Zum Begriff und zur Funktion des „Beobachters“ in der Quantenmechanik vgl. die Bemerkung von Planck, S. 249: Jede Beobachtung schließt die Meßinstrumente mit ein und setzt damit das ganze physikalische Wissen, und hierbei insbesondere dessen metrischen Implikationen, das Inertialsystem und dessen Folgebegriffe, voraus.
Metatheorien sind Theorie-Vergegenständlichungs-Theorien.
Keiner der bekannten Vertreter der Quantenmechanik hat eine Gesamtdarstellung der Theorie gegeben. Stattdessen haben sie, nachdem sie ihre Duftmarken gesetzt und ihren Namen bekannt gemacht haben, sich auf ideologische Nebenpfade begeben und sich dort verlaufen.
Weshalb hat Ernst Haeckel sein Buch „Welträtsel“ und nicht „Naturrätsel“ genannt? Hängt die plötzliche Ausbreitung des Weltanschauungstriebs auch damit zusammen, daß die Naturwissenschaften seit der Jahrhundertwende in den Grenzbereich des Natur- und Weltbegriffs geraten sind und sich dort nicht mehr zurechtfanden? Seitdem rennen sie mit dem Kopf gegen die Gummiwand und verwechseln die elastischen Reaktionen der Wand mit einer Folge neuer Entdeckungen.
An Helmut Kohl wäre das Problem des Begriffs der Geschichte zu studieren (vgl. Hegels Bemerkung zum Doppelsinn des Begriffs der Geschichte).
Nochmal zum „Sieg des Kapitalismus über den Kommunismus“: Der Vergleich, daß, wenn neben dir einer tot umfällt, das kein Beweis dafür ist, daß du gesund bist, wäre zu verschärfen: Kann es nicht sein, daß er sich an der Krankheit infiziert hat, an der du selbst leidest?
Der Stoßprozeß und das Trägheitsgesetz bilden den Kern der Äquivalenzbeziehungen, die die mathematischen Naturwissenschaften erst möglich machen. Gegenstand der Physik ist die im horror vacui erstarrte Natur.
Die drei Freiheitsgrade des Raumes: Sind das nicht die drei Freiheitsgrade der Umkehr?
Ist nicht die Schlange das Symbol der Leugnung des Angesichts, und nach der Schlange dann am Ende das Tier? Und ist nicht das dritte Tier, das Tier vom Lande, die Parodie des Angesichts: Es hat (anstelle der Augen?) zwei Hörner wie ein Lamm und redet wie ein Drache. Welche Bedeutung haben dann das „Bild des Tieres“ (an Stirn und Hand) und die „Zahl seines Namens“?
Kapitalismus
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20.11.1994
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16.11.1994
Als Alexander den gordischen Knoten durchschlug, begründete er die Weltherrschaft: als Herrschaft der Welt über die Welt. Genau hier, in dieser Konstellation, entspringt der Weltbegriff.
War nicht der Faschismus – ähnlich wie in der politischen Ökonomie – auch im Bereich der Wissenschaften ein Modernisierungsschub?
Wenn man von den Kirchen absieht, ist die Aufarbeitung der Vergangenheit in zwei Bereichen bis heute nicht gelungen: in der Justiz und an den Universitäten, wobei das Problem in beiden Fällen nicht in den Personen, sondern in den objektiven Strukturen liegt, und in den Personen nur insoweit, als sie über die Rechtfertigungszwänge, unter denen sie stehen, diese Strukturen wesentlich bestimmt haben und noch bestimmen. Notwendig wäre die Reflexion des Ursprungs und der Wirkungsweise dieser Rechtfertigungszwänge. Diese Reflexion aber führt mitten in die Theologie hinein.
Die Idee des Absoluten: Das ist der brennende Dornbusch, der vom mosaischen nur dadurch sich unterscheidet, daß in ihm Gott zum Verstummen gebracht wird. In ihm ist das Feuer aufgespalten in Trunkenheit und Unzucht.
Ist nicht der Weinstock der Baum des Noach? Wessen Baum ist dann der Feigenbaum? Vor dem Feigenbaum und dem Weinstock wird in der Jotam-Fabel dem Ölbaum die Königswürde angetragen, danach dem Dornbusch (Reihenfolge: Ölbaum, Feigenbaum, Weinstock, Dornbusch).
Wenn die Attribute Gottes nicht im Indikativ, sondern im Imperativ stehen, bedeutet das nicht, daß die Gotteserkenntnis über die Erkenntnis der Imperative (des Einen, das nottut) läuft: nicht über die Ontologie, sondern über die Ethik als prima philosophia? Das aber heißt, daß wir lernen, auf die Stimmen zu hören, die „zum Himmel schreien“. (Gott ist kein Schlafmittel, sondern ein Erwecker.)
Die Umkehr (Rosenzweigs Bild von dem Koffer): Ist das nicht die Beziehung von Indikativ und Imperativ?
Ableitung des Charismas: Ohnmacht exkulpiert; der Ohnmächtige kann nicht eingreifen, deshalb ist er entschuldigt. Das aber geht nur, wenn er alle Last auf den vergöttlichten Heros abwälzt (der die „Sünde der Welt hinwegnimmt“), in seiner Folge auf den König, und schließlich auf jeglichen Führer. Besteht sein Charisma nicht darin, daß er das Funktionieren des Exkulpationsmechanismus garantieren, daß er allen Ohnmächtigen die Last abnehmen soll? Die Sündenböcke werden in den Knästen, den Anstalten des Strafvollzugs, geopfert. Das gesellschaftliche Strafbedürfnis ist ein Maß für das Nichtfunktionieren der Exkulpationsmechanismen.
Zum Begriff der Sinnlichkeit: Hat die Identität von träger und schwerer Masse etwas mit der von Masse und Energie zu tun (sind Äquivalenz und Identität identisch)? Und wie hängt der physikalische Materiebegriff mit dem ökonomischen, das Trägheitsgesetz mit dem Tauschprinzip, zusammen (und wie mit dem sonstigen Gebrauch des Materiebegriffs, mit dem Begriff des „Materialismus“: Ist die Materie ein Produkt der Urteilslust)? Steckt im Ursprung des Materiebegriffs (des Stoffs, aus dem die Dinge gemacht sind) nicht auch das Geld, und seit dem Ursprung der Lohnarbeit das Kapital? Ist nicht im Materiebegriff teleologisch der Begriff des Kapitals angelegt und vorgebildet? -
10.11.1994
Ist nicht die Redundanz, die Einstein mit dem Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit aufdeckt, der Grund der Gravitationstheorie, der Grund der Kraft des Systems, das Ungleichnamige gleichnamig zu machen?
Das Buch Hiob ist ein Beleg dafür, daß Alexander den gordischen Knoten nur durchschlagen, nicht gelöst hat. Behemoth und Leviathan (das Tier vom Lande und das Tier aus dem Meer) symbolisieren das Ergebnis der Durchschlagung des Knotens: das symbolische Äquivalent der Begriffe Welt und Natur.
Hegels Logik als die bewußtlose Beschreibung der Geschichte einer Katastrophe lesen, sie aus dem Schlaf erwecken: das wäre die Aufgabe des Hahns. Aufgabe der Theologie wäre es, das Feuer in diesem brennenden Dornbusch (das Gericht der Barmherzigkeit über das gnadenlose Weltgericht) begreifen.
