Begriff und Objekt, Geist und Materie, dient auch der Erhaltung und Absicherung von Herrschaft, schließt den Gedanken einer Änderung der Gesellschaft (und der Natur) vom Grunde her aus. Kein Zufall, daß jede Namenslehre in Gefahr steht, magisch mißverstanden oder mißbraucht zu werden (Beziehung der Astronomie zur Schrift?).
Was bedeutet es, wenn die Schrift der Magie das Ende bereitet hat (Ausnahme: das Verhältnis von Kabbalah und Magie)?
Herrschaft ist Herrschaft über die Vergangenheit. Keine Änderung ohne Änderung der Vergangenheit (Beziehung der Herrschaft zur Sternenwelt).
Man kann nicht die Menschheit, um sie zu befreien, abschaffen. Die Wahrheit ist nicht durch Unwiderleglichkeit (gegen die Häretiker), sondern durch ihre Ausbreitungsfähigkeit (daß alle in ihr sich als gemeint wiederfinden) zu bestimmen. Die alltägliche Erfahrung, daß die Menschen über ihr unmittelbares Eigeninteresse hinaus nicht mehr ansprechbar sind, ist kein Anlaß zur Empörung, sondern zur Trauer. Empörung verwandelt auch die Wahrheit in ein Moment des gleichen bornierten Eigeninteresses, über das sie sich empört, macht sie zur Ideologie, die dann keinen anderen Weg mehr kennt außer dem der Gewalt, die die Wahrheit durch Unwiderlegbarkeit zerstört.
Es ist ein an der gegenwärtigen Konstruktion des Lebens geschulter böser Scharfsinn, der uns die Ursprünge des kirchlichen Christentums heute anders wahrnehmen läßt. Dagegen hilft keine Apologie.
Zu Kants Bemerkung über das Verhältnis von Natur- und Weltbegriff die transzendentale Logik (Deduktion der synthetischen Urteile apriori) vergleichen: Der Ursprung der Unterscheidung und ihre Folgen sind hier ablesbar.
In Benjamins Wort von der „Erektion des Wissens“ (I 1, S. 131) klingt sowohl die Erinnerung an der Turmbau zu Babel als auch ein Hinweis auf den Ursprung und die Geschichte der modernen Naturwissenschaften mit an. Diese Erektion des Wissens begründet den Weltbegriff.
Gründet das Gefühl in der Trauer? (S. 139)
Der Weltbegriff gründet in der gleichen objektiv vermittelten Abstraktion, der auch der Ursprung der Schrift sich verdankt. -
24.05.92
Ist nicht (gegen Flasch, S. 94) die Biologisierung der Erbsünde gerade eine Konsequenz des augustinischen Personalismus?
Augustinus behandelt die Geschichte mit Esau und Jakob als Fall, an dem man ein Gesetz (die Paradoxie des Gesetzes der Gnade) demonstriert.
Zu Psalm 5811 (5711): In dem Psalm ist das Blut der Sünder das der „Frevler“, der Herren (bei Augustinus wird daraus das Blut der Aufsässigen, schließlich der Häretiker); und der Gerechte wäscht nicht (wie die Vulgata übersetzt) seine Hände in diesem Blut, sondern er watet im Blut.
Gemeinheit ist kein strafrechtlicher Tatbestand, aber das Strafrecht läßt als Notwehr gegen die Gemeinheit des Rechts die Lüge zu. Vor diesem Hintergrund gewinnt die kirchliche Umformung des achten Gebots in „Du sollst nicht lügen“ den besonderen Sinn, die Menschen wehrlos zu machen. Konsequenz des dämonischen Gottesbegriffs. Zugleich hat sie die Gläubigen aggressiv gemacht.
Das Gebot „Du sollst nicht lügen“ definiert Wahrheit durch die subjektive Ehrlichkeit; er schränkt Wahrheit damit apriori auf das Reich der Erscheinungen ein: er ist eine Konsequenz aus der Unfähigkeit zur Reflexion des Weltbegriffs (ein Mittel im Kampf gegen die Häeresien, die selber genau dieser Unfähigkeit sich verdanken, und der Grund, aus dem die Selbstverfluchung einmal zwangsläufig erwachsen muß).
Die gar nicht so uninteressante Frage, ob nicht der emphatische Begriff der Wahrheit etwas mit einschließt, was im Kontext der Verblendung Lüge heißt, wäre zu prüfen. Daß Generationen von Philosophen, durch die Universitätsbildung schlau geworden, nichts dabei fanden, in welchem Zusammenhang und mit welcher Bedeutung in Hegels Philosophie der Begriff der List erscheint, hängt hiermit zusammen.
Der Teufel, der Herr der Hölle ist auch der Vater der Lüge (und Subjekt des Gelächters). Wie hängen Lachen und Lüge zusammen? Ist nicht das Lachen die infamste (weil ohne Selbstdenunziation nicht widerlegbare) Gestalt des falschen Zeugnisses (Zusammenhang mit dem Raumbegriff)?
Zur Ableitung der Sexualmoral und der Frauenfeindschaft: Augustinus opfert im Kampf gegen seinen bösen Trieb die Frau (die namenlose Mutter seines Sohnes „Adeodatus“: wer ist hier der „deus“?). Der Marquis de Sade hat dieses Verhältnis auf den Punkt gebracht.
Kurt Flasch mißt Augustinus an der neopaganen Idee einer unschuldigen Natur (oder der natürlichen Unschuld); er hat offensichtlich seinen Freud nicht gelesen und kennt in dieser Sache nur die – aus der christlichen, der augustinischen Tradition stammende -Alternative: Urteil oder Freispruch.
Im jüdisch-christlichen Schisma hat das Christentum die Gottesfurcht verdrängt; damit waren die Wurzeln eingepflanzt für Gnosis und Manichäismus.
Nach dem Verrat der Gottesfurcht, wurde im Kampf gegen die Gnosis die Idee der Schöpfung, im Kampf gegen den Manichäismus die des Gerichts verraten.
Zum Taumelkelch und seiner Beziehung zum Hegelschen Absoluten: Ist dieser Taumelkelch nicht schon zuvor über die Trinitätslehre in die Theologie aufgenommen worden?
Im Dogmatisierungsprozeß wurde die Warntafel mißachtet, die Jesus selbst aufgerichtet hat: Das Wort „Richtet nicht …“ enthält doch auch die ganz schlichte Konsequenz: Die Wahrheit ist nicht Gegenstand des Urteils.
Das Verbot zu lügen untergräbt die Logik und die Botschaft des Märchens; nur das Märchen eröffnet den Bereich, in dem der Teufel als dumm erkennbar wird: das aber ist das für ihn schlimmste Prädikat.
Wo kommen Insekten in der Schrift vor? Und in welcher Beziehung stehen sie zu den Würmern, zum Gewimmel, zu den Kriechtieren -oder zur Schlange? (Und welche Blumen kommen in der Bibel vor?)
„schuf“, „erschaffen“, „Erde“, „Himmel“.
Zur Theorie des Feuers: das Aufspannen (des Himmels) hängt mit der Spannung zusammen, die beispielsweise auch einem Roman eignet, dessen Telos (nach Lukacs) der Tod ist. Waren die Scheiterhaufen die christlichen Erben der Moloch-Opfer? Bibel-Stellen zu „Feuer“, „Flamme“, „brennen“, „brannte“. Der Kreislauf des Wassers (der Wasser von unten und der von oben) oder der Zusammenhang von Schuld und Segen. Was bedeutet das Wort am Kreuze „Mich dürstet“ („Durst nach Gerechtigkeit“)? Hunger und Durst, Feuer, Asche und Staub. Die vierzig Tage Jesu in der Wüste, die Versuchung und am Ende die Engel, die seinen Hunger und Durst stillten. Wovon nährte sich Johannes der Täufer? Haben die Heuschrecken mit denen in der Exodusgeschichte zu tun?
Die Orthogonalität des Raumes und die Reversibilität der Richtungen im Raum gehören zusammen. In dieser Reversibilität aber drückt die Macht des Unteren über das Obere, des Hinteren über das Vorne und der linken über die rechte Seite aus.
