Habermas

  • 15.04.92

    Geldwirtschaft und Rüstung: Hängt die Erfindung (und militärische Nutzung) des Schießpulvers mit der der doppelten Buchführung zusammen? Oder die Gründung und Ausbreitung der Tempelbanken mit dem assyrischen Militarismus (und ihrem theologischen Reflex im Deus Sabaoth, im Herrn der Heerscharen), ähnlich wie die Einheit von „Entdeckung“, Eroberung und Missionierung Amerika mit dem Raub der Tempelschätze im „entdeckten Amerika“, dem mit seinem Reichtum auch noch der Name geraubt wurde.
    Zum Schreiben der raf vom 10.04.92: Konsequenzen aus dem Prinzip der Kleinschreibung: Verzicht auf Hypostasierung und Personalisierung? Es gibt Handlungen, die Komplizenschaft begründen und in Rechtfertigungszwänge hineinführen, und so die verändernde Kraft der Reflexion unterlaufen, verhindern. – Umgekehrt die völlig unangemessene Reaktion der Politiker: von der CSU war nichts anderes zu erwarten, aber daß auch die SPD, die doch selbst an der Einführung der Sonderbehandlung der Terroristen maßgeblich beteiligt gewesen ist, jetzt jede „Sonderbehandlung“ glaubt ablehnen zu müssen, ist nur verständlich aus den Rechtfertigungszwängen, denen sie seit dem Deutschen Herbst 77 unterliegt. Und wenn Herta Däubler-Gmelin, im vorhinein schon Forderungen der raf glaubt ablehnen zu müssen, die gar nicht gestellt worden sind, so drückt sich genau darin die Unfähigkeit aus, den Kern des Konflikts überhaupt wahrzunehmen. Die Äußerungen des Herrn Penner lassen es nachträglich noch als Glücksfall erkennen, daß nicht er damals Nachfolger Rebmanns geworden ist. Die SPD steht sich selbst im kollektiven blinden Fleck, zu dem sie geworden ist (sie hat insoweit Teil am Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus, als auch sie den Sozialismus noch für eine Frage der Innen- und Wirtschaftspolitik hält: der reale Problem- und Existenzgrund der raf – die Fundierung des Reichtums der westlichen Staaten auf dem Export der Armut – ist auch der Problemgrund der SPD; das ahnt sie, möchte aber nicht daran erinnert werden, und deshalb reagiert sie so paranoid).
    Die Reiselust der Deutschen: sie halten es zuhause nicht aus, suchen dann aber doch nur Plätze, an denen sie wieder unter sich sind. Trift nicht auch noch die (erweiterungsfähige) Erklärung die der König der Tartaren den Portugiesen in der Urphase der Kolonisation gegeben hat: „Die Tatsache, daß diese Menschen sich so weit von zu Hause entfernen, … zeigt deutlich, daß es bei ihnen so wenig Gerechtigkeit und so viel Gier geben muß.“ (John H. Elliott: Die Welt nach Kolumbus, Lettre 16, Frühjahr 1992, S. 80)
    Zur Geschichtsphilosophie der Oper: Rousseau, der Erfinder des modernen Naturbegriffs (der Natur-Christologie), war Opernkomponist und Librettist (Waltraud Gölter: Die Schrift und das Reale, Lettre 16, S. 87). Die Confessiones (des Augustinus wie die des Rousseau) sind der genaueste Ausdruck der Einsamkeit: einer Sehnsucht, eines Verlangens, das kein Objekt mehr findet. Die Oper reflektiert diese Einsamkeit als die gesellschaftliche des Herrn, der sich durch den Herrschaftszusammenhang gegen die beherrschte Welt und das Leben in ihr verblendet, sie als Oper, als musikalischen Traum, reproduziert (Oper als Traum-Äquivalent der instrumentalisierten Welt).
    Einleitungen, Vorreden, Vorworte haben nur den Zweck, mögliche Mißverständnisse, die jeder Autor zu fürchten scheint, zu vermeiden. Käme es heute nicht umgekehrt darauf an, Mißverständnisse zu provozieren?
    Drückt sich im lateinischen AcI nicht genau die undurchdringliche, der Kommunikation und dem Handeln nicht mehr kommensurable Herrschaft des Römischen Imperiums und die damit verbundene Konstituierung des Privaten, die in der Philosophie vor allem in der Stoa sich reflektiert, aus?
    Die seitenperspektivische Betrachtung des Charakters (und ihre Objektivierung in der Maske, der Person) gehört zu den Grundlagen des begrifflichen Denkens und bestimmt den Charakter der Aufklärung seitdem. Der Personbegriff ist nicht zu trennen von dem des Charakters, beide sind verbunden durch den der Maske. Das Ebenbild Gottes hingegen ist sinnlich erfahrbar im Angesicht des Andern.
    Dieser wahnsinnige Jakobus-Brief (Jak 123)! Diese Forderung ist (fast?) nicht mehr erfüllbar.
    Enstsprechen den drei Verleugnungen Petri die drei Versuchungen Jesu in der Wüste? Bei beiden, am Ende der Versuchung in der Wüste und bei Petrus (und nur hier?), kommt es zu dem „Weiche von mir, Satan“.
    Zum Begriff der Geschichte: Die historische Genese ist zu unterscheiden von der logischen Genese, die aber selber wiederum in die Geschichte fällt. Der Begriff des Ursprungs ist diachronisch.
    Uns hat’s die Sprache verschlagen, fast unmöglich der Versuch, sie wiederzufinden.
    Hängt der Name des Wassers zusammen mit dem Fragewort „Was“? Und haben die biblischen und die philosophischen Wasser (die Wasser über und unter dem Firmament, und dem „Alles ist Wasser“ des Thales) etwas mit dem Heideggerschen Begriff der Frage zu tun, dem Topos einer leeren, objekt- und antwortlosen, aber rang-(d.h. die Eigentlichkeit) bestimmenden und die Hierarchie begründenden Frage?
    Siegfried war, nachdem er im Blut der erschlagenen Drachen gebadet hatte, unverletzbar (Ausnahme: die Stelle an der Ferse).
    Es ist das seit den Anfängen des Privateigentums und der Geldwirtschaft ins Ungemessene gesteigerte Exkulpationsbedürfnis, das die Tempel und die Opfer begründet hat.
    Das christologische Erbe des Naturbegriffs: Es ist dieser Naturbegriff, von dem Habermas sich nicht lösen kann. Und es ist genau dieser Naturbegriff, der die Reflexion an der von der Herren erwünschten Stelle abschneidet. Die Abwehr jeglicher Naturspekulation bei Habermas scheint mit seinem Öffentlichkeitsbegriff zusammen zu hängen: damit, daß er es sich versagen muß, den Quellpunkt der Gemeinheit im Strukturgesetz der Öffentlichkeit wahrzunehmen und zu analysieren, in das Problem der Bewußtseins- und Kulturindustrie sich ernsthaft einzulassen. So wird er hilflos gegenüber jenem Prinzip, nach dem die Boulevard-Presse und das Fernsehen vor allem sich richten: Gemeinheit ist kein strafrechtlicher Tatbestand, weil sie die Beweislogik (die Logik jeglicher Öffentlichkeit, aber auch die der Philosophie, den Quellpunkt der Dialektik) transzendiert. Darzustellen wäre, daß das, was Habermas Öffentlichkeit nennt, ein Strukturgesetz ist, dessen nachvollziehbare Geschichte eins ist mit der Geschichte des Weltbegriffs und heute behemothische Qualität annimmt. Diese Öffentlichkeit blendet durch ihr eigenes Strukturgesetz jene Bereiche aus, die Habermas dann auch aus seiner Philosophie hinausweist. Das Habermassche Konzept von Erkenntnis und Interesse, Grundlage seiner Diskursphilosophie und des Konsensbegriffs, blendet die Erinnerung aus; übrig bleibt die instrumentalisierte Erinnerung. Diese Instrumentalisierung der Erinnerung ist das Erbe der dogmatischen Theologie; sie gründet im Zusammenhang von Schicksal und Begriff und endet in der Heideggerschen Seinsvergessenheit. Der Inbegriff der instrumentalisierten Erinnerung ist der gegenständliche Weltbegriff (als Begriff eines subjektlosen Subjekts der Erkenntnis).
    Die Lösung für das Problem der Beziehung des Reichs der Erscheinungen zu den Dingen an sich liegt im theologischen Begriff der Umkehr.
    Der Schicksalsbegriff ist ein sprachimmanenter Begriff, Ausdruck einer bestimmten Form der Beziehung der Sprache zu den Dingen, er müßte insbesondere aus der Struktur der indogermanischen Sprachen, aus ihrer grammatischen Struktur, ableitbar sein.
    Woher stammen die Tierkreiszeichen und ihre Namen (sie fanden sich u.a. in Synagogen)? Und in welcher Beziehung stehen sie zu den Sternengöttern (zu den Planeten)? Und wie verhält es sich mit der Astrologie: ist das Schicksal an die Planetenkonstellationen, der Charakter an die Tierkreiszeichen gebunden (oder umgekehrt)?
    Kelch und Becher: Hängen der Taumelkelch, der Kelch von Gethsemane und beim Abendmahl sowie die Ursprungsgeschichte von Moab und Ammon (Lot und seine Töchter) zusammen?
    Ein Feminismus der mit Rangkategorien argumentiert, arbeitet dem Sexismus in die Hände.
    Der Wittgensteinsche Satz „Die Welt ist alles, was der Fall ist“ wird erläutert und kenntlich gemacht durch den Hegelschen Satz „Das Eine ist das Andere des Anderen“. Der Fall ist dieses Anderssein, Produkt der „verandernden Kraft des Seins“.
    Es ist diese Mischung von Euphorie und Schrecken, die den Verdacht wachhält, daß an der Sache noch etwas falsch sein muß.
    Die autoritäre Struktur des christlichen Dogmas ist von dem Zusammenhang mit dem Weltbegriff nicht abzulösen.