Ist nicht der „real existierende Sozialismus“ als Resultat des Konzepts vom Sozialismus in einem Land durch die Rückwirkung seiner außenpolitischen Naturbeziehungen zwangsläufig zum Staatskapitalismus entartet? Und lag darin nicht die Reflexionsbarriere und Erkenntnishemmung begründet, die es ihm verwehrt hat, die Kapitalismuskritik auf ihren jeweils aktuellen Stand zu bringen, insbesondere das Desiderat einer Theorie des Finanzkapitals, mit der Theorie der Banken im Kern, endlich zu erfüllen?
Die Vertreibung der Händler und Geldwechsler aus dem Tempel (Konkretisierung des Wortes „Barmherzigkeit, nicht Opfer“) verweist genau auf diesen Punkt.
Ist nicht Eli Wiesel der Martin Buber zu einem Franz Rosenzweig, der heute Primo Levi heißt?
Zum Turmbau zu Babel: Wenn die Architektur etwas mit der Geschichte der Philosophie (mit der Geschichte der Logik der Schrift) zu tun hat, dann bezieht sich der Turmbau zu Babel auf ein Ereignis, das mit dem Ursprung der Grammatik (dem Eindringen der Logik der Schrift in die Sprache) zu tun hat.
Dialektik ist die instrumentalisierte Umkehr; sie steht unterm Bann des Inertialsystems. -
2.11.1994
Aufs Wort gehorchen: Unterm Gesetz der Logik der Schrift wird das Hören zum Gehorsam. Durch diesen Gehorsam wird genau das unterbunden, was die Schrift ins Hören zurück übersetzen könnte: die Reflexion. Die systematische Unterbindung dieser Reflexion ist der Positivismus, dessen Unmittelbarkeit die durch die Logik der Schrift (paradigmatisch: durchs Inertialsystem) vermittelte ist. Modell des positivistischen Wissenschaftsverständnisses sind die mathematischen Naturwissenschaften.
Grund der Unfähigkeit zur Reflexion ist die Unfähigkeit zur Reflexion des subjektiven Apriori der Naturwissenschaften, der subjektiven Formen der Anschauung, die Angst, daß deren Verflüssigung einen Sturz ins Bodenlose nach sich zieht. Aber wäre diese Verflüssigung, die „Liquidierung“ der subjektiven Formen der Anschauung, nicht die Entzündung des Feuers (nach der Sintflut: next time fire)?
Das Plancksche Strahlungsgesetz beschreibt den Dingbegriff (das mechanischen Objekt) von innen: Hat es nicht etwas mit dem brennenden Dornbusch zu tun (Theorie des Feuers)?
Zu den Voraussetzungen des Inertialsystems gehört das Prinzip der Identität von träger und schwerer Masse. Bezieht sich hierauf das biblische Verbot, mit Ochs und Esel gemeinsam zu pflügen: das Joch und die Last in eins zu setzen?
Ist nicht die ganze Geschichte der Physik die Geschichte der Kritik ihrer eigenen Voraussetzungen und gleichzeitig die Geschichte der Verdrängung dieser Kritik? Darin liegt die Ursprungsgeschichte des Positivismus.
Ein Propädeutikum der Reflexion der subjektiven Formen der Anschauung ist die marxsche Kapitalismuskritik, die Reflexion der subjektiven Formen der Anschauung aber wäre die Voraussetzung der Erfüllung des Wortes, die Rekonstruktion der benennenden Kraft der Sprache.
Die Materie ist das gegenständliche Korrelat der Leugnung des Gottesnamens. Darauf bezieht sich das Wort des Täufers von der Sünde der Welt in Joh 129.
Das „Seid klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben“ heißt nicht: Seid hinterhältig (wie die Schlangen), sondern: Begreift den Hinterhalt, in dem ihr steckt.
Durch die Bekenntnislogik (eine Emanation der Logik der Schrift) ist der Faschismus auf die christliche Tradition als seinen Ursprung bezogen. Jedes Bekenntnis ist ein Schuldbekenntnis, und als Bekenntnis gehört es zur Logik der Schuldbefreiung. Die Bekenntnislogik macht von der exkulpierenden Kraft des Bekenntnisses Gebrauch unter gleichzeitiger Nutzung der verandernden Kraft der Weltbegriffs, seiner projektiven Schuldverschub-Automatik. Die Bekenntnislogik gehört zum Schuldverschubsystem (und weckt so das Strafbedürfnis gegen sie) und setzt die identifikatorische („gemeinschaftsbildende“) Kraft des „Glaubens“ (die aus der Zone der Schuld herausführt, den Gläubigen in die Gemeinschaft der Geretteten zurückführt: extra ecclesia nulla salus) dagegen. Hat nicht erst die lateinische Theologie das symbolum durch die confessio ersetzt? Der durchs Bekenntnis definierte Glaube ist der Schlüssel zum Schuldverschubsystem (eine Fortentwicklung der Logik des Begriffs). Hier liegt der Grund, weshalb der Confessor ein männlicher Heiliger war (und sein Gegenstück die Virgo).
An dem Punkt, an dem das Bekenntnis aus einer Sache der Märtyrer zu einer des Confessors wird, verrät Augustinus seine namenlose Geliebte, gerät das Bekenntnis in die Zwangslogik der Männerphantasien. Das Bekenntnis, das die Herrschenden fordern, leugnet das Bekenntnis (die Zeugenschaft) des Märtyrers: Hierauf bezieht sich die Geschichte der drei Leugnungen.
Die Bekenntnislogik, das Dogma und in ihrem Kern die Opfertheologie sind Produkte der Logik der Schrift. In ihnen erfüllt sich die Schrift und nicht das Wort. Mit der Bekenntnislogik, mit dem Dogma und mit der Opfertheologie tritt die Theologie in den Prozeß der Aufklärung ein.
Deutscher Umgangston: Anonymer Hinweis an einer Mülltonne vor einem Mehrfamilienhaus „Wissen Sie nicht, daß … Sie, ja genau Sie sind gemeint“. Das Ich des deutschen Idealismus ist ein Papier-Ich.
Zu Veerkamp, Vernichtung des Baal, S. 60: Unter welchem Busch saß Jona? Und gibt es eine Beziehung zwischen Hagar, Elijahu und Jona? Hat der Busch bei Hagar, Elijahu und Jona etwas mit den Bäumen des Paradieses, unter denen Adam sich versteckte, zu tun?
Ist nicht der Polizei- und Medienaufwand um die beiden Geiselnehmer in diesen Tagen ein Indiz dafür, wie stark der Ablenkungsbedarf (das Strafbedürfnis und das Vorurteilspotential) ist?
Das Votum für die Armen und das Votum für die Fremden hängt mit den beiden getrennten Elementen der Logik des Angesichts zusammen:
– das Votum für die Fremden verweist auf den Ursprung und den Widerschein der eigenen Fremdheit in der Fremdheit des andern; es ist die reinste Reflexionsbeziehung und zugleich die Evokation der Gottesfurcht;
– das Votum für die Armen bezieht sich auf das Verhältnis von Gericht und Gnade; es ist die Evokation der Barmherzigkeit.
Zur Dialektik der Paranoia gehört es, daß sie genau das ausbrütet, wovor sie sich fürchtet; ihr Ursprung wird in Heideggers objektloser Angst bezeichnet.
Das Neutrum und die durch es determinierten Grammatiken sind die Repräsentanten der Logik der Schrift in der Sprache.
Die mathematische Logik hat in der logischen Begründung und im Begriff des Grundes noch das teleologische Prinzip und in ihm die letzte Erinnerung an den Mythos erkannt; deshalb hat sie sie aus der Logik verbannt (und mit ihr die Argumentation aus dem Denken: Ursprung des autoritären Prinzips oder auch die ironische Erfüllung der Prophetie – Jer 3134).
Als Hegel die Antinomien der reinen Vernunft aus der transzendentalen Ästhetik in die transzendentale Logik übertragen hat, hat er die Ästhetik in die Logik mit übertragen; sie erscheint hier unter dem Begriff des Scheins. -
14.9.1994
Zur Kritik des Fundamentalismus: Ziel der Gotteserkenntnis wäre es, aus dem Bann der Gottesvorstellung herauszutreten.
Merkwürdige Stellung des Neutrum in der französischen, italienischen und spanischen Sprache:
– Die französische und die italienische Sprache kennt beim Nomen kein Neutrum, auch kein entsprechendes Personalpronomen; wohl gibt es im Französischen die unpersönlichen Verben mit „il“ (3. Pers. m.) als grammatischem und einem Substantiv als (nachgestelltem) logischem Subjekt (und im Italienischen die unpersönlichen Ausdrücke wie basta, es genügt, u.ä.).
– Das Spanische kennt das Neutrum beim bestimmten Artikel, auch als Personalpronomen, der sächliche Artikel wird aber nur bei substantivisch gebrauchten Adjektiven, Adverbien, Fürwörtern und Zahlwörtern verwendet.
Alle drei Sprachen kennen keine Deklination der bestimmten Artikel.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Bildung des Neutrum und und der politischen „Reichs“-Bildung (Griechen, Römer, Deutsche), dem Carsarismus, der herrschaftsgeschichtlich von der Monarchie zu unterscheiden ist (Differenz der caesarischen zur davidischen Tradition)? Steckt im Reich, in der caesarischen Tradition, die babylonische Tradition?
Ist das nicht auch ein Hinweis auf die Logik der Deklination, der Fallbildungen, daß in den „monarchischen“ Sprachen die bestimmten Artikel nicht der Deklination unterliegen, sondern insbesondere Genitiv und Dativ mit de und a (im Spanischen wie im Französischen), oder mit of und to (im Englischen) gebildet werden? In diesem von/zu scheint noch die Wechselseitigkeit durch, die durch die Monarchie stabilisiert und erst im Caesarismus nochmal vergegenständlicht wird. Erst die moderne Aufklärung, die den Caesarismus totalisiert (im Kapitalismus wie im Inertialsystem), hat der Monarchie den Boden entzogen.
Verhalten sich nicht Deklination und Konjugation wie Geometrie und Algebra (wie die subjektiven Formen der Anschauung: wie Raum und Zeit)?
Ist das Neutrum (als Ausdruck und Produkt des Caesarismus) die säkularisierte (politisch instrumentalisierte) Herrlichkeit Gottes (Produkt der Vertreibung der Schechina aus der Sprache)?
Der Fall ist der Fall in die Finsternis: Wichtig ist vor allem, was er zum Verschwinden bringt.
Die Beziehung von Genitiv und Dativ reflektiert das Tauschprinzip, die Beziehung von Nominativ und Akkusativ die Schuldknechtschaft (die drei romanischen Sprachen kennen keine Unterscheidung von Nominativ und Akkusativ: hier ist das Prinzip des Neutrum in die beiden personalen Geschlechter mit hereingenommen worden; entfällt damit die Notwendigkeit eines gesonderten Neutrums; oder umgekehrt: fehlt mit dem gesonderten Nominativ und mit der fehlenden Großschreibung der sprachliche Repräsentant des vergesellschafteten Caesarismus?).
Was ist der Unterschied zwischen Konjunktiv (coniungo – verbinden) und Subjunktiv (subiungo – (unten) verbinden, anfügen, anspannen; unterwerfen)?
Modell: Die Geschichte vom Sündenfall als Darstellung des Schuldverschubsystems, der Verschlingung von Schuldknechtschaft und Tauschprinzip; die ausgeführte Gestalt ihrer Selbstreflexion ist die Hegelsche Philosophie, die aber in ihr eigenes Prinzip sich verstrickt hat und daraus nicht mehr sich zu lösen vermochte.
Bemerkung zur Geschichte der Grammatik: Sind nicht die Skinheads (mit ihren nackten „Häuptern“) zwangsneurotisch-paranoide Verkörperungen des Substantivs, das selber der Logik des durchdeklinierten bestimmten Artikels sich verdankt?
Johannes Scottus Eriugenas bezieht in seine Interpretation des Gleichnisses von barmherzigen Samariter die typologische Bedeutung von Jerusalem und Jericho mit ein: das Paradies und „diese Welt“ (Über die Einteilung der Natur, S. 97). Wirft das nicht ein Licht auf den Zusammenhang der sonstigen Jericho-Geschichten (mit der Dirne Rahab, die dann in den Stammbaum Davids und Jesu hereinkommt, der Xenophobie-Geschichte und der Zerstörung Jerichos, aber auch dem Wiederaufbau Jerichos in 1 Kön 1634 in den Tagen Ahabs, der es ärger trieb als alle, die vor ihm gewesen sind, der sogar die Isebel zur Frau nahm und dem Baal diente und ihn anbetete)?
Jedes Bekenntnis definiert sich durch ihr Feindbild; deshalb war die Hölle für die kirchliche Tradition (und der Antisemitismus für die Nazis) so wichtig. Eben deshalb aber mußten auch das Dogma und das Credo seit je großzügig über das Gebot der Feindesliebe sich hinwegsetzen. Im Dogma selbst mußte die Bekenntnislogik durch ein Denkverbot verankert werden, das den Widerspruch zum Gebot der Feindesliebe unsichtbar machte. Dieses Denkverbot war der innere Grund der homousia: Ausdruck und Deckbild der Haßliebe von Vater und Sohn, ohne die die Opfertheologie nicht zu halten war. Der Vater der Trinitätslehre rechtfertigt seitdem jede Form von Herrschaft und jede Form von Gewalt, die von oben kommt (Verschiebung der Bedeutung des theologischen Begriffs der Empörung, der seitdem anstatt auf die Gewalt oben auf jegliche Gewalt von unten sich bezieht). -
7.9.1994
„Du hast doch ein Ohr, du hast doch eine Leber, du hast doch einen linken Zeigefinger und außerdem noch Lunge und Brust: Worauf wartest du noch, mach doch daraus schon mal einen kleinen Menschen.“
Der Kapitalismus ist das Reich der Privatwirtschaft: Er hat die gesamte Ökonomie der Privatsphäre (dem Reich der idiotes) zugeschlagen.
Hinweis auf den Zusammenhang von Ökonomie, Politik und Privatexistenz: Das Telefon ist für den Geschäftsverkehr, für die politische Intrige und für den privaten Tratsch unentbehrlich. Das Fernsehen ist durch das optische Medium das Institut der vollständigen Durchdringung von Politik und Privatem im neuen Begriff der Öffentlichkeit; beide ziehen sich wechselseitig auf ihr unterstes Niveau herunter (Ableitung aus der Logik der Schrift). Hier wird die Intrige vergesellschaftet und der Tratsch zur Basis der Politik.
Die Bekenntnislogik ist die Opferfalle, in der das Christentum seine Gläubigen gefangenhält.
Sind nicht die drei Gestalten des Bösen, Satan, Teufel und Dämon, Konstruktionsmomente der Ökonomie, von Goethe zusammengefaßt in der Gestalt des Mephisto? Der Kapitalismus ist ein Teufelspakt, aber das ist kein Anlaß zur Dämonisierung, sondern ein Hinweis zur Erkenntnis des Kapitalismus (der Name des Kapitals entstammt dem Kreditwesen: „capitalis pars debiti ist der Hauptteil der Schuld, der von einer Nebenschuld, nämlich dem Zins, begleitet wird“, Binswanger, Geld und Magie, S. 48).
Heute käme es darauf an, die Aufklärung aus den Verstrickungen ihres theologischen Ursprungs zu lösen (aus dem dogmen- und bekenntnislogisch begründeten Gesetz der Verdinglichung).
Hängt nicht die aristotelische Kritik der Geldvermehrungswirtschaft (vgl. Duchrow) mit seiner Kritik der schlechten Unendlichkeit zusammen, wurde ihr nicht durch die kopernikanische Wende der Boden entzogen?
Auch die Armut ist eine Ware; sie gehört zu den schamvoll versteckten Produkten der kapitalistischen Produktion; sie wird exportiert und wieder reimportiert. Die Armut der andern ist der Schatten der Erfüllung des Gewinnstrebens der Reichen.
Die Banken und die verwalteten Schulden (das Kreditsystem) sind der Realgrund und die ideelle Widerspiegelung zugleich der Armut in der Gesellschaft.
Hält die sogenannte „sumerische“ Sprache (als agglutinierende Sprache) nicht die Erinnerung an den Ursprung der durch die Logik der Schrift verursachten Änderungen der Sprache fest (Turmbau zu Babel)? Ist sie nicht gleichsam der embryonale Zustand der flektierenden Sprache?
Bezeichnet der Staub in der Sündenfallgeschichte (wie die Schlange, die ihn frißt) auch einen sprachlichen Sachverhalt, das Produkt der Vermahlung der phonetischen zur Schriftsprache: die Buchstabenschrift? -
4.9.1994
Das Haus des Seins, oder der pharaonische Aspekt der Ontologie.
Hat das Tier aus dem Meer etwas mit der Entnationalisierung der Ökonomie (insbesondere auch des Banken- und Finanzwesens) zu tun?
Hinweis hierzu: Wenn das Eigentum zu den Organisationsgrundlagen des Staates gehört, d.h. wenn es nur national sich definieren läßt (deshalb sind die Fragen der Staatsbürgerschaft und der Währungshoheit so wichtig), und wenn außer- und zwischenstaatliche Verhältnisse nach Hegel Naturverhältnisse sind, was bedeutet das dann für die Logik der Entnationalisierung der Ökonomie: für die „vagabundierenden“ Verschuldungs- und Verarmungsprozesse, die den Realitätskern des „vagabundierenden Geldes“ ausmachen? Steckt hier nicht ein Hinweis auf den Ursprung der Nomaden (auf den Zusammenhang ihrer Entstehung mit gesellschaftlichen Naturkatastrophen)? Und liegt hier nicht der eigentliche Grund für die Notwendigkeit der Reflexion des Weltbegriffs (mit dem der Staat, der heute chaotisiert wird, immer schon mit gedacht wird)?
Ist nicht die Beziehung von Handel und Kredit in ihrem Ursprung durch den Fernhandel vermittelt (in dem Finanzierungssystem des antiken Seehandels), und liegt hier nicht der Ursprung des apokalyptischen Symbols vom Tier aus dem Meer (vgl. die Könige, die Kaufleute und die Schiffsführer in der Johannes-Apokalypse)?
Ding und Sache: Hat die begriffliche Trennung ihre Vorgeschichte in einer nationalen: in der sprachlogischen Differenz zwischen dem griechischen chräma (Ding, Geld) und der römischen res (Sache)?
Heute gewinnt Hegels Satz, daß die bürgerliche Gesellschaft bei all ihrem Reichtum nicht reich genug ist, um der Armut und der Erzeugung des Pöbels zu steuern, erstmals globale Bedeutung.
Ist nicht die in der Jona-Geschichte angedeutete innere Differenzierung der „Buße“ (der Umkehr), die in der Logik ihrer Durchführung sich anzeigt, wichtig: Sie beginnt mit der Buße des Volkes, von dem sie ausgeht; die Kunde davon dringt bis vor den König von Ninive, der sie dann zu seiner Sache macht, indem er selber Buße tut und zugleich das Volk und das Vieh zur Buße aufruft.
Hängt es nicht mit ihrem Ursprung in Rechtfertigungszwängen und in der Logik des Schuldverschubsystems zusammen, wenn Weltanschauungskriege seit dem „Krieg gegen den Bolschewismus“ Vernichtugnskriege sind?
Was hat es eigentlich mit dem Pharao, der nichts von Joseph wußte (in der Vorgeschichte der Versklavung der Hebräer), auf sich? Die Josephs-Geschichte läßt als Geschichte der ursprünglichen Akkumulation unter den Bedingungen des pharaonischen Staatskapitalismus, aus dem dann das Sklavenhaus Ägypten geworden ist, begreifen. Die hebräischen Sklaven aber wurden eingesetzt beim Bau der Vorratsstädte Pithom und Ramses.
Wurde nicht auch im stalinistischen Rußland der Archipel Gulag eingeläutet durch die Enteignung der Kulaken?
Daß Geschichte jeweils aus dem Gesichtswinkel des Siegers geschrieben wird, ist ebenso wie die Rechtsblindheit des Rechts keine Frage der Gesinnung, sondern eine der Logik. Aus beiden Verstrickungen und Zwängen kann man nur durch (Schuld-)Reflexion sich befreien, zu deren vorrangigen Objekten die Geschichte und das Recht gehören.
In den Fundamenten des Staats steckt der Mord, so wie in den Fundamenten des Christentums das Kreuzesopfer. Während der Staat die Erinnerung an den Mord unmittelbar verdrängt, verdrängt die Kirche die Erinnerung an den Kreuzestod durch seine instrumentalisierende Vergegenständlichung: durch Ritualisierung (so wappnet sie sich zugleich gegen den Vorwurf der Verdrängung). Die Verdrängungskräfte, die der Staat benötigt (so daß der Pharao an Joseph nicht mehr sich erinnert), liefert das Christentum mit der Opfertheologie (und deren theologischer Absicherung durchs Gesamtsystem des Dogmas).
Es war, wenn nicht der Trick, so doch der logische Effekt der Rezeption des Weltbegriffs, daß mit ihr die Herrschaftskritik aus der theologischen Reflexion ausgeblendet wurde. Mit dem Weltbegriff wurde die Herrschaftslogik rezipiert. Hierdurch ist der Herrschaftskelch (der Taumelbecher und der Kelch des göttlichen Zorns) zum Becher der Unzucht geworden.
Die Ablösung des Geldgeschäfts von seinem investiven Realgrund, seine Rückkoppelung an die abstrakten Formen der Geldvermehrung (vom Börsengeschäft bis zur Devisenspekulation), ist eine logische Folge der Transnationalisierung des Geldgeschäfts, der Überschreitung der nationalen Eigentumsgrenzen. Hat die Logik dieser Rückkoppelung etwas mit der Logik der Selbsterzeugung der subjektiven Form der äußeren Anschauung (der Form des Raumes, die so als grenzenlos sich entfaltet und allem, was in den Raum fällt, die Logik der Instrumentalisierung, die Herrschaftslogik einprägt) zu tun? Wird hier nicht dem Taumelbecher, dem Kelch des göttlichen Zorns, die Unzucht als zusätzlicher Inhalt hinzugefügt?
Nebukadnezar vergißt den Traum, der Pharao vergißt den Traumdeuter. Die anderen Könige haben Eigennamen, sie heißen Abimelech oder Nebukadnezar; nur der König Ägyptens hat einen zweiten Titel, Pharao, aber in der Regel keinen Eigennamen (z.B. in der Abraham-Geschichte und in der Vorgeschichte des Exodus; welche Ausnahmen gibt es, und bei welcher Gelegenheit werden sie genannt?). Kann dieser zweite Titel nicht bedeuten, daß des Pharaos nicht mehr gedacht werden soll?
Die Israeliten haben den Namen Pharaos verdrängt, die Christen den Namen Ägyptens (Mizrajim) und den Gottesnamen. Wird nicht in Apokalypse der Name Ägyptens mit Sodom und Gomorrha und mit dem Ort, an dem der Herr gekreuzigt wurde, zusammengebracht?
Im Christentum hat nicht Gott, sondern nur Jesus einen Namen.
Erinnert nicht der Gebrauch des hebräischen Gottesnamens in der Bibelwissenschaft an die Friedhof- und Gräberschändungen der Nazis? Soll nicht in beiden Fällen – nach dem Modell der in peer-groups üblichen Logik von „Mutproben“ – der Nachweis geführt werden, daß nichts passiert?
Ich kann mir Bücher nicht vom Leibe halten, ich wühle mich durch sie hindurch in der Hoffnung, mich irgendwann in ihnen wiederzufinden.
Einstein war der erste Physiker, der ein mimetisches Erkenntnismodell in die Physik hereingebracht hatte, das dann insbesondere durch die Kopenhagener Schule mit einem Tabu belegt worden ist (die metaphysischen Qualität, die der „Unbestimmtheitsrelation“ oder oder dem Komplementaritäts-Prinzip beigelegt wurden, gründet in diesem gleichsam exorzistischen Tabu. Das Paradigma „moderne“ gegen „klassische“ Physik, das auch gegen Einstein gerichtet war, ist nicht zufällig zum Modell modischer Religionskonzepte (und zu einer theologischen Traditions-Vernichtungs-Maschine) geworden.
Hat nicht die F.D.P. durch ihren neoliberalen Ideologiebegriff – ähnlich wie der Geldmarkt im gleichen Kontext den Produktivitätsbezug – die Bodenhaftung verloren?
Wie bezieht sich der Geldvermehrungs-Mechanismus, der die wirtschaftliche Rationalität (im Sinne Max Webers) begründet, auf die Logik der Selbsterzeugung des Raumes (Begründung des kopernikanischen Systems)? -
3.9.1994
Vergangene Arbeit und die Arbeit anderer sind austauschbar: Ausbeutung ist das Sparen aus den Taschen anderer.
Physis und natura: Bei den Griechen waren die Bürger die Erzeuger, bei den Römern die Erzeugten des Staates (und die Konsumenten seiner Leistungen).
Die Exkulpationsautomatik verdrängt nur die Schuld, löst sie nicht auf; deshalb erzeugt und verstärkt sie den Rachetrieb (Ursprung des Feindbildes und der Bekenntnislogik).
Zur Säkularisation aller theologischen Gehalte:
– Das KZ war eine Säkularisation der Hölle, und die Knäste und die psychiatrischen Anstalten sind es immer noch;
– die rechtsextremistische Gestalt der Gewalt ist ein Produkt der Säkularisation der Bekenntnislogik, der Antisemitismus eine Gestalt der Säkularisation der Opfertheologie.
Heideggers „Haus des Seins“ steht in der Tradition der Pyramiden, es ist ein Haus des Todes, zu dem das „Vorlaufen in den Tod“ logisch dazugehört. So ist es das genaue Gegenstück, und zugleich eine entsetzliche Parodie des Hauses, das Salomo dem Namen Gottes errichtet hatte. Der Satz „Laßt die Toten ihre Toten begraben“ gilt auch für die Fundamentalontologie. Ähnlich, aber in einem sehr viel differenzierteren Sinne, gilt das auch für die Philosophie Hegels: Hegels Logik ist das Mausoleum des Namens. Die Vorarbeit dazu hat die Bekenntnislogik geleistet (die aus dem Bekenntnis des Namens das Glaubensbekenntnis gemacht hat).
Das Haus des Seins ist die zusammengeschrumpfte, ontologisierte und instrumentalisierte Gestalt der transzendentalen Logik.
Wie wir’s machen, machen wir’s falsch: Die Aufarbeitung, die nach dem Ende des Faschismus notwendig gewesen wäre (und versäumt wurde), versuchen wir heute an der DDR-Vergangenheit nachzuholen. Aber sind die Verhältnisse vergleichbar? Wäre hier nicht etwas anderes vorrangig gewesen, nämlich praktische Hilfe, praktische Solidarität? Und wird das jetzt Versäumte nicht wieder ideologisiert? Man hat ja den Sündenbock: die marode Wirtschaft des SED-Staates, der man auch die Folgen der eigenen Veräumnisse jetzt anlasten kann. Die ökonomische Katastrophe, in die die fünf neuen Länder und die Menschen in diesen Ländern jetzt geraten, ist deshalb nicht so schlimm, weil sie gleichzeitig als ideologische Waffe (als Waffe gegen den Sozialismus) nutzbar ist. Zusätzlich werden die alten Vorurteile mobilisiert, um ganz sicher zu gehen, daß ja niemand auf die falschen (d.h. die richtigen) Gedanken kommt.
Christliche Ursprünge der Hegelschen Philosophie: Gründet nicht die Hegelsche Staatsmetaphysik in der Instrumentalisierung des Satzes „Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“?
Mit den subjektiven Formen der Anschauung, insbesondere mit der Raumvorstellung, verankert sich die Urteilsform in der Objektivität. Erst als die Vorstellung des unendlichen Alls sich durchgesetzt hat, wurde die Welt draußen von der Sprache in unserem Kopf endgültig geschieden (wurde der Weg frei gemacht für den Kapitalismus).
Gehört nicht das Privateigentum an Grund und Boden, deren Subsumtion unters Tauschprinzip, zu den Grundvoraussetzungen einer staatlich organisierten Gesellschaft? Und war das nicht die Grundlage des Kolonialismus: Eigentum an Grund und Boden gibt es nur in staatlich organisierten Gesellschaften; jedes andere Land ist herrenloses Gut, das mit der Aneignung durch einen Staat von jedem Bürger dieses Staates privat angeeignet werden kann. (Bedeutung dieses Zusammenhangs für eine Theorie des Krieges, Anwendung auf die Vorgänge in den Folgestaaten Jugoslawiens.)
Hängt die Nichtannahme des Opfers Kains vielleicht mit dem vegetarischen Charakter dieses Opfers zusammen? Vegetabilien (die Früchte des Feldes) sind Symbole einer herrschaftsfreien Gesellschaft; deren Opfer aber wäre dann das Symbol der Leugnung der Idee einer herrschaftsfreien Gesellschaft. Ist es nicht diese Leugnung, die den Weg frei macht zum ersten Mord?
Das Tieropfer Abels hingegen gehört in die Geschichte der Rücknahme der Sünde Adams, der Sünde der Welt. Korrelat des Weltbegriffs ist wie der Staat (der Schöpfer und Erhalter der Welt), so insbesondere das Tier. -
28.8.1994
Was bedeutet eigentlich Hegels Satz, daß „Geschichtserzählung mit eigentlich geschichtlichen Taten und Begebenheiten gleichzeitig erscheinen“, d.h. daß Geschichte erst durch die Geschichtsschreibung zur Geschichte wird (sh. Vernunft in der Geschichte, S. 164), mit dem Schluß: „.. die bei ihren vernünftigen Gesetzen und Sitten zugleich äußerliche Existenz des Staates ist eine unvollständige Gegenwart, deren Verstand zu ihrer Integrierung des Bewußtseins der Vergangenheit bedarf“? Rührt diese Konstellation nicht an den Kern des Problems der Logik der Schrift?
Vgl. hierzu Hegel, Philosophie der Geschichte, S. 112-114, 206, 227, 243.
Erst die Taufe der Vergangenheit, die die Dinge durch die Logik der Schrift erfahren, macht sie zu Dingen. Grammatik und Mathematik sind durch die Logik der Schrift aufeinander bezogen. Ist nicht das Prinzip der Zahlen in der gleichen Struktur vorgebildet, die auch das Neutrum begründet, nämlich in der Subsumtion der Zukunft unter die (ideelle) Vergangenheit, die der (realen) Vergangenheit, indem sie sie von der Gegenwart ausschließt, überhaupt erst ihre verdinglichende Gewalt verleiht?
Welche Konsequenzen ergeben sich, wenn man Hegels Bemerkung über den Zusammenhang von Geschichte und Geschichtsschreibung auf den Golfkrieg oder auf den Jugoslawien-Konflikt (und auf die Rolle der Medien, der „Öffentlichkeit“, in beiden) anwendet: Gehört nicht die Vorbereitung und Begleitung dieser Konflikte in der Öffentlichkeit zu ihren Ursachen und zu den Bedingungen ihres Verlaufs: Produzieren hier nicht erstmals die Nachrichten die Ereignisse, von denen sie berichten? Beides sind in hohem Grade Medien-Ereignisse.
Die Kritik der politischen Ökonomie ist heute zu einer verzweifelten Wissenschaft geworden, aber das ist kein Grund, sie nicht weiter zu betreiben.
Fortschritt der Erkenntnis: Sind es nicht die Kräfte, die im Innern des historischen Prozesses walten, die der Erkenntnis ihre Objekte zuführen.
Der Kelch, von dem Jesus wünschte, er möge an ihm vorübergehen: war das nicht die griechische Sprache, in der das Christentum auf den Weg geschickt worden ist? Und gilt nicht auch hier: Nomen est omen; ist der Name des Paulus nicht ein Hinweis darauf, daß das von ihm begründete Christentum im Namen des Saulus auf den Weg geschickt worden ist, nicht im messianischen Namen Davids (vgl. die Saulus-/David-Geschichte)?
Steht nicht die historisch-kritische Bibelwissenschaft unter dem Gesetz der Logik der Schrift; wird nicht durch die Logik der Schrift genau das ausgeblendet, worauf es eigentlich ankäme? So, wie schon Augustinus in seinem Genesis-Kommentar durch das „ad litteram“ den prophetisch-symbolischen Teil des Textes ausgeblendet hat.
Im Bußsakrament hat die Kirche auch noch das Lösen zu einem Teil des Bindens gemacht (es steht in der Entwicklung der Theologie an der Stelle, an der in der Geschichte der Naturwissenschaften das Trägheitsprinzip steht und in der Geschichte des Kapitalismus die Lohnarbeit). Ein spätes Echo dieses Vorgangs ist die Wiedereinbindung der durchs Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit geöffneten Naturerkenntnis in die Geschichte der gesellschaftlichen Naturbeherrschung durch die Kopenhagener Schule (Wiedereinbindung der Kritik des Inertialsystems ins Inertialsystem). Das Bußsakrament ist eine Station auf dem Wege von der Erfindung des Begriffs zum Naturverständnis der Kopenhagener Schule.
Partizipieren die sieben Sakramente nicht an der Logik der Schrift, gehören sie nicht zur Urgeschichte des Weltbegriffs? Die sieben Siegel sind die sieben Siegel des Buches, das zu öffnen wäre: Daß der Himmel wie eine Buchrolle sich aufrollt, heißt das, daß er zur Rolle sich zusammenrollt (zum Buch wird), oder daß er sich aufrollt (das Buch sich öffnet)?
Bei welchen der zehn Plagen Ägyptens nennt Moses Gott den Gott der Hebräer, und wann nennt er den Gottesnamen (JHWH)? -
23.8.1994
Ist die Logik der Schrift idealistisch und männlich: die Sünde der Welt?
Die Existenz der Kirche ist der Beweis dafür, daß die Sünde wider den Heiligen Geist in dieser Welt nicht vergeben wird.
Die Vorstellung einer homogenen Zeit ist ein Produkt des Seitenblicks; zu ihrer Ursprungsgeschichte gehört die Geschichte der Verinnerlichung des Schicksals und der Scham. Hiermit hängt es zusammen, wenn in der Johannes-Apokalypse die prophetische Verknüpfung des Taumelbechers mit dem Kelch des göttlichen Zorns ergänzt wird durch den Unzuchtbecher. Dokumentiert wird diese Geschichte in der Geschichte des Ursprungs der Raumvorstellung, in dem Prozeß, in dem der Raum zur subjektiven Form der äußeren Anschauung geworden ist (von der griechischen Winkelgeometrie, der Entdeckung der Orthogonalität, zum modernen Inertialsystem). Es sind die subjektiven Formen der Anschauung, die zur Bindung der Erkenntnis an die Urteilsform keine Alternative mehr zulassen, und die dann das Sprachverständnis bis in den Kern verhext haben (Trennung der Welt da draußen von der Sprache in meinem Kopf, die doch diese Welt da draußen zugleich fürs Bewußtsein organisiert: das Kelch-Symbol und sein Sprachgrund).
Liegt nicht das Problem der Blutsymbolik im Problem des Kelchs. Wenn das Blut in den Taumelkelch, in den Kelch des göttlichen Zorns mit hereingenommen wird (wenn es zu den subjektiven Formen der Anschauung und zum Reich der Erscheinungen keine Alternative mehr gibt), wird dieser Kelch zum Becher der Unzucht. Darauf bezieht sich das Paulus-Wort, daß, wer diesen Kelch unwürdig trinkt, sich das Gericht trinkt: Die Opfertheologie hat den Kelch des göttlichen Zorns zu einem Becher der Unzucht gemacht. Die Sünde der Welt reicht bis in den Kern der christlichen theologischen Tradition herein.
Daß der Menschensohn zur Rechten des Vaters sitzt, heißt das nicht, daß die Erfüllung des Wortes und die Befreiung der göttlichen Barmherzigkeit zusammenfallen?
Die Reflexion der Sexualmoral, die mit Adornos erstem Gebot der Sexualmoral: der Ankläger hat immer unrecht, beginnt, führt unmittelbar in die Herrschaftskritik: in die Heiligung des Gottesnamens.
Beim gegenwärtigen Stand der Aufklärung gibt es zu Jer 3134 keine Alternative mehr. Zielt nicht Reinhold Schneiders „Allein den Betern kann es noch gelingen“ auf dieses Ziel, auf die Erfüllung des Wortes; und enthält es nicht die einzig noch zulässige Version des Gebets?
Was die drei jüdischen Heroen der Wissenschaftskritik, Marx, Freud und Einstein, verbindet (und das „Scheitern“ in ihren Konstrukten vorprogrammiert), ist ein positivistisches Moment:
– bei Marx der Rekurs aufs Tauschprinzip, ohne das die Kapitalismuskritik nicht möglich gewesen wäre,
– bei Einstein der Rekurs aufs Relativitätsprinzip, ohne den das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit nicht formulierbar gewesen wäre, und
– bei Freud die Verwerfung des Gedankens an die Realität der Erinnerung von Frauen und Kindern an sexuellen Mißbrauch; nur so war es möglich, das Hysterie- und damit das Neurose-Konzept der Psychoanalyse auf eine „solide“ begriffliche Grundlage zu stellen.
Bezeichnet nicht der Naturbegriff die sieben Plagen und der Weltbegriff die sieben Donner (die Johannes nicht aufschreiben durfte)?
Hätte Hegel den Übergang vom Sein zum Nichts anstatt als Werden als Vergehen begriffen, so wäre die Hegelsche Logik schon an ihrem Ende gewesen. Aber war das nicht die Situation, in der Heidegger sich vorfand, der versucht hat, diesem Vergehen dadurch zu entkommen, daß er es zur Zeit neutralisierte? Und ist nicht Heidegger, im Gegensatz zu Hegel, der ein sehr protestantischer Philosoph war, ein sehr katholischer Philosoph? Hegel war der Philosoph des Taumelbechers und des Bechers des göttlichen Zorns, Heidegger der des des Bechers der Unzucht.
Verhalten sich nicht Eigentlichkeit und Uneigentlichkeit bei Heidegger wie das Vorhandene und das Zuhandene oder wie Unmittelbarkeit und Reflexion? Die Eigentlichkeit ist die starr festgehaltene Unmittelbarkeit, die Uneigentlichkeit die gleiche Eigentlichkeit als Gegenstand der Reflexion, und das Ganze nur ein taktisches Verfahren, das Objekt der Ontologie dadurch emphatisch aufzuheizen, daß es der Reflexion entzogen wird, und so die Ontologie gleichsam unangreifbar zu machen (Konstruktion des automatisierten Denkverbots).
Die christliche Idee der Liebe ist zu einem Attribut des Herrschafts- und Besitztrieb geworden, wie auch die Bekenntnislogik Gott selbst zum Gegenstand dieses Herrschafts- und Besitztriebs gemacht hat (Domestikation Gottes durchs Opfer: Religion als Religion für andere).
Wenn im neuen Weltkatechismus von der „Natur des Menschen“ gesprochen wird – und es wird sehr oft davon gesprochen -, dann folgt mit Sicherheit eine Gemeinheit, deren einziger Zweck darin besteht, das Vormundschaftsrecht der Kirche abzusichern.
Hegel hat den Bann des Weltbegriffs reflektiert, er hat ihn nicht gelöst.
Sind nicht die sogenannten Anziehungskräfte Produkte der Zeitdilatation, der Relativierung der Gleichzeitigkeit.
Reversibel sind die Richtungen des Raumes nur für die Reflexion, nicht real.
Die Finsternis über dem Abgrund ist der Gegenstand der Trauerarbeit (und die Trauerarbeit die Tätigkeit des über den Wassern brütenden Geistes).
In ihrer gegenwärtigen Phase produziert die Aufklärung das Chaos, aus dem die zuküntige Welt zu erschaffen wäre. Oder anders: Heute produziert die Lokomotive den Abgrund, auf den sie mit wachsender Geschwindigkeit zurast. Gilt hierfür das Wort, daß die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen werden? -
3.7.1994
Das Gebet ist die Antwort auf die Einsicht, daß nur Gott ins Herz der Menschen sieht.
Die jüdische-christliche Tradition unterscheidet sich vom gegenwärtigen Utopiebegriff dadurch, daß sie die Vergangenheit (die Natur) in die Utopie mit hereinnimmt.
Wenn das Jüngste Gericht das Gericht der Barmherzigkeit über das gnadenlose Weltgericht ist, heißt das nicht auch: Hegels Geschichtsphilosophie gegen den Strich bürsten?
– Der evangelische Rat des Hörens ist der Ausgangspunkt einer Kritik der Logik der Schrift,
– die Armutsforderung liegt der Kritik des Geldes (des Kapitalismus) zugrunde,
– das Keuschheitsgebot der Herrschaftskritik.
Der dem Begriff der Keuschheit korrespondierende Begriff der Unschuld ist immer als natürliche Unschuld, als Unschuld vor der Sünde, verstanden worden. Aber diese Unschuld hat es nie gegeben. Muß dann nicht auch die Keuschheitsforderung auf das Werk der Versöhnung bezogen werden?
Unschuld und Glück sind korrespondierende Begriffe. Beide sind nicht am Anfang, sie sind nicht etwas zu Bewahrendes; sie sind Ziel, nicht Ursprung (Unschuld ist zu gewinnen durch Sündenvergebung).
Ist nicht die Opferfalle eine Unschuldsfalle: Wer reines Opfer ist, für den ist der Täter, der Schuldige, erkennbar.
Das Wahrnehmungsorgan der Sensibilität ist die Sprache (das Hören).
Der Satz: Gemeinheit ist kein strafrechtlicher Tatbestand, beweist schlagend die Asymmetrie von Ethik und Recht. Er ist insofern der Beginn einer Gottesbeweises, als er gegen die Hypostasierung des Rechts die Ethik als prima philosophia zu begründen vermag (die Ontologie schützt die Gemeinheit).
Die Universität ist die Tathandlung, die Fichtes Wissenschaftslehre begründet.
Die Sprache konstituiert die Welt; weshalb sprengt dann die Todesangst das All? Ist das Neutrum (und sind die ihm korrespondierenden grammatischen Strukturen) das Produkt der Verdrängung der Todesangst?
Was bedeutet es eigentlich, daß in den semitischen Sprachen auch die zweite Person schon (oder noch) geschlechtsbezogen (männlich oder weiblich) ist? Hinweis: Ein Neutrum wäre in der zweiten Person nicht denkbar; und die Verschiebung der Geschlechtsabhängigkeit in die dritte Person verändert die Beziehung zur Sexualität insgesamt.
Während es die Aufgabe der Geschichtsschreibung zu sein scheint, die Vergangenheit stillzustellen (so daß sie die Gegenwart nicht mehr beunruhigt oder belastet), hatte die jüdische Geschichtserinnerung die irritierende Eigenschaft, die vergangenen Sünden zu erinnern (bis hin zur Sünde Adams, zur „Sünde der Welt“). Hier gründet die verhängnisvolle Wirkung, die der christlichen Erlösungslehre sich verdankt: Durch eine geringfügige Verschiebung (durch Herausnahme der Übernahme der Sünde der Welt aus dem Nachfolgegebot, mit der Konsequenz der Opfertheologie und der Vergöttlichung Jesu) hat sie der Erinnerung, dem Eingedenken, den Weg verstellt.
Nicht zufällig hat die Aufklärung (bis hin zu Hegel) den Sündenfall als Akt der Befreiung verstanden.
Der Hinweis im neuen Weltkatechismus, daß „Himmel und Erde“ ein mythischer Ausdruck für alles, was ist, sei, leugnet den Sündenfall und bringt in die Theologie einen Widerspruch hinein, der in ihr nicht mehr zu lösen ist: der die Wahrheit, und mit ihr die Menschen, aus der Theologie heraustreibt (abtreibt). Hier gründet das projektive Moment in der kirchlichen Stellung zur Abtreibungsdebatte. Aber wird mit den Frauen nicht die einzige in der Schrift bezeichnete Instanz, die die Feindschaft gegen die Schlange repräsentiert, aus der Kirche herausgetrieben?
Paulus hat nicht „die Gemeinde“ (die Kirche) verfolgt, sondern er war verantwortlich für einen Mord: die Steinigung des Stephanus. Bei seinem ersten Besuch in Jerusalem waren es die „Hellenisten“ (nicht die Juden), deren Angriffen er ausgesetzt war, und während er nach dem Galaterbrief nur Kephas (und den Herrenbruder Jakobus) getroffen hat, ist er nach der Apostelgeschichte „bei den Jüngern“ aus- und eingegangen. Salus/Paulus hat den Zebedäussohn Jakobus offensichtlich nicht mehr getroffen (die Hinrichtung des Jakobus war später als die Verfolgungen des Saulus, aber vor dem ersten Besuch des Saulus in Jerusalem).
Der erste „Bischof“ in Jerusalem war der „Herrenbruder“ Jakobus (der zum „Apostel“ als nachträglicher „Zeuge“ der Auferstehung geworden ist, vgl. 1 Kor 157).
Verfolgungen in Jerusalem:
– durch Hohepriester/Sadduzäer: die Apostel (Apg 517ff),
– durch „einige aus der Synagoge, welche die der Libertiner und Cyrenäer und Alexandriner genannt wird“ und Saulus: Stephanus und die „Gemeinde“, die „Hellenisten“ (Apg 69ff),
– Herodes: Hinrichtigung des Johannes-Bruders Jakobus (einer der Zebedäus-Söhne) und Gefangennahme des Petrus (Apg 121ff). -
15.6.1994
Werturteile sind Instrumente der Verdinglichung (des Konkretismus und der Personalisierung). Sie erzeugen den Schein, als machten sie die Welt durchschaubar: sie organisieren die Erfahrung vor dem Hintergrund des Eigeninteresses, vor allem der eigenen Rechtfertigungszwänge. Werturteile gewinnen ihre Objektivität unter dem Gesetz des Exkulpationstriebs (sie sind Teil und Basis des Schuldverschubsystems). Werte gehorchen der Bekenntnislogik (dem moralischen Äquivalent des Profitinteresses), ihr Identitätsprinzip ist das kollektive der Konfession, der eigenen Nation. Werte sind (wie die subjektiven Formen der Anschauung insgesamt) Gemeinschaftskitt, ihr Einfluß aufs Handeln ist minimal (sie konstituieren sich in einer durch die moralische Form der Anschauung – durch die reflexionslose, verdinglichte Scham – definierten transzendentalen Logik: in einer dem Anschauen vorgegebenen, vom Handeln durch einen Abgrund getrennten Objektivität, einer moralischen Erscheinungswelt, die durch law and order zusammengehalten wird).
Kann es sein, daß der Anteil der „windigen Geschäfte“, der Geschäfte mit redundanter Gewinnorientierung und maximaler Gewinnerwartung (die spekulativen Geschäfte: neben dem Rüstungsgeschäft vor allem die Geld- und Grundstücksgeschäfte), anwächst, daß die Erwartung, Investitionen kämen der Produktion und der „Schaffung neuer Arbeitsplätze“ zugute, immer mehr zur Illusion, zu einem rational aufklärbaren (und aufzuklärenden) Schein wird? Der Satz „Leistung muß sich wieder lohnen“ wird in diesem Kontext wahr, wenn man ihn umkehrt: Leistung ist alles, was sich lohnt (Leistungsträger sind die Besserverdienenden).
Der Hegelsche Begriff der Spekulation hat mit dem gleichlautenden ökonomischen Begriff mehr als nur den Namen gemein: Beide gründen im Schein. Der Begriff der Spekulation ist von dem des Absoluten (der Spieglung des Subjekts im Unendlichen: dem Schatten, den die Subjektivität auf Gott wirft) nicht zu trennen. Wie die Idee des Absoluten löst er sich auf im Licht des Angesichts. Aber zugleich ist das Schicksal der Idee des Absoluten (das heute an den Formen des Rechtsextremismus und am Fundamentalismus zu studieren wäre) in die ökonomische Krise verflochten, die am Begriff der „Spekulation“ sich festmachen läßt.
Hegels Satz, daß „die bürgerliche Gesellschaft … bei all ihrem Reichtum nicht reich genug (ist), …“, scheint heute seine dynamische Seite hervorzukehren: Die Art, in der die bürgerliche Gesellschaft heute ihren Reichtum produziert, wird heute zur direkten Ursache der Produktion und Ausbreitung der Armut (des „negativen Reichtums“). Die sich beschleunigenden Wirbel und Strudel der Kapitalbewegungen entwerten und vernichten jeglichen Besitz mit Ausnahme des kapitalisierten Eigentums, das selbst zu den die Kapitalbewegungen beschleunigenden Kräften gehört (vgl. als Modell das Ergebnis des cartesischen Versuchs, die Gravitationskräfte aus mechanischen Ursachen abzuleiten). Die Besitzer dieses Eigentums, die die proletarisierten Erben des Feudalismus in ihre Reihen mit aufgenommen haben, sind feudalisiertes Proletariat, Mitglieder eines neuen Feudaladels, dessen Feudalherr das anonymisierte Kapital selber geworden ist.
Die subjektiven Formen der Anschauung abstrahieren vom Gesehenwerden: sie abstrahieren von der Realität des Angesichts; diese Abstraktion betrifft real die Armen, die Fremden und die Frauen. Symbol der Aufhebung dieser Abstraktion ist die Idee der Auferstehung der Toten.
Projektiver Grund
– der Urhäresie: der Gnosis (Erschaffung der Welt durch den Demiurgen) und
– der letzten Häresie, die die häresienbildende Kraft in sich aufgesogen und aufgezehrt hat: des Hexensyndroms (Herrin des Totenreichs).
Die Herrschaft, die in dem auf die Welt bezogenen Schöpfungsbegriff theologisch verankert (und von der Gnosis auf den „jüdischen Gott“ projiziert) wurde, wird im Hexenglauben, dessen fundamentum in re in den Naturwissenschaften sich konstituiert, auf die „magischen Kräfte“ der Hexen projiziert (das Totenreich ist die Natur im Bann des Inertialsystems).
Blind und lahm: Das sind die Attribute des Objekts.
Paulus hat den Mord an Stephanus, dessen Tod er niemals erwähnt, nur dadurch für sich gegenstandslos machen können, daß er
– sich selbst bei der Tat als Werkzeug der „Juden“ und
– die Tat als die Tat der andern, die sie ausführen,
gesehen hat. Und er hat nicht Stephanus, sondern die Kirche verfolgt. So konnte er die Leiden des Stephanus auf den Tod Jesu verschieben, den Kreuzestod zum Opfertod machen. Jesus, nicht Stephanus, ist ihm auf dem Wege nach Damaskus erschienen und hat ihn (nach seinem Verständnis) zu einem seiner Auferstehungszeugen gemacht. – Muß nicht, wer einen Mord zu verantworten hat, das „Gesetz“ und die „Werke“ verwerfen und alle Hoffnung in den Glauben und in die Gnade setzen? Ähnlich regungs- und empfindungslos wie Paulus in seinem öffentlichen Selbstverständnis gegenüber dem Tod des Stephanus waren später die Inquisitoren gegenüber ihren Opfern. War nicht diese projektive Verarbeitung der Schuld das Modell des kirchenchristlichen Erlösungsbegriffs (der kirchlichen Gnadenlehre), und das hier erstmals begründete Schuldverschubsystem der Kern der „Theologie hinter dem Rücken Gottes“: des Dogmas und der Bekenntnislogik? Hier ist die Geschichte der kirchlichen Auseinandersetzung mit den „Häresien“, ihre Logik und ihre gesellschaftliche Funktion, vorgebildet. Mehr noch: Die Konstruktion dieses Schuldverschubsystems war die Bedingung des Überlebens in der durch den Römischen Staat definierten Welt; seine welthistorische Bedeutung liegt darin, daß durch dieses Konstrukt die philosophische Aufklärung in einer Gestalt „gerettet“ worden ist, die dann zur Grundlage des modernen Säkularisationsprozesses geworden ist: in der der christlichen Theologie.
Paulus und das Relativitätsprinzip, die Opfertheologie und das Inertialsystem (Ursprung des Nominalismus im Schuldverschubsystem).
Die theologischen Probleme, die aus der Frage der Frauenordination sich ergeben, gleichen nicht zufällig denen der Gründung des Staates Israel (den Problemen der Säkularisation der messianischen Idee).
Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie