Jörg Huffschmid weist in einem Beitrag für den Informationsdienst Weltwirtschaft und Entwicklung (Sonderdienst Nr. 8/95) darauf hin, daß der Handel mit Waren und Dienstleistungen nur etwa 1 – 5 % der Devisenmarktumsätze (Termin-, Zins- und Währungsspekulationen) ausmacht. Der Umfang des Devisenmarktgeschäfts steigt relativ und absolut ständig. Das Geschäft ist zentriert in den Banken und den Börsen, greift aber inzwischen über auf Großunternehmen, die ihre eigenen Devisengeschäftabteilungen eingerichtet haben (AEG: Bank mit Elektroabteilung; Genossenschaften: Bank und Warengeschäft; Spezialfall Getreidehandel: Becher, Bremen). Hat die Beziehung von Geld- und Warenbewegung etwas mit der speziellen Relativitätstheorie Einsteins zu tun, mit der dem Relativitätsprinzip zugrundeliegenden Vorstellung der Äquivalenz von Objekt- und Systembewegung (Definition des Trägheitsbegriffs)? Ist die Vorstellung, man könne das („unmoralische“) Devisengeschäft zugunsten des („moralischen“) realen Geschäfts (der verwendungs-, nicht gewinnorientierten Ausrichtung des Kapitalverkehrs am Güter- und Arbeitsmarkt) durch fiskalische Maßnahmen („Tobin-Tax“) eindämmen, nicht insoweit naiv, als das „moralische“ Problem des Kapitalismus nicht im Gewinn, sondern in der unvermeidlichen Verknüpfung des Reichtums mit der Erzeugung von Armut liegt? Liefert nicht erst dieser Zusammenhang einen Hinweis auf die Logik dieser Verknüpfung, die nicht technisch, nur politisch auflösbar ist?
Jörg H. vermutet den Hauptwiderstand gegen eine Regulierung der Finanzmärkte mit Hilfe von Steuern in den „Gewinninteressen des Bankensektors“. Das ist nur die halbe Wahrheit. Ist nicht viel wichtiger ein wirtschaftliches Interesse der Nation, für das das Schlagwort „Standort Deutschland“ steht; gehen die Kosten des liberalisierten Devisenmarktes nicht zu Lasten der währungsschwachen Länder; und sind nicht die währungsstarken Länder (G 7!) existentiell daran interessiert, auf diesem Wege ihre Außenhandelsbilanz (und damit ihre Währung) zu stabilisieren? Nur: die Stabilisierung der Außenhandelsbilanz auf diesem Wege stürzt die Außenwelt in die Schuldenabhängigkeit, sie bereitet draußen das Terrain für Billigproduktionsbedingungen, und sie eröffnet damit die Wege für den Reimport der Armut (für Massenarbeitslosigkeit, Lohndruck, Kürzung der Sozialleistungen): für einen Armutskrise, die die ganze Welt ergreift.
Hat die Bank (deren Name sowohl den Ort des Geldgeschäfts als auch ein zum Sitzen geeignetes Möbelstück bezeichnet) etwas mit dem Himmel zu tun: „Der Himmel ist Sein Thron, die Erde der Schemel Seiner Füße“? Die Bank ist der Thron des Mammon, der die Kinder seiner Diener frißt.
Modell der Projektion: Wie gehen Banken, die doch selber die Schuldner ihrer Einleger sind, mit ihren Schuldnern um?
Ist nicht die Beziehung des Rechts zu den Sanktionen, die ihm Realität verleihen (zur Strafe), das gesellschaftliche Äquivalent der Orthogonalität, die die Keimform der naturwissenschaftlichen Gesetze ist? In welcher Beziehung steht das Opfer zur Strafe?
Der Beschluß des 5. Senats des OLG Frankfurt zum Antrag Hubertus Janssens (zu seiner Bitte um Genehmigung eines von Birgit Hogefeld gewünschten seelsorglichen Gesprächs) behandelt den Antragsteller nur noch als Objekt: Der Beschluß ist nicht an ihn, sondern über ihn ergangen. Nur so vermag sich das mit diesem Beschluß auch dem ganzen Prozeß zugrundeliegende Freund-Feind-Denken selbst zu begründen. Aber auch nur so ließ sich die argumentative Kraft des Antrags außer Kraft setzen (das macht die „Gründe“ des Beschlusses zugleich so hilflos).
Huffschmid
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10.10.1995
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