Durchs Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit geht in die Vorstellung der Richtung (Dimension) im Raum ein zeitliches Moment mit ein, das insbesondere das Prinzip der Umkehrbarkeit, der Reversibilität aller Richtungen im Raum affiziert. Es gibt weiterhin zu jeder Richtung eine Gegenrichtung, aber diese Richtungen sind nicht mehr unverändert umkehrbar.
Sind die Längenkontraktion und die Zeitdilatation Produkt von Drehungen im Minkowskischen Raum-Zeit-Kontinuum?
Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit: Keiner kann über seinen eigenen Schatten springen. In welcher Beziehung steht dieser Schatten zur Materie? Verweist die Finsternis über dem Abgrund auf den Ursprung der Materie? Bezeichnet der Begriff der Materie den Schatten, den das System in die Dinge wirft?
Das Inertialsystem gleicht insofern einem selbstreferentiellen, autopoietischen System im Sinne Dirk Baeckers (Womit handeln die Banken, Ffm. 1991, S. 33ff), als der Realitätskontakt innerhalb des Systems nicht mehr zu bestimmen ist (diese Stelle nimmt im Inertialsystem das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ein). Die System sind nach außen abgeschlossen und blind: Isolationshaftsysteme, und wie diese durch Sichtblenden gegen jede Außenwahrnehmung abgedichtet (ist nicht das Fernsehen die Sichtblende, die heute die Privatexistenz gegen die Außenwelt abschirmt? Das Fernsehen instrumentalisiert heute in einem Maße die Information, daß es von einem Lenkungsinstrument nicht mehr sich unterscheiden läßt.).
Ist nicht die Systemtheorie das Modell der vollständigen und restlosen Selbstinstrumentalisierung?
Vor diesem Hintergrund wird die affektive Aufladung des Sinnbegriffs seit Heidegger in Deutschland (die von den Franzosen nicht wahrgenommen worden ist: sie haben Sinn weiterhin schlicht als Bedeutung verstanden) verständlich: In der Isolationshaft wird der Spalt, der allein noch einen Blick aus der Zelle auf den realen Himmel ermöglicht, zum Repräsentanten der ganzen Welt, die unerreichbar geworden ist (vgl. Heideggers eingeschrumpfte Repräsentationsbegriffe wie Eigentlichkeit, In-der-Welt-Sein, Mit-Sein u.ä.).
Wie ist das mit den Samaritern (der barmherzige Samariter, die Samariterin am Brunnen) im NT?
Num 3355: Wenn ihr die Einwohner des Landes vor euch nicht vertreibt, dann werden die, die von ihnen übrigbleiben, zu Splittern in euren Augen und zu Stacheln in euren Seiten. Vgl. hierzu:
– Mt 74f: Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Laß mich den Splitter aus deinem Auge herausziehen! – und dabei steckt in deinem Auge ein Balken. (sh. auch Adorno: Balken als Vergrößerungsglas, Minima Moralia)
– Gen 221: Heißt es hier, bei der Erschaffung Evas, Rippe oder Seite?
Joh 1934: … einer der Soldaten stieß mit der Lanze in seine Seite, und sogleich floß Blut und Wasser heraus.
Ps 1395: Du umschließt mich von allen Seiten und legst deine Hand auf mich.
Jer 203: Nicht mehr Paschhur nennt dich der Herr, sondern: Schrecken um und um. (Paschhur: ägypt. „Sohn des Horus“, hier ein Priester in Jerusalem, der Jeremias für eine Nacht in den Block legte.)
Kann es sein, daß in biblischen Texten die „Seite“ primär auf die Linke sich bezieht, während die Rechte in der Regel als Rechte auch benannt wird? Sind das Geld und der Raum (und das Bekenntnis) die linke Seite?
Haben Auge und Seite in Num 3355 etwas mit den subjektiven Formen der Anschauung (mit Raum und Zeit) zu tun?
Zu Auge und Seite vgl. auch Jos 2313 (Rücken und Auge), Ez 2824 (Dorn und Stachel), Hos 1314 (Scheol, wo ist dein Stachel), Apg 2614 (Saul, Waul, warum verfolgst du mich? Es wird dir schwer fallen, gegen den Stachel auszuschlagen), 1 Kor 1555 (Tod, wo ist dein Stachel), Off 910 (Sie haben Schwänze und Stacheln wie Skorpione).
Sieben hellenistische Diakone: Philippus hatte vier prophetische Töchter, aber was hat es mit Nikolaus und den Nikolaiten auf sich (sind in dem Namen nicht nikä und laos enthalten)?
Für den Kammerdiener ist der Held kein Held (Hegel), und: Mache dich nicht gemein mit den Spöttern (vgl. Ps 11 und 2 Pt 33). Erzieht nicht das Fernsehen die Menschen zu Kammerdienern und Spöttern?
Welches sind
– die sieben Todsünden,
– die sieben Gaben des Heiligen Geistes und
– die sieben Werke der Barmherzigkeit?
Thomas a Kempis: Die Verwechslung der Nachfolge Christi mit der Nachahmung.
Sind Himmel und Erde, tohu wa bohu und Abgrund und Wasser aufeinander bezogen: Enthüllt sich das tohu als Abgrund, und das bohu als Wasser? (Im Raum gibt es ebenso viele Richtungen wie Flächen, und ebenso viele Punkte wie Räume.)
Zum Ursprung der casus: Entspricht nicht der Genitiv-Ökonomie eine Dativ-Religion und eine Akkusativ-Politik? Sind Geld und Bekenntnis ähnlich auf einander bezogen wie Raum und Zeit? Heißen nicht die Planeten jenseits des Saturn Uranus und Pluto?
Heidegger
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24.03.93
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22.03.93
Ist der deutsche „Ernst“ (K.-H. Bohrer in der taz) nicht der tierische Ernst, und hängt er nicht mit der Bindung des Nationbegriffs an das Blut (mit der deutschen Staatsmetaphysik) zusammen?
„Jede Schuld rächt sich auf Erden“ (an wem?). Diese mythische Beziehung von Schuld und Rache ist die Geschäftsgrundlage des Strafrechts, gewinnt ihre volle mythischen Gewalt aber nur unter den Prämissen der deutschen Staatsmetaphysik, die glaubt, die Politik von der Politik erlösen, befreien zu können, die den Schein erzeugt, Politik könne durch Verwaltung ersetzt werden (durch den Rechtsstaat), und der Schein der Unschuld reiche aus, die politische Qualifikation zu beweisen. Sie ist eine Folge der unaufgearbeiteten Vergangenheit. Zu dieser nicht aufgearbeiteten Vergangenheit gehört auch das Fehlen eines Friedensvertrages: die Krisen der „Wiedervereinigung“, aber auch die Krisen in der dritten Welt, die nach dem Zusammenbruch der staatskapitalistischen Länder des Ostens (nach dem Ende der direkten Bedrohung) auf andere Weise nach Europa zurückkehren, sich in Jugoslawien und jetzt in den aus der Sowjet-Union hervorgegangenen Staaten reproduzieren, lassen das Versäumnis spürbar werden: Es ist nicht gelungen, reale Grundlagen für die veränderten Verhältnisse zu schaffen, ja, der Mangel wird nicht einmal gefühlt. Und niemand scheint in der Lage zu sein, die Dinge vom Grunde her zu bereinigen: Aber ist das nicht vielleicht sogar objektiv unmöglich geworden? Alle schlittern in Katastrophen hinein und niemand weiß, weshalb.
Ist nicht der Satz, der Staat sei der Schöpfer der Welt, insoweit umkehrbar (und auch umzukehren), als sich jetzt herausstellt, daß die Welt Schöpferin des Staates ist, die in ihm nur den Schein eines Herrn erzeugt, den sie aber dann in ihren Orkus mit hereinreißen wird, wenn die Dinge endlich selber Herr des Prozesses werden, in dem sie einmal entsprungen sind.
Die jüngstvergangene Mode ist das Längstvergangene.
Engholms Satz, daß man vor dem Einsatz der Bundeswehr außerhalb der NATO „die Familien befragen“ müsse, ist so brav, so privatistisch und so unpolitisch wie dieser ganze Mann. Hier läuft wieder einer in die Exkulpationsfallen hinein, in denen die Politik heute verkommt. Zu fragen wäre,
– ob es überhaupt sinnvoll ist, in diesem Weltzustand (der zugleich keine andere Alternative zuzulassen scheint) noch Politik auf militärische Gewalt zu gründen,
– ob den objektiven Aufgaben des Militärs (Sicherung der Einrichtungen und der Versorgung der Metropolen) das Institut einer allgemeinen Wehrpflicht noch gerecht werden kann, ob nicht eine Freiwilligen-Armee (eine Art Fremdenlegion der NATO) den Aufgaben besser gerecht würde.
– Die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht aus anderen (staatspolitischen, „erzieherischen“) Gründen, zum Zweck der „inneren Stabilisierung“ des Gemeinwesens, ist objektiv nicht zu begründen, es sei denn, man würde offen für einen faschistischen Staat votieren.
Es sind offensichtlich die naheliegendsten Gedanken, die keiner mehr offen auszusprechen (und in der Folge keiner mehr zu denken) wagt: Jeder hat Angst, von der Schubkraft des Bestehenden fortgespült zu werden. Das Denkbare ist zum Undenkbaren geworden. Aber sind die Probleme, die jetzt an allen Ecken und Enden der Welt aufbrechen, noch mit den Kurzschluß-Methoden einer Politik zu lösen, in der durch die wechselseitige Kontrolle aller sichergestellt wird, daß keiner mehr politisch zu denken wagt.
Ist das „Ich denke, das alle meine Vorstellungen muß begleiten können“ (sic, B.H.) nicht das Gegenteil des Denkens: eine exkulpierende Instanz? Ist hier nicht die Leerstelle, in der dann die Nationalismen und die Bekenntnisse sich ansiedeln? Das Kind der illegitimen Beziehung beider ist der Faschismus.
In der Studie über den autoritären Charakter gibt es einen Abschnitt mit dem Titel „no pity for the poor“; und die Studie insgesamt ist eine Studie über Xenophobie.
Schlimm und verhängnisvoll, und ein Teil jenes Ärgernisses, von dem Jesus gesagt hat, es müsse kommen: „aber wehe denen, durch die es kommt“, ist das opfertheologische Konzept einer „Entsühnung der Welt“, die Lehre von der „Hinwegnahme der Sünden der Welt“.
Die Philosophie oder das Herrendenken ist der Grund der Selbstzerstörung des Antlitzes.
Sind die staatlichen und wirtschaftlichen Verwaltungshierarchien, und in ihnen das Prinzip der Delegation der Verantwortung, nicht Formen der Säkularisation der andern Hierarchien, ihrer endgültigen Subsumtion unters Herrschaftsdenken. Die Vergesellschaftung von Herrschaft hat den Engeln den Existenzgrund entzogen, sie durch Regierungs- und Amtsräte ersetzt. Ist nicht die Verwaltung der Inbegriff der sieben unreinen Geister? Es käme in der Tat heute darauf an, die Theologie auf dem eigenen Rücken weiterzubefördern, anstatt sie weiterhin seßhaft zu verwalten.
Hat der gordische Knoten, der Joch und Deichsel des Ochsenkarrens verbindet, etwas mit dem Ursprung der Schrift zu tun (des Aleph, Bet): Alexander hat diesen Knoten nicht gelöst, nur durchschlagen. Der Weltbegriff ist der durchschlagene Knoten (der den Objektivations- mit dem Vergesellschaftungsprozeß verknüpft). Im Kern dieses Knotens stecken die subjektiven Formen der Anschauung Kants.
Durch die subjektiven Formen der Anschauung sind wir gleichsam exzentrisch an den Weltprozeß gefesselt.
Für Israel war die Schrift die hebräische Schrift: Ausdruck der Fremdheit, die im Namen des Hebräischen anklingt. Ist nicht die Lösung des Rätsels des Namens der Hebräer ein Anfang der Lösung des Rätsels des Ursprungs der Schrift?
Der Weg zu den Enden der Welt, die Bekehrung der Welt, bezeichnen einen Vorgang, der in der äußeren und inneren Welt zugleich sich abspielt.
„Muß in einer historischen Welt nicht jemand genau so alt sein wie die Welt?“ (Levinas: Schwierige Freiheit, S. 164)
S. 167 nennt Levinas das Bekenntnis ein „Beiwerk des bürgerlichen Komforts“.
Der Weltbegriff unterwirft auch die Vergangenheit dem Bann der Herrschaft: er begründet und stabilisiert ein gleichsam kolonialistisches Verhältnis zur Vegangenheit. Hier werden Vergangenheiten immer nur überwunden; der Ausschluß der Trauerarbeit (des Eingedenkens) ersetzt das Sich-Hinein-Versetzen durch die Einfühlung in die Vergangenheit (den Historismus). Der Weltbegriff versiegelt das Grab, in dem die Toten auf die Erweckung warten.
War nicht die Hexenfurcht auch die Furcht vor der Auferstehung der Toten (abzulesen an den Projektionen der Inquisitoren)? Aber die Alternative ist nicht die Leugnung der Auferstehung, die sich die Physik als Instrument geschaffen hat, sondern ein Verständnis, das die Erweckung der Toten Gott vorbehält. War die Hexenverfolgung von der Furcht vor den Toten bestimmt, dann war Auschwitz der Testfall (der Testfall des perfekten Verbrechens): der experimentelle Beweis dafür, daß es keinen Grund gibt, die Toten zu fürchten. Aber wie die Gräberschändungen beweisen, können die Rechten doch nicht so recht an das Ergebnis des Experiments glauben.
