Gemeinheit

  • 24.5.1994

    Gemeinheit ist kein strafrechtlicher Tatbestand: Lassen aus diesem Satz die Rechtsinstitute sich bestimmen, die vor allem in der Gefahr stehen, zu Brutstätten der Gemeinheit zu werden (Kriterium: Problem der Nachweisbarkeit und gesellschaftliche Vorurteilsstrukturen; Institutionen im Schatten der gesellschaftlichen Exkulpations-, Rache- und Verdrängungsbedürfnisse; GBA, die Staatsschutzsenate und Knäste)?
    Roman Herzog und das Stichwort „Entkrampfung“: Sie wäre wünschenswert, wenn sie auf die Verstrickung ins Schuldverschubsystem sich beziehen würde, auf die Fähigkeit, der Vergangenheit ohne Rechtfertigungszwänge und dem unerledigten raf-Problem ohne paranoide Ängste (die der Wirksamkeit des gleichen Schuldverschubsystems sich verdanken, das sie zugleich verstärken) sich zu stellen. Hinzu käme, daß wir angesichts der Scheußlichkeiten der aufbrechenden Ausländerfeindschaft und der alten Vorurteile endlich aufhören, auf die Wirkung dieser Vorgänge im Ausland zu verweisen, und das eigene Gewissen entdecken würden; das würde jedoch bedeuten, daß wir nicht nur den Rechtsextremismus verurteilen, sondern (auch in der Politik) unsere Solidarität mit den Opfern: den hier lebenden Ausländern und den anderen bedrohten Gruppen (eigentlich allen Minderheiten: Juden, Obdachlose und Behinderte, aber auch jene, die das gemeinsame Vorurteilsobjekt der staatlichen Gewalt und der Rechten zu werden dohen: die Linke), öffentlich und wirksam manifestieren.
    Es gibt eine Last, von der man sich nur befreit, wenn man sie auf sich nimmt, während jeder Versuch, sie abzuwerfen, sie vermehrt. In der Unkenntnis dieser Logik liegt der Grundfehler jeglicher Apologetik.
    Zu Hyam Maccoby: Hermann Cohen hat die Attribute Gottes als Attribute des Handelns, nicht des Seins, definiert. Wer die paulinischen Selbstzuordnungen (Hebräer, Israelit, Benjaminit) als Seinskategorien auffaßt, muß sie als „Fälschungen“, als „Selbsttäuschungen“ begreifen; aber könnte es nicht sein, daß sie (nach dem Bild der in den Weinstock eingepfopften wilden Weinreben) als Glaubens-, Ziel- (und Handelns-) Kategorien aufzufassen wären, was dann das paulinische Gesetzes-, Glaubens- und Rechtfertigungsverständnis in ein neues Licht rücken würde? Ist die Frage, ob Paulus ein Benjaminit war, eine Frage der Stammeszugehörigkeit (eine „Rassenfrage“), oder bezieht sie sich auf eine paulinische Wahl: auf eine Tradition, der er aus theologischen Gründen glaubt, sich zuordnen zu können (und zu müssen)? Hat Paulus die Theologie insgesamt zur Verkörperung eines wahrhaft ungeheuerlichen Wunschdenkens (das zu seiner Absicherung dann der Vergöttlichung Jesu bedurfte) gemacht? Sind wir hier nicht im Kern des Problems der Fälschungen in der Geschichte (die nicht zufällig ihre Brennpunkte in der Geschichte der Mystik und der Apokalypsen haben), ihres nicht immer aus betrügerischer Absicht zu erklärenden, immer aber legitimationsbegründenden Gebrauchs (in der Schrift reflektiert im Symbol des Kelchs).
    Der Glaube schließt die Treue ein und ist das Bindeglied zwischen Hören und Tun („Bewährung“ der Wahrheit): Er „versetzt Berge“. Das Christentum ist auch der Versuch einer Verkörperung des unerhörten Anspruchs, über den eigenen Schatten springen zu können, die Grenzen der Gattung und des Todes (durch Übernahme der Sünde der Welt) zu durchdringen und zu überschreiten.
    Is 2222: Die in Mt 1618 und 1818 zitierte Stelle wurzelt in 2 Kön 18.
    Was bedeutet es, wenn Paulus in Athen erstmals von „Gott, der die Welt geschaffen hat“ spricht, und ihn zugleich den „Herrn“ und nicht den Schöpfer „des Himmels und der Erde“ (Apg 1724) nennt?
    Hängt Kirche mit kyrios, kyriakä (dem Herrn gehörig) zusammen; wäre dann nicht ekklesia mit Gemeinde zu übersetzen?
    Die Pyromanie des Christentums: Wer den Anblick der Qualen der Verdammten in den Feuern der Hölle als Ingredientien der Seligkeit im Himmel begreift, hat der Pyromanie (die dann an den Juden, Ketzern und Hexen sich austobte) die Tür geöffnet, gehört zu denen, die diese Feuer entfacht und in Gang gehalten haben. Aber dies waren nicht die Feuer, von denen Jesus wünschte, sie brennten schon.
    Zur Theorie des Feuers: Die Logik der Fälschung ist positivistisch nicht aufzulösen.
    Sind nicht Staatsschutzverfahren in der Regel kurze Prozesse, die nur endlos hinausgezogen werden?

  • 7.5.1994

    Grundlage des Weltbegriffs ist das Schuldverschubsystem, dessen Logik diesen Begriff durchdringt und beherrscht. Damit hat der Weltbegriff eine gleichsam eingebaute Entsühnungsautomatik. Diese Automatik ist einmal durchs Christentum installiert und eingeübt worden, sie beginnt heute das Christentum überflüssig zu machen. Die Frage ist nicht, ob die Erbsündenlehre sich noch halten läßt, die unschuldigen Kinder den Makel der Schuld angeheftet hat, sondern ob die augustinische Interpretation (die selber aus der Problemlage am Ende des vierten Jahrhunderts abzuleiten wäre) mit der Unfähigkeit zur Reflexion des Weltbegriffs selber ans Schuldverschubsystem gebunden bleibt und deshalb der Erbsündenlehre (die im Kontext von Joh 129, im Lichte des Begriffs der „Sünde der Welt“ eine ganz andere Bedeutung gewinnt) diese terroristische Wendung gibt. Die Erbsünde ist die Sünde der Welt. Ein anderes Produkt dieses Schuldverschubsystems, das deshalb dann so wichtig geworden ist, weil es seine Instrumentalisierung ermöglichte, war die Sexualmoral. Sie war das Bindeglied, das die Erbsündenlehre mit der Sexuallust (anstatt mit der Urteilslust) verbunden, ihr damit die so verhängnisvolle und folgenreiche Wendung ins Biologistische und Rassistische gegeben hat. Frauenfeindschaft und Antisemitismus haben dann geholfen, diese Verbindung abzusichern. Damit wurde die Erbsündenlehre zu einem Konstrukt, das sich selber im blinden Fleck stand: sie ist selbst in den Bann der Erbsünde hineingerückt. Mit der dritten Leugnung wendet sich der zerstörerische Objektivationsprozeß nach innen und wird zum Prozeß der Selbstzerstörung. Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten, daß sie nackt waren: Sie lernten, sich und die Dinge im Blick der anderen wahrzunehmen. Die gesamte Geschichte der Aufklärung steht unter diesem Gesetz. Der Erkenntnisbegriff der Aufklärung enthält im Kern diesen Blick der anderen, den er zu seinem eigenen zu machen versucht. Der Weltbegriff konstituiert sich in diesem Blick. Zugleich entspringen der Name der Barbaren wie auch die Begriffe Natur und Materie, deren Logik seitdem den Erkenntnisbegriff an den der Welt bindet. Die Hereinnahme des Blicks der anderen in den Erkenntnisbegriff ist der Grund der Urteilsform; erst in diesem Blick trennen sich Objekt und Begriff, Leib und Seele. Die Logik dieses Blicks bestimmt seitdem die Struktur (und die Geschichte) der Sprachen, ihre Grammatik. Mit dem Neutrum entspringt und mit dem Ding vollendet sich die Identifikation mit dem Blick des andern. Das Zentrum dieses Blicks ist das Inertialsystem, sind die subjektiven Formen der Anschauung und die ihnen korrespondierenden Erscheinungen. Das kopernikanische System hat diesen Blick totalisiert (sein frühestes Symbol ist das kreisende Flammenschwert des Cherubs vorm Eingang des Paradieses), wie überhaupt die Astronomie in der Geschichte des Ursprungs des Weltbegriffs eine zentrale Bedeutung gewinnt. Sind nicht die Namen der Planeten Erinnerungsmale der Differenzierung der Verinnerlichung des Blicks der andern auf die Welt und auf die Dinge (Merkur und Venus, Jupiter und Mars, aber auch Sonne und Mond: diese als Hälften des Angesichts – das getrennte Sehen und Gesehenwerden -, sie alle sind Verkörperungen des Blicks der anderen, während der Saturn den nach innen gekehrten Blick der Melancholie repräsentiert). Der Merkur ist der Götterbote. Hat der Engel Elohims, der Abraham aufforderte, Isaak, seinen Sohn, zu opfern, das kanaanäische Kinderopfer an seinem Sohn zu vollstrecken, etwas mit diesem Merkur zu tun? Die Identifikation mit dem Blick des andern bedarf zu ihrer Absicherung (zur Überbrückung der Kluft der Asymmetrie) der Idee des Absoluten. Das Absolute ist der Schatten, den das Ich auf Gott wirft, die Wand, hinter der es sich dem Anblick Gottes zu entziehen versucht (die Bäume im Garten Eden); aber der Schatten des Absoluten ist der Antisemitismus (und niemand kann über seinen eigenen Schatten springen). Der Mechanismus der Identifikation mit dem Blick der anderen hat die Naturwissenschaft zur Grundwissenschaft macht. Das Hinter dem Rücken ist in den subjektiven Formen der Anschauung und im Inertialsystem institutionalisiert worden. Das Krähen des Hahns verkündet am Ende der Nacht den kommenden Morgen, den neuen Tag. Das Geld ist die Materie des Rechts (Begründung durch die Beziehung beider zum Eigentum); deshalb wäre eine Theorie der Banken ein Schlüssel zur Auflösung des Rätsels der Astronomie. Ist nicht alles, was von außen wie Bosheit aussieht, von innen Dummheit? Heute stehen sich alle selbst im blinden Fleck ihrer Dummheit, deren praktische Seite Gemeinheit heißt, die bekanntlich kein strafrechtlicher Tatbestand ist. Problem der Übersetzung des Gottesnamens: Die traditionelle Übersetzung mit „Herr“ knüpfte an an den dem unaussprechlichen Gottesnamen unterlegten Namen Adonai. Jüdische Versuche sind die Übersetzung mit „der Ewige“ (Moses Mendelssohn, vgl. Rosenzweigs Aufsatz hierzu); Buber hat den Namen mit dem Personalpronomen „Er“ zu übersetzen versucht. Die schlechteste Übersetzung ist die Nichtübersetzung, die direkte Wiedergabe des Tetragrammaton. Der Gebrauch dieses Namens unterstellt, daß es das Ich, mit dem Gott nur sich selbst nennen kann, nicht gibt. Er ist ein sich als Atheismus bekennender Atheismus in der Theologie, der, indem er den Namen ausspricht, sagt, daß es dieses Ich nicht gibt. Darin drückt sich eine Beziehung zum Text aus, die ihn endgültig in die Vergangenheit setzt, der ich als Historiker glaube, entronnen zu sein. Er ist das verstockte Bekennntnis des Endes der Gottesfurcht. Dagegen läuft das Bubersche Er in die gleiche Patriarchatsfalle, in der das christliche Herr sich verfangen hat: Zum Er gehört das Sie und Es; es unterwirft Gott dem Geschlecht, das von der dritten Person nicht abzulösen ist, und dem in der christlichen Theologie das Attribut des Zeugens (und das Männliche in der gesamten Trinitätslehre) sich verdankt. Der theologische Gebrauch des Gottesnamens steht in der Tradition der Eucharistie-Verehrung; er unterliegt der gleichen entfremdenden und verdinglichenden Gewalt. Sind nicht die Namen der Schriftgelehrten, der Pharisäer und der Sadduzäer nur noch typologisch-prophetisch, und nicht mehr historisch-projektiv zu verstehen und verwendbar? Ist nicht das augustinische ad litteram, diese ans Vergangene fixierte „Wörtlichkeit“, endlich kritisch aufzulösen? In dieser Wörtlichkeit steckt das exkulpatorische Moment, das seitdem die Theologie verhext, und durch das der Freiraum geschaffen worden ist, in dem dann die christlichen Schriftgelehrten, Pharisäer und Sadduzäer sich geschützt fühlen durften (der gleiche Mechanismus verstellt heute auf entsetzliche Weise das Verständnis der Schrift insgesamt, insbesondere auch das der Propheten). Durch die Historisierung der Schriftgelehrten, Pharisäer und Sadduzäer ist die Projektionsfolie geschaffen worden, durch die der Objektivierungsprozeß, die Heuchelei und die Instrumentalisierung der Religion (die Theologie hinter dem Rücken Gottes) der Kritik entzogen worden sind. Zusammenhang mit Joh 129, dem Wort von der Sünde der Welt! Die Heuchelei ist die Außenseite der Exkulpationsautomatik. Wir sind die getünchten Gräber, die Heuchler und die Schlangenbrut (und liegt nicht die Logik des „korban“ auch der Kirchensteuer zugrunde?).

  • 3.5.1994

    Die Lahmen und die Blinden (politische Aspekte des Inertialsystems): Wer heute die „Prophets of Deceit“ fortschreiben und auf den gegenwärtigen Stand bringen wollte, dürfte sich nicht mehr nur an der Figur des Agitators orientieren, sondern müßte die Reflexion auf die Struktur der politischen Öffentlichkeit, auf die veränderte Form ihrer Beziehung zur realen Politik mit einbeziehen. Wichtiger als eine Analyse der Reden der Schönhubers und Freys wäre eine Analyse der Selbstdarstellung der etablierten Parteien, die „ihre Politik“ nur noch verkaufen wollen, auf einen öffentlichen Diskurs der realen Probleme und Ziele jedoch längst verzichtet haben. In diesem Kontext wird Politik zur Sache von Verwaltung und Karriere, mit der Folge
    – der Konstituierung einer zunehmend nicht-öffentlichen Politik: der fortschreitenden Abschirmung der politischen Entscheidungsprozesse gegen ihre öffentliche Diskussion,
    – der Personalisierung von Sachfragen (öffentlichkeitswirksame „Korruptionsfälle“ verstellen den Blick auf die inhaltlichen Fragen der Politik),
    – der Lähmung und Selbstverblendung einer immer mehr den Trägheitsgesetzen des Apparats gehorchenden Politik.
    Die Lahmen und die Blinden: SPD und CDU.
    Ist nicht das Geheimnis des Erfolges von Helmut Kohl die Fähigkeit zur öffentlichkeitswirksamen Darstellung des Nichtstuns, der politischen Trägheit, zu der es ohnehin keine Alternative mehr zu geben scheint? Ist er nicht der Darsteller einer Politik, die so von vorgeblichen Sachzwängen beherrscht ist, daß es wirklich nur noch darum geht, wie man sie trotzdem so präsentieren kann, als ginge es um politische Ziele?
    Die Gerechtigkeits-Blindheit des Rechts drückt sich in dem Satz aus, daß Gemeinheit kein strafrechtlicher Tatbestand ist.
    Anwendung des Paradigmas der Lahmen und Blinden auf die Naturwissenschaften: Kernforschung und Weltraumfahrt.
    Ist nicht der Kern dieses Paradigmas die Verklammerung des kirchlichen Machtapparats mit der zwanghaften Selbstverblendung der Theologie: der Greuel der Verwüstung oder Greuel am heiligen Ort?
    Sind nicht die kantischen subjektiven Formen der Anschauung die Repräsentanten der Lahm- und Blindheit im Subjekt, die Agenten der Lähmung und Verblendung des verdinglichten Subjekts? Erinnert nicht die Trennung von Natur und Welt an das Paradigma der Lahmen und Blinden (die Natur lähmt, und die Welt macht blind)? Ist nicht die Trennung von Natur und Welt Produkt jener exkulpatorischen Logik, die das Schuldverschubsystem zur Grundlage hat, die dann zur Absicherung der Opfertheologie bedarf.
    Der Dativ und das „Es gibt“. Der kantische Begriff des Gegebenen (eine der Wurzeln des Begriffs der Erscheinung) enthält über das Es im „Es gibt“ den Hinweis auf den anonymisierten Gesamteigentümer der Welt. Nur weil es dieses „Es gibt“ gibt, weil es den Dativ gibt, gibt es Meinungen.
    Wenn der Infinitiv Sein etwas mit dem Possessivpronomen (3. m. sing.) zu tun hat, dann hat auch der Name des Wassers mit Interrogativpronomen „Was“ (mit der Frage nach dem Wesen, nach der Sache) etwas zu tun. Frage: Wie hängt das Interrogativpronomen mit dem Possessivpronomen zusammen? Hat es etwas mit dem Kommerz, mit dem Akt des Kaufs zu tun?
    Bezieht sich die Vertreibung der Taubenhändler und der Geldwechsler aus dem Tempel auf den Greuel am heiligen Ort, den Greuel der Verwüstung?
    Muß die Kirche, wenn sie beansprucht, das „wahre Israel“ zu sein, nicht auch die Prophetie auf sich beziehen?
    Haben die Lahmen und Blinden etwas mit den Namen des Satans und des Teufels zu tun: Ist nicht der Ankläger der Lähmende, der Verwirrer der Verblendende (vgl. den apokalyptischen Gebrauch der beiden Namen: neben der Synagoge des Satans gibt es den Teufel als Vater der Lüge)?
    Ist nicht die Blutmetaphorik (im Kontext des Kelchsymbols) eine bewußte Verletzung (Aufhebung?) des noachidischen Gebots?
    Wird nicht ein zentrales kirchen- und dogmengeschichtliches Problem mitgelöst, wenn es gelingt, die Geschichte der Fälschungen (zusammen mit dem Phänomen der Eponymie) im Mittelalter anstatt personalisierend auf Priestertrug und Machtgier auf objektive gesellschaftliche Kräfte, auf die Zwangslogik der Profangeschichte, zurückzuführen? Liegt hier nicht auch der Schlüssel zur Lösung des Problems des Nominalismus (und des Problems der benennenden Kraft der Sprache)?
    Der Begriff lebt vom Namen und vergewaltigt ihn zugleich. Die Gewalt der Urteilsform, die objektiv in der Astronomie sich konstituiert. Sind nicht die Todesstrafen allesamt Symbole der Urteilsform: von der Steinigung über das Schwert, das Hängen, das Verbrennen bis hin zur Kreuzigung. Die Juden haben gesteinigt, die Römer haben (nach Rezeption einer persischen Tradition) gekreuzigt, die Christen haben verbrannt.
    Bezeichnet Kanaan gegenüber dem Hebräischen ein logisches oder ein historisches Prius?
    Ist nicht der Bruch zwischen Natur und Geschichte der Abgrund, in dem die benennende Kraft der Sprache untergangen ist und aus dem Natur und Geschichte als getrennte Bereiche sich erheben?
    Zu den drei Weisen aus dem Morgenland gehören der Balthasar, der mit dem Daniel etwas zu tun hat, der Melchior, der an den melech, die Königstradition, erinnert, und der Caspar: Wer ist das (hat Kasper des Puppenspiels etwas mit ihm zu tun)?
    Die drei Leugnungen Petri lassen sich den räumlichen Dimensionen zuordnen:
    – die erste (die Magd des Hohepriesters spricht Petrus an) enspricht der Beziehung vorn/hinten, Im Angesicht und Hinter dem Rücken,
    – die zweite (die Magd spricht mit den Umstehenden über Petrus) der Beziehung rechts/links, dem objektivierenden Denken und dem darin mit eingeschlossenen Verhältnis des richtenden Urteils zum verteidigenden Denken, und
    – die dritte (die Umstehenden sprechen Petrus an) der Beziehung oben/unten: hier enthüllt sich das objektivierende Denken als vergesellschaftetes Herrendenken, als reine Verkörperung der Wut, die ihrem Objekt keinen Ausweg mehr läßt.
    Interessant sind
    – die zweite Leugnung: als Paradigma des Ursprungs des objektivierenden Denkens, und
    – die dritte Leugnung: die Genesis der Wut (der Selbstverfluchung),
    beide sind Folgen einer Theologie hinter dem Rücken Gottes (der ersten Leugnung).

