Der Handel verwandelt die ganze Welt in ein Äußerliches.
Hängt nicht das Jesus-Wort, daß der Schriftgelehrte, der für das Himmelreich unterrichtet ist, einem Hausvater gleicht, der Altes und Neues aus seinem Schatz hervorholt (Mt 1352), mit den siebzig Sinnstufen, die jede Textstelle nach jüdischer Tradition hat, zusammen? Wer sich auf eine Interpretation festlegt, vergewaltigt die Schrift.
Der letzte Satz des Jakobus-Briefs: „Wer einen Sünder von seinem Irrweg bekehrt, der wird seine (eigene) Seele vom Tode retten und eine Menge Sünden zudecken“ (520) erinnert an das Jesus-Wort, daß „im Himmel mehr Freude sein wird über einen Sünder, der Buße tut, als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen“ (Lk 157). Die „Bekehrung“ ist demnach wichtiger als die Verurteilung, wichtiger auch als das eigene Nichtsündigen, die eigene „Unschuld“; und hat das nicht auch etwas mit der Geschichte von den sieben unreinen Geistern zu tun? Ist der Gedanke so abwegig, daß die Befreiung der Maria Magdalena von den sieben unreinen Geistern die Voraussetzung der Auferstehung Jesu, daß sie das Modell der von Jakobus genannten Bekehrung war?
Das „Ich denke, das alle meine Vorstellungen muß begleiten können“, ist das Einheitsprinzip, das logische Gesetz, durch das „alle meine Vorstellungen“ (und zwar als „meine“ Vorstellungen) aufeinander sich beziehen. Es ist die Keimzelle der Hegelschen Logik, die eine Eigentumslogik ist (die Dialektik reflektiert den Prozeß – den „bacchantischen Taumel“ -, in den das Wahre hereingezogen wird, wenn es ins Kraftfeld der Eigentumslogik gerät).
Hegel
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21.4.96
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20.4.96
Wie reflektiert sich die Trennung der „subjektiven Formen der Anschauung“ in die der äußeren und der inneren Anschauung in der Logik des Geldes und in der Bekenntnislogik? Und ist diese Trennung nicht in der von Natur und Welt begründet (ist der Begriff des Weltgerichts nicht im Weltbegriff enthalten, aus seiner Logik ableitbar)?
Kann man den Versuch, aus der Struktur des Gehirns das Bewußtsein abzuleiten, nicht mit dem Versuch vergleichen, aus der Konstruktion einer Lokomotive den Lokomotivführer abzuleiten?
Die Schlange war das klügste aller Tiere/ Seid klug wie die Schlangen …: In der Tradition ist der Begriff des Tieres immer an das Kriterium der Sexualität angehängt worden; das Animalische im Menschen war das Sexuelle, der Trieb. Der Paradigmenwechsel, der sich ergibt, wenn der Begriff des Tieres anstatt an den Sexus und die Fortpflanzung (und damit an den Gattungsbegriff), an den Weltbegriff gebunden wird, rückt die „Klugheit“ der Schlange in ein anderes Licht: es ist die Klugheit der Welt, die Klugheit der instrumentellen Vernunft.
Die Subjektivierungsgeschichte ist durch die Idee der Einheit der Welt (an der die Einheit des Subjekts, dem Kristallisationskern der instrumentellen Vernunft, hing) erzwungen worden.
In diesen Zusammenhang gehört der Hegelsche Satz, daß „die Natur den Begriff nicht halten“ kann; ein Satz, den Hegel mit dem Hinweis auf die verschiedenen Arten und Gattungen der Tiere begründet. Gäbe es nur die eine Welt, dann dürfte es auch nur ein Tier geben. Rührt das nicht an die Bedeutung des Tiersymbols in der Apokalypse?
Die Einheit der Welt liegt nicht in ihr selbst begründet, sondern in den subjektiven Formen der Anschauung, Index der vergesellschafteten Subjektivität. Deren Einheit aber ist durchs Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit gesprengt worden.
Es gibt so viele Welten wie es Gattungen und Arten der Tiere gibt.
Der Begriff der Gattung schließt Tod und Fortpflanzung mit ein. Tiere pflanzen sich fort und sterben (sind eingebunden in das „Rad des Lebens“); Tische und Stühle dagegen gehören keiner Gattung an (sie sterben nicht und pflanzen sich nicht fort), stehen nur in einer Subsumtionsbeziehung zu ihrem Namen.
Aus dem Bann der Welt führt allein die Sprengung des Banns des Begriffs, die Befreiung der Kraft des Namens, heraus.
Die biblischen Tieropfer beziehen sich allesamt auf gehörnte Tiere; heißt das nicht auch, daß sie sich allesamt auf grasfressende Tiere beziehen? Raubtiere sind keine Opfertiere (andere Völker beziehen zwar andere, nicht gehörnte Tiere, wie Pferd und Schwein, mit ein, aber keine Raubtiere).
Ist das Aufspannen des Himmels („der den Himmel aufgespannt und die Erde gegründet hat“) ein gegen die Gewalt des Inertialsystems (und auf die Konstituierung des Angesichts) gerichteter Schöpfungsakt? Dieser Himmel ist im kopernikanischen System implodiert. Unterm Bann der Selbsterhaltung hat die Menschheit dem Aufspannen die Konstruktion von blinder Gewalt und starrer Herrschaft entgegengesetzt, deren Realsymbol das Inertialsystem ist.
Nur wer die Last auf sich nimmt, befreit sich von ihr: Deshalb ist die Reflexion der Vergangenheit, das Eingedenken, ein wesentliches Element der Theologie.
Das Gravitationsgesetz hat den Schwur instrumentalisiert (der Schwur ist eine auf die Zukunft bezogene Selbstbindung, die Gott zum Zeugen anruft; sind Schwur und Zeugenschaft nicht Definitionselemente des Raumes, der subjektiven Form der äußeren Anschauung: Zusammenhang von Mathematik und Beweislogik und deren Beziehung zur Verwirrung des Namens, zum Nominalismus?). Das könnte den Namen der Planeten (Irrsterne) erklären. -
5.4.96
„Post haec accepit de substantia sua et discessit ad mare …“ Diesen Satz aus der lateinischen Quelle des altfranzösischen Alexius-Liedes übersetzt Erich Auerbach wie folgt: „Darauf nahm er etwas von seinem Vermögen und begab sich zum Meere …“ (Mimesis, S. 114). Enthält die Übersetzung von substantia mit Vermögen nicht den Schlüssel zum materialistischen Verständnis der Philosophie? War der Begriff der Transsubstantiation vielleicht ein hilfloser Versuch, das Tauschprinzip zu verstehen? Und wenn Hegels Philosophie mit dem Programm antritt, „die Substanz als Subjekt“ zu begreifen, war das nicht schon ein verschlüsselter Ausdruck der Marxschen These, daß die den historischen Prozeß bewegenden Kräfte die ökonomischen sind?
Hinweis auf den logischen Grund der Opfertheologie: Die Konstituierung der Raumvorstellung zieht die Vorstellung nach sich, daß die Materie von außen in den Raum hineinkommt. In der gleichen Bewegung konstituiert sich die Materie als „träge Masse“; sie stößt ihre sinnlichen Qualitäten von sich ab, die danach auch gleichsam nur von außen in sie hereinkommen, wobei als dieses Außen der Materie, das im Raum keinen Halt findet, nur das Subjekt noch übrigbleibt. Die naturwissenschaftliche Aufklärung hat dem Begriff des Opfers den Grund entzogen, ohne ihn wirklich aufzulösen. Barmherzigkeit, nicht Opfer: Die Naturwissenschaften haben nicht nur dem Opfer, sondern auch der Idee der Barmherzigkeit den Grund entzogen; sie haben, indem sie das Opfer durch seine Universalisierung gegenstandslos (und zu einer bloßen Manifestation von Gewalt) gemacht haben, die Barmherzigkeit blind gemacht („Ihr laßt die Armen schuldig werden“).
„Sie (die Ereignisse und Figuren des Alten Testaments, H.H.) haben keine Wirklichkeit mehr, sondern nur noch Bedeutung“ (Mimesis, S. 113): Diese Bemerkung Erich Auerbachs über die frühchristliche Verarbeitung der Vorvergangenheit des Christentums verweist auf den (opfertheologischen) Ursprung dessen, was seitdem Bedeutung heißt. Bedeutung hat eine Sache nicht an sich, sondern nur für etwas; der Begriff der Bedeutung schließt die Funktionalisierung schon mit ein, von der gewaltsam abstrahieren muß, wer versucht, so etwas wie eine „objektive Bedeutung“ einer Sache, eines Begriffs, dingfest zu machen.
Der Sinn erinnert an die Sinnlichkeit, die Passivität der Wahrnehmung, die Bedeutung ans Deuten, sie enthält ein aktives, deiktisches Moment. (Hat diese Unterscheidung etwas mit mit den Zeichen an Kopf und Hand in der Apokalypse zu tun?)
Die Definition der Wahrheit als Übereinstimmung von Begriff und Gegenstand bannt das Proletariat auf die Objektseite der Welt, und mit der Proletarisierung aller (mit der Verwüstung der Welt durch die Ökonomie) die Menschheit.
Im 7. Kapitel der Johannes-Apokalypse werden die Stämme Israels aufgeführt, aber mit folgenden Abweichungen: Während der Stamm Dan fehlt, wird der Stamm Manasse genannt, obwohl auch der Stamm Joseph (zu dem er gehört), mit aufgeführt wird, während Ephraim (der andere Halbstamm Joseph) wiederum fehlt. Hat das etwas mit der Rolle dieser Stämme im Buch der Richter zu tun?
Der Drache hat die Kronen auf seinen sieben Häuptern (Apk 123), das Tier aus dem Meere hat die Kronen auf seinen zehn Hörnern und auf seinen Köpfen gotteslästerliche Namen (131). Ist das nicht ein ungeheurer Hinweis?
Ist nicht der Hebräer-Brief, in dem übrigens die einzige Stelle sich findet, an der das „Neue Testament“ definiert wird, der Beweis dafür, daß das Christentum Israel nicht beerbt hat? Das Christentum ist ein Hebräertum, das sich fälschlich für Israel gehalten hat. Diese Verwechslung war tödlich.
In Bubers Bibel-Übersetzung gibt es den Begriff der „Weltzeit“. Den gleichen Begriff haben die Christen immer mit Ewigkeit übersetzt. Ist nicht die Bubersche Übersetzung in diesem Falle besser?
Sind nicht die theologischen Konstruktionen, die die Seligkeit als „selige Anschauung Gottes“ und als „Teilhabe am innertrinitarischen Prozeß“ definieren, exakte Darstellungen der Hölle?
Der Satz, daß der Schrecken des Faschismus durch Verurteilung sich nicht bannen läßt, gilt auch für die Kirche.
Das Wort „Barmherzigkeit, nicht Opfer“ gewinnt heute, angesichts der entfalteten Naturwissenschaften, auch kosmologische Bedeutung.
Himmel und Erde sind Manifestationen eines vorweltlichen Urteils; darauf bezieht sich der biblische Schöpfungsbegriff, das bara. Deshalb sind die großen Seetiere wie auch die Menschen erschaffen. Die Erschaffung des Menschen war dreifach: in seinem Bilde (im Angesicht Gottes), im Bilde Gottes (im Bilde seiner Attribute) und als Mann und Weib.
Wider die Harmonie und die Geborgenheit: Das Sich-Reiben ist auch eine Methode der Erzeugung des Feuers. Hat das etwas mit dem Satz „Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu bringen, und ich wollte, es brennte schon“ (Lk 1249) zu tun?
Ist Helmut Kohl, der sich immer auf das Urteil der Geshichte beruft, nicht selber der Protagonist der Revision des geschichtlichen Urteils über den Faschismus, der real-ironischen Realisierung des faschistischen Ziels der Weltherrschaft mit den „rationalen“ Mitteln der Ökonomie. Dazu paßt der Slogan der „Versöhnung über den Gräbern“, in denen endlich Täter und Opfer vereint sind.
Ist nicht Antje Vollmer die feminine Version Kinkels bei den Grünen?
Im Buch Esther gibt es die Stelle, daß ein Erlaß des Königs „an die Gaue (Provinzen) in ihrer Schrift, an die Völker in ihrer Sprache und an die Juden in ihrer Schrift und in ihrer Sprache“ ergeht. Die Gaue (Provinzen) sind Verwaltungseinheiten, und die haben die Schrift als Grundlage, während die Völker durch ihre Sprachen sich definieren.
Das „Quidquid non est in actis, non es in mundo“ verweist auf den genetischen Zusammenhang von Schrift und Welt. Die Welt wurde nicht durchs Wort, sondern durch die Schrift erschaffen. -
31.3.96
Ist nicht jeder Indikativ ein versteckter Imperativ (jeder Indikativ erhebt Anspruch auf die „normative Kraft des Faktischen“; darin gründet der Anspruch der Ontologie)? Und käme es nicht darauf an, diesen Anspruch reflexionsfähig zu machen, anstatt ihm blind zu folgen? Das imperativische Zentrum des Indikativs ist die Idee des Absoluten: Produkt der Selbstreflexion des Subjekts im Unendlichen, der Schatten, den das Subjekt auf Gott wirft.
Das Proletariat in der Marxschen Theorie ist nicht austauschbar und nicht beliebig ersetzbar, insbesondere nicht durch irgendwelche Avantgarden. Stattdessen wäre endlich der Paradigmenwechsel zu reflektieren und zu begreifen, der einhergeht mit der Globalisierung des Kapitalismus, mit der universalen Realisierung des „freien Marktes“ und in deren Folge mit der inneren Differenzierung im Begriff und in der Realität des Proletariats: Der ökonomischen Proletarisierung ganzer Weltregionen entspricht die politische Proletarisierung der Metropolen.
Der Markt gründet im Fernhandel, in den Außenbeziehungen der handeltreibenden Staaten und Völker; seine Wurzeln liegen im Raub, in der Eroberung und im Opferwesen. Der Markt hat diese Beziehungen im Hegelschen Sinne in „Naturbeziehungen“ transformiert. Es wäre nachzuweisen, daß in dieser Konstellation der Naturbegriff überhaupt erst entspringt (daß die zweite Natur das Modell der ersten war, in deren Bild sie sich bewußtlos wiedererkannte). Natur war seit je potentielles Eigentum (herrenloses Gut, das, was einfach nur da ist), und die vorsokratische Philosophie, die unter dem Standardtitel peri physeos sich entfaltet hat, war ein Produkt der Vergesellschaftung der Logik des Handels, die dem Expansionstrieb des Staates den Weg freigemacht hat. So war Philosophie von Anbeginn (auch als Naturphilosophie, die durch Entzauberung der Natur die Widerstände und Hemmungen abgebaut hat, die der Aneignung und Beherrschung der Natur und der Begründung des Gewaltmonopols des Staates im Wege standen) politische Philosophie. -
23.3.96
Lauter ist nicht der Unbescholtene, sondern der Offene, der nicht heuchelt, nicht manipuliert, nicht hinterhältig ist, keine Falle stellt. Lauter ist die Wahrheit, die ganz durchsichtig ist, nichts hinter zweideutigen Formulierungen versteckt, die nichts zurückhält, die keine anderen Absichten hegt außer denen, die sie auch ausspricht. Lauter ist das Licht, niemals jedoch ein Objekt, das immer eine Rückseite hat, die man nicht sieht. Über die Lauterkeit des Dogmas und der Orthodoxie wird erst zu befinden sein, wenn es gelingt, sie aus dem Bann der Bekenntnislogik, dem sie unterworfen sind, zu befreien.
Lauterkeit ist die Freiheit von Gemeinheit.
Im Begriff des Ganzen wird ein Objekt vorgestellt, das, nach außen abgeschlossen, rein dem Anschauen sich darbietet: Sein Modell ist die Statue, die nicht sieht, nicht hört, nicht spricht, nicht handelt. Die (Götter-)Statue ist die Erinnerung an das (mythische) Opfer, auf das keine Auferstehung folgt. Bild dieser Ganzheit ist der Heros, das in sich verschlossene, stumme Selbst, niemals der Prophet. Der Begriff des Ganzen gewinnt seine Verführungskraft aus der Konstellation von Opfer und Altar, Statue und Tempel, aus der wahrscheinlich einmal die Institution des Königtums hervorgegangen ist. Er gehört zur Geschichte der Verstrickung von Religion und Herrschaft, aus der das Wort der Offenbarung, das aufs Hören statt aufs Anschauen verweist, einmal den Weg der Befreiung gewiesen hat. Die Idee der Auferstehung antizipiert die Erfüllung des Satzes: Barmherzigkeit, nicht Opfer (das Jüngste Gericht ist das Gericht der Barmherzigkeit über das gnadenlose Weltgericht).
Der Begriff der Kommunikationsgesellschaft abstrahiert von einer Realität, die durch die Schuldenkrise, das Armutsproblem und die Härte der Herrschaftsstrukturen sich definiert. Ebenso ist eine Theorie des kommmunikativen Handelns schon im Ansatz falsch, die nicht auch eine Theorie des Gerüchts, des Vorurteils, der Medien und der Unterhaltung mit einschließt: einer Kommunikation ohne Reversibilität, einer Kommunikation, die zum Reversbild der „subjektiven Formen der Anschauung“ geworden ist: Wie diese vom Blick des Andern, so abstrahiert jene von der Antwort der Andern, vom Dialog. War die Anschauung ein Instrument der Vergesellschaftung von Herrschaft und der Bildung des Subjekts, so ist die Entfaltung und Realisierung der Kommunikationsgesellschaft durch die Medien das Instrument der Gewöhnung und Fixierung der Beherrschten an ihren Objektstatus.
Eine Theorie der Gemeinheit ist nicht möglich ohne eine Kritik der Beweislogik, die aber setzt die Theologie voraus, allerdings eine Theologie, die selber aus dem Bann der Logik der Gemeinheit sich befreit: als Theologie im Angesicht Gottes.
Der Tod Mosis: Das Hegelsche Absolute ist der Ort des erloschenen Feuers im nicht mehr brennenden Dornbusch.
Lk 1111f: Sind wir nicht die Väter, die ihren Kindern, wenn sie um Brot bitten, nichts anderes als Steine zu geben vermögen, wenn sie um einen Fisch bitten, nur eine Natter anbieten können, und statt eines Eis nur einen Skorpion geben können?
Wo entspringt die Differenz zwischen dem Namen des Neuen Bundes und dem des Neuen Testaments, oder verschwimmen nur die Begriffe im Griechischen, in dem diatheke beides, den Vertrag und das Testament, bezeichnet: und das aufgrund einer Logik, die im Vertrag, und damit auch im Tauschakt, noch die Dramatik des Erbens begreift, im Tausch den wechselseitigen Tod der Tauschenden? Ist das Christentum durch die Metaphorik seiner Theologie (in der ein herrschaftsgeschichtlicher Zusammenhang sich widerspiegelt) zum Bewohner des Totenreichs geworden, auf das die Idee der Auferstehung sich bezieht?
Die Geschichte von den Blinden und Lahmen (bei der Eroberung von Jerusalem durch David) erfüllt sich im Inertialsystem: in der Beziehung von Anschauung und Trägheit.
Zum Verhältnis von Spekulation und Reflexion: Der Weltbegriff ist ein Spiegelsystem. -
20.3.96
Auch das Lachen hat Anteil an der Verurteilung und Diskriminierung, und im Lachen steckt ein magisches Erbe.
Das Lachen ist ein Instrument der Vergesellschaftung: Es macht die, die ins Lachen einstimmen, zu Komplizen (und die, die nicht einstimmen, zu Verrätern).
Das Dogma und die ihm zugrunde liegende Vorstellung, die Wahrheit sei in Urteilen faßbar, verdrängt den dämonischen Charakter des Urteils, es verdrängt den Verdrängungsprozeß selber, dem das Urteil sich verdankt. Diese Verdrängung erscheint dann in den Außenbeziehungen der Bekenntnislogik, in der automatischen Konstitution des Feindbildes, im Verrätersyndrom und in der Frauenfeindschaft.
Verweist nicht der Hegelsche Satz, daß das Wahre der bacchantische Taumel ist, in dem kein Glied nicht trunken ist, darauf, daß in der Logik des Dings das planetarische System sich widerspiegelt? War vielleicht die Astrologie der Versuch, die Momente des Dings, seine „Eigenschaften“, in der Sternenwelt zu begreifen? War die Astrologie der Chaldäer eine Vorstufe der Hegelschen Logik?
Hat die Neigung zur Astrologie wie auch die zur Religion heute etwas mit dem unendlichen Exkulpationsbedürfnis zu tun, das man versucht, über die Externalisierung von Schuld zu befriedigen?
Kann es sein, daß im Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit eine Eigenschaft des Raumes sich ausdrückt, die in anderer Konstellation im Gravitationsgesetz sich manifestiert?
Muß man im sogenannten „Neuen Testament“ nicht jeden Text so verstehen, als wäre er der Schlüsseltext fürs Ganze?
War der Stier in der alten Welt das Symbol der äußeren imperialen Macht, und verliert der Stier in dem Augenblick seine symbolische Kraft, in dem die imperiale Macht (Babylon) politisch sich durchsetzt und zur alles durchdringenden Substanz der Wirklichkeit wird: zusammen mit dem Weltbegriff? Was wurde auf dem Marsfeld geopfert (vgl. Benveniste)? Abel brachte von den Erstlingen der Schafe und von ihrem Fett ein Opfer dar.
Daß das Joch nicht mehr mit der Last verwechselt werden soll, daß das Wort vom Lamm Gottes, das die Sünde der Welt auf sich nimmt, unters Nachfolgegebot fällt, daß es dem Christen schlicht unerlaubt ist, die eigene Last andern als Joch aufzuerlegen, das rückt die Beziehung von Moral und Theologie in ein neues Licht. Es entzieht dem moralischen Urteil den Boden. – Hängt das Stiersymbol mit der Ursprungsgeschichte der Urteilslogik zusammen? Ist die transzendentale Ästhetik der Kelch und die transzendentale Logik der Stier?
Ist nicht das Futur II, die „zukünftige Vergangenheit“ die verurteilte (die „ausgelachte“) Zukunft? „Was wird schon gewesen sein?“ Drückt nicht der Kohelet „Es gibt nichts Neues unter der Sonne“ genau das Gleiche aus? -
19.3.96
Zur Logik der Schuld: Ist die Verurteilung, und mit ihr das Recht, aber auch dessen subjektiver Reflex, die „Empörung“ und die Diskriminierung, ein Säkularisationsprodukt der Magie? Alle Vorurteilsmechanismen, insbesondere der Antisemitismus und der Hexenwahn, leben von dieser säkularisierten magischen Tradition. Aber ist diese magische Tradition nicht dem Referenzsystem der naturwissenschaftlichen Erkenntnis, dem Inertialsystem, schon einbeschrieben?
Ist nicht der Urknall, wie auch insgesamt die kosmologischen Theorien nach Einstein, Produkt einer Verallgemeinerung, die nach Einstein eigentlich nicht mehr zulässig sein dürfte, der Einstein den Grund entzogen hat?
Betreibt heute nicht die Menschheit reinen Gewissens ihren eigenen Untergang? Und das nur deshalb, weil sie die Selbstverhexung durch die Orthogonalität (durch das Prinzip und den Grund der Säkularisation der Magie: durch die Logik der Verurteilung) nicht begriffen hat. Die Orthogonalität bezeichnet den Ursprungspunkt des blinden Flecks der Philosophie (und damit generell des Bewußtseins im Bann des Weltbegriffs). Dieser blinde Fleck ist im Dogmatisierungsprozeß (im Begriff und in der Praxis der Orthodoxie, der Priestertheologie) in die Theologie mit hereingenommen worden, in der er sich seitdem widerstandslos ausgebreitet hat. Die hegelsche Logik ist die genaueste Selbstreflexion dieser Ausbreitung des blinden Flecks, der in der Fundamentalontologie Heideggers dann implodiert ist.
Ist nicht die Implosion das genaueste Bild der Prozesse im mundus moralis heute?
Verhält sich die Moral zur Ethik wie der mundus zum kosmos oder die natura zur physis (wie die lateinische zur griechischen Sprache)? -
13.3.96
Die Legitimation durch Verfahren gibt es sowohl im Recht wie in der Wissenschaft. Hier heißt sie Methode.
Modernisierungsschub: Die Methode des Positivismus gründet in der Weigerung, die Beziehung von oben und unten zu reflektieren. Indem sie zwangshaft mit der Position über der Sache sich identifiziert, bleibt sie am Boden kleben wie die Schlange, die auf dem Bauche kriecht und Staub frißt. Suspendiert wird die Reflexion von Herrschaft, die dann auch noch als privilegierte Form der Erkenntnis diskriminiert wird. Diese Diskriminierung nannten die Nazis „Humanitätsduselei“, heute bracht man diesen diskriminierenden Namen nicht mehr, er wirkt auch ohne Benennung, durch reinen „Sachzwang“.
Theologie und Sprache: Die biblischen Symbole (wie die Schlange, die Dornen und Disteln, der Kelch, der Feigenbaum) sind alle auch Sprachsymbole, Elemente der Selbstreflexion der Sprache. Ihr Ziel ist nicht die Beherrschung der Sprache, sondern Reflexion der Herrschaftsmechanismen, die in der Spracher sich niedergeschlagen haben: die Befreiung der erkennenden Kraft der Sprache.
Hinter dem Rücken des Neutrum, der Abstraktion vom Männlichen und Weiblichen, bildet sich der Unzuchtsbecher. Hegels Philosophie reicht nur bis zur Erkenntnis des Taumelkelchs.
Schicksal des Über-Ich in der vaterlosen Gesellschaft: Gilt nicht heute aufs paradoxeste der Satz von der Bekehrung der Herzen der Väter zu ihren Kindern erstmals auch für die Kinder?
Gibt es außer Sara, der Mutter des Samson, Hannah und Elisabeth noch andere Frauen, die erst im Alter von ihrer Kinderlosigkeit befreit wurden? Und handelt es sich in den genannten Fällen (ausgenommen die Mutter Samsons, die unter den Triumph der Ironie im Buch der Richter fällt) um die Geburt prophetischer Vorläufer (Isaak, den Vater Jakobs/Israels; Samuel, der den Saul und den David gesalbt hat; Johannes, der Jesus getauft hat, aber die Herzen der Väter nicht zu ihren Kindern hat bekehren können)?
Gibt es einen Zusammenhang zwischen den drei Versuchungen Jesu und den drei Leugnungen Petri (und läßt sich aus den Beziehungen beider der Charakter der Evangelien ablesen)? -
2.3.96
Der Positivismus, der nicht nur eine „Richtung“ in der Philosophie, sondern die herrschende Tendenz des Wissenschaftsbetriebs heute insgesamt bezeichnet, ist das Instrument der Rückbildung der organisierten Erkenntnis ins Anorganische. Schlimm ist nicht diese Rückbildung, sondern die Unfähigkeit ihrer Reflexion. Genau dadurch aber unterscheidet sich beispielsweise Mach (und auch wiederum Wittgenstein) vom Wiener Kreis, daß sie ernsthaft daran sich abgearbeitet haben, den Vorgang bewußt zu machen, während der Wiener Kreis sich offensichtlich gern als Kommandoebene des Positivismus etabliert hätte. Gleicht er darin nicht der Intention und der Funktion des Neoliberalismus in der Ökonomie? Hier liegt nicht die Wurzel des „Kausalitätsproblems“: Als Apologet des kapitalistisch organisierten Eigeninteresses, in dessen eingeschränktem Wahrnehmungsfeld er selbstverständlich von der Geltung des Kausalprinzips ausgehen muß, muß er, um das hypostasierte Eigeninteresse irritationsfrei zu halten, zugleich versuchen, die Anwendung des Kausalprinzips auf die Erkenntnis der objektiven, gesamtgesellschaftlichen Zusammenhänge und Folgen des Handelns zu unterbinden, was am einfachsten durch Verschiebung von der Ökonomie auf die Physik, die ohnehin zur Metaphysik der Ökonomie geworden ist, möglich ist (die Vernebelung der ersten Natur macht auch die zweite unsichtbar, wobei als sicherstes Mittel der Vernebelung immer noch die Verdinglichung logischer Sachverhalte sich erweist).
Verwaltung gründet in der Umformung von Exkulpationsmechanismen in Handlungsmechanismen. Sie liefert das Modell subjektlosen Handelns: Man tut seine Pflicht, weiß aber nicht mehr, was man tut.
Definition der Verwaltung: Der Bock als Gärtner.
„Leistung muß sich wieder lohnen“: Die Kehrseite des staatlichen Sparzwangs, der neben dem Sozialbereich insbesondere die Verwaltung trifft, ist der unaufhaltsame Verschwendungstrieb derer, die davon profitieren. Dort, wo die Leistung nur noch am Verdienst gemessen wird, sind die Besserverdienenden eo ipso auch die Leistungsträger (auch ein Problem der Beweislogik).
Das unterscheidet den Gehorsamen vom Hörenden, daß der Gehorsame die Verantwortung an den Herrn abgegeben hat: an das blinde Gesetz, das die Welt beherrscht, während der Hörende sein Handeln in die eigene Verantwortung übernimmt.
Das Schuldverschubsystem ist das Resultat des widersinnigen Versuchs, Barmherzigkeit zu delegieren. Barmherzigkeit ist die Substanz der Autonomie, sie ist grundsätzlich nicht delegierbar.
Der Beleidigte bleibt in die Infantilität gebannt: Er glaubt an die Kraft des Liebensentzugs.
Das kopernikanische System ist der kosmische Reflex (und die kosmische Legitimation) des Selbsterhaltungsprinzips und der staatlich organisierten Gesellschaft von Privateigentümern (aus der das Proletariat definitionsgemäß herausfällt).
„Der Himmel ist sein Thron, die Erde der Schemel seiner Füße“: Den ersten Teil dieses Satze zitiert auch Jesus (Mt 2322) in einem gegen die Pharisäer und Schriftgelehrten gerichteten Text über das Schwören (das Schwören beim Tempel, beim Altar, beim Himmel).
Kant hat den Raum als subjektive Form der äußeren Anschauung definiert, Hegel hat diesen Begriff zugespitzt zur Form der Äußerlichkeit. Darin drückt sich der logische Sachverhalt aus, daß alles Räumliche dem Gesetz des Seins für Andere(s) unterworfen ist. Der räumliche Punkt ist das Bild des Objekts: Indem ich eine Sache objektiviere, mache ich sie zu einem Sein für Andere.
Adjektiv (that’s the question): Habermas hat in dem falsch zitierten Adorno-Wort „Eingedenken der gequälten Natur im Subjekt“, das vom Original nur durch das Adjektiv „gequält“ sich unterscheidet, das Wort insgesamt verfälscht. Das Adjektiv, indem es dem Objekt eine Eigenschaft beilegt, objektiviert und verdinglicht das Objekt. Erst durch ihre (in den indoeuropäischen Sprachen entfaltete) Steigerungsfähigkeit wird das Adjektiv zum Adjektiv, gewinnt es seine grammatische, die Sprachlogik verändernde Funktion. (Vgl. das tob meod im Hebräischen, das „gut, gar sehr“, und die Rosenzweigsche Bemerkung hierzu, aber auch die merkwürdige Tatsache, daß die Steigerung des Adjektivs „gut“ (und welcher anderen in welchen Sprachen?) in den indoeuropäischen Sprachen von der allgemeinen Steigerungs-Regel abweicht, für die Steigerungsformen neue Stammformen (gut, besser, am besten) genommen werden; vgl. hierzu auch das Problem des Neutrums, seinen Ursprung im Fragepronomen <das keine geschlechtliche Unterscheidung, nur die von Person und Sache kennt, eine Unterscheidung, die im Hebräischen auf den Namen des Himmels verweist> und die hethitische, an die Logik des Fragepronomens anschließende Zwischenstufe der grammatischen Genus-Regelung, die ebenfalls nur die Unterscheidung von Person und Sache kennt (ohne Trennung von Männlichem und Weiblichem): gibt es Steigerungsformen im Hethitischen; wie verhält es sich mit den Personalpronomina – auch im Hebräischen? Wo entspringt das „Wie“, der mit der Steigerung sprachlogisch verbundene Vergleich, der im Deutschen an die weibliche Form des bestimmten Artikels <an das „die“, so wie Wer an „der“ und Was an „das“> erinnert? – Vgl. hierzu die Hypostasierung der Frage im Begriff der Judenfrage, der Seinsfrage, schließlich der Frage überhaupt, die bei Heidegger gleichsam durch Redundanz zum Grund der Eigentlichkeit metaphysisch aufgeladen wird: Ist „die Frage“ die letzte Gestalt des Wassers, mit dem die Philosophie einmal begonnen hat? Sind die Seinsfrage, die Judenfrage, die Frauenfrage u.ä. die schwarzen Löcher der Grammatik?).
Wie verhält sich die Frage zu den sprachlogischen Formen der Konjugation (zu den Dimensionen der Zeit, zur Abtrennung des Handelns vom Subjekt)? Wie verhalten sich Frage und Problem? Was bedeutet der Ursprung des Wissens für die Geschichte des Begriffs der Frage? In welche Engführung bringt der Weltbegriff den Begriff der Frage? Wodurch unterscheiden sich Frage und Problem (Antwort und Lösung), und wie verhalten sich das Binden und Lösen zu Frage und Problem? -
26.2.96
Bange machen gilt nicht: Wer die Aufsätze Horkheimers in dem Bändchen „Autoritärer Staat“ (Schwarze Reihe Nr. 3, Verlag de Munter, Amsterdam 1968) liest, weiß, weshalb Horkheimer nach dem Krieg kein Buch mehr geschrieben hat. Die Texte sind von einer Panik durchsetzt, die den Grund seines Denkens offenlegt: sich auch in der äußersten Katastrophe von Angst nicht dumm machen zu lassen.
Sind nicht das Plancksche Wirkungsquantum, die „Quantensprünge“ und die Elektronenbahnen im Atommodell Konsequenzen des Entropiegesetzes?
Wichtig wäre die genaue Analyse des Planckschen Strahlungsgesetzes: Hier ist die Beziehung von elektromagnetischer Strahlung und thermischer Bewegung – mit dem Planckschen Wirkungsquantum als vermittelndem mathematischen Glied – exakt definiert.
An der Hegelschen Philosophie ist nicht der „Idealismus“ falsch, sondern das, was sich dahinter verbirgt: die Parteinahme für die Herrschenden, für die Sieger, und das Hegelsche Weltgericht als der Inbegriff dieser Parteinahme. Falsch ist m.a.W. die Ästhetisierung des Gedankens, der der Idealismus sich verdankt (der ästhetische Grund der Hegelschen Logik).
Jakobsleiter: Als die Theologie mit Gott sich auseinandersetzte, hat sich hinter ihrem Rücken etwas gebildet, dessen Opfer sie dann geworden ist: die Bekenntnislogik. Ist es nicht die Bekenntnislogik, die die Kirche hinkend macht (die sie am Ende lahm und blind macht)?
Die Erfindung der Tiefenzeit war ein Entlastungskonstrukt: Was soweit in der Vergangenheit zurückliegt, ist nicht mehr erinnerungsfähig, nur noch objektivierbar.
Wenn die unter Physikern verbreitete Kritik des Kausalitätsprinzips stimmen würde, wäre es noch auf eine ganz andere Weise unverantwortlich, Atomkraftwerke zu bauen: Die Atomphysiker wüßten als Techniker und Ingenieure und nicht mehr, was sie tun. Aber darum ging es in der Frage des Kausalitätsprinzips auch gar nicht. Mit der Kritik der Kausalität war nicht der physikalische, sondern ein gesellschaftlicher und moralischer Sachverhalt gemeint: Vernebelt werden sollte der gesellschaftliche und moralische Zusammenhang, in dem die industrielle und militärische Nutzung der Atomphysik steht, und die eigene Mitarbeit an diesen Projekten; diese Kausalzusammenhänge, die in Wahrheit Herrschafts- und Schuldzusammenhänge sind, sollten im Dunkeln bleiben.
War nicht der Faschismus selber schon, wie leicht an Gestalten wie Spengler, Klages u.a. sich demonstrieren ließe, ein Objekt der Panik, die er glaubte nur durch Projektion von sich fernhalten zu können? Der Preis war die Paranoia. Der Schrecken des Faschismus ist nicht durch Verurteilung, sondern nur durch Reflexion zu bannen. Den Faschismus durch Verurteilung zu bekämpfen heißt, den Teufel mit Beelzebub austreiben.
Erhaltungssatz: Die Beziehung der Theologie hinter dem Rücken Gottes zur Theologie im Angesicht Gottes ist eine der Umkehr, aber nicht in dem Sinne, als könne man sich von der einen ab- und der anderen zuwenden; sondern diese Umkehr gleicht eher dem Wenden eines Handschuhs (wobei der theologische der linke, der auf rechts zu wenden wäre, und der politische der rechte, der auf links zu wenden wäre, ist). Diese Umkehr müßte heute die Naturwissenschaften mit einbeziehen, hier liegt ihr schwierigster Teil. Der Handschuh aber wäre nicht zu verwerfen, ohne ihn hätte die Umkehr kein Objekt und kein Ziel; er bleibt erhalten.
Haben Einsicht und Verstand in Off 1318 etwas mit Schlange und Taube in Mt 1016 zu tun; ist der Verstand „klug wie die Schlangen“ und die Einsicht „arglos wie die Tauben“? -
25.2.96
Der Universalismus heute ist nicht der theologische, es sei denn der der Verwüstung.
Das Korrelat des Weltbegriffs ist die Selbsterhaltung. Die Welt ist zur Welt erst in einer Gesellschaft geworden, zu deren Grundlagen die Organisation des Privateigentums und der Selbsterhaltung, mit einem Wort: der Staat, gehört. Deshalb ist der Kern des Weltbegriffs nicht die Vernunft, sondern das Tier.
Sind die beiden apokalyptischen Tiere, das Tier aus dem Meer und das Tier vom Lande, nicht das Römische Reich und – in dieser Folge – die Philosophie, die Kirche und die Aufklärung?
Welches sind die Zeichen, auf die Jesus verweist, als er sagte: „So erhebt eure Häupter, denn eure Erlösung naht“ (Lk 2128)?
– „Es werden Zeichen eintreten an Sonne und Mond und Sternen
– und auf Erden Angst der Völker, sodaß sie sich nicht zu raten wissen vor dem Tosen und Wogen des Meeres;
– Menschen werden den Geist aufgeben vor Furcht und Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen werden;
– denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.
– Und dann wird man den Sohn des Menschen auf einer Wolke kommen sehen mit großer Macht und Herrlichkeit.“
Die Selbstlegitimierung des Bestehenden gründet darin, daß der Objektivierungsprozeß (der wissenschaftliche Erkenntnisprozeß) von der gleichen Logik geleitet wird, die sich als Herrschaftslogik in der Geschichte der gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit der Natur herausgebildet und in den Institutionen des Staates, der Wirtschaft und des Rechts auskristallisiert hat.
„Die Etappen des Weltgeistes folgen nach Hegel einander mit logischer Notwendigkeit, keine kann übersprungen werden. Marx ist ihm darin treu geblieben. Die Geschichte wird als unverbrüchliche Entwicklung vorgestellt. Das Neue kann nicht beginnen, ehe seine Zeit gekommen ist. Aber der Fatalismus beider Denker bezieht sich, merkwürdig genug, bloß auf die Vergangenheit. Ihr metaphysischer Irrtum, daß die Geschichte einem festen Gesetz gehorche, wird durch den historischen Irrtum aufgehoben, daß es zu ihrer Zeit erfüllt sei. Die Gegenwart und das Spätere stehen nicht wieder unter dem Gesetz. Es hebt auch keine neue gesellschaftliche Periode an. Fortschritt gibt es in der Vorgeschichte. Er beherrscht die Etappen bis zur Gegenwart. Von geschichtlichen Unternehmungen, die vergangen sind, mag sich sagen lassen, daß die Zeit nicht reif für sie gewesen sei. In der Gegenwart verklärt die Rede von der mangelnden Reife das Einverständnis mit dem Schlechten. Für den Revolutionär ist die Welt schon immer reif gewesen. … Er ist mit den Verzweifelten, die ein Urteil zum Richtplatz schickt, nicht mit denen die Zeit haben. Die Berufung auf ein Schema von gesellschaftlichen Stufen, das die Ohnmacht einer vergangenen Epoche post festum demonstriert, war im betroffenen Augenblick verkehrt in der Theorie und niederträchtig in der Politik.“ (Horkheimer: Der autoritäre Staat. Schwarze Reihe Nr. 3, Amsterdam 1968, S. 58f) Daß die „Logik der Geschichte“ nur post festum sich demonstrieren lasse, daß sie niemals prognostische Qualität gewinnt, ist vielleicht die entscheidende Einsicht, die auch in die Interpretation der Naturwissenschaften einschlägt.
Waren nicht alle Kosmologien auf den jeweiligen Stand der gesellschaftlichen Naturbeherrschung bezogene Legitimationstheorien? Deshalb war Prophetie als Kritik des Götzendienstes die Kritik dieses Legitimationsverfahrens. Und das Bilderverbot bezieht sich auf die Götzen und auf die „Weltbilder“ der Naturwissenschaften zugleich.
Das Inertialsystem ist das Referenzsystem aller naturwissenschaftlichen Begriffe, Gesetze und Erscheinungen. Diese Eigenschaft des Inertialsystems wird durchs Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit nicht aufgehoben. Das Inertialsystem wird zwar durchs Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit systemisch berichtigt, aber diese Berichtigung wird greifbar nur in Erscheinungen, die wiederum das unberichtigte Inertialsystem als Referenzsystem voraussetzen, in einer Gruppe von Bestimmungen, die an den Begriffen, Gesetzen und Erscheinungen als dingliche Eigenschaften sich manifestieren. Ebenso wie eine empirische Bestimmung zum Kern einer systemischen Korrektur des Systems geworden ist, manifestiert sich das korrigierte System in einer Gruppe empirischer Erscheinungen. Dazu gehören die universalen Naturkonstanten der Mikrophysik (insbesondere das Plancksche Wirkungsquantum und die elektrische Elementarladung), aber auch strukturelle Eigenschaften wie der Korpuskel-Welle-Dualismus oder die (Heisenbergsche) „Unbestimmtheitsrelation“.
Die Lichtgeschwindigkeit bezieht sich auf die Richtungen im Raum, auf ihre physikalische Realität, die sich von ihrer mathematischen unterscheidet. Nur die mathematische Richtung enthält die Reversibilität, ihre Umkehrbarkeit, als ein konstitutives Moment in sich, es ist die gleiche Gerade, in der die beiden Gegenrichtungen aufeinander sich beziehen. Der Lichtstrahl, der die Gerade beschreibt, ist hingegen nicht nur idealiter, in der Richtungsintention, sondern real von seiner Umkehrung unterschieden: Die Umkehrung eines Lichtstrahls ist ein anderer Lichtstrahl; nicht nur sein Richtungssinn, sondern auch sein Zeitsinn ist dem des ersten Lichtstrahls entgegengesetzt. Was ist das für eine Bewegung, auf die sich die Geschwindigkeit des Lichts bezieht?
Weltanschauungen sind das Problem der zweiten Generation.
Die Verwandlung von Kritik in Meinung (die Neutralisierung der Kritik) ist ein Produkt der Verdinglichung. Meinungen lassen sich (auf dem Markt der Meinungen: in der Öffentlichkeit) vertreten, sie sind vererbbar, sie können erworben oder ausgetauscht werden, sie unterliegen dem Tauschprinzip, sie sind das Eigentum dessen, der sie hat (und aufgrund dieser Eigentumsbeziehung nicht mehr einsichtig). Als Meinung wird die Kritik gleichsam zur Ware, die nach Subsumtion unter die Logik des Tauschprinzips auf einen Zirkulationsprozeß zurückweist, dessen nähere Analyse den „Geisteswissenschaften“ obliegt: Kritik wird zur Meinung durch Eliminierung des Moments der Einsicht, aus der jede Kritik hervorgeht, auf die sie sich beruft, an die sie appelliert; deshalb ist jede Meinung über die Zwischenstationen ihrer Herkunft zurückzuverfolgen zu ihrem Ursprung, dem sie ihr Echtheitssiegel verdankt.
Ist nicht die Meinungsfreiheit auch ein Instrument zur Zerstörung der Kritik?
Wo findet in den Konstellationen der drei Subjektivierungsphasen (der Verkürzung und Subjektivierung der sinnlichen Qualitäten in Empfindungen, der Kritik in Meinungen und der Reflexion in Schuldgefühle) der philosophische Gebrauch des Wertbegriffs seinen logischen Ort? Werte sind instrumentalisierte und vergesellschaftete Urteile, der Wert einer Sache ist die automatisierte Kurzfassung eines Werturteils über die Sache.
Sind die Schuldgefühle nicht das Pendant der Empfindungen im Bereich der zweiten Natur?
Matthäus zitiert das Wort „Barmherzigkeit, nicht Opfer“ (Hos 66) an zwei Stellen (913 und 127), die erste bezieht sich auf den Umgang Jesu mit den „Zöllnern und Sündern“, die zweite auf die Heiligung des Sabbat (nach dem Ährenessen der Jünger). -
15.2.96
Das Gewaltmonopol des Staates ersetzt den Begründungszwang staatlichen Handelns.
Die Vergesellschaftung des Proletariats, die Übertragung des Warencharakters auf alle ökonomisch Tätigen mit der daraus abgeleiteten Hierarchisierung der Waren (Luxusgüter und Wegwerfprodukte), enthält eine Bestimmung, die mit zu reflektieren ist: Die Proletarisierung derer, die oben sind, ist begleitet von einer explosiven Ausbreitung von Gemeinheit. Zugleich drückt in der Erscheinung ganzer Gruppen von Jugendlichen heute ein instinktiver Ekel vor denen sich aus, die dazu gehören, insbesondere vor denen, die oben sind; dazu gehört ein Bild, in dem die Selbsterfahrung des Punk sich ausdrückt, das Bild des angemalten Abfalls, zu dem als Symboltier nicht zufällig die Ratten gehören, die in der Realität die Müllhalden bevölkern.
Im Buch Josue erscheint die Lade beim Durchgang durch den Jordan, bei der Eroberung Jerichos und bei der Versammlung zwischen den Bergen Garizim und Ebal, bei der Verlesung des Segens und des Fluches aus dem Gesetzesbuch. Im Buch der Richter wird die Lade nur in der Geschichte des Kampfes gegen die Benjaminiten erwähnt, bei der Befragung des Herrn in Bethel – „dort befand sich nämlich zu jener Zeit die Bundeslade Gottes“ (Ri 2027).
Hegels Logik ist eine Entfaltung der transzendentalen Logik auf der Grundlage der Übertragung der Antinomien aus der transzendentalen Ästhetik in die transzendentale Logik. Ist nicht dadurch die transzendentale Ästhetik der Reflexion entzogen und zu einem Absoluten (zum blinden Fleck der Philosophie) geworden?
Verdankt sich nicht der Schein, seine Stellung in der Logik des Begriffs, jener Veränderung der Logik, die sich aus der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit ergibt (aus der Objektivierung der Zeit, der gleichen Veränderung, der sich auch die Apriorisierung des Objektbegriffs verdankt)?
Im Namen erlischt der Schein, in der Kraft des Namens wird die Bodenlosigkeit des Begriffs aufgedeckt.
Das Bekenntnis ist ein Rechtsbegriff, es ist mit diesem seinem Rechtsgrund dem Schuldzusammenhang verhaftet.
RAF-Prozesse unterscheiden sich von anderen Verfahren der Rechtsprechung vor allem durch die Verwandlungen des Angeklagten in den Feind und durch die Angleichung der Funktion des Richters an die des Anklägers. Diese Transformation ergibt sich zwanglos aus der kantischen Unterscheidung des reflektierenden vom bestimmenden Urteil (die in seinem Werk in der Differenz zwischen der Kritik der Urteilskraft und der Kritik der reinen Vernunft <der transzendentalen Logik> sich ausdrückt). Ist nicht der gesellschaftliche Grund dieser Differenz in der Unterscheidung von Verwaltung und Rechtsprechung vorgegeben? Verweisen nicht die Angleichung der Funktion des Richters an die des Anklägers und die Verwandlung des Angeklagten in den Feind (die Ausblendung seiner Subjektqualität und seine Reduzierung auf die Funktion des reinen Objekts) tatsächlich auf eine Tendenz der Angleichung der Rechtsprechung ans Verwaltungshandeln (entspricht nicht die tendentielle Ausschließung der Öffentlichkeit, die die Medien in vorauseilendem Gehorsam, gleichsam durch Identifikation mit dem Aggressor, inzwischen schon verinnerlicht haben, dem logischen Trieb zur Rückbildung des offenen Gerichtssaals in eine abgeschlossene Amtsstube)? Aber sind die Staatsschutzverfahren damit nicht der zwangsläufig unendliche, weil nie wirklich gelingende Versuch, aus dem reflektierenden ein bestimmendes Urteil zu machen (der Versuch der Konstruktion synthetischer Urteile apriori), aus dem prozessualen Recht ein Subsumtionsrecht, ein Verwaltungsrecht, zu machen? Staatsschutzprozesse sind keine Schauprozesse, deren Zeit ist abgelaufen.
Schließt das Subsumtionsrecht nicht die Umkehr der Beweislast mit ein?
Die Gesetzesbindung der Verwaltung begründet ein Recht ohne Öffentlichkeit (ein monologisches Verfahren der Urteilsfindung): Die verwaltete Welt ist das Korrelat der Wittgensteinschen Definition; diese Welt ist alles, was der Fall ist.
Führen nicht die Staatsschutzprozesse den realen Beweis, daß kommunikatives Handeln monologisch ist? Und ist nicht die Ausscheidung der Reflexion aus dem Urteil (im Konstrukt des propositionalen Satzes, dem grammatischen Grundelement der Linguistik) die zwangsläufige Folge eines Objektivitätsbegriffs, der neben der Information nur noch die Meinung, das unverbindliche Raisonnement, kennt (vgl. Habermas‘ Begriff der Öffentlichkeit)? Die Objektivität (die Welt) ist – nach dem Modell einer Natur, die auch ohne die Menschen da ist – zu einem festzementierten Konstrukt, zu einem Betonklotz, geworden, gegen den der Gedanke, die Sprache, die Argumentation nichts mehr ausrichtet.
Hat dieser Betonblock etwas mit dem Namen des (Simon) Petrus zu tun (mit dem Namen des Felsen, auf den die Kirche gebaut werden sollte)? Ist dieser Betonblock das steinerne Herz der Welt (das am Ende in ein fleischernes Herz umgewandelt werden wird)? Kann es sein, daß der transzendental-ästhetische Grund dieses Blocks, die subjektive Form der äußeren Anschauung, seine Ausscheidung aus dem Bereich der Reflexion (die Verwerfung der kantischen Antinomie der reinen Vernunft, der einzigen Stelle, an der ein Versuch der Definition der Totalitätsbegriffe Welt und Natur vorkommt), mit den sieben Siegeln der Apokalypse (und mit den sieben unreinen Geistern, von denen Maria Magdalena befreit wurde) zu tun hat? Ist der „Fels“ das gegenständliche Korrelat der ungelösten Siegel? – Wer ist die „Schwiegermutter des Simon Petrus“?
Läßt sich nicht die Hegelsche Logik, die auch eine Staatslogik ist, unter diesem Aspekt begreifen: als Versuch, das bestimmende mit dem reflektierenden Urteil zu verschmelzen, das reflektierende Urteil ins bestimmende Urteil mit hereinzunehmen? Vorausgesetzt ist eine Zeitvorstellung, die das (unendliche) Ende antizipiert: Deshalb gehört zu Hegels Philosophie das Weltgericht (die Gegenwart des antizipierten Endes, dessen Verkörperung der Staat ist).
Rührt die Subsumtion des reflektierenden unter das bestimmende Urteil (auf die das Adorno-Wort „Das Ganze ist das Unwahre“ sich bezieht) nicht an den Grund des Symbols des apokalyptischen Tieres?
Hat sich Habermas mit der Theorie des kommunikativen Handelns nicht freiwillig (in einem Akt der Identifikation mit dem Aggressor) in die Isolationshaft begeben, vor der zu fliehen versuchte, als er von der kritischen Theorie sich verabschiedet hat?
Sind nicht Bad Kleinen und die Durchführung der Asyl-Regelung ein Beleg dafür, daß mit der „Wiedervereinigung“ etwas qualitativ Neues eingetreten ist: Die Grenze, auf die definitionsgemäß der BGS sich bezieht, ist von außen nach innen verlagert worden. Bad Kleinen ist Mogadischu, der Frankfurter Flughafen die alte „Zonengrenze“. Der BGS, dieses hybride Konstrukt aus Militär und Polizei, ist das polizeiliche Äquivalent der Staatsschutzsenate und der Geheimdienste.
Hängt der Satz „Laß die Toten ihre Toten begraben“ mit dem Testament-Begriff (in den Paulus-Briefen, vor allem aber im Hebräer-Brief) zusammen, und bezieht er sich nicht auf die theologische Wendung, die der Testament-Begriff belegt (ist nicht der Testament-Begriff das Begräbnis der Toten durch die Toten, die Selbstzerstörung der Offenbarung durch Anpassung an die Logik des Weltbegriffs, die Wurzel der Logik des Inertialsystems; durch seine Beziehung zum Begriff des Erbes erinnert der Name des Testaments nicht grundlos an den Begriff der Erbsünde, den der Weltbegriff instrumentalisiert; die Welt ist die Welt der Väter, ihr Testament)?
Der Hebräer-Brief läßt sich zwanglos als Konsequenz aus dem Urschisma begreifen: als Darstellung und Produkt der Introversion des Opfers, dessen Realität mit den Juden verworfen wurde. Der Hebräer-Brief ist ein Beispiel dafür, daß jede Verurteilung den Urteilenden in den Bann seines eigenen Urteils hereinzieht.
Ist nicht der Versuch, die Probleme, die Frauen mit einer Sprache haben, in der sie „nicht vorkommen“, durch Sprachregelungen zu lösen, erkauft mit der Sprachlogik eingebauter, automatisierter Verurteilungsmechanismen?
Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie