Lachen

  • 8.8.1995

    Wie hängen Präpositionen mit der Deklination zusammen: Im Englischen werden Dativ und Genitiv allein mit Hilfe von Präpositionen (of und to) gebildet. Im Deutschen gibt es eine in der Regel streng definierte Bindung der Präpositionen an die Deklination (gleichsam eine orthogonale Beziehung beider).
    Wer Genitiv und Dativ vertauscht, kann rechts und links nicht unterscheiden.
    Sind nicht die Deklinationsformen und die Präpositionen ein sprachlicher Reflex der Entfaltung der Raumvorstellung?
    Erinnert der „Zeitbruch“ nicht an die Einsteinsche Zeitdilatation: an den Zeitbruch zwischen den getrennten Dimensionen des Raumes. Ist nicht die Orthogonalität Ausdruck des Zeitbruchs?
    Zum Begriff der Scham: In den Formen der Anschauung, in der Abstraktion vom Gegenblick, setzt der Gegenblick, der Blick des Andern, sich durch. Im Anschauen erkennen wir, daß wir nackt sind. Ist nicht die Abstraktion vom Gegenblick die Abstraktion vom Angesicht?
    Im Deutschen werden beim bestimmten Artikel im Femininum Genitiv und Dativ (die beide dem Nominativ mask. entsprechen) nicht unterschieden, im Plural, das sonst dem Femininum nachgebildet ist, wird beim Genitiv der Nominativ, beim Dativ der Akkusativ mask. verwendet. Im Plural werden die Geschlechter nicht unterschieden (im Hebräischen hingegen gibt es ein männliches und ein weibliches Plural).
    Ist beim Dativ nicht die Ambivalenz festzuhalten: die Unterscheidung von Geschenk und Tribut (das einzig legitime Objekt der Barmherzigkeit ist der Arme, nicht der Herr).
    Im Hebräischen ist der bestimmte Artikel (der dem Nomen als Suffix angehängt und nicht dekliniert wird) identischen mit Ausdruck des Lachens.
    Hängt die Bedeutung der Zahl 10 mit dem Zehnten, dem Tribut, zusammen (der erstmals in der Begegnung Abrahams mit Melchisedech auftaucht)?

  • 2.6.1995

    Die letzte Stelle, an der Josef in den Evangelien genannt wird, ist auch die erste, an der Jesus Gott seinen Vater nennt.
    „Ha Ha“: Im Hebräischen wird das Lachen durch die Trennung des bestimmten Artikels vom Nomen und seine anschließende Verdoppelung ausgedrückt. Vertritt nicht der bestimmte Artikel überhaupt das Lachen in der Logik der Sprache, und ergreift dieses Lachen mit der Deklination des bestimmten Artikels das Nomen insgesamt (und verwandelt – durch Bindung an das vom Nomen getrennte Objekt – es ins Substantiv)?
    Rosenzweig hat den Islam ein Plagiat genannt. Ein Plagiat wäre er dann aber in einem doppelten Sinne: im Hinblick sowohl auf die jüdische, als auch auf die christliche Religion. Ist er nicht Produkt eines mißlungenen Versuchs der Vereinigung beider? Der Islam ist in einem prononzierten Sinne eine Schrift- und Buch-Religion, und er ist unmittelbar eine politische, das Gemeinwesen bestimmende Relition: Allah hat den Koran selbst diktiert, und der Koran gilt unmittelbar als staatliches Gesetz. Er kennt nichts, was der Unterscheidung von Schrift und Wort, und er kennt nichts, was der Erfüllung des Worts (der Dramatik des Tags des Herrn, des Jüngsten Gerichts) in der jüdisch-christlichen Tradition entsprechen würde. Die Schrift ist bereits das Wort, nicht der Mutterschoß, aus dem es, wenn es sich erfüllt, hervorgehen wird. Deshalb bleibt sie der kritischen Reflexion entzogen. Die Schrift, in der der Koran geschrieben wurde, ist keine „hebräische“; die Erinnerung an den Zusammenhang von Schrift (Logik der Schrift) und Fremdheit ist aus dem Koran getilgt. Wo die biblische Tradition herrschaftskritisch ist (als Gebot), ist der Koran affirmativ (Gesetz). Während der Koran wörtlich genommen werden will, ist die Wörtlichkeit der Bibel eine real- und sprachgeschichtlich vermittelte und sich entfaltende und in dem Sinne eine symbolische. (Das Symbolische hat einen Zeit- und Sprachkern.) Läßt der Islam als Versuch sich begreifen, die Herrschaftslogik der indoeuropäischen Sprache gegen den Geist der semitischen Sprache in dieser durchzusetzen?