  • 30.4.1994

    Auch der Extremismus des Rechts ist ein Rechtsextremismus, und das, weil Gemeinheit kein strafrechtlicher Tatbestand ist (es aus Systemgründen: aus Gründen der Beweislogik, auch nicht sein kann).
    Gibt es nicht eine Beziehung des Matriarchats zum Ursprung der Geldwirtschaft? Liegt nicht im Geld der Ursprung des Materiebegriffs (auch das Geld wurde im Anfang nicht gezählt, sondern gewogen)? Und ist das Geld das verdinglichte und entfremdete Matriarchat? Hat der Moloch, dem Menschen geopfert wurden, etwas mit dem Mammon zu tun? Und haben nicht der Baal und die Idee des Absoluten eine gemeinsame Wurzel?
    Der Begriff des Absoluten ist eine mit dem Begriff des Wissens gemeinsam, zu seiner Begründung und Absicherung, entsprungene Kategorie. – Gibt es einen sprachlichen Zusammenhang des Wissens mit dem Wasser (und einen sachlichen Zusammenhang des Wissens mit der Sintflut)?
    Die Ursprungsprobleme im Kontext des Weltbegriffs (die Probleme des Ursprungs der Schrift, des Geldes, der Astronomie, des Staates, der Philosophie) weisen allesamt auf katastrophische Ereignisse.
    Sind nicht die klassischen Sprachen der Antike allesamt Schriftsprachen (die „sumerisch“-chaldäische als Keilschriftsprache die erste); läßt ihre Ausbildung und Entfaltung nicht erst im Kontext ihrer Beziehung zur Schrift sich begreifen? Die modernen europäischen Sprachen, die durch die klassischen Sprachen hindurchgegangen sind, haben diese Schriftbindung vergegenständlicht, in die Objektivität eingesenkt und verinnerlicht zugleich. Darin liegt das Geheimnis ihres innersten Bildungsprinzips verborgen. Hier vor allem liegt der Ursprung des Dingbegriffs (und des Substantivs, das das Nomen ersetzt hat). Ein Bindeglied in dieser Geschichte bildet die arabische Sprache, der Koran, der Islam, die eine Vermittlerfunktion hatten. Eines der vermittelnden Elemente war zweifellos die Kanonbildung, die Etablierung Heiliger Schriften.
    Das „Quod non est in actis, non est in mundo“ gilt nicht nur für die Akten, sondern für die Schrift insgesamt, für ihre Beziehung zum Ursprung und zur Geschichte des Weltbegriffs. In diesen Kontext gehört die Kanonbildung (als Weltstabilisator).
    Das rückt das Problem der Deklination („die Welt ist alles, was der Fall ist“) in ein neues Licht: Verweist es nicht zurück auf die „chaldäische“ Astrologie? Und hat nicht der Satz der Magier „Wir haben seinen Stern gesehen“ hiermit zu tun, ähnlich der „Kampf der Sterne“ im Debora-Lied sowie das Bild von dem wie eine Buchrolle sich aufrollenden Himmel?
    Die Geldwirtschaft erzeugt mit der eingebauten Todesdrohung den Unschuldstrieb (als autoritär instrumentalisierten Auswegersatz).
    Das Rätsel der Drittel-Ladungen bei den Quarks (-1/3, +2/3) scheint auf den Korpuskel-Welle-Dualismus zurückzuweisen (auf die darin sich manifestierende Beziehung zu den beiden komplementären Aspekten des Inertialsystems: der linearen Bewegung des Strahls und der Flächen-Ausbreitung der Welle). Begründet ist dieser Dualismus in der Struktur der Minkowskyschen vierdimensionalen Raumzeit (mit der Wurzel aus -(ct)2 als imaginärer vierter Dimension).
    Steht nicht die Vorstellung, daß, wenn ich ein Ding mit Gewalt aufbreche, ich auf sein Inneres stoße, in der Tradition der Opfertheologie (vgl. auch Hegels Bemerkung über das sein Spielzeug zerstörende Kind; Hinweis auf die opfertheologische Tradition der Hegelschen Philosophie: Ursprung des Konzepts der List der Vernunft).
    Gegen die „Elementarteilchen“: Wenn aus Schweinen Wurst gemacht wird, heißt das, daß Schweine aus Wurst bestehen?
    In der Feste, die die oberen von den unteren Wassern trennt, im Bilde des Himmels, ist die Scham- und Todesgrenze, die uns das Angesicht und den Namen Gottes verstellt, für die Wahrnehmung präsent. Ist das nicht der Grund, weshalb Hunde den Mond anbellen und Schimpansen mit Drohgesten den Himmel bedrohen? Kann es sein, daß hinter dem Sothis-/Sirius-Problem das Orion-Problem steht (das Problem nicht des chronologischen Ursprungs der ägyptischen Geschichte, sondern des Ursprungs der Zeit überhaupt)?
    Gehören die drei Gürtel-Stellen zusammen:
    – beim Jeremias (Kap. 13),
    – bei Hiob („oder lösest du den Gürtel des Orion“, 3831) und
    – bei Petrus („Als du jünger warst, gürtetest du dich selbst, …“, Joh 2118)?