  • 10.04.92

    In seiner Antisemitismus-Studie übersieht Heinsohn offensichtlich, welche Bedeutung diese gesellschaftlichen Gesteinsverschiebungen, die die Entstehung der Hochkulturen begleiten, für die Geschichte des Bewußtseins haben; hier rächt es sich, daß er beispielsweise den Ursprung der Schrift und die Entwicklung der Sprachen aus seinen Überlegungen ausschließt. Die Darstellung der „Reaktionen der Betroffenen“ auf die „kosmischen Katastrophen“ (S. 31) behandelt diese Reaktionen so, als könnten sie sich auch heute – nach der Ausbildung des Welt- und Naturbegriffs – so abgespielt haben. Daß es eine Geschichte des Bewußtseins gibt, die mit der der Sprachen aufs engste verknüpft ist, scheint außerhalb seines Gesichtskreises zu liegen. Daß es sich hier um vorödipale Zeiten handelt, daß die Bewußtseinsidentität noch nicht vorausgesetzt werden darf, daß das Bewußtsein erst mühsam beginnt, sich aus den mythischen Zwängen zu befreien und welche Rolle dabei die Struktur der Sprachen und die Entwicklung der Schrift, der Ursprung des Privateigentums und des Geldes, die Entstehung des Rechts, aber auch die Institutionen der Religion und der embryonalen politischen Strukturen, insbesondere die Institution des Königtums, spielen, scheint ihn nicht zu interessieren. Daß z.B. erst in den indogermanischen Sprachen über die grammatischen Innovationen, insbesondere die Futurbildungen als Voraussetzung des objektiverenden, hypostasierenden Denkens, ein Weltbewußtsein sich bildet, dessen Vorläufer Mythos, Idolatrie und Opfer sind, die dann – paradigmatisch in der griechischen Philosophie und in deren Konsequenz in der christlichen Theologie – durch Verinnerlichung (durch den ödipalen Prozeß hindurch) zur Grundlage des zivilisatorischen Bewußtseins werden, entgeht ihm. In diesem Zusammenhang – und jedenfalls nicht nur in dem des Interesses an der Voraussage von Naturkatastrophen (vgl. S. 43) – wäre z.B. das Orakelwesen (das in Griechenland ganz erheblich zur Durchbildung der Sprache und zur Entstehung der Philosophie beigetragen hat) zu diskutieren. Velikovsky und seine Adepten lösen keine Rätsel, sondern schürzen neue (oder genauer: machen sie kenntlich). Die monokausale Ableitung des Neuen aus Naturkatastrophen verkennt, daß es auch gesellschaftliche Naturkatastrophen (zu denen Heinsohn selber mit seiner Geldentstehungstheorie entscheidende Hinweise gegeben hat) gibt; und hier scheint mir, stellt sich ernsthaft die Frage: handelt es sich bei dem Zusammentreffen kosmischer und gesellschaftlicher Naturkatastrophen (die formal dem Leibnizschen Begriff der prästabilisierten Harmonie zu entsprechen scheinen) um reinen Zufall, oder gibt es dazwischen auch vermittelnde Agentien?
    Wurden die Götter nach Einführung des Privateigentums durch die Statuen um ihre Opfer betrogen (vgl. Heinsohn, Antisemitismus, S.47)?
    S. 54: Keine „wissenschaftlich begründete Religionsüberwindung“, sondern eine prophetische. Der Unterschied ist bestimmbar.
    Im VIII. Kap., S. 72ff, führt Heinsohn den Antisemitismus allein auf seine theologischen Ursprünge zurück, ohne den Zusammenhang dieser Theologie mit dem Ursprung des Säkularisationsprozesses und des modernen Weltbegriffs zu begreifen. Aber hier wird es erst interessant. Washalb war beispielsweise der real existierende Sozialismus, insbesondere der Stalinismus, antisemitisch?
    Es ist schon ein wenig irrsinnig, wie sich bei Heinsohn die Dinge zu einem System zusammenschließen: Die Naturkatastrophen-Theorie ist nur zu halten, wenn er die Befreiung vom Opfer im Atheismus terminieren läßt und diesen Atheismus in Widerspruch setzt zu den altorientalischen, heidnischen Hebräern, verbunden mit der These, daß erst das (erneut opfertheologische) Christentum monotheistisch geworden sei; so wie er auch schon in seiner Geldtheorie das gesellschaftskritische Element herausoperiert hat, so muß er hier den damit notwendig verbundenen szientifischen Antisemitismus der Wellhausen et al. mit rezipieren, und ihn dann in den Sack reinstecken, den er „Hebräer“ nennt. Zugleich muß er den „Juden“ die Schöpfungsidee nehmen, die doch die Prophetie, der die Absage ans Opfer sich verdankt, erst ermöglichte. Und seiner Geldtheorie das erkenntnis- und gesellschaftskritische Element, das zwangsläufig aus seinem Schuldknechtschaftskonzept folgt, und damit das Moment der Barmherzigkeit nehmen, dem doch die Absage ans Opfer sich verdankt. Zusammen damit muß er die Juden in die Nähe der Philosophen rücken (mit Hilfe des einen Theophrast-Zitats): das aber geht nur, indem er den Juden in ihrer eigenen hebräischen Vergangenheit das Barbaren-Äquivalent verschafft. Das Problem bleibt unlösbar, solange Heinsohn das im Begriff des Begriffs (und schließlich in dem der Welt) säkularisierte und zugleich verdrängte Exkulpations- (und Opfer-) Konzept nicht durchschaut. Inzwischen geht der Verdrängungsapparat, der dem Universums-Konzept zugrundeliegt, zu Bruch.
    Der Weltbegriff konstituiert sich auf zwei Ebenen:
    a. auf der des Ursprungs und der Stabilisierung des Begriffs (des Referenzsystems der Philosophie), und
    b. auf der Ebene und im Rahmen der Stabilisierung der Produktions- und Austauschverhältnisse, des Ursprungs des Marktes, d.h. zusammen mit dem Ursprung des Rechtssystems, das das Privateigentum ermöglicht und garantiert.
    Ebenso wie die Philosophie ist der Weltbegriff vom Ursprung, vom Bestehen und von der Geschichte des Privateigentums nicht zu trennen. Hinsichtlich eines jeden Sozialismus-Konzepts wäre festzuhalten: Vergesellschaftung ist ein „naturwüchsiger“ Prozeß und durch Verstaatlichung nicht zu humanisieren. Auch das staatliche Eigentum ist Privateigentum, wobei der Staat aus leicht durchschaubaren Gründen der dümmste (und der gemeinste) Privateigentümer ist.
    Wodurch unterscheidet sich Moses von Hammurabi und Solon?
    Gegen Adorno: Nicht das Eingedenken der Natur, sondern das der Ursprünge wäre als Ziel der Philosophie zu bestimmen. Von Adorno zu Habermas ist es in der Tat nur ein kleiner Schritt, aber einer in die falsche Richtung. Das Konzept des Eingedenkens der Natur ist Adornos säkularisierte Theologie.
    Was bedeutet der Raum für das geschichtliche Eingedenken, für die Erinnerungsarbeit?
    Zur biblischen Zoologie: Wie ist das mit den Schafen und Wölfen und Schlangen und Tauben?
    Der neutestamentliche Begriff der Sünde der Welt bezeichnet das Konzentrat der Ursprungsgeschichte der Welt in Idolatrie, Sternendienst und Opferwesen. Auch das Menschenopfer steckt in den Fundamenten unseres Weltbegriffs. Daran erinnert der Kreuzestod (Problem der Ursprungsgeschichte der subjektiven Form der äußeren Anschauung: welches ungeheuerliche Problem hat Kant in diesem Begriff stillgestellt?).
    Einige Bemerkungen zum Problem einer christlichen Theologie nach Auschwitz.
    Der moderne Naturbegriff ist eine logische Konsequenz aus dem Weltbegriff.
    Begriff und Institution der Diktatur hängt mit der Funktion des Prädikats im Urteil und mit der der Predigt im Christentum zusammen.
    Bekenntnis und Dogma stammen aus der Sphäre des Rechts, oder sind Reflexionsbegriffe von Rechtsbegriffen.
    Es gibt eingreifende Bedenken gegen die Vorstellung der Möglichkeit, das Recht mit den Mitteln des Rechts zu humanisieren. Vgl. den Zerfallsprozeß des Rechts im Gefolge der beiden Weltkriege, die Systemwidrigkeiten, die nicht mehr zu übersehen sind (fehlender Friedensvertrag, Anwendung des Strafrechts auf zwischenstaatliche Delikte, Verdrängung des Gemeinheitsproblems, Fortleben des „gesunden Rechtsempfindens“, d.h. des Rachemotivs im Rechtsstaat, Frage der Gewalt: Gewaltmonopol und Kampf gegen die Privatisierung der Gewalt; kann es sein, daß die Kritik an Carl Schmitt ihr Ziel erst erreicht, wenn sie das Recht selber trifft, dessen ungeheuerliche Systemlogik Carl Schmitt nur ausgesprochen hat – vgl. Walter Benjamins „Kritik der Gewalt“ und die Bemerkungen von Jaques Derrida dazu).

  • 02.04.92

    Der Personbegriff ist eine Emanation der Scham, mit der die Menschen nach dem Sündenfall auf die neue Fähigkeit reagiert haben, sich selbst von außen zu sehen (als „persönlich“ wird alles empfunden, was an die Scham rührt). Als Personen befinden sie sich endgültig hinter ihrem eigenen Rücken (Zusammenhang mit dem Ursprung der Sexualmoral). Oder anders: Die Person ist der Statthalter der Welt (und die Scham Index der Schuld der Welt) im eigenen Innern. So klärt sich auch der historische Zusammenhang der Person mit der Maske (deren Vorläufer und Modell waren die Opfer), sowie der genetische Zusammenhang des Personbegriffs mit dem Ursprung der Trinitätslehre und des Dogmas und mit dem Ödipuskomplex (mehr noch als der angebliche „Sexualismus“ Freuds war die instinktive Erfahrung, daß das Konzept vom Ödipuskomplex an die Wurzeln des kirchlich-christlichen Selbstverständnis rührte, Grund der kollektiven Entrüstung, die die Psychoanalyse ausgelöst hat).
    Mit der Vorstellung des unendlichen Raumes wird die Immanenz als Schuldzusammenhang irreversibel und unentrinnbar. Es bleibt nur der Wille zur Macht, der bewußtlos schon den Ursprung und die Struktur des Dogmas beherrschte.
    Drei Bedeutungen des Prinzips der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit:
    – selbstreferentielle Beziehung zum Inertialsystem,
    – exzentrischer Status des Inertialsystems (äußerliche Beziehung zum Objekt),
    – Neubestimmung des Status der naturwissenschaftlichen Erkenntnis und ihrer Beziehung zum Objekt.
    Die Kopenhagener Schule ist der lebendige Beweis für die Gültigkeit des Satzes vom Balken und vom Splitter (Inertialsystem als Balken im eigenen Auge).
    Industrialisierung der Splitterproduktion: Inertialsystem, Geld und Bekenntnis als Balken. Aufzulösen nur durch die siebenfache Umkehr?
    Eine Volkskirche ist nur als Bekenntniskirche vorstellbar und ist insoweit zwar real, aber eine contradictio in adjecto. Es gehört zu den Symptomen der Hilflosigkeit der Kirchen gegen den Nationalsozialismus, daß ausgerechnet eine „Bekennende Kirche“ zum Symbol des Widerstands gegen den Faschismus geworden ist.
    Der Fall Drewermann ist nur ein Symptom dafür, welch entsetzliche Verwirrung im Prozeß des Zerfalls der autoritären Strukturen in der katholischen Kirche um sich greift:
    – als Unfähigkeit der Theologen, das reale Wahrheitsmoment in der kirchlichen Tradition noch wahrzunehmen, und
    – als Unfähigkeit der Kirche, mit solchen Konflikten umzugehen.
    Die Grundversuchung ist heute die Versuchung zur Komplizenschaft; sie hat ihren Ursprung im pseudotheologischen Kontext von Rechtfertigung und Bekenntnis.
    Empörung als Unterhaltung: „Kritische Sendungen“ sind affirmativ, weil sie nur der Empörung ein Ventil (und dem Zuschauer das gute Gefühl, sich selbst durch Empörung seine Moral und seine Unschuld zu beweisen) verschaffen, aber nichts ändern. Das Ganze erinnert mich an Habermas, der sich (gegen Benjamin, Horkheimer und Adorno) durch sein Bekenntnis zur Unabänderlichkeit der Natur das Alibi des Kontemplativen verschafft hat, nicht mehr im Ernst an eine Änderung der Dinge denken zu müssen. Heute ist die Empörung zur Grundlage der Zustimmung geworden. Empörung ist der Genuß des Zuschauers an der Folter (er entspricht dem Genuß des Voyeurs an der Pornographie und dem Beifall im Konzert). Nicht gegen das Unrecht, sondern gegen die Ohnmacht, in die einen der Anblick des Unrechts versetzt, gilt es anzugehen. Aber ist dieser Kampf gegen die Ohnmacht am Ende doch nur noch mit Hilfe der Theologie (mit der Hilfe dessen, was Benjamin die „göttliche Gewalt“ genannt hat), möglich? Jede andere Gewalt – insbesondere die der „Medien“, die an die Bedingungen der Öffentlichkeit (des Andersseins) gebunden bleibt – bleibt in das Unheil verstrickt und reproduziert es. „Allein den Betern kann es noch gelingen …“: aber anders als es das fromme Gemüt sich vorstellen kann. Erst wenn das Gebet zur Gewalt wird … Oder: Wie ist es möglich, die Politik Gottesfurcht zu lehren? Und: Ist die Abschaffung der Folter erst nach (oder zusammen mit) der Änderung auch der Natur möglich? (Sieg Hitlers in der Fernseh-Demokratie? Erst die Ästhetisierung der Wirklichkeit durchs Fernsehen verwischt jene Differenz, die Grenzen in Politik und Recht allein möglich macht: Bedingung des Friedensvertrags, Neugründung des Rechts.)