  • 28.4.1995

    Auch: Das tun die Andern doch auch; was andere können, wirst du doch auch wohl können; ich auch. Die Reflexion auf den anderen, die in dem Wörtchen „auch“ drinsteckt, gehört zu den Implikationen des Weltbegriffs. Es ist die Logik des „außengeleiteten Charakters“, die in politischem Zusammenhang das Gewissen durch das Ausland (oder die Geschichte) ersetzt. Ist das „auch“ nicht der Statthalter des Inertialsystems in der Sprache? Wie steht es überhaupt mit jenen Sprachpartikeln, die als logische Partikel fungieren, zu denen neben Und und Oder das Sowohl-als-auch und das Ohnehin gehören.
    Kritik der Informatik als Gesellschaftskritik: Verweist nicht die Schwierigkeit, Computerprogramme in Gebrauchsanweisungen zu erklären, auf einen Mangel in den Programmen selber? Gleichen diese Schwierigkeiten nicht den Problemen, die heute bei der Formulierung von Rechts- und Verwaltungstexten (Gesetzen, Verordnungen, Richtlinien, behördlichen Formularen) auftreten? Hängen diese Probleme damit zusammen, daß in der Technik wie in der Gesellschaft die Beziehungen zwischen Intention und Resultat, Ziel und Nebenwirkungen, immer undurchschaubarer werden? Der Rückzug auf den Positivismus löst das Problem nur subjektiv (er schafft zur unzulänglichen Tat das gute Gewissen), nicht objektiv, er verschärft es nur.
    Heute eine Meldung in der FR: Der Asylantrag eines russischen Offiziers, der sich geweigert hat, am Tschetschenien-Krieg teilzunehmen, und dem in seiner Heimat wegen Desertation die Todesstrafe droht, ist abgelehnt worden. Nach diesem Rechtsverständnis sind Bürger Leibeigene ihres Staates, hat der Staat ein Eigentumsrecht an seinen Bürgern, das ihm ein anderes Land auch im Rahmen des Asylrechts nicht streitig machen darf.
    Kritik des Personbegriffs: Der Personbegriff hat sich erst im Kontext der staatlichen Organisation einer Gesellschaft von Privateigentümern konstituiert; er bezeichnet genau diesen Sachverhalt: die Eigentumsfähigkeit, durch die er in die staatlichen Institutionen eingebunden wird (nur deshalb gibt es juristische Personen, nach Scheler auch Gesamtpersonen). Wenn der Personbegriff (beispielsweise im Kontext der christlichen Mission) auch auf Menschen in nicht staatlich organisierten Gemeinschaften angewandt wurde, war das nicht schon ein erster fundamentaler Akt zur Vorbereitung der kolonialistischen Unterwerfung (ihrer Eingliederung in staatliche Strukturen)? Vor allem aber: Hat nicht die Einführung des Personbegriffs in die (lateinische) Trinitätslehre durch Tertullian der christlichen Theologie die entscheidende Wendung gegeben, durch die sie fähig wurde, zur Legitimationsgrundlage des Römischen Reiches zu werden? Hat nicht die Theologie mit der Rezeption des Personbegriffs sich selbst in die Eigentumsstrukturen verstrickt, die es dem Staat ermöglichten, ein Eigentumsrecht an der Theologie zu erwerben? Mit der Rezeption des Personbegriffs ist der Idee der Heiligung des Gottesnamens der Grund entzogen, ist die Idee des Namens (und damit der Gotteserkenntnis selber) entwurzelt worden, hat die Theologie sich dem Zugriff des Begriffs preisgegeben. Der Personbegriff hat die Kraft des Namens gelöscht.
    Müssen nicht die Tiersymbole der Apokalypse (der Drache, das Tier aus dem Meer und das Tier vom Lande) auch auf die Trinitätslehre bezogen werden (das Tier vom Lande, das zwei Hörner hat wie das Lamm und redet wie der Drache, der falsche Prophet, ist eine offenkundige Parodie des Heiligen Geistes)?
    Drückt in dem Hegelschen Satz, daß die Natur den Begriff nicht halten kann, nicht etwas von der Logik sich aus, die der symbolischen Tierkonstellation in der Apokalypse zugrunde liegt? Wenn die Natur den Begriff nicht halten kann, so ist das eine Folge des Zirkels, in den die Vorstellung, daß die Idee die Natur frei aus sich entläßt, sich verstrickt. Natur und Idee konstituieren sich, indem sie sich gegenseitig ausschließen: Deshalb vermag weder die Idee die Natur aus sich zu entlassen, noch die Natur den Begriff in sich zu halten; beide, Natur und Begriff (oder Idee), sind durch die Urteilsform vermittelt, ihre Geltung reicht soweit wie die Erkenntniskraft des Urteils, unabhängig davon haben sie keine Bedeutung. Kann es sein, daß die zum Drachen hinzutretenden Tiere als symbolische Repräsentanten des Urteils (und damit des Weltbegriffs) sich begreifen lassen?
    Hängt das Buch Hiob mit dem Buch Jona nicht insofern zusammen, als beide nicht auf jüdische, sondern auf Verhältnisse in der Völkerwelt sich beziehen: Der prophetische Auftrag des Jonas ist an Ninive gerichtet, und Hiob war ein Mann aus Uz. (Was bedeutet es, daß Hiob zusammen mit Noah und Daniel bei Ezechiel – 1414+20 – genannt wird?) Im Buch Hiob erscheinen erstmals die beiden Tiere (Behemoth und Leviathan); im Buch Jonas ruft der König auch die Tiere (die Rinder und Schafe) zur Buße auf, und Gott begründet sein Erbarmen gegen Ninive u.a. mit dem Hinweis auf „so viel Vieh“.
    Zu Jona: Hat Tarschisch nicht doch etwas mit Tarsos, dem Geburtsort des Paulus, zu tun?
    Wenn der Fisch etwas mit dem Schiff zu tun hat (die beide durch Umkehrung aufeinander sich beziehen lassen), hat dann auch das Schaffen etwas mit dem Faschismus zu tun (und das bara mit dem arab)?
    Ist der Ismael ein Israel ohne Isaak (ohne die Konstellation von Schrecken, Lachen und Akeda)? – Ist die arabische Schrift eine Sternschrift?
    Erinnert nicht der Hinweis Edgar Morins, daß die Musik dem Film Tiefe, Plastik und Materialität verleiht, an eine Bemerkung Spenglers, daß die Musik in der modernen Welt die Stelle einnimmt, die in der alten Welt die Skulpturen, die Statuen innehatten? War nicht schon das kopernikanische System eine dramatische Konzeption für eine Guckkastenbühne, deren Wände der Fixsternhimmel bildete: Produkt einer Ästhetisierung der Welt? Und hat diese Ästhetisierung nicht im politischen Faschismus, der das Produkt einer Inszenierung und eigentlich ein Film war, sich vollendet? Welche Bedeutung hat dann heute die allgegenwärtige Musik (und was drückt in ihr sich aus)?
    Verweist nicht der kantische Begriff der Erscheinung (vor dem Hintergrund der transzendentalen Ästhetik, die das Reich der Erscheinungen begründet) auf die Ästhetisierung der gesamten Wirklichkeit? Nicht erst die mathematischen Naturwissenschaften, sondern schon ihr Vorläufer, die Orthodoxie, hat die Wahrheit durch das Verhältnis von richtig und falsch ersetzt: Indiz der vollständigen Ästhetisierung der Theologie. Die Orthodoxie war das Produkt der Monologisierung der Theologie, ihrer Subsumtion unter die Logik der Schrift. Sie hat die Theologie gegen das „Heute, wenn ihr Seine Stimme hört“ immunisiert.
    Die Apokalypse ist eine Gesellschaftstheorie; sie gehört zur Geschichte der Logik der Schrift: So wie auch die Passion Jesu, zu der das „damit die Schrift erfüllt werde“ (in dem Gespräch auf dem Weg nach Emmaus und und in der Belehrung des äthiopischen Eunuchen durch Philippus) gehört.
    Ist nicht der Unterschied zwischen dem „et sanabitur anima mea“ im „Domine, non sum dignus“ und seiner deutschen Übersetzung „so wird meine Seele gesund“ der Unterschied ums Ganze? Hier liegt das finstere Geheimnis einer durch die Bekenntnislogik verhexten Erlösungslehre: Das sanabitur verweist aufs Hören des Worts, das Gesunden auf einen magischen Akt. Der Bann wird erst gesprengt, wenn der Gehorsam, den alle Kirchen fordern, durchs Hören gelöst wird.
    Daß Primo Levi, Jean Amery und Paul Celan Selbstmord begangen haben, sagt etwas über den Stand der Prophetie heute.

  • 9.3.1995

    Umkehr: Die Frage ist nicht, ob man nach Auschwitz noch beten kann, sondern was es heißt, nach Auschwitz zu beten. In der heutigen Morgenpredigt, in der der Theologe die Frage von J.B. Metz zitierte, wurde die Frage nach Versöhnung an das Opfer statt an die Täter gerichtet. Und den Opfern, nicht den Täter wurde Verhärtung, die Versteinerung der Herzen unterstellt. Vgl. aber Mk 1125 und Mt 524. Steht unsere Theologie sich hier nicht selber im blinden Fleck?
    Nicht eine narrative Theologie – die Zeit des Erzählens ist vorbei -, sondern begreifen, daß in der Haggada die Prophetie sich verbirgt.
    Verhalten sich nicht die Naturwissenschaften zur Wahrheit wie das Recht zur Gerechtigkeit? Darin ist die Notwendigkeit einer Kritik der Naturwissenschaft begründet.
    Anmerkung zu Heinsohn: Gibt es nicht auch einen islamischen Antisemitismus, mit gleichem Effekt, aber ohne Menschenopfertradition?
    Was bedeutet es eigentlich,
    – wenn die Hure Rahab die Kundschafter des Jesus (wie Flavius Josephus den Josue nennt) vor der xenophoben Verfolgung durch den König von Jericho schützt,
    – wenn die Tamar durch den Verkehr mit dem Schwiegervater den Stammbaum Davids und Jesu begründet,
    – wenn Jericho gegen das Verbot, es wieder aufzubauen, nur wieder aufgebaut werden kann durch das Opfer des Erstgeborenen und des Jüngsten?
    Die Sekten sind die letzte Gestalt der Häresie. Sie erinnert die Kirche daran, daß sie endlich die Apokalypse begreift und sie denen entreißt, die sie als Angstgenerator benutzen, um die Schäflein in ihre eigenen profitablen Hürden zu treiben. Es gibt fatale Ähnlichkeiten (bis hin zur Identität) heute zwischen den Methoden, mit denen Sekten neue Mitglieder werben, und der Kundenwerbung unseriöser Wirtschaftsunternehmen.
    Sind nicht die theologischen Mucken der Waren die Geschäftsgrundlage der Sekten; und sind sie nicht solange wirksam, wie sie nicht in die theologische Reflexion mit aufgenommen werden?
    Ebenso wie das Selbsterhaltungsprinzip und das Eigeninteresse ist auch das Inertialsystem ein Vorurteilsgenerator und eine Verdrängungsmaschine. Der naturwissenschaftliche Blick auf die Dinge gründet in einer Tradition, die in den Naturwissenschaften sich vollendet: in der Tradition der Anschauung. Fällt dieser Blick nicht unter das Ezechiel-Wort: „Mein Auge soll nicht gütig blicken, und ich will mich nicht erbarmen“ (Ez 818 u.a.).
    Ist nicht durch die kleine Differenz, die das Anschauen vom Schauen, von der Vision, unterscheidet, indem sie das Schauen von seinem sprachlichen Grund trennt, der Quellpunkt der Unbarmherzigkeit? Ist nicht das Anschauen der mitleidlose, nur dem Eigeninteresse gehorchende Blick? Die Anschauung Gottes macht Ihn verstummen; sie macht den Anschauenden blind und lähmt ihn.
    Das Anschauen ruft, mit der Objektivation des Angeschauten, hinter seinem Rücken die „Form der Anschauung“: den Kelch (den Taumelbecher, den Kelch des göttlichen Zorns und den Unzuchtbecher) hervor. Die durch die Form der Anschauung veränderte Sprache ist der Inhalt des Kelchs. Während nur fürs Schauen der „Himmel sich öffnet“, ist es das Anschauen, das ihn verschließt. Die „Wörtlichkeit“ des Fundamentalismus steht (seit dem „ad litteram“ des augustinischen Genesis-Kommentars) unter dem Bann (den Gesetz) dieses Anschauens (des Kelchs). Paulus, der nicht den Himmel offen sah, sondern „in den dritten Himmel entrückt“ war, steht am Anfang, an der Wasserscheide dieser Geschichte. War nicht Stephanus, an dessen Mord Saulus beteiligt war, der Letzte, der den Himmel offen (und „den Sohn des Menschen zur Rechten Gottes“) sah (Apg 755)? War der Mord an Stephanus (dessen am zweiten Weihnachtstag gedacht wird) das Zwischenglied zwischen dem Kreuzestod und der Opfertheologie?
    Hat das Präfix Er- in Begriffen wie „Erscheinung“ etwas mit dem Personalpronomen der dritten Person m. sing. zu tun? Im Begriff der Erscheinung steckt die Reflexionsbeziehung zu den Formen der Anschauung mit drin.
    Bezeichnet nicht der Begriff der Weltanschauung den Unzuchtsbecher? Gegenstand der Anschauung ist das Naturobjekt; so macht die Weltanschauung die Welt zu einem Naturobjekt, damit aber zu einem Herrschaftsobjekt. Jede Weltanschauung ist ihrer eigenen Logik nach ein Instrument der Weltherrschaft (mit ebenso destruktiven wie nekrophilen Konsequenzen: nicht zufällig war der erste „Weltanschauungskrieg“, der gegen „den Bolschewismus“, ein Vernichtungskrieg).
    Karl Kraus hat einmal auf die Beziehungen zwischen der Phrase und ihren blutigen Folgen hingewiesen. Die schlimmsten Dinge künden sich in der Sprache an, und wer die nötige Sensibilität besitzt, nimmt sie wahr, bevor sie eintreten (Beispiel: die „Dritte Walpurgisnacht“ von Karl Kraus). Wäre nicht endlich das homologein aus seiner verdinglichten Bindung ans „Bekenntnis“ herauszulösen und als Sprachsensibilität zu begreifen? Das „Bekenntnis des Namens“ wird so zum Inbegriff der Nachfolge. Im Namen wird der Indikativ zum Imperativ, das Sein zum Handeln, die Ontologie zur Ethik. Im Namen gründet die eingreifende Qualität der Erkenntnis, durch die sie über das Wissen hinausweist. Diese Erkenntnis begnügt sich nicht mehr mit „überzeitlichen Wahrheiten“, sie sucht in den Zeitkern der Wahrheit einzudringen, in dem sie Anteil an der Prophetie gewinnt. Das ist in der Schrift mit Gotteserkenntnis gemeint, die so mit der Erfüllung des Worts konvergiert. Ihr Organ wäre eine Theologie, die frei im Angesicht Gottes statt unter den von der Welt aufgezwungenen Rechtfertigungszwängen hinter seinem Rücken sich bewegt. Hierauf bezieht sich das Wort vom Binden und Lösen (Mt 1619 und 1818).
    Die Söhne Leas (der Kuh) waren Ruben, Simon, Levi, Juda, Issachar und Sebulon, die Söhne Rahels (des Mutterschafs): Josef und Benjamin.
    Jericho: Welcher König hat Jericho wieder aufgebaut, und kommt in den Evangelien, außer in der Geschichte vom barmherzigen Samariter, Jericho noch einmal vor?
    Zwei Stellen aus Büchners „Lenz“:
    – „Aber ich, wär ich allmächtig, sehen Sie, wenn ich so wäre, ich könnte das Leiden nicht ertragen, ich würde retten, retten“ (S. 106) und
    – „… und mit dem Lachen griff der Atheismus in ihn und faßte ihn ganz sicher und ruhig und fest“ (S. 100).
    Was Hegel so gelassen niederschreibt: Das Eine ist das Andere des Anderen, ohne die Gewalt dieses Andersseins zu reflektieren, führt genau in den leeren Kern des Weltbegriffs (in das darin sich reflektierende Verhältnis von Lachen und Schrecken). Die Dialektik von Lachen und Schrecken läßt sich an der Ästhetik des modernen Kirchenbaus demonstrieren, wenn im Innern die Ornamente und die Fresken verschwinden und die Außenwand nach innen gekehrt wird, so als wäre die Differenz der kirchlichen Innenwelt gegen die Außenwelt (gegen Ökonomie und gegen die durch Naturbeherrschung definierte Natur) aufgehoben, die Außenwelt zur alles beherrschenden Macht geworden.
    Die Geschichte der Barmherzigkeit hat die zivilisationsbegleitende Phase, ihre Metamorphose in der Hysterie, mit Freud beendet, aber so, daß sie zu einer strukturellen Bestimmung der Objektivität selber geworden ist: Die Geschichte ist in ihre faschistischen Phase eingetreten. Nachdem die Hysterie in der Gestalt psychosomatischer Erkrankungen den Frauenkörper durchwandert hat, hat sie als Lüge die Dingwelt ergriffen.

  • 2.3.1995

    Die Opfertheologie (und die Tradition des Menschenopfers, mit dem Ziel der „Entsühnung der Welt“) gehört zu den Konstituentien des Weltbegriffs.
    Zentral scheint bei Heinsohn das Tabu auf der Gesellschaftskritik zu sein, die er insgesamt der „Linken“ zuordnet. Dieses Tabu gründet in der Unfähigkeit, den Bann, der auf dem Bestehenden liegt, zu brechen, die Logik der Selbstlegitimation des Bestehenden zu durchschauen.
    Durch das Symbol des Kelches sind Prophetie und Apