Wie kommt es, daß bei Rosenzweig der Erlösungsbegriff so merkwürdig blaß bleibt, und daß insbesondere sein Begriff der Liebe an den islamischen der Schöpfung, die auch jeden Tag neu anhebt, erinnert?
Daß die Distanz zum Objekt durch die Distanz, die der Herr durch den Beherrschten gewinnt, vermittelt sei, ist nur die eine Seite der Sache. Die andere, gleichsam die naturale Seite der Objektbeziehung (der intentio recta), die Adorno durch das Eingedenken der Natur im Subjekt zu fassen versucht, hat ihre reale Wurzel im entfremdeten Naturbegriff selber im Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit.
Wer ist der Morgenstern? Hat der phosphoros, Luzifer, etwas mit dem Christophorus zu tun? Wäre es nicht überhaupt wichtig, endlich einmal Ursprung und Funktion der Legende (ebenso wie Ursprung und Funktion von Sage und Märchen) zu untersuchen: Ist nicht die Heiligenlegende der durch den Weltbegriff und die ihn stabilisierende Christologie vermittelte und transformierte Mythos?
Daß die Pforten der Hölle die Kirche nicht „überwältigen“ werden (mit dem sprachlichen Anklang an den Gewalt- und an den Weltbegriff): muß das nicht genauer heißen, daß sie sie nicht „übertönen“ (gleichsam tumultuarisch überschreien) werden; ist nicht ein Vorgang in der Sprache gemeint, der mit der Geschichte des Nominalismus zusammenhängt? Hat nicht das Tumultuarische seinen Ursprung dort, wo Gottesfurcht und Herrenfurcht nicht mehr unterschieden, die Religion mit dem Herrendenken vermischt wurden (Grundlage des historischen Entzauberungsprozesses, der das Herrendenken vergesellschaftet und rationalisiert, es von seinem religiösen Ballast befreit hat)? Und sind nicht auch die Schlüssel des Himmelreichs sprachlicher Natur (wie der Name Petri, des Felsen)?
Sind die Rechten, die Fremdenfeinde, nicht die Vollstrecker des Hegelschen Weltgerichts, und deshalb systemimmanent nicht widerlegbar?
Die subjektiven Formen der Anschauung, und in ihrer Konsequenz das Inertialsystem, sind Reflexionsformend es Objektbegriffs (der intentio recta), den die christliche Dogmatik (die Orthodoxie) in die Philosophie hereingebracht hat. Abgesichert und stabilisiert wird dieser Prozeß durch den Weltbegriff.
Islam
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28.11.92
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06.11.92
Für Sodom und gegen die Engel Jahwes: Sind es nicht die gleichen (nur jetzt zwei anstatt vorher drei) „Männer“, die von Abraham mit großer Gastfreundschaft aufgenommen wurden, den Bund mit ihm schlossen und ihm den Erben und die zahlreiche Nachkommenschaft ankündigten?
Jericho und Sodom haben mit dem Stammbaum Jesu zu tun, und zwar beide über Frauen, über Rahab und Ruth (die als Moabiterin an die Lot-Geschichte erinnert). Aus Gibea stammt der erste König Israels, Saul; sein Namens-Nachfahre, Saulus/ Paulus, war ein Benjaminiter.
Sind der neue Himmel und die neue Erde die alten nach ihrer Befreiung von der Welt?
Die Fremdenfeindschaft, die Xenophobie, ist der Preis für die Zivilisation, und jede Fremdenfeindschaft ist im Kern antisemitisch (inverse Identität von Hebräern und Barbaren).
Der systematische Quellpunkt des Stern der Erlösung hat etwas mit dem systematischen Kern der Kritik der reinen Vernunft zu tun: er entspringt dem Problem der Ableitung der Dreidimensionalität des Raumes, das bei Kant im Zusammenhang mit der Benennung der drei Strukturelemente der Zeit: Dauer, Folge und Zugleichsein, anklingt. Das transzendentallogische Kausalitätsprinzip, die Verknüpfung von Ursache und Wirkung, erinnert nicht zufällig an das theologische Verhältnis von Sünde und Schuld.
Der christlogische Naturbegriff, die Vergöttlichung des Opfers, ist das zentrale Element der Nachfolgevermeidungsstrategie, die er durch die Nutzung des Privilegs der Opfer, durch die theologische Honorierung des Selbstmitleids (Grund der christlichen Seelenvorstellung), fast unaufhebbar in das Bewußtsein der Zivilisierten eingesenkt hat. Diese Beziehung zum Opfer macht den durch den Weltbegriff abgesicherten Objektbegriff, Grund des verdinglichten Bewußtseins, fast unangreifbar.
Daß das neutestamentliche Lösen sich auf einen Knoten bezieht, der nicht nur geknüpft, sondern zusätzlich auch noch durchschlagen wurde (Alexander und der gordische Knoten), macht die Sache so ungeheuer schwierig. Das Schwert, mit dem dieser Knoten durchschlagen wurde, war das Schwert des Urteils, des Begriffs, abgeschirmt durch die zugleich entspringende Gewalt des Weltbegriffs, begründet in dem bis heute unaufgeklärten Konnex von Kosmologie und Herrschaft (Alexander war Aristoteles-Schüler); und was hier durchschlagen wird, ist die benennende Kraft der Sprache, die Gewalt des Namens: ihre Neutralisierung durch die Trennung von Begriff und Objekt. Erst der durchschlagene Knoten hat das Herrendenken von seinen vorweltlichen („asiatischen“) Verstrickungen befreit, um den Preis der Verinnerlichung des Schicksals, Erbe der griechischen Philosophie seitdem. Hegels Philosophie ist die gewaltige Rekonstruktion dieses Knotens, allerdings nicht seine Lösung. Denkmal der Durchschlagung des Knotens ist neben dem Geld die Geometrie (seit der griechischen „Entdeckung“ des Winkels), in der Moderne erweitert durch das systembegründende Inertialsystem und die Infinitesimalrechnung, und durch das Prinzip der Lohnarbeit (die Inertialisierung des Tauschkontinuums: gesellschaftlicher Grund des naturwissenschaftlichen Materiebegriffs).
Indem Kant alle Erkenntnis an die subjektiven Formen der Anschauung, insbesondere an die der äußeren Anschauung, bindet, verhindert er selber die Erkenntnis der Dinge an sich, zugleich aber benennt er damit auch das Hindernis, das der Erkenntnis der Dinge an sich seitdem im Wege steht. Von diesem „Hindernis“ macht das moderne Bewußtsein einen ebenso unverschämten wie selbstmörderischen Gebrauch (Zusammenhang mit der Funktion des Weltbegriffs).
Bezieht sich das Orakel über den gordischen Knoten auf die Herrschaft über Asien? Was bedeutet dann hier der Name Asien (ist er gleichbedeutend mit dem Namen Orient)? Was immer Kaiser Wilhelm, Max Horkheimer und Erich Nolte sonst unterscheiden mag, eines war ihnen gemeinsam: die Angst vor der „asiatischen Gefahr“. Wie hängt das zusammen mit den asiatischen Gestalten des Mythos und der Offenbarung bei Rosenzweig: mit Indien, China und dem Islam? Und wie hängt das auf der anderen Seite zusammen mit der ungelösten Frage der „indogermanischen Sprachen“ (deren innergrammatische Herrschaftsstruktur Indien und Europa in eine gemeinsame Beziehung gegen die „altorientalische“ Geschichte und Kultur rückt)? -
27.10.92
Alle Zeit ist potentielle Vergangenheit (und nur durch Umkehr: durch die Idee der Auferstehung der Toten, auf die Idee der Ewigkeit zu beziehen). Die einseitige Erkenntnisbeziehung, die seit dem Ursprung des Weltbegriffs die vorherrschende ist, ist genau das, was Unzucht genannt wird: die Vergewaltigung des Objekts. Wenn das hebräische Wort für Arche („teba“) auch Wort heißt, ist dann die Geschichte der Arche und der Sintflut eine Ergänzung der Geschichte von der Benennung der Tiere durch Adam? Parvus error in principio: Das Dogma, wonach Gott die Welt aus Nichts erschaffen hat, ist in allen drei Stücken falsch, und es widerspricht in allen drei Stücken dem ersten Satz der Genesis; es ist entweder – Gott durch den Staat, oder – die Welt durch Himmel und Erde zu ersetzen; – und das Nichts, aus dem Gott die Welt erschaffen hat, ist der durch den Weltbegriff erzeugte blinde Fleck in uns, Widerschein der leeren Subjektivität, Antwort auf die von der Logik, aus der der Materiebegriff stammt, bestimmte, theologisch aber falsche Frage nach dem Woraus. Insgesamt ist es der Versuch, den Schöpfungsbegriff auf eine Formel zu bringen, der die Rezeption der Philosophie in die Theologie ermöglichte und absicherte, und die zugleich den fragwürdigen Vorteil hatte, daß sie den Begriff der Umkehr unnötig, weil gegenstandslos machte. So aber wurde die Theologie gegen sich selbst gekürzt. Die Frage, auf die die Theologie in der Schöpfungslehre mit Nichts antworten zu müssen geglaubt hat, nämlich: woraus Gott die Welt erschaffen hat, ist falsch. Es gibt kein Woraus. Diese Frage entspringt einem logischen Zwang, der aufzulösen ist, wenn man überhaupt der Schöpfungsidee sich nähern will. Es ist der gleiche Zwang, dem der Ursprung des Begriffs der Materie in der Philosophie sich verdankt. Das Nichts ist Produkt der Unzucht, der inzestuösen Beziehung von Subjektivität und Welt. Es ist, wenn es der eigenen Logik folgt, Generator des Naturbegriffs, in dem es sich versteckt. Die Totalität dessen, worauf sich das Woraus bezieht, heißt Natur, die in theologischem Zusammenhang als Nichts sich enthüllt. An dieser Frage erstickt die Heideggersche Philosophie, verstummt sie wortreich. Und aus der Hypostasierung dieser leeren Frage, aus ihrem lustvollen Scheitern, versucht sie, ihr Prestige zu gewinnen: Sie zerbricht, indem sie als Frage nach dem Sinn von Sein sich zu entfalten versucht. Der blasphemische Tief- und Irrsinn der Heideggerschen Philosophie gründet im parvus error in principio der Theologie. Die Kategorie der Erhaltung der Welt ist ein Reflex des Selbsterhaltungsprinzips; und wenn der Islam an seine Stelle die – den Islam, die Ergebung, begründende – Lehre setzt, daß Gott in jedem Augenblick die Welt neu erschafft, so verweist das darauf, daß hier Welt und Subjektivität sich nicht so konsolidiert haben, wie dann im Christentum. Der Staat erschafft die Welt, und die Zentralbanken erhalten sie (gemeinsam mit dem staatlichen Gesetzgeber). Aber die traditionelle Theologie ging wirklich über Stock und Stein, ihr logisches Zentrum, ihr Einsichtspunkt, war nicht dort, wo sie vorgab, ihn zu suchen. Gnade und Schicksal: Auch zur Gnade gehört der Zuteiler, der daimon. Deshalb gehört die augustinische Gnadenlehre zu den Ursprüngen der Inquisition und des Terrors im Christentums: sie wird das mit der Philosophie rezipierte Schicksalserbe, das hier zwangshaft sich reproduziert, nicht los. Die christliche Gnadenlehre läßt sich als ein Versuch begreifen, das Schicksalsmoment im Begriff theologisch aufzuarbeiten, wobei die Differenzierungen des Gnadenbegriffs selber als Momente der Selbstreflektion des Schicksals und der Abarbeitung des philosophischen Erbes der Theologie sich erweisen. Das aber heißt: Es gibt keine wirkliche Gnadenlehre ohne Herrschaftskritik und ohne die Reflektion des Moments der Unwahrheit an der intentio recta, oder: ohne die Idee der Umkehr. Die aber hat heute etwas mit den sieben unreinen Geistern, und nicht mehr nur dem einen zu tun. Bei Rosenzweig ist die Natur, aus der alles abgeleitet wird, eine durchs Nichtwissen vermittelte, gleichzeitig das Substrat, das erst durch vollständige Umkehr zur Verkörperung der Wahrheit wird. Der Stellenwert des Naturbegriffs im Stern der Erlösung, seine Aufspaltung in drei Naturen (die des Menschen, der Welt und Gottes), die dann aber als Konstrukte sich erweisen, die erst durch Umkehr (das Bild vom Koffer), durch eine Bewegung, in der ihr Natursein sich auflöst, der Naturbegriff gleichsam gegenstandslos wird, in den theologischen Erkenntnisprozeß einbezogen werden, rückt Philosophie und Theologie allgemein in eine Beziehung, die der inversen Beziehung des Begriffs zum Namen entspricht. Erst in dieser Umkehr wird die Natur von ihrer Sprach-losigkeit (aus dem Herrschafts-, Schuld- und Verblendungszusammenhang, in dem sie überhaupt erst als Natur sich konstituiert) erlöst, indem sie als Natur untergeht: Hier liegt die der Kirche verheißene lösende Kraft, an der die Theologie Anteil gewinnt, wenn sie endlich als Theologie im Angesicht Gottes sich begreift, anstatt weiterhin hinter Seinem Rücken sich zu ergehen, nur weil sie Angst hat, mit der Kritik des Begriffs ins Bodenlose zu fallen. Wer begreift, daß die Banken die legitimen Erben der alten Tempelreligionen sind, begreift mehr von der Religion als unsere gesamte Theologie. Ist es ein Zufall, daß die Hostien der katholischen Eucharistie aussehen wie Münzen? Wenn Petrus nicht der Stein vorm Grab ist, ist er dann der Fels, in den das Grab gehauen ist? Und zögert er deshalb, ins leere Grab hineinzugehen, sich vor dieser Selbstbegegnung fürchtet? Die paulinischen Archonten, sind sie nicht – die Nachfahren der Kerube mit dem kreisenden Flammenschwert und – die Siegel, die erst das Lamm zu lösen vermag?
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24.09.92
Architektur und Ontologie (Haus des Seins): Die Gründung des Hauses (als Schutz gegen die Außenwelt) ist erkauft mit der ersten Raumerfahrung: In jeder Ecke des Hauses wird die orthogonale, dreidimensionale Struktur des Hauses sichtbar und anschaulich. Aus der Erfahrung des Hauses stammt die des Kosmos, der Welt. Das Innen war seit je das Außen des Außen. (Zusammenhang mit dem Turm von Babel, dem Ursprung der Sprachverwirrung, und dem Namen Pharao, des Herrn des Sklavenhauses?)
Pharao ist das große Haus, Josef war seine rechte Hand (Vorgeschichte mit Potiphar und seiner Frau, die Gefängniszeit, der Mundschenk und der Hofbäcker, der Traum und dann der Ursprung, die Entstehung und die Vollendungsgeschichte dieses „großen Hauses“, des Sklavenhauses, die Geschichte der Akkumulation des Eigentums in der Hand des Pharao). – Mizraim (Ägypten) ist ein Dualis.
Verweist die kantische Bestimmung des Weltbegriffs als Begriff der mathematischen Totalität aller Erscheinungen auf den mathematischen Grund des Weltbegriffs selber?
An dem Kapitel über die Wunder Jesu in Uta Ranke-Heinemann: „Nein und Amen“ läßt sich genau studieren, wie Empörung dumm macht.
Zu den Dämonen, die Jesus als Sohn Gottes erkennen und ansprechen, deren Name „Legion“ ist, und die dann auf eigenen Wunsch in die Schweineherde fahren und sich ins Meer stürzen: Ist es so undenkbar, daß hier die Kirche gemeint ist? War es nicht Petrus, der nach der Apostelgeschichte über einen Traum das Essen von Schweinefleisch eingeführt hat? Und ist es nicht die Kirche, die dem Namen des Gottessohns im Dogma eine dämonische Signatur gegeben hat?
Zum Islam: Ist die Verbindung von Religion und Politik, in die der Fundamentalismus immer wieder zurückfällt, nicht aufgrund der islamischen Schöpfungsvorstellung, wonach Allah die Welt jeden Augenblick neu erschafft, um sie zu erhalten, unvermeidbar?
Zum Kollektivschuld-Problem hat man nach dem Krieg nur eine Sprachregelung, keine Lösung gefunden. Es gibt keine Kollektivscham, es sei denn, daß man ein Kollektiv-Subjekt akzeptiert; aber das wäre genau das Subjekt, von dem die Täterqualität nicht abzuwischen ist. Diese Kollektivscham war der Rettungsanker, über den der Nationalismus sich erhalten hat: Seitdem ist Auschwitz (Hoyerswerda, Rostock etc.) eine Schande für den deutschen Namen: der Opfer braucht nicht mehr gedacht zu werden (und man kann es den Juden übelnehmen, daß sie Anlaß waren, daß dieser Schatten auf den deutschen Namen gefallen ist, mit der Folge, daß Rostock keine Diskussion über den erschreckenden Ausbruch der Gemeinheit und der Niedertracht auslöste, sondern nur über das Asylrecht, die wieder die Opfer zu den in Wahrheit Schuldigen machte). Durch die Kollektivscham wurden die Untaten dem Bereich des Gewissens entrückt und zu einer Sache des Urteils der Geschichte, der Welt, des Auslands über uns. In der Kollektivscham sieht sich die ganze Nation als von außen angesehen. So wurde die Maxime sanktioniert, wonach es nicht aufs Tun, sondern aufs Erwischtwerden ankommt, und die Schleusen der Gemeinheit sind seitdem weit geöffnet. Der einzige Weg, der hätte herausführen können, wurde durch das Stichwort Kollektivscham (in instinktiver Kenntnis der Konsequenzen) versperrt: Das Bewußtsein, daß man auch durch Nichthandeln schuldig werden kann, Grund der Reflexion des Weltbegriffs (Bedeutung des Wortes von der Übernahme der Sünde der Welt und seiner theologischen, dogmenkritischen Konsequenzen: die Opfertheologie wäre nicht mehr zu halten gewesen).
Aber scheitert die sühnelogische Interpretation der Opfertheologie nicht an schon an der Zwei-Naturen-Lehre in der Christologie? Diese Zwei-Naturen-Lehre widerspricht nämlich der Instrumentalisierung des Opfers, ohne die es die Sühnelogik nicht gibt. Erst die Anpassung der Theologie an die Welt, die übernahme der Logik des Weltbegriffs in den theologischen Erkenntnisbegriff oder die innere Säkularisierung der theologischen Gehalte, die selber abhängig ist von der sühnelogischen Interpretation der Opfertheologie, die insbesondere dann im Begriff einer Erschaffung der Welt aus dem Nichts sich manifestiert, zieht als ihren Schatten einen Naturbegriff nach sich, der die theologischen Inhalte gleichsam aufsaugt und dann gegen die Theologie sich verselbständigt. Dieser Naturbegriff neutralisiert den Widerspruch, von dem er lebt: er läßt nicht mehr sich auflösen (und zerstört, durch Gewöhnung an den Widerspruch, jede Kraft der Argumentation: er zerstört die Sprache).
Die Rezeption des Weltbegriffs in der Theologie (die Idee der Erschaffung der Welt aus dem Nichts) schirmt die Politik gegen theologische Kritik ab (neutralisiert die Prophetie) und begründet die seitdem (nicht nur im Christentum) herrschende zentrale Stellung der Sexualmoral (und das in der Geschichte mit der Ehebrecherin bezeugte Verhältnis Jesu zur Sexualmoral ist in seiner Weltkritik begründet). Oder anders formuliert: die christliche Sexualmoral ist ein Produkt der inneren Säkularisation der theologischen Tradition.
Gründet nicht der kantische Begriff der Erscheinung (als eine Totalität des Scheins) und dessen Hegelsche Zuspitzung zum Begriff des Scheins (aus dem das Wesen hervorgeht) in der Beziehung zur Schuld, indem er vom Schuldzusammenhang, aus dem er stammt, abstrahiert, selber (durch das Schuldverschubsystem und die verandernde Kraft des Seins) zu einer Kraft der Exkulpation wird. Dieser Widerspruch wird im Naturbegriff gegenständlich, er ist ein Säkularisat der Theologie. Grund ist die (aus der Innenerfahrung des Hauses stammende) Vorstellung des Raumes, der Reversibilität der Richtungen im Raum, durch die die Differenz zwischen den Richtungen im Raum (Im Angesicht und Hinter dem Rücken, Rechts und Links, Oben und Unten) neutralisiert und zur Unkenntlichkeit entstellt wird. Hier entspringt der logische Zusammenhang, der in der transzendentalen Ästhetik und Logik Kants und im System der Hegelschen Philosophie sich entfaltet, der zugleich in der Grundstruktur des Kapitalismus, in der Subsumtion der Arbeit unters Tauschprinzip, sich manifestiert und seine systembegründende Qualität gewinnt. Hier wurde der Pakt Fausts mit dem Teufel geschlossen, in dessen Bann wir seitdem sind.
Das Christentum ist die jüdische Antwort auf eine veränderte geschichtliche Situation; und diese Veränderung drückt sich zentral in der Funktion und Bedeutung, im logischen und historischen Stellenwert des Weltbegriffs aus. Aber diese neue Antwort war in sich selber ambivalent, und ihre Ambivalenz war unvermeidbar. Diese Ambivalenz abzuarbeiten wäre die heutige Aufgabe der Theologie. -
23.09.92
„Sitzet zur Rechten des Vaters“:
– Wo, außer in der Rede des Stephanus, kommt das im NT vor (Bezugsstelle in Ps 1101, vgl. auch das Folgende im Psalm)?
– Wie hängt das mit der Übernahme der Sünde der Welt (Rechts und Links) zusammen?
– Gibt es einen Zusammenhang mit dem Binden und Lösen (und mit dem Millenarium, der Bindung des Satans in der Apokalypse: Ist die mittelalterliche Fälschungsgeschichte eine Veranstaltung zur Vermeidung des Lösens, ein Teil der Leugnungsgeschichte)?
– Zusammenhang mit dem Ende des Buches Jona?
– Gibt es einen Zusammenhang zwischen Vater, Sohn und Geist und den Umkehrungen Oben/Unten, Rechts/Links und Vorn/Hinten?
Der Himmel ist sein Thron, die Erde der Schemel seiner Füße; aber der Sohn sitzt zur Rechten Gottes, der ihm seine Feinde als Schemel unter seine Füße legen wird.
Hat die Orthodoxie (und die Orthogonalität) etwas mit dem Sitzen zur Rechten des Vaters zu tun?
Hat die Kirche nicht seit je die Juden als Projektionsfolie für ihr eigenes Versagen, ihre eigenen Unterlassungen, ihre eigene Verblendung genutzt (zumindest: diese Nutzung zugelassen)?
Heidegger hat den Abgrund der Sinnfrage eröffnet und ist selber hineingefallen. Daran erinnert wohl der Begriff der Geworfenheit. Heidegger hat das Sein, dessen verandernde Kraft Rosenzweig erstmals notiert hat, im Namen der Geworfenheit als das Subjekt des Falls begriffen (als außerhalb des Subjekts existierende, das Subjekt exkulpierende Projektionswand der Schuld: als Geschick).
Die muslimische Brüderlichkeit ist eine Prominentenfalle. Der Islam glaubt, wie jeder Fundamentalismus seit dem Ursprung des unbekehrten Christentums, politische und ökonomische Probleme durch eine restriktive Sexualmoral lösen zu können.
Der Weltbegriff legitimiert und sanktioniert die intentio recta, das Auf-dem-Bauche-Kriechen der Schlange; und die kantische Philosophie wäre daraus zu erklären, daß nur unter den Bedingungen des ungeheuren Blindschleichen-Konstrukts der transzendentalen Logik und Ästhetik diese intentio recta noch zu halten war, während sie die Elemente der eigenen Widerlegung bereits enthielt. -
13.09.92
Wenn die Schlange „auf dem Bauche kriecht“, drückt sich darin nicht auch ein Verhältnis zu den Herrschenden, zu den Vornehmen, aus? Steckt darin nicht die Anerkennung hierarchischer Ordnungen? Stehen nicht aller Tiere unter Herrschaftsnarkose? Und ist die Schlange deshalb „das klügste aller Tiere“, weil sie die vollständige Unterwerfung repräsentiert?
Der biblische Begriff der Umkehr ist nur verständlich im Kontext der Idee der Auferstehung der Toten. In diesem Zusammenhang nochmal nachlesen, in welchem Kontext die Umkehr von Mensch Welt Gott im „Stern“ sich begreift.
Natur- und Weltbegriff sind Totalitätsbegriffe, die unsere Erfahrung organisieren. Der Naturbegriff usurpiert den Schöpfungsbegriff und leugnet die Idee der Auferstehung der Toten; der Weltbegriff usurpiert das Jüngste Gericht und leugnet die Idee der Schöpfung. Die ungeheure Bedeutung des paulinischen „Kauft die Zeit aus“. Durch den unreflektierten Gebrauch der Begriffe Welt und Natur werden die Schöpfung und die Idee der Auferstehung aus dem Bereich des Denkbaren ausgeschlossen. Aber ohne die Idee der Auferstehung der Toten ist auch die der Wahrheit nicht mehr denkbar.
Starke und schwache Verben: Gesonnen und gesinnt. Hängt die Unterscheidung mit der von Name und Begriff zusammen, drückt darin ein Unterschied der Beziehung zum Objekt sich aus? (Der Duden ebnet die Differenz ein, indem er schwache Verben, nur weil auch ein Vokal sich ändert, mit zu den starken (= „unregelmäßigen“) Verben rechnet; vgl. insbesondere die sogenannten Modalverben, die „Präteritopräsentia“:
– dürfen: es ist mir erlaubt,
– können: die Kräfte, die Mittel reichen aus,
– mögen: es kommt meiner Neigung entgegen,
– müssen: ich bin gezwungen,
– sollen: es wird von mir erwartet,
– wollen: ich verspreche zu tun,
– wissen: ich unterwerfe meine Erfahrung den Kriterien der Beweisbarkeit, oder: ich unterwerfe mich der Kontrolle der Anderen (die mich zum Anderen für Andere macht; Katalysator ist der Begriff des Seins, die „verandernde Kraft des Seins“);
sie binden den transzendentalen Apparat an seinen Naturgrund im Subjekt zurück, geben ihn selber als ein Stück gegenständlicher Natur vor und repräsentieren die Formen der Bedienung, des Gebrauchs dieses Apparats, (den subjektiven Grund der „Tatsachen“); sh. Duden, Ziffer 216: sind das nicht Entfremdungs- oder Vergesellschaftungsverben, Verben, die die Subjektlosigkeit des Subjekts bezeichnen, gleichsam Repräsentanten der Welt oder der Natur, einer Autorität, des Schicksals, des Triebs, des Verstandes oder des Willens im Subjekt: Produkt des begrifflichen Banns, der Zerstörung des Angesichts, und Schuldgrenze zur Welt?).
Die Präteritopräsentia: Setzt sich mit ihnen das Subjekt (anstelle der Tat) als vergangen, daher ihre grammatische Konstruktion? Sind sie die subjektiven Reflexionskategorien des Weltgeistes, gemeinsam mit dem Weltbegriff entspringende Reflexionsbestimmungen?
Durchs Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit wird die unmittelbare Präsenz des gesehenen Objekt rekonstruiert; durch die Projektion ins Inertialsystem hingegen wird so etwas wie eine Präteritopräsenz hergestellt. Entsprechen dem in der Sprache die Modalverben?
Transzendentallogischer Zusammenhang von Welt, Wissen und Natur mit der subjektiven Form der äußeren Anschauung (dem Raum und seiner Dreidimensionalität)?
Ist der Konjunktiv (der heute ausgetrieben wird) die letzte Zufluchtsstätte des Subjekts in der Sprache?
Wie hängt das Nomen „Würde“ mit dem Konjunktiv des Verbs „Werden“ zusammen (ähnlich wie der Infinitiv Sein mit dem gleichnamigen Possessivpronomen 3. Person Singular masculinum)?
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“: Dieser Satz ist eine Tautologie und als solche schlicht nichtssagend: sie fällt nicht unter den Begriff der antastbaren Objekte, oder: auch die schlimmsten Verhältnisse (z.B. die Isolationshaft) lassen die Würde des Menschen unberührt. Der Satz soll aber offensichtlich den Eindruck erwecken, als solle damit die Maxime definiert werden, wonach die Würde des Menschen nicht angetastet werden darf. Dann jedoch dürfte es bestimte Urteile und auch Formen des Strafvollzugs, die zu oft den Satz bestätigen, daß Gemeinheit kein Tatbestand des Strafrechts ist, nicht geben.
Gemeinheit als Erziehungsmedium: Heißt nicht für unsere Justiz Resozialisierung die Austreibung des Mitleids, die Fixierung ans Eigeninteresse? Das aber ist der Grund der Rückfallmechanik. So gerät unser Rechtswesen immer mehr in eine Verfassung, in der sie nur noch ihre eigene Existenzgrundlage: das Verbrechen, reproduziert.
Wenn ich einen Imperativ durch einen Indikativ ersetze, dann verwandle ich ein Sollen in ein Sein, eine moralische Handlung in ein schicksalhaft ablaufendes Geschehen: ich verrate die Moral, um die Philosophie zu retten.
Der Grundstein des babylonischen Turms ist das Sein, die Ontologie das dynamische Zentrum der Sprachverwirrung. Mit dem Namen des Seins zitiere ich Gewalt, den Ursprung des Gewaltmonopols des Staates. Aber insoweit ist auch die raf eine ontologische Sekte.
Es ist eine Verharmlosung, den Nationalsozialismus nur als Rassismus zu verurteilen; so reduziert man ihn auf ein Bekenntnissystem, auf eine Konfession, und verbleibt im Bann der Logik, der er entspringt. Im Banne dieser Logik sind der Antisemitismus und die Trinitätslehre als Bekenntnisse gleichwertig und austauschbar. Zu verstehen ist er nur als Generalprobe des Antichrist.
Die Frage, ob zwar nicht Jesus, wohl aber das Christentum den Teufel mit Beelzebub austreibt (vgl. die Geschichte mit den sieben unreinen Geistern), ist vielleicht doch sehr ernst zu nehmen. Und ebenso die Pharisäer, Schriftgelehrten und Hohepriester, m.a.W. die, die Johannes „die Juden“ nennt, werden vom Grunde her mißverstanden, wenn man sie nur als historische Exemplare einer vergangenen und überwundenen Epoche ansieht: Gemeint ist die Kirche (mit ihren real existierenden Pharisäern, Schriftgelehrten und Hohepriestern).
Wäre der Islam nicht verständlicher, wenn es stimmt, daß die Sprache des Koran, das Arabische, kein Futur kennt? Das islamische Schöpfungskonzept, wonach Allah in jedem Augenblick die Welt neu erschafft, schließt jede Zukunftsgarantie aus, setzt das Geschaffene der vollen Schöpfungsmacht eines Gottes aus, dessen Pläne undurchschaubar sind, und begründet ein Lebensgefühl, in dem der Zufall zentral ist (wie es dann auch im Namen des „Islam“ sich ausdrückt: Im Christentum ist der Zufall eine zu enträtselnde Chiffre der göttlichen Vorsehung, im Islam eine nur durch Unterwerfung zu ertragende Manifestation der göttlichen Schöpfungsmacht).
Die Materie ist das Für-andere-Sein der Dinge; insofern hängt der Begriff der Materie mit der Geschichte der Sexualmoral und mit der ihres Objekts zusammen.
In der Kirchengeschichte hat es zwei pornographische Epochen gegeben: die pornokratische Phase der Papstgeschichte und die kasuistische Phase der Moraltheologie. Beide Phasen sind Phasen der Herrschaftsgeschichte (die erste unmittelbar, die zweite als Teil der Vergesellschaftung von Herrschaft). Beide sind Ausdruck der Verzweiflung an der Theologie. Die befreite Sexualmoral wird eine sein, die als Herrschaftsmittel gänzlich unbrauchbar geworden ist, weil sie sich im Hinblick auf die Idee der Auferstehung begreift. „Stark wie der Tod ist die Liebe“.
Adornos Satz: „Die Deutung von Geist als Gesellschaft erscheint demnach als metabasis eis allo genos, unvereinbar mit dem Sinn der Hegelschen Philosophie allein schon darum, weil sie sich gegen die Maxime immanenter Kritik verfehle …“ (Drei Studien zu Hegel, S. 31) wäre zu berichtigen: Die Deutung von Geist als Gesellschaft läßt sich aus der Hegelschen Logik entwickeln, aus dem Satz: „Das Eine ist das Andere des Anderen.“ Dieses Für-andere-Sein steckt im Innern des Geistes als dessen gesellschaftliches Wesen drin und ist der materialistische Analyse und Interpretation fähig.
Benjamins Satz: „Glücklich ist, wer seiner selbst ohne Schrecken inne wird“ enthält die Konsequenz, daß die Idee des Glücks die -nicht durch Rechtfertigungszwänge blockierte – volle Erinnerung der Vergangenheit (oder die Übernahme der Sünde der Welt) und die Idee der Auferstehung der Toten mit einschließt. (Vgl. hierzu das Bild der Lokomotive: diese Lokomotive kann nicht gestoppt, sondern nur aufgelöst werden; sie ist ein Phantom, aber ein reales.)
Wenn Maria als Mittlerin aller Gnaden angesprochen wird, dann kann das eigentlich nur im Sinne des Liedes „Christi Mutter stand mit Schmerzen …“ verstanden werden. Gefährlich wird die Marienverehrung nur im Kontext der Mutterideologie, der schon in der Geschichte von der Hochzeit zu Kana die Grundlage entzogen wurde, als Jesus sagte: „Weib, was habe ich mit dir zu schaffen“, worauf Maria nicht ihm antwortete, sondern (in einer Form, die den Eindruck erweckt, sie habe ihn verstanden) die Diener der Gastgeber anweist: „Tut alles, was er euch sagt“.
Die Geschichte der Zivilisation ist die Geschichte der Verinnerlichung des Opfers: Das wäre aufzuarbeiten anhand der Geschichte des Naturbegriffs.
Heidegger hat die Moral verraten, um die Philosophie zu retten.
Es gibt Gerüche, die Erinnerungen wachrufen; es gibt aber auch Gerüche, die Verdrängungshilfe leisten. -
03.08.92
Wann war Jesus „erschüttert“? – Beim Tod des Lazarus (Joh 1133) und bei der Ankündigung des Verrats (Joh 1321). Und im Garten Gethsemane?
Zum evangelischen Rat der Armut: Mit dem Eigentum verlängere ich meine Sinnlichkeit (über die Abtötung der eigenen Sinnlichkeit: Ursprung der christlichen Sexualmoral), mache ich mich über meine Physis hinaus (in die Dinge hinein) empfindlich und verletzbar. Dazu muß ich sie vorher töten: Das historische Mittel dazu ist der Begriff, dann die Universalisierung des Begriffs in der Geschichte der naturwissenschaftlichen Aufklärung (die Verweltlichung der Welt: ein verkehrt magischer Vorgang oder die Umkehrung der Magie). Der Satz „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ am Frankfurter Gerichtsgebäude meint eigentlich: Das Eigentum – denn darin verkörpert sich fürs Recht die Würde des Menschen – ist unantastbar („Faß mein Auto nicht an“).
Ist das nicht der Grund, aus dem die Geschichte der Medizin erwächst (vgl. die gesellschaftlichen Bedingungen für den Ursprung der Anatomie)? Mit der medizinischen Wissenschaft melden die Ärzte ihre Eigentumsansprüche an die Körper der Menschen an. – Welche gesellschaftlichen Veränderungen drücken sich heute in den Fortschritten der Medizin und in den Veränderungen der Einrichtungen des Gesundheitswesens aus? Fallen nicht mittlerweile die Zähne unter den Eigentumsanspruch der Zahnärzte, die operierbaren Teile des Körpers unter den der Chirurgen? Sind nicht Vorsorgeuntersuchungen vorsorglich geltend gemachte Eigentumsansprüche? (Sind Ärzte nicht in einem sehr tiefen Sinne Verbündete des Todes, Erben, die ihre Ansprüche schon vor dem Ableben geltend machen?)
Eigentum ist kein einfacher Sachverhalt mehr; Mein und Dein lassen sich nicht mehr säuberlich trennen. Es gibt nicht mehr nur sich wechselseitig berührende, sondern auch wechselseitig sich durchdringende und überlagernde Eigentumsansprüche.
Der Systemfehler des Rechts liegt darin, daß es die Grundsätze des (zukünftigen) Handelns zu Kriterien des Urteils über vergangenes Handeln macht: in der Zeitumkehr, die es (als weltbegründendes Institut) mit den nachfolgenden Naturwissenschaften gemeinsam hat. Hierin liegt das vom Recht nicht abzulösende Herrschaftsmoment. Über die Logik der Rechtfertigung führt das dazu, daß das Richten über die Objekte, das Gericht nach draußen (die subjektive Form der äußeren Anschauung), von der Selbstexkulpierung, der Barmherzigkeit nach innen, nicht abzulösen ist (Projektion).
Die materiale Wertethik führt nicht heraus aus dem Formalismus in der Ethik, sondern schürzt den Knoten der Verstrickung zur Unlösbarkeit.
Der transzendentale Idealismus ist der Beweis für den idealistischen Ursprung des Materialismus.
Wissen ist Macht, und Begriffe sind Eigentumsansprüche; das Mein in Begriff des Allgemeinen und in dem der Meinung (auch in dem des Gemeinen, der mit dem des Allgemeinen ähnlich zusammenhängt, wie die Allbarmherzigkeit Allahs mit der Barmherzigkeit) erinnert daran. So ist die Philosophie sowohl das Modell der modernen Aktiengesellschaft als auch des demokratischen Staates, der das Eigentum aller ist, und dessen Gewalt und dessen Handeln der gemeinsamen Verantwortung aller unterliegen. Und der Widerspruch zwischen Aktiengesellschaft und Staat ist als Widerspruch in der Philosophie nicht zu heilen, auch nicht durch (rechte oder linke) Parteinahme aufzulösen, nur zu reflektieren.
Die christliche Sexualmoral, wenn sie aus dem Kontext der Urteilsform herausgenommen wird, gewinnt prophetische Bedeutung.
Gibt es einen Zusammenhang der „sieben unreinen Geister“ mit den mosaischen Reinheitsgeboten, die auf der einen Seite mit dem Gebot der Beschneidung verbunden waren, auf der anderen Seite in den Essens-, Sakral- und Sexualbereich hineinwirken, und die insgesamt dann aufgehoben worden sind durch die petrinische Vision? – Der Kreuzestod ist in der Tat die Abgeltung des Opfers, aber in einem Kontext, der mit dem Ursprung und der Bedeutung des Weltbegriffs zusammenhängt. Eben darin ist die ungeheure Ambivalenz begründet, die vom Christentum seit seinem Ursprung nicht abzulösen ist (Unkraut und Weizen).
Das Wasser als realmythisches Symbol: Es gibt eine Festkörperphysik und eine kinetische Gastheorie, und es gibt (im Planckschen Strahlungsgesetz) eine „Theorie des Feuers“. Aber es gibt keine Physik des Flüssigen (keine Wasserphysik). Es gibt allerdings die metaphorischen Begriffe des Verflüssigens und der Liquidation (Tötung des Verräters und Aufforderung zur Begleichung einer Schuld). -
01.08.92
Kirche, Glaube und Theologie nach Auschwitz: die Probe aufs Exempel der Lehre von der Auferstehung (vgl. Paulus: den Juden ein Ärgernis, den Griechen eine Torheit – 1 Kor 123).
„Experiment Auschwitz“: Während unmittelbar nach dem Kriege in katholischen Kreisen noch Ängste geäußert wurde: „das wird sich einmal rächen!“, scheint heute Auschwitz nur noch als Widerlegung der Lehre von der Auferstehung der Toten nachzuwirken. Diese „Widerlegung“ scheint sich aus zwei Motiven zu speisen:
– aus einem gleichsam naturwissenschaftlichen Kontext: das Experiment hatte ein negatives Ergebnis; die Erschlagenen und Vergasten sind nicht auferstanden und die Täter nicht zur Rechenschaft gezogen worden; und zudem:
– wie würden es die Täter (zu denen auch, bis in die Kirchen hinein, die gehören, die es wahrgenommen und gewußt, aber nicht eingegriffen haben, und die, die in dieser unaufgearbeiteten Tradition stehen) aushalten, wenn sie die Lehre von der Auferstehung ernst nähmen (wenn sie an die Auferstehung glaubten); welche Konsequenzen müßten sie dann ziehen?
Mizraim, der hebräische Name Ägyptens, ist nach Wilhelm von Humboldt ein Dualis.
Die „Unschuld“ in der Heiligengestalt der Virgo bezeichnet keine natürliche Qualität (Beginn der Islamisierung des Christentums und christlicher Ursprung des Islam), sondern den Zustand nach der Befreiung von den sieben unreinen Geistern (zur Kritik der kirchlichen Sexualmoral: Sexualmoral, Verzicht auf Kritik des Herrendenkens und Ursprung der modernen Naturwissenschaften). Vorgeschichte dieser „Unschuld“: das Martyrium (die Blutzeugenschaft, die durch Teilhabe am Kreuzestod von der Schuld befreit) und dann seine verinnerlichte, vergeistigte und vermännlichte Gestalt in der confessio, die als weibliches Korrelat die virginitas nach sich zieht. Gehören diese confessio und die virginitas – als Nährboden des Sexismus – zu den Ursprüngen der sieben unreinen Geister?
Das Dogma als Instrument der Enttheologisierung der Theologie: Dogmatiker kann man nur werden, wenn man nicht mehr glaubt.
Der jüdische Kampf gegen die Idololatrie war der Kampf gegen die Mechanismen, die die realen Opfer durch Reduplikation (durch Identifikation mit den Tätern) zu verdrängen und erträglich zu machen suchten: um den Preis, den Gott durch Ernennung zum Gott zu entmächtigen. Diese gesamte Konstellation ist dann (im Kontext und auf der Grundlage der sich entfaltenden und ausbreitenden Geldwirtschaft) in den Begriff der Welt eingewandert. Problem seit der antiken Schuldknechtschaft: Verschuldung der Armen als die den gesellschaftlichen Lebensprozeß tragenden Schicht (Latifundienwirtschaft, Verschuldung der Dritten Welt).
Die Installation des Weltbegriffs bezeichnet genau die Wasserscheide, die die Zivilisation von ihrer Vorgeschichte trennt.
Der Fundamentalismus ist die vom Feind unterwanderte Wahrheit.
Zum Buch Judith: wer ist Holofernes („fortis dux“)? -
28.07.92
Zum Schatten, den Auschwitz wirft, gehören auch die Naturwissenschaften. Und das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ist das erste Moment der Kritik, in dem eine Ahnung des Lichts (des ersten Schöpfungstages) wieder erscheint.
Mit dem Licht ist auch das Im Angesicht und Hinter dem Rücken erschaffen.
Hängen „fehlen“ uns „befehlen“, die sich allerdings in der Deklination unterscheiden (fehlte, befahl), etymologisch mit einander zusammen? Woher stammt der Begriff des Imperativ (imperare, Imperialismus)? Im Hebräischen gibt es den Jussiv; hängt das mit jus (Recht) und jurare (schwören) zusammen? Der Schwur und das Recht sind ohnehin vom Ursprung her verbundene Begriffe (Zeugenschaft, Vertrag – vgl. den Schwur in der Bibel – und Beweislogik). Wie verhält sich der Eid zur transzendentalen Logik und Ästhetik (als Zeugen der naturwissenschaftlichen Erkenntnis im erkennenden Subjekt selber; als Schwur, den das Subjekt sich selber leistet)?
Wenn es zum Verständnis der Präfixe Schlüsselworte gibt, dann gehört zum be- (bekennen, befehlen) das Beschuldigen.
Das „Seid arglos wie die Tauben“ ist das eigentlich antiparanoische Element in der Theologie. Es gehört zusammen mit dem Gebot der Feindesliebe.
Fällt das Abendmahl, das er nur mit seinen Jüngern (die bei seiner Kreuzigung flohen) und nicht mit den Frauen (die unterm Kreuze und am Grabe waren) hielt, in die Tradition des Fluchs über Adam? Wie verhält sich dazu Johannes (der als einziger mit unterm Kreuze steht): da fehlt das Abendmahl, statt dessen wäscht er den Jüngern die Füße (nachdem ihm zuvor die „stadtbekannte Sünderin“ die Füße gesalbt hatte).
Mit dem Ursprung des begrifflichen Denkens hat sich die Paranoia im Denken eingenistet, mit den Nebeneffekten der Sexualmoral und des Materiebegriffs, der naturwissenschaftlichen Aufklärung. Die Paranoia hat seit je dazu gedient, den Herren ein gutes Gewissen zu geben, das Herrendenken zu stabiliseren. Die Wirkungen der Exkulpationsmechanismen gingen zu Lasten des Objekts. Die Furcht des Herrendenkens vor dem Materialismus war begründet in der Furcht, daß in Begriff und Struktur der Materie einmal die Projektion erkennbar würde, die das Herrendenken begründet.
Materialismus und Paranoia, oder Materie und Exkulpationstrieb.
Das Wachstum und die Sterblichkeit des Lebendigen ist der Beweis für die objektive Realität des Inertialsystems.
Der Begriff des „kommenden Gottes“ (T.R.Peters) sollte durch Heidegger eigentlich obsolet geworden sein.
Hängt das „… denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Luk 2334) mit dem postapokalyptischen Ende des Jonasbuches zusammen („… die Rechts und Links nicht unterscheiden können“)? Wie verhält sich dieses Luk 2334 zu der christlichen Ermächtigung, die Sünden zu vergeben, und zur Lösung des Gebundenen?
Tiemo Rainer Peters (S. 119f „Verzeiht Gott alles“): Worum geht es hier eigentlich, um mein Seelenheil oder um die Rettung und Erlösung der Welt? Das „Prinzip Gnade vor Recht“ wäre doch wohl etwas anderes als das Gericht der Barmherzigkeit über das gnadenlose Weltgericht. Die Frage „Verzeiht Gott alles“ ist falsch gestellt, sie ist unterschiedlich zu beantworten je nachdem, ob ich sie auf mich oder auf andere beziehe, so wie grundsätzlich zu unterscheiden ist zwischen den Grundsätzen des Handelns (vor dem Handeln) und den Kriterien des Urteils (nach dem Handeln). Das ist eine Konsequenz aus der Nachfolge, der Übernahme der Sünde der Welt. Das „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“ macht einen absoluten Unterschied zwischen der Selbstbeurteilung und dem Urteil über andere. Die Frage „Verzeiht Gott“ ist islamisch, nicht christlich; Indiz der frühen „Islamisierung“ des Christentums.
Heideggers „Haus des Seins“: die letzte Erinnerung an Pharao und den Tempel?
Die drei Leugnungen lassen sich aus der Geschichte der Beziehung des Christentums zur Philosophie herleiten: Die Gnosis wie die nachfolgende Geschichte der Häresien ist eine Folge des Urschismas (der ersten Leugnung: Leugnung des Vaters): der Rezeption der griechischen Philosophie (des Weltbegriffs), des Verzichts auf Kritik des Staates (der im gnostischen Demiurgen realistisch entstellt wiederkehrt); und sie ist ein Nebenprodukt des Ursprungs der christlichen Sexualmoral (die sich wie der Weltbegriff dem Verzicht auf Staatskritik verdankt). Hegels Philosophie, in der sich der durchs Urschisma ausgelöste Prozeß vollendet, ist der Beginn der dritten Leugnung (Leugnung des Heiligen Geistes; sie macht die Welt zum Subjekt der Wahrheit, die die Theologie gleichsam von innen aufzehrt, so zu ihrer Parodie wird). -
23.07.92
Medizin und Astronomie gehorchen dem gleichen Entfremdungsgesetz. Und die ungeheure Gewalt der Physis, die im Krankenhaus erfahrbar wird, ist ein Reflex, ein Spiegelbild der unaufgeklärten Astronomie.
Die Naturwissenschaften sind die letzte Manifestation des Engels mit dem kreisenden Flammenschwert.
Ist die Vorstellung des Teufels als eines Versuchers oder Verführers („Einflüsterung“) islamischen Ursprungs, in das Christentum jedoch schon vor dem Ursprung des Islam eingewandert, wie überhaupt die Islamisierung des Christentums nicht durch den Islam verursacht ist, sondern ihm vorausgeht?
Der Personbegriff durchschneidet die Wurzeln der Erfahrungsfähigkeit, die in die vorpersonalen Beziehungen zu anderen hinabreichen.
Der „Sturm vom Paradiese her“ in Benjamins Thesen „Über den Begriff der Geschichte“: Ist das nicht nur ein anderer Ausdruck für „kreisendes Flammenschwert“ (das Planetensystem)?
Zu den Aufgaben der Bundeswehr soll unter anderem auch die „Si-cherung des Zugangs zu den strategisch wichtigen Rohstoffen“ gehören: Auf dem Umweg über die sogenannte Verteidigungsgesetzgebung wird ein potentieller Eigentumsanspruch auf die Rohstoffe der Erde erhoben mit dem Hinweis, daß dieser Anspruch u.U. auch mit Gewalt geltend zu machen wäre.
Hängt die Trinitätslehre mit dem prophetischen Votum für die Armen und die Fremden zusammen, wobei das Votum für die Fremden das parakletische wäre? Und ist das prophetische Votum für die Armen und Fremden das Modell der Beziehung von Praxis (Christentum) und Theorie (Heiliger Geist)? Bedeutet das, daß das christliche Dogma den Sohn leugnet?
Schamlos und zynisch: Das Symbolum war in der Zeit der Kirchenväter als Sakrament noch Ausdruck der Scham, die scholastische Bearbeitung des Dogmas, seine Umwandlung in ein Objekt des öffentlichen Bekenntnisses war schamlos, die moderne Vergesellschaftung des Bekenntnisses, die das Dogma fundamentalistisch vergiftet hat, ist zynisch.
Der Islam kapituliert vor der Welt, die für ihn deshalb in jedem Augenblick neu erschaffen werden muß, weil er sich in ihr in jedem Augenblick dem neu sich manifestierenden Willen Gottes unterwerfen muß.
Der lange Schatten, den Auschwitz auf uns wirft, hat für uns den ersten Schöpfungstag, die Erschaffung des Lichts, zu einer vergangenen Zukunft gemacht (wenn Jesus das Licht ist, ist die Kirche zum Scheffel über dieses Licht geworden); wir sind ins Chaos vor der Schöpfung zurückgefallen. Seitdem darf der Schöpfungsbericht nicht mehr als Kosmogonie (miß-)verstanden werden; er ist zur Prophetie geworden.
„Es gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten, daß sie nackt waren, und sie schämten sich“. An diesem Punkt erkannten sie, daß sie nicht nur ein Ich, sondern ein Du für andere waren; deshalb versteckten sie sich, als Gott in der Abenddämmerung sich im Garten erging. Die Scham ist Ausdruck und Folge des Ursprungs der Reflexion, die dem Essen vom Baum der Erkenntnis sich verdankt.
Zum Problem des Todes: Der erste Tote in der Bibel ist das Opfer eines Mordes; und dieser Mord ist die Grundlage der Kulturentwicklung.
Die Parteien- und Politikerkritik der von Weizsäcker, Hamm-Brücher und von Arnim wird verständlich eigentlich erst als Kehrseite dessen, daß eine inhaltliche politische Kritik, eine Kritik der politischen Ziele, mangels eines zureichenden öffentlichen Bewußtseins der politischen Realität völlig ausfällt, und zwar auch bei den Politikern selber: Indiz dafür ist das Leiden der Politiker an den Zwängen, die sie zugleich masochistisch genießen. Da gewinnt das Korruptionsproblem (die Frage der moralischen Integrität) unangemessene Bedeutung. Dazu gehört, daß sich seit dem Ende des Krieges Politik zunehmend in die Verwaltung verlagert hat. Heute beherrscht der Apparat (die „Sachzwänge“) die Politik, die er zugleich durch Korrumpierung an sich bindet. Das Verhältnis von Politik und Verwaltung ist die Parodie der Hegelschen Dialektik von Herr und Knecht. Der Knecht ist zum Herrn des Herrn geworden, jedoch ohne die Chance, sich real von ihm befreien zu können. -
21.07.92
Das „memento mori“, auf das sich T.R.Peters mehrfach bezieht (ebenso die mehrfache Kombination „der Tod und die Toten“, „Tod und Auferstehung“, auch das Eucharistieverständnis) weist zurück auf das „memento homo, quia pulvis es et in pulverem reverteris“, das sich wiederum der Fluch über Adam: „Staub bist du, und zu Staub wirst du wieder werden“ bezieht. Hierzu aber wäre darauf hinweisen, daß dieser Fluch
– sich nur an Adam, nicht an Eva richtet, und
– in dem Fluch über die Schlange: „Auf dem Bauche wirst du kriechen und Staub sollst du fressen“, ein bedenkenswertes Echo findet (Adam nährt mit dem Staub, zu dem er wird, die Schlange).
Vor diesem Hintergrund erscheint die Vermutung begründet, daß das memento mori weniger an den Tod, den man selbst erleiden wird, gemahnt als an den, den der erleidet, der ihn anderen antut (am Ende durch Anpassung an die Welt, durch die Nutzung und den Gebrauch der Todesmaschinerie, die die Welt für alle ist): Es wäre ein sehr präzises antipatriarchalisches memento. Rosemary Radford Ruethers These, daß nicht in der Sexualität, sondern im Sexismus (den die kirchliche Sexualmoral bewußtlos, jedoch mit wachsendem Zynismus fördert) die Erbschuld sich fortpflanzt, würde hier ihre Begründung finden. Auch die Gethsemane-Geschichte wird durchsichtiger. Aber welch ungeheure Bedeutung gewinnen dann
– der Satz: „Stark wie der Tod ist die Liebe“ (Hld 86) und
– die jesuanische Übernahme der Sünde der Welt?
Vgl. das alte Beispiel einer logischen Konklusion:
Alle Menschen sind sterblich.
Sokrates ist ein Mensch.
Also ist Sokrates sterblich.
Die Frage, ob es sich hier um einen induktiven oder deduktiven Schluß handelt, ist müßig: der Schluß ist nicht durch die Beziehung auf alle Menschen, sondern durch die auf Sokrates, dessen Denken (durch Berufung auf seinen Dämon: durch Verinnerlichung des Schicksals) die logische Äquivalenz von Einheit und Allheit (und damit den Begriff des Allgemeinen) überhaupt erst begründet hat, „wahr“.
Bedeutung für die Abtreibungs-Diskussion: Nicht das letzte und schwächste Glied, sondern der Ursprung: die Solidarität mit der Welt (der Grund der logischen Äquivalenz von Einheit und Allheit), die alle zu Mördern macht, wäre zu kritisieren.
Und Zusammenhang mit dem geschichtstheologischen Status des Islam: Erst im Islam ist Allah nicht mehr nur barmherzig, mächtig, weise o.ä., sondern der Allbarmherzige, der Allmächtige, der Allweise (Konsequenz aus der logischen Äquivalenz von Einheit und Allheit). Dagegen scheint die (blasphemische) Allwissenheit eine christliche Prägung zu sein; Grund dafür, daß heute alle mit sich identisch sein wollen: nur so werden sie Gegenstand des Wissens, dessen Herr allerdings nicht Gott, sondern der Dämon ist. Das haben bis heute außer dem heiligen Franziskus nur Benjamin und Adorno gewußt. -
17.07.92
Im liberum arbitrium ist sowohl das Inertialsystem (das Futurum II und die „Freiheitsgrade des Raumes“) als auch das Marktparadigma (die Wahlfreiheit) und zusammen damit die Geschichte des Trennung von Begriff und Objekt, die Geschichte des Nominalismus, bereits enthalten.
Der Faschismus war der katastrophische Teil eines Modernisierungsschubs, dessen Frühgeschichte in den Ursprung des Begriffs des liberum arbitrium zurückreicht.
Die Grammatik der Brüder Grimm?
Funktion und Bedeutung der Flöte in der Anfangsgeschichte der modernen Musik: Stadtpfeifer Ambrosius Bach, Friedrich der Große und die Flöte, jemandem die Flötentöne beibringen, der Rattenfänger von Hameln.
Kriterien der wissenschaftlichen Erkenntnis sind die Unabhängigkeit der Erkenntnis
– vom Ort (die Homogenität und Isotropie des Raumes),
– von der Zeit (Wiederholbarkeit oder die Homogenität der Zeit) und
– vom erkennenden Subjekt (Erkenntnis muß von jedermann nachvollziehbar sein).
Diese dreifache Unabhängigkeit macht sie für die theologische Erkenntnis unbrauchbar.
Könnte es nicht sein, daß, anstatt daß die kopernikanische Theorie und ihre Begründung durch das Gravitationsgesetz die Homogenität und Isotropie des Raumes (seine Unendlichkeit) beweisen, diese die Voraussetzungen und das Medium definieren, in denen jene als Spiegelbild eines ganz Anderen sich auskristallisieren und vergegenständlichen (Folgen der Universalisierung und Instrumentalisierung der Welt).
Der Islam ist eine Weltreligion; die Welt, die das Subjekt dieser Religion ist, ist eine, die jeden Augenblick neu erschaffen werden muß; und der Gott, der diese Welt erschafft, bezeichnet die Leerstelle, in die dann Herrschaft (der Staat, der nicht von der religiösen Gemeinschaft, die als Kirche sich konstituiert, getrennt zu denken ist) eintritt. Der Islam ist die Unterwerfung unter ein Weltgesetz, das weder eine Erhaltung der geschaffenen Welt, noch eine Vorsehung kennt, sondern in jedem Augenblick der Manifestation der vollen Schöpfermacht gewärtig sein muß. Der Islam ist das Prinzip der abstrakten Negation der Selbsterhaltung (er setzt die abstrakte Negation an die Stelle der konkreten Umkehr). Selbsterhaltung und Erhaltung der Welt (die sich am Ende auf das bürgerliche Realitätsprinzip und die Erhaltungssätze der Mechanik reduzieren) gehören zusammen. Die Welt ist sozusagen das jeden Augenblick neu zu konstituierende und zu begründende Urteil aller anderen, als deren Inbegriff der islamische Monotheismus zu verstehen ist. Es ist der alte Schicksalsbegriff, der hier wieder erscheint, aber jetzt als ein durch den Schöpfungs- und Offenbarungsgedanken vermittelter.
Der Schlüssel zum Verständnis der drei großen Buchreligionen liegt im Christentum; erst ein selbstaufgeklärtes und selbstbekehrtes Christentum (nach seiner Befreiung von den sieben unreinen Geistern) würde das Rätsel aller drei Religionen lösen. Die Übernahme der Sünde der Welt (die Hinwegnahme wird erst am Ende sein) ist der genaueste und der aufklärendste Ausdruck für die Konstruktion des Weltbegriffs, dessen unreflektierte Gewalt über das Bewußtsein Grund der Selbstverblendung der drei Religionen ist.
Ist nicht die Konzeption des modernen Naturbegriffs Ursprung und Grund der Konsolidierung der dritten Leugnung? Dieser Naturbegriff ist eine logische Konsequenz aus dem Weltbegriff, der bis zur Konzeption des Naturbegriffs als eines Totalitätsbegriffs offen gehalten werden konnte, jedenfalls der Theologie (allerdings um den Preis der Häresienbildung) nicht im Wege stand. Erst in der gleichen Phase, in der die häresienbildende Kraft aus der Kirche entschwunden ist, entspringt dieser Naturbegriff, gegen den die Kirche dann als hilflos und wehrlos sich erweist. Sie wird hier auf ein Problem ihres eigenen Ursprungs gestoßen, das sie bis heute nicht zu reflektieren bereits ist. Daran droht sie zu ersticken.
Der Levinas’sche Begriff der Asymmetrie: Ich bin ein Du für andere, aber dieses Du ist mir verborgen und unzugänglich. Zwischen diesem Ich und Du liegt die ganze (durch Verinnerlichung entfremdete) Welt; und die „Übernahme der Sünde der Welt “ ist der einzige Weg, dieses Verhältnis durchsichtig zu machen.
Der Weltbegriff induziert den blinden Fleck im Subjekt, an dem heute die Welt zugrunde zu gehen droht.
Die (durch die kopernikanische Astronomie vermittelte) Vorstellung einer homogenen Zeit ist die moderne Gestalt des Sternendienstes (Zeit als Schema der mathematischen Naturwissenschaft, der Subjektivität und der Herrschaft).
Nicht Natur und Geschichte, sondern Natur und Welt (Ilias und Odyssee). Oder: Geschichte ist die Geschichte der Welt als Naturprozeß.
Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie