Georgi

  • 9.5.96

    Joseph und Moses haben mit dem Haus des Pharao zu tun, Daniel und Esther mit dem des Königs von Babylon.
    Das Dogma war der erste Versuch der Begründung einer transzendentalen Logik, der Konstruktion synthetischer Urteile apriori. Hierbei hatte die Opfertheologie die Funktion, die bei Kant die subjektiven Formen der Anschauung hatten.
    Ist nicht das Dogma die Rekapitulation Ägyptens, die Rekonstruktion des Sklavenhauses, des Eisenschmelzofens und der Verhärtung des Herzens?
    Daß Himmel und Erde auch sprachlicher Natur sind, daß der Himmel, der im Anfang erschaffen wurde, am zweiten Tag als Name verwandt wird.
    Das Erzählen verhält sich zur Geschichtsschreibung wie das Wort zur Schrift. Beide unterscheiden sich durch ihre Sprachlogik.
    Beschreibt nicht die Auferstehung, die Himmelfahrt und das Sitzen zur Rechten Gottes das Verhältnis der Evangelien zur Thora?
    Die Logik der Schrift ist der Quellgrund des Weltbegriffs; beiden liegt die Logik des Seins für Andere zugrunde. Sind nicht die Schlange und das Neutrum, die Verstockung und der Kelch allesamt Explikationen der Logik der Schrift?
    Namen wie die des Armen, des Fremden, der Gerechtigkeit, der Barmherzigkeit, der Wahrheit sind mit einem Bedeutungsüberschuß aufgeladen, den man nicht ungestraft verwerfen darf. – Unterscheidet sich nicht Buber (und das gilt auch für die Endgestalt seiner Übersetzung der Schrift) von Rosenzweig dadurch, daß er vor der Übermacht dessen, was ist, kapituliert, und drückt sich das nicht in seiner Sprache aus?
    Haben wir nicht das, was in den Evangelien Vollmacht heißt, zur Metaphorik entmächtigt und domestiziert?
    Wer ist in der Geschichte von den sieben unreinen Geistern „der Mensch“, und was hat es mit dem (am Ende „leeren, gereinigten und geschmückten“) Haus auf sich? Sind beide nicht auf einander bezogen wie in der Philosophie Subjekt und Welt? Und ist nicht die Welt das Haus? Die Konstituierung und Entfaltung des Weltbegriffs ist die Geschichte der Austreibung des einen unreinen Geistes und zugleich die Vorbereitung der Rückkehr der sieben unreinen Geister. Hat diese Geschichte nicht etwas zu tun mit der anderen Geschichte vom Sünder und den 99 Gerechten (den Bewohnern des leeren, gereinigten und geschmückten Hauses) und mit der Geschichte von der verlorenen Drachme? – „Und die letzten Dinge dieses Menschen werden ärger sein als die ersten“: Steckt darin nicht ein Hinweis auf Off 1318?
    Liegt nicht die Bedeutung der transzendentalen Ästhetik für die transzendentale Logik darin, daß sie das Urteil unter das Gesetz des Objekts zwingt?
    Der Weltbegriff macht die Vernunft zur instrumentellen Vernunft; deshalb können die Freunde der Welt keine Freunde Gottes sein.
    Hat nicht die Philosophie erst den Samen zu etwas Männlichem gemacht, ist nicht in der Schrift der Same der Same der Frau – und nur als Same der Schlange männlich?
    Wer ist im Zoo hinter Gittern: die Tiere oder die Menschen (die Besucher), und wer blickt wen an: die Menschen die Tiere oder die Tiere die Menschen? Die gleiche Frage gilt auch für Museen und Kunstausstellungen. – Nur im Objekt blicken wir uns selbst an; deshalb sind Objekte Gegenstand der Anschauung (bzw. vor Gericht Gegenstand des „Augenscheins“).
    Miskotte hat mir noch einmal die Wolken vor Augen geführt, aus denen mich Adorno wie ein Blitz getroffen hat.
    Wird Dieter Georgi nicht zum Opfer einer Äquivokation, wenn er den Bekenntnischarakter des Rechts mit dem Hinweis darauf begründet, daß dieses Recht sich „am Recht des Nächsten“ orientiert? Gehört es nicht zur Logik des Rechts, daß (zusammen mit dem Recht des Eigentums) nur das eigene Recht gesetzlich sich objektivieren läßt? Dem „Recht des Nächsten“ würde ein „Gericht der Barmherzigkeit“ entsprechen, das nur auf der Grundlage des Gebots, nicht auf der des Gesetzes sich bestimmen läßt.

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