Natur und Welt sind die beiden Gestalten des Für-andere-Seins als Totalität (Folge der Verirrung im Labyrinth der Mathematik: aber hat nicht die kantische Philosophie die Grenzen dieses Labyrinths abgesteckt, während die hegelsche Philosophie das Labyrinth von innen vermessen hat).
Der Exkulpationstrieb hat seine Wurzeln in der Gewalt, die wir immer noch dem moralischen Urteil beimessen; diese Gewalt aber gründet in der christlichen Himmels- und Höllenvorstellung.Augustinus, Blut, Christentum, Flasch, Freud, Gemeinheit, Hegel, Infamie, Kant, Lachen, Lüge, Mathematik, Philosophie, Sexualmoral, Theologie, Tiere, Wasser -
06.04.92
Der Zusammenhang von Im Angesicht und Hinter dem Rücken hat zu tun mit dem von Bewußtsein und Verdrängung, nur daß er im Begriff des Angesichts nicht psychologisch, sondern als Objektives gefaßt wird.
Obelisk und Pyramide: Potenz und Totenkult?
Konnte Jesus überhaupt die zukünftige Schuld (unsere Schuld) schon auf sich nehmen, geschweige denn „hinwegnehmen“; d.h. ist die Geschichte im Rahmen einer Opfertheologie (Sühneleiden für zukünftige Schuld) überhaupt zu fassen? Die Opfertheologie ist die weltliche (kosmologische) Interpretation der Übernahme der Sünde der Welt als eines vergangenen Ereignisses, die aber eben damit bewußtlos das kapitalistische Konzept antizipiert und den Bezugsrahmen herstellt für die kapitalistische Gestalt der inneren und äußeren Naturbeherrschung.
Daß der Begriff der Welt in den historischen Prozeß verflochten ist, ist selber erst ein Resultat dieses historischen Prozesses und erscheint nicht zufällig zum ersten Mal bei Hegel.
Heute ist vom Christentum allein die Exkulpationsmagie übrig geblieben. Nur sie bindet die „Gläubigen“ noch an diese Religion.
Sapientia, sapere: Beziehung zur Scham; Fähigkeit, das Von außen gesehen Werden zu reflektieren (die Sünde der Welt auf sich zu nehmen). Diese Reflexion ist die Bedingung der Weisheit und des Erlernens des Schmeckens.
„Laßt die Toten ihre Toten begraben“: Ich glaube, mit dieser Begründung könnte man aus der Kirche austreten.
Ist der Freudsche Mythos von der Tötung des Urvaters nicht das genaueste Modell des christlichen Ursprungs des Antisemitismus, der Entstehung des Urschismas.
Definition: Die Welt ist der Abgrund, der die Menschen von sich selber, von einander und von Gott trennt. Vgl. Ludwig Wittgenstein: Die Welt ist alles, was der Fall ist.
Kruzifix und Auschwitz: Beides unterliegt dem Bilderverbot; erst die Einhaltung des Bilderverbots, macht den Weg frei für die reale Erinnerung (sprengt die Vorstellung einer homogenen Zeit, während die Opfertheologie diese Vorstellung einer homogenen Zeit voraussetzt und stabilisiert; die Opfertheologie ist ein Teil der Anpassung an die Welt, sie hat den Weltbegriff als Referenzsystem und Maß; die Versöhnung, die sie zu leisten vorgibt, ist Schein, Ersatz für die verdrängte Übernahme der Sünde der Welt).
Metaphorik ist die Quelle, aus der sprachliches Denken sich nährt. Der Kampf gegen die Metaphorik, der Zwang zum direkten begrifflichen Zugriff, zerstört die Sprache, kreuzigt des Logos.
Wenn die Beziehung von Innen und Außen eine Bedeutung hat, dann nur unter dem Aspekt von Rechts und Links: Links (das Richten) nach innen, Rechts (die Barmherzigkeit) nach außen. Das steht hinter dem Wort vom Balken und vom Splitter (während heute in der Folge einer schlimmen christlichen Tradition alle nur barmherzig gegen sich selbst, aber streng gegen die Andern sind, das Gut-Sein verdrängen).
Bei der Übernahme der Sünde der Welt kann und soll nicht geleugnet werden, daß es gegenständliche Schuldzentren in der Welt (die Welt selber als gegenständliches Schuldzentrum) gibt. Nur darf dabei nicht vergessen werden, daß man selber zu ihren Urhebern gehört, sich nicht davon freisprechen kann.
Jede Überwindung ist nur eine Metamorphose; die Vorstellung, das es wirklich überwunden sei, hängt mit der anderen zusammen, daß es tot und vergangen sei, und uns das Tote und Vergangene nicht mehr interessiert: die beste Garantie dafür, daß es weiterlebt.
Das verlorene Antlitz der Erde: Nach der „Heiligung der Welt“ jetzt die „Bewahrung der Schöpfung“? Ist nicht beides falsch?
Wenn die Schlange klüger war als die anderen Tiere des Feldes: heißt das nicht auch, daß die Tiere des Feldes auch klug sind? Liegt die Differenz nicht doch nur in der fehlenden (oder, worauf das Fell hinzudeuten scheint: nicht mehr reflektierbaren) Scham, in der fehlenden Fähigkeit, sich im Blick der anderen zu sehen? -
02.04.92
Der Personbegriff ist eine Emanation der Scham, mit der die Menschen nach dem Sündenfall auf die neue Fähigkeit reagiert haben, sich selbst von außen zu sehen (als „persönlich“ wird alles empfunden, was an die Scham rührt). Als Personen befinden sie sich endgültig hinter ihrem eigenen Rücken (Zusammenhang mit dem Ursprung der Sexualmoral). Oder anders: Die Person ist der Statthalter der Welt (und die Scham Index der Schuld der Welt) im eigenen Innern. So klärt sich auch der historische Zusammenhang der Person mit der Maske (deren Vorläufer und Modell waren die Opfer), sowie der genetische Zusammenhang des Personbegriffs mit dem Ursprung der Trinitätslehre und des Dogmas und mit dem Ödipuskomplex (mehr noch als der angebliche „Sexualismus“ Freuds war die instinktive Erfahrung, daß das Konzept vom Ödipuskomplex an die Wurzeln des kirchlich-christlichen Selbstverständnis rührte, Grund der kollektiven Entrüstung, die die Psychoanalyse ausgelöst hat).
Mit der Vorstellung des unendlichen Raumes wird die Immanenz als Schuldzusammenhang irreversibel und unentrinnbar. Es bleibt nur der Wille zur Macht, der bewußtlos schon den Ursprung und die Struktur des Dogmas beherrschte.
Drei Bedeutungen des Prinzips der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit:
– selbstreferentielle Beziehung zum Inertialsystem,
– exzentrischer Status des Inertialsystems (äußerliche Beziehung zum Objekt),
– Neubestimmung des Status der naturwissenschaftlichen Erkenntnis und ihrer Beziehung zum Objekt.
Die Kopenhagener Schule ist der lebendige Beweis für die Gültigkeit des Satzes vom Balken und vom Splitter (Inertialsystem als Balken im eigenen Auge).
Industrialisierung der Splitterproduktion: Inertialsystem, Geld und Bekenntnis als Balken. Aufzulösen nur durch die siebenfache Umkehr?
Eine Volkskirche ist nur als Bekenntniskirche vorstellbar und ist insoweit zwar real, aber eine contradictio in adjecto. Es gehört zu den Symptomen der Hilflosigkeit der Kirchen gegen den Nationalsozialismus, daß ausgerechnet eine „Bekennende Kirche“ zum Symbol des Widerstands gegen den Faschismus geworden ist.
Der Fall Drewermann ist nur ein Symptom dafür, welch entsetzliche Verwirrung im Prozeß des Zerfalls der autoritären Strukturen in der katholischen Kirche um sich greift:
– als Unfähigkeit der Theologen, das reale Wahrheitsmoment in der kirchlichen Tradition noch wahrzunehmen, und
– als Unfähigkeit der Kirche, mit solchen Konflikten umzugehen.
Die Grundversuchung ist heute die Versuchung zur Komplizenschaft; sie hat ihren Ursprung im pseudotheologischen Kontext von Rechtfertigung und Bekenntnis.
Empörung als Unterhaltung: „Kritische Sendungen“ sind affirmativ, weil sie nur der Empörung ein Ventil (und dem Zuschauer das gute Gefühl, sich selbst durch Empörung seine Moral und seine Unschuld zu beweisen) verschaffen, aber nichts ändern. Das Ganze erinnert mich an Habermas, der sich (gegen Benjamin, Horkheimer und Adorno) durch sein Bekenntnis zur Unabänderlichkeit der Natur das Alibi des Kontemplativen verschafft hat, nicht mehr im Ernst an eine Änderung der Dinge denken zu müssen. Heute ist die Empörung zur Grundlage der Zustimmung geworden. Empörung ist der Genuß des Zuschauers an der Folter (er entspricht dem Genuß des Voyeurs an der Pornographie und dem Beifall im Konzert). Nicht gegen das Unrecht, sondern gegen die Ohnmacht, in die einen der Anblick des Unrechts versetzt, gilt es anzugehen. Aber ist dieser Kampf gegen die Ohnmacht am Ende doch nur noch mit Hilfe der Theologie (mit der Hilfe dessen, was Benjamin die „göttliche Gewalt“ genannt hat), möglich? Jede andere Gewalt – insbesondere die der „Medien“, die an die Bedingungen der Öffentlichkeit (des Andersseins) gebunden bleibt – bleibt in das Unheil verstrickt und reproduziert es. „Allein den Betern kann es noch gelingen …“: aber anders als es das fromme Gemüt sich vorstellen kann. Erst wenn das Gebet zur Gewalt wird … Oder: Wie ist es möglich, die Politik Gottesfurcht zu lehren? Und: Ist die Abschaffung der Folter erst nach (oder zusammen mit) der Änderung auch der Natur möglich? (Sieg Hitlers in der Fernseh-Demokratie? Erst die Ästhetisierung der Wirklichkeit durchs Fernsehen verwischt jene Differenz, die Grenzen in Politik und Recht allein möglich macht: Bedingung des Friedensvertrags, Neugründung des Rechts.) -
01.04.92
Gleichnamigkeit des Ungleichnamigen: Grund des Selbstmitleids (Symbol des Kelches, Getsemane, unbekehrtes Christentum); der verandernden Kraft des Seins: das Eine ist das Andere des Anderen. Unvermeidbarkeit unter den Bedingungen des Nominalismus (der Vorstellung des unendlichen Raumes). Erste reale Anwendung: das newtonsche Gravitationsgesetz. Verhexung Gottes, der Natur und der Menschen. Anwendung auf die Naturphilosophie: erstes Opfer das Licht, das einzige direkt durchs Wort Geschaffene?
Erkennbar ist die Gleichnamigkeit des Ungleichnamigen im Kontext von Schuld, Verdacht und Empörung (und hier liegt zugleich der Grund der Mathematik). Indiz für den Stand der Dinge sind die Erkenntnisse von Marx und Freud, die als Wissenschaften des Verdachts seit je Empörung provoziert und auf sich gezogen haben (Beweis des flüssigen Charakters der Schuld).
Modell der Gleichnamigmachung des Ungleichnamigen: die Abtreibungsdebatte (Beispiel für das Verfahren der Verschiebung und Projektion: Zusammenhang mit der Raumvorstellung).
Die praktische Bedeutung der Marxschen und Freudschen Theorien (proletarische Revolution und Psychoanalyse als Therapie) ist sicherlich zu Recht umstritten, nicht aber die theoretische Bedeutung, ihre originäre Beziehung zur „Sünde der Welt „; und praktische Bedeutung hat weiterhin der Umgang mit diesen Theorien: ihre Abwehr führt genau in jenen Bereich (der Schuld) herein, der von ihrer Kritik getroffen wird.
Biblische Elementenlehre: Hier sind die „Elemente“ die Buchstaben der Schrift; aber welche Bedeutung haben Erde (und Himmel), Wasser (unter und über dem Firmament), Luft (pneuma, ruach) und Feuer (fire next time)?
Der Begriff des Volkes bezeichnet die Schicksalsgemeinschaft, der der Nation die Sprach-Gemeinschaft (unterm Gesetz des Inertialsystems die „Rasse“-Gemeinschaft: Grund in der Trinitätslehre nach der Verknüpfung von Logos und Zeugung?), oder die Rechtsgemeinschaft (Bund, Vertrag, Verfassung)?
Num 2420: Amalek war das erste unter den Völkern, doch es endet im Untergang.
Zum Begriff der Welt vgl. Deut 2849f: Der Herr trägt zum Kampf gegen dich ein Volk aus der Ferne herbei, von den Enden der Erde, das wie ein Adler herabstößt, ein Volk, dessen Sprache du noch nie gehört hast, ein Volk mit unbeweglichem Gesicht, das sich dem Greis nicht zuwendet und für das Kind kein Mitleid zeigt.
Das Bekenntnis ist die genaue Umkehrung des anklagenden, richtenden Denkens. Beide beziehen sich auf die gleiche Schuld, nur mit dem Unterschied, daß das (objektivierende) anklagende, richtende Denken diese Schuld nach außen projiziert und so sich selber in den Schuldzusammenhang verstrickt, während das Bekenntnis (als Bekenntnis zum messianischen Namen) seinen Anteil an der Auflösung des Schuldzusammenhangs durch die (messianische, parakletische) Übernahme der Sünde der Welt wahrnimmt. Dieses Bekenntnis ist dem anderen genau entgegensetzt: die entfremdete Bekenntnislogik hat das objektivierende, anklagende und richtende Denken zur Voraussetzung. Es ist mit ihm wesensgleich und verhärtet, stabiliert es zugleich. Das wirkliche Bekenntnis konstituiert sich in der Umkehr des entfremdeten als Gottesfurcht. -
31.03.92
Nicht die Person und nicht die Seele, sondern das Angesicht: weil nur das Angesicht die Realidee des richtigen und befreiten Handelns in sich enthält. Das aufgedeckte Antlitz ist der Inbegriff der Freiheit der Kinder Gottes, auf die die ganze Schöpfung harrt.
Man kann die Wahrheit bewahren, d.h. seßhaft verwalten, und man kann sie bewähren, d.h. sie auf dem eigenen Rücken weiter befördern. Nur die Bewährung ist der Idee der Wahrheit angemessen.
Gibt es etwas der Umkehr (ihrem sprachlichen, nicht geometrischen Sinn) Vergleichbares auch im Hinblick auf das Inertialsystem? Und müßte diese Umkehr nicht so etwas wie eine Tendenz-Umkehr sein, die die Gewichtsverhältnisse umkehrt: im Gravitationsgesetz die Ungleichnamigkeit (die Heliozentrik als notwendigen Schein) und im Falle des Lichts die „Fortpflanzungs“-Bewegung als Umkehr der realen Intention des Sehens (des Gesichts) -die Lichtgeschwindigkeit als Maß der Vergängnis, gegen die das Lebendige (das Streben nach dem Licht) sich abarbeitet – begreifen. Das Inertialsystem selber ist der terminus ad quem des Falles.
Kreuz und Kelch: „Wer mein Jünger sein will, der nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach“ und „Vater, wenn es möglich ist, so lasse diesen Kelch an mir vorübergehn“. In welcher Beziehung stehen diese beiden Sätze? Der Kelch ist (in Prophetie und Apokalypse) der Kelch des Zornes und der Taumelkelch. Beide sind auf Herrschaftszusammenhänge bezogen. Sind die, die aus dem Kelch trinken, andere als die, die das Kreuz auf sich nehmen? Sind es vielleicht die, die anderen das Kreuz aufbürden? Nochmal „Laß diesen Kelch an mir vorübergehen?“ Ist das nicht die Bitte: Erlasse denen, die mir nachfolgen, das Kreuz? Ist es überhaupt vorstellbar und denkbar, daß Jesus im Garten Getsemane nur für sich die Angst erlitten und gebeten hat? Und sind nicht ebenso die Worte am Kreuz bis hin zum „Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen“ weniger auf die einsame Selbsterfahrung der Person Jesus als vielmehr auf die, die ihm nachfolgen und denen er die ganze Last des Scheiterns aufbürdet, zu beziehen, auf das, was er mit diesem Tod den andern antut, aufbürdet, zumutet? – Ist hier nicht die Schlüsselstelle für das Verständnis des Ganzen? Und ist nicht genau diese Stelle in der gesamten kirchlichen Tradition (in der Tradition des Schlafs der Petrus, Jakobus und Johannes und der Leidensmystik, die diesem Schlaf korrespondiert) auf den Kopf gestellt worden? Wachet und betet, damit ihr nicht in Versuchung fallet. Das „Laß diesen Kelch an mir vorübergehen“ bezieht sich nicht auf sein privates Schicksal („Todes-angst“), sondern darauf, welche Folgen und Nebenwirkungen sein Schicksal haben wird.
Kreuz und Kelch: Hier liegt der Grund der Ambivalenz der Vergöttlichung des Opfers (von der christlichen Opfertheologie bis zum modernen Naturbegriff).
Mit dem Kreuz hat Jesus nicht unmittelbar befreit, sondern zunächst einmal die Last weitergegeben (und wenn, dann nur dadurch befreit).
Ist die Getsemane-Geschichte ohne die „Engel des Himmels“ beim Lukas zu halten?
Die falsche Leidensmystik, die sich auf der Getsemane-Geschichte herleitet, ist antisemitisch.
Zu Brot und Wein (zum vorangehenden Abendmahl und zum Kelch) vergleiche auch die Geschichte mit den Träumen der beiden Mitgefangenen des Josef, auch die Melchisedech-Geschichte. Zum Kelch vgl. auch die Noe- und Lotgeschichte (Aufdeckung der Scham durch Ham und Inzest der Töchter Lots; war Noe der Erfinder des Weinbaus?).
Ex 3728: Kelche in der Form von Mandelblüten (vgl. Jeremias).
Mk 1038: Wie hängen (Zornes-/Taumel-)Kelch und Taufe zusammen? -
15.01.92
Christentum: Trinitätslehre als Verinnerlichung der Genealogie für Nicht-Juden, für die Heiden? Zusammenhang mit dem mißverstandenen vierten Gebot? Bedeutung der Opfertheologie (antisemitische Struktur: wird nicht der Vater als Vater, d.h. durch Aufspaltung: durch Verinnerlichung als „lieber Vater“ und Vergegenständlichung als Sadist, geleugnet)?
Großartig der Nachweis Lillian Kleins, daß das Buch „Richter“ doch strenger an diesen Titel gebunden ist, als bisher wahrgenommen wurde: als Darstellung des Zwangs und der Folgen, die sich aus der Trennung des Richtens vom Bund JHWHs mit Israel, des Richtens von der Barmherzigkeit und der Verknüpfung von Richten und Gewalt (aus der weltkonstitutierenden Logik des Richtens) ergeben? (Bei Lillian Klein Abensohn keine Bemerkung zur Jotam-Fabel oder dazu, daß Samson auf dem Schoße der Dalilah stirbt?) Beschreibt das Buch nicht die Entstehung der Raumvorstellung, der „subjektiven Form der Anschauung“ (kein König in Israel, jeder tat was er wollte; hier werden die Bejaminiten zu „Linkshändern“, bis hin zum Mord an der Konkubine des Leviten, am Ende zu Opfern; und hier werden die entscheidenden Siege „aus dem Hinterhalt“ erfochten – es verschwinden das „Angesicht“ und Gottes Rechte)?
Saul kam aus Gibea in Benjamin, während David den Goliat mit Hilfe einer Steinschleuder erschlug.
Gegen Rousseau: Es gibt keine ursprüngliche heile Natur, die erst durch Vergesellschaftung (durch den Gesellschaftsvertrag: durchs Eigentum, durch das Inzestverbot und die Monogamie, durch die Schrift und den Logozentrismus) verdorben worden wäre. (Auch die Schellingsche Naturphilosophie steht noch im Banne Rousseaus: Was bedeutet der Begriff der Welt in Schellings Titel „Weltalter“?)
Der moderne Naturbegriff gründet nicht in der Gewalt, sondern er begründet auch Gewalt: die Gewalt, die das Äquivalent der Stummheit ist (wenn Sprache nichts mehr bewegt). Heute ist die ganze Sprache durchsetzt von der Stummheit: sie spricht nicht mehr, seitdem sie im Objektivationsprozeß ihr Subjekt verloren hat.
Wenn die Sumerer die Erfinder des Privateigentums waren, war Babylon dann die erste Stadt?
Der Kampf gegen die Idolatrie ist die erste Phase der Auseinandersetzung mit der städtischen, verdinglichenden, weltproduzierenden Gewalt.
Ist die Marxsche „resurrectio naturae“ eine Konsequenz aus dem Rousseauschen Naturbe#griff?
Freuds „Totem und Tabu“ krankt daran, daß es als ein pyschologischen (innerlichen) Vorgang faßt, was in Wirklichkeit eine gesellschaftlicher ist; er projiziert das Problem in ein dem Stand der Sache nicht ganz entsprechendes gesellschaftliches Umfeld, in das der sogenannten „Primitiven“. Die „Wilden“ sind erst in der Aufklärung entdeckt worden; sie haben hier eine entscheidende systemabsichernde Funktion (das Erbe Rousseaus: Kriterium der Unterscheidung ist für ihn die Schrift; piktographische, ideographische und alphabetische Schrift – haben Arnold Hauser und Max Raphael etwas über den Ursprung der Schrift geschrieben?).
Satan: der Ankläger; Teufel (diabolos): der Verwirrer; Dämon: Verteiler, Zuteiler (des Schicksals).
Benjamins Wort über Rosenzweig, daß er es vermocht habe, die Tradition auf dem eigenen Rücken weiter zu befördern anstatt sie seßhaft zu verwalten, steht in der christlichen Tradition: das „Auf dem eigenen Rücken“ entspricht präzise der Übernahme der Schuld der Welt.
Emmanuel Levinas Einwand der Asymmetrie gegen Bubers dialogisches Prinzip hat die Unterscheidung von „Hinter dem Rücken“ und „Im Angesicht“ zu Grundlage. In der Symmetrisierung von Ich und Du triumphiert das „Hinter dem Rücken“, triumphiert die Gemeinheit, die unter der Buberschen Prämisse ins Unbestimmbare verschwindet.
Der biblische Begriff des „Schreckens um und um“ bezeichnet den Ursprung des Selbstmitleids (beachte den Unterschied, mit dem Mann und Frau der Verführung des Selbstmitleids unterliegen: der Verführung, sich als Gegenstand oder als Subjekt als Natur oder als Welt, von außen zu sehen).
Das „Im Angesicht“ ist ein sprachlicher Sachverhalt, das „Hinter dem Rücken“ ein optischer (es steht unter dem Primat der Anschauung). Und „der Fall“ ist ein Fall aus der Sprache in die Anschauung. Das „Im Angesicht“ liegt vor dem Moment, in dem „ihnen die Augen aufgingen“: und sie „erkannten, daß sie nackt waren“, und sie “ schämten sich“. Die Scham ist ein Zeichen dessen, daß das „Im Angesicht“ nicht ganz vergessen ist. – Hängt damit die strukturelle Differenz zwischen Radio und Fernsehen (Faschismus und Post-Faschismus) zusammen? Erst das Fernsehen liefert zur Stimme (zur Stimme Hitlers) auch das Bild, verschiebt das Antlitz aus dem sprachlichen in den optischen Bereich, macht es damit endgültig unkenntlich.
Der Heideggersche Begriff der Frage (der zum Rundfunk-Zeitalter gehört) hat seinen Focus in der „Seinsfrage“, und zu dessen Metastasen gehören die „Judenfrage“ oder die „deutsche Frage“; er bezieht sich nicht mehr auf die Möglichkeit einer Antwort sondern – wie das Rätsel und die mathematische Aufgabe – auf die einer „Lösung“ (der Vergleich der „Lösungen“ der letztgenannten „Fragen“ wirft Licht auf den zentralen Punkt), das aber heißt, er ist ohne Gewalt nicht zu denken; seine früheste Anwendung findet er in der Geschichte von Alexander und dem gordischen Knoten.
Sprachlich unterscheidet sich die Frage von der Antwort durch das Heben oder Senken der Stimme am Ende. Das Senken der Stimme ist zugleich der autoritäre, der beruhigende Gestus, während die hohe Stimme Unselbständigkeit, Unsicherheit, Panik signalisiert (das Erheben der Stimme zeigt Empörung an: sie erhebt sich gegen die Ruhe der Autorität). – Wodurch unterscheidet sich das Sich Senken vom Fall? Der Empörung folgt der Fall, während das Sich Senken eine autonome, selbstbewußte Handlung ist.
Die eigentlich Botschaft in Hitlers Reden lag in der Stimme, in ihrem Tonfall; Hitlers Stimme vereinigte den autoritären mit dem panikerzeugenden Gestus (das Gleiche gilt heute von jeder politischen Rede; ihre Vorläufer hat sie in der Predigt).
Merkwürdig, daß Rousseau (und Derrida übernimmt das unreflektiert) die Artikulation der Rede, als Voraussetzung der Ausbildung der alphabetischen Schrift, negativ besetzt. Er erfährt darin (wie im Logozentrismus) nur den autoritären Gestus, den Gestus dessen, der dem anderen etwas einreden will, während er den daran geknüpften Wahrheitsbegriff und allgemein das Menschenfreundliche der sich artikulierenden Vernunft (gleichsam im Vorgriff auf das Derridasche Konzept der Dekonstruktion) denunziert. Grund ist die Rousseausche Versenkung des Göttlichen in die stumme Natur.
Ist es ein Zufall, daß der Sozialismus als erster seine fundamentalistische Phase hatte? Und wäre nicht eine Kritik des vergangenen „real existierenden Sozialismus“, die auf dieses Moment abstellt, die einzige, die dem derzeitigen Stand noch angemessen wäre?
Ist nicht der Darwinismus ein Vulgär-Hegelianismus, in dem das Herrschaftsmoment des Begriffs sich endgültig durchsetzt?
Ist die Wendung „den Himmel aufspannen“ nicht ein sprachlicher Ausdruck der Spannung, mit der das Im Angesicht und die Barmherzigkeit (die Bewahrung der rechten Seite) gegen die neutralisierende Gewalt des Raumes ankämpft: ein anderes Wort für das „emitte spiritum tuum et renovabis faciem terrae“: Der Gerechte trägt seinen Teil bei zur Erhaltung der Welt, indem er deren Schuld (den Grund der Asymmetrie zwischen Ich und Du) auf sich nimmt und so seinen Teil beiträgt zur Aufspannung des Himmels und zur Begründung der Erde, zur Erneuerung des Antlitzes der Erde (die Asymmetrie zwischen Ich und Du begründet das „Im Angesicht“, während die Symmetrisierung der Beziehung unter der neutralisierenden Gewalt des Raumes steht und „hinterm Rücken“ verbleibt). -
02.01.92
Zu Derridas Kritik des Logozentrismus: nochmal die Christina von Braun lesen.
Die Hypostasierung der Natur ist der Versuch, einen anti-christologischen Schöpfungsbegriff zu etablieren; die Idee eines stummen Schöpfers, eines Schöpfers, der ohne die Sprache erschafft (ebenso wie die Welt die Idee eines stummen Gerichts vor Augen stellt: eines ohne die Möglichkeit einer Einrede gefällten und sogleich vollstreckten Urteils. Der Säkularisationsprozeß ist ein Prozeß ohne Verteidigung, ein Prozeß, in dem der Verteidiger nur stört, Sand im Getriebe ist.
Keine Philosophie wurde schneller vergessen als die Adornos: nämlich von seinen eigenen Schülern.
Ist ein Raum vorstellbar (konstruierbar), in dem nur zwei Dimensionen umkehrbar sind. die dritte hingegen unumkehrbar.
Büchners Lenz hatte bei der Wanderung durch die Vogesen den Wunsch, auf dem Kopf zu gehen; umgekehrt wollte Marx den Hegel vom Kopf auf die Füße stellen. Und war das nicht die entscheidende Wendung in der Geschichte der Rationalisierung der Musik, daß sie gleichsam umgekehrt und auf den Kopf gestellt wurde: daß die Melodiestimme von unten nach oben und die Begleitstimme von oben nach unten gerückt wurde? Ergab sich hieraus die Konsequenz der Zwölftonmusik? Beziehung zum Fall: das Tiefe (das Untere) wird heute als das Schwere, das Hohe (das Obere) als das Leichte erfahren. Aber ist es nicht die Welt, die uns auf den Kopf stellt (und haben damit nicht der Ödipus-Komplex und die Gewalt, die seitdem das Erwachsenwerden begründet, etwas zu tun)?
Das metaphorische Element der Sprache hält die Spuren der Genesis ihrer Entfremdung fest. Ein gänzlich metaphorisch durchwirkter Text kommt der Wahrheit näher als ein Text, der durch Definitionen, durch verdinglichte und instrumentalisierte Begriffe festgezurrt wurde und daran erstickt ist. Die Metaphorik ist das Lebenselement der Sprache.
Hat die Anatomie nicht eigentlich immer schon die Wahrheit als Leiche gemeint, und ist diese nicht ihr Modell? Hängt sie (bis hin zu den Menschenexperimenten in den Konzentrationslagern) nicht zusammen mit einem rekonstruierbaren blasphemischen Stand der Theologie und des Dogmas?
Die Metaphorik beschreibt den Organismus des Sprachleibs, die Dogmatik seine Anatomie. Wenn wir begreifen, was in der alten Geschichte die Leberschau und die Beobachtung des Vogelflugs bedeuteten, welche Bedeutung die Ostraka im Zusammenhang mit dem Ursprung der Schrift haben, sind wir dem Verständnis der alten Welt und des Ursprungs des Christentums ein ganzes Stück näher gekommen.
Die Finsternis und das Wasser sind nicht erschaffen, sondern als Nebenprodukte im Schöpfungsprozeß mit entstanden. Lernen, mit der Angst umzugehen, sie nicht zu verdrängen, wenn wir uns der Vorwelt nähern.
Hatte nicht Habermas, und auf andere Weise generell die 68er Linke, noch ein gänzlich unangemessenes Zutrauen in Institutionen, in die Wirksamkeit der Mechanismen der Instrumentalisierung? Und war es nicht dieses Zutrauen, daß Habermas dazu verführte, die Naturkritik der Frankfurter zu vorschnell zu verwerfen? Das ist es, was dann in der nächsten Generation (bei Hauke Brunkhorst oder bei Micha Brumlik) gelegentlich völlig unkontrolliert ausbricht.
Erst in einer Welt, in der die Sprache gegenstandslos wird, wird das Beten funktionslos.
Was das Christentum in der Folge der Rezeption des Hellenismus nicht verstanden und am Ende dann verdrängt hat, ist, daß die Übernahme der Schuld der Welt sich auf einen sprachlichen Sachverhalt bezieht. Nur innerhalb dieses sprachlichen Zusammenhangs wird verständlich, was im NT Logos heißt.
Die Asymmetrie im dialogischen Verhältnis korrespondiert mit der Asymmetrie von Zukunft und Vergangenheit, Sprache und Mathematik. -
04.11.91
„… widerrät, noch den Leviatan von Hi 40f dualistisch-moralisierend eindeutig dem Bösen zuzurechnen.“ (Ebach: Leviatan und Behemoth, S. 74) Bemerkungen:
– Das „dualistisch-moralisierend“ steht in der Sündenfall-Tradition (Erkenntnis des Guten und Bösen: Zusammenhang von Instrumentalisierung und moralischem Urteil) und ist das Element, in dem sich die „Erbschuld“ fortpflanzt.
– Schon die Grundelemente des Christentums:
. Nachfolge-Gebot, Übernahme (nicht Hinwegnahme) der Schuld der Welt (Gott hat nicht die Welt, sondern Himmel und Erde erschaffen; Welt als Medium und Resultat des Säkularisationsprozesses, als Medium der Geschichtsphilosophie; Begriff der Welt, Beziehung zum Naturbegriff: Totalitätsbegriffe), Feindesliebe, Richtet nicht …, Seid klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben (Kontext: Kritik des Bekenntnisbegriffs, der Trinitätslehre – insbesondere der Christologie -und der Opfertheologie; Begreifen des Ursprungs des Antijudaismus, der Häresien und ihrer Geschichte, der Frauenfeindschaft und der Hexenverfolgung); widerraten der Zurechnung und eröffnen darüber hinaus ein theologisches Konzept, das erst noch zurückzugewinnen wäre (Theologie im Angesicht, nicht hinter dem Rücken Gottes), und in dem vielleicht dann auch der Leviatan seine Stelle finden wird.
Mary Dalys Titel „Gott Vater, Sohn und Co“ enthält eine sehr tief begründete Kritik an der Trinitätslehre: am theologischen Gebrauch des Personbegriffs. Dieser Begriff ist in der Tat nur als Teil einer politischen Theologie zu begreifen, die – auf der Grundlage des Bekenntnisbegriffs – unaufhebbar patriarchalische Züge trägt. Zur Widerlegung mag der Hinweis dienen, daß die Vorstellung der Unsterblichkeit der Person schon an der Bindung dieses Begriffs an seinen politisch-ökonomischen Kontext (Person und Eigentum, Zurechenbarkeit der Schuld als Grundlage des Rechts, Institut der juristischen Person) und an seiner damit verknüpften Beziehung zum Namen scheitert (der Name, dessen Träger die Person ist, ist Schall und Rauch: das Rosenzweigsche „Ich, mit Vor- und Zunamen“ ist nicht der Inhaber eines Personalausweises).
Es gibt keinen direkten Weg vom Bekenntnisbegriff (Theologie hinter dem Rücken Gottes) zum Inertialsystem (Subsumtion des Himmels unter die Erde): dazwischen liegt die unreine Vermischung von Strenge und Milde (richtendem Urteil und Barmherzigkeit: Fegefeuer und Ohrenbeichte), dazwischen liegt das Gravitationsgesetz und die Vergegenständlichung des Lichts. Heute nimmt eine in den Mythos zurückgefallene Aufklärung die Offenbarung nur noch als Mythos wahr.
Der Staat begründet sein Existenzrecht durch die Notwendigkeit des Kampfes gegen den Mord und gegen die Verletzung des Eigentums (Gewaltmonopol), die Kirche durch die Notwendigkeit des Kampfes gegen die Unmoral (Sexualmoral). Gibt es hier einen Zusammenhang mit Behemot und Leviatan?
Den Bemerkungen Jürgen Ebachs zu Jon 411: „… mehr als 120.000 Menschen, die nicht rechts und links unterscheiden können, und viel Vieh“ (Kassandra und Jona, S. 116f) bleibt der Hinweis anzufügen, daß nach biblischer Metaphorik rechts und links auch mit der Unterscheidung von Milde und Strenge, Barmherzigkeit und Gericht (richtendem Urteil) zusammenhängt: Diese Menschen wissen – wie auch die Christen heute – nicht mehr, was es heißt, wenn der Auferstandene zur Rechten des Vaters (der Seite der Barmherzigkeit) sitzt. Beschreibt nicht die Verwechslung von Barmherzigkeit und richtendem Urteil mit gut und böse (dem Primat des Gerichts) genau das autoritäre Syndrom wie auch den Tatbestand des Sündenfalls, der Erbschuld?
Auch ist mir bei dem Ausdruck „hebräische Metaphorik“ (S. 117) insoweit etwas unwohl, als ich glaube, im Begriff des Hebräischen (für jüdische Ohren die von Ägyptern und Philistern verwandte Fremdbezeichnung als Selbstbezeichnung) einen Ton mitzuhören, dessen Gebrauch uns – insbesondere nach Auschwitz – nicht mehr erlaubt sein sollte. Allein als Bezeichnung der uns fremden Sprache ist der Gebrauch erlaubt, aber dann mit dem Bewußtsein, daß Juden in dieser Sprache mehr als nur eine Sprache gegeben ist: der Inbegriff des Fremden, des Antlitzes, das sowohl das Antlitz Gottes als auch das des Feindes sein kann (welche Folgen ergeben sich hieraus für den Staat Israel und die dort gesprochene Sprache?). Das glaubte Paulus den Christen ersparen zu können; ebenso wie es keine Schrift des „Neuen Testamentes“ in hebräischer Sprache gibt, ist der christlichen Theologie die Idee des Angesichts Gottes fremd; an deren Stelle sind der Vaterbegriff und die Trinitätslehre getreten.
Ist Jona wegen seiner Warnung an Ninive (für Ninive, „die große Stadt“, ähnlich Babel der Urfeind Israels) ein „Hebräer“ (vgl. nochmal die „Hebräer“-Stellen bei Loretz)? Werden die Juden nur von ihren Feinden Hebräer genannt (vgl. den Jerusalemer Kommentar – die „hebräische“ Sprache ist den Juden als Sprache, die sie ins Angesicht Gottes stellt, fremd – Abraham war ein Hebräer, und er war ein Fremder im Land; „im Angesicht“ ist – wie der durch schlichte Umkehrung konstruierbare Begriff der „Barbaren“, derer, die bloß stammeln, kein Griechisch sprechen – ein sprachlicher Sachverhalt, er gilt wie für Gott nur noch für den Feind)?
Läßt sich nicht anhand des Begriffs des Hebräischen (des Hebräers und der hebräischen Sprache) die Idee der Übernahme der Schuld der Welt, die ebenfalls einen sprachlichen Sachverhalt bezeichnet, genauer bestimmen?
Der Raum verwischt die Differenz zwischen vorn und hinten, rechts und links, oben und unten. Und Büchners Lenz wollte auf dem Kopf laufen.
– Die erste Verwechslung ist die von Im Angesicht und Hinter dem Rücken,
– die zweite die von Strenge und Milde, von richtendem Urteil und verteidigendem Denken,
– die dritte die von Himmel und Erde.
Alle drei Verwechslungen gehen zu Lasten des Humanen; es triumphiert das Hinter dem Rücken, das Gericht und die totalisierte Erde (das Universum): Es triumphiert die Welt (oder auch die Gemeinheit).
Wer Sicherheit will, will eine Zukunft ohne Überraschungen (daher die große Bedeutung der Versicherungswirtschaft heute).
– In der Physik wird diese Sicherheit durchs Inertialsystem begründet,
– in der Gesellschaft durchs (kalkulierbare, das Eigentum und die Währung garantierende) Recht, in beiden Fällen durch Gesetze, unter die man alle möglichen Fälle subsumieren kann.
– In der Theologie soll das Dogma (das Bekenntnis und seine Logik) das gleiche leisten. Mit den Juden sollte nicht nur das eigene Gewissen, sondern auch die Idee einer zukünftigen Welt, die anders ist, vernichtet werden.
Begriffe wie Begegnung und Partnerschaft neutralisieren die kritische Potenz dessen, was Buber einmal die Ich-Du-Beziehung genannt hat. Zwei Bemerkungen dazu:
– die Ich-Du-Beziehung ist (nach Levinas) asymmetrisch; Ich und Du sind nicht gleichwertig;
– diese Asymmetrie gründet im Schuldverhältnis beider: das Ich konstituiert sich in der Übernahme der Schuld der Welt, in der Freisprechung des anderen, im Verzicht auf die falsche, durchs moralische Urteil: durchs Richten vermittelten Autonomie. Wenn Reaktionäre der Soziologie und Psychologie vorwerfen, daß sie zu Exkulpationszwecken genutzt werden, daß jeder sich darauf hinausreden könne, nicht er, sondern die Gesellschaft, die anderen seien schuld, so gründet das in der Umkehrung der Levinasschen Asymmetrie, zu der es keine Alternative mehr gibt; sie verwischen den Unterschied zwischen dem, was einer für sich selbst und was er für andere ist. Sie kennen kein anderes Sein als das Sein für andere.
Gegen Marx und Freud ist festzuhalten: Die Theorie und ihre aufklärerische Potenz ist nicht zu bestreiten; unwahr ist die Vorstellung, sie ließe sich – als Instrument der Revolution oder als Therapie – unreflektiert in Praxis überführen.
Der diabolos ist das Subjekt der Hegelschen List der Vernunft (der Mephisto Fausts). Er wirbelt die Richtungen durcheinander.
Gemeinheit ist kein strafrechtlicher Tatbestand: Wer das Moment der Verzweiflung in den Taten der raf begreift und insoweit Verständnis dafür aufbringt, setzt sich dem Vorwurf der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung aus. Hier wird das Verständnis für eine vergangene Tat mit der Aufforderung zu einer zukünftigen Tat verwechselt. Das rührt an den Grund der Gemeinheit.
Der Begriff „Straftäter“ paßt zum „Staatsanwalt“: Wo der Staat zum Prinzip der Anklage wird, wird die Tat zum Wesen des Täters und zum Subjekt der Strafe (in welchen Fällen definiert das deutsche Strafrecht Taten, und in welchen Täter? Iäter nur, wenn Tätermerkmale – z.B. die Gesinnung – eine Rolle spielen? In welchen Fällen spielen Tätermerkmale eine Rolle? Vgl. „Mörder ist, wer …“ – ? §§ 211 (2) StGB; ein Mord verletzt das Gewaltmonopol des Staates; das scheint vor allem den „Abscheu“ zu begründen, nicht der Tod des Opfers, dieser nur als instrumentalisiertes Mittel der Emotionalisierung).
Adam, der den Acker (den Schrecken) bearbeiten soll, wird in Tiefschlaf versetzt; aus seiner Seite wird Eva genommen (aus der rechten Seite? – Sitzt Jesus wirklich schon zur Rechten des Vaters, oder bedarf es dazu noch unserer Hilfe: der Nachfolge?).
Luthers Rechtfertigungslehre ist falsch, insoweit sie die Gottesfurcht leugnet (den Glauben von seiner Beziehung zu den Werken trennt). Damit hat er die Melancholie ins Christentum eingebracht, das saturnische Wesen. Folge ist die Ersetzung der Gottesfurcht durch die Herrenfurcht (und die Furcht vor der Welt; die Furcht des Herrn ist von der paranoiden Furcht vor der Welt nicht zu trennen: Ursprung der Idolatrie). -
11.10.91
Kann es sein, daß in dem gleichen Prozeß, in dem die Natur für uns zur Rückseite ihrer selbst geworden ist, dahinter Gottes Angesicht sich bildet, Er sich mit sanftester, aber zunehmender Gewalt manifestiert und nur deshalb nicht wahrgenommen wird, weil die Umkehr, die uns sein Antlitz enthüllen würde, unerträglich scheint; „Du kannst mein Angesicht nicht sehen, denn kein Mensch kann mich sehen und am Leben bleiben“ (Ex 3320).
Jakob/Israel hat „Elohim von Angesicht zu Angesicht gesehen“ (Gen 3231), während Moses die Herrlichkeit Jahwes nur von hinten sehen durfte (Ex 3218ff).
Ich habe einmal vor der Entscheidung gestanden, zum Judentum überzutreten, habe es dann aber nicht getan, weil ich den Versuch für unzulässig hielt, dem objektiven Schuldzusammenhang, unter dem ich als Deutscher und Christ stand, dadurch zu entgehen, daß ich von der Täter- auf die Opferseite wechselte. Aus diesem Grunde bin ich in der Kirche geblieben.
Das Gravitationsgesetz bezeichnet ein Gesetz im Inertialsystem. die Lichtgeschwindigkeit bezieht sich auf eine Erscheinung im Inertialsystem. Der leere Raum ist nicht nur der von Materie, sondern auch der gegen die Fallkraft und gegen das Licht leere Raum (weder dunkel noch hell).
Das Inertialsysatem ist das Bezugssystem, das Referenzsystem, in dem sich
– die physikalischen Begriffe definieren,
– die physikalischen Erscheinungen auskristallisieren und
– in dem die physikalischen Gesetze herrschen.
Wenn man es an irgendetwas merkt, daß wir die Täter von Auschwitz sind, dann an der verhängnisvollen, alles vergiftenden Gewalt der Exkulpierungssucht: Alle suchen eine Art natürliche Unschuld wiederzugewinnen, die es im Kontext von Staat, Welt und Natur nie gegeben hat.
Das pfingstliche Sprachwunder bezieht sich eindeutig auf die Verwirrung der Sprachen beim Turmbau zu Babel; und wenn diese mit der Trennung von Herren- und Sklavensprache zu tun hat, so müßte jenes eigentlich die reale Versöhnung beider vorwegnehmen.
Der parvus error in principio ist sowohl der Grund, aus dem die Häresien erwachsen sind, als auch der Grund der Selbstverblendung der Kirche.
Theologie ohne Ansehen der Person treiben, heißt die Trinitätslehre kritisieren.
Wenn Marx, Freud und Einstein die drei Patriarchen der neuen Theologie sind, wer sind dann die zwölf Söhne Israels?
Über das, was Hegel selber die List der Vernunft nennt, wird der Schein erzeugt, aus dem dann das Wesen und der Begriff hervorgehen. Diese List, dieser Schein, dieses Wesen sind die Grundlagen der Philosophie des Begriffs. Zentral sind die Reflexionsbegriffe; zu erläutern wäre deren Zusammenhang mit dem Inertialsystem (über die Kantischen Formen der Anschauung und die Antinomien der Vernunft). Nicht zufällig begreift Hegel diese List (und das darin versteckte Moment der Gewalt) als ein wesentliches Moment der Technik, der Maschine. Diese List ist eine objektive List (und die Gemeinheit eine objektive Gemeinheit); Kant hat sie, ohne es zu bemerken, mit den subjektiven Formen der Anschauung in die Philosophie eingeführt (oder aus ihrem begrifflichen Wesen, aus der Trennung von Begriff und Objekt, herausgelesen: ihre Folgen hat er in den Antinomien der Vernunft bezeichnet). Das Resultat war das Reich der Erscheinungen (des gesetzmäßigen Zusammenhangs des Scheins), durch das der Weg zu den Dingen an sich zugleich versperrt war. Grund dafür, daß dieser Zusammenhang bis heute nicht durchschaut werden konnte, war
– die theologische Besetzung des Bekenntnisbegriffs (deren gegenständlicher Ausdruck die Trinitätslehre und die Opfertheologie ist) und
– die bis heute unbegriffene Bedeutung des Prinzips der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit.
Die Sonne, die die Dinge bescheint, erzeugt sie nicht.
Auch der kirchliche Antijudaismus rührt an den Augapfel Gottes (deshalb benötigte die Kirche die trinitarische Maskerade, den Personbegriff in der Trinitätslehre).
Der Begriff des Scheins, substantiell geworden im kantischen Begriff der Erscheinung, läßt auch die kopernikanische Wende und die newtonsche Gravitationstheorie nicht unberührt. Auf einen einfachen Nenner gebracht: Hier wird die Nachtansicht der Welt auf den Tag übertragen (kann es sein, daß sich Nacht und Tag unterscheiden wie Jahwe und Elohim, und wie die Hebräer und die Israeliten?).
Der Unterschied zwischen CDU- und SPD-Politikern ist der zwischen Profis und Laien-Darstellern, wobei man einfach sehen muß, daß ein Kohl das Instrumentarium der Gemeinheit besser beherrscht als ein Vogel, Lafontaine oder Engholm (Engholm hatte nur das zweifelhafte Glück, Opfer eines CDU-Laienschauspielers zu werden; aber das macht ihn noch nicht zum Profi).
Wodurch unterscheidet sich die Luft vom Wasser (das Gasförmige vom Flüssigen: Beziehung zum Raum: Volumen beim Flüssigen unabhängig, bei der Luft abhängig vom Druck)? Gibt es eine mikrophysikalische Theorie des Flüssigen (in Analogie zur thermodynamischen Gastheorie und zur Festkörperphysik)?
Wasser und Schuldzusammenhang: Wasser nicht geschaffen; Medium des Chaos (des Chaos-Drachens); Trennung durchs Firmament (Drachen oben und unten); Sintflut; Schöpfung des Himmels und der Erde/ Sch. d. H., d. E. und des Meeres; am Ende wird das Meer nicht mehr sein. – Thales: Ursprung von allem ist das Wasser; Schuldzusammenhang flüssig (Verschiebung, Projektion). -
07.10.91
Die aufgedeckte Scham bei Noe bezeichnet einen „Fortschritt“ gegenüber dem Ursprung der Scham in der Geschichte vom Sündenfall. Wie verhält sich die Scham zur Erkenntnis?
Ist das mit der Todesdrohung verbundene Sehen „von Angesicht zu Angesicht“ bei Jakob auf Elohim bezogen, mit der Folge der Benennung Jakobs als Israel; ist es bei Moses, der Gott nur von hinten sieht, auf Jahwe bezogen?
Gibt es entsprechend der aufgedeckten Scham auch ein aufgedecktes Antlitz?
Die Physik gehört in den zweiten Schöpfungsbericht (in die Geschichte vom Sündenfall), nicht in den ersten.
Das griechische Erbe, oder das Erbe des begrifflichen Denkens (der Hypostasierung des Prädikats, Konsequenz des Seinsbegriffs und der damit verknüpften Zeitformen des Verbs), hebt die Differenz zwischen Selbst- und Fremdbezeichnung auf: die Selbstbezeichnung des Fremden verschwindet im großen Sack der Barbaren (und der Materie).
Der Weltbegriff ist der Inbegriff der vollendeten Fremdbezeichnung (der Zerstörung des Namens). Er verwischt die Differenz zwischen dem Einen und dem Anderen, ist der Grund der Reflexionsbegriffe. Diese Differenz kehrt dann wieder als Differenz zwischen Welt und Natur (begrifflosem Objekt und objektlosem Begriff). Beide stehen unter dem Bann des Totalitätsbegriffs Welt.
Ins Verhältnis des Welt- zum Naturbegriff scheint auch das von Sonne und Mond (das sprachliche und das genealogische) mit hereinzuspielen.
Wenn der Stammbaum Kains stimmt, dann gehört der Brudermord zu den Fundamenten der Zivilisation.
Der Säkularisationsprozeß ist eins mit dem Prozeß der fortschreitenden Instrumentalisierung: In der Welt gibt es keinen Endzweck.
Das Verhältnis des Säkularisationsprozesses zur Genealogie bestimmen (Indikator: mein Verhältnis zu meiner Familie; sh. die Namen meiner Töchter und die Last, die ich ihnen damit aufgebürdet habe; ist es den Eltern eigentlich klar und bewußt, was sie ihren Kindern zumuten durch Institutionen wie Erstkommunion und Schulbesuch?).
Die Wünsche der Eltern sind Fallen für die Entwicklung der Kinder. Das Verhältnis zur Welt wird vorgeprägt durch das zu den Eltern (durch die Form der Ablösung von den Eltern).
In der entfremdeten Welt scheint es ein Ich-Gefühl nur noch über den Mechanismus der Empörung zu geben.
Der Vater Alexanders war Philippus, der Pferdefreund; sein Lehrer war Aristoteles, dessen Metaphysik schon Hegelsche Staatsphilosophie war.
Das Gravitationsgesetz korrespondiert der Subsumtion der Arbeit unters Tauschprinzip. D.h. das Subjekt der Physik steckt im Gravitationsgesetz (allerdings durch Gleichnamigmachung entstellt).
Es muß möglich sein, die Sprache der Musik (ebenso wie die der Bilder) genauso zu verstehen, wie der heilige Franziskus die Sprache der Tiere verstanden hat.
Kohls Dementi „Wir sind kein ausländerfeindliches Land“ klingt wie der in Gesprächen und Diskussionen immer wieder zu hörende Satz „Ich habe ja nichts gegen Ausländer, aber …“ Es ist ein Dementi, das der Begründung nicht mehr bedarf, weil es das Gesamtgewicht der Persönlichkeit (und in diesem Falle das des politischen Amtes, oder des blinden Flecks, den es repräsentiert) in die Waagschale wirft. Das Dementi erfüllt den taktischen Zweck, eine offen zutage liegende Erfahrung zu tabuisieren: diese darf nicht mehr laut werden. Genau dieses Dementi gießt Öl ins Feuer der Ausländerfeindschaft.
Der positive Bekenntnisbegriff, der dem heutigen Religionsbegriff zugrundeliegt und seinen Ausdruck findet im Glaubensbekenntnis, verdankt sich der Umkehrung (und Bewahrung) des Schuldbekenntnisses, das hier umschlägt in ein Instrument der Komplizenschaft. Genau darin liegt die gemeinschaftsbildende Kraft dieses Bekenntnisses begründet. So wirkt es als Bindemittel, mit dem die Kirche ihre Gläubigen, die Nation das Volk und der Fußballverein seine Hooligans, an sich bindet.
Der Satz „Richtet nicht …“ schließt Kritik nicht nur nicht aus, sondern liefert dazu das reflektive Moment, durch das Kritik vom richtenden Urteil sich unterscheidet. Ziel von Kritik ist nicht die Widerlegung einer These oder die Überwindung eines falschen Standpunkts.
Unser Denken ist ein Teil der Welt, und die Kritik der Welt schließt die Kritik des eigenen Denkens mit ein.
Theologie, die nicht dazu beiträgt, den gegenwärtigen Weltzustand zu begreifen, verdient diesen Namen nicht. Der gegenwärtige Weltzustand ist ein Zustand in dem Sinne, in dem die allgemeine Relativitätstheorie einen Weltzustand beschreibt, der das Gravitationsgesetz in sich enthält.
Nur durch die positive Rezeption des Weltbegriffs ist die Theologie in die verhängnisvolle Lage geraten, den Begriff einer creatio es nihilo aufzunehmen. In der Schrift heißt es „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde“; es gibt kein Davor, insbesondere kein Davor, das mit Nichts auch nur halbwegs zureichend zu bezeichnen wäre. Heideggers Frage „Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?“ ist ohne Auschwitz nicht mehr zu denken; und das Nichts vor der Schöpfung hat sich als Quelle der vernichtenden Gewalt gegen die Schöpfung enthüllt. Das real existierende Nichts ist der Tod.
Der Fall ist die Bewegung, in der das Subjekt seinen Namen verliert und ins Prädikat hereinrutscht (Ableitung der babylonischen Sprachverwirrung).
Zur prädikativen Struktur der Mathematik: Die Griechen haben die Winkel entdeckt. Die Fähigkeit, damit mathematisch umzugehen, wurde erworben mit der Entdeckung der trigonometrische Funktionen. Wie verhalten sich diese zur Infinitesimalrechnung, zur Integration und Differentiation? Sind die trigonometrischen Funktionen rein räumliche Funktionen, während die Infinitesimalrechnung sich der Hereinnahme der Zeit verdankt (Begründung des Bewegungs-, Kraft- und Energiebegriffs: Inertialsystem). Wie verhalten sich dazu die Irrationalzahlen wie die Kreiszahl und die Basis des natürlichen Logarithmus?
Resultiert die Sprachverwirrung aus der Schuldknechtschafts-Katastrophe (Polarisierung in eine Herrensprache und eine Schuldner-/Sklavensprache)?
Hängt der Satz „Seid klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben“ mit dem anderen zusammen, wonach Gott die Erde gegründet und den Himmel aufgespannt hat?
Das Überzeugen, das Bekennen und das Rechtbehalten gehören zusammen. Das Rechtbehalten begründet die Beweislogik des Bekenntnisses: es muß unwiderlegbar sein. Unwiderlegbar aber ist nur die Apokalypse, die Katastrophe.
Wie hängt der Ödipuskomplex mit der Astronomie zusammen?
Wo nichts ist, da hat der Kaiser sein Recht verloren: Dieser Satz beschreibt präzise die Gründe für den Untergang des Römischen Reiches.
Ist das Problem der Ableitung der Mikrophysik aus dem Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ebenso und aus vergleichbaren Gründen unlösbar wie das Dreikörper-Problem in der Astronomie?
Hat die aristotelische steresis, die privatio, die Beraubung, etwas mit der Geldwirtschaft und mit dem privaten Eigentumsbegriff zu tun?
Wo wurden die Christen zum erstenmal Christen genannt: in Antiochien? Diese Fremdbezeichnung haben sie dann für sich übernommen; eine davon abweichende Selbstbezeichnung scheint es nicht zu geben. Dieser Begriff des Christentums hat den dogmatischen Prozeß (mit dem Personbegriff als absoluter Fremdbezeichnung des Selbst im Zentrum) determiniert und bestimmt.
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