  • 18.02.92

    Die Kirchenväter haben aufgrund der Rezeption des Weltbegriffs und in der Konsequenz des philosophischen Erkenntniskonzepts die Schuld von der Urteilslust (dem Grund des Weltbegriffs) auf die Sexuallust verschieben müssen, mit den bekannten dogmatischen Folgen für die Theologie. Diese Theologie war nicht nur Teil, sondern Avantgarde und „Erfüllung“ der philosophischen Aufklärung; hiernach war das jüdisch-christliche Urschisma (und die anschließende Folge der Häresien) zwangsläufig; und die biblische Tradition wurde nur noch soweit mit einbezogen, wie sie das philosophische Konzept stützte (und das war nicht mehr ohne Mißverständnisse und Fehlinterpretationen möglich).
    Müßte es bei Reinhold Schneider nicht anstelle „das Schwert ob unsern Häupten“ heißen „das Schwert in unsern Händen“? Bedienen wir nicht selber das „Schwert ob unsern Häupten“?
    Was ist der Unterschied zwischen Antlitz, Angesicht und Gesicht? Ist
    – das Antlitz: das expressive Gesicht (der erscheinende Eindruck, den die Welt im Gesicht hinterläßt, Ausdruck der Welterfahrung und Gegenstand der Physiognomie: das leidende Gesicht des Opfers: vgl. das „Antlitz“ der Erde),
    – das Angesicht: das sprechende Gesicht im Dialog mit anderen und
    – das Gesicht: die Verkörperung des aktiven und passiven Sehens?
    Vgl. Rosenzweigs Konstruktion des Angesichts Gottes im „Stern der Erlösung“ und Bubers Übersetzung des Schöpfungsberichts („Braus Gottes brütend über Urwirbels Antlitz“).
    Ist nicht die Ontologie eine moderne (mit dem „christologischen“ Naturbegriff gemeinsam entsprungene und diesen Naturbegriff stützende) philosophische Disziplin, zu deren Voraussetzungen die Entstehung der Hilfszeitverben und der Personalpronomina (und die Großschreibung der Substantive, die das Objekt mit Bedeutung auflädt, um die des Subjekts zu steigern) gehört? – Beachte die Doppelbedeutung von Bedeutung (die wie der Begriff des Sinns sowohl den Inhalt eines Prädikats als auch den Rang, den ein Prädikat einem Subjekt verleiht, bezeichnet: das Prädikat verleiht dem Subjekt „Sinn“, den es als namenloses Objekt von sich aus nicht gehabt hätte). Diese Doppelbedeutung (z.B. des Heideggerschen „Sinn des Seins“) ist der gebrochene Widerschein des Namens in der namenlosen Sphäre des Begriffs.
    Gehören die griechische und die lateinische Sprache (als ontologische Sprachen) in den Kontext des Ursprungs des Weltbegriffs, und sind die modernen europäischen Sprachen nicht schon „nach-weltliche“ Sprachen (von der Instrumentalisierung ergriffen und verfremdet, deshalb grammatisch durchorganisiert)?
    Dadurch daß Heidegger den Geburtsfehler der Philosophie zu ihrem einzigen Inhalt gemacht hat, hat er ihn auch kenntlich gemacht.
    Die Geschichte vom Hasen und vom Swinegel mit dem „Ick bün all do“ beschreibt das Grundparadigma der Hegelschen Logik. Wie der Swinegel un sin Fru sind bei Hegel das Eine und das Andere ununterscheidbar.
    Die griechische Zivilisation war zweifellos keine Menschenrechts-Zivilisation, sondern eine Zivilisation, deren Daseinsgrund die Durchsetzung der Rechte einer Herrenschicht (der Rechte der Privateigentümer) war.
    Begriffliches Denken bewegt (und verstrickt) sich in jenem Schuldverschubsystem, das möglicherweise in der Geschichte vom gordischen Knoten sich versteckt (Alexander hat den Knoten bloß durchschlagen, nicht gelöst).
    Hat der gordische Knoten, den Alexander durchschlagen, nicht gelöst hat, etwas mit dem Rätsel der Sphinx (und seiner „Auflösung“ durch Sokrates, dem Urbild der Hegelschen „List der Vernunft“) zu tun, und in welcher Beziehung steht er zur Binde-und Lösegewalt der Kirche?
    Toledot: Steht zwischen Vater und Sohn die Erschaffung der Welt? Und ist der Himmel die Erneuerung des Antlitzes der Erde?
    Das Gebot, Vater und Mutter zu ehren, hängt mit der „Übernahme der Sünde der Welt “ zusammen („auf daß du lange lebest auf Erden“).
    Das Christentum verstößt seit den Anfängen seiner gesellschaftlichen Ausbreitung gegen das Gebot, Vater und Mutter zu ehren: Grund ist die Patriarchalisierung und Vergeistigung der Trinitätslehre und die (damit zusammenhängende) Verteufelung der Vergangenheit und Tabuisierung der Erinnerung.
    Wer waren die beiden „Schächer“ (Lk 2339ff – „den einen rechts, den anderen links“ 2333)? Und was bedeutet der Ausdruck „Schächer“?
    Rousseau und die Sehnsucht nach einer stummen und menschenfreien Natur: Ziel der Ökologie-Bewegung? Er sucht die Unschuld vor dem Sündenfall, nicht die Versöhnung, möchte die Last der Sprache abwerfen.
    Gibt es im Gesetz das Hammurabi vergleichbare Gebote zu denen des Dekalogs (Du sollst Vater und Mutter ehren, Du sollst kein falsches Zeugnis geben …)? Die Regelung, daß ein Rechtsstreit gerichtlich nur möglich ist, wenn der Streitgrund durch Zeugen oder Vertrag nachprüfbar ist (vgl. Universalgeschichte der Schrift, S. 233), ist das Gegenteil der Gebote des Dekalogs: Hier werden erstmals die im Rahmen des Rechts unvermeidbaren Lücken für die Gemeinheit definiert, wird das Recht als Mittel der Berechenbarkeit des vom Tauschprinzip bestimmten Handelns begründet.
    Thales: Alles ist voller Götter; und Epikur siedelt die Götter in den Zwischenräumen der Welt an.
    Im Urteil entspringen die Begriffe auf der Seite des Prädikats; sie sind – wie das Prädikat, das Verb im Satz – zeitlich bestimmt; sie drücken das Verhältnis der Dinge zur Zeit, die Macht der Zeit über die Dinge aus. Damit hängt die Bedeutung des Raumes für die Begriffsbildung zusammen (Inbegriff des Begriffs und der Trennung von Prädikat und Subjekt, Begriff und Objekt; deshalb muß der Raum selber unbegrifflich: reine Form der Anschauung sein).
    Eine Botschaft erwartet eine Antwort, während man von einer Nachricht nur betroffen ist (Bedeutung der Medien; Sensation und Betroffenheit; Exkulpation des Zuschauers durch Skandalenthüllung).
    Ist nicht das Problem, das Adorno mit seinem „ersten Gebot der Sexualmoral“ angesprochen hat, ein gemeinsames Problem der drei großen Offenbarungsreligionen (der Funktion des unaufgeklärten Weltbegriffs in ihnen)?
    Die Verdinglichung unter der Herrschaft des Weltbegriffs fixiert die Menschen an das mit der Sexualmoral bezeichnete Objekt, und die Lösung von den „Schuldgefühlen“ löst das Problem nicht. Adornos „erstes Gebot der Sexualmoral“ ist nur ein anderer Ausdruck für das (es ist ein Teilaspekt dessen), was im Evangelium die „Übernahme der Sünde der Welt“ heißt.
    Das Inertialsystem ist nicht nur ein Apriori der Physik, sondern zugleich eines des Historismus und der (Bekenntnis-)Theologie; seine Kehrseite sind der Nationalismus und das Sexualtabu. Die Benjaminsche Kritik der Vorstellung einer homogenen Zeit schließt die Kritik des Inertialsystems mit ein.
    Die Aufdeckung der Scham: geschieht das nicht real in der „sumerischen“ Schrift?
    Das Gewissen ist das Organ des Ursprungs der Sprache.
    Wenn der Spiegelbericht stimmt, dann scheint die Konfliktunfähigkeit vom Drewermann ein Reflex und Korrelat der Konfliktunfähigkeit der Kirche zu sein; sie gehorcht dem gleichen Prinzip der Verdinglichung.
    Wenn man den johanneischen Namen des Logos ins Hebräische zurückübersetzte, wie würde er dann heißen, und was würde er bezeichnen? Enthält der Name des Logos nicht den Anspruch, daß hier die Schrift-Tradition in reale Sprache zurückübersetzt wird und darin sich erfüllt?
    Das heideggersche „In-der-Welt-Sein“ und die objektlose Angst sind der genaueste Ausdruck des „Schreckens um und um“.
    Zur Idee des Islam: Die Ergebenheit kann sich nur auf das ungerechte Schicksal, das ich selbst erleide, beziehen, nicht auf das ungerechte Leiden, das anderen zugefügt wird.
    Die lösende Kraft des Weinens und die Erschütterung Jesu vor der Auferweckung des Lazarus (Joh 1133ff – Ursprung und Idee des Logos).
    Steinigung und Verbrennung (in der postchristlichen Moderne: Hängen, Enthauptung, Guillotine, elektrischer Stuhl, Gift): welche Todesart verhängt der Islam?
    Alle drei Offenbarungsreligionen lehrten einmal das Zinsverbot. Durch die kapitalistische Wirtschaftsweise ist dieses Verbot von der Realität selber unterlaufen worden; es ist nicht mehr anwendungsfähig, aber damit zum Urteil über diese Welt geworden.
    Es ist die Orthogonalität, die den Raum zu einem gerichteten, und damit zu einem richtenden System macht. Und wenn heute Politiker von „unserem Rechtsstaat“ sprechen, dann meinen sie ein vergleichbares System. Der Staat ist in der Tat zu einem nützlichen Instrument in den Händen derer, die von ihm Gebrauch machen, geworden. Gegen die, die bloßes Objekt des Systems sind, richtet er seine richtende, zerstörerische Gewalt, sowohl nach innen wie nach außen. Neutral ist Technik nur für den Herrn, niemals für die Beherrschten (außer durch Identifikation mit dem Aggressor: durch Idolatrie oder Chauvinismus).
    Die „Persönlichkeit“ ist es nur in den Augen der Welt, und die Person ist das sich selbst entfremdete Antlitz, das Gesicht, von außen gesehen. Im Personalausweis beansprucht der Staat die Herrschaft über unser Gesicht. Zerstörung des Angesichts durch die Person, Ursprung der Hörigkeit?
    Im Lichte der Kritik der reinen Vernunft wird man sagen dürfen, daß das Dogma die Theologie als Erscheinung präsentiert, aber nichts über die Dinge an sich sagt.
    Hat die Barmherzigkeit der Kirche heute nicht Ähnlichkeit mit der der Ärzte, die einem Kranken einreden, er sei nicht krank.
    Es gibt einen Zugang zur Theologie, wenn man sie aus dem Gefängnis des Bekenntnisses befreit und in das Licht ihrer praktischen Konsequenzen rückt.
    Wer einen anderen anschwärzt, wäscht sich damit nicht selbst rein.
    Dur sollst kein falsches Zeugnis geben wider deinen Nächsten. Übersetzt heißt das: Du sollst über sie hinter ihrem Rücken nicht anderes reden als in ihrem Angesicht; genauer: du sollst, wenn du über einen Abwesenden redest, seinen Redepart mit übernehmen. So ist im achten Gebot eigentlich schon die Umkehr mit einbegriffen.
    Wie kann ER sein Angesicht leuchten lassen über uns, wenn wir nicht umkehren.
    Die Habermassche Vorstellung, daß „hinter den Erscheinungen“ das „An sich“ nicht zu finden ist, ist wahr, bedarf aber der Ergänzung: Wir können die Dinge wenden wie wir wollen, wir bleiben immer hinter ihrem Rücken, wir bleiben immer im „Reich der Erscheinungen“, der Weg heraus ist allein der labyrinthische der Umkehr.
    Ist das Herniederfahren Gottes in Babylon der Ursprung der Idolatrie? Und ist das Telos dieses Herniederfahrens nicht der Minotaurus und der Rückweg der labyrinthische?
    Für wen sind die Israeliten Hebräer? Zunächst für den Pharao und für die Philister, aber auch für Assur und Babylon? Worauf bezieht sich beim Ezechiel das Wort von der Hurerei und den Leichen der Könige? Sind das die Philister (die Liebhaber der Astarte), und sind es die Pharaonen?
    Die Rechtfertigungstheologie verhindert die Gottesfurcht.
    Die Kirche verstrickt sich immer mehr in ihren Fundamentalismuszwängen: Vgl. dazu die Schibboleth-Geschichte im Buch der Richter (Ri 126).

  • 12.02.92

    Kann es sein, daß der Materiebegriff der Physik (träge und schwere Masse) aufgrund der Systemkonstruktion mit dem Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit konvergiert, daß beide – nur unter divergierendem Aspekt – die gleiche Sache bezeichnen? Genauer: daß sie die Grenze des Systems zum „Objekt“, das selber projektive Züge trägt, bezeichnen? Dingbegriff Folge einer selbstreferentiellen Spiegelung am Inertialsystem: wie hängt der Begriff des Dings mit dem der Sache zusammen – lateinisch = res; Trennung erst im Deutschen, mit der zusätzlichen Konstituierung des „Sachverhalts“, der „Tatsache“? Dingbegriff und Sexualmoral.
    Das Christentum verrät den Logos und wird selbst böse und gemein, wenn es die Übernahme der Sünde der Welt durch Exkulpierungsmechanismen (durch Unterwerfung unter Verweltlichungszwänge, durch Verschiebung des moralischen Schuldprinzips von der empörungsbereiten Urteilslust auf die Sexuallust: Grund der Personalisierung und der Verdinglichung, Ursprung der Naturwissenschaften) ersetzt.
    Physik und Vergewaltigung.
    Der Begriff des Allgemeinen ist ebenso wörtlich zu nehmen wie der des Universalen: Die Gemeinheit des All gründet in der Herrschaft des Identitätsprinzips, der Einheit, dem logischen Kern des Universums. Schon das Verhältnis der Totalitätsbegriffe Welt und Natur, die nicht auf einen Nenner zu bringen sind, widerspricht dem Prinzip der Universalität, untergräbt seine theoretische Kompetenz.
    Nicht die neutralisierte räumliche Beziehung von Innen und Außen, sondern die fundamental-ethische Beziehung von „Im Angesicht“ und „Hinter dem Rücken“ ist das theologische Grund-Paradigma. Die Ebenbildlichkeit Gottes ist an das menschliche Antlitz, nicht an den Personbegriff oder an den der Seele gebunden. Das menschliche Antlitz (in der Präsenz des Feindes und des Opfers) ist der Platzhalter und Widerschein einer Wahrheit, die nicht an der Angemessenheit des Begriffs an die Sache und am kommunikationstheoretischen Konsens sich mißt, sondern an der Idee der Errettung und Versöhnung, das messianische Objekt im Reich der Erscheinungen.
    Das Relativitätsprinzip (das Einstein nicht entdeckt, sondern seines quasi-absoluten Charakters entkleidet hat) ist das Paradigma des mathematisch-naturwissenschaftlichen Abstraktionsgesetzes. Mit dem Relativitätsprinzip konstituiert sich nicht nur das „Inertialsystem“, sondern mit ihm das gesamte Reich der naturwissenschaftlichen „Erscheinungen“. Grund sind jene mathematischen Eigenschaften des Raumes, seine Homogenität und Isotropie, die ihm die Eigenschaft der Selbstreferenz verleihen, ihn zu einem reinen Bilde seiner selbst machen. Die Bewegung des Raumes in sich selbst, die seine Struktur, seine Qualität, nicht ändert (nicht affiziert), ist, als reale, zeitliche Bewegung gefaßt, das Äquivalent einer materiellen Bewegung im Raum.
    Die „kantische Konstruktion eines Ding an sich“ (Habermas, TuK, S. 18) resultiert nicht aus einer Spiegelung, die „hinter den Erscheinungen“ noch etwas zu suchen hätte, sondern verweist darauf, daß die Erscheinungen selber die Dinge hinter ihrem Rücken betrachtet präsentiert. Trotzdem ist das platonische Höhlengleichnis falsch: das An sich ist im Antlitz präsent. Und das Suchen „hinter den Erscheinungen“ ist Opfer des Vorrangs des „Außen“ vor dem „Innen“: zieht das „hinter den Erscheinungen“ in das Graviationsfeld der Erscheinungen mit herein (Bedeutung des Prinzips der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit: exzentrischer Charakter des Inertialsystems, Kritik der Kopenhagener Schule).
    In der inversen Beziehung von Barbaren und Hebräern drückt sich eine Beziehung zur Schrift aus: die Barbaren sind von der Schrift (und vom Subjektsein) ausgeschlossen (sie stammeln, können nicht artikuliert reden), die hebräische Schrift schließt das Subjekt von sich aus (sie ermangelt der Artikulation und erzwingt die theophoren Namen in Israel: jeder hebräische Satz ist – ohne jeden Artikel – „Spruch des Herrn“). Die Israeliten leben im Angesicht der Sprache, nutzen sie nicht instrumental. Der Gebrauch und das Fehlen der Vokale sowie die gegensätzlichen Schreibrichtungen verweisen auf die sinnliche Grundlage dieser Differenz. Das Christentum ist in der anbivalenten Situation, sowohl Israel als auch die Griechen zu beerben, ohne bis heute begriffen zu haben, daß das nur über die simultane Errettung des hebräischen und des barbarischen Elements möglich ist. Aber das Dogma wollte dem mosaischen Stammeln sich entziehen; der Preis: die Instrumentalisierung der Wahrheit, ist jedoch zu hoch.
    Jede Schrift ist eine fremde, gleichsam eine hebräische Schrift; deshalb verlernen heute die Menschen die Sprache. Die grammatische Logik der Schrift ist von der der Sprache zu unterscheiden: das „Sein“, die Zeitformen des Futur I und II, die Hypostasierung der Substantive, der Akkusativ bezeichnen sprachlogische Strukturen, die mit der Logik der Schrift konvergieren, sie vorbereiten, zum Ursprung der Schrift dazugehören. Die Vorstufe dieser Schrift ist der Mythos, ihre sich entfaltende Logik die Bekenntnislogik (oder die Urteilslogik, und deren Grund das Verhältnis der reinen Äußerlichkeit). Dagegen enthält die hebräische Schrift die verbleibende Fremdheit, das Anderssein, als ein konstitutives, ihre Ausdruckskraft und ihren Wahrheitsbezug determinierendes Element in sich. Die hebräische Schrift sträubt sich gegen die Formen der sprachlichen Vergesellschaftung, die der griechischen Schrift – und den folgenden europäischen Schriften, die das Ergebnis der griechischen Revolution sich aneignen, deren Opfer aber verdrängen – wesentlich sind.
    Sind die Satzzeichen Punkt, Komma, Semikolon, Doppelpunkt, Ausrufe- und Fragezeichen so bedeutungsneutral und willkürlich, wie es uns heute scheint? Steckt darin nicht der geometrische Punkt (als dimensiosloses Zentrum des Raumes), der bewegte Punkt, die Verknüpfungen beider (das Doppelkomma als Anführungszeichen), die (durch Orthogonalität definierte, „gerichtete“) imperative Gerade (der erhobene Zeigefinger), im Fragezeichen die Schlange?
    Wie wirkt sich das Schriftprinzip auf Struktur und Verbindlichkeit der Grammatik (und damit der Logik) aus? Ist eine differenzierte Grammatik (Bestimmung des Verhältnisses zur Zeit: Konjugation; der Objekt- und Herrschaftsbestimmungen: Deklination, Gebrauch von Artikeln, Präpositionen u.ä.) nicht doch nur in einer phonographischen (alphabetischen) Schrift möglich, die das auch ausdrücken kann? Ist nicht die (mathematisierte) formale Logik ein Rückfall hinter die Alphabetisierung? Und basiert die Alphabetisierung nicht auf einer (im Verhältnis zur Astronomie) bestimmbaren Beziehung zur Mathematik? Hängt der Ursprung der Schrift mit der Ausbildung der Ausbildung der Geometrie der Ebene zusammen (Entdeckung der Winkelfunktionen und Erfindung des Begriffs durch die Griechen, Satz des Thales, des Pythagoras, Euklid)? Wer hat die flächenhafte Grundlage des Schreibens (die Tafeln des Moses) entdeckt; Beziehung dieser „Fläche“ zum Antlitz (Maske), zum Begriff des hypokeimenon (des Grundes), zur Substanz und zur Person? Sind die Masken Vorstufen der Schrift (bis hin zur Maske in der Tragödie)? Und ist die Person das durch die Schrift vermittelte Produkt der Abstraktion vom Angesicht (der Verinnerlichung des Opfers)? Beziehung dieser Abstraktion zur Kosmologie? Entfaltet sich das „von Angesicht zu Angesicht“ im Lesen?

  • 10.02.92

    Der Habermassche Begriff des „kommunikativen Handelns“ kommt erst zu seiner Wahrheit, wenn er die sprachliche Struktur z.B. der Gewalt, des Lachens, des Raumes, des Geldes, der Mathematik und zusammen damit die Beziehung von Schuld und Sprache (den Kern des dialogischen Verhältnisses, das nach Levinas ein unaufhebbar asymmetrisches ist) mit reflektiert. Nicht der Konsens, sondern die Versöhnung ist das zentrale Sinnesimplikat der Wahrheit. Der Hinweis auf die argumentative Struktur des kommunikativen Handelns vergißt, auf welche Probleme die Beweislogik führt, wie tief die argumentative Struktur der Sprache durch ein paranoides Element vergiftet ist (vgl. hierzu die kantische Antinomie der reinen Vernunft, Hegels „Reflexionsbegriffe“, auch die List der Vernunft). Wenn Habermas den Frankfurtern „negativistische Verfallstheorien“ (sic: der Plural steht so bei Habermas, T.u.K., S. 145) nachsagt, wenn er, was bei Horkheimer und Adorno – und darin ist ihr Denken in der Tat eines – als philosophische Erkenntnis auf die Struktur der Welt sich bezieht, zu ihrer subjektiven Meinung, zu einer Art Bekenntnis, macht, dann hat er den Kern z.B. der Dialektik der Aufklärung nicht begriffen oder inzwischen vergessen.
    Zur Asymmetrie des dialogischen Prinzips: Genau das ist der parvus error in principio (qui magnus est in fine): die Symmetrisierung, die „der subjektiven Form der äußeren Anschauung“, dem Erkenntnis-Apriori des Raumes und dem dadurch determinierten Begriff des philosophischen Subjekts, der auch den Begriff und das Verständnis der Sprache verhext, sich verdankt, die gleiche Symmetrisierung, die dann bei Hegel in dem Satz „Das Eine ist das Andere des Anderen“ zum Grund der „sprachlichen Intersubjektivität“ wird, zugleich aber den Wahrheits- und Erkenntnisbegriff zur Unkenntlichkeit entstellt, zum Einfallstor des Mythos in die Philosophie geworden ist (bis hin zur Hellenisierung des Christentums, zur Wiederkehr der mythischen Gewalt in der Orthodoxie und im Dogma).
    Woran die habermassche Philosophie ebenso krankt wie die an ihn sich anschließenden Theologien, ist die Unfähigkeit, die Kritik der Naturwissenschaft und der Theologie, die nur zusammen geleistet werden können, mit in ihren Begriff aufzunehmen.
    Der Begriff „negativistische Verfallstheorien“ (Habermas) gehört, wie mir scheint, in den Zusammenhang des Begriffs „Nestbeschmutzung“. Nicht die Welt ist schlimm, sondern der, der sie als schlimm denunziert. Es gibt auch einen Welt-Nationalismus. Damit scheint auch die bloß doch emotionale Reaktion der Habermas-Gruppe auf die Postmoderne zusammenzuhängen (wobei H. die Wadenbeißerei seinen Schülern überläßt). Habermas scheint den Blick in den Abgrund nicht zu ertragen, der in Derridas Grammatologie, im Levinasschen Begriff der Asymmetrie, in Lyotards Analyse des Auschwitz-Syndroms und der Beweislogik sich eröffnet. Im Anblick dieses Abgrunds wäre die Kommunkationstheorie nicht mehr zu halten. Deshalb leugnet H. die Realität diese Abgrunds und denunziert den Blick als verantwortungslos, wenn nicht paranoid. Aber mit diesem taktischen und strategischen Gebrauch dessen, was Hegel die List der Vernunft genannt hat entzieht er der argumentativen sprachlichen Intersubjektivität die Grundlage.
    Abgedeckt wird die Habermassche Kommunikationstheorie durch das Ausblenden der Natur und durch Adaptation jenes Weltbegriffs, dessen prädikativer Ursprung in der Tat der Grund der Kommunikationstheorie ist.
    Am Begriff des Logozentrismus, den Habermas durch Hinweis auf seinen faschistischen Gebrauch abwehrt, läßt sich der Komplex aufs schönste nachweisen. Unter Logozentrismus verstehen alle die Fähigkeit, die Wahrheit durch prädikative Urteile auszudrücken. Und dieser Logozentrismus wird dann in den Logosbegriff der Theologie hineinprojiziert, in dem er in der Tat seit Beginn des Dogmatisierungsprozesses enthalten ist. Was hier geschehen ist (und bis heute nachwirkt), ließe sich am Bekenntnisbegriff aufs schönste demonstrieren. Der biblische Logosbegriff selber aber steht in einem ganz anderen Kontext, der vergessen ist und heute insbesondere unter dem Rätselbild der Natur zu reflektieren wäre. Die christologische Struktur des Naturbegriffs (die der Vergöttlichung des Opfers) gibt darauf einen sehr deutlichen Hinweis. Der Logosname im Johannes-Evangelium steht in eindeutiger Beziehung zur „Übernahme der Sünde der Welt“, und d.h. er steht im Kontext nicht des Begriffs, sondern der Namenlehre (der jüdischen Traditon, nicht der griechischen).
    Es ist eigentlich doch erstaunlich, daß die Dialektik der Aufklärung bis heute nicht zum Anlaß genommen wurde, die Beziehung von Mythos und Philosophie in der Geschichte ihres griechischen Ursprungs einmal konkret aufzuzeigen und nachzuweisen. Die Entwicklung des Mythos in der griechischen Geschichte hat der Entstehung der Philosophie vorgearbeitet (durch die Entfaltung der Schicksalsidee), und der griechische Begriff des Mythos ist singulär und kein allgemeiner Obegriff für andere Mythologien, z.B. die altorientalischen, die einer anderen Konstellation, einem anderen Kontext angehören. Hier handelt es sich sogar umgekehrt um eine inverse Geschichte zur griechischen, die dann in der jüdischen Prophetie ihren Umkehrpunkt findet (in der Kritik der Idolatrie, des Sternendienstes und der Opferreligion, im „stammelnden“ Konzept der jüdischen Tradition).
    Das „Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ hat die Kirche zum Objekt, die die Nachfolge der Richter Jesu angetreten hat.
    Die Verdrängung der Probleme der Beweislogik hängt damit zusammen, daß man die Probleme der (überlebensnotwendigen) Gemeinheitslogik nicht sehen will (oder, weil man sich selbst im Wege steht, nicht sehen kann). Der Ursprung dieses Problems scheint im Konzept der Habermasschen Habilitationsarbeit (Strukturwandel der Öffentlichkeit) zurückzureichen. Deren Thema wäre Anlaß gewesen, den Zusammenhang des Öffentlichkeitsbegriffs mit dem Syndrom der Gemeinheitslogik aufzuzeigen (Problem der Medien, der Wissenschaft, der Politik): Funktion der Dialektik des Sein für Andere(s); Begriff, Funktion und Geschichte der Scham (des Nichtöffentlichen, des Intimen, Privaten; reale und metaphorische Funktion der Sexualität und der Sexualmoral; Schamgrenze gegenüber der Theologie; Bedeutung des Antlitzes: von Angesicht zu Angesicht), Geschichte und Bedeutung des Objektivationsprozesses.
    Der Raum ist auch über die mathematische Anwendung hinaus die subjektive Form der äußeren Anschauung: Begriff der Weltanschauung. Die objektivierende, verdinglichende und instrumentalisierende Logik ist von diesem Konzept der nicht mehr hinterfragbaren subjektiven Form der äußeren Anschauung nicht zu lösen. Und darin liegt ihre selbstreferentielle Begründung: in diesem pragmatischen, herrschaftsbegründenden Aspekt. Das hat sich vergegenständlicht und verselbständigt im Weltbegriff. Die Vorformen des Weltbegriffs, die Geschichte seines Ursprungs, sind in der Prophetie benannt als Idolatrie, Sternendienst und Opferreligion. Das prophetische „Nicht Opfer, sondern Barmherzigkeit“ trifft die christliche Opfertheologie (das christliche Dogma) im Kern; es gilt auch im Hinblick auf die zivilisationsbegründende Verinnerlichung des Opfers (Reflex der Vergegenständlichung der Natur).
    Das Konzept der Säkularisation aller theologischen Gehalte führt nicht (wie das naturwissenschaftliche Erkenntniskonzept) zu haltbaren Resultaten, die man „schwarz auf weiß besitzen und getrost nach Hause tragen kann“, sondern ist ständig neu zu leisten. Das ist das entscheidende Argument gegen das christliche Orthodoxie- und Dogmenverständnis.

  • 06.02.92

    Sind nicht die „Richter“ das Gegenstück zu den griechischen Heroen, damit aber zwangsläufig in jüdischem Kontext Gegenstand der Ironie? Oder ist die Ironie nicht die zwangsläufige Folge der Hypostasierung des „Richtens“, der „linken Seite“: deshalb schließt die Berufung der Richter sowohl das Richten im Sinne des Schlichtens von Streit als auch die „Befreiungstaten“, das Kriegführen gegen die umliegenden Herrschaftsmächte, mit ein.
    Gegen Habermas: Hinweis auf den Ursprung und den Kontext der Gemeinheit (Zusammenhang mit dem Weltbegriff); Konsens ist nicht Versöhnung; Verzicht auf Schuldreflexion macht die Natur unerkennbar. Gibt es überhaupt eine „Diskursethik“?
    Ist das „Und Gott sprach: Es werde Licht. Und es ward Licht“ die Erschaffung der reinen Gegenwart, die vom Raum als der Form der Gleichzeitigkeit zu unterscheiden ist, während die Finsternis die ungeschiedene Zeit als Einheit von Vergangenheit und Zukunft sich darstellt, die so auf den Raum sich bezieht? Das Licht verweist auf das Angesicht, die Finsternis auf das „Hinter dem Rücken“. Dann wäre die Sonne auf andere Weise an die Gegenwart (und an die Zeit) gebunden als der Mond, der die erste zeitliche Einheit (nach dem Tag, der kein Zeitmaß ist, sondern die vergängliche, aber wiederkehrende Gestalt der Gegenwart: Es gibt den Tag des Herrn, und Gott hat die Welt an sechs Tagen geschaffen, während er am siebten Tage ruhte) bezeichnet: den Monat. Das Jahr hingegen ist die vergängliche und wiederkehrende Gestalt der Zeiten, des Naturkreislaufs (oder des Weltenumlaufs). Aber bei Gott sind tausend Jahre wie ein Tag: Seine Gegenwart hat ein anderes Maß als die des Menschen. Deshalb kann niemand Gott von Angesicht zu Angesicht schauen (aber welche Bedeutung hat es dann, wenn Moses die Herrlichkeit Gottes von hinten schauen durfte?). Rosenzweigs Konstruktion des göttlichen Antlitzes im „Stern“ hat hier seinen rationalen Grund.

  • 02.01.92

    Zu Derridas Kritik des Logozentrismus: nochmal die Christina von Braun lesen.
    Die Hypostasierung der Natur ist der Versuch, einen anti-christologischen Schöpfungsbegriff zu etablieren; die Idee eines stummen Schöpfers, eines Schöpfers, der ohne die Sprache erschafft (ebenso wie die Welt die Idee eines stummen Gerichts vor Augen stellt: eines ohne die Möglichkeit einer Einrede gefällten und sogleich vollstreckten Urteils. Der Säkularisationsprozeß ist ein Prozeß ohne Verteidigung, ein Prozeß, in dem der Verteidiger nur stört, Sand im Getriebe ist.
    Keine Philosophie wurde schneller vergessen als die Adornos: nämlich von seinen eigenen Schülern.
    Ist ein Raum vorstellbar (konstruierbar), in dem nur zwei Dimensionen umkehrbar sind. die dritte hingegen unumkehrbar.
    Büchners Lenz hatte bei der Wanderung durch die Vogesen den Wunsch, auf dem Kopf zu gehen; umgekehrt wollte Marx den Hegel vom Kopf auf die Füße stellen. Und war das nicht die entscheidende Wendung in der Geschichte der Rationalisierung der Musik, daß sie gleichsam umgekehrt und auf den Kopf gestellt wurde: daß die Melodiestimme von unten nach oben und die Begleitstimme von oben nach unten gerückt wurde? Ergab sich hieraus die Konsequenz der Zwölftonmusik? Beziehung zum Fall: das Tiefe (das Untere) wird heute als das Schwere, das Hohe (das Obere) als das Leichte erfahren. Aber ist es nicht die Welt, die uns auf den Kopf stellt (und haben damit nicht der Ödipus-Komplex und die Gewalt, die seitdem das Erwachsenwerden begründet, etwas zu tun)?
    Das metaphorische Element der Sprache hält die Spuren der Genesis ihrer Entfremdung fest. Ein gänzlich metaphorisch durchwirkter Text kommt der Wahrheit näher als ein Text, der durch Definitionen, durch verdinglichte und instrumentalisierte Begriffe festgezurrt wurde und daran erstickt ist. Die Metaphorik ist das Lebenselement der Sprache.
    Hat die Anatomie nicht eigentlich immer schon die Wahrheit als Leiche gemeint, und ist diese nicht ihr Modell? Hängt sie (bis hin zu den Menschenexperimenten in den Konzentrationslagern) nicht zusammen mit einem rekonstruierbaren blasphemischen Stand der Theologie und des Dogmas?
    Die Metaphorik beschreibt den Organismus des Sprachleibs, die Dogmatik seine Anatomie. Wenn wir begreifen, was in der alten Geschichte die Leberschau und die Beobachtung des Vogelflugs bedeuteten, welche Bedeutung die Ostraka im Zusammenhang mit dem Ursprung der Schrift haben, sind wir dem Verständnis der alten Welt und des Ursprungs des Christentums ein ganzes Stück näher gekommen.
    Die Finsternis und das Wasser sind nicht erschaffen, sondern als Nebenprodukte im Schöpfungsprozeß mit entstanden. Lernen, mit der Angst umzugehen, sie nicht zu verdrängen, wenn wir uns der Vorwelt nähern.
    Hatte nicht Habermas, und auf andere Weise generell die 68er Linke, noch ein gänzlich unangemessenes Zutrauen in Institutionen, in die Wirksamkeit der Mechanismen der Instrumentalisierung? Und war es nicht dieses Zutrauen, daß Habermas dazu verführte, die Naturkritik der Frankfurter zu vorschnell zu verwerfen? Das ist es, was dann in der nächsten Generation (bei Hauke Brunkhorst oder bei Micha Brumlik) gelegentlich völlig unkontrolliert ausbricht.
    Erst in einer Welt, in der die Sprache gegenstandslos wird, wird das Beten funktionslos.
    Was das Christentum in der Folge der Rezeption des Hellenismus nicht verstanden und am Ende dann verdrängt hat, ist, daß die Übernahme der Schuld der Welt sich auf einen sprachlichen Sachverhalt bezieht. Nur innerhalb dieses sprachlichen Zusammenhangs wird verständlich, was im NT Logos heißt.
    Die Asymmetrie im dialogischen Verhältnis korrespondiert mit der Asymmetrie von Zukunft und Vergangenheit, Sprache und Mathematik.

  • 18.08.91

    Auch das Subjekt der Aufklärung unterliegt der Herrschaftskritik; anders ist es aus dem Bannkreis des Herrschafts-, Schuld-und Verblendungszusammenhangs nicht zu lösen.
    Das Problem der Familie Weizsäcker scheint es zu sein, daß (beim Carl Friedrich und beim Richard) die Jungfräulichkeitslegende sich nicht halten läßt. Die Hoffnung darauf, nicht erwischt zu werden, hat in Probleme hereingeführt, die nicht mehr lösbar sind.
    In der Ökonomie ist das instrumentale Handeln und damit die Instrumentalisierung der Objektivität das Erste, die Verdinglichung, der Objektivationsprozeß dagegen nur ein Folgeprodukt. In der Philosophie und dann in den Naturwissenschaften ist der Objektivierungsprozeß das Erste, wobei die Grundlagen dafür aus der Ökonomie stammen. Die Instrumentalisierung: die Verwandlung der Welt in Material für die endlichen Zwecke der Menschen, ist dann das Nebenprodukt, das sich hinter dem Rücken des Objektivierungsprozesses erst bildet. Die Ökonomie bedarf hierbei der Exkulpierung, und zwar durch den Staat, der die Schuld auf sich nimmt (und als Erblast und als Teil der Geschichte der Gewalt an die Folge-Generationen weitergibt). Die Geschichte der Gewalt (als Schuldgeschichte) ist hierbei nicht zu trennen von der Geschichte der Idolatrie und des Opfers. Frage, ob nicht systemnotwendig der Sternendienst dazu gehört.
    Der Engel mit dem kreisenden Flammenschwert (bei der Vertreibung aus dem Garten der Bäume) und die Errichtung des Regenbogens (nach der Sintflut): gehören sie in diese Geschichte mit herein?
    Zusammenhang mit
    – dem Velikovskyschen Venus-Problem: der Regenbogen als Realsymbol für die Stabilisierung der Venus-Bahn;
    – dem unterschiedlichen Nahrungsgebot im Garten und nach der Sintflut;
    – der Geschichte der gesellschaftlichen Brüche (Ursprung der Hierarchie);
    – Babel, der Sprachverwirrung und dem Tier?
    Die Einführung des Begriffs der Umkehr in den Erkenntnisbegriff bei Rosenzweig steht in dem gleichen Zusammenhang, in dem er auch das Verhältnis von Philosophie und Theologie neu bestimmt.
    Die Ontologie ist die Vollzugsmeldung nach Zerstörung der benennenden Kraft der Sprache. Sie ratifiziert die Zerstörung des Namens durch den Begriff (indem sie das Sein als Inbegriff des Prädikats zum Subjekt macht).
    Hebräer als soziale Schicht: Abraham war Kleinvieh-Nomade aus Ur in Chaldäa; Moses hat die Hebräer aus ihrer Sklaverei in Ägypten herausgeführt; David war Führer eines Söldner-Trupps, der für die Philister gekämpft hat und dann gegen sie sein Königtum errichtet hat.
    Welchen sozialen Status hatten die Kleinvieh-Nomaden? Bei den Ägyptern lastete ein Tabu auf dieser Gruppe, das möglicherweise den Übergang in den Sklaven-Status erleichterte. Wie verhalten sich Kleinvieh-Nomaden (David war ein Schafhirt) zu den Bergvölkern (die Hebräer aus Sicht der Philister)? Gibt es hier eine Beziehung zum Söldner-Dasein (die Brüder des David waren im Heer des Saul).
    Das Zeitalter des Antichrist wird das Gesicht des Hundes tragen: es fällt in eine Zeit, in der alle nur noch domestizierte Wölfe sind. Der vielzitierte Wolf im Schafsfell ist der Hund.
    War Gott das Tieropfer des Abel deshalb angenehm, weil im Tieropfer jenes Opfer dargebracht wurde, das gegen das Menschenopfer stand?
    Wie verhält sich das Tierfell, das Gott den ersten Menschen zur Bedeckung ihrer Nacktheit gab, und das Opfer des Abel zum paradiesischen Nahrungsgebot: beides scheint darauf hinzuweisen, daß hier Tierfleisch gegessen worden ist. (Ist Tierfleisch erstmals beim Tieropfer gegessen worden: als Identifikationsmahl? -„Speise ging aus vom Fresser“ – Ri 1414; Doppelbedeutung des Wortes „Gericht“.) Kälber werden geschlachtet im Rahmen der Gastfreundschaft (die drei Boten bei Abraham; vgl. auch die Geschichte vom verlorenen Sohn); ist der Gast nicht auch eine Abgeltung des geopferten (und dann vergöttlichten) Fremden oder der Feind-Gott, den man durchs Tieropfer gnädig stimmen muß (deshalb gibt es im Kapitalismus oder in der restlos säkularisierten Welt keine Gastfreundschaft mehr)?
    Die Erkenntnis, nackt zu sein (nach dem Sündenfall), ist eine einsichtige Folge aus dem Ursprung des moralischen Urteils, der Erkenntnis von Gut und Böse: diese Erkenntnis und dieses Urteil schlägt unmittelbar auf den Erkennenden, den Urteilenden zurück: als Erkenntnis, daß er nackt ist, als Ursprung der Scham.
    Welche Tiere sind in dem Tuch, über das Petrus das neue Nahrungsgebot übermittelt wird?
    Gibt es ein Inzestproblem in der Logik und in der Grammatik (Ontologie)? Oder: gibt es ein sprachliches Äquivalent der Beziehung von dämonischer Besessenheit („Legion“) und der Schweineherde?
    Geschichte der Domestizierung: von den ersten Haustieren bis zur Entstehung der zoologischen Gärten, des Zirkus und der Dressur? Es gibt eine Elefanten-Dressur, aber keine Nilpferd- oder Krokodil-Dressur?
    Nach der Apokalypse wird irgendwann „ein Drittel der Bäume“, aber „alles Kraut“ vernichtet?
    Verdrängungsinstitutionen: Kaserne, Knast, Irrenanstalten, Schlachthäuser, Schulen, Krankenhäuser. Hier lassen wir durch andere die Drecksarbeit erledigen, an die wir in unseren Wohnungen nicht mehr erinnert werden wollen. Der Reinlichkeitszwang ist der genaue Reflex davon, ebenso der demonstrative Konsum, die Unterhaltungsindustrie, insbesondere das Fernsehen, das uns die entfremdete Welt in verschönerter, verkleinerter, handlicher Form ins Wohnzimmer liefert. BILD und FAZ und in deren Folge mittlerweile die gesamte Presse arbeiten daran mit, diese Subjektivitätssicht ungebrochen und ohne Reflexionszwang aufrechtzuerhalten, indem sie alle zu Herren ernennt und dazu zwingt, ihren Anteil an der Drecksarbeit zu verdrängen. Die hier produzierte objektive Arroganz (die von den ehemaligen DDR-Bewohnern heute an den „Wessis“ wahrgenommen wird) ist nur aufrechtzuerhalten durch die ständige Mobilisierung der Wut, der Unfähigkeit, die gleichen Verhältnisse aus der Sicht des Objekts wahrzunehmen und zu rekonstruieren. – Genau dagegen geht das Wort: Emitte spiritum tuum et renovabis faciem terrae.
    Die Idolatrie ist ein Teil der Ideologie, die die Hochkulturen und die alten Großreiche überhaupt erst möglich machten. Sie hat die Voraussetzungen für das, was später dann sich als Privatsphäre etablierte (mit Hilfe des Bekenntnisses, in dem sich die Idolatrie perfektioniert, instrumentalisiert und vervollkommnet hat), geschaffen. – Welche Funktion hatten in der Ursprungsgeschichte der Großreiche die Hebräer (als Kleinvieh-Nomaden, Sklaven, Söldner)?
    Das Nilpferd als Kuscheltier: die Apokalypse im Spielzimmer.
    Der Staat kann die ihm aufgebürdete Last, seine Untertanen zu exkulpieren, sie aus der Verantwortung für seine Handlungen zu befreien, nicht tragen: im Ernstfall schlägt der Faschismus durch.
    Die Habermassche „Neue Unübersichtlichkeit“ ist selbstproduziert und selbstverschuldet: Eine Kritik der Politik ohne Kritik des Weltbegriffs ist nicht mehr möglich.
    Die Blumen auf den Gräbern der Christen leugnen die Lehre von der Auferstehung der Toten (das Gleiche gilt für die Blumen in den Wohnungen und in den Büros).
    Durch die Namengebung der Tiere – Gott hat sie wie den Menschen aus Lehm gemacht, Adam hat sie benannt – hat der Mensch seinen präzise zu bestimmenden Anteil an der Schöpfung.
    „Wem ihr die Sünden nachlaßt“ und „wem ihr sie nicht nachlaßt“: Diese Sätze haben unterschiedliche Bedeutung je nach dem Verständnis der Ermächtigung, die hier den Christen erteilt wird. Geht es hier um den Anteil an der richtenden oder an der rettenden, befreienden Gewalt? Hinzuzuhören ist das Gebot, dem Nächsten nicht nur siebenmal sondern sieben mal siebzigmal zu vergeben. Das Nichtvergeben, das Richten ist danach eine sehr ernst zu nehmende Sache. „Richtet nicht …“ Die Übersetzung in die Praxis durch die kirchliche Beichtpraxis verkehrt die Sache in ihr Gegenteil, verwandelt auch das Vergeben noch in ein Richten: Diese Vergebung hebt die zugrundeliegende Schuld nicht auf, sondern fixiert sie, macht sie undurchdringlich.
    Die Welt ist der Inbegriff des Herrschafts-, Schuld- und Verblendungszusammenhangs. Die Schuld der Welt auf sich nehmen heißt: Theologie als Herrschaftskritik betreiben; eben damit löst sich auch der Verblendungszusammenhang auf. Das „Seid klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben“ ist die Antwort auf die Erkenntnis des Guten und Bösen.
    Hat es etwas zu bedeuten, daß der erste Satz der Genesis im Präteritum steht, und nicht im Perfekt: Man kann weder sagen: Im Anfang hat Gott Himmel und Erde geschaffen, noch: Im Anfang schuf Gott die Welt. Nur die „Weltschöpfung“ gehört ins Perfekt, hier müßte es heißen: Im Anfang hat Gott die Welt erschaffen, weil die Welt unterm Zeichen der Vergangenheit steht, so dem Eingriff des Menschen entzogen zu sein scheint, während Himmel und Erde im Imperfekt stehen, noch auf ihre Vollendung warten.

  • 16.05.91

    Habermas‘ Begriff eines gewaltfreien Diskurses verkennt, daß der gewaltfreie Diskurs gegen Gemeinheit unwirksam ist, daß Gemeinheit sich nicht rational auflösen, widerlegen läßt. Gleichwohl ist der Rückgriff auf Gewalt falsch, vielmehr ist in die Diskussion des Zusammenhangs von Gewalt und Vernunft die Erinnerung an Theologie, auch an die Idee einer Änderung der Natur, mit aufzunehmen. Es gibt einen Naturgrund der Gewalt (auch der gesellschaftlichen Gewalt), der nur im Kontext der Reflexion eines die Natur mit einschließenden Schuldzusammenhangs sich begreifen läßt. Nur so ist Adornos Idee eines Eingedenkens der Natur im Subjekt zu begründen, nur so läßt sie sich in Richtung Wahrheit entfalten.
    Gemeinheit bleibt unangreifbar (gleichsam erkenntnistheoretisch abgesichert), solange die Geltung des naturwissenschaftlichen Erkenntnismodell unreflektiert hingenommen wird, solange es nicht gelingt, die Legitimation des Hinter-dem Rücken-Denkens durch die Naturwissenschaft durch Reflexion aufzulösen: Nur so ist der Bann zu brechen.
    Das Studium der Zeitgeschichte (des Faschismus, aber auch des Stalinismus und seiner sozialistischen Varianten), insbesondere der Auschwitz-Zeugen, des Antisemitismus, der stalinistischen Schauprozesse und des „Archipel Gulag“, aber auch des „Terrorismus“-Problems, ist das Studium der Gemeinheit: des Schattens des vergesellschafteten Herrendenkens.

  • 07.04.91

    Ist es ein Zufall, daß die gleichen Leute, die dann von der Quantenmechanik den ideologischen Gebrauch machten, gleichsam mit schlechtem Gewissen, nämlich unter dem ebenso fadenscheinigen wie kosten- und prestigeträchtigen Grund der Entwicklung zivil nutzbarer Energiegewinnung aus spaltbarem Material, am Bau der Atombombe mitgearbeitet haben (Rechtfertigungszwang). Die Ideologie steckte gleichsam schon im Ansatz ihrer wissenschaftlichen Arbeit mit drin, die Verblendung und das pathologisch gute Gewissen waren überdeterminiert. Kein Wunder, daß v. Weizsäcker auf das Problem der Begründung der Quantenphysik durchs Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit nicht ansprechbar war, aber gleichwohl (wie auch andere beteiligte Physiker in Deutschland) zur Philosophie überwechselte. Kann es sein, daß Habermas‘ Wendung gegen einen Utopiebegriff, der auch die Idee einer Änderung der Natur mit einschließt, strukturell mit dieser Wendung Weizsäckers zusammenhängt? – Für von Weizsäcker war die Unbestimmtheitsrelation ein status confessionis. Und den konnte er aus Gründen des Rechtfertigungszwangs nicht aufgeben. Hierbei scheint ein Aspekt der „zweiten Schuld“ mit hereinzuspielen, den Ralph Giordano übersehen hat: die geschickte Nutzung der exkulpierenden Kraft des Staats, der durchs Gewaltmonopol des Staates gedeckten Unschuldsvermutung für alle Amtsinhaber (vgl. die sonst unverständliche Bemerkung bei dem Besuch in Hamburg).

  • 06.04.91

    Aufklärung und Erinnerungsarbeit: schließt den Zusammenhang von transzendentaler Ästhetik und Logik mit ein, gegen Instrumentalisierung der Erinnerung (gg. Habermas und seine Anwendung des Begriffs des kommunikativen Handelns). Erinnerungsarbeit sucht die Last der Vergangenheit als Produkt vergangener Arbeit zu begreifen und selbst durch Erinnerung aufzulösen. Die realen Opfer sind Folgen der Verdrängung dessen, wofür das Opfer einmal einstand; diese Verdrängung ist sedimentiert in der transzendentalen Ästhetik. Deshalb ist eine Kritik der Naturwissenschaften heute unabweisbar; sie ist aber nur möglich, wenn Philosophie zusammen mit der „religiösen Tradition“, auf die sie in allen ihren Phasen sich bezieht, in die Erinnerungsarbeit mit einbezogen wird. Eine gewisse Vorarbeit hat hier Hans Blumenberg geleistet; zugleich wird die Arbeit der Postmoderne (Lyotard) hilfreich.
    Die wichtigste theologische Konsequenz aus Auschwitz: Kritik der Opfertheologie (und der Gnaden- und Rechtfertigungslehre), der Trinitätslehre und der Christologie; Beginn der Erinnerungsarbeit, deren erster Gegenstand die Geschichte des Opfers ist, in eins damit: Kritik des historischen Objektivationsprozesses (der transzendentalen Ästhetik: das „reine Zusehen“ ist nicht mehr erlaubt).
    Nicht: nach Auschwitz ein Gedicht schreiben, sondern: nach Auschwitz ein Bild malen, ist barbarisch.

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