  • 25.4.1994

    Eine Kritik der politischen Ökonomie heute müßte auch die Astronomie durchsichtig machen.
    Zur Geschichte des naturwissenschaftlichen Freiheitsbegriffs: Sie beginnt mit dem liberum arbitrium, Reflex der Freiheitsgrade des Raumes und Produkt der Neutralisierung der Richtungen im Raum, und sie endet mit dem Freiheitsbegriff der Quantenphysiker, der an die Unbestimmtheitsrelation und das Komplementaritätsprinzip sich anlehnt (als falsches Bewußtsein der Freiheit vom Zwang des Inertialsystems).
    Im Begriff der Weltanschauung enthüllt sich die Bekenntnislogik als (patriarchale und sexistische) eine subjektive Form der Anschauung: Der Krieg Hitlers gegen die Sowjet-Union war als Weltanschauungskrieg ein Vernichtungskrieg (wie jetzt wieder der Bürgerkrieg in Jugoslawien). Weltanschauungen gibt es nur unter der Voraussetzung des „naturwissenschaftlichen Weltbildes“; der Begriff der Weltanschauung rückt die logische Beziehung der Bekenntnislogik zur subjektiven Form der äußeren Anschauung, zum Raum, ins Licht.
    Daß die transzendentale Ästhetik in dreifacher Gestalt sich präsentiert: als Form des Raumes, in der Logik des Geldes und als Bekenntnislogik, ist selbst wieder in der Form des Raumes begründet, im Problem der „drei Abmessungen“ des Raumes, in seiner Dreidimensionalität, darin, daß diese drei Dimensionen entgegen der Form ihrer mathematischen Beziehung im Raum nicht gleichwertig, nicht äquivalent, sind. Ihre mathematische Äquivalenz ist selber bereits Produkt der dreifachen, selbstreferentiellen Abstraktion. Das „von allen Seiten hinter dem Rücken“ konstituiert sich in der Abstraktion
    – von der Umkehr,
    – vom Namen (von der benennenden Kraft der Sprache) und
    – vom Angesicht,
    wobei
    – der Raum primär die Differenz zwischen vorn und hinten,
    – das Geld die zwischen Rechts und Links und
    – das Bekenntnis die zwischen Oben und Unten
    neutralisiert und in dieser Neutralisierung sich konstituiert.
    – Das Bekenntnis ist der Quellpunkt des autoritären Charakters,
    – das Geld der Quellpunkt der verdinglichten Welt und
    – der Raum der Quellpunkt des Absoluten und der Verblendung.
    Sind die subjektiven Formen der Anschauung die Pforten der Hölle; und ist nicht der Abstieg zur Hölle die Vorstufe der Auferstehung?
    Das Substantiv ist das durch die Kasus, die Formen der Deklination (der Veranderung) hindurch sich bestimmende Nomen; der Staub und die Asche in einer Welt, in der der Name zu Schall und Rauch geworden ist. Zu den Konstituentien des Substantivs gehört die Neutralisierung der differierenden Bestimmungen der Kasus (Akkusativ, Genitiv, Dativ, Ablativ, Instrumentalis, Lokativ): Indem das Substantiv die Objektbeziehung ins Nomen mit hereinnimmt, unterdrückt und verdrängt sie die Reflexion auf den Objektivationsprozeß, der in den Formen der Deklination sich entfaltet. Damit hängt es zusammen, wenn in dem Ausdruck „Wir Deutschen“ der Name der Deutschen zum reinen Ausdruck und zugleich zum Alibi der Gemeinheit und Brutalität geworden ist.
    Der Begriff des Substantiv ist Ausdruck der Trennung von Ding und Sache, Geburtsname der Verdinglichung, dem auf der Subjektseite der Personbegriff entspricht (Dinge gibt es, seit es juristische Personen gibt). Er ist der reinste Ausdruck einer Welt, in der alles nur noch das ist, was der Fall ist.
    Welche grammatische Bedeutung und welche logische Funktion hat das Suffix -iv in den grammatischen Begriffen (vom Substantiv bis zum Infinitiv)?
    Ist der griechisch-lateinische Gottesname Produkt einer Verschmelzung des -ivum mit dem deiktischen Affix d- (und damit der genaueste Ausdruck der Geburt des Absoluten)? Woher kommt dann der germanische Name „Gott“ (nach Ferdinand Ebner soll er aus einer Wurzel stammen, die das Anrufen, das Objekt der Anrufung, ausdrückt)?
    Hat die Venus-Katastrophe die Voraussetzungen für die Staatenbildung geschaffen:
    – Privateigentum und Geldwirtschaft,
    – Tempel, Opfer und Schrift,
    – Monogamie und Inzestverbot?
    Die Venus-Katastrophe hat das Planetensystem nicht nur ergänzt und vervollständigt, sondern es in Konstellationen eingerückt, die dann in die internen Voraussetzungen der Staatenbildung mit eingegangen sind.
    Gehört die chaldäische Astrologie zur Ursprungsgeschichte der indogermanischen Sprachen (insbesondere zur Ausgestaltung der Deklinationsformen, die selber vermittelt sind durch die Umgestaltung der Konjugationen)?
    Welcher Kasus und welcher Planet repräsentiert das Selbsterhaltungsprinzip? Die Logik des Selbsterhaltungsprinzips ist eine männliche Logik, es ist die Logik der vom Privateigentum beherrschten Welt. Klingt ihr Geheimnis nicht im Namen des Jupiter an (des Divus-Pater, des Erzeugers des Merkur, der Venus und des Mars, gleichsam seiner Emanationen, der aber der Macht des Kronos, des Saturn, auch wenn er ihn besiegt, nicht entgeht: der der Gefahr der Paranoia ausgesetzt bleibt)?
    Ist die Paranoia die patriarchalische Erscheinung der Melancholie (der messianischen Wehen)?
    Vgl. die Antwort Jesu auf die Frage der Pharisäer (der Schriftgelehrten, der Sadduzäer?) nach dem jenseitigen Schicksal der Frau und ihrer sieben Männer?
    Ist Heideggers Fundamentalontologie nicht gleichsam eine interne Erläuterung des Thalesschen Satzes: Alles ist Wasser? War nicht die Sintflut die Überschwemmung mit dem Was?
    Turmbau zu Babel: Der Turm, der bis zum Himmel reicht, und der herniederfahrende Gott bezeichnen präzise den Ursprung des Mythos.
    Die Bekenntnislogik ist eine reine Exkulpationslogik, Produkt der Weigerung, die Sünde der Welt auf sich zu nehmen; deshalb gehören die Opfertheologie und das Konzept der Entsühnung der Welt durchs Kreuzesopfer als deren innerster Kern zur Bekenntnislogik.
    Die Confessiones des Augustinus sind (als Dokument seiner Bekehrungsgeschichte) Sündenbekenntnisse (z.B. in den Kindheitsgeschichten, aber auch in der Geschichte der namenlosen Mutter seines Sohnes Adeodatus), aber Sündenbekenntnisse, die vom Instrumentarium des mythischen Schuldverschubsystems: von den Formen projektiver Schuldverschiebung, sich nicht lösen können: Darin stellt sich die Beziehung zum Glaubensbekenntnis her, die durchs Schuldverschubsystem (die Opfertheologie und das Konstrukt der Entsühnung der Welt) vermittelt ist. Vermutlich gehört die Geschichte über das mit der Erbsünde belasteten Kind Augustinus zu den geschichtlichen Ursachen der Einführung der Kindertaufe. Hier wurde der Trieb in die Seelen eingesenkt, der antstatt an der Herstellung gerechter Zustände nur noch an der eigenen Unschuld interessiert ist.

  • 22.4.1994

    Im Griechischen zieht das Verb
    – „freuen“ den Dativ nach sich: der Gegenstand der Freude ist zugleich ihr Adressat; und
    – „überlegen sein“ den Genitiv: die Überlegenheit ist eine dem Besitzverhältnis vergleichbare Abhängigkeit.
    Vgl. Langenscheidts Kurzgrammatik Altgriechisch, S. 91, 94.
    Die -tümer sind Namen, die durchs Urteil des Weltgerichts in Isolationshaft genommen worden, zu Substantiven gemacht worden sind. Modell: das „Deutschtum im Ausland“, vgl. aber auch den Reichtum, das Volkstum, das Christentum, Judentum oder Heidentum. Sind nicht die -tümer insgesamt Ungetümer (monströs wie die apokalyptischen Tiere)?
    Reichtum und Armut: Ist die Umkehrung -tum/-mut reiner Zufall; haben -tum und Mut etwas mit einander zu tun?
    Heldenmut und Heldentum (oder über die Signatur des Nationalismus am Ende): Der moderne Held (auch der Held im Kunstwerk) definiert sich – wie die Bekenntnislogik, die zu seinen Voraussetzungen gehört, gegen einen Feind (der für ihn den Tod repräsentiert), der antike (zivilisationsbegründende) Held, der Heros, begründet mit dem Recht einen Weltzustand, in dem es überhaupt erst Feinde gibt (und am Ende alle Fremden, die einmal als Gäste galten, zu Feinden geworden sein werden).
    Die exkulpierende Kraft des Absoluten, oder: wie hängt der Kaufrausch mit der Ohrenbeichte (und das Absolute mit dem Geld) zusammen? Verwechselt die Theologie seit den Anfängen der Scholastik nicht die Sündenvergebung mit der Abstraktion, hat sie nicht das Opfer zu einem Moment im Abstraktionsprozeß gemacht (Zusammenhang von Theologie, Säkularisation und Inertialsystem)? Entspringt hier der Begriff des Absoluten: der Greuel der Verwüstung? (Ist das Absolute die christliche Version des Ahnenkults, als Abschaffung der Erinnerung?) Das Absolute entlastet von der Last der Vergangenheit, indem es sie verdrängt, sie dadurch aber zum Absoluten macht (vgl. Newtons Begriff des absoluten Raums und seine verborgene Beziehung zu Hegels Logik).
    Zum Weltbegriff: Theologie muß heute durch die Wüste der Abstraktion, die Kritik des Absoluten, hindurch.
    Das Ökumene-Konzept durch ein Entkonfessionalisierungs-Konzept ersetzen: die Kirche aus dem Bann der Bekenntnislogik (oder aus dem Bann des Absoluten) befreien. Das aber heißt: Theologie im Angesicht Gottes und nicht hinter seinem Rücken.
    Im Anfang erschuf Gott den Himmel und die Erde: Wenn die Erde der Inbegriff des Benannten ist, ist dann der Himmel der Inbegriff der benennenden Kraft, die im Namen Gottes gründet (und das Herrendenken – der „Begriff“ – der Turm, der bis an den Himmel reicht)? Bezieht sich darauf das Bild, wonach der Himmel am Ende wie eine Buchrolle sich aufrollen wird? Die Benennung der Tiere durch Adam gehört in diesen Zusammenhang, aber auch das Wort: Der Himmel ist Sein Thron, die Erde der Schemel Seiner Füße. Am Ende, wenn es die Nacht und das Meer, den Tod und die Vergangenheit nicht mehr geben wird, wird Gott die Sonne sein. Und wenn der Sohn Ihm alles unterworfen hat, wird Gott alles in allem sein.
    Im Hebräischen ist der Genitiv durch den Bezug zum Nomen, der Akkusativ durch den Bezug zum Verb bestimmt. Die Deklination ergibt sich (ohne Suffixflexion) aus der Stellung im Satz, während sie im (früheren?) Kanaanäischen durch Suffixe sprachlich sich anzeigt. Gibt es einen Zusammenhang dieser Differenz mit der Differenz im Besitzrecht (im Bodenrecht); ist das Eindringen der Deklination in die Nomina ein Symptom der Subsumtion der Erde unters Wertgesetz: der Beginn der flektierenden Sprachen überhaupt, die dann in der Substantivierung der Nomen (der Verlegung der Deklination in den bestimmten Artikel) endet? Sind die flektierenden Sprachen ein Reflex der sich ausbreitenden Geldwirtschaft und deshalb Herrensprachen? Hier ist die Welt zu allem, was der Fall ist, geworden; Der Bann unter dem die Welt steht, ist der Bann des Absoluten.
    Sind die die „hebräischen Sklaven“ betreffenden Regelungen (Dt und Jer) nicht auch Sprachregelungen, und gilt das vielleicht für die die Armen und die Fremden geltenden Gebote insgesamt?
    Hat die Gnade etwas mit der benennenden Kraft der Sprache zu tun (und mit ihr die Barmherzigkeit und die Gebärmutter: die messianischen Wehen)?
    Verhält sich der Infinitiv Sein zum Possessivpronomen 3.Sg.m. wie das Glaubensbekenntnis zum Schuldbekenntnis (und werden Begriffe nicht überhaupt erst dort interessant, wo der Bruch sich zeigt, anstatt wie bei der Trennung der Begriffe Natur und Welt bloß verdrängt zu werden)?
    Kontrafaktische Urteile: Der Historiker ist wie der Richter der Beweislogik unterworfen: Seine Urteile (die „Urteile der Geschichte“) müssen nicht wahr, sondern nur hieb- und stichfest sein. Der Fechtboden, auf dem sich das prüfen läßt, ist der Boden der kontrafaktischen Urteile (und auch hier gilt, was auf jedem Fechtboden eingeübt worden ist: Gemeinheit ist kein strafrechtlicher Tatbestand). Die Konsequenzen, die aus der Kritik des Historismus sich ergeben, sind bei Nietzsche und Rosenzweig nachzulesen. Liegt die Auflösung des Problems der kontrafaktischen Urteile in der Theologie?

  • 19.4.1994

    Die Schrift, das Geld und das Bekenntnis: ihr Zusammenhang mit dem Relativitätsprinzip. Sie alle haben Teil an der Genesis des Abstraktionsprozesses, dessen Kern im Relativitätsprinzip sich kontrahiert (Abstraktion von der Aktualität, die das einzige Objekt der Prophetie ist). Die Physik ist die endgültig aufgedeckte Blöße; der Wein und die Trunkenheit: das Relativitätsprinzip; das Kleid, das die Blöße zudeckt: die Sprache. War der Rock aus Fellen die Sprache, die Morgengabe des Schöpfers an die Schöpfung; und die Trinitätslehre die Ursprungsgestalt der aufgedeckten Blöße im Christentum: der Greuel am heiligen Ort?
    Durch die Opfertheologie hat sich die Kirche auf die Seite der Täter gestellt und ist selber zum sacred executioner geworden; so verstrickte sie sich in die Bekenntnislogik. Wenn der Säkularisationsprozeß der Prozeß der Verinnerlichung des Opfers ist, so ist er zugleich Teil der Geschichte der Selbstzerstörung der benennenden Kraft der Sprache. Das war die Grundlage der Ausbildung der Raumvorstellung und des Inertialsystems. Die Geschichte des Opfers ist ein Teil der Geschichte der Sprache: Die Sprache gewinnt ihre benennende Kraft zurück, wenn der Satz „Barmherzigkeit, nicht Opfer“ wahr wird.
    Die Konstanten der Mikrophysik: insbesondere das Plancksche Wirkungsquantum und die elektrische Elementarladung, stehen in einer ähnlichen Beziehung zur Struktur des durchs Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit korrigierten Inertialsystems wie die Kreiszahl Pi und die Basis des natürlichen Logarithmus e zur Form des Raumes.
    Interessant wäre es, den Schatten, der die drei Patriarchen der Endzeit der europäischen Aufklärung begleitet: Engels (der Schatten von Marx), Jung (der Schatten von Freud) und die Kopenhagener Schule (der Schatten Einsteins), genauer zu betrachten.
    Von vier Katastrophen wurde Hiob getroffen:
    – die pflügenden Rinder und die daneben weidenden Eselinnen wurden von den Sabäern fortgetrieben und die Knechte mit der Schärfe des Schwertes geschlagen,
    – Feuer Gottes ist vom Himmel gefallen und hat zündend in die Schafe und Knechte geschlagen und sie verzehrt,
    – die Chaldäer haben drei Heerhaufen gemacht, haben die Kamele überfallen und sie weggetrieben und haben die Knechte mit der Schärfe des Schwertes erschlagen,
    – die Söhne und Töchter wurden im Hause des Erstgeborenen von einem starken Sturmwind aus der Wüste, der das Haus an den vier Ecken gepackt und auf die jungen Leute gestürzt hat, erschlagen.
    Wer sind die Sabäer: Haben sie etwas mit der Königin von Saba und dem (JHWH) Sabaoth zu tun: den Himmelsheeren?
    Nach der Dialektik der Aufklärung ist die Distanz zum Objekt, die den Aufklärungsprozeß begründet, vermittelt durch die Distanz, die der Herr durch den Beherrschten gewinnt. Wird diese Distanz nicht kontrahiert und verinnerlicht (und zugleich unkenntlich gemacht) durch die Raumvorstellung? Die Entfaltung der Form der äußeren Anschauung (der subjektiven Formen der Anschauung überhaupt) ist vermittelt durch die Herrschaftsgeschichte.
    Das Opfer des Sohnes war das Opfer der Sprache (des Logos): Realsymbol der Verinnerlichung des Opfers. Der Leib Christi ist der Sprachleib, auf ihn beziehen sich die Passionsgeschichte und Ez 37. Das Kreuz, an das dieser Leib geschlagen wurde. ist die Mathematik (und den Rock ohne Naht haben die Soldaten unter sich verlost).
    Ist nicht das Verhältnis der Philosophie zur Prophetie das Verhältnis von Angesicht zu Angesicht (das kein Sterblicher überlebt)? Erst wenn beide sich im andern erkennen, erkennen sie sich wirklich.
    Gegen Gemeinheit hilft keine Empörung, sondern nur Selbstbewußtsein und geistesgegenwärtige und geduldige Reflexion.
    Das „Grauen um und um“ beim Jeremias hängt mit dem Satz des Thales: „Alles ist Wasser“ zu zusammen. Das Grauen des babylonischen Krieges und das des Mythos haben einen gemeinsamen Ursprung.
    Hängt die Raumvorstellung nicht auch insoweit mit der Sexualmoral zusammen, als sie das Herrendenken durch Ausblendung der Folgen exkulpiert?
    Weist der Text im biblischen Schöpfungsbericht über die Erschaffung des Menschen (nach seinem Bilde, nach dem Bilde Gottes) nicht auf einen grammatischen Unterschied zurück:
    – der adjektivische Gebrauch des Possessivpronomens (nach seinem Bilde) entspricht dem Imperfekt (einer nicht abgeschlossenen, noch fortdauernden Handlung), während
    – die Genitiv-Konstruktion (nach dem Bilde Gottes) aufs Perfekt verweist (die Handlung ist abgeschlossen, ihr Produkt liegt vor)?
    Ist der nächste Satz: „Als Mann und Weib schuf er sie“ ein Erläuterung dazu, oder bezeichnet er einen zusätzliche Sachverhalt?
    Daß Maria Magdalena von den sieben unreinen Geistern befreit wurde, steht nur bei
    – Mk 169: „… erschien er zuerst Maria Magdalena, von der er sieben Dämonen ausgetrieben hatte“ (evtl. späterer Nachtrag zum Evangelium) und
    – Lk 82: „… und die zwölf begleiteten ihn und einige Frauen, die von bösen Geistern und Krankheiten geheilt worden waren: Maria, genannt die aus Magdala, aus der sieben Dämonen ausgefahren waren, …“.
    Vgl. hierzu Mt 1243ff und Lk 1124ff. – Kann es sein, daß die Mk-Stelle wichtig ist deshalb, weil sie die Befreiung von den sieben Dämonen in Beziehung setzt zur Auferstehungsgeschichte, und daß der Schein des Bruchs zum vorhergehenden „Abschluß“ des Evangeliums zu den Indikatoren der Bedeutung dieser Stelle gehört?

  • 15.4.1994

    Intersubjektivität ist nicht nur ein Versteck vor dem Angesicht Gottes (unter den Bäumen des Gartens), sie wird am Ende zum Institut der kollektiven Isolationshaft. Die vorwerfbare Schuld – als Schuld im Blick der andern – ist der gemeinsame Grund des Mythos, der Natur und des Rechts. Umkehr ist das Instrument der Auflösung der vorwerfbaren Schuld: der Sünde der Welt (des projektiven Schuldverschubsystems). Alle Weltbegriffe sind, auch wenn sie es nicht wissen, nationalistisch: konkrete Anwendungen und Ausgestaltungen des Schuldverschubsystems: Es gibt keinen Weltbegriff ohne das Feindbild der Barbaren, Heiden oder Juden (der Fremden – nicht der Andern, die vielmehr Teil des Weltbegriffs sind). Dem Namen der Barbaren entspricht im Kontext der Naturerkenntnis der Begriff der Materie, der nicht zufällig an den Namen der Mutter – mater – erinnert. Zu prüfen wäre, ob und wie die Begriffe hyle und materia auch inhaltlich und genetisch sich unterscheiden (und ggf. mit den Unterschieden zwischen den Begriffen physis/natura bzw. kosmos/mundus zusammenhängen). Materie: Ist das nicht die von der schmutzigen Sinnlichkeit gereinigte und dadurch finster gewordene Materie, das genaue Pendant der sexualmoralischen Verstrickung der kirchlichen Theologie? Die Apokalypse ist ebenso wie ein historisches auch ein gnoseologisches Problem: die letzte Gestalt des Begriffs der Offenbarung. Der mechanische Stoß ist das gegenständliche Korrelat der Herrschaft der Vergangenheit über die Zukunft, Grund eines Systems von Äquivalenzbeziehungen, aus dem die Möglichkeit mathematischer Naturerkenntnis sich herleitet. Einzig vergleichbar der Macht des Tauschprinzips, der Herstellung von Äquivalenzbeziehungen im Bereich der gesellschaftlichen Reproduktion des Lebens auf der Grundlage des Privateigentums. Bei beiden wird ein Systemmoment impliziert, das mit den Begriffen Orthogonalität, Schuldknechtschaft und Lohnarbeit sich genauer bezeichnen läßt. Heinsohn hat recht, wenn er die Erfindung des Geldes auf das Institut der Schuldknechtschaft zurückführt, den frühesten Vorboten des Kapitalismus und der Lohnarbeit in der Vorvergangenheit. In der Lohnarbeit ist die Schuldknechtschaft instrumentalisiert worden. Ist die Wahrnehmung nicht faszinierend, daß das Institut der Schuldknechtschaft zur Ursprungsgeschichte der Hebräer gehört (und wirft sie nicht ein Licht auf den Namen der „hebräischen“ Schrift)? Hat der Vergleich des Dogmas mit den zwei Seiten eines Blattes (von denen wir nur die eine kennen, die nicht die der Wahrheit ist) eine sehr präzise Bedeutung? Hat die Theologie nicht insofern auch etwas mit der Idee der Auferstehung zu tun, als es in ihr um die Wiedergewinnung der vergangenen Zukunft geht? Die opfertheologische Instrumentalisierung des Kreuzestodes gehört zu den Mächten der Vergangenheit über die Zukunft (zu den „Pforten der Hölle“). Die Zukunft unter dem Verschluß der Vergangenheit halten: Darauf bezieht sich das Wort vom Binden und Lösen; und das Lösen ist das Lösen der Zunge, die vergangene Zukunft das Objekt der Sprache, des Namens. Erst wenn ich begreife, daß die Welt der Abgrund ist, der mich von den andern trennt, begreife ich, was es heißt, die Sünde der Welt auf sich zu nehmen. Die Idee des Absoluten ist der Greuel am heiligen Ort: das sich auf sich selbst beziehende Anderssein Gottes, seine Leugnung. Ist die Geschichte der drei Leugnungen die Geschichte der Idee des Absoluten? „Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt …“ (vgl. Joh Kap. 630ff.54ff)? Mein ATARI hat nicht nur einen Mülleimer, er ist ein Mülleimer, in den ich alles ablade: Aber sind Mülleimer nicht die Lebensquelle der Ausgeschlossenen, der Slumbewohner? Ist nicht der Antisemitismus, der Druck, der ihn produziert, ein Hinweis darauf, wie nahe die Lösung ist? Der Begriff der verwalteten Welt ist ein Pleonasmus: Ohne Verwaltung gibt es keine Welt (gibt es kein Allgemeines, wie auch die Verwaltung die Brutstätte der Gemeinheit ist – das Gemeine ist der Grund des Allgemeinen).

  • 30.3.1994

    Die Kritik des Systems ist notwendig als Kritik der Verstrickung des eigenen Denkens ins System. Insbesondere die Totalitätsbegriffe zeigen systemische Züge.
    Merkwürdige Geschichte: Der Begriff des Glaubens wurzelt im Begriff der Treue. Diese Treue ist zum Glauben erst unter der Herrschaft der Bekenntnislogik geworden. Erst die Nazis haben die Treue wiederentdeckt, aber als säkularisierte und personalisierte Treue (zu der sie übrigens im Systemzusammenhang von Glauben und Bekenntnis geworden ist).
    Enthält nicht der Satz aus Benjamins Passagenwerk, daß es nichts Veralteteres gibt als die jüngstvergangene Mode, einen Hinweis auf das zentrale Problem der Erinnerungsarbeit: auf den Zusammenhang des Ältesten mit der Gegenwart? Ist die Vorstellung, daß die drei räumlichen Dimensionen im Hinblick auf ihre Beziehung zur Zeit äquivalent sind, nicht bloßer Schein? Wird sie nicht insbesondere durch die Schwere widerlegt?
    „Der Himmel ist sein Thron, die Erde der Schemel seiner Füße“: Was heißt das? Drücken sich darin nicht zwei verschiedene Formen des Besitzens aus (zwei Formen des Besitzens, die nur Gott zugesprochen werden dürfen)? Sind es diese Formen des Besitzens, die im Inertialsystem vergewaltigt und falsch identifiziert werden? Am Inertialsystem wäre zu demonstrieren, daß die Begriffe Wissen und Erkennen nicht deckungsgleich sind (daß es ein gegen das Erkennen sich sperrendes, widersetzendes Wissen gibt: Grund des Positivismus, das Problem der physikalischen Erkenntnis).
    Joh 129, Maria Magdalena und die sieben Siegel, oder: die Kritik des Inertialsystems (Erkenntnis des Tieres: hier braucht es Weisheit und Verstand).
    Ist eigentlich Joh 129 der einzige Bezugspunkt der Apokalypse im Johannes-Evangelium?
    Ist die (von der in den anderen Sprachen abweichende) Geschlechtszuordnung von Sonne und Mond im Deutschen die Besiegelung der Trennung von Ding und Sache, der vollständigen Verkehrung?
    Gibt es eine Geschlechtszuordnung von Städten im Deutschen (die Anwendung des bestimmten Artikels auf die Städtenamen)? Der Gattungsbegriff Stadt ist feminin, aber die einzelnen Städte wie Köln, Berlin, Frankfurt u.ä. sind (wie die erste und zweite Person) geschlechtsunabhängig. Hat die Verschiebung der Deklination in den bestimmten Artikel (in dieses deiktische und substantialisierende Sprachelement) den Namen erst wieder freigesetzt, vom Begriff getrennt? Gilt das, was hier für die Stadtnamen gilt, nicht allgemein für Namen (auch die Namen von Ländern, Firmen, Betrieben, sofern sie nicht im Namen ein institutionelles oder ein dem äquivalentes begriffliches Element enthalten, wie die Post, die Bundesbahn, die AEG: Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft u.ä.). Namen von Bergen, Flüssen sind nicht geschlechtsneutral (Berge sind männlich, Flüsse: die westlichen sind maskulin, die östlichen feminin?). – Warum kann man „die Eintracht“, „die Borussia“, „der VfL“, aber nicht im gleichen Sinne (wenn man den Verein und nicht die Spieler meint) „die Bayern“ sagen (im Hinblick auf die Wortbedeutung „Eintracht“ oder „Verein“ oder auf die feminine Wortbildung „Borussia“)? Ist die Geschlechtsneutralität der Namen eine Folge dessen, daß in den indoeuropäischen Sprachen das Neutrum zu einem Geschlecht geworden ist? Zweite Neutralisierung: Parodie auf die Theologie des Namens? Umgekehrt: Ist das Neutrum ein Abkömmling des Namens (und die Materie der Schwamm, der die benennende Kraft der Sprache aufsaugt)?
    Die Löschung des Namens und die Zerstörung des Angesichts gehören zusammen mit der an der Entflammung gehinderten Entzündung (Zusammenhang mit der Theorie des Feuers). Produkt der Entzündung, die nicht zum Feuer sich befreit, ist das Ich (die Identität, die Person). Ursprung dieser Entzündung ist die Urteilsform, der Schwelbrand ist der der Empörung. Ist nicht die Idee des Absoluten die Narbe an genau der Stelle, an der die benennende Kraft ausgebrannt (die Sprache gelöscht) wurde, die gleiche benennende Kraft, die im Namen Gottes gründet (und sich erfüllt). Hierauf bezieht sich das Wort vom Bekenntnis des Namens. – An dieser Stelle ist daran zu erinnern, daß der Tempel in Jerusalem nicht das Haus Gottes, sondern das seines Namens war.
    Vater unser, der du bist in den Himmeln, geheiligt werde dein Name: Wurde nicht mit der Zerstörung der Himmel die Kraft des Namens, die benennende Kraft der Sprache gelöscht (und nur in dem Buch, zu dem die Himmel sich aufrollen, erinnert und aufbewahrt)? Wie ist die Heiligung des Gottesnamens noch möglich ohne die Restituierung des Anfangs der Schöpfung, ohne die Erinnerung der Himmel? – Ist der Singular Himmel nicht der Reflex und das Pendant der Idee des Absoluten in der Theologie (wurde der Plural nicht durch die Idee des Absoluten getilgt, und damit zugleich der Name gelöscht): Grund der Geschlechtsumwandlung von Sonne und Mond im Deutschen?
    War nicht die newtonsche Sonne noch Ausdruck der regierenden (männlichen) Gewalt, und ist die Sonne nicht zum passiven (feminisierten) Objekt erst im Absolutismus: mit dem Übergang von Politik in Verwaltung (zusammen mit der Privatisierung und Vergesellschaftung von Herrschaft, der Verbürgerlichung des Königtums), geworden. Die Sonne wurde feminin und der Mond maskulin, als Herrschaft endgültig gegen die Religion sich verselbständigte, im Prinzip der Trennung der irdischen von der himmlischen Sphäre, im Mond, sich festmachte.
    Hat nicht das Christentum den Sonntag zum Ruhetag gemacht, und d.h. nach dem griechischen Modell in der Idee des Absoluten (der noesis noeseos) die Identität von Herrschaft und Muße hergestellt, die dann in der subjektiven Form der äußeren Anschauung, im Raum (im Systemzentrum des Inertialsystems), sich vergegenständlichte. Erinnerung an China: Herrschaft durch Nichtstun. Dagegen steht die kräftige Erinnerung Hermann Cohens, daß die Attribute Gottes Attribute des Handelns und nicht des Seins sind, und Erinnerung von Immanuel Levinas daran, daß die Ethik und nicht die Ontologie die prima philosophia ist.
    Der Himmel ist maskulin, und die Erde feminin. Das aber heißt, daß in der deutschen Sprache der Mond dem Himmel und die Sonne der Erde zugeordnet sind.
    Hängt nicht die Geschlechtszuordnung von Sonne und Mond im Deutschen mit der Bildung und Funktion der bestimmten Artikel zusammen?
    Wie verhält es sich
    a. mit den Planeten: hier scheint nur die Venus feminin zu sein, und
    b. mit dem Gattungsbegriff Stern, der im Deutschen maskulin ist, und wie in den anderen Sprachen, insbesondere im Griechischen (astron n.) und Lateinischen (stella f.; sidus, -eris n.)?
    Wie verhält sich das Ganze zum Sündenfall, nach welchem Adam dazu verurteilt wurde, den Staub zu produzieren, den die Schlange frißt (genauester Ausdruck der neutralisierenden Gewalt des Patriarchats, die am Ende auch das Neutrum selber ergreift: im Greuel am heiligen Ort)?
    Der zum Nominativ (zur Bezeichnung des Substantivs) entmächtigte Name wird über den Neutralisierungsprozeß hinaus nochmals neutralisiert, und wird so zum Absoluten, zum schwarzen Loch, in dem der Name gelöscht wird.
    Ist nicht der Greuel am heiligen Ort die letzte Steigerung der Unfähigkeit, Rechts und Links zu unterscheiden, auf die am Ende des Jonasbuches hingewiesen wird. Produzenten des Greuels am heiligen Ort sind: das Inertialsystem, das Tauschprinzip (die Geldwirtschaft) und die Bekenntnislogik (Instrumentalisierung des Kreuzestodes: Inbegriff der Exkulpations- und Gemeinheitsautomatik).
    Das Zeichen des Tieres an der Stirn und an der Hand: Ist das nicht der Hegelsche Begriff? In der Apokalypse nochmal genauer die Attribute des Drachen und der Tiere ansehen (Hörner, Köpfe, Kronen).

  • 27.3.1994

    Kai epestrepsa blepein tän phonän hätis elalei met‘ emou. – „Ich wandte mich um, um die Stimme zu sehen, die mit mir redete. Und als im mich umwandte, sah ich sieben goldene Leuchter und inmitten der sieben Leuchter einen, der einem Menschensohn ähnlich war, …“ (Apk 112f) Macht die Umkehr das Wort sichtbar (Beziehung des Lichts zur Sprache)?
    Ist die „eine Meinung“ der zehn Könige (mian gnomän, Apk 1713.17) das Dogma, das Bekenntnis?
    Hängt das Wort Stuhl mit stehlen zusammen (nach Kluge mit stehen, ähnlich die Ableitung von Thron, übers Französische vermittelt)? Ist nicht der Stuhl das Symbol des Besitzes (in der Schrift wird mit den Schuhen, durch Betreten, Besitz von etwas ergriffen)? Wie verhält sich hierzu das Wort: Der Himmel ist sein Thron, die Erde der Schemel seiner Füße (haben wir IHN nicht in beiden Teilen enteignet). Wer hat wann den Stuhl erfunden (spielt hier die herrschaftsbegründende Entwicklung der Astronomie und der Geldwirtschaft, zusammen mit der späteren Vergesellschaftung des Stuhls, mit herein)? Und hängt die Vergesellschaftung des Stuhls mit der Trennung von Ding und Sache (und diese mit der Unterscheidung von Besitz und Eigentum) zusammen? Vgl. im Lateinischen: possidere, occupare -in Besitz nehmen; facere c. gen. – zum Eigentum machen. Während das Eigentum zu den Grundlagen des Staates gehört, gehört der Besitz zu den Ursprungsbedingungen des Kapitalismus (Lohnarbeit als organisierter und legalisierter Raub: Grundlage des Inertialsystems; Zusammenhang der Verräumlichung mit der Trennung der primären und sekundären Sinnesqualitäten; das Relativitätsprinzip gründet in einer begrifflichen Eigenschaft des Geldes: Grund dafür, daß es keinen Reichtum ohne die Erzeugung von Armut gibt).
    Der Stuhl, der Ursprung des Inertialsystems und die sieben unreinen Geister („Besessenheit“ als Folge der Neutralisierung des Raumes).
    Wie verhalten sich:
    – die ursprüngliche Akkumulation des Kapitals und die Entstehung des Proletariats in England,
    – der Merkantilismus in Frankreich und
    – der Absolutismus in Deutschland
    zueinander? Sind sie nicht drei Seiten ein und derselben Sache? (Die Freisetzung der Bauern: die Trennung der primären von den sekundären Sinnesqualitäten?)
    Ist der Thron durch den Tisch zum Stuhl geworden? Vor dem Stuhl fällt niemand mehr auf die Knie, aber dafür wird auf dem Tisch angerichtet. Erst der Tisch (als Abkömmling des Altars und der Tische der Händler und Geldwechsler, die SEIN Haus zur „Räuberhöhle“ gemacht haben) hat das Essen vom Opfer getrennt (das Opfer verinnerlicht), er hat es zum Gericht gemacht.
    Mit dem Besitz hängt auch die Besessenheit, das Dämonische, zusammen: Reflex der Objektseite. Hier gründet die Geschichte von den sieben unreinen Geistern.
    Thing, Gericht und Ding (das als Objekt verurteilte Ding): Die Hegelsche Logik entfaltet das Urteil, das das Ding zum Ding gemacht hat.
    Unterscheiden sich Heidegger und Rosenzweig nicht dadurch, daß Heidegger aus Angst vor dem Tod (aus objektloser Angst) Selbstmord begeht, während Rosenzweig der Ausbruchsversuch ohne den Preis der Verdrängung, den die Philosophie seit ihrem Ursprung gezahlt hat (und deren gegenständliches Korrelat und Erzeugnis das Inertialsystem ist), gelingt?
    Schuld durch Nichthandeln (die Schuld von Auschwitz) ist strafrechtlich nicht faßbar, weil sie die Grundlage der Geldwirtschaft, des Kapitalismus ist (Handeln aus Mitleid ist existenzgefährdend). Hier liegt der systemlogische Grund, weshalb Gemeinheit kein strafrechtlicher Tatbestand sein darf.

  • 26.3.1994

    Im Angesicht und Von Angesicht zu Angesicht sind zu unterscheiden: Im Angesicht meint das Unter, eine Beziehung zum Oben, von Angesicht zu Angesicht meint das Vorn. Ist das Vorn nicht die Vollendung des Unter? Die Subsumtion unter die Vergangenheit bezeichnet das telos des Falls und den terminus a quo der Umkehr: – Hinter dem Rücken ist das Produkt der Subsumtion des Angesichts unter die Vergangenheit (Vorn – Hinten, Osten – Westen), – das strenge Gericht ist das Produkt der Subsumtion der Barmherzigkeit unter die Vergangenheit (Rechts – Links, Süden – Norden), – Herrschaft ist das Produkt der Subsumtion der Versöhnung unter die Vergangenheit (Oben – Unten). Die Naturgrenze ist die Todesgrenze: die Grenze zur Vergangenheit. Ist die Geschichte der drei Leugnungen die Voraussetzung für die Wiederkunft? Gehört nicht die Geschichte mit den Jüngern in Emmaus (und das „Mußte das nicht alles so geschehen“) ebenso zur Geschichte der Auferstehung wie die Geschichte der Maria Magdalena und das Apostolat? Die Jünger erkannten ihn dann am Brotbrechen. Ist die Zahl des Tieres (Apk 1318) – die Zahl des ersten Tieres (des Tieres aus dem Meer, „das zehn Hörner und sieben Köpfe hatte und auf seinen Hörnern zehn Kronen und auf seinen Köpfen gotteslästerliche Namen“) oder – die Zahl des zweiten Tieres, des Tieres aus der Erde („es hatte zwei Hörner wie ein Lamm und redete wie ein Drachen“)? Die beiden Tiere treten auf, nachdem „der große Drache, die alte Schlange, genannt der Teufel und der Satan, der den ganzen Erdkreis verführt, … auf die Erde (geworfen wurde)“ (129). In der Zusammenstellung: Stämme, Völker, Sprachen und Nationen scheinen die Sprachen die Grundlage zu sein, während die Stämme, Völker und Nationen Verkörperungen der Sprachen (die sich vielleicht sogar systematisch deduzieren lassen) sind: – die Stämme durch Genealogie, – die Völker durch die Stadt und das Königtum und – die Nationen durch den Staat, die Schrift, die Literatur? Auf den Sprachgrund des Ganzen verweist die Geschichte vom Turmbau zu Babel im Kontext der Beziehungen der Söhne des Noach (Sem, Japhet und Ham). (Leiten die Stämme und Völker mit indogermanischen Sprachen im Umkreis Israels, insbesondere die Hethiter und die Perser, sich wie die Griechen von Japhet, dessen Nachkommen „in den Zelten Sems“ wohnen, her? Hat der Name Sems etwas mit dem hebräischen Wort für den Namen, schem, zu tun, und was bedeuten dann die Namen Japhet und Ham?) Die Geschichte der drei Leugnungen endet mit dem Satz „und er ging hinaus und weinte bitterlich“. Ist die vorausgegangene Abfolge der Leugnungen ein Folge der Steigerung des Lachens? Und wenn bei Nietzsche der Tod Gottes in der „Fröhlichen Wissenschaft“ erstmals vorkommt, und Rosenzweigs Nietzsches Atheismus eine „Leugnung ins Angesicht Gottes“ nennt, gehört das nicht genau in diesen Zusammenhang? – Sind wir nicht nur ein Gelächter? Das Lachen ist der das Objekt konstituierende Begriff; erst die Reflexion, die Trauerarbeit und das Weinen, löst den Bann. Verhalten sich nicht Licht und Gravitation wie Innen und Außen? Und sind nicht die physikalischen Erhaltungssätze allesamt Systemfunktionen oder Existenzbedingungen des Inertialsystems, dem gesellschaftlich das Recht korrespondiert (Hinweis zum Begriff des Gesetzes)? Der Materie entspricht das Eigentum und die Person. Gemeinheit ist kein strafrechtlicher Tatbestand, weil sie ein Sinnesimplikat der die Rechtslogik begründenden Allgemeinheit ist. Das Recht – gilt gegen alle, – es muß auf alle gleich angewandt werden (es ist den Reichen und den Armen gleichermaßen untersagt, unter den Seinebrücken zu nächtigen) und – es ist präjudizierend (jedes Urteil hat Auswirkungen auf alle nachfolgenden Urteile). So ließe sich das das Rechtssystem begründende Relativitätsprinzip formulieren (seine Homogenität und seine Geltung für alle Objekte, an allen Orten und zu jeder Zeit). Aber was entspricht dann dem Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit und der Identität von schwerer und träger Masse? Zur typologischen Qualität der modernen Naturwissenschaften: Gehören nicht – das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit und der Urknall und – der schwarze Körper und das schwarze Loch zusammen, und gehört nicht das eine zum Problem der Konstituierung des Raumes und das andere zum Problem des Begriffs der Materie? Wie wäre der erste Satz des Tractatus logico-philosophicus ins Griechische, Lateinische, Englische oder Französische zu übersetzen; klingen auch hier die Beziehungen zur Deklination, zur Gravitation wie auch zum Sündenfall mit an? Vgl. im Lateinischen: lapsus, casus, im Englischen: fall, case, matter. Rührt die Einsteinsche Erkenntnis der Identät von schwerer und träger Masse nicht an einen theologischen Sachverhalt? Die Form des Raumes als Form der Gleichzeitigkeit repräsentiert zugleich die dreifache Abbildung der Zeit auf die Dinge.

  • 06.02.94

    Das sic et non kommt der Wahrheit näher als das sic vel non: Im Hinblick auf den Bereich der Wahrheit gelten das Urteil und das Widerspruchsprinzip nur mit Einschränkung.
    Die Geschichte des Weltbegriffs (die hegelsche Geschichtsphilosophie) ist die Geschichte der Stellung des Bewußtseins zur Objektivität. Sie ist ein Teil der Herrschaftsgeschichte, die ihr Zentrum ist.
    Wie hängen die „gegenständlichen“ Begriffe Barbaren, Welt, Natur und Materie, die zum Begründungszusammenhang der Philosophie gehören, mit der Gemeinheit und mit den Grenzen der Beweislogik zusammen? Machen sie nicht durch ihr projektives Moment (durch ihre systembegründende Redundanz) die Grenzen der Beweislogik unsichtbar, und deshalb (als Rücksichtslosigkeit: als Gemeinheit nach außen) umso wirksamer? – Deshalb ist die Justiz (und mehr noch die Polizei) tendentiell ausländerfeindlich. Und deshalb ist sie tendentiell nationalistisch und spricht das Recht „im Namen des Volkes“.
    Gemeinheit ist keine Frage der Zwecke, sondern eine der Mittel: Grundprämisse einer Kritik der Verwaltung (einschl. der verwalteten Ökonomie: auch das Geld reinigt nicht seine Objekte).
    Heute nutzen die Menschen die Schlechtigkeit der Welt, die ihnen aus diesem Grunde wie nichts sonst gelegen kommt, zur Rechtfertigung ihrer eigenen. Hier ist den Medien die neue apokalyptische Aufgabe erwachsen (Lieferung von Drachenfutter).
    Sind Urknall und Schwarzes Loch nicht auch Modelle zur Erklärung
    a. wirtschaftlicher Vorgänge (Stichwort: Export und Reimport der Armut als Grundlage der „Schöpfung und Erhaltung“ von Reichtum, oder: die Selbstzerstörungskräfte des „reinen Marktes“) und
    b. von Einrichtungen der Medien (Urknall: Radio, und Schwarzes Loch: Fernsehen),
    insgesamt: realsymbolische Modelle gesellschaftlicher Naturkatastrophen?

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