Auch das Lippenbekenntnis ist ein (projektives) Schuldbekenntnis: logisches Zentrum des Schuldverschubsystems. Im Bekenntnis (im Kontext mit seiner „gemeinschaftsbegründen“: politischen, ökonomischen und religiösen Gewalt) gewinnt das projektive Moment in der begrifflichen Erkenntnis seine gegenständliche Kraft. Erkenntnistheoretisch gründet das Bekenntnis in der Form der äußeren Anschauung: in der Form des Raumes, praktisch bildet es sich am Modell der Logik des Tauschprinzips.
Die genetische Beziehung der Trennung von Ding und Sache zur mittelalterlichen Eucharistie-Verehrung gründet in der Bekenntnislogik: Durch diese Beziehung rückt die Eucharistie (und mit ihr die Opfertheologie, eigentlich das gesamte Dogma) in den Kern des gesellschaftlichen Schuldzusammenhangs, wird sie zur Verkörperung der „Sünde der Welt“ („Denn wer ißt und trinkt, der ißt und trinkt sich das Gericht, wenn er den Leib nicht unterscheidet“).
Wenn das Bekenntnis der unreine Geist ist, der in die Wüste geht, welches sind dann die sieben unreinen Geister, die mit ihm zurückkehren?
Mit dem Bekenntnis (das als Produkt der Verinnerlichung der Scham sich begreifen läßt) ist die Fixierung auf die Sexualmoral mitgesetzt: So ist die Kirche in die Fundamenten des Weltbegriffs mit eingegangen und seitdem darin enthalten (und verhext auch die jüdische Tradition und den Islam, Grund des Fundamentalismus).
Das Bekenntnis als Produkt der Verinnerlichung der Scham kehrt die Richtung der Scham um; die Blöße soll nicht mehr nur vor dem Blick der andern, sondern – nach Verinnerlichung des des Blicks von außen: des Gesehenwerdens, nach Verinnerlichung der Welt – präventiv schon vor der eigenen Wahrnehmung geschützt werden: Konstituierung des Verdrängungapparats, Ursprung des steinernen Herzens und des pathologisch guten Gewissens; dagegen hilft nur noch Umkehr als Erinnerungsarbeit.
Durch ihre Beziehung zur Verdrängung unterscheidet sich die Bekenntnislogik von der bloßen Heuchelei: Der Begriff der Heuchelei unterstellt ein bewußtes Verbergen (gegen den Blick von außen), während die Verdrängung gegen den eigenen Blick nach innen schützen soll; dieses Verfahren funktioniert nur auf der Basis der Bekenntnislogik (die eine Form der Urteilslogik ist).
Die „verandernde Kraft“, die Rosenzweig der Kopula „ist“ zuspricht, beherrscht die Urteilsform insgesamt: auch die Bekenntnislogik.
Als die Deutschen nach dem Krieg den Gedanken an eine Kollektivschuld verwarfen, statt dessen (nach einem Vorschlag von Theodor Heuß) die Kollektivscham als ein der Einnerung an das Grauen angemessenes Verhalten akzeptierten, haben sie mit der Bekenntnislogik die alte Welt (den Weltbegriff und die damit verknüpften Verdrängungsmechanismen) gerettet. – „Einmal dem Fehlläuten der Nachtglocke gefolgt – es ist niemals gutzumachen.“ So endet die Erzählung „Ein Landarzt“ von Kafka.
Trifft es zu, daß es Sprachen gibt, die die Unterscheidung von Maskulinum und Femininum nicht kennen, sondern nur die von Belebtem und Unbelebtem? Welches Weltverständnis liegt diesen Sprachen zugrunde, sind sie nicht schon unter der Gewalt des Neutrums entstanden (denn die Unterscheidung von Belebtem und Unbelebtem, Organischem und Anorganischem, mißt das Belebte am Unbelebtem; dieses ist das Hypokeimenon)? Haben diese Sprachen mit den hamitischen Sprachen zu tun, sind sie „Sklavensprachen“ (Produkt der aufgedeckten Blöße des Vaters)? Und haben sie etwas mit den Geschichten von den Göttersöhnen und den Menschentöchtern zu tun?
Ist der Name des Vaters ein Name JHWHs oder ein Name Elohims?
Der Ursprung der Philosophie, das Verstummen der Sprache und die Barbarisierung der Welt (durch Zurichtung zur Natur).
Die Kirche hat das parakletische, das verteidigende Denken durch das apologetische Denken ersetzt: Sünde wider den heiligen Geist.
Steckt die Lösung der Hegelschen Philosophie in dem Satz „Schuld ist die Ehre des großen Charakters“ (der sich übrigens im Hegel-Register der stw-Ausgabe nicht findet)? Aber klingt dieser Satz nicht ein wenig wie der Satz Heideggers „Wer groß denkt, muß groß irren“?
Schuld, Ehre und Charakter bezeichnen die Einheit des Schuld-, Verblendungs- und Herrschaftszusammenhangs.
Käme es nicht heute darauf an, die Bewegung vom Mythos zur Offenbarung, die Franz Rosenzweig im Verhältnis des zweiten zum ersten Teil des Stern der Erlösung beschreibt, als das Modell der realen Befreiung im Christentum: der Umkehr, zu begreifen? Ist das Christentum nicht (durch die Bekenntnislogik) die ambivalente Einheit von Mythos und Offenbarung? Ist es nicht diese Einheit (die des Bekenntnisses), die heute in den Spannungen sich entlädt, die das Überleben des Christentums in seiner bisherigen Gestalt in Frage stellt? Eine Hilfe ist der Hinweis, daß in der Schrift das gewöhnlich mit „Bekenntnis“ übersetzte homologein auf den Namen (das Telos der benennenden Kraft der Sprache) sich bezieht.
Die Materie (selber Produkt der Verinnerlichung der Scham) ist der Schwamm, der die benennende Kraft der Sprache in sich aufgesogen hat; das Bekenntnis (der logische Kern der Begriffsbildung) ist eine Ersatzbildung dafür.
Hängt der Name der Ahnen mit den Verben ahnen (die Zukunft wird nach Schelling geahnt) und ahnden (die Schuld wird geahndet) zusammen? Vorstellbar wäre, daß mit der „geahndeten“ Zukunft (und das Ahnen gibt es gelegentlich auch in der sprachlichen Form des Ahndens) die unter die Vergangenheit subsumierte (und so in der Tat geahndete: zur Schuld verurteilte) Zukunft gemeint ist.
Islam
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18.03.94
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14.03.94
Die Sexualmoral fixiert das Subjekt auf die Sexualität, ist ein Mittel seiner Sexualisierung. (Vgl. Hegels Unterscheidung zwischen dem Befriedigtsein des Tieres, das seinen Hunger und Durst stillt, und dem Sich-befriedigt-Haben (im Selbstgenuß): in der Begattung. Enz. II, Zusatz zu 365, S. 497)
An der Objektvorstellung bricht und spiegelt sich die Welt; das Spiegelbild sind der Begriff und die Logik. Der Prozeß der Spiegelung müßte konkret sich nachweisen lassen an seinem nächsten Produkt: an der Struktur der Atome.
Im Inertialsystem ist die Konstellation, in der der Begriff der Materie sich konstituiert, bereits ans Licht gehoben. Die subjektiven Formen der Anschauung, die transzendentale Ästhetik Kants, bezeichnen aufs genaueste den Knoten, der zu lösen wäre. Und dieser Knoten ist zu lösen, wenn man die Formen der Anschauung als Knoten begreift.
In den elektromagnetischen Wellen bewegt sich nicht das Licht, sondern das Inertialsystem. – Ist nicht die Physik insgesamt der Blick in den Abgrund?
Die Hegelsche Formulierung, wonach die Idee die Natur frei aus sich entläßt, ist die falsche Beschreibung des projektiven Moments im Naturbegriff.
Zur Geschichte der sieben Siegel: Die „vier Himmelswinde“ des Sacharja (65) finden sich auch bei Daniel (72); sie erscheinen dann wieder bei der Öffnung der ersten vier Siegel bei Johannes. Woher kommen die anderen drei Siegel? Zum Grab der Märtyrer vgl. den Feuerofen und die Löwengrube?
Die Zahl der apokalyptischen Motive und Symbole ist eng begrenzt: Gibt es über die Zusammenhänge dieser Motive und Symbole eine verläßliche Darstellung?
Steckt hinter der Frage der Historizität Karls des Großen das Problem der Verarbeitung des Islam?
Zur Entzifferung der Sünde der Welt gehört es, im Bekenntnisbegriff das Feigenblatt wiederzuerkennen.
Die Vertreibung aus dem Paradies und der Engel mit dem kreisenden Flammenschwert kommen nach der Geschichte mit dem Feigenblatt (und dem Rock aus Fellen).
Der moderne Begriff der Macht unterliegt der Logik des Dingbegriffs und gehört zu seinen Konstituentien. Auch er ist ein Produkt von Instrumentalisierung, der Abstraktion von der Zuordnung der Macht zu bestimmten Zwecken und Zielen (die für den Namen der Allmacht konstitutiv ist: die omnipotentia dei, die Allmacht Gottes, ist nicht gleichgültig gegen die Zwecke und Ziele, denen sie zugeordnet ist).
Die göttliche Macht manifestiert sich in zwei Dingen:
– in der Schöpfung und
– in der Erlösung (dem Reich der Gerechtigkeit und des Friedens, deren Beziehung zur Vergeltungsmacht, zur Macht zu strafen, zu klären bleibt).
Beide Begriffe der Macht sind nicht beziehungslos.
Die Kritik des Anthropomorphismus destruiert mit dem Mythos auch die Offenbarung. Die Differenz zwischen Mythos und Offenbarung (zwischen Idolatrie und Bilderverbot) liegt an anderer Stelle.
Zu den Umstehenden in der Geschichte der drei Leugnungen: Könnte es sein, daß die Umstehenden in das Spiel nicht mit hereingezogen worden wären, wenn Petrus beim erstenmal (im Ursprung des Urschismas) nicht geleugnet hätte? War die Leugnung die Angel des Menschenfischers?
Zur Vorgeschichte des naturwissenschaftlichen Objektbegriffs gehört die gesamte christliche Theologie mit Trinitätslehre, Vergöttlichung Jesu und Opfertheologie. Eine der letzten Vorstufen war die Eucharistie-Verehrung, und in dem sensuum defectui im eucharistischen Hymnus des Thomas von Aquin kündigt sich schon die spätere Unterscheidung der primären und sekundären Sinnesqualitäten an. Die katholische Transsubstantiationslehre gehört zu den Voraussetzungen des Ursprungs des modernen Dingbegriffs, der Trennung von Ding und Sache. Die protestantische Leugnung dieser Lehre erzwingt dann die Rechtfertigungslehre, die sich auf einen Begriff der Objektivität bezieht, der jede substantielle Veränderung ausschließt, die Dinge nur noch als Objekte der Bewertung und des Urteils kennt. Der Rechtfertigungslehre liegt der bereits säkularisierte Dingbegriff zugrunde. Das Subjekt wird zum bloßen Zuschauer depotenziert. Wer die Dinge nur noch beurteilen und bewerten kann, wird selbst unentrinnbar zum Objekt des Urteils und der Bewertung, aus dem nur die abstrakte Rechtfertigung, die Nichtansehung der Schuld, noch herausführt. Darin gründet der Rechtfertigungszwang, dem niemand mehr sich entziehen kann. Die Rezeption der Rechtfertigungslehre in der katholischen Theologie hat dann konsequenterweise dazu geführt, daß in der katholischen Theologie das kirchliche Lehramt durch einen theologischen Positivismus ersetzt wurde, der den Stand der Wissenschaft an die Stelle kirchlicher Lehrentscheidungen gesetzt hat.
Die kirchliche Sexualmoral hat mit der realen Sexualität fast nichts mehr zu tun: Sie ist zu einer Waffe geworden, die den, der sie anwendet, desensibilisiert und seiner Erinnerungsfähigkeit beraubt. Nicht die Sexuallust, sondern sexualmoralische Urteilslust ist das Medium, in dem die Erbsünde sich fortpflanzt. Und diese sexualmoralische Urteilslust hat sehr viel mit dem Ursprung und der Konstituierung des Inertialsystems zu tun. Beide Systeme stützen sich wechselseitig, und die Kritik des Inertialsystems schließt die Kritik der sexualmoralischen Urteilslust mit ein. Adornos erstes Gebot der Sexualmoral: der Ankläger hat immer Unrecht, trifft auch die Physik im Kern. Die Urteilslust gehört zu den Gründen und den Verstärkern des projektiven Erkenntnisbegriffs, dessen Zentralbegriffe die kantischen Totalitätsbegriffe sind: Welt, Wissen und Natur. Es gibt kein Wissen, keine Natur und keine Welt ohne das projektive Moment, und die Kritik des Wissens ist die Kritik dieses projektiven Moments in ihm, die in der jesuanischen Arglosigkeit gemeint ist. Daß die Welt sich immer mehr der Paranoia angleicht, die sie doch zugleich falsch abbildet, hängt damit zusammen. Der Paranoiker belastet sich mit dem gleichen Instrumentarium, mit dessen Hilfe er glaubt, sich entlasten zu können: Es sind die eigenen Rechtfertigungszwänge, die die zugrundeliegenden Schuldgefühle in Aggressionsängste transformieren. -
02.03.94
Ist die Kehrseite der Naturwissenschaften (und ähnlich die der Ökonomie und die des Dogmas und der Bekenntnislogik) elliptisch: Wo ist der zweite Brennpunkt?
Das Interesse an der Erhaltung der Referenzsysteme der Natur, der Ökonomie und der Religion (Inertialsystem, Geld, Bekenntnislogik), die sich ohnehin gegenseitig stützen, der Widerstand gegen ihre Reflexion, ist heute stärker als das Interesse an der Wahrheit.
Was entspricht dem Urknall und dem Schwarzen Loch in der Ökonomie und in der Religion?
Die Rekonstruktion der Bekenntnislogik hat die Entschlüsselung der Sakramentenlehre zur Voraussetzung. Für Augustinus waren das Symbolum und das Herrengebet noch Sakramente, die bei der Taufe übergeben wurden. Wann ist die systematisierte Sakramentenlehre (die Lehre von den sieben Sakramenten) entstanden? Fällt sie nicht unter den gleichen Bedingungszusammenhang wie auch die Konsolidierung der Lehre von den letzten Dingen (Hölle, Himmel und Fegfeuer), die Durchsetzung des Zölibats, der Ursprung der Eucharistie-Verehrung (Fronleichnam) und der Ursprung der Ohrenbeichte; und wird dieser Bedingungszusammenhang nicht durch den neuen, islamisierten (d.h. durch das religiöse Trägheitsgesetz der Ergebung charakterisierten) Weltbegriff, der darin sich abzeichnet, definiert? Ist nicht die Lehre von den sieben Sakramenten (Symptom der Islamisierung des Christentums) bei Thomas von Aquin schon voll ausgebildet?
Die Hegelsche Logik ist die Selbstreflexion des Dings, und ihre Beziehung zur Theologie wäre in dem gleichen Zusammenhang zu bestimmen, in dem der Dingbegriff als die Säkularisationsgestalt der Eucharistie sich erweist. Ist nicht die Philosophie in der Tat der corpus Christi mysticum, aber in der Gestalt des Fronleichnams (der Eucharistie als Symbol des am Kreuz gestorbenen Leibes des Herrn)?
Wie verhält sich der Begriff der Totalität zu dem des Absoluten (oder: wie verhält sich der Faschismus zum Barock)? -
17.01.94
Ist die Religion Kanaans eine Händlerreligion, und die Sprache Kanaans eine Händlersprache? Und war die Hellenisierung des Christentums nicht eigentlich eine Baalisierung?
Die Dudensprache ist ein Sekretärinnen-Sprache: autoritär, nicht mehr verständlich zu machen, positivistisch, eine Sklavensprache. Sie schließt ein reflektiertes Verhältnis zur Sprache aus.
Die Theologie befindet sich heute in der Situation des Kafkaschen Schauspieldirektors. Aber das Wechseln der Windeln ist sicherlich nicht in jeder Hinsicht eine angenehme Tätigkeit.
Die Vorstellung einer creatio mundi ex nihilo scheitert eigentlich schon daran, daß dieses nihil als ein Absolutes vorgestellt wird: Vorher war nichts, und dann war die Welt. Aber das nihil absolutum gibt es nur unter der Voraussetzung der Raumvorstellung: als Vorstellung des leeren Raums, des Vakuums; im übrigen gibt es die Verneinung nur als bestimmte Verneinung. Aufgabe und der Zweck der Vorstellung einer absoluten Negation ist es, die Vergangenheit zu neutralisieren, die Last der Vergangenheit abzuwerfen. Ist dieses nihil nicht ein Deckbegriff der verdrängten Vergangenheit: der abgeworfenen Last, und diese Beziehung zur Vergangenheit eine logische Voraussetzung des Weltbegriffs? Wer ist dann der creator mundi?
Die Bemerkung von Oswald Loretz, daß zum Hosianna ein Vokativ gehört (Hilf, o Sohn Davids, nicht: Hosianna dem Sohne Davids; vgl. Mt 219 und den hier zitierten Ps 11825f), löst das Rätsel, auf das Geza Vermes hinweist. Aber was bedeutet es, wenn ein Hilfeschrei zum Lobgesang (der Gekreuzigte zum Gott) umgefälscht wird? Wie verändert sich dadurch die ganze Palmsonntags-Geschichte? Drückt in dieser Veränderung nicht ein zentrales Moment der christlichen Ursprünge sich aus? Ruft hier nicht der eine Ertrinkende dem andern zu „Rette uns“, beide gehen unter, und der Untergang des einen wird von allen andern als Erlösung verstanden?
Die Materie trägt den Namen der Mutter; sie ist Inbegriff der Reduzierung aller Dinge auf ihr Für-anderes-Sein. Das Goethesche „zu den Müttern“ ist eine Variation des Rousseauschen „Zurück zur Natur“. Und Natur trägt die Erinnerung an die Zweideutigkeit ihres Ursprungs an sich: sie ist als physis das Gezeugte und als natura das Geborene. Die Natur ist gleichsam das entfremdete Subjekt-Objekt der Materie. Lassen sich die prophetischen Gestalten der Unzucht: die Idolatrie und die Hurerei („unter jedem grünen Baum“ und „auf jedem hohen Berg“), auf die Ursprungsgeschichte des Natur- und Materiebegriffs beziehen, die selber wiederum einer projektiven Ableitung aus der objektivierenden Gewalt der Geldwirtschaft sich verdanken? Nicht zufällig ist Kanaan das Zentrum der Bibel (das Zentrum der biblischen Kritik und Verheißung).
Zu Jes 178, 279: Sind die kanaanäischen Ascheren und Sonnensäulen Vorbegriffe von Natur und Welt? – Vgl. Loretz, Ugarit und die Bibel, S. 85.
Der Weltbegriff organisiert die Erfahrung in einer Weise, durch die sie apriori gegen jede theologische Erkenntnis sich immunisiert. Ein anderer Ausdruck davon ist der Satz, daß das Christentum seit den Kirchenvätern Theologie hinter dem Rücken Gottes betreibt. Erst eine Theologie im Angesicht Gottes löst den Naturbegriff auf und sprengt den Weltbegriff.
Läßt sich die Geschichte der drei Leugnungen (und das Moment der Steigerung in der Abfolge der drei Leugnungen) nicht als die Geschichte der Verwechslung von vorn und hinten (Urschisma und Entwicklung des Dogmas, oder die Verletzung des Armutsgebots), rechts und links (Islam und Scholastik, oder die Verletzung des Gehorsamsgebots) und oben und unten (Aufklärung und Theologie, oder die Verletzung des Keuschheitsgebots), die dann in der Selbstverfluchung endet, und d.h. insgesamt als die Geschichte der Rückkehr der sieben unreinen Geister beschreiben?
– Die Austreibung der sieben unreinen Geister,
– die Umkehr, die den Baum der Erkenntnis in den des Lebens zurückverwandelt,
– die Verwandlung des steinernen in ein fleischernes Herz,
– der neue Geist, den Gott in das Innere senkt,
– die Gotteserkenntnis, die die Erde erfüllt wie die Wasser den Meeresboden bedecken,
beschreiben einen Vorgang, ein Ereignis.
Die Weigerung, barmherzig zu sein „wie euer Vater in den Himmeln barmherzig ist“, ist die Leugnung des Heiligen Geistes, die weder in dieser noch in der zukünftigen Welt vergeben wird.
Die Naturwissenschaft als Kloß im Hals der Theologie: Wird hier nicht die Theologie wie die Gans gemästet, die Christen Jahr für Jahr zu Weihnachten schlachten? -
13.11.93
Wie kann eine Rechsthistorikerin wie Marie Theres Fögen die vor allem rechtsbegründende Funktion der Diskriminierung divinatorischer Praktiken übersehen: Hat das Verbot der exkulpatorischen Institutionen wie Magie, Astrologie, Augurenwesen u.ä. nicht in erster Linie die Funktion, die, wie dann auch immer eingeschränkte, Rechtsfähigkeit des Subjekts, die Zurechenbarkeit seiner Taten sicherzustellen: die Menschen zu Objekten des Rechts, das Subjekt zur Person zu machen? Die Kritik des fatum und die Begründung der Willensfreiheit dienen dem gleichen Ziel.
Durch den Caesarismus ist das Recht zu einer innerweltlichen Institution geworden; diesen Schritt hat der Islam nicht mit vollzogen: für ihn blieb das Recht ein göttlich gesetztes Recht; deshalb blieb er dem Schicksal, das er mit dem Willen Gottes verwechselte, verhaftet. Aber auch im Christentum ist die prophetische Herrschaftskritik nie wirklich rezipiert, sind die Herrenfurcht und die Gottesfurcht nie deutlich geschieden worden.
Hat die Natur (und die für ihren Begriff konstitutive Leugnung der Auferstehung) etwas mit dem apokalyptischen Tier aus dem Wasser (Off 131; vgl. hierzu auch das „Alles ist Wasser“ des Thales) und die Welt (und mit ihr die Leugnung der Schöpfung: der Caesarismus) mit dem Tier aus der Erde (1311) zu tun? Die Zahl dieses Tieres, zu deren Berechnung es Weisheit und Verstand bedarf, ist die „Zahl eines Menschen“ (1318).
Ist nicht die Welt eigentlich die Welt des Tieres (das Korrelat der Gattung)? Wenn ich einen Hund als Hund erkenne, dann nicht aufgrund äußerer Merkmale (ein Bernhardiner gleicht eher einem Kalb als einem Zwergpinscher), sondern allein an seiner Welt, die ich an seinem Verhalten erkenne: an seinem Charakter oder an der Form, in der er sich auf seine Welt bezieht, sie repräsentiert (an dem „Antlitz des Hundes“).
Die Bemerkungen Cohens zum biblischen Wahrheitsbegriff (Religion der Vernunft, S. 477, die sich u.a. auf den Zusammenhang von emunah und amen beziehen) werfen auch ein neues Licht auf die großartige Stelle in 2 Kor 119, dessen Intention Johann Baptist Metz (Zur Theologie der Welt, Mainz 1968, S. 18, vgl. auch 51 und 61) leider völlig mißversteht, wenn er (zur Begründung seines nicht unproblematischen Säkularisations-Konzepts) das Ja und Amen auf die Welt (wie sie ist) anstatt, wie es eindeutig aus dem Text des Paulus-Briefs hervorgeht, auf die göttlichen Verheißungen bezieht. Die wirkliche Konsequenz aus dieser Stelle wäre, die Kritik des Weltbegriffs in die Begründung der Theologie (auch der politischen, der herrschaftskritischen Theologie) mit hereinzunehmen: endlich von der Theologie hinter dem Rücken Gottes Abschied zu nehmen. -
20.10.93
Läßt sich die Struktur der hebräischen Sprache aus der Weigerung, sich der Logik des Andersseins anzugleichen, erklären? -Deshalb ist der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs ein eifersüchtiger Gott, deshalb hat er keine anderen Götter „sich gegenüber“. Und Hegels Atheismus gründet in dem Satz: Das Eine ist das Andere des Anderen.
Durch Positivität verfällt die Trinitätslehre dem Anderssein, dem Götzendienst.
Zum Problem der Gematria: Ist nicht die Trennung der Mathematik von der Sprache in Alexanders Tat: der Durchschlagung des gordischen Knotens, symbolisiert (Trennung von Joch und Deichsel)?
Hypothese:
– Der Islam ist die ins Semitische übersetzte Philosophie (Rezeption des Weltbegriffs: ist nicht die creatio mundi ex nihilo eine islamische Erfindung?),
– das Christentum hingegen der Versuch, die Offenbarung ins Griechische zu übertragen (Feuer sollte es werden, und eine Sintflut ist es geworden). -
18.10.93
Besteht ein Zusammenhang zwischen der Durchsetzung des nizäno-konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnisses und dem Ursprung des Islam (s. Kelly, S. 340)?
Die alten Bekenntnisformeln sprechen noch von der Erschaffung von Himmel und Erde. Die creatio mundi ex nihilo ist ein scholastisches, durch den Islam vermitteltes Konstrukt.
Im Westen war das apostolische Bekenntnis das Taufbekenntnis, das nizäno-konstantinopolitanische das Eucharistiebekenntnis. Worin ist diese Doppelung begründet, und was drückt sich darin aus?
Das conceptus de spiritu sancto (natus de Maria virgine) scheint vom Ursprung her nicht als (aktive) Zeugung durch den Heiligen Geist sondern als dessen (passive, gleichsam weibliche) Empfängnis verstanden worden zu sein. Maria hat ihn nicht „vom Heiligen Geist empfangen“, sie hat ihn nur geboren. Vgl. die Bemerkung des Hilarius, daß es die Rolle des Geistes sei zu empfangen (S. 371). – Vgl. hierzu Luk 135: Der Heilige Geist wird über dich kommen und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; daher wird auch das Heilige, das gezeugt wird, Sohn Gottes genannt werden.
Nicht nur die Vorgeschichte der drei Leugnungen Petri (die Ankündigung), sondern auch der Kontext gehört zum Verständnis dazu: Der Vorgang ereignet sich in der Nacht, im Hof des Hohepriesters, während des Verhörs (mit der Untauglichkeit der falschen Zeugen und der messianischen Selbstoffenbarung Jesu), an einem Feuer, an dem die Diener des Hohepriesters sich wärmen.
Wenn die Geschichte von den drei Leugnungen stimmt, dann liegt in ihr (und d.h. im Christentum) der Schlüssel für die Probleme der drei „Weltreligionen“.
Indem die transzendentale Logik das Wissen begründet, kritisiert sie es zugleich, trennt sie es von der Erkenntnis und macht sie es zu einem Anderen der Sache selbst. Die Vollendung des Weltbegriffs, der Begriff des Absoluten, ist die Selbstzerstörung der Erkenntnis.
Es gibt keinen direkten Weg von den Naturwissenschaften zur Theologie, nur den über die Erkenntnis- und Gesellschaftskritik.
Ist die am zweiten Tag erschaffene Feste, die die unteren von den oberen Wassern trennt, und die Gott dann Himmel nannte, das räumliche (kosmische) Äquivalent der Philosophie? Und sind die paulinischen Archonten nicht ein Hinweis darauf, daß es nicht nur ein transzendentales Subjekt, sondern eine bestimmte Zahl unterschiedener transzendentaler Subjekte gibt (die sieben unreinen Geister)? Wenn Maria Magdalena als einzige von den sieben unreinen Geistern befreit ist, ist sie dann nicht die Verkörperung des Lösens („wird auch im Himmel gelöst sein“)?
Nicht Verurteilen („Verdammen“), sondern Retten wäre die Aufgabe einer parakletischen Theologie.
Enthält die Fahrlehrer-Weisheit: Dreimal Rechts ist einmal Links (und umgekehrt), nicht auch eine politische Wahrheit? Ist nicht Orthogonalität das Paradigma von Form und Struktur?
Das Resultat
– einer Kritik des Bekenntnisses müßte eine Logik des Angesichts,
– das einer Kritik der Philosophie eine Logik des Namens und
– das einer Kritik der Physik eine Logik des Feuers
sein: die Erkenntnis ihrer inneren Grenze (der Grenzer des Wissens).
Das Antlitz ist kein optischer, sondern ein sprachlicher Sachverhalt, und seine Erneuerung hat etwas mit dem Parakleten zu tun. -
15.10.93
Zebrastreifen: Überleben ist wichtiger als Rechtbehalten. Das Privileg, Recht zu behalten, haben nur die, die der Probleme des Überlebens enthoben sind. – Heute haben Militärs die größte Chance, Kriege zu überleben.
Zu Kelly, Glaubensbekenntnisse, S. 194: Wenn die östlichen Bekenntnisse „stärker theologisch“ sind, mit Ideen zu tun haben, während westliche Bekenntnisse „von Tatsachen sprechen“, so hängt das mit der stärkeren Verrechtlichung (und Individualisierung) des Glaubens zusammen (dem westlichen credo entspricht im Osten in der Regel das credimus). Ideen sind prinzipiell nachvollziehbar und einsichtig, Tatsachen unterliegen (wie die „Erkenntnis“ des Richters im Rechtsstreit) der Beweislogik und bedürfen, wenn sie nicht durch Eigenwahrnehmung gesichert sind, der Bestätigung durch Zeugen. Tatsachen unterliegen der Logik der Öffentlichkeit. Die theologischen Begriffe des Westens sind von einem Juristen (Tertullian) aus dem Griechischen ins Lateinische übertragen worden. Hat nicht Tertullian die westliche Theologie zu einer Bekenntnis-Theologie, und d.h. zu einer Objekt-Theologie, gemacht? Hier läßt sich die Bekenntnis-Logik als Logik des Bindens (die am Ende bei Kant als transzendentale Logik, als apriorisches System der Subjektivität, sich enthüllt) begreifen. Die Tatsachen-Logik zerstört den Zeitkern der Wahrheit: das Moment des Namens in der Idee der Wahrheit.
Wenn das liberum arbitrium der Repräsentant des Inertialsystems in der Moral ist: In welcher Beziehung steht es dann zur Umkehr?
Wovon hat die frühe Kirche gelebt, wie waren ihre materiellen Grundlagen geregelt?
Zum Begriff der projektiven Erkenntnis: Die Griechen brauchten den Begriff der Barbaren, um den Ursprung der begrifflichen Erkenntnis, der Philosophie, projektiv abzusichern, die moderne Aufklärung benötigte den Begriff der Wilden.
Abraham war ein Hebräer: Hat das etwas mit Beziehung des Namens Adam zu adama zu tun?
Das Urschisma war die erste Leugnung, die Scholastik (aufgrund ihrer genetischen Beziehung zum Islam) die zweite und am Ende die Unfähigkeit zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Aufklärung die (mit der Selbstverfluchung einhergehende) dritte Leugnung.
Beweisen die Starnberger Studien 3 nicht das Gegenteil dessen, was sie beweisen wollen: Wenn der Staat die Organisationsform einer Gesellschaft von Privateigentümern ist, dann führt die Privatisierung staatlicher Aufgaben nicht zu einer Schwächung, sondern zu einer Stärkung des Staates: zur Totalisierung des Gewaltmonopols des Staates (und zur explosiven Ausdehnung der Sicherheitsaufgaben und der Rüstung). Hängt es nicht hiermit zusammen, daß heute Soldaten die größte Chance haben, einen Krieg zu überleben? – NB: Gegenstand dieser Starnberger Studie ist das „Problem der Sicherung von Bankeinlagen“. -
18.09.93
Die alte KZ-Wärter-Logik „Wenn du’s nicht tust, dann tut’s ein anderer“ und „Einer muß schließlich die Drecksarbeit tun“ ist die herrschende Logik in Politik und Wirtschaft heute.
Die ambivalente Position der Dialektik der Aufklärung, zu der Walter Benjamin das Bild geliefert hat, war nicht durchzuhalten. Man kann sich der Theologie nicht bedienen und sie zugleich als Zwerg unterm Tisch verstecken, man muß sie hervorholen, auch auf die Gefahr hin, daß die im Gebrauch des Weltbegriffs wurzelnden Vorurteile dann nicht mehr zu halten sind.
Was wir die Welt nennen, ist eine Momentaufnahme im Säkularisationsprozeß. Es ist die Ersetzung der Gegenwart, die von objektiven Korrespondenzen: von Verheißungen und Erinnerungen durchdrungen ist, durch das Gesetz der Gleichzeitigkeit (durch die Form des Raumes). Ist es nicht der quälend verlangsamte Weltuntergang, den wir betreiben, den wir allerdings zugleich aufgrund unserer Mittäterschaft wahrzunehmen nicht mehr fähig sind. Daß die Elemente verbrennen und der Himmel wie eine Buchrolle sich aufrollt, ereignet sich das nicht vor unseren Augen: im naturwissenschaftlichen Aufklärungsprozeß?
Was Jesus dem Johannes im Gefängnis mitteilen läßt (Befreiung von den sieben unreinen Geistern?):
– Blinde werden sehend und
. Lahme gehen,
– Aussätzige (d.i. Unreine: Beziehung zur Scham?) werden rein und
. Taube hören,
– Tote werden auferweckt und
. den Armen (die Gott in der Welt repräsentieren) wird die frohe Botschaft verkündet, und
– selig ist, wer an mir (an der Schrift, an den Juden) keinen Anstoß nimmt (Mt 115, Lk 722f),
ist das nicht unsere vergangene Zukunft? Heute werden die Sehenden blind, die Gehenden lahm, die Reinen zur Wohnung der unreinen Geister, die Hörenden taub und die Armen der ausweglosen Verzweiflung ausgesetzt, während das im letzten Punkt benannte Ärgernis zwanglos sich auf die Theologie hinter dem Rücken Gottes (die den Anstoß des Kreuzestodes wegrationalisiert) und auf Auschwitz sich beziehen läßt. Hat nicht die Kirche zwangshaft und bewußtlos „an ihm Anstoß“ genommen (den Kelch getrunken), und dann den „Anstoß“ (das Ärgernis) projektiv mißbraucht?
Ist dieses Jesus-Wort die Antwort auf das agnus dei, qui tollit peccata mundi, und die Entfaltung des Johannes-Worts von der Umkehr (Kehret um, denn das Reich Gottes ist nahe)? Es verknüpft die Befreiung von der Trägheit mit dem Sehen (das Angesicht), das Hören (Heute, wenn ihr meine Stimme hört) mit der Reinigung vom Aussatz und die frohe Botschaft an die Armen (die Gott selbst repräsentieren) mit der Auferweckung der Toten. Bezieht sich hieraus das ergreifende Paulus-Wort, wonach die ganze Schöpfung seufzt und in Wehen liegt und auf die Freiheit der Kinder Gottes wartet?
Nach dem Wort an Johannes kommt das Wort über Johannes (der, den ihr sucht, ist nicht an den Höfen der Könige).
Zur Täufer-Theologie gehören Joh 129 und die obige Stelle (Mt 115 und Lk 722f), aber dazu zum letzten Punkt insbesondere die Aufarbeitung des Urschisma, die Kritik des kirchlichen Antijudaismus (Karl Thieme: die Stephanus-Rede und der Hebräerbrief).
Arglos wie die Tauben: sich an ihm nicht ärgern.
Heute genügt nicht mehr die Umkehr, sondern die Befreiung von den sieben unreinen Geistern, das Lösen der sieben Siegel. Klingt das nicht erstmals beim Jeremias an, dessen Nähe zu Jesus hier erkennbar wird: im Wort von dem „Grauen um und um“? Dieses Wort erscheint an drei Stellen (wie auch Gottes Aufforderung an Jeremias, nicht mehr für dieses Volk zu beten, und im Kontrast dazu das Gebot an das Volk: Betet für das Wohl der Stadt). Worauf beziehen sich diese Stellen?
Nicht Griechenland, sondern Rom ist Babylon: Ist das Futur II (eine grammatische Errungenschaft der Lateiner) ein Produkt der Astrologie?
Im Tempel, im Allerheiligsten, wohnt nicht Gott selber, sondern der Tempel ist das Haus des Namens (und der Herrlichkeit) Gottes. In katholischen Kirchen entspricht dem Namen Gottes die Eucharistie, aber was heißt das? Beim Tod am Kreuz ist der Vorhang des Tempels, der das Allerheiligste vom übrigen Raum abtrennte, zerrissen (was bedeutet der Vorhang im Tempel, Gen 2631ff?). Was ist in Auschwitz zerrissen?
Das Bekenntnis und die ohnmächtige und folgenlose Gesinnung (vgl. gesonnen und gesinnt). Ist nicht die Gesinnung wie das Bekenntnis eine Alibi-Veranstaltung, der Bunker, in den sich das schlechte Gewissen vor dem Angesicht Gottes flüchtet? Adam und sein Weib „verbargen sich vor dem Angesichte Gottes des Herrn unter den Bäumen im Garten“ (Gen 38): Gehört das zur Geschichte des Ursprungs der Architektur?
Islam und Christentum: Ist die Kaaba die Erinnerung an das unerlöste steinerne Herz der Kirche?
Angst und Erkenntnis: Während die apokalyptische Stimmung Angst erzeugt, entspringt und konstituiert sich apokalyptische Erkenntnis in der Reflexion der Angst.
Begriff und Erfahrung (zur Kritik der Erfahrung). Begriffe sind die Narben erlittener Erfahrung, Produkte des verdrängten Leidens. Welche Funktion hatte der Kreuzestod und seine theologische Verarbeitung (seiner Objektivation, Verdrängung und Instrumentalisierung) in der Geschichte des Begriffs? Ist nicht der Begriff in der Tat das Instrument der Zerstörung des Namens, der auf dem Grunde des Leidens ruht? Nur über das Leiden wird das Wort seiner selbst mächtig, gewinnt die Sprache ihre benennende Kraft zurück. Aber selbst das hat die Philosophie mit dem Begriff des „Existentiellen“ nochmal einzufangen und zu instrumentalisieren versucht. Der Existenz-Begriff ist mythologisch, weil er die Kraft des Namens in das Privileg des Opfers umlenkt und so neutralisiert, weil er die Heiligung des Namens (wie das Christentum) mit der Heroisierung, der Vergöttlichung des Opfers verwechselt. Nach meiner Kenntnis ist in der jüdischen Tradition der Begriff der Heiligung des Namens eine andere Bezeichnung fürs Martyrium. Ist das nicht das proton pseudos, aber liegt darin nicht zugleich auch die Verführungsgewalt des Mythos, daß er das Opfer mit der Sinnfrage verknüpft (das ist der Sinn von Heideggers Frage nach „dem Sinn von Sein“): Die Sinnfrage substituiert sich der erkennenden Kraft des Namens, kehrt sie nach außen und neutralisiert sie. Die Sinnfrage und ihr Vorläufer, die Theodizee, verrät das Opfer durch Heroisierung, durch Vergöttlichung. Die Göttlichkeit Jesu ruht in der Kraft des Namens, und nur insoweit in der Kraft des Opfers. Hier ist der Berührungspunkt der messianischen mit der Königstradition, die auch aus der Geschichte des Opfers stammt.
Was unterscheidet die Königs- (Davids-) Tradition von der Reichs- und Kaiser-Tradition (von der Nebukadnezar-, Alexander-und Caesar-Tradition)? Oder auch: Was unterscheidet die englische und französische von der deutschen Tradition (in den politischen Institutionen, in der Sprache und in der Philosophie)? Aber hatten nicht auch die Engländer und die Franzosen ihren imperialistischen Sündenfall (Indien und Napoleon; das zweite deutsche Reich hat sich den Kaisertitel durch einen Sieg über Frankreich, das dann prompt zum Erbfeind ernannt wurde, zurückgeholt; Bedeutung des Rußlandfeldzugs für Hitler)?
Enthält nicht das Problem der deutschen Einheit eine bis heute unbegriffene Herausforderung (die offensichtlich durch den Kandidaten Heitmann verdrängt werden soll)? -
14.09.93
Zum Turm von Babel: Die Verwirrung der Sprache war das Produkt gesellschaftlich bedingter unterschiedlicher Beziehungen zur Sprache.
In der Wendung „Wir Deutschen“ wird das idealistische Ich in ein Kollektivum übersetzt: Beide sind Produkte der Vergegenständlichung eines absolut Ungegenständlichen, was dann ohne Schuldverschiebung: ohne projektive Abarbeitung der Vergegenständlichung, und d.h. ohne Absolutierung, nicht zu halten ist. Dem gleichen Mechanismus verdanken sich im Ursprung der Philosophie insbesondere die Begriffe Natur und Materie.
War der griechische Kosmos der schöne, geschmückte Kosmos, der lateinische mundus die von Feinden und Barbaren gereinigte, durchs Recht befriedete Welt?
Zum Begriff und zur Geschichte des Himmels: Haben die Christen nicht den Himmel mit der Unterwelt vermischt? Was bedeutet es, wenn im Englischen sky und heaven unterschieden werden, im Deutschen eine etymologische Beziehung des Worts Himmel zum Hammer sich nachweisen läßt?
Ist nicht die physikalische Nahwirkungstheorie, der prinzipielle Ausschluß jeglicher „Fernwirkung“, der falsche Ausdruck eines an sich richtigen Sachverhalts: daß das Inertialsystem nicht globalisiert werden darf.
Zahlreich wie die Sterne am Himmel und wie der Sand am Meer: Was bedeutet dieser Sand am Meer?
Haben der Baum der Erkenntnis und die Dornen und Disteln etwas mit den Flexionen, und zwar der Baum der Erkenntnis mit den Konjugationen der Verben (dem Prädikat, dem Begriff), die Dornen und Disteln mit den Deklinationen: den casus, zu tun, die Schlange mit dem Neutrum und der zu bearbeitende Acker, dem die hervorbringende Erde zugrundliegt und von dem Adam, der Mensch, seinen Namen hat, generell etwas mit der Sprache?
Wenn der Erde die Idee der Sprache zugrundeliegt, dann dem Himmel die der Erfüllung des Worts: hat Gott nicht die Erde gegründet und den Himmel aufgespannt?
Gehört nicht der Nominalismus in die Geschichte der Urbanisierung, und wirft das nicht ein Licht auf Ninive, die „große Stadt“, in der die Menschen Rechts und Links nicht unterscheiden können (die genaueste Definition des Nominalismus)?
Bezeichnen die Dornen und Disteln, das Widerständige, nicht aufs genaueste den Objektbegriff (als Kern des Naturbegriffs), die Null und den Punkt im Raum als Quellpunkt des Inertialsystems (genauer den Punkt in der Minkowskischen Raumzeit, in den das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit und die Gleichungen der Lorentz-Transformation schon mit eingearbeitet wurden).
„An jenem Tag wird Israel der Dritte im Bunde sein neben Mizrajim und Assur, ein Segen inmitten der Erde, die der Herr der Heerscharen segnet, indem er spricht: Gesegnet ist Mizrajim, mein Volk, und Assur, das Werk meiner Hände, und Israel mein Erbbesitz!“ (Jes 1924f)
Die Gottesfurcht ist das Ende der Menschenfurcht: Sie macht den Haß der Welt, anstatt ihm nachzugeben, erfahrungs- und verarbeitungsfähig. Sie ist der Schutz vor der Identifikation mit dem Aggressor.
Merkwürdige und erschreckende Erfahrung beim erneuten Lesen von Karl Thiemes Buch „Kirche und Synagoge“ (geschrieben 1944): So tief steckte der Antijudaismus in der kirchlichen Tradition. Steht das Buch nicht unter einem ungeheuren Rechtfertigungszwang: daß der kirchliche Antijudaismus nur ja nicht verwechselt werde mit dem gleichzeitigen Antisemitismus (gegen den Karl Thieme aktiv gearbeitet hat). Deutlich wird, wie eng der Antijudaismus mit Dogma und Bekenntnis, und zwar weniger mit ihrem Inhalt, als vielmehr mit ihrer gleichsam transzendentalen Logik, verknüpft ist.
Aber spiegelt nicht das Thiemesche Kirchenverständnis (in Kirche und Synagoge) etwas von der Kirchenerfahrung unter Hitler wider, was heute zu leicht vergessen wird: die Kirche als Zuflucht, als Asyl und Schutzraum angesichts der Barbarei und der Greuel dieses apokalyptischen Zeitalters? Ist der Thiemesche Bekenntnisrigorismus nicht ein Produkt seiner apokalyptischen Erfahrungen?
Nach diesem Buch würde ich mich heute gerne mit Karl Thieme über die drei Leugnungen Petri unterhalten.
Vom Urknall zum Schwarzen Loch: War nicht der Antisemitismus der Urknall, und wird die Kirche nach der nicht gelingenden Aufarbeitung (in Deutschland heute: die CDU) zum Schwarzen Loch der politischen Astronomie?
Es gibt kein Bekenntnis
– ohne Feindbild (im Christentum: Juden und Heiden),
– ohne Häretiker (Verräter und Abtrünnige),
– ohne Sexismus, ohne patriarchalischen Kern (das „Glaubens“-Bekenntnis ist das Schuldbekenntnis der Natur, zu dem die Sexualmoral und das Unschuldsproblem, die Vorstellung einer natürlichen Unschuld, der Virginitas, gehört).
Wenn der Weg der Befreiung versperrt ist, wird die Unschuldsfrage: das Problem der Rechtfertigung, übermächtig (Zusammenhang mit dem Ursprung des Weltbegriffs, dem projektiven Naturbegriff: die Vorstellung einer natürlichen Unschuld zielt auf die Unschuld und die befreiende Kraft des Opfers: Theologisierung der Logik der Naturbeherrschung?).
Materie als reines Objekt von Herrschaft: Steckt im Begriff der Materie nicht die mater dolorosa? Die Vorstellungen von der unbefleckten Jungfrau, die dann zur Gottesmutter (zur Mutter des Gottes, den die Juden ans Kreuz geschlagen haben) wird, und der unberührten Natur haben etwas miteinander zu tun.
Ist diese Theologie nicht das Abbild einer bis heute mißlungenen Naturphilosophie, und das Bekenntnis der Generator eines von den sieben unreinen Geistern beherrschten Naturbegriffs? Der Bekenntnisbegriff ist nicht abzulösen von der Geschichte des Ursprungs und der Anwendung des Inertialsystems. Das Bekenntnis als verdinglichte und neutralisierte Umkehr (mit dem wir uns das Gottesreich vom Leibe halten), Zusammenhang mit der dritten Leugnung und Selbstverfluchung: Erst in der Umkehr wird das steinerne Herz durch das fleischerne ersetzt.
Ist nicht Adornos Kritik der Verdinglichung als Kritik des Objektbegriffs nur durch die Kritik des Dogmas hindurch noch möglich? Und ist nicht Auschwitz die dritte Leugnung und die Selbstverfluchung?
Sind nicht alle drei großen Religionen, das Judentum, der Islam und das Christentum auf den Weltbegriff verhext? Und ist nicht jeder Fundamentalismus ein Produkt des Weltbegriffs und der daraus hervorgehenden Bekenntnislogik? Aber hat nicht nur das Christentum den Schlüssel zur Lösung?
Der Streit um die Auslegung der Gottesknecht-Kapitel im Deutero-Jesaia ist nicht zu lösen, wenn man nicht das Nachfolgegebot mit hereinnimmt.
Die Übernahme der Sünde der Welt schließt die Kritik des Naturbegriffs (des Kerns des Schuldverschubsystems) und seiner Vorgeschichte (in der altorientalischen Geschichte) mit ein. Hierzu gehören die Probleme
– des Ursprungs der Astronomie und der Schrift,
– des Ursprungs der Tempelwirtschaft und des Geldes sowie
– des Ursprungs des Staates als Organisation einer Gesellschaft von Privateigentümern (Ursprung des Rechts). -
31.08.93
Die „moralisierende christliche Rezeptionsgeschichte“ (der biblischen Urgeschichte; Ebach, Ursprung und Ziel, S. 64) steht in direktem Zusammenhang mit dem augustinischen „ad litteram“. Sie steht in direktem Zusammenhang mit der Bindung der christlichen Theologie an den historischen Objektivationsprozeß, gegen den jede Moral äußerlich: „moralisierend“ bleibt. Diese Moral ändert nicht mehr, sie macht nur ein schlechtes Gewissen und damit ihre Objekte gefügig. In diesem Kontext gibt es kein eingreifendes Erkennen; erkannt wird nur was ist (und nicht zu ändern ist): islamische Erkenntnis. Es bleibt nur das nachträgliche (und das nachtragende) Urteil.
Theologie ist das dogmatisch stillgestellte Organon eingreifenden Denkens.
Die Weltbegriffe Natur, Materie und Barbaren lassen sich nicht widerlegen, sondern nur durch die Rücknahme des projektiven Moments, das zu ihren Konstituentien gehört, sich auflösen. Das ist gemeint mit dem Satz „Seid klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben“: Die Arglosigkeit ist die Rücknahme des projektiven Moments in der Klugheit der Schlangen. Nur durch Paranoia unterscheidet sich die Schlange von der aufgeklärten Arglosigkeit der Tauben: vom Heiligen Geist.
Nur wer die Sünde der Welt auf sich nimmt, trägt dazu bei, daß sich das Wort endlich erfüllt.
Die Orthodoxie ist (wie das Bekenntnis, dem sie zugehört) männlich.
Im deutschen Wort Welt (wereld) stecken die Begriffe Mann und alt: Der deutsche Weltbegriff ist vom Ursprung her unheilbar patriarchalisch. -
25.08.93
Steckt nicht in der Vorstellung einer „von der Sintflut gereinigten Erde“ (Zenger, S. 169?) das christliche Modell einer entsühnten Welt? Ist dieses Konzept nicht doch in einem verhängnisvollen Sinne opfertheologisch, dem dann der – die Menschen zu bloßen Zuschauern objektivierende und entlastende – „Geschehens“- (und Kosmos-) Begriff entspricht.
S. 172, Anm. 20: Das Keel-Zitat, wonach die „Vorstellung vom himmlischen Plan für einen irdischen Tempel … warscheinlich aus Mesopotamien ins AT eingedrungen“ sei, stammt aus einer geisteswissenschaftlichen Tradition, nach der sich in der Geschichte Vorstellungsmassen von einem Ort zum andern bewegen, wie feindliche Truppen in eine fremde Stadt in einen Text „eindringen“, blendet das Erfahrungsmoment in solchen Vorstellungen aus und verdrängt es.
Philosophie als Instrument der Sprachverwirrung: Gilt die Beziehung des Tempelbaus zur Schöpfung (S. 173) nicht generell für die Geschichte der Architektur (die damit eine Beziehung zur Geschichte der Philosophie gerückt wird, die in Heideggers „Haus des Seins“ nachklingt und auf die biblische Geschichte vom Turmbau zu Babel zurückweist).
Zum Turmbau von Babel vgl. das Zitat aus dem Emuna-Mythos in der Anm. 26 auf S. 174.
In welcher Beziehung stehen eigentlich Tempel und Schrift: Steckt nicht in der Geschichte von der Auffindung der Schrift im Tempel (durch Hilkija – 1 Kön 228) mehr als ein nur zufälliger Vorgang? Drückt in dem Auffinden nicht auch etwas von der Beziehung des Autors zum Text sich aus, etwas, was es unmöglich macht, vom Willen oder von der Absicht des Autors zu sprechen? Beschreibt nicht das Auffinden auch einen wesentlichen Aspekt der Produktion des biblischen Textes?
S 174: „Nach dem Sieg im Götterkampf über die Götter Ägyptens tritt der Schöpfergott Jahwe definitiv seine Weltherrschaft an.“ Wird hier nicht Jahwe mit Zeus, mit dem Reflex des Ursprungs des Patriarchats am mythischen Götterhimmel, verwechselt?
Ist die Idee von einem „Heiligtum der Weltherrschaft“ bezogen auf den Tempel nicht antisemitisch?
Das Ganze ist das Unwahre: Die Pforten der Hölle (Mt 1618), die die Kirche nicht überwältigen werden, sind die Pforten des hades, des scheol: der Unterwelt, des Totenreichs, d.h. der Natur.
Der ungeheure Satz in Num 1333: von dem Land (Kanaan vor der Landnahme), das seine Bewohner frißt („wir sahen dort auch die Riesen“). Sh. hierzu Zenger, S. 176f.
Haben die Säugetiere (die, anders als die Fische und die Vögel, keine Eier mehr legen) nicht das Meer und den Himmel im eigenen Innern? Und stehen die Wehen nicht in Zusammenhang mit dem Aufruhr der Meere und der Winde?
Hat nicht Tilman Moser schon in seiner „Gottesvergiftung“ das Selbstbewußtsein eines Skins beschrieben: die Aggresson, die die Vorstellung, angeblickt zu werden, auslöst? Gehört das nicht in den Kontext einer verzweifelt abgewehrten und zugleich festgehaltenen symbiotischen Beziehung, deren Modell das Gerücht über Hitlers Blick aufs deutlichste vor Augen stellt? Hier sitzt das Gefühl, nicht geliebt zu werden, so tief, daß alles, was an die Aufforderung selber zu lieben, erinnert, Aggressionen, Mordlust auslöst: Deshalb der Haß auf die Armen und die Fremden.
Steckt nicht in jeder Abwehr der Psychoanalyse die Abwehr der Autonomieforderung, die von ihr ausgeht?
Wer sich ungeliebt fühlt, kennt zur Macht keine Alternative. Deshalb reizt ihn jede Erscheinung von Ohnmacht zur Wut, weil sie ihn an seine eigene erinnert. Jeder andere Ohnmächtige ist ein Konkurrent seines eigenen Liebesverlangens. (Beschreibt dieser Mechanismus nicht aufs genaueste die historische Entfaltung der Raumvorstellung?)
Ralph Giordanos Vergleich eines Statsanwalts mit einem Ochsenfrosch trifft genau das Aufgeblasene unserer Justiz. Krankt nicht der Rechtsstaat in Deutschland auch noch in ganz anderer Weise daran, daß ihm die eigene Aufarbeitung der Vergangenheit nicht gelungen ist: Er ist zutiefst pathologisch (empfindlich) geworden, und das im Kontext einer offensichtlich irreversiblen symbiotischen Beziehung zum Staat; er ist zum Verwalter der Staatsgewalt geworden. Daß unser Recht auf dem rechten Auge blind ist, ist kein Gesinnungs-, sondern ein fast nicht mehr zu behebender Systemfehler.
Nicht die Fähigkeit zur Schuldreflexion, sondern die zur Schamreflexion, die durch den Begriff der Kollektivscham unterbunden worden ist, ist die Grundlage der Herrschaftskritik: der Weltkritik. (Ist nicht das Schicksal der Schamzusammenhang, und nicht der Schuldzusammenhang, des Lebendigen?)
Krankt Erich Zengers „Gottes Bogen in den Wolken“ nicht daran, daß er an der Trennung der Quellen (J, E, P, Dtr) festhält, anstatt sich auf die Konstellationen einzulassen, die mit dieser Trennung erst sichtbar wird? Beeinträchtigt nicht z.B. die Ausscheidung der Sündenfall-Geschichte, die Verdrängung des Schammotivs, des Baums der Erkenntnis, der Schlange, des Fluchs über die Schlange, Adam und Eva (mit dem Staubmotiv, den Dornen und Disteln, den Wehen) das Verständnis der Sintflut-Geschichte (vgl. z.B. die deutliche Beziehung des Spruchs Noachs über seine Söhne zum Fluch über die Schlange, Adam und Eva)? Wie verhält sich z.B. das kreisende Flammenschwert des Kerubs vor dem Eingang des Paradieses zum Bogen in den Wolken? Welche Stellen scheidet Erich Zenger aus dem Priester-Text aus (z.B. den über den Wassern brütenden Geist Gottes), aus welchen Gründen und mit welchen Folgen?
Was fehlt:
– eine Geschichte der Banken,
– eine Geschichte der Architektur,
– eine Geschichte der Sprachen,
– eine politische Geschichte der Liturgie.
Hat der Satz, daß es zur Prophetie die Haltung des Zuschauers nicht gibt, sondern nur die Alternative: entweder man ist selbst Porphet, oder man ist Objekt der Prophetie (und am Ende wird beides eins), nicht auch die Tendenz, die prophetische Vision, das prophetische Wort endlich wahrzumachen: daß am Ende Gotteserkenntnis die Erde bedeckt wie die Wasser den Meeresboden?
Daß das Wort sich erfüllt, heißt das nicht auch, daß es endlich die Kraft des Namens (und das homologein sein Objekt) wiedergewinnt.
Das in Jesus die Schrift sich erfüllt, ist ein prophetisches, kein historisches Wort. Als historisches wäre es ein blasphemisches Wort.
Der Dekalog ist nicht harmlos: Das vierte Gebot ersetzt die Psychoanalyse, das achte Gebot die kritische Theorie.
Mit der Philosophie müssen wir auch ihren Mangel begreifen, und hier liegt die ungeheure Bedeutung Heideggers: Er hat den Geburtsfehler der Philosophie zu ihrem einzigen Inhalt (und damit kenntlich) gemacht.
Wäre nicht die Trias Schöpfung, Offenbarung, Erlösung heute weiterzutreiben in die Trias Schöpfung, Prophetie, Apokalyptik? Das ändert die dynamischen Beziehungen in der Trias, stellt sie auf eine neue Basis. Im Hinblick auf den „Stern der Erlösung“ wäre das daran zu demonstrieren, daß im Falle einer christlichen Rezeption, die noch aussteht, ein affirmativer Gebrauch des Weltbegriffs nicht mehr möglich ist. Die Welt ist in jene apokalyptische Bewegung hereingerissen, die Rosenzweig um jeden Preis draußen vor halten möchte. Aber hier ist zugleich der Verdrängungspunkt der bisherigen christlichen Theologie. Im letzten Teil des Stern der Erlösung würden sich Judentum und Islam als vorapokalyptisch erweisen (und ein Christentum, das zwangshaft versucht, sich auch als vorapokalyptisch zu verstehen, hat damit zwangsläufig beide als „Erbfeinde“).
Für das vorapokalyptische Christentum, das am affirmativen Gebrauch des Weltbegriffs erkannt wird, ist die Schöpfungslehre Teil des Herrschaftszusammenhangs, die Offenbarung (als bloße Erkenntnisquelle) Teil des Verblendungszusammenhangs, und die Erlösung (als privater Exkulpationsmechanismus) das Siegel des Schuldzusammenhangs. Zu den Folgen dieses Zusammenhangs gehört es, daß das Subjekt (der Gläubige) in diesem System in einen Trägheits- und Objektstatus gebannt bleibt. Das vorapokalyptische Christentum steht unterm Bann des von ihm selbst hervorgerufenen Inertialsystems.
Hat das Feuer, das Jesus vom Himmel bringen wollte (und er wollte, es brennte schon), etwas mit dem kreisenden Flammenschwert des Kerubs vor dem Eingang des Paradieses zu tun?
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