Ist nicht die Schrift der Friedhof, auf dem die Toten der Auferweckung harren?
„Name ist nicht Schall und Rauch.“ Ist nicht der Stern der Erlösung ein Versuch, in dieses Buch den eigenen Namen (Ich, mit Vor- und Zunamen) einzuschreiben?
Die Anonymität des Apokalyptikers, sein Versuch, sich in fremde Namen einzuschreiben: Sind das nicht auch Versuche, im andern sich der der eigenen Auferstehung zu versichern? Und bezieht sich das „Wenn ich will, daß er bleibt, was geht’s dich an“ nicht auf den Namen des Johannes, des Apokalyptikers?
Der Begriff der Erbsünde verweist auf den Zusammenhang des Weltbegriffs mit dem des Erbes; Zwischenglied ist das Wort von den Sünden der Welt.
Muß man sich die Sätze, mit denen die Philosophie die Logik demonstriert hat, nicht doch ein wenig genauer ansehen:
Alle Menschen sind sterblich.
Sokrates ist ein Mensch.
Also ist Sokrates sterblich.
Der Prämisse hat die Theologie seit je mit der Lehre von der Auferstehung wiedersprochen. Dem Schluß, daß Sokrates sterblich sei, wäre anzumerken, daß er nicht gestorben ist, sondern einem durch Rechtsspruch verordneten Selbstmord aus freiem Willen sich gefügt hat. Hat nicht dieser Tod, das dem Staat freiwillig dargebrachte Selbstopfer, mehr mit dem Ursprung und Charakter der Philosophie, auch mit dem sokratischen Daimon, zu tun, als bisher angenommen wurde? Zum Kreuzestod Jesu gehören die Worte „Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen“ und „Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun“. Ist nicht der Selbstmord des Sokrates ein Paradigma der Philosophie seitdem, bis hin zum „Vorlaufen in den Tod“ Heideggers? Die affirmative Beziehung zum Tod gehört zu den Grundlagen des philosophischen Welt- und Selbstverständnisses.
Die säuberliche Trennung der Seele vom Leib die dem christlichen Unsterblichkeitsverständnis zugrunde liegt, raubt ihm zugleich seinen Existenzgrund.
Ist nicht das Geld der Goldgrund des Staates, politisch-ökonomischer Reflex des Sonnensystems, die säkularisierte Sonne selbst? Und sind nicht die Ministerien und die Verwaltung ein Abbild des Planetensystems? Die Geschichte der Vergesellschaftung von Herrschaft, die Geschichte des Vergesellschaftungsprozesses insgesamt, hat in den Subjekten das Chaos hinterlassen, dessen Opfer sie zugleich geworden sind, weil sie es in den Ordnungen, die das Chaos produzieren, nicht erkennen können.
Dorn, Horn, Zorn, Korn, vorn: Sind das Wörter, die sich nur zufällig reimen?
Werden die verschiedenen Hörner (Ochs und Widder, Schofarhorn, Hörner des Altars, Hörner des Drachen) auch im Hebräischen durch das gleiche Wort bezeichnet?
In welcher Relation stehen die Massen, die Entfernungen von der Sonne und die Geschwindigkeiten der Planeten? -
09.03.93
Notwendig wäre eine Kritik des positivistischen Wissenschaftskonzepts der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft.
Sind nicht Qualitäten in Eigenschaften zurückübersetzte Handlungen (objektivierte Tätigkeiten)? Ist nicht das Prinzip der Qualitäten das der Verdinglichung (das Ding und seine Eigenschaften)? Qualifikationen sind instrumentalisierte und lernbare Tätigkeiten, und Tätigkeitsmerkmale sind Vergütungskriterien.
Den drei Dimensionen des Raumes entsprechen sechs Außenflächen des Dings. In welcher Beziehung stehen diese zu den durch fünf Nächte getrennten sechs Schöpfungstagen?
Merkwürdig, daß die Erde im Schöpfungsbericht auch als tätiges Subjekt erscheint, und zwar als erstes nach Gott. Sie bringt sowohl die Pflanzen als auch die Tiere hervor. Nur die Tiere des Wassers und des Himmels werden wie Himmel und Erde und wie die Menschen von Gott erschaffen. War die Hervorbringungskraft der Erde mit den Pflanzen und Tieren erschöpft? Und mußte Gott sich selbst gleichsam wieder hervorrufen, wenn er sich selbst anspricht: Lasset uns den Menschen machen, und dann in einem dreimaligen Ansatz den Menschen erschafft: als Gottes Bild, als sein Ebenbild, als Mann und Weib?
Der Demiurg ist von Gott durch das Schicksal geschieden. Der Schöpfungsgedanke ist der ungeheuerlichste Gedanke, den die Menschheit je gehabt hat. Er ist nicht zufällig dann verdrängt und durch das Herrschafts-Konzept einer creatio mundi ersetzt worden. Die Geschichte dieser Verdrängung ist die der Theologie, ihre Vorgeschichte die der Idolatrie. Der Kampf der Propheten gegen die Idolatrie ist der Kampf für die Schöpfungsidee. Das creatio-mundi-Konzept, das konsequent abgesichert wurde durch Trinitätslehre, Opfertheologie und Christologie, unterbindet heute die Fähigkeit zur Reflexion der Naturwissenschaften. Es unterbindet sie ebenso wie die Kapitalismus-Kritik. Das Dogma war von Anfang an politische Theologie.
Die Naturwissenschaften lassen eine andere als technologische Beziehung von Theorie und Praxis nicht mehr zu.
Rast die Welt nicht auf einen Abgrund zu, den sie selbst produziert, und mit dem eins zu werden sie trachtet: Wäre das nicht der endgültige hieros gamos?
Das Bekenntnisprinzip ist von der Instrumentalisierung des Kreuzestodes in der Opfertheologie (von der Herausnahme des Kreuzestodes aus der Nachfolge) nicht zu trennen.
Lassen nicht am Schicksal des römischen Latifundiensystems die Entwicklung und die Tendenzen des gegenwärtigen Systems der politischen Ökonomie sich ablesen?
Jeder Tauschwert für mich ist es nur als Gebrauchswert für andere: das ist die Differenz zwischen Tausch- und Gebrauchswert. Die Grenze, die das Vorhandene vom Zuhandenen trennt, ist die Grenze zwischen der ersten und der dritten Person. Oder die Eigentlichkeit für mich ist die Uneigentlichkeit für andere. Deshalb sind beide nicht unterscheidbar. Ist nicht die Heideggersche Eigentlichkeit der entsetzlich verkümmerte Rest des Hegelschen Bewußtseins der Freiheit?
Sind nicht die Aktionen der Rechtsradikalen heute Kamikaze-Aktionen?
Der Begriff der Entfremdung bezeichnet sehr genau einen richtigen Sachverhalt: Indem ich mich dem Anderssein der Welt anpasse, entfremde ich mich, löse ich das nur im Verhältnis zu Fremdem sich konstituierende Selbst auf. Die Entfremdung ist das Produkt der verandernden Kraft des Seins. Die Rechten übersetzen diesen Begriff heute in die Praxis. Gefährliche Verwechslung des Fremden mit dem Andern. Das Anderssein ist systemimmanent, der Fremde sprengt das System. Deshalb ist die Tötung des Fremden systemerhaltend.
Die Unterscheidung von realprojektiven Begriffen wie Raum, Welt, Natur, Materie von realsymbolischen Begriffen wie Wasser, Angesicht, Finsternis, Licht gehört zu den Grundlagen der Theologie. Der Kampf gegen den Anthropomorphismus ist ein Kampf gegen realsymbolische Begriffe.
Haben die paulinischen Archonten etwas mit den Sakramenten zu tun? Die christliche Gnadenlehre ist ein Produkt der Subsumtion der göttlichen Barmherzigkeit unter das Herrendenken, der kirchlichen Instrumentalisierung der göttlichen Barmherzigkeit: ein Folgekonstrukt der Opfertheologie.
Mein erster Brief an Buber stand noch unter dem Vorzeichen einer positiven kirchlichen Theologie (Identifizierung des Leibs Christi mit der Philosophie). Deshalb mußte ich mich im zweiten Brief hinter dem Alles und Nichts verstecken. -
05.03.93
Ist nicht die Bundesbank auch eine Marktordnungsstelle, und hat nicht die Verwaltung des Getreidemarktes auch Bankfunktionen?
War nicht die Rehabilitierung der Nazis nach dem Krieg, ihre Rückkehr in Ämter und Funktionen, ein Teil der politisch-ökonomischen Kontinuität, die durch den „Zusammenbruch“ 1945 nur scheinbar unterbrochen worden ist? Und wenn es keine Inflationskatastrophe wie nach dem ersten Weltkrieg gegeben hat, sondern nur eine Währungsreform, die auch nicht annähernd den Kosten des Krieges angemessen war, dann u.a. auch deshalb, weil die Finanzierung des Krieges über einen Raub erfolgt ist, der nicht zurückgegeben werden brauchte (durch Nutzung ausländischer, jüdischer und dann im Krieg eroberter Vermögen und durch Auspressung der Gefangenen in den KZs, der Kriegsgefangenen und der Zwangsarbeiter).
Eine nationale kopernikanische Geldpolitik (Bundesbank) erzwingt eine ptolemäische Regelung der anderen, insbesondere der Agrar-Märkte in der EG.
Ist die Tiefendimension der Zeit nicht ein Schein, der solange nicht durchschaut wird, wie die Menschen Rechts und Links nicht unterscheiden können.
Christologie und Inertialsystem stützen sich auf verhängnisvolle Weise gegenseitig. Und das creatio-mundi-Konzept ist eine Grundlage und Folge der Opfertheologie.
Der Hinweis auf die Verinnerlichung des Opfers (aus der Dialektik der Aufklärung) hängt mit, was Rosenzweig die Verdrängung des Todes nennt, zusammen. Hier hilft nur noch die Erinnerung an Getsemane und an das Wort „Wachet und betet“.
Was mich an unseren Theologen so irritiert, ist der dogmatische Gebrauch der Wissenschaft. Es ist ein durchaus fachidiotischer Gebrauch („Heute wissen wir …“), der nicht zufällig an die gleichsam kolonialistische Form der Beziehung zur Vergangenheit erinnert, die das Christentum seit seinem Ursprung charakterisiert. Die Kirchen haben seit je Vergangenes nur überwunden.
Rühren die Antinomien der reinen Vernunft nicht daher, daß man die Dinge sowohl als Objekt (Natur) wie auch als Begriff (Welt) fassen kann, ohne daß der Bruch sich auflösen ließe. Ist nicht die Materie das durchs Inertialsystem vermittelte Anderssein der Dinge?
Adornos Satz „Das Ganze ist das Unwahre“ trifft den Kern der Kritik des Weltbegriffs, seine abschließende Funktion, seine Macht, die Dinge ins Vergangene zu projizieren. Das Ganze ist das Vergangene, und weder die Welt noch die Dinge sind heil („Heil Hitler“ oder der falsche Messianismus).
Heideggers „Vorlaufen in den Tod“ ist insofern konsequent, als sein Begriff des In-der-Welt-Seins genau das impliziert: Die Welt weiht alles dem Tod. Und Heidegger setzt die Ehre des Daseins darein, daß es (in der „Entschlossenheit“) diesen Tod bewußt auf sich nimmt . Aber damit hängt es auch zusammen, daß die Eigentlichkeit bei Heidegger sich durch nichts inhaltlich von der Uneigentlichkeit unterscheidet, nur durch das Bewußtsein. Das Verhängnis liegt allein darin, daß dieses Bewußtsein durch seinen affirmativen Charakter uneigentlich bleibt. Eigentlich ist das Bewußtsein nur für sich, der Versuch, es auch für andere zu werden, ist die Quelle der faschistischen Gewalt. Heidegger steht in der Tradition der christlichen Subjekt- und Leidensmystik, aber er erliegt dem Genuß dieses Leidens, dem Schein seiner privilegierenden Kraft (Grund der Eigentlichkeit).
Unterscheiden sich Physik und Naturphilosophie nicht wie Zeugung und Geburt (vgl. den prophetisch-apokalyptischen Gebrauch des Begriffs der Hurerei)? -
03.03.93
Zur Unterscheidung von Unreinem von Greueln: Und ihr kamt hin und habt mein Land unrein gemacht, und mein Erbteil habt ihr zum Greuel gemacht. (Jer 27)
Das Naturproblem läßt sich erst lösen, wenn das Geldproblem gelöst ist, das Syndrom der Gleichnamigmachung des Ungleichnamigen (Zusammenhang des Schuldenproblems mit dem des Gewaltmonopols des Staates).
Enthält nicht die astrologische Kosmologie ein mythologisches Gesellschaftskonzept?
Die Tiere und die Subjektivierung, Individualisierung und Verinnerlichung des Lichts (Blut als verinnerlichte Scham). Hat sich in der Geschichte der Aufklärung das Licht gebildet, aus dessen Subjektivierung, Individualisierung und Verinnerlichung der Same und der Kristallisationskern des apokalyptischen Tieres entstanden ist? Und spiegelt sich nicht in dem Verhältnis der agrarischen zur städtischen Gesellschaft die Schöpfungsgeschichte der Pflanzen- und Tierwelt? Gehören die Tieropfer zu den Ursprüngen des städtischen Lebens? Sind nicht die Tempel Abbilder der Sternenwelt, in denen sich der Übergang von der agrarischen zur städtischen Existenz widerspiegelt? Ist nicht mit dem Ursprung der Philosophie und des Weltbegriffs der Nationalismus mitgesetzt, das Absolute als ein Partikulares, das, wenn es zum Absoluten werden will, imperialistische Züge annimmt? Wäre nicht in diesem Kontext des Zahl des Tieres zu ermitteln?
Was Adorno die restlose Säkularisierung der theologischen Gehalte genannt hat, wäre das nicht heute als die Befreiung der Theologie vom Verfolgungswahn, vom verdinglichenden Denken, vom Weltbegriff zu bestimmen?
Ist nicht im Kontext des astrologischen Kosmologieverständnisses die Ischtar, Astarte, Venus das genau Bild der Hurerei? Und gewinnt nicht von hierher die Velikovskysche Venus-Katastrophe das genauere Korrelat in einer gesellschaftlichen Naturkatastrophe?
Wenn Maria Magdalena in der gesamten Kirchengeschichte als die große Sünderin, als Prostituierte gesehen worden ist, ist darin nicht ein Hinweis auf die perhorreszierte Ischtar/Venus enthalten? Sind die sieben unreinen Geister Planetengeister? Und ist nicht das historische Korrelat der Venus-Katastrophe der Ursprung der Sexualmoral, ihre Trennung von der Herrschaftskritik? Und welche Bewandtnis hat dann, wenn Jesus in den Evangelien als Freund der Zöllner und Dirnen erscheint, und das vor dem Hintergrund des Wortes von den neunundneunzig Gerechten und dem einen Sünder?
Gehören nicht die Zöllner-Geschichten in den gleichen Zusammenhang wie das Wort „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist“ und die Geschichte von der Vertreibung der Geldwechsler aus dem Tempel?
„Maria aber bewahrte all diese Worte in ihrem Herzen.“
Nur wer die Tradition auf dem eigenen Rücken weiter zu befördern vermag, hilft, daß das Wort nicht leer zu ihm zurückkommt.
Heideggers Fundamentalontologie ist das Protokoll des ontologischen Erstickungstodes.
Orion und Siebengestirn: Hat das Siebengestirn etwas mit den sieben Planeten (und den sieben unreinen Geistern) zu tun?
Gründet nicht die Unfähigkeit, oder auch der Unwille, das Gewaltmonopol des Staates auch gegen Rechts anzuwenden, in dem Gefühl, daß beide sehr viel mehr mit einander zu tun haben, als die Vertreter des Staates nach außen bekunden dürfen; sind sie nicht Teil der verdrängten und unaufgearbeiteten eigenen rechten Vergangenheit? -
08.01.93
Futur II (Vorstellung der homogenen Zeit) und Materie: Ist die indoeuropäische Sprachstruktur nicht doch durch das kräftig überwiegende patriarchalische Element bestimmt? Die Zeiten Gliedern sich zunächst nach Generationen (Tagen), dann nach Stämmen (Monaten) und Sprachen (Jahren); erst der Staat schafft die unendliche, homogene Zeit.
Gilt Besoffenheit im deutschen Rechtswesen deshalb als Strafmilderungsgrund, weil sie an den mystischen Grund des Gewaltmonopols des Staates erinnert?
Gibt es einen Zusammenhang zwischen den „vier Kreisen der gesellschaftlichen Zugehörigkeit“ (Benveniste, S. 230ff) und den biblischen „Stämmen, Völkern, Sprachen und Nationen“?
Die Rechtfertigung führt über den Schein der Befreiung in den Wiederholungszwang (Grund der Vorstellung einer homogenen Zeit und des Naturbegriffs).
Adornos Satz „Das Ganze ist das Unwahre“ macht die Begriffe Natur und Welt für die Erkenntnis der Wahrheit (außer im Kontext der Umkehr) unbrauchbar.
Daß die Berufung Heideggers auf die Vorsokratiker nur erschlichen ist, läßt sich leicht daran erkennen, daß es den Naturbegriff bei ihm nicht gibt, sondern nur den Weltbegriff als einen selbstreferentiellen Herrschaftsbegriff. Und Heideggers Satz „Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts“ ist Ausdruck der Furcht des Herrn (der objektlosen Angst), sein Objekt zu verlieren: Der Begriff des Nichts ist Ausdruck der philosophischen Hybris und der Verworfenheit zugleich.
Das erkenntniskritische Moment im ontos on, im Seienden des Seienden wird durch die Übersetzung als „Sein des Seienden“ storniert und positivistisch verfälscht.
Man muß sein Denken den sanften Erschütterungen des Gehens aussetzen: Nur so gelingt ist, die Begriffe in neuen Konstellationen neu sich begründen zu lassen. Insbesondere gilt es, endlich einen Begriff der Kritik zu gewinnen, der nicht auf Widerlegung abzielt (nicht unter dem Gesetz der Erkenntnis des Guten und Bösen: dem Gesetz der Urteilslogik steht), sondern auf Reinigung, Befreiung. -
06.01.93
Die Bildung des Neutrum scheint schon sehr früh erfolgt zu sein; Hängt sie mit der Hirten-Ökonomie zusammen (vgl. Benveniste)?
Merkwürdige Urbedeutung des Wortes sacramentum: Haftgeld (Benveniste, S. 46).
Gibt es einen etymologischen Zusammenhang zwischen Erbe, urbs und orbis (S. 68)? – Auch Schulden werden vererbt.
Die Existenz des Privateigentums ist an bestimmte gesellschaftliche und logische Voraussetzungen gebunden, die im Begriff der Welt zusammengefaßt sind. Im Begriff der Existenz schlägt der Weltbegriff (das Meer der Völker, Stämme, Sprachen und Nationen) über den Köpfen der Privateigentümer zusammen, setzt er sie der Gefahr aus, darin zu ertrinken (Heideggers „In-der-Welt-Sein“).
Die Erde gegründet und den Himmel aufgespannt: Der Begriff der Spannung bezeichnet sowohl einen räumlichen als auch einen zeitlichen Sachverhalt. Der räumliche Sachverhalt wurde im Gravitationsgesetz erstmals vergegenständlicht, der zeitliche im Roman. Auf den räumlichen Sachverhalt bezieht sich das Wort von den Sünden der Welt, auf den zeitlichen das von der Übernahme der Sünden der Welt. Wenn die Leuchten am Himmel, nach der Genesis, über die Zeiten „herrschen“, dann heißt das, daß sie die archä: die Anfänge und Urspünge der Zeiten repräsentieren.
Das Angesicht des andern ist die realsymbolische Gegenwart Gottes. Gründet nicht die Benennung der Tiere durch Adam in dem Unvermögen (oder in der Weigerung), das Angesicht der Tiere zu erkennen? Auch Eva erkennt Adam nur als „Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch“, und die Erkenntnis Evas ist die Zeugung der Sühne Kain und Abel. In dem „Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch“ klingt schon das „und sie erkannten, daß sie nackt waren“ an.
Nach Emile Benveniste hängt der Bedeutungswandel von hostis im Lateinischen (vom Gast und Fremden zum Feind, Zusammenhang mit hostia = Opfertier) mit dem Ursprung der Zivilisation (der das Eigentum begründenden und sichernden Institutionen) zusammen. Im Griechischen statt dessen die Trennung von xenos und barbaroi. Die biblischen Xenophobie-Berichte von Sodom, Jericho und Gibea setzen alle städtische Verhältnisse voraus (vgl. Ninive, die „große Stadt“).
Zerstörung des Angesichts durchs Zeitkontinuum (oder Sprengung des Zeitkontinuums durchs Angesicht): Die Differenz zwischen „Ihm, der ist, der war und der kommt“ (Off 14) und dem Tier, das „einmal war und jetzt nicht ist, aber wieder da sein“ wird (178) ist die Differenz zwischen dem Angesicht und dem Inertialsystem (was ist der Unterschied zwischen dem Seitenblick und dem Hinter dem Rücken?), sie bezeichnet genau das Problem der Genesis des Neutrum. Beachte, daß auf 178 der gleiche Hinweis folgt, der auch bei der Zahl des Tieres, die die Zahl eines Menschen ist, steht: „Hier braucht man Verstand und Kenntnis“ (179 und 1318).
Das Relativitätsprinzip überträgt die Homogeneität und Isotropie des Raumes auf die Vorstellung der Zeit (durch Herstellung einer quasiorthogonalen, metrikbegründenden Beziehung der Zeit zum Raum: durch Neutralisierung beider und mit der Folge der Konstituierung des Begriffs der trägen Masse: der physikalischen Materie).
Wäre der Raum orthogonal (und nicht die Orthogonalität Produkt des intersubjektiven, subjektlosen mathematischen Zwangs), so müßte die Zeit ohne Anfang und Ende sein (der Punkt als Bild der reinen Gegenwart). Die Homogenität der Zeit (der Ausschluß der Idee des Ewigen) ist durch die Dreidimensionalität des Raumes vermittelt, durch die innere Differenzierung der Zeit, die sich in den drei Dimensionen des Raumes manifestiert. Die Zeitdilatation in der speziellen Relativitätstheorie ist richtungsbezogen.
Die Atomphysik ist das physikalische Realsymbol der Xenophobie, und die AKW’s sind Realsymbole für den Risikostatus: für die Grenzen der Beherrschbarkeit der politischen Ökonomie. -
03.01.93
Gibt es nicht Reflexionsbeziehungen zwischen den Begriffen Natur und Welt, und ist nicht die Adornosche Formel vom Eingedenken der Natur im Subjekt eine Übersetzung des Nachfolgegebots: der Übernahme der Sünden der Welt? Ist nicht die Sünde der Welt: die Produktion der Natur? Und ist nicht die Produktion der Natur (Ursprung und Geschichte des historischen Objektivationsprozesses) das Aufdecken der Blöße und das Herstellen von Schurzen aus Feigenblättern: die Selbstexkulpation (und gab Gott deshalb den Menschen Röcke aus Fellen)?
Entspringt nicht der Naturbegriff in einer Konstellation, die aufs genauste in der Noe-Geschichte beschrieben ist: insbesondere im Zusammenhang mit der Sintflut (dem das Thalessche „Alles ist Wasser“ korrespondiert), aber auch mit dem Weinanbau, der Trunkenheit, dem Aufdecken der Blöße und dem Ursprung der Knechtschaft? Und was hat es dann mit dem Regenbogen auf sich?
Erscheint bei Franz Rosenzweig nicht der Naturbegriff nur in seiner „Metaphysik“, als Ursprungsbegriff der Schicksalsidee und des mythischen Gottes?
Die Weltgeschichte des Christentums ist die Geschichte der Leugnungen.
Die Beziehung des Neuen zum Alten Testament ist nicht zuletzt auch ein Stück Sprachbeziehung. Das „Alte Testament“ gehört deshalb dazu, weil man nur so den Bann der Sprache, in der das Neue Testament geschrieben wurde und in der es sich auch ausgebreitet hat, sprengen kann: dem Bann der Welt- und Herrensprache. Ist nicht die Verweltlichung, die Säkularisierung, ein Prozeß der Neutralisierung auch in dem Sinne, in dem die Schlange in der Geschichte vom Sündenfall dem Neutrum in der Sprache entspricht? Und bezieht sich ne-utrum auf die Himmel und die Erde, den Ur-Dualis: auf diese die logische Beziehung von Allgemeinem und Besonderem sprengende Sprachbeziehung (eine duale Beziehung, entsprechend dem Rosenzweigschen „Und“) von Plural und Singular? Und ist hierin nicht die Beziehung Abrahams zu seinen Nachkommen (zahlreich wie die Sterne am Himmel und der Sand am Meer) vorgebildet?
Gegen die Opfertheologie (Entsühnung der Welt durch den Opfertod Christi) spricht das Paulus-Wort, wonach die ganze Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Wehen liegt und sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Sühne Gottes wartet (vgl. Röm 819-22).
Über den Zusammenhang von Sprache und Politik (politische Bedeutung des Nominalismus). Woher kommt der Titel „Kanzler“ (Reichskanzler, Bundeskanzler, Kanzler der Universität?): hat das etwas mit der Kanzlei, mit der Kanzel und der Predigt (auch der Vorlesung) zu tun; steckt sprachgeschichtlich auch das englische „to cancle“ mit in diesem Titel (vgl. „abkanzeln“)? Hängt der Ursprung des Titels mit dem des Staatsanwalts, und hängen beide mit der Geschichte des Nominalismus und der daraus abgeleiteten Hegelschen Staatsphilosophie, der deutschen Staatsmetaphysik, zusammen? Und erfüllt sich die mit dem Titel gesetzte Teleologie nicht tatsächlich in der Sprache Kohls (ist der Staat in Deutschland nicht eben so leer wie diese: Verkörperung des horror vacui moralis)? Und ist nicht der Titel des Bundeskanzlers, gemessen an den zivilisierteren Titeln des Premierministers oder des Ministerpräsidenten, der sprachliche Kristallisationskern der deutschen Staatsmetaphysik? Zu erinnern wäre an das klassische Adenauer-Wort: Je einfacher denken ist eine gute Gabe Gottes. Aber dagegen betreibt Kohl nun wirklich nur noch Totenbeschwörung. Sprachgewalt ist nicht dasselbe wie wenn die Gewalt selber Sprache, und die Sprache eine bloße Machtdemonstration wird. Auch Hitler war „Führer und Reichskanzler“ (und Heidegger wollte der Führer des Führers sein).
Befreiung der Theologie aus der babylonischen Gefangenschaft (oder aus der Isolationshaft): Theologie im Angesicht Gottes und nicht mehr hinter seinem Rücken; das wäre eine Theologie, die Gott nicht mehr zum Objekt macht, für die der Objektbegriff selber unters Bilderverbot fällt. Befreiung aus der Haft des Bekenntnisses, des Dogmas. -
28.12.92
Erst die Inquisition hat mit drastischen Mitteln das Bekenntnisprinzip eingeführt und die Bekenntnislogik durchgesetzt. Die grundsätzliche Konfikation des Besitzes eines als Ketzer Verurteilten verweist auf den Zusammenhang des Bekenntnisses mit dem Eigentumsprinzip. Die Inquisition hat die Religion als Herrschaftsmittel vergesellschaftet, das hat ihren Inhalt nicht unberührt gelassen: sie hat den Glauben in Isolationshaft genommen.
Die Konfiskation des Besitzes der Ketzer war der Vorläufer des Goldraubs in Amerika (Bedeutung der spanischen Inquisition).
Ist ein Zufall, daß die Inquisition gleichzeitig mit der Hochscholastik sich entwickelt und ihre Träger Vertreter der gleichen Orden sind, die auch die Hochscholastik repräsentieren?
Die Desensibilisierung des Glaubens durch die Inquisition war die Voraussetzung für die Entsinnlichung der Natur in den modernen Naturwissenschaften; und schon die Inquisition hat auch die Toten in ihr paranoides System hereingezogen, sie nicht mehr in Ruhe gelassen (Grund war die Konfiskation des Besitzes von den Erben: Zusammenhang mit dem paranoiden Weltbegriff).
Enthält die kantische Kategorienlehre nicht ein Stück verkehrter Theologie: einer Theologie, die durch Umkehr daraus „erwächst“? Es wäre eine Theologie, die aus den Totalitätsbegriffen Wissen, Natur und Welt die theologischen Kategorien Offenbarung, Auferstehung und Schöpfung rekonstruiert. Aus den Formen der Anschauung wäre die Offenbarung, aus den dynamischen Kategorien die Auferstehung und aus den mathematischen Kategorien die Schöpfung abzuleiten (genauer: die Formen der Anschauung konstituieren sich durch Leugnung der Offenbarung, die dynamischen Kategorien durch Leugnung der Auferstehung und die mathematischen durch Leugnung der Schöpfung). Ist der Existenzbegriff der Schlüsselbegriff, das Siegel, das zu lösen wäre (ist es nicht der Existenzbegriff, der die Mächte des Abgrunds evoziert; sh. Heideggers Frage, warum überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts sei)?
Der philosophische Weltbegriff, der Begriff des Kosmos, ist der Schatten des Naturbegriffs. -
25.12.92
Weihnachten: Der Geschenk-Wahn oder die Einstiegsdroge für den Ego-Trip.
Wenn der Himmel aus der räumlich-präsenten in die zeitlich-zukünftige Dimension rutscht, dann gewinnt der Satz „Was du auf Erden lösen wirst, wird auch im Himmel gelöst sein“, eine ganz neue, aufs Bußsakrament nicht mehr anwendbare, ungeheure Bedeutung.
Die creatio mundi ex nihilo stellt den ersten Satz der Genesis auf den Kopf. Das bereschit wird durch das ex nihilo schlicht falsch übersetzt. Das Heideggersche „Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts“ ist eine Konsequenz aus dieser falschen Übersetzung und sein spätes, blasphemisches Echo (ähnlich schon das rousseausche „Zurück zur Natur“).
Hängen die Dornen und Disteln vielleicht mit einer durch den Sündenfall verursachten Veränderung des Raumes: mit der Genesis seiner mathematischen Struktur, die in den Dornen ihre biologische Entsprechung findet, zusammen? Und haben die Hörner (nur Hörnertiere sind Opfertiere) etwas mit den Dornen und Disteln zu tun?
Ist das Buch der Richter ein kosmologisches Buch (Kampf der Sterne bei Deborah, Simson und Dalilah, die linkshändigen Benjaminiten)?
Die Geschichte der Verweltlichung der Welt ist ist erkauft mit der Vergesellschaftung von Herrschaft. Das „Von allen Seiten hinter dem Rücken“ ist die Einheit von Herrendenken, projektiver Nutzung des Schuldverschubsystems und universaler Verblendung.
Was hat es mit den Witwen und Waisen auf sich (ist nicht Mitscherlichs vaterlose Gesellschaft eine Gesellschaft von Witwen und Waisen)?
Das Ungleichnamige gleichnamig machen geht nur innerhalb eines Systems, in dem (wie in der Physik und in der Ökonomie) jeder Vorgang sich theoretisch auch in umgekehrter Richtung denken läßt, in einem System, das die Umkehr neutralisiert: darin liegt die ungeheuerliche Bedeutung des mathematischen Raumes und des Geldes.
Der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit (Voraussetzung der Neutralisierung der Umkehr) antwortet die Rettung der vergangenen Hoffnung, die Idee der Auferstehung der Toten. So bestimmt sich das Verhältnis der Bibel zur Physik.
Ist die Differenz zwischen dem Dynamischen und Mathematischen (zwischen Natur und Welt) die zwischen dem Tun und der daraus abgeleiteten (und das Tun nachträglich begründenden) Eigenschaft (Verb und Begriff)? -
16.12.92
Die Ruhe der Natur ist die Ruhe des Mörders, der den Mord vergessen hat.
Die Idee der göttlichen Gerechtigkeit kann vergangenes Unrecht nicht unabgegolten lassen: sie schließt die Idee der Auferstehung der Toten mit ein.
„Nicht wahr, wenn du recht tust, darfst du aufblicken; wenn du nicht recht tust, lauert an der Tür die Sünde als Dämon.“ (Gen 47) Spruch des Herrn zu Kain, nachdem Kain betroffen war über die Nichtannahme seines Opfers.
Nochmals: Zitiert Jesus mit dem Tu es Petrus nicht den Josue, der beim Übergang über den Jordan den Stein gesetzt hat (Jos 2427: Dieser Stein soll Zeuge sein …)?
Arimathaea, Herkunftsort des Ratshernn Josef, identisch mit Ramatajim-Zofim (1 Sam 11: dort lebte ein Mann,namens Elkana, Sohn Jerohams, des Sohnes Elihus, des Sohnes Tohus, des Sohnes Zufs, ein Efraimiter, Vater des Samuel).
Joh 828: Wer sind „die Juden, die an ihn glaubten“?
– Muß man die Stelle nicht heute auf die Kirche beziehen?
– Der Tötungsverdacht gegen die, die „an ihn glauben“, trifft aufs genaueste das Dogma, seine neutralisierende Gewalt.
– „Vater der Lüge“ und „Synagoge des Satan“ aus dem angst- und aggressionsauslösenden Syndrom herausnehmen; ihr rationaler Kern: Die Synagoge des Satans ist die Synagoge der Ankläger, die der Verführung des moralische Urteilens erlegen ist; in ihrem Munde wird die Wahrheit zur Lüge. Der Tötungsvorwurf trifft jeden Verfolger, auch die Kirche.
Nur im Bannkreis des Bekenntnisdenkens (das selber in der Rezeption des Weltbegriffs gründet) bleiben die Juden Juden.
Erdbebenerzeugende Spaziergänge.
War Heidegger nicht ein intellektueller Skinhead? -
07.12.92
Zu Kant:
– In der Vorrede zur zweiten Auflage der Kritik der reinen Vernunft nennt Kant Natur den „Inbegriff der Gegenstände der Erfahrung“ (S. 18). Damit erläutert er selber den Definitionsversuch in der Antinomie der reinen Vernunft (S. 334)
– Im II. Teil der Einleitung findet sich eine Stelle, an der er in zwei auf einander folgenden Sätzen den Begriff der Erkenntnis einmal als Femininum (die Erkenntnis), das andere Mal als Neutrum (das Erkenntnis) verwendet. Das eine Mal handelt es sich um eine vergegenständlichte Erkenntnis („Kennzeichen einer Erkenntnis apriori“), das andere Mal um das „Vermögen des Erkenntnisses apriori“. Im Gebrauch (als Handeln, als Tätigkeit) ist Erkenntnis ein Neutrum (die neutralisierende Gewalt), als Ergebnis (in seiner vergegenständlichten, der Anschauung vorgegebenen Gestalt), ein Femininum. Bemerkenswert die Genauigkeit des noch nicht durch Regeln verdinglichten Grammatikgebrauchs.
Das Erkenntnis ist die erkennende Kraft, die Erkenntnis der erkannte Inhalt: an dieser Differenz arbeitet sich die Dialektik ab (das polymorph-perverse Resultat).
Das Erkenntnis als Neutrum, als tätige handelnde Kraft konstituiert sich durch Abstraktion von der Schuld, durch Unterdrückung und Verdrängung des moralischen Moments im erkennenden Subjekt.
Ist die Sexuallust ein Reflex der Urteilslust im Objekt (seine Materialität)? Ihr Repräsentant in der Philosophie ist das Sein.
Die Kirche verbietet Inzest, Homosexualität, Onanie und vor- und außerehelichen Verkehr, aber nicht die Vergewaltigung. Grund ist das Theologumenon von der Erschaffung der Welt (und ihrer Entsühnung durch den Opfertod des Gottessohnes).
Verhalten sich König und Priester wie Welt (Geschichte) und Natur? Aber nur der König ist der Gesalbte (der Priester wird gesalbt).
Die assoziative Verknüpfung von Geschäfts- und Sexualmoral wird erkennbar am Bild des ehrbaren Kaufmanns und des anständigen Beamten: Wer betrügt oder sich bestechen läßt, treibt es auch anderswo. Aber rutscht die Wirtschaft nicht immer tiefer und immer deutlicher in Verhältnisse hinein, in denen sich mafiose Praktiken aus Selbsterhaltungsgründen nicht mehr ausschließen lassen?
Verhält sich die Zeugung zur Schwangerschaft wie die Erkenntnis zur Umkehr? Und sind die Wehen der Geburt die Folgeschmerzen der Umkehr? Und ist nicht die Abtreibung ein Realsymbol der bei der Erkenntnis verweigerten Umkehr: des Positivismus (und wird sie nicht deshalb so wütend verfolgt)? Ist (in der Natur) das Licht der Beginn der Umkehr (Grund des Satzes: Stark wie der Tod ist die Liebe)?
Heidegger hat den Geburtsfehler der Philosophie zu ihrem einzigen Inhalt gemacht: Dieser Geburtsfehler war die projektive Verarbeitung der Schuld, erkennbar an der Zwangslogik der Xenophobie.
Jan Assmann: Das kulturelle Gedächtnis, S. 16: Die Definition der Gerechtigkeit durch ihre Beziehung zum „gemeinsamen Erfahrungs-, Erwartungs- und Handlungsraum“ kürzt sie gegen ihr Wesen: Hier sucht jemand eine bindende Tradition (seine kulturelle Identität), die „Bindung des Gestern ans Heute“ (nicht die des Heute ans Gestern?), die „prägenden Erfahrungen und Erinnerungen“.
Ursprung der persona in den Masken der Toten (in den Familienprozessionen)? (S. 33f)
Der Begriff der „Erinnerungsfigur“ scheint das mythische Element in dem Konstrukt Assmanns genau zu bezeichnen (Hinweis, daß sie sich nicht nur auf ikonische, sondern auch auf narrative Formen bezieht, S. 38, Anm. 19).
Kann es sein, daß der Karls-Mythos nicht in einer Fälschung, sondern in einer zwangshaften Vergangenheitsbildung gründet (einer Vergangenheitsbildung, die mit dem Ursprung der Universitäten, der Struktur und dem Fortgang der scholastischen Theologie und ihrer Beziehung zum Ursprung der modernen Naturwissenschaften zusammenhängt)?
Bezeichnen nicht der Titel Assmanns (Das kulturelle Gedächtnis) und dessen Gegenstand einen Teil des gegenwärtigen, aus Exkulpationsgründen gespeisten „kulturellen Gedächtnisses“. Ist nicht auch hier, was man im Hinblick aufs Mittelalter heute Fälschungen nennt, als Produkt einer Zwangslogik erkennbar?
Ist das Moment der Kollektivität in Halbwachs‘ Begriff des kollektiven Gedächtnisses nicht der Repräsentant des Weltbegriffs (und unter diesem Begriff zu bestimmen)?
„Die neue Idee, die sich mit dem Konzil von Nicäa als verbindlich durchsetzt, ist die Entsühnung der Welt durch den Opfertod des menschgewordenen Gottes.“ (S. 41)
Die Vergangenheit vermag sich in ihm (sc. im Gedächtnis, H.H.) nicht als solche zu bewahren. Sie wird fortwährend von dem sich wandelnden Bezugsrahmen der fortschreitenden Gegenwart her reorganisiert.“ (S. 41f)
Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie