Privateigentum ist durch Raub, Erbschaft oder Tausch erworbenes fremdes Eigentum. Die Urform der Aneignung ist der Raub, der durch den Tausch nur reversibel gemacht worden ist. Diese Reversibilität ist das logische Fundament des Privateigentums, der Säkularisationsprozeß der Prozeß der Herstellung und universalen Durchsetzung dieser Reversibilität (Grund des Weltbegriffs). Das Armutsgebot (in der Fassung der indischen Mystik: Mein ist dein, und Dein ist dein) gründet in der (nicht moralischen, sondern logischen) Kritik dieser Reversibilität und hält die Einsicht in die Asymmetrie des Eigentumsbegriffs fest: Eigentum gründet nicht in der Unmittelbarkeit des Besitzens, sondern in der Anerkennung durch andere (seit dem Ursprung der Zivilisation in der staatlich organisierten Anerkennung des Privateigentums durchs Recht).
Das Armutsgebot rührt an die Ursprungsgeschichte des Weltbegriffs, hält diese Ursprungsgeschichte und damit den Weltbegriff selber (die „Sünde der Welt“) reflexionsfähig.
Die staatlich organisierte Anerkennung des Privateigentums ist der logische Grund der Entfaltung der Raumvorstellung, der „subjektiven Formen der Anschauung“. Der Ursprung und die Entfaltung der mathematischen Naturwissenschaft sind in die Geschichte des Ursprungs und der Entfaltung der staatlichen Institutionen verflochten.
Der Levinassche Satz über die Attribute Gottes, die nicht im Indikativ, sondern im Imperativ stehen, gilt auch in der umgekehrten Anwendung (als Grundlage der Kritik der Idolatrie): Der Gott des Anklägers ist der Ankläger, der des Richters ist der Richter. Der Götzendienst war die erste projektive Verkörperung des Rechtfertigungszwangs – sein Preis war die Schicksalsidee -, das begriffliche Denken die zweite.
Isolationshaft: Mit der Vergesellschaftung von Herschaft ist der horror vacui zu einem Instrument des Terrors geworden.
Der Name der Barbaren gehört zur Präventivideologie des antiken Imperialismus, der der Wilden zur Präventivideologie des modernen Kolonialismus.
Die Habermassche Intersubjektivität gründet in der Abstraktion vom Gesicht, sie sperrt das Subjekt ein ins Für-sich-Sein des Nebeneinander, in dem alle nur Objekte für einander sind. Darin gründet sein Universalismus, ein Universalismus der Theorie, gegen den die Theologie den Universalismus der Lehre setzt.
Die Leugnung des Gesichts ist der Preis für die Anerkennung der schlechten Unendlichkeiten der subjektiven Formen der Anschauung.
Hat der Rock aus Fellen, den Gott den ersten Menschen zur Bedeckung ihrer Blöße gab, etwas mit den Schuppen der Fische zu tun, die gegessen werden dürfen? Wie wird die Haut des Leviatan und des Behemoth im Buch Hiob beschrieben?
Zum Menschensohn auf den Wolken:
– Erscheint der Menschensohn nicht an der Stelle, an der bei Noe der Bogen in den Wolken stand?
– Sind die Wolken nicht die Manifestation der Herrlichkeit Gottes am Tag (die in der Nacht als Feuersäule erscheint)?
Hat Adornos „Eingedenken der Natur im Subjekt“ etwas mit dem zu tun, was Schelling in den Weltaltern die „Demut der Materie“ genannt hat?
Himmel und Erde: Bäume ziehen ihre Lebenskräfte nicht nur aus der Erde, sondern ebenso auch aus dem Himmel.
Was dem Bischof sein Kreuz, ist dem Arzt sein Stethoskop. Und warum müssen Richter und Priester bei ihrer Tätigkeit sich verkleiden?
GSG 9: Die Autonomen des Staates.
Sollte nicht auch die raf einmal überlegen, ob und in welchem Maße sie zum Lehrmeister dieses Staates geworden ist? Die einzige Waffe, gegen die der Staat ohnmächtig ist, ist die der Reflexion.
Es sollte nicht vergessen werden, daß das Recht (wie im Auschwitz-Prozeß) auch als Instrument der Aufklärung genutzt werden kann. In Staatsschutzprozessen ist es zu einem Instrument der Gegenaufklärung geworden. Die Gründe sind analysierbar.
In jeder Verurteilung steckt ein Keim der Paranoia, der nur durch Reflexion unschädlich zu machen ist. So wie ein Gericht keinen Beschluß fassen dürfte, bevor es nicht der Selbstaufklärungspflicht nachgekommen ist (einer Pflicht, die der 5. Senat nachweislich verletzt hat, als es Hubertus Janssen als einen, „der sich selbst als Pfarrer bezeichnet“, bezeichnete). Zur Selbstaufklärungspflicht eines Gerichts, scheint mir, gehört auch der erkennbare Wille und die Fähigkeit, sich in den Angeklagten hineinzuversetzen. Wer das vorab verdrängt, macht den Angeklagten zum Feind und begibt sich selbst der Möglichkeit, zu einem objektiven Urteil zu gelangen. Würde es nicht auch zu den Selbstaufklärungspflichten des Gerichts gehören, wenn es schon eine Anklage zuläßt, die den Vorwurf des Mords und des versuchten Mords (an Newrzella u.a.) mit beinhaltet, daß die Umstände der Todesschüsse in Bad Kleinen insgesamt aufgeklärt werden? Wenn ein wesentlicher Teil des Geschehens durch Gerichtsbeschluß von der Beweiserhebung ausgeschlossen wird, heißt das nicht, daß das Gericht sich selbst von seiner Aufklärungspflicht entbindet? Erklärt hiermit nicht das Gericht, daß es in diesem Punkte an der Wahrheitsfindung nicht interessiert ist?
Habermas
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14.1.96
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11.1.96
Habermas hat mit dem Begriff der „objektiven Welt“, in dem er Natur und Ökonomie nicht mehr unterscheidet, und nachdem er die Naturwissenschaft aus dem Bereich der philosophischen Kritik herausgenommen hat, auch die Ökonomie der Kritik entzogen. Damit scheint es zusammenzuhängen, wenn er zwar eine Theorie der Argumentation zu etablieren versucht, hierbei jedoch hinter den Stand der hegelschen Reflexion der Dialektik des Grundes zurückfällt und insbesondere das Problem der Beweislogik nicht sieht, nicht erkennt. Die Entfaltung und Bestimmung des Problems der Beweislogik wäre die Basis einer Theorie der Argumentation (der Begründung).
Hier verstellt Habermas sich selbst den Weg zur Erkenntnis der systematischen Bedeutung des Begriffs des Scheins in der hegelschen Logik (aber hätte nicht die Reflexion des Scheins seiner Theorie des kommunikativen Handelns die Grundlage entzogen?).
Die Theorie des kommunikativen Handelns ließe als die letzte Gestalt der Säkularisation des Dogmas sich begreifen. Damit scheint die Wahlverwandtschaft, die insbesondere katholische Theologen zu Habermas zu verspüren scheinen, zusammenzuhängen.
Kann es sein, daß Habermas‘ Begriff der Rationalisierung, der sprachlich auf eine produktive, das Objekt verändernde, nicht auf eine erkennende Tätigkeit verweist, seinen systematischen Grund in Adornos Begriff der Säkularisierung hat. Auch Adorno hatte, als er von der restlosen Säkularisierung aller theologischen Gehalte sprach, deren Selbstaufklärung gemeint, nicht jene Gestalt der Säkularisierung, als welche (im Kontext von Objektivierung und Instrumentalisierung) das Dogma sich begreifen läßt. Ähnlich scheint Habermas seinen Begriff der Rationalisierung verstehen zu wollen, wobei er von den Konnotationen absehen muß, die diesem Begriff z.B. durch die Psychoanalyse zugewachsen sind: Hier bezeichnet er die Rechtfertigung im Kontext von Abwehr und Verdrängung, das genaue Gegenteil der Selbstaufklärung. Verwischen sich in Habermas‘ Theorie nicht in der Tat die Grenzen zwischen Rechtfertigung und Begründung?
Durch die universale Herrschaft des Kausalitätsprinzips, Pendant der Apriorisierung des Objektbegriffs, ist die Logik der Begründung, die Grundlage der Argumentation, vom Objekt getrennt worden, ist sie zu einem Instrument der Rechtfertigung geworden (Propaganda und Reklame sind Anwendungen der transzendentalen Logik der Rechtfertigung). Grund ist die Vertauschung des ex ante mit dem ex post: Die nachträgliche Begründung einer Handlung dient ihrer Rechtfertigung; die Antizipation dieser Rechtfertigung, die das eigene Tun in ein subjektunabhängiges, objektives und neutrales Geschehen verwandelt, gibt sich nur noch den Schein der Begründung, der darüber hinwegtäuscht, daß es in der verwalteten, durchrationalisierten Welt wirkliches Handeln nicht mehr gibt.
Eine Begründung, die mehr sein will als eine antizipierte Rechtfertigung, setzt die Kritik einer Logik voraus, die insbesondere in den modernen Naturwissenschaften sich verkörpert, sie zielt auf eine Rationalität, die dem Bann der Rationalisierung entronnen ist.
Zum Begriff der Herrschaft: Die Idee, daß Gerechtigkeit und Friede herrschen, unterscheidet sich von jedem Begriff einer Weltbeherrschung. Die erste Idee wird in die zweite transformiert, wenn Gerechtigkeit und Friede als Elemente einer Rechtsordnung sich bestimmen.
Habermas verlegt den Ort der Differenz zwischen Wahrheit und Richtigkeit in die Grenze zwischen objektiver Erkenntnis und normativer Geltung. Er vergißt nur, daß Erkenntnis und Geltung sich nicht real so trennen lassen, sondern durch einander vermittelt sind, sich wechselseitig definieren. Jede objektive Erkenntnis erhebt den Anspruch der Geltung für andere, ist durch diesen Anspruch (der in der Kopula des Urteils sich ausdrückt) vermittelt.
Tatsachen, res factae, sind durch Handeln geschaffene Sachen, deren Urheber die Welt, der Inbegriff der Intersubjektivität, ist. Das logisch-reale Organisationsprinzip der Welt aber ist der Staat.
Nur Herrschaftskritik vermag die Theologie aus dem Bann einer Tradition zu befreien, in den sie durch ihre Verstrickung in den historischen Objektivationsprozeß geraten ist. Deshalb gehört zur Herrschaftskritik konstituv Erinnerungarbeit dazu. Mit dieser Erinnerungarbeit hat die Dialektik der Aufklärung den Anfang gemacht.
Hätte Habermas in seine Theorie der Begründung eine Theorie der Kritik mit aufgenommen, so hätte er die hegelsche Logik, nach der, was aus dem Grunde hergeht, auch zugrunde geht, rezipieren müssen. Das aber hätte die Konstituierung einer autonomen Handlungstheorie unmöglich gemacht. Kritik ist Kritik der Ästhetik und der ästhetisch begründeten (transzendentalen) Logik. Kritik heißt, das Bewußtsein der Asymmetrie (die Sprengung der subjektiven Formen der Anschauung) in die Logik hineintreiben. Das setzt die Kritik des Weltbegriffs voraus.
Grundmotive sind Joh 129 (die Sünde der Welt) und die Dt-Stelle über Rind und Esel (Joch und Last).
Mit der säkularen Herrschaftsgeschichte verschiebt sich die Idee der göttlichen Gerechtigkeit in die der Barmherzigkeit. Diese Verschiebung drückt sich trinitarisch in der Idee des Heiligen Geistes (des Parakleten) aus.
Als Hegel glaubte, die Antinomie der reinen Vernunft zum Motor der dialektischen Arbeit des Begriffs instrumentalisieren zu können, hat er die Logik ästhetisiert (und dem Schein das Tor zum Eintritt in die Logik eröffnet).
Ist nicht Herbert Schnädelbach dem Grund dieser Transformation (der Instrumentalisierung der Antinomie der reinen Vernunft) einmal sehr nahe gekommen, als er das Konstruktionsgesetz der hegelschen Dialektik herausgearbeitet hat: die herrschaftslogische Beziehung von Unmittelbarkeit und Vermittlung. Das erkennende Bewußtsein, dessen Gegenstand das An sich ist, ist selber Gegenstand für ein anderes Bewußtsein, für das, was für das erste Bewußtsein an Sein an sich ist, ein Sein für ein anderes Bewußtsein ist. Diese Struktur wird insgesamt instrumentalisiert (und neutralisiert) durch die Form des Raumes, durch die Form der Beziehungen der Dimensionen (die Form der orthogonalen Beziehungen der Richtungen) im Raum. Die Mathematisierung des Raumes ist das Produkt der Abstraktion von der Selbstbegründung des Raumes.
Es ist das ungeheure Resultat der kantischen Vernunftkritik, daß sie die Form des Raumes als vermittelt durch die subjektive Form der inneren Anschauung, durch die Vorstellung des Zeitkontinuums, begreift. Adornos Satz „Das Ganze ist das Unwahre“ richtet sich gegen die Totalisierung der Totalitätsbegriffe als Folge der Hypostasierung der Zeit (in der Theologie entspricht dem die Verwechslung der Idee des Ewigen mit dem Überzeitlichen: überzeitlich ist die Zeit, das Ewige ist innerzeitlich; deshalb hat die Wahrheit einen Zeitkern).
Die „leeren Blätter“ der Weltgeschichte sind die Blätter des Buches, das im Jnngsten Gericht aufgeschlagen wird (Erinnerungsarbeit versucht, diese „leeren Blätter“ zu entziffern).
Mit dem Begriff der concupiscentia, der Begierde, hat die Theologie von der Vermittlung abstrahiert, der die concupiscentia sich verdankt, zugleich dem einzelnen Subjekt aufgebnrdet, was ebensosehr dem Weltzustand sich aufbürden läßt. Nicht die Begierde ist der Grund des Bösen, sondern die Instrumentalisierung des Triebs, die dem Weltbegriff, der in ihm verkörperten Logik, sich verdankt: der Herrschaftslogik.
Habermas Versuch, die Philosophie durch Konservierung eines Begriffs der objektiven Erkenntnis zu retten, mußte mißlingen, es sei denn, er hätte zur Begründung dieser Objektivität – worauf Franz Rosenzweig erstmals hingewiesen hat – die Theologie zur Hilfe genommen, er hätte Herrschaftsreflexion und Reflexion der Sprachlogik zum Organ der Philosophie gemacht. Die logische Konsequenz wäre die Neubegründung der Namenslogik (die Logik der „Heiligung des Gottesnamens“) und die Kritik der erkennenden Kraft des Begriffs gewesen. Die Idee der Heiligung des Gottesnamens ist das Feuer, das die eherne Zwangslogik des Begriffs schmilzt (vgl. den Eisenschmelzofen Ägypten) und das Licht der erkennenden Kraft des Namens befreit.
Im Kontext der Kritik des Begriffs als Herrschaftskritik gewinnt die realsymbolische Erkenntnis ihre Kraft.
Was bedeutet „triftig“ und welche Sprachwurzel hat dieses Wort (abgeleitet von „treffen“)?
Wolfgang Pohrt: Theorie des Gebrauchswerts. Erster Eindruck: Triumph des Besserwissens. Er genießt die Genugtuung darüber, daß, wenn sich schon nichts ändern läßt, er es wenigstens im voraus gewußt hat. Er weiß, daß alle als Marionetten des gleichen Systems figurieren, dessen Urheber sie zugleich sind, und er weiß zugleich, daß dieses Wissen unwiderlegbar ist (so wird die negative Dialektik zu einer Spezialität der transzendentalen Logik, eines Systems apriorischer Urteile, die er wie ein Hagelgewitter auf die apriorischen Objekte dieser Logik herunterprasseln läßt. Der Prophet als Richter ist ein eitler Prophet. – Kann es sein, daß diese Konstruktion in der Logik seines Themas begründet ist: Eine Theorie des Gebrauchswerts, die nachweist, daß die politische Ökonomie heute einen Zustand erreicht, in dem sie ihre eigen Basis, den Gebrauchswert, aufzehrt und vernichtet, ist ein Produkt der Verzweiflung darüber, daß der Trieb zu helfen kein Objekt mehr findet; aber er findet nicht deshalb kein Objekt mehr, weil keins mehr da ist, sondern weil er’s systembedingt nicht mehr sieht. Das „no pity for the poor“ gesellt sich zu den Grundsätzen einer Kapitalismuskritik, die unterm Begriff des Profits nicht mehr dessen gesamtgesellschaftliche Folgen begreift, sondern nur noch den Reichtum der andern verurteilt, und die am Ende nur noch die eigene Empörung genießt. Nachdem die Waren ihren Gebrauchswert verloren haben, soll wenigstens die Kritik noch ihren Gebrauchswert behalten. So implodiert das System. -
10.1.96
Der gordische Knoten, den Alexander nur durchschlagen hat, wird durch das Lamm gelöst,durch das die Erstgeburt des Esels ausgelöst wird.
Habermas formuliert das Problem auf eine Weise, die seine Lösung zugleich diskriminiert.
Die Beziehung des Rechts zu Gerechtigkeit ist durch eine Folge von Abstraktionsschritten definiert, die in den drei Suffixen des Begriffs Ge-recht-ig-keit sich manifestieren. Zusätzlicher Hinweis: Es gibt das Recht, den Gerechten und die Gerechtigkeit, aber kein gerechtig, nur das richtig.
Ist nicht die Opfertheologie ein Produkt der Leugnung der Barmherzigkeit durch Instrumentalisierung? Und steckt das Prinzip dieser Instrumentalisierung im Recht: in der Verrechtlichung der Barmherzigkeit? Hängt der Begriff der Orthogonalität (der dem Raum seine Zwangsstruktur verleiht, ihn zur Norm, zur Grundlage gesetzlicher Strukturen macht) und der der Orthodoxie (die das gleiche Verfahren auf den Glauben anwendet) hiermit zusammen? Ist die Opfertheologie in einem Sinne, der dem geometrischen Gebrauch dieses Begriffs entspricht, die „Norm“ der Orthodoxie (und ist die Bestafung des Mörders die Norm des Rechts)?
Die Zwangsstruktur des Raumes (und ebenso die opfertheologisch fundierte normative Gewalt des Dogmas und die Hypostasierung des Rechts, Produkt einer Beweislogik, die die Gemeinheit in den blinden Fleck des Rechts rückt, sie rechtlich gegenstandslos, nicht faßbar macht) drückt in der Nichtunterscheidbarkeit von Rechts und Links sich aus.
Die Imitatio Christi hat hat das Christentum blind fürs Nachfolgegebot gemacht (sie hat das Talent, mit dem die Kirche hätte arbeiten sollen, bloß vergraben: das Grab der Nachfolge ist das Dogma).
Zum Haus des Namens des Herrn gehören die Halle, das Allerheiligste mit der Lade und den Cheruben, die beiden Säulen, das Meer auf den zwölf Rindern und die Geräte. Das Haus Salomos war größer als das Haus des Namens des Herrn. Dazu hat Salomo der Tochter des Pharao ein Haus gebaut. Gibt es eine Beziehung zwischen den Maßen des Tempels und des Königspalastes (L/B/H Tempel: 60:20:40, Königspalast: 100:50:30), hat diese Beziehung etwas mit der des Hexagonal- zum Dezimalsystem zu tun? -
9.1.96
Das Inertialsystem ist das naturalisierte Dogma: Es hat eine unsichtbar gemachte Opfertheologie im Kern, und es entsühnt die Welt.
Die Theorie des kommunikativen Handelns befreit das Handeln vom Realitätsbezug, macht es zu einem kommunikativen Akt. Sie ist das Endprodukt der Ästhetisierung der Theorie, sie verwechselt die Realität mit ihrer literarischen Wiederspiegelung (sie verwechselt Realität und Roman); sie setzt die restlose Vergesellschaftung des Handelns voraus und ratifiziert sie.
Der Rechtfertigungszwang, unter den der Faschismus die Nachkriegsgesellschaft in Deutschland gesetzt hat, gründet in dem Akt der Verdrängung 1945, seit dem alle glauben, nichts gewußt zu haben. Der Versuch, sich durch Verurteilung der Vergangenheit selber freizusprechen, ist mißlungen.
Ist nicht Habermas ein Paradebeispiel dafnr, daß die Verurteilung des Faschismus als Alibi für die Normalisierung des Gegenwartsverständnisses mißbraucht werden kann? Führte die Verurteilung des Faschismus nicht auch über die Logik der Personalisierung in den Terrorismus?
Steckt nicht in jeder Verurteilung etwas von der Kombination von Verdrängung, Selbstexkulpation und Projektion (gehört die Verurteilung nicht zum Schuldverschubsystem)?
Ist das Buch der Richter ein antinationalistisches (ein antimakkabäisches) Buch?
Die Leistungsgesellschaft ist die Gesellschaft derer, die sich alles leisten können.
Das Schaufenster als Instrument der Verblendung: Das Zerschlagen von Schaufenstern ist ein realsymbolischer Angriff auf die Herrschaft des Tauschprinzips. Das Schaufenster trennt den potentiellen Käufer von der Warenwelt auf ähnliche Weise, wie das Fernsehen den Bürger von der Politik trennt (der Ort des kommunikativen Handelns ist der Bildschirm). Das Schaufenster ist die Umkehrung des Fensters: Es macht die Außenwelt zur Innenwelt (Pendant, wenn der realgesellschaftliche Grund der Ästhetik des modernen Kirchenbaus, der die Außenseite der Mauer zur Innenseite macht, Außen- und Innenwelt vertauscht). Seit wann gibt es Schaufenster (gibt es einen Zusammenhang mit dem Ursprung des Kolonialwarenladens, mit der Geschichte des Imperialismus, der in der globalen Ausbreitung des „freien Marktes“ sich vollendet)?
Der Habermassche Begriff der Dezentralisierung der Weltbilder hat den gleichen Systemgrund wie die Erfindung des Schaufensters. Beide entziehen das Wertgesetz (das Tauschprinzip) und das Trägheitsprinzip der Reflexion (Zusammenhang mit dem Habermasschen Theorem vom Ende der Bewußtseinsphilosophie: das Bewußtsein ist zu einer abhängigen Variablen geworden). Die Objektivität der Begriffe Kommunikation und Handeln wie die der gesamten vergegenständlichenden Erkenntnis ist eine ästhetisch vermittelte (auch das Tauschprinzip ist eine subjektive Form der Anschauung).
Die Welt, die Logik, die dieser Begriff verkörpert, gründet in der Abstraktion vom Gegenblick; deshalb gehören die subjektiven Formen der Anschauung zu ihren Voraussetzungen. Die Theologie antwortet darauf mit der Theologie im Angesicht Gottes, mit der Heiligung des Gottesnamens.
Die kantische Lehre von den subjektiven Formen der Anschauung hat die Geschichte der Theologie hinter dem Rücken Gottes (die Geschichte des Dogmas und der Bekenntnislogik) beendet. In der Kritik der reinen Vernunft erfüllt sich die Geschichte der Logik der Schrift. -
8.1.96
„… in den Sozialwissenschaften (hat) der Wettstreit der Paradigmen einen anderen Stellenwert als in der modernen Physik. Die Originalität der großen Gesellschaftstheoretiker wie Marx, Weber, Durkheim und Mead besteht, wie in den Fällen Freud und Piaget, darin, daß sie Paradigmen eingeführt haben, die in gewisser Weise heute noch gleichberechtigt konkurrieren. Diese Theoretiker sind Zeitgenossen geblieben, jedenfalls nicht in demselben Sinne ‚historisch‘ geworden wie Newton, Maxwell, Einstein oder Planck.“ (Theorie des kommunikativen Handelns, S. 201) Hier weiß Habermas nicht, wovon er redet. Newton, Maxwell, Einstein oder Planck sind sicher in einem sehr viel genaueren Sinne „aktuell“, als es Weber, Durkheim und Mead, oder auch Piaget, je gewesen sind. Wer die Naturwissenschaften von Kopernikus/Newton bis Einstein/Planck heute entschlüsseln, wer sie erkenntnis-, und d.h. herrschaftskritisch begreifen würde, wäre einer kritischen Theorie der Gesellschaft näher als die Habermassche Theorie des kommunikativen Handelns.
Die drei Stufen der modernen naturwissenschaftlichen Erkenntnis lassen sich als Phasen der Erkenntnisumkehr begreifen:
– die Mechanik als universale Richtungsumkehr (von allen Seiten hinter dem Rücken: der umgestülpte Raum),
– das Gravitationsgesetz als Objekt- und Begriffsumkehr (es macht das Ungleichnamige gleichnamig) und
– die Maxwellschen Gleichungen und das Gesamtsystem der durch die Lichtgeschwindigkeit bestimmten Erscheinungen als Zeitumkehr, die im Phänomen der Lichtgeschwindigkeit selber enthalten ist (Paradox eines mit Lichtgeschwindigkeit bewegten Objekts).
Modell dieser Umkehrungen ist die Etablierung und Entfaltung des Selbsterhaltungsprinzips in der vom Tauschprinzip beherrschten Gesellschaft.
Der Marxsche Satz, der die Waffe der Kritik an die Kritik der Waffen bindet, enthält den Hinweis, daß die Revolution heute auch ein Problem der Kritik der Logik ist. Eine Herrschaftskritik, die nicht zugleich die Kritik der Herrschaftslogik mit einschließt, bleibt in der Herrschaftslogik gefangen und stärkt die Macht des Staates.
Der Begriff des „herrschaftsfreien Diskurses“ steht unterm Unschuldsbann; gemeint ist der schuldfreie Diskurs, ein Diskurs, der glaubt, von der Schuldverstrickung sich freihalten zu können. Aus der Schuldverstrickung aber gibt es nur den einen Weg der Schuldreflexion, und die führt nber die Herrschaftsreflexion. Der herrschaftsfreie Diskurs glaubt, die Last abwerfen zu können, von der sich nur befreit, wer sie auf sich nimmt.
Steht nicht Habermas‘ Konzept eines herrschaftsfreien Diskurses in der Tradition der Opfertheologie, und zwar in ihrer protestantischen Version als Rechtfertigungslehre?
Weder die raf noch ihre Verurteilung löst das Problem, deren Symptom die raf ist. Die Trennung von Theorie und Praxis ist ein Teil des technologischen Verständnisses der Wirklichkeit und zugleich ein Instrument der Instrumentalisierung der Moral: Die raf und ihre Verurteilung unterliegen dem gleichen logischen Bann.
Ist nicht Petrus wirklich der Fels, und ist nicht die Selbstreflexion dieses Felsen die Voraussetzung der Ersetzung des steinernen durch ein fleischernes Herz? Ist Petrus der Stein, gleich einem großen Mühlstein, der ins Meer geworfen wurde, und ist die Kirche dieser ins Meer geworfene Stein (vgl. Off 1821)?
Wenn nach dem Strafrecht nicht das Töten, sondern der Mord bestraft wird, hat dies auch den Zweck, das Militär aus dieser Regelung herauszunehmen, d.h. dem Staat das Recht zu töten (oder zumindest das Recht, das Töten zu exkulpieren) zu lassen. Das aber begründet die Vermutung, daß es bei der Bestrafung des Mords nicht um die Bestrafung des Tötens geht, sondern um die Bestrafung der Anmaßung eines Rechts, das der Staat sich vorbehalten will. Deshalb ist der Mord kein Tatdelikt, sondern ein Täterdelikt, deshalb wird der Mörder bestraft, nicht der Mord.
War nicht die mittelalterliche Eucharistiefrömmigkeit das Opfer einer Logik, die dem Tauschprinzip sich verdankt, war nicht das Modell der Transsubstantiation die Beziehung von Ware und Geld? Der wirkliche Leib Christi wäre das Brot, das gebrochen wird, das Brot, das man mit den Hungrigen teilt, nicht das Brot, das man als einzelner oder in Gemeinschaft ißt.
Welchen Ursprung haben die englischen Begriffe mankind (kind: Gattung, Sorte, Art; adj. freundlich) und woman? -
7.1.96
Die Verurteilung des Faschismus hängt zusammen mit dem Status der Vergangenheit, den sie bestätigt. Die Verurteilung schließt jedes „Verständnis“ aus, sie begründet aber eben damit den nicht mehr durchschaubaren Wiederholungszwang. Die Verurteilung ändert nichts, sie ist so etwas wie ein magischer Akt, ein Akt der Exkulpation; sie gehört in den Zusammenhang der Bekenntnislogik, die auch nichts ändert, nur den Urteilenden aus dem Objektbereich der Schuld heraushilft (Problem der Sündenvergebung und der Rechtfertigungslehre). Kann es sein, daß das Interesse an der Verurteilung in einem anderen Interesse verwurzelt ist: sich ein Alibi zu verschaffen (vgl. die Position von Habermas im Historikerstreit)? Und verweist das nicht auf die Zweideutigkeit, den dämonischen Charakter der Verurteilung und des Rechts? Ist das Weltgericht ein Instrument der Verdrängung des Bewußtseins des Jüngsten Gerichts?
Die Verurteilung ist die aufgeklärte Gestalt der Totenbeschwörung: Indem sie den Schrecken der Erinnerung und das Grauen durch Personalisierung zu bannen versucht, weigert sie sich, dessen fortbestehende Ursachen wirklich zur Kenntnis zu nehmen. Die Verurteilung des vergangenen Faschismus, mit der man glaubt, der Komplizenschaft, in die heute alle verstrickt sind, entrinnen zu können, macht den gegenwärtigen unsichtbar (verleiht der nachfaschistischen Welt den Schein der Normalität).
Der Begriff des „dramaturgischen Handelns“ (Theorie des kommunikativen Handelns, S. 135ff), der am Schauspiel sich orientiert, und zu dessen Voraussetzungen ein Publikum, eine Gesamtheit von Zuschauern, gehört, wirft ein Licht auf die kopernikanische Wende, die, durch den ihr korrespondierenden Begriff des unendlichen Raumes, die Natur insgesamt zu einem ästhetischen Objekt gemacht hat. Das Sonnensystem ist ein Schauspiel, aufgeführt auf der Bühne der subjektiven Form der äußeren Anschauung. Kopernikus hat die Natur zu einer Totalität gemacht, in der der Mensch nicht mehr vorkommt. Die kopernikanische Wende hat gleichsam den Habitus des Zuschauers ontologisiert; daraus hat Kant mit seinem Konzept der subjektiven Formen der Anschauung die philosophischen Konsequenzen gezogen. Fürs Publikum gibt es zwar Normen (Kriterien der Beurteilung), aber keine Moral: In eine Schauspiel greift man nicht ein (die ästhetische Grenze ist eine Vergangenheitsgrenze).
Beachte den unterschiedlichen Gebrauch des Begriffs der Erfüllung in den Evangelien:
– Mt: der einzige, der extensiven Gebrauch macht von dem Begriff der Erfüllung der Schrift,
– Mk: gebraucht diesen Begriff der Erfüllung der Schrift nur zweimal (und beidemale in eindeutigem Zusammenhang mit der Passion),
– Lk: hier sind Personen mit dem Heiligen Geist, mit Schrecken, mit Freude erfüllt, und hier erfüllt sich die Zeit, nicht die Schrift,
– Joh: hier erfüllt sich die Zeit, das Haus (mit dem Duft des Öls), auch die Schrift.
Welche Verben werden mit „Erfüllen/Erfüllung“ übersetzt:
– gemo/gemizo (bin erfüllt, erfülle mit),
– teleioo/teleiosis (vollende, Passiv: in Erfüllung gehen/ Vollendung, Erfüllung),
– pleroo/pleroma (erfülle, vollende/Erfüllung, Vollzahl, Mt, Mk, Lk),
– pimplemi (fülle mit <Eifersucht, Hl. Geist, Zorn>, Lk).
Joh 33/7 und 331: das anothen bedeutet sowohl „von oben her“ als auch „von neuem“: Ist der Himmel die zukünftige Welt? -
6.1.96
Die Theorie des kommunikativen Handelns, der ihr zugrundeliegende Begriff der Sprache, verwechselt Wort und Schrift, sie verdrängt die sprachlogische Differenz beider. Die Sprache, deren Begriff dem Konzept zugrunde liegt, ist die einer bücherinternen Kommunikation. Die Levinassche Asymmetrie gründet in der Beziehung zwischen mir und dem Andern (zwischen Ego und Alter), sie ist der Grund der Differenz zwischen Wort und Schrift, in deren Kontext sie sich (im Staat, im Recht, in der Wissenschaft) entfaltet. Sie begründet die Logik der Schrift und am Ende das Konzept einer „Erkenntnistheorie ohne erkennendes Subjekt“ (Titel eines Vortrags von Karl Popper, vgl. Habermas, S. 115). Die Logik der Schrift bringt die Stimme zum Schweigen, ersetzt das Gebot durchs Gesetz, schafft eine Welt (ex nihilo), in der man alles darf, sich nur nicht erwischen lassen (der Nominalismus hat gleichsam grundsätzliche Vorkehrungen gegen das Erwischtwerden getroffen; vgl. das Feigenblatt und die Bekenntnislogik).
Habermas‘ „Verletzlichkeit der Person“ und seine Ranküne gegen Adorno gründen in seiner Abwehr der Theologie.
Ist in dem Gleichnis vom Weizen der steinige Grund die Kirche („auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen“), und sind die Dornen und Disteln der Staat und die Ökonomie?
Nicht die Kirche, sondern der Kapitalismus, die Ökonomie, ist das steinerne Herz der Welt; er hat deshalb gesiegt, weil er der Erbe und die Verkörperung aller Sieger ist: das Subjekt des Hegelschen Weltgerichts.
Enthält nicht Mt 16 (zusammen mit Mt 18) über die Gründungs- und Bestandsgarantie der Kirche hinaus eine weit darüber hinausreichende Dramatik?
Das Inertialsystem ist als Instrument der Instrumentalisierung der externe (anorganische) Kern des Animalischen. Das Tier unterscheidet sich von der Pflanze durch seine sinnliche Wahrnehmungsfähigkeit, durch die Selbstbewegung und durch seine objektivierende Tätigkeit (sein „kommunikatives Handeln“). Nur daß beim Tier diese objektivierende Tätigkeit insgesamt zwangshaft ist: instinktgebunden.
Indikativ und Imperativ: Wäre Gott allwissend, wäre er nicht barmherzig.
Die Sprache lebt aus der Kraft des göttlichen Namens. Deshalb können Tiere nicht sprechen. -
5.1.96
Wie verhält sich die Kommunikationstheorie zur Bekenntnislogik, zur Logik des Weltbegriffs, wieweit ist sie zum Opfer eines selbstbezüglichen, das Subjekt unter dem Diktat der Intersubjektivität von sich selbst ausschließenden Säkularisationskonzepts geworden?
Habermas macht den absoluten Schnitt zwischen Natur und Kultur, so macht er die Natur zum absoluten Gegensatz des Geistes: macht er sie unerkennbar, er streicht die kantischen Noumena einfach durch. So wird ihm auch die Kultur zu einem Stück anorganischer Natur.
Wenn die Ökonomie die anorganische Natur der Staatenwelt ist, ist Deutschland dann nicht der Friedhof der Welt?
Gibt es nicht neben (und als Voraussetzung) der „Kolonialisierung der Lebenswelt“ eine „Kolonialisierung der Vergangenheit“, die nur durch Erinnerungsarbeit aus dieser Verstrickung zu lösen ist?
Ist nicht der Universalismus das Bonbon, das Habermas seiner akademischen Umwelt in den Mund steckt, mit dem er seine Gemeinschaft beteuert und versichert: Ich bin doch einer von euch; ihr seht, ich nehme euch ernst, nun akzeptiert mich doch endlich.
Seit 68 reicht der durch den Faschismus erzeugte Rechtfertigungszwang so tief, daß selbst das Handeln sich darin verstrickt. Seitdem gibt es ein Handeln, das zwar nichts ändert, dafür aber als Alibi gebraucht werden kann; man kann sich selbst und andern sagen: Wir tun was. Hieraus läßt sich die raf ableiten.
Staatsanwalt: Der Satz „Der Teufel steckt im Detail“ ist zu ergänzen: Der Satan (der Ankläger) ist eine Verkörperung des Systems.
Seit der kopernikanischen Wende ist das falsche Zeugnis ein systemimmanentes Moment.
Das Prinzip der Delegation von Verantwortung, das nach dem Krieg als Herrschaftsinstrument Karriere gemacht hat, war eigentlich ein Exkulpations-, ein Schuldverschiebungsinstrument. Nicht die Verantwortung, sondern ihre Last wurde delegiert. Genau das ist das Prinzip des Verwaltungshandelns, und dieses Verwaltungshandeln ist das Modell dessen, was Habermas kommunikatives Handeln nennt. Ist nicht die Kommunikationstheorie (die ein Ableger der Linguistik ist) Indiz und Gradmesser des Eindringens der Logik des Verwaltungshandelns in die Praxis und ins Selbstverständnis des Rechts und der Wissenschaften?
Ausländerhaß ist eine Form von Selbsthaß in einer Welt, in der „wir alle“ Ausländer sind, die Deutschen (infolge des verlorenen, durch keinen Friedensschluß mehr zum Abschluß gebrachten Krieges) aber in besonderem Maße. Carl Schmitts Begriff und Verständnis der Souveränität (und jeder Nationalismus seitdem) war ein letztes verzweifeltes Aufbegehren dagegen. Das Problem der Souveränität ist kein Gesinnungsproblem, sondern ein geschichtslogisches Problem. -
4.1.96
Die Asymmetrie zwischen mir und den andern ist unvermeidbar. Auch der Universalismus ist asymmetrisch, er glaubt nur, von der Reflexion dieser Asymmetrie absehen zu können. Die Habermassche Intersubjektivität ist ein Richterkollegium (ein Gemeinschaft von Richtenden).
Hat nicht der Jakob Boehmesche Gebrauch des Symbols des göttlichen Zorns und Grimms etwas mit dem Symbol des Kelchs zu tun?
Wenn Habermas die Individualität an die Personalpronomina bindet, so vergißt er, daß die durchs Eigentum vermittelte Individualität eine privilegierte und durch die staatliche Organisation des Eigentums vermittelte Individualität ist. Die jüdische Tradition hingegen gründet die Individualität und die Autonomie in der Gottesfurcht. Das in der Kabbala wie im Christentum tradierte Armutsmotiv („Mein ist dein und dein ist dein“) hält die Erinnerung daran fest, daß mein Eigentum kein originäres Eigentum ist (ich bin nicht Gott), sondern das jedes Eigentum durch die Anerkennung durch andere und durch die Organisation dieser Anerkennung durch den Staat und das Recht vermittelt ist. Die strafrechtliche Sanktionierung der Verletzung der Eigentumsrechte anderer zielt nicht auf die Wiederherstellung der Rechte des andern, sondern vergesellschaftet nur das Rachebedürfnis als Strafbedürfnis. Ihr Grundprinzip ist nicht die Versöhnung der Beteiligten, sondern deren Versöhnung mit dem Staat: die Monopolisierung der Rache durch den Staat.
Die Verführung des Verurteilens ist die Verführung des Rechts: Sie ändert nichts, befriedigt nur das Rache- und Strafbedürfnis, das die Bürger an den Staat bindet (Anwendung auf den wissenschaftlichen Objekt- und Erkenntnisbegriff).
„Wahr und falsch“: In der Schrift gibt es das „falsche Zeugnis“ und den „falschen Propheten“ (sowie dessen apokalyptische Verkörperung im „Tier vom Lande“ – Off 1311ff, vgl. auch 152 und 179). Die analytische Philosophie hat sie neutralisiert zu „falschen Sätzen“, für die keiner mehr verantwortlich ist. „Falsche Sätze“ sind das Korrelat des apriori exkulpierten „fallibilistischen“ Bewußtseins, das seinen wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht mehr verantworten muß (nur noch seine politische Gesinnung, die zwar objektiv, gegen die Übermacht dessen, was ist, gegen die Imperative des Marktes und der Verwaltung, nichts mehr vermag, dafür aber exkulpatorische Kräfte freisetzt).
Hat nicht der Fachjargon (auch bei Habermas) den Zweck einer strategisch-taktischen Verwirrung des Leser (und – im Kontext eines „Universalismus“, der die Grenzen zwischen Autor und Leser verwischt – auch der Selbstverwirrung)?
Beitrag des Kohelet zur Logik der Schrift: Hängt nicht der Satz über das Bücherschreiben mit dem (systematisch zu verstehenden) Begriff der Eitelkeit zusammen?
Alle Weltreligionen sind Buchreligionen. Bezeichnet nicht die Eitelkeit das gleiche systematische Element im Begriff der Welt, dessen zentrale logische Funktion Hegel im Begriff des Scheins bezeichnet und beschrieben hat? Dieser Schein, ein Produkt der Logik der Schrift, trennt die Schrift vom Wort. Im Banne dieses Scheins ist in der Tat „des Bücherschreibens kein Ende“.
Ist die Eitelkeit die biblische Wurzel des Fernsehens?
Eitelkeit und Welt: Der Eitle spiegelt sich im Blick der andern; die Totalität dieser Spiegelung ist die Welt, in ihrem Schein ist alles nur, was es für andere ist. Deshalb ist die Welt alles, was der Fall ist. -
3.1.96
„… laß die Toten ihre Toten begraben“ (Mt 822): Beschreibt dieser Satz nicht aufs genaueste die Automatik des Inertialsystems, des Weltbegriffs und der Bekenntnislogik? Wer die Vergangenheit nur überwindet (sie „bewältigt“), ist ihr schon verfallen. (Dieser Zusammenhang läßt sich demonstrieren an Habermas‘ eigener Darstellung seiner Beziehung zu Adorno <in der Neuen Unübersichtlichkeit>, die nicht ohne Ranküne ist – wenn er z.B. aus Adornos „Eingedenken der Natur im Subjekt“ ein „Eingedenken der ‚gequälten‘ Natur“ macht, S. 204 – und auf eine Verletzung zurückzuweisen scheint, die Habermas nicht mehr reflektieren kann oder will; der gleiche Zusammenhang ist anwendbar aufs vierte Gebot: Vater und Mutter ehren heißt nicht, sie wie Tote behandeln und von ihnen nur Gutes denken).
Logik als Trauma: Sind nicht die subjektiven Formen der Anschauung, der Weltbegriff und die Bekenntnislogik Produkte einer in ihnen sich fortpflanzenden Verletzung und Instrumente der Ranküne?
Das Inertialsystem (das Trägheitsgesetz) verdankt sich der Abstraktion von der Schwerkraft. Mit der Vergegenständlichung der Schwerkraft, mit dem newtonschen Gravitationsgesetz, wurde die Vergangenheit entrealisiert, wurde sie vergegenständlicht, ästhetisiert und zugleich verdrängt. Verhält sich nicht das Trägheitsgesetz zur Gravitation wie das Tauschprinzip zur Schuldknechtschaft? Die Abstraktion von der Schwere, Bedingung jeder ästhetischen Vergegenständlichung und Grund der subjektiven Formen der Anschauung, war der Schnitt, der die Theorie von der dialogischen Asymmetrie der Sprache befreit, der sie monologisiert hat. Die Abstraktion von der Schwere hat das Ungleichnamige gleichnamig gemacht, die Sprache von der Last der Herrschafts- und Schuldreflexion befreit; sie hat die Sprache selbst neutralisiert, die ihr einwohnende und sie belebende Kraft des Namens verhext. Die Monologisierung der Theorie ist das Produkt der Verdrängung des Bewußtseins der Asymmetrie zwischen mir und dem Andern, sie ist der Grund eines Universalismus, der die Gewalt der Sprache in die Sprache der Gewalt transformiert. Ein Universalismus, der die Asymmetrie mit reflektiert, damit die Gewalt der Sprache zurückgewinnt, wäre der Universalismus der Lehre (einer Lehre, die nicht mehr belehrt). -
1.1.96
Habermas‘ Theorie des kommunikativen Handelns verdankt sich der Logik der Ästhetisierung: der Abstraktion vom Herrschafts-, Schuld- und Verblendungszusammenhang, von der Schwerkraft, vom Tod, von der Sexualität. Der entscheidende Schritt der Abstraktion von der Schwerkraft (der Konstituierung des Trägheitsgesetzes) war die newtonsche Theorie, die Vergegenständlichung der Schwerkraft durchs Gravitationsgesetz, die sie zu einer Reflexionsbestimmung gemacht hat. Erst Newton ist es gelungen, den Schrecken der Schwerkraft, den die Theologie unter dem Titel der Erbsünde reflektiert hat, durch Vergegenständlichung zu bannen (nicht freilich, ihn aufzulösen).
Die newtonsche Gravitationstheorie hat die Erinnerung an den Fall verdrängt; so ist die Welt zu „allem, was der Fall ist“ geworden.
Ihr seid das Licht der Welt: Wenn das Licht die erinnerte Schwere ist, ist dann nicht die Lichtgeschwindigkeit das Instrument der Verdrängung dieser Erinnerung?
Die letzte Phase der Physik – in der Konsequenz der Vergegenständlichung der Schwere – war die Selbstverzehrung und die Löschung des Lichts.
Beschreibt nicht das Licht den Weg des Namens?
Sind nicht alle Theorien seit dem Ursprung des christlichen Dogmas Theorien, deren Zweck es ist, die Reflexion von Herrschaft auszuschließen und einen schuld- und herrschaftsfreien Raum zu konstituieren, ist das nicht das Gesetz ihres „Fortschritts“?
Sind Satan und der Teufel die Gegenbilder von JHWH und Elohim, Reflexe des Gottesnamens im Säkularisationsprozeß? Und hängt die Unterscheidung von Satan und Teufel mit der Trennung von Natur und Welt zusammen (oder auch mit der Unterscheidung des Planetensystems vom Tierkreis)?
Ist nicht der Beamte, der aus seinem Nichtsein, aus seiner Selbstverleugnung, sein Selbst gewinnt, ein Beleg für die creatio mundi ex nihilo?
Die Bekenntnislogik ist die Logik des entäußerten Gewissens.
Die Frage, was geht in den Köpfen derer vor, die dieses Verfahren (den Hogefeld-Prozeß) so durchziehen zu müssen glauben, gewinnt Bedeutung vor dem Hintergrund, daß dieser Prozeß seitens der Anklage im Namen des Staates und seitens des Gerichts im Namen des Volkes geführt wird. Aber wenn die Öffentlichkeit nach dem Motte reagiert: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß, gerät sie in den Bann der Komplizenschaft.
War nicht die raf (der Terrorismus) ein Angriff von einer Seite, von der er nicht erwartet wurde: ein Überraschungsangriff, der der Öffentlichkeit die Sprache geraubt hat?
Zum Erbe des Faschismus gehört die Neigung, historische Erscheinungen zu verurteilen, bevor man sie begriffen hat (Zusammenhang mit dem Unschuldssyndrom und der Bekenntnislogik). Gilt nicht Hegels Satz: Das Wirkliche ist vernünftig, das Vernünftige ist wirklich, in dem Sinne auch weiterhin, daß er generell vor das moralische Urteil das Begreifen dessen, worauf das Urteil sich bezieht, setzt? Bezeichnet die Formel „Solidarität ohne Komplizenschaft“ nicht auch Beziehung zur Vergangenheit, die in der Lage wäre, dem moralischen und dem kontrafaktischen Urteil über Vergangenes den Boden zu entziehen? -
31.12.95
Was wird aus einem Staat, der den Richtern die Last des Bewußtseins der Folgen seines Tuns abnimmt?
Nur finstere Geheimnisse kann man verraten. Die göttlichen Geheimnisse (die von theologischen Geheimnissen zu unterscheiden sind) sind Gegenstand der Offenbarung.
Transzendentale Ästhetik: Das Inertialsystem ist (nach der Erfindung des Geldes und nach der Entfaltung der Bekenntnislogik) die letzte Gestalt der Instrumentalisierung des Feigenblatts.
Delegation, Stellvertretung, Repräsentation und Schuldverschubsystem: In dieser Konstellation konstituiert sich das Objekt.
Der Handel hat mit dem Gebrauch des Geldes das Schuldverschubsystem begründet und darin die Erinnerung an die Schuldknechtschaft, die zur Ursprungsgeschichte des Geldes gehört, aufbewahrt.
Der Name der Schlachtbank hält die Erinnerung an den Ursprung der Banken in der Tempelwirtschaft wach.
Als Habermas den Gedanken einer resurrectio naturae verworfen hat, hat er den Begriff der Politik instrumentalisiert.
Kronzeugenregelung: Instrumentalisierung und rechtliche Absicherung des falschen Zeugnisses.
Reklame: Die Instrumentalisierung der Zeugenschaft (der Schlager macht Reklame für die Ware, die er selber ist: Reklame der Reklame; im Markenartikel machen die Ware und ihre Käufer Reklame für die Reklame, die den Verkauf der Ware sichert: Säkularisation der Bekenntnislogik und der ihr inhärierenden Exkulpationsautomatik, ihrer schuldvernichtenden und erlösenden Macht; vergleichbar dem Sport, der die nationalen Emotionen an sich bindet und reproduziert, die ohne ihn drohen, gegenstandslos zu werden).
Die Hooligans gehören wie die Benutzer/Träger von Markenartikeln zu den letzten Nachfahren der Confessores (der BMW-Fahrer bekennt sich zu BMW; wer Levi’s trägt, ist cool).
Ursprung des Neutrum: Folge der Abstraktion vom Geschlechterverhältnis im Begriff der Gattung (Konstituierung des Allgemeinen; Ursprung des Unzuchtsbechers: der Gemeinheit). Mit dem Neutrum (mit der transzendentalen Ästhetik und Logik, mit der Trennung der Begriffe Natur und Welt) ist die Sexualmoral entstanden.
To be or not to be, that is the question: Das Präfix be-, das im Englischen als Name des Seins fungiert, ist der logische Katalysator der Vergegenständlichung, des Objektbegriffs. Der englische Empirismus ist sprachlogisch begründet.
Im Bekenntnis wird die Erkenntnis sich selbst zum Objekt, erstickt die Kraft des Namens, wird sie blind und lahm: das Bekenntnis ist die genaue Umkehrung des homologein, der Heiligung des Gottesnamens. Die Bekenntnislogik ist ein Teil der Logik des Weltbegriffs.
Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie