Es ist ein Unterschied ums Ganze, ob Religion sich an der Rechtfertigung, der Idee Sündenvergebung, oder an der Verwirklichung der Gerechtigkeit, der Beseitigung der Not, orientiert.
Gewaltverhältnisse sind von einzelnen Akten der Gewalt, die grundsätzlich darauf abzielen, Gewaltverhältnisse zu schaffen, zu unterscheiden. Gewaltverhältnisse sind die Innenseite des Begriffs, mit der Erinnerung ihres eigenen Ursprungs enthalten sie ins sich die verdrängten Erinnerungen an den Ursprung des Begriffs.
Die Logik der Schrift (als Logik der Sprache des Staates) ist die Voraussetzung und die Verhinderung der Utopie zugleich. Die Logik der Schrift terminiert im Kreuzestod, und dessen Instrumentalisierung (in der Opfertheologie) geht einher mit der Instrumentalisierung der Schrift, deren Erbe und Opfer zugleich der Fundamentalismus ist.
Sind nicht die Deklinationen, die das Substantiv konstituieren, Deklinationen des Begriffs: Ausdruck der Herrschafts- und Gewaltbeziehungen? In welcher Beziehung stehen die Deklinationen zu den Konjugationen? Ist nicht die Satzkonstruktion, die Regelung der Stellung der Satzelemente (Subjekt, Verb, Objekt, Nebensätze) im Satz, auch Ausdruck der Sprachlogik? Und weist nicht die deutsche Gewohnheit, zusammengesetzte Verben auseinander zu reißen, und den präfigierten Teil ans Ende des Satzes zu setzen, auf die besondere Affinität der deutschen Sprache zur Herrschaftslogik hin („Und weist nicht … hin?“ anstatt „Und hinweist nicht …?“)? Hier wird das Verb zum Käfig, zur Isolationszelle, in die der Satz – wie ein Tier im Zoo oder ein Terrorist im Hochsicherheitstrakt – eingesperrt wird. Genau das aber ist insbesondere der Grund, aus dem die grammatisch-logische Konstruktion des „Substantivs“ sich herleitet. Ist das deutsche Lehrer-Ideal (das Deutschlehrer-Ideal) des „vollständigen Satzes“ nicht ein Herrschaftsmittel; es wird von den gleichen Leuten gefordert, die selber nicht in der Lage sind, einen Sachverhalt korrekt ausdrücken, die ihren Schülern das Lesen verleiden, die sich aber für befähigt halten, Aufsätze zu zensieren. Ist nicht die Aversion gegen Literatur, die Unfähigkeit zur Sprachreflexion, diese besondere Art des Analphabetismus, ein Produkt des Deutschunterrichts in den Schulen?
Kritische Kommunikationsfähigkeit lebt von der Fähigkeit zu Sprachreflexion, der Grund die Fähigkeit zur Schuldreflexion ist. Ist sie nicht im Katholizismus durch die Eucharistie (durch die Verdinglichung des Worts in der Sakramentenlehre insgesamt) ausgetrieben worden? – Auch eine Konsequenz aus der falschen Übersetzung von Joh 129.
Die Tatsache, daß unsere Verwaltungen nicht mehr in der Lage sind, präzise und zugleich verständliche Texte herauszugeben, steht in einer logischen Korrespondenz zur Unfähigkeit von Informatikern („Software“-Herstellern), zu den Produkten, die sie herstellen, verständliche Produkt-Informationen (Handbücher, Gebrauchsanleitungen) zu liefern.
Ein Staat, der sich nicht mehr verständlich machen kann, der nur noch funktioniert, kann nur als Gewaltstaat funktionieren.
Zur Jotam-Fabel: Was haben Bäume und Könige – außer daß beide Kronen tragen – gemeinsam? Sind nicht die Kronen die Luftwurzeln der Bäume, und ist vielleicht der Baum der Erkenntnis der auf den Kopf getellte Baum des Lebens (und sind beide durch Umkehr aufeinander bezogen)?
Steckt nicht in der Geschichte von den Feigenblättern und dem Tierfell schon die Geschichte der Opfer von Abel und Kain, gehört die eine nicht als Vorgeschichte zur anderen? Und ist nicht das Feigenblatt ein Symbol der Logik der Schrift (vgl. hierzu auch Johannes Scotus Eriugena)? Die Logik der Schrift ist die Logik der Trennung von Sprache und Realität. Kehrt nicht generell in den Brüderpaaren (Ismael und Isaak, Esau und Jakob, Moses und Aaron, aber auch Petrus und Andreas, Jakobus und Johannes, Jesus und Jakobus) das Brüderpaar Kain und Abel wieder?
Das kopernikanische System und seine dynamische Begründung durch Newton sind grandiose Konstrukte zur Begründung und Stabilisierung des Inertialsystems.
Kopernikus
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5.9.1994
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18.8.1994
Der Gegenstand, und mit ihm sein Korrelat, der Weltbegriff (oder die Substanz als Subjekt), ist ein Produkt der Logik der Schrift.
Der Gegenstandsbegriff ist ein projektiver Reflex der Nacktheit: Es geht nicht darum, Tatsachen zu bestreiten, sondern darum, ihre Konstitutionsbedingungen, und d.h. den gesellschaftlichen Schuldzusammenhang, in dem der Objektbegriff sich konstituiert, zu reflektieren.
Die Scham macht stumm; deshalb sind Objekte namenlos (und Namen unfähig, ihr „Wesen“ zu bezeichnen).
Sind die Menhire und Masseben nicht Denkmäler aus der Vorgeschichte des Tempels und der Schrift? Oswald Spengler hat auf die Beziehung der Musik in der modernen Welt zu den Statuen und Skulpturen in der Alten Welt hingewiesen. Kann es sein, daß, was die Statuen und Skulpturen im Hinblick auf den Ursprung und die Begründung der Schrift einmal waren, die Musik im Hinblick auf die Erfüllung des Worts: die Auflösung der Logik der Schrift, sein wird?
Die prophetische Kritik der Götzenbilder und des Götzendienstes bezieht sich auf die „heidnischen“ Statuen und Skulpturen und den damit verbundenen Opferdienst. Sie haben eine Idee der Ewigkeit als Grundlage, die der Logik der Schrift, ihrer Fähigkeit, der Sprache Dauer zu verleihen, sich verdankt. Das Bilderverbot reißt die Schrift auf für den Blitz der Prophetie. (Gehört hierzu nicht das Ende des Hiobbuches: die Gottesreden aus dem Gewitter?)
Ist nicht die Schicksalsidee die Verkörperung der Logik der Schrift, und sind nicht das Inertialsystem und das Relativitätsprinzip ihr Produkt?
Ist das Tier aus dem Meer der Staat, das Tier vom Lande die Kirche?
Konstruktion des Himmels: Kann es sein, daß, was draußen Wasser ist, durch Verinnerlichung Feuer wird?
Ist nicht das kopernikanische System das Schwarze Loch, das die gesamte theologische Tradition in sich aufgesaugt hat?
Die Opfertheologie, das „Gezeugt, nicht geschaffen“ und die homousia, das consubstantialis, stehen in einem durch die Bekenntnislogik vermittelten Zusammenhang. (Das consubstantialis ist der Grund aus dem die Lehre von Transsubstantiation, der theologische Kern der Eucharistie-Verehrung, hervorgegangen ist.)
Heute bezieht die Theologie ihre Kraft allein noch aus der descensio ad inferos.
„Das Objekt hat daher nicht Eigenschaften noch Akzidenzen, denn solche sind vom Ding oder der Substanz trennbar; im Objekt ist aber die Besonderheit schlechthin in die Totalität reflektiert“ (Hegel, Logik II, S. 361), aber in eine dreifache: Das Objekt ist der Kristallisationskern der drei Totalitätsbegriffe, des Wissens, der Natur und der Welt. Die Prädikate (die ich ihm beilege), die Eigenschaften (die das Ding hat) und die Akzidenzen (in denen die Substanz sich manifestiert) sind zusammengeschrumpft auf die gegeneinander neutralisierten Bestimmungen des dreidimensionalen Raumes.
Ist die „Farbe rot“, die vor dem Hintergrund der Naturwissenschaften keine Eigenschaft des Dings mehr bezeichnet, sondern nur noch einen irrationalen psychologischen Tatbestand, nicht das logische Modell der Jungschen Archetypen (und sind diese nicht das Modell der kollektiven Bewußtseinssteuerung durchs Fernsehen)?
Beitrag zur Wissenschaftskritik: Der Objektivierungsprozeß instrumentalisiert nicht nur die Objektwelt, sondern ebensosehr das Bewußtsein. -
11.8.1994
Wie verhalten sich das Beschaffen und die Beschaffenheit zum Erschaffen?
Wer hat eigentlich aus der kantischen Erkenntnis, daß das An sich der Dinge unerkennbar ist, die Dinge-an-sich gemacht? Diese Bezeichnung aus der Hegelschen Logik kommt so bei Kant nicht vor.
Ist die Eucharistie-Verehrung, ihr Öffentlichkeitscharakter, die Quelle des Barock, und das Barock der Ursprung der Reklame? Hängt es damit zusammen, wenn – Adorno zufolge – die Reklame den Tod verschweigt?
Fronleichnam, oder über das Verhältnis der Dinge an sich zu den Formen der Anschauung (Transsubstantiation; praestet fides supplementum, sensuum defectui).
Ist nicht Kants Philosophie eine Fronleichnams-Philosophie: Im Kontext der Anschauung sind die Dinge an sich selbst nicht erkennbar.
Was drückt sich in für die Portrait-Malerei konstitutiven Unterscheidung des en face vom Profil aus? – Bei der erkennungsdienstlichen Behandlung finden beide Sichtweisen Anwendung. Hat die Seitenansicht, das Profil, mit dem Charakter und der Individualität zu tun, während das „Angesicht“ (der Anblick von vorn) auf das Verhältnis von Strenge und Güte verweist.
Die diskriminierende Judentracht (der Judenhut und der gelbe Fleck) ist in der gleichen Phase eingeführt worden, in der die Lehre vom Fegefeuer feste Strukturen gewann (1180/1190). War nicht das Fegefeuer in der Realität eines für die Juden? Und ist nicht auch in dieser Hinsicht die Lehre vom Fegefeuer durch Auschwitz, das die Hölle war, widerlegt worden?
Nach Einstein ist die Vorstellung eines unendlichen Raumes nicht mehr zu halten. Und die kantischen Antinomien der reinen Vernunft, gegen die Hegel alle List der Vernunft aufbringen muß, um diese Spur zu tilgen: sind sie nicht der erste Hinweis in der Philosophie auf die sieben Siegel?
Ist mit der Vorstellung der Tiefenzeit nicht eigentlich die Zukunft (und nicht die Vergangenheit) gemeint? Sie soll die Nähe des Himmelreichs aus dem Blickfeld rücken. Die Vorstellung der Tiefenzeit ist ein Konstituens der Vorstellung des unendlichen Raumes: des Kelches, dessen Inhalt das All geworden ist (endet nicht die Phänomenologie des Geistes mit dem Hinweis auf den Kelch?).
Mit der kopernikanischen Wende haben wir den Kelch wirklich getrunken.
Beim Abendmahl waren nur seine Jünger und keine Frauen anwesend. Kann das damit zusammenhängen, daß der Kelch nur für den männlichen Teil der Jüngerschaft bestimmt war, während den Frauen die Salbung zugesprochen wurde?
Kann man heute noch an einen Gott glauben, der uns freispricht, der uns rechtfertigt, ohne daß die Welt sich ändert?
Sind nicht alle logischen und metaphysischen Kategorien, ist nicht die ganze Hegelsche Logik determiniert durch die Logik der Schrift?
Wie hängt der Ursprung des Neutrum mit der Neutralisierung der Geschlechtsbezogenheit der zweiten Person zusammen? Liegt hier nicht der grammatische Ursprung der Hysterie?
„Spruch des Herrn“: In diesem Wort benennt sich Gott: das Wort Gottes. Und dieses Wort ist der Blitz in den Wolken der Logik der Schrift.
Die Logik der Schrift zerstört den Namen durch Neutralisierung. Grund dieser Neutralisierung ist die veränderte Beziehung der Schrift zu Zeit: das Verschwinden der Gegenwart. Darauf bezieht sich das Bilderverbot und das Gebot der Heiligung des Gottesnamens.
Liegt der paulinischen Theologie nicht die Saulus-Geschichte zugrunde, wird sie nicht in dem Namenswechsel Saulus/Paulus so zitiert, als ob Rom (Paulus) das Erbe des Saulus antritt? -
23.5.1994
Die rabbinische Interpretation von Dt 2123 (vgl. Hyam Maccoby, Mythmaker, S. 67f) ist ein eindeutiges Verdikt über das katholische Kruzifix. „Ein Fluch ist der Gehängte“: Das kann nicht für den Gehängten gelten (die paulinische Interpretation ist magisch), wohl aber für die, die ihn gehängt haben oder ihn (über Nacht oder über den Sabbath hinweg) hängen lassen. Die Christen haben diesen Fluch auf sich gezogen, indem sie ihn zum antisemitischen Symbol gemacht und in ihre Kirchen und in ihre Wohnzimmern hereingenommen haben. Kann es sein, daß das apokalyptische Bild vom „Tier von der Erde“ (Offb 3117) auf Paulus sich bezieht (es hat zwei Hörner „wie ein Lamm“ und „redet wie ein Drache“, die Zahl dieses Tieres ist die „Zahl eines Menschen“; hat diese „Menschenzahl“ etwas mit dem messianischen Namen des „Menschensohns“ zu tun: durch Umkehr – wie verhält sich die „Zahl“ zum „Sohn“)? Repräsentiert Paulus (und seine Theologie) den Kelch, von dem Jesus wünschte, er möge an ihm vorübergehen? Klärt nicht die These, daß Paulus ein Heide war (in jedem Fall kein Pharisäer, kein rabbinischer Schriftgelehrter), eine Reihe von Problemen in seiner Theologie, vom Gesetzesverständnis über den Glaubensbegriff bis zur Rechtfertigungslehre? Insbesondere die paulinische Interpretation des Gesetzes ist fast ein Beweis für die Maccobyschen Thesen, die dann auch das Problem seines Namens (Saulus/Paulus) in ein neues Licht gerückt haben – sh. hierzu S. 95f. Durch Paulus ist das Christentum zur Weltreligion geworden, hat es die Fähigkeit gewonnen, die Welt zu durchdringen (ist damit jedoch selbst von der Welt durchdrungen worden). Was hat es mit dem „dritten Himmel“ auf sich (2 Kor 122, mit dem Problem der Selbstanonymisierung: hier schreibt Paulus von sich selbst in der dritten Person)? Ergeben sich die Affinitäten der Paulinischen Theologie zur Gnosis und zu den Mysterienreligionen der Spätantike nicht von selbst aus der Logik des Maccobyschen Konzepts (liegt die Lösung im Problem des „dritten Himmels“: er hatte die Herrscher der Planetenwelt, die „Archonten“, über, nicht unter sich)? Vorausgesetzt (und mit eingeschlossen) ist in der Stufe des dritten Himmels – das Licht (und der Ursprung des Angesichts), – die Erschaffung der Feste, die die oberen von den unteren Wassern trennt, und – daß auf der Erde das Trockene hervortritt und die Wasser an einer Stelle sich sammeln. Ist es nicht fast unerheblich, ob die Prämissen der Maccobyschen Konklusionen zutreffen; das Ergebnis stimmt: die paulinische Theologie ist so konstruiert, als wäre Paulus ein Heide, kein Jude und erst recht kein „Pharisäer“, gewesen. Ob er nun Jude oder Heide war, ist auch eigentlich uninteressant. Ist nicht die paulinische Theologie eine Theologie für Proselyten, geprägt von der Angst vor der Beschneidung (war Paulus beschnitten, und welche Bedeutung hat die Geschichte mit dem Nasiräer-Gelübde – Apg 2123ff)? Hängt die Archonten-Lehre mit der Angst vor der Beschneidung (und die Beschneidung mit dem „kreisenden Flammenschwert“ des Cherubs vorm Eingang des Paradieses) zusammen: mit der Verdrängung der Astrologie und der Beziehung der „Theologie hinter dem Rücken“ zur kopernikanischen Wende (mit der Verheißung, daß die Pforten der Hölle die Kirche nicht überwältigen werden, und dem bis heute unerledigten „was du auf Erden lösen wirst, wird auch im Himmel gelöst sein“)? Aber hat nicht das Lösen ein Echo in der paulinischen Theologie, in dem Satz, daß die ganze Schöpfung seufzt und in Wehen liegt, und auf die Freiheit der Kinder Gottes wartet? Eine verrückte Frage: Hat Tarsus etwas mit Tarschisch zu tun (und ist Paulus der Jona redivivus)? Gibt es nicht gewisse Parallelen zwischen dem Schiffbruch vor Malta und dem Versuch des Jona, mit dem Schiff nach Tarschisch zu fliehen, und seiner Geschichte mit diesem Schiff? Im Kern der paulinischen „invention of Christianity“ stand die Erfindung des Glaubens: die Ablösung des „Glaubens“ von seiner Beziehung zur realen Erfahrung, die ihm den Schein der rechtfertigenden Kraft verleiht, seine Einbindung in die Bekenntnislogik durch Verletzung des Bilderverbots im Kern der neuen Gestalt der Subjektivität (durch Verinnerlichung des Opfers). „Ohne Ansehen der Person“: Wie verhält sich die Person zum Angesicht? Ist nicht das Ansehen der Person das vergesellschaftete (und so blasphemisierte) Angesicht, das in rechtlichen Zusammenhängen (in denen der Personbegriff sich konstituiert) als Maske (als Charaktermaske und als Pokerface) gegen das Gesehenwerden sich verschließt? Durch seinen Ursprung in der Maske verweist der Personbegriff auf magische (patriarchalische und sexistische) Ursprünge. In der Person wird nicht das Angesicht, sondern die gesellschaftliche Rolle (die „Persönlichkeit“) und die Unerkennbarkeit der Absichten angesehen: deshalb setzt Gerechtigkeit das Absehen vom Ansehen der Person voraus.
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17.5.1994
Die Logik der Scham, das Anderssein, der Weltbegriff und die Ausbildung und Entfaltung der Raumvorstellung (das Aufdecken der Blöße oder das Sklavenhaus Ägypten):
– Sie waren nackt, aber sie schämten sich nicht; da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten, daß sie nackt waren.
– (Sintflut, Arche) Noah, der Weinbau, die Trunkenheit und die aufgedeckte Blöße, Ham und die Knechtschaft (gehört die Ham/Kanaan-Geschichte zur Vorgeschichte der Kafkaschen Erzählung „Das Urteil“?).
– Erkenntnis der Nacktheit und Ursprung des Weltbegriffs: Scham als verinnerlichter Blick des Andern; in diesem Blick und als Inbegriff der Logik seiner Objektivation konstituiert sich der Weltbegriff.
– Der Raum als die zwangshafte Rekonstruktion des verinnerlichten Blicks des Andern; die kopernikanische Wende, die Vernichtung des Angesichts Gottes durch den „unendlichen Raum“ (Abwehr, Verdrängung des Angeblicktwerdens), Grund der kantischen Erkenntniskritik.
– „Kollektivscham“ als kollektive Isolationshaft, die Unfähigkeit zu trauern und die zweite Schuld; Kollektivscham und Xenophobie, Ausländerfeindschaft und neue Rechte. Der Begriff der Kollektivscham hat die Erinnerung mit der Welt versöhnt und somit zur Folgenlosigkeit verdammt (und dieses Land zum „Land der unbegrenzten Zumutbarkeiten“ gemacht).
– Das Fernsehen (die institutionelle Aufspaltung des Sehens durch Trennung des Sehens und Gesehenwerdens) oder die Blinden und die Lahmen (2 Sam 56ff, Mt 115).
– Die Logik der Scham und die Ausbildung und Entfaltung der Logik des Raumes.
– Ist die am zweiten Tag geschaffene Feste, die die oberen von den unteren Wassern (die Prophetie von der Philosophie) trennt, das kosmische Realsymbol der Scham?
– Scham und Verdinglichung, Ursprung der Exkulpationsmechanismen, Scham und Gewalt: Ist die Scham die Materie des Absoluten?
– Die Philosophie ist mit der Verinnerlichung des Schicksals entstanden (Ursprung des Begriffs), die mathematische Naturwissenschaft mit der der Scham (Ursprung der subjektiven Formen der Anschauung, der Raumvorstellung).
– Scham und Schuldverschubsystem (Exkulpation durch Projektion: Prinzip der Anklage, Grund des Objektivationsprozesses), Ursprung des katholischen Mythos (der traditionellen Höllenlehre: stammt der Satz, daß zum Glück der Seligen im Himmel die Anschauung des Leidens der Verdammten dazugehört, den Nietzsche auf Thomas von Aquin zurückführt, nicht schon von Augustinus? Vgl. das Nietzsche-Zitat bei Jürgen Ebach: Apokalypse, in: Einwürfe 2, S. 45).
– Die Scham als gemeinsamer Grund des Mythos und der Kunst (der Ästhetik). Konstruktion der Farben (die Sintflut und der Bogen am Himmel).
– Sind die sekundären Sinnesqualitäten nicht stellvertretende Opfer für das eigentliche Opfer: die benennende Kraft der Sprache (der Logos), und liegt dem nicht die Ersetzung des Hörens durch den Gehorsam (die säkularisierte Gestalt des Islam, mit der augustinischen „Wörtlichkeit“ als Vorstufe des Koran) zugrunde? – Wäre das Gehorsamsgebot nicht endlich beim richtigen Namen zu nennen: als Heiligung des Gottesnamens? Das Credo hat das Niederfahren Gottes beim Turmbau zu Babel zu einem Akt der Kirche gemacht: sie zieht ihn in ihre Verstrickungen (in die Verstrickungen der Bekenntnislogik, der Logik des Absoluten) mit herein. Ist nicht die Kirchengeschichte die endlose Ausdehnung der descensio ad inferos?
– Scham, Sexualität und Urteil (Begriff der Erbsünde). Als Urteilslogik ist die transzendentale Logik eine Logik der Scham (und bedarf zu ihrer Begründung der transzendentalen Ästhetik: der Logik der Abstraktion vom Gesehenwerden).
– Die Scham und die Zerstörung der benennenden Kraft der Sprache (oder die Heiligung des Gottesnamens).
– Scham hat einen Adressaten, Scham ist Scham vor einem anderen: Mit dem Weltbegriff ist dieser Andere verinnerlicht worden. Gibt es Stufen der Scham (Entschlüsselung der sieben unreinen Geister)? Die Geschichte der drei Leugnungen ist in die Geschichte der Scham verstrickt.
– Die Kollektivscham und die Pforten der Hölle (oder Kollektivscham und Naturbegriff).
– Die Grenze zwischen Natur- und Weltbegriff ist eine Schamgrenze, starr und gleichsam orthogonal verbunden mit dem Ursprung und der Geschichte der Sexualmoral.
– Der Weltbegriff unterläuft die Herrschaftskritik und begründet die Sexualmoral durch Herstellung von Komplizenschaft (er unterwirft die Herrschaftskritik dem Schuldverschubsystem; die Theologie hat dieses Schuldverschubsystem im Dogma kanonisiert: mit der Opfertheologie und dem Konstrukt der „Entsühnung der Welt“, begründet in der falschen Übersetzung von Joh 129).
– Durch die Einbeziehung der Übernahme der Sünde der Welt ins Nachfolgegebot wird das „wörtliche“ Verständnis ins prophetische Verständnis transformiert (Wahrheit der Lehre von der Transsubstantiation), gewinnt die Sprache ihre benennende Kraft zurück (apokalyptische Enthüllung).
– Scham und Sprache: Sollte mit der Heiligung des Gottesnamens die Anonymität des Angeblicktwerdens aufgehoben (der Mensch in den Anblick Gottes gerückt) werden? Die Anonymität gründet in der Abstraktion der Form des Raumes (Zusammenhang mit der Geschichte der drei Leugnungen).
– Steckt im kantischen Begriff des Erhabenen die Erinnerung an den leeren Weltenraum, und gründet darin die Assoziation des „moralischen Gesetzes in mir“ mit dem „gestirnten Himmel über mir“?
– Die Scham, das Feigenblatt und der Rock aus Fellen.
– Wie hängt die Logik der Scham mit der des Feuers zusammen (auch die Scham brennt wie Feuer)? Gründet das Feuer im Namen des Himmels (und im brennenden Dornbusch: in der brennenden Innenerfahrung der Profangeschichte) in dem, was die Scham objektiv bezeichnet?
– Der brennende Dornbusch als brennende Innenerfahrung der Profangeschichte setzt die Gotteserkenntnis (die Selbstoffenbarung Gottes) in Beziehung zur Bewegung der Profangeschichte (vgl. Walter Benjamin, Theologisch-politisches Fragement: „Das Profane ist zwar keine Kategorie des Reiches, aber eine Kategorie, und zwar der zutreffendsten eine, seines leisesten Nahens“). Der brennende Dornbusch ist
– „Absolutum est prius relativo secundum esse, et est posterius secundum dici“ (Thomas von Aquin, S.Th. I 2, q. 16.4 ad 2). Der newtonsche „absolute Raum“ hat seine Wurzeln in der Scholastik; er findet seine Vollendung in der Hegelschen Idee des Absoluten.
– Die Verstrickung der Theologie in die Dialektik der Aufklärung ist symbolisiert in der Geschichte von den drei Leugnungen. Leugnet nicht die aus der Philosophie rezipierte Idee der Anschauung Gottes das Angesicht Gottes?
– Die subjektiven Formen der Anschauung entspringen in der (praktischen) Abstraktion vom Gesehenwerden, sie sind ein Produkt der Schamverarbeitung. Mit dem Ursprung der Naturwissenschaften wurde der Blick des andern tabuisiert, verdrängt, gelöscht; als Produkt projektiver Schuldverschiebung erscheint er dann wieder in dem bösen Blick, der den Hexen nachgesagt wurde: So gehört die Geschichte der Hexenverfolgung zur Geschichte des Ursprungs der Naturwissenschaften. Der wirkliche böse Blick aber ist der, den die Naturwissenschaften auf die Dinge werfen; dieser Blick hat eine eingebaute Exkulpationsautomatik: es ist der Blick des Herrn (des Absoluten).
– Das „naturwissenschaftliche Weltbild“, die kopernikanische Wende als Katalysator des gesellschaftlichen Fortschritts, hat die (intellektuellen und moralischen) Hemmnisse beseitigt, die der „freien Entfaltung“ des Kapitalismus im Wege standen.
– Der Herrenblick oder das verinnerlichte Babylon und die projektive Verschiebung des „Grauens um und um“ (Jeremias). Gehört heute nicht die descensio ad inferos zu den Prämissen theologischer Erkenntnis?
– Ergänzung zum Stern der Erlösung: Die Philosophie verschweigt nicht nur den Tod, sondern seit ihrem Bündnis mit der Theologie hat sie ihn instrumentalisiert: War das nicht der Kelch (der Kelch der Opfertheologie), von dem Jesus wünschte, er möge an ihm vorübergehen? Mit der Instrumentalisierung des Kreuzestodes wurde die Strafe der Steinigung (zur subjektiven Form der äußeren Anschauung und zum Prinzip der Verdinglichung) vergeistigt (und der Feuertod zur Strafe für Juden, Ketzer und Hexen).
– Es genügt nicht, daß die Christen sich irgendwo im Stern der Erlösung wiederfinden, es käme darauf an, den Stern der Erlösung ins Christliche zu übersetzen (nach Walter Benjamin: die Tradition auf dem eigenen Rücken weiter zu befördern, nur daß Christen sie überhaupt erst auf die eigenen Schultern heben müssen).
– Merkwürdig, daß aus einem Buch, das die Lösung der sieben Siegel zum Gegenstand hat, ein „Buch mit sieben Siegeln“ geworden ist.
– Der Name Gottes bildet sich in der Lösung der sieben Siegel, in der Lösung des Banns, den der Raum auf Mensch und Welt legt.
– Der Prototyp der neuen Gestalt der Religionskriege war der Weltanschauungskrieg der Nazis gegen Rußland, und der war schon ein Vernichtungskrieg („Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?“).
– Leben wir nicht heute nach dem Motto: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß? Aber diese Kälte ist die des steinernen Herzens. Dagegen wäre der Satz zu setzen: „Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu bringen, und ich wollte, es brennte schon“ (Lk 1249).
– Zum letzten Satz des Buches Jona: Wer rechts und links nicht mehr unterscheiden kann, unterscheidet sich nicht mehr vom Vieh (sh. Behemoth), das deshalb in die Buße Ninives ebenso wie in die Barmherzigkeit Gottes mit hereinzunehmen ist.
– Daß niemand das Licht unter den Scheffel stellt, stimmt nicht: Die moderne Aufklärung hat es getan, weil sie das Licht mit dem Scheffel verwechselte. So ist sie zum Scheffel über dem Licht geworden.
– Das Lachen instrumentalisiert die Scham, macht sie zur Waffe.
– Die Waffen der Schlange: ihr Blick und das Gift (gleicht sich die Sprache der Politiker nicht immer mehr dem Blick der Schlange an?).
– Zu Jes 271: Ist der Leviatan, „die flüchtige Schlange, … die gewundene Schlange“, Produkt der Mimesis an den Grund der Raumvorstellung (die erste Gestalt des „Korpuskel-Welle-Dualismus“, Reflex dessen, daß jede Gerade im Raum sowohl Trägheitsbahn als auch Rotationsachse ist – daß beide Bewegungen die Zukunft mit der Vergangenheit kurzschließen, indem sie die Gegenwart ausschließen: „Das Tier, das du gesehen hast, war und ist nicht und wird (wieder) heraufkommen aus der Unterwelt und geht hin ins Verderben“, Off 178)?
– Gibt es eine Beziehung der astrologischen Planetentheorie und der kirchlichen Sakramentenlehre zur Logik der Scham (Venus und Eucharistie)?
– Schicksal und Scham: Die Verinnerlichung des Schicksals (und der Ursprung des Begriffs) mußte abgesichert und stabilisert werden durch den projektiven Namen der Barbaren; die Absicherung der Verinnerlichung der Scham (und des Ursprungs der Naturwissenschaften) erfolgte über den projektiven Namen der Wilden (war die kopernikanische Wende der Anfang eines kosmologischen Kolonialismus und die kantische Philosophie der Beginn des kritischen Selbstbewußtseins davon?).
– Hat die Scham mit der Eitelkeit zu tun, mit dem Nichtigen?
– Die gleiche Logik der Scham, die die Raumvorstellung konstituiert, liegt auch der Bekenntnislogik zugrunde (über die Logik der Scham hängt der Greuel der Verwüstung mit der Sünde Adams zusammen: der Greuel der Verwüstung ist aus der Sünde der Welt ableitbar).
Woher kommt konkret der Name Palästina, welchen historischen Weg hat er genommen? Wie lange hat es die Philister gegeben, wer waren ihre Nachfahren, und haben nicht die Römer dann das Land Israel Palästina genannt?
Wie wäre es mit dem schönen Titel: Ein Vorschlag zur Güte? -
14.5.1994
Zum Begriff des Historismus: Eine der wesentlichen Funktionen der Geschichtsschreibung scheint es zu sein, die Vergangenheit den Rechtfertigungszwängen der Gegenwart zu unterwerfen, das Verstörende, Abweichende zu tabuisieren, zu verdrängen. In diesem Kontext entspringt das Bedürfnis nach kontrafaktischen Urteilen.
Der Anwendung dieser Rechtfertigungszwänge verdanken sich auch die alten Kosmologien und der Ursprung des Naturbegriffs (Kausalitätsprinzip und Inertialsystem).
Ableitung der Dreidimensionalität des Raumes aus dem Objektbegriff: Nur im dreidimensionalen Raum führt die Drehung um jede Raumachse in die Ursprungsorientierung zurück, allerdings um den Preis der Mathematisierung des Objekts, seiner Trennung von der Sprache. Das Objekt ist
. Gegenstand des intentionalen Aktes (der den Raum im Rücken hat: Gegenstand der Anklage) und
. Produkt einer Konstruktion, die die Form des Raumes (die Beziehung auf die drei Dimensionen des Raumes, die seine Identität begründen: durch Subsumtion unter die Vergangenheit, aber seine Beziehung zur Sprache verwirren) zur Grundlage hat.
Es ist die Grundlage der Dingvorstellung, durch die alle seine Bestimmungen zu „Eigenschaften“: in eine Possessivbeziehung zum Objekt gerückt werden; sie werden instrumentalisierbar, veränderbar und austauschbar. Über den Objektbegriff werden die Dinge zu Dingen und beherrschbar. Der Objektbegriff ist der Statthalter des Herrendenkens in den Dingen: So ist er zum Systemgrund der idealistischen Philosophien geworden. Stecken nicht die Namen des Bösen, des Anklägers und des Verwirrers, in den Fundamenten des Objektbegriffs?
In welcher Beziehung stehen die drei Dimensionen des Raumes zum gesellschaftlichen Herrschafts-, Schuld- und Verblendungszusammenhang?
Repräsentieren nicht Jupiter und Mars die Innen- und Außenseite des Staates, Venus und Merkur die der Privatexistenz?
Astronomische Züge des Erkenntnisprozesses: Lichtpunkte, durch weite Dunkelzonen getrennt.
Enthält Rosenzweigs Unterscheidung der chinesischen und indischen Welt Hinweise auf die Logik der Schrift?
Hündische Philosophie: Jedes absolute Urteil tilgt die Spuren eines vorhergehenden absoluten Urteils (Hegels Logik: die Geschichte dieses Spurentilgens). Ist nicht der Hund die Inkarnation der Exkulpationslogik?
Im Begriff der Materie, des Objekts, auch der Natur, werden die Zukunft und die Vergangenheit in der Sache zusammengeschlossen. Die Wahrheit hat einen Zeitkern, das heißt nichts anderes, als daß es einen Aktualitätskern des Gottesnamens und des göttlichen Angesichts gibt.
Erst mit Kopernikus, mit dem heliozentrischen System, konstituierte sich der Raum als subjektive Form der Anschauung, wurde der Fähigkeit, zwischen Rechts und Links zu unterscheiden, der Boden entzogen.
Zieht nicht der Gebrauch des Tetragrammaton in der Bibelwissenschaft die Konsequenz aus der Geschichte der Theologie hinter dem Rücken Gottes: Ist es nicht der autistische, seiner Sprache beraubte Gott, dem man am Ende auch das Ich aus dem Munde nehmen kann?
Der Satan und der Teufel sind durch Personalisierung neutralisiert, und damit zugleich zu Quellen des katholischen Mythos geworden. Hat die Kirche in diesem Mythos nicht ihren eigenen babylonischen Turm gebaut, indem sie den Stein, der der Eckstein hätte sein sollen, verworfen hat. Ist nicht die jahwistische Urgeschichte das Modell, das prophetische Bild der Kirchengeschichte:
– das Bild der Rezeption der Philosophie und des Weltbegriffs: die Sintflut,
– das Bild des Dogmas, der Orthodoxie: der Turm von Babel;
– wer aber waren die Gottessöhne, die die Schönheit der Menschentöchter erkannten, und wer war Nimrod (der Erbauer der großen Stadt und der gewaltige Jäger vor dem Herrn)?
Wird das Verständnis der Apokalypse durch Ängste blockiert, die reflektiert werden müßten, um an den Sinn der apokalyptischen Motive heranzukommen? Es sind die gleichen Ängste, die durch den Weltbegriff ontologisiert worden sind.
Trägt die Fundamentalontologie nicht suizidale Züge (die u.a. in dem Bild des Vorlaufens in den Tod anklingen und mit dem heroischen Gestus, dem europäischen Pendant des Harikiri, zusammenhängen), und ist insbesondere das In-der-Welt-Sein nicht die Schlinge, in die das von objektloser Angst bestimmte Dasein seinen Kopf steckt? Auf diese Schlinge bezieht sich das Wort vom Binden und Lösen.
Warten auf Godot: In der Ankunft des Seins hat Heidegger die Erlösung von der Last der Verantwortung und vom Subjektsein und die Verwandlung (die Regression) in das schuldlose Dasein der Existenz und der „Eigentlichkeit“ erwartet.
Standes- und Liegenschaftsamt: Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Ursprung des Patriarchats und des Eigentums an Grund und Boden? Formalisierte Formen der Eheschließung (mit Eintragung in Registern) scheint es nur dort zu geben, wo es auch formalisierte Besitzrechte an Grund und Boden gibt (ebenfalls mit Eigentumsregistern). -
7.5.1994
Grundlage des Weltbegriffs ist das Schuldverschubsystem, dessen Logik diesen Begriff durchdringt und beherrscht. Damit hat der Weltbegriff eine gleichsam eingebaute Entsühnungsautomatik. Diese Automatik ist einmal durchs Christentum installiert und eingeübt worden, sie beginnt heute das Christentum überflüssig zu machen. Die Frage ist nicht, ob die Erbsündenlehre sich noch halten läßt, die unschuldigen Kinder den Makel der Schuld angeheftet hat, sondern ob die augustinische Interpretation (die selber aus der Problemlage am Ende des vierten Jahrhunderts abzuleiten wäre) mit der Unfähigkeit zur Reflexion des Weltbegriffs selber ans Schuldverschubsystem gebunden bleibt und deshalb der Erbsündenlehre (die im Kontext von Joh 129, im Lichte des Begriffs der „Sünde der Welt“ eine ganz andere Bedeutung gewinnt) diese terroristische Wendung gibt. Die Erbsünde ist die Sünde der Welt. Ein anderes Produkt dieses Schuldverschubsystems, das deshalb dann so wichtig geworden ist, weil es seine Instrumentalisierung ermöglichte, war die Sexualmoral. Sie war das Bindeglied, das die Erbsündenlehre mit der Sexuallust (anstatt mit der Urteilslust) verbunden, ihr damit die so verhängnisvolle und folgenreiche Wendung ins Biologistische und Rassistische gegeben hat. Frauenfeindschaft und Antisemitismus haben dann geholfen, diese Verbindung abzusichern. Damit wurde die Erbsündenlehre zu einem Konstrukt, das sich selber im blinden Fleck stand: sie ist selbst in den Bann der Erbsünde hineingerückt. Mit der dritten Leugnung wendet sich der zerstörerische Objektivationsprozeß nach innen und wird zum Prozeß der Selbstzerstörung. Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten, daß sie nackt waren: Sie lernten, sich und die Dinge im Blick der anderen wahrzunehmen. Die gesamte Geschichte der Aufklärung steht unter diesem Gesetz. Der Erkenntnisbegriff der Aufklärung enthält im Kern diesen Blick der anderen, den er zu seinem eigenen zu machen versucht. Der Weltbegriff konstituiert sich in diesem Blick. Zugleich entspringen der Name der Barbaren wie auch die Begriffe Natur und Materie, deren Logik seitdem den Erkenntnisbegriff an den der Welt bindet. Die Hereinnahme des Blicks der anderen in den Erkenntnisbegriff ist der Grund der Urteilsform; erst in diesem Blick trennen sich Objekt und Begriff, Leib und Seele. Die Logik dieses Blicks bestimmt seitdem die Struktur (und die Geschichte) der Sprachen, ihre Grammatik. Mit dem Neutrum entspringt und mit dem Ding vollendet sich die Identifikation mit dem Blick des andern. Das Zentrum dieses Blicks ist das Inertialsystem, sind die subjektiven Formen der Anschauung und die ihnen korrespondierenden Erscheinungen. Das kopernikanische System hat diesen Blick totalisiert (sein frühestes Symbol ist das kreisende Flammenschwert des Cherubs vorm Eingang des Paradieses), wie überhaupt die Astronomie in der Geschichte des Ursprungs des Weltbegriffs eine zentrale Bedeutung gewinnt. Sind nicht die Namen der Planeten Erinnerungsmale der Differenzierung der Verinnerlichung des Blicks der andern auf die Welt und auf die Dinge (Merkur und Venus, Jupiter und Mars, aber auch Sonne und Mond: diese als Hälften des Angesichts – das getrennte Sehen und Gesehenwerden -, sie alle sind Verkörperungen des Blicks der anderen, während der Saturn den nach innen gekehrten Blick der Melancholie repräsentiert). Der Merkur ist der Götterbote. Hat der Engel Elohims, der Abraham aufforderte, Isaak, seinen Sohn, zu opfern, das kanaanäische Kinderopfer an seinem Sohn zu vollstrecken, etwas mit diesem Merkur zu tun? Die Identifikation mit dem Blick des andern bedarf zu ihrer Absicherung (zur Überbrückung der Kluft der Asymmetrie) der Idee des Absoluten. Das Absolute ist der Schatten, den das Ich auf Gott wirft, die Wand, hinter der es sich dem Anblick Gottes zu entziehen versucht (die Bäume im Garten Eden); aber der Schatten des Absoluten ist der Antisemitismus (und niemand kann über seinen eigenen Schatten springen). Der Mechanismus der Identifikation mit dem Blick der anderen hat die Naturwissenschaft zur Grundwissenschaft macht. Das Hinter dem Rücken ist in den subjektiven Formen der Anschauung und im Inertialsystem institutionalisiert worden. Das Krähen des Hahns verkündet am Ende der Nacht den kommenden Morgen, den neuen Tag. Das Geld ist die Materie des Rechts (Begründung durch die Beziehung beider zum Eigentum); deshalb wäre eine Theorie der Banken ein Schlüssel zur Auflösung des Rätsels der Astronomie. Ist nicht alles, was von außen wie Bosheit aussieht, von innen Dummheit? Heute stehen sich alle selbst im blinden Fleck ihrer Dummheit, deren praktische Seite Gemeinheit heißt, die bekanntlich kein strafrechtlicher Tatbestand ist. Problem der Übersetzung des Gottesnamens: Die traditionelle Übersetzung mit „Herr“ knüpfte an an den dem unaussprechlichen Gottesnamen unterlegten Namen Adonai. Jüdische Versuche sind die Übersetzung mit „der Ewige“ (Moses Mendelssohn, vgl. Rosenzweigs Aufsatz hierzu); Buber hat den Namen mit dem Personalpronomen „Er“ zu übersetzen versucht. Die schlechteste Übersetzung ist die Nichtübersetzung, die direkte Wiedergabe des Tetragrammaton. Der Gebrauch dieses Namens unterstellt, daß es das Ich, mit dem Gott nur sich selbst nennen kann, nicht gibt. Er ist ein sich als Atheismus bekennender Atheismus in der Theologie, der, indem er den Namen ausspricht, sagt, daß es dieses Ich nicht gibt. Darin drückt sich eine Beziehung zum Text aus, die ihn endgültig in die Vergangenheit setzt, der ich als Historiker glaube, entronnen zu sein. Er ist das verstockte Bekennntnis des Endes der Gottesfurcht. Dagegen läuft das Bubersche Er in die gleiche Patriarchatsfalle, in der das christliche Herr sich verfangen hat: Zum Er gehört das Sie und Es; es unterwirft Gott dem Geschlecht, das von der dritten Person nicht abzulösen ist, und dem in der christlichen Theologie das Attribut des Zeugens (und das Männliche in der gesamten Trinitätslehre) sich verdankt. Der theologische Gebrauch des Gottesnamens steht in der Tradition der Eucharistie-Verehrung; er unterliegt der gleichen entfremdenden und verdinglichenden Gewalt. Sind nicht die Namen der Schriftgelehrten, der Pharisäer und der Sadduzäer nur noch typologisch-prophetisch, und nicht mehr historisch-projektiv zu verstehen und verwendbar? Ist nicht das augustinische ad litteram, diese ans Vergangene fixierte „Wörtlichkeit“, endlich kritisch aufzulösen? In dieser Wörtlichkeit steckt das exkulpatorische Moment, das seitdem die Theologie verhext, und durch das der Freiraum geschaffen worden ist, in dem dann die christlichen Schriftgelehrten, Pharisäer und Sadduzäer sich geschützt fühlen durften (der gleiche Mechanismus verstellt heute auf entsetzliche Weise das Verständnis der Schrift insgesamt, insbesondere auch das der Propheten). Durch die Historisierung der Schriftgelehrten, Pharisäer und Sadduzäer ist die Projektionsfolie geschaffen worden, durch die der Objektivierungsprozeß, die Heuchelei und die Instrumentalisierung der Religion (die Theologie hinter dem Rücken Gottes) der Kritik entzogen worden sind. Zusammenhang mit Joh 129, dem Wort von der Sünde der Welt! Die Heuchelei ist die Außenseite der Exkulpationsautomatik. Wir sind die getünchten Gräber, die Heuchler und die Schlangenbrut (und liegt nicht die Logik des „korban“ auch der Kirchensteuer zugrunde?).
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24.4.1994
Welche Symbole wurden im Mittelalter den vier Evangelisten zugeordnet? Hat diese Zuordnung etwas mit den vier Himmelsrichtungen, den vier Enden der Erde (und den vier Reitern) zu tun? Sind das die Stichworte der vier Evangelien: Himmelreich, Sohn Gottes, Sündenvergebung und Logos? Ist nicht der Geist auf die vier Himmelswinde bezogen? Die Sieben hat mit dem Schwur zu tun (vgl. die Beerseba-Stellen in der Genesis). Der Schwur gründet in der Anrufung des göttlichen Namens, sein Ort war der Tempel. Mit dem Schwur wurden Versträge besiegelt (Schwur und Siegel waren Äquivalente); das Symbolum ist ein Schwur (und für es gilt das Wort: Du sollst nicht schwören). Die Bekenntnislogik gründet im Schwur. Das Planetensystem war ein Bild des Gattungslebens (die Namen und astrologischen Bedeutungen der Planeten hängen damit zusammen). Hat nicht das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ein empirisches Moment zu einem Konstruktionselement des Systems gemacht: Hinweis auf die inneren Grenzen der Astronomie? Einen weiteren Hinweis (jedoch noch nicht die Lösung) liefert das der Allgemeinen Relativitätstheorie zugrunde liegende Theorem der Identität von träger und schwerer Masse. Die moderne Astronomie seit der kopernikanischen Wende verhält sich zur Astrologie wie die Philosophie zum Mythos (wobei der Raum, die subjektive Form der äußeren Anschauung, an die Stelle des Begriffs getreten ist). Wie die Philosophie aus dem Mythos, durch Verinnerlichung des Schicksals, ist die Astronomie aus der Astrologie durch Verinnerlichung ihres zentralen Moments: des Opfers, hervorgegangen. Die sieben unreinen Geister sind die „Erfüllung“ des jeremianischen „Grauens um und um“. Hegels Idee des Absoluten, die u.a. in der Verwerfung des Sollens gründet, ist das Produkt der Ontologisierung der Theologie. Und die Ontologie ist der Statthalter der Paranoia in der Philosophie. Die Klugheit der Schlangen wäre durch „Arglosigkeit“, durch Herausnahme der Paranoia der Wahrheit zuzuführen: zum Sprechen zu bringen. Die Idee des Absoluten ist ein Produkt der Apologetik (die Ontologie ein Exkulpationsprojekt): die Besiegelung des Unversöhnten. Ursprung der Naturwissenschaften in der Apologetik: Zu den gnoseologischen Grundlagen der Naturwissenschaften gehört der Satz: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Die erste Gestalt des Absoluten war der newtonsche absolute Raum. Die subjektiven Formen der Anschauung Kants sind der Beleg dafür, daß die absolute Entschuldung in die absolute Verschuldung hineinführt. Wir lassen („Im Namen des Volkes“) die Richter für uns richten, so wie wir die Metzger für uns schlachten lassen. Und wir lassen die Welt von den Banken von einer Schuldenkrise in die andere hineintreiben: Ist nicht die Schuldenkrise der Dritten Welt der Vorbote und das Symptom einer ganz anderen, die erst erkennbar wird, wenn auch der Zusammenhang des Bankenwachstums mit dem Ursprung und Wachstum der Krise erkennbar wird (Metallgesellschaft und Jürgen Schneider: nachdem das Anlagengeschäft in der Dritten Welt seine Grenzen überschritten hat, kehrt es als Devisen- und Immobilien-Spekulation in die Metropolen zurück). Wie haben Geldwirtschaft und Astrologie in die Struktur der Sprachen hineingewirkt (der bestimmte Artikel und die Deklination)?
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27.3.1995
Fällt nicht die „Postmoderne“ selber unter den Begriff der Moderne, der nicht so leicht zu rechtfertigen ist, wie seine Apologeten heute möchten, die als modern alles verstehen, was die Theologie hinter sich gelassen hat, während ihnen selbst unter der Hand die „Moderne“ zu einem quasitheologischen Bekenntnis geworden ist. So rächt sich der Verzicht auf die kritische Reflexion der Theologie. Und war nicht die Moderne selbst schon die Postmoderne der via moderna der Theologie? Die Verführung jeder Moderne: die Vorstellung, mit ihr sei das Vergangene erledigt. Genau das macht die Postmoderne paradox und die Moderne (wie die Form des Raumes, durch die der Begriff der Moderne vermittelt ist) unwiderlegbar.
Und so viel Vieh (der Drache, das Tier aus dem Meer und das Tier vom Lande; Hörner, Köpfe und Kronen): Die Mechanik neutralisiert die Unterscheidung von Vorn und Hinten, die Gravitationstheorie die von Oben und Unten, und der Bereich der Naturwissenschaften, auf den das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit sich bezieht (von der Elektrodynamik über die Mikrophysik bis hin zur Chemie), die Unterscheidung von Rechts und Links.
Der Begriff eines „innertrinitarischen Prozesses“ ist blasphemisch: Aus dem Begriff des Prozesses ist die Assoziation beherrschbarer Naturprozesse oder auch des strafrechtlichen Verfahrens, mit einem Wort: das Herrendenken, nicht herauszulösen. Er ist Teil und Produkt des historischen Objektivationsprozesses, dessen innertheologische Spiegelung. Wenn die Voraussetzung jeder Vergegenständlichung die Subsumtion unter die Vergangenheit ist, dann entzieht sich Gott jeder Vergegenständlichung (das war der Sinn des Verbots, den Gottesnamen, der unseren Theologen heute so leicht von den Lippen geht, auszusprechen). Das „Objekt“, auf das der Begriff des innertrinitarischen Prozesses sich bezieht, ist die Idee des Absoluten: der Schatten, den die Subjektivität auf Gott wirft.
Ohne den Himmel (und seine Parodie: den Staat) gibt es keine Verkörperung. Diese Verkörperung ist der Grund des Namens: den hat die kopernikanischen Wende mit dem Erinnerung an den Himmel neutralisiert.
Das Himmelreich ist das Reich der Namen, mit denen die Dinge am Ende gerufen werden, und in denen sie am Ende sich selbst erkennen.
Mit dem Urschisma hat das Christentum den Bruch mit seiner eigenen Vergangenheit vollzogen und den Grund für die moderne naturwissenschaftliche Aufklärung gelegt.
Der historische Objektiviationsprozeß hat Geschichte als Herrschaftsgeschichte freigelegt. Und war Jesus nicht, als er den Jüngern in Emmaus erklärte, daß alles so habe kommen müssen, damit die Schrift erfüllt werde, der erste Hegelianer? -
28.02.94
Durch die Trennung von Ding und Sache, die durch die Entwicklung der Raumvorstellung (der subjektiven Form der äußeren Anschauung) oder durch den Ursprung und die Entwicklung der Mechanik und der kopernikanischen Theorie, des Relaitivitätsprinzips und des Inertialsystems vermittelt ist, wurde die Sprache ihrer benennenden Kraft beraubt. War die Elementenlehre (Erde, Luft, Wasser und Feuer) hierzu eine Zwischenstufe, wurden in den „Elementen“ nicht Momente des Raumes als gegenständliche Materien (oder der Raum als ein Ensemble gegenständlicher elementarer Materien) vorgestellt, während die Dingvorstellung die Trennung von Raum und Materie (und die Vorstellung einer homogenen Zeit) zur Voraussetzung hat?
Wie verhalten sich Wasser, Wein und Blut (vgl. Noe, die Hochzeit von Kana, die Eucharistie und die christliche Erlösungslehre)?
Zu Ezechiel: Beziehung der Blutschuld zum Blut auf dem Felsen, wäre daran zu erinnern, daß das Blut die Seele des Lebendigen ist.
Hebraismen im NT:
– Mt 2746/Mk 1535 – Eli, Eli, lema sabachthani/ Elohi, Elohi, lama sabachthani (Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, Ps 222)
– Joh 52 – Bethesda (Teich am Schaftor, mit fünf Säulenhallen),
– Joh 1913 – Gabbatha (Steinpflaster, Richtstätte des Pilatus),
– Joh 1917 – Golgatha (die Schädelstätte),
– Joh 2016 – Rabbuni (Lehrer),
– Apg 119 – Hakeldama (der Blutacker),
– Off 911 – Abaddon (Engel des Abgrunds),
– Off 1616 – Harmagedon (Ort der apokalyptischen Endschlacht).
Sind diese Hebraismen nicht allesamt Erinnerungen gegen die Instrumentalisierungen, die mit der Opfertheologie und der Vergöttlichung Jesu der christlichen Theologie fast unauslöschbar sich eingeprägt haben? Ist nicht das Griechische des NT der Kelch, den die Christen trinken sollten?
Enthält das prophetische Symbol der Hurerei nicht auch den Hinweis auf den weiblichen Aspekt Israels, des Gottesvolks (während das Objekt der Hurerei: Assur und Babylon, an den männlichen, patriarchalischen Aspekt erinnert)?
Was hat es zu bedeuten, wenn in der Weissagung Ezechiels gegen den König von Tyros Eden, der Gottesgarten, und der Cherub zitiert werden?
Gehört nicht die Ablenkung der eschatologischen Energien zum Kern der kirchlichen Theologie: durch eine Himmelsvorstellung, die sie neutralisiert und stillstellt? Aber dieses Konzept ist, nachdem der Himmel ins Buch zurückgegangen ist, nicht mehr zu halten. Das theologische Erbe ist als Staub von der Schlange aufgezehrt (und inzwischen ausgeschieden) worden.
Das Wesen ist das Gewesensein, das mit dem Präfix ge- seinen eigenen Ursprung, sein Gewordensein, verdrängt und vergessen hat. Es ist der Inbegriff der Macht der Vergangenheit, die nicht begreift, daß auch das Vergangene eine Gewordenes ist. Das Ding ist das Produkt der Leugnung der Gegenwart.
Wie hängt der von dem des Dings nicht abzulösende Begriff der Eigenschaft mit dem des Eigentums zusammen?
Die Sünde der Welt ist der Grund des Schuldzusammenhangs, der als Natur dann erscheint. -
22.02.94
Das Ding ist das logische Korrelat des Objektbegriffs in der Transzendentalphilosophie. Im Verhältnis des Dings zu seinen Eigenschaften wird das Haben ins Sein mit hereingenommen (oder manifestiert sich das im Sein verborgene Haben): Reflex der Herrschaft des Privateigentums und des Tauschprinzips (Zusammenhang mit der Geschichte des Staats und der Banken?). Das Ding ist das logische Resultat der Verurteilung (wie es sprachlich aus dem Thing, dem Ort der Verurteilung, hervorgegangen ist), nicht aufzulösen ohne Reflexion des Verhältnisses von Recht, Schuld und Strafe.
Das Ding ist der Gefangene seiner Eigenschaften, wie der Täter der Gefangene seiner vergangenen Taten: Wer gemordet hat, ist ein Mörder und wird dazu verurteilt, es zu sein.
Die moderne Ontologie gründet darin, daß sie vor der Reflexion des Dings kapituliert hat, es bloß verschweigt und verdrängt. Paradigmatisch die durchgehende Verwechslung von Sein und Seiendem, die Übersetzung des Titels „De ente et essentia“ durch „Über das Sein und das Wesen“.
Grund ist das Verständnis der Philosophie als Existenzphilosophie, der den Existenzbegriff trotz des Anklangs an die ökonomische Sphäre als ein Unmittelbares festhält, die Vermittlung dieses Begriffs durchstreicht und vergißt (in der Folge wird bei Heidegger das Subjekt zum Dasein). – Vgl. Hegels Enzykopädie 138. Die Existenzphilosophie ist zur Existenzphilosophie geworden, nachdem sie die Existenz vom Grund getrennt und das Argumentieren verlernt hat. Oder anders: Die Existenzphilosophie fällt unter das Gesetz der Hegelschen Logik, während es darauf ankäme, dieses Gesetz (nämlich das der Reflexion) endlich selber zu reflektieren, anstatt ihm blind zu gehorchen. Vgl auch 142 Anm.: „Die Existenz ist unmittelbare Einheit des Seins und der Reflexion, daher Erscheinung, kommt aus dem Grunde und geht zugrunde.“
Das Ding ist das geheime Zentrum der Hegelschen Logik und die Ursprungsgestalt des Absoluten: der Grund seiner Unwahrheit. Wenn das Absolute der Schatten Gottes ist, so ist das Ding der Schatten des Absoluten. (Ist nicht das Scheinen bei Hegel der Schatten, den das Absolute auf die Dinge wirft, das Gegenteil des Lichts der Erlösung?)
Wenn man begreift, wodurch das Ding und seine Eigenschaften von dem Verhältnis der Substanz zu den Akzidenzen (aus der deutschen Übersetzung dieses Verhältnisses ist das Ding wahrscheinlich einmal hervorgegangen) sich unterscheidet, begreift man den Grund der modernen Philosophie (des Nominalismus).
Der Dingbegriff ist das gegenständliche Korrelat des Weltbegriff, er verankert den Weltbegriff in der Objektivität. Er ist ein zugleich unkenntlich gemachter Deckbegriff fürs Tier. Er vertritt das Tier, von dem er zugleich abstrahiert: Letzte Konsequenz der Kritik des Anthropomorphismus (Folge der Neutralisierung der Astrologie nach der kopernikanische Wende).
Kriege sind Erbschaftsstreitigkeiten in einer Welt und am Ende (als Weltkriege) um eine Welt, die durch ihre Beziehung zum Eigentum sich definiert: die Welt ist selber zum herrenlosen, der nationalen Aneignung frei verfügbaren Gut geworden (vgl. Heideggers Begriffe des Vorhandenen und Zuhandenen). -
21.02.94
Kontrafaktische Urteile sind seit je Mittel der nationalistischen Geschichtsschreibung gewesen. Daher die Neigung zur Paranoia, deren Opfer dann die Linken, die Juden, die Verräter (von Judas bis zur Dolchstoßlegende) waren.
Nach Hegel (vgl. Enz., Anm. zu ? 143) gehören kontrafaktische Urteile zum Scharfsinn des leeren Verstandes.
Unterm Bann des Inertialsystems gibt es zum Nationalismus keine Alternative.
Offene Wunde Vergangenheit, das kreisende Flammenschwert oder die Trennung des Planetensystems vom Tierkreis (die Benennung der Tiere und der Schrecken der Tiere).
Der Tempel war nicht das Haus Gottes, sondern das Haus seines Namens. Gott selber: Der Himmel ist sein Thron und die Erde der Schemel seiner Füße. Hat Kopernikus Gott entthront?
Das Wort vom Binden und Lösen: Bezieht es sich nicht auf den Staat und den Begründungszusammenhang von Staat und Astronomie (und Bekenntnistheologie)? Und sind die „ehernen Gesetze“ der Astronomie nicht die Kehrseite der Wasser oberhalb des Firmaments (der Wasser, aus denen die Philosophie mit Thales aufgetaucht ist, und die seitdem als Staat die Erde wie den Meeresboden bedecken)? Gehört dazu nicht das Wort: Ich bin gekommen, Feuer vom Himmel zu bringen, und ich wollte, es brennte schon (Grund und Gegenstand einer Theorie des Feuers)?
Wer sind die Noah, Daniel und Hiob bei Ezechiel (wann sind die Bücher Daniel und Hiob entstanden)?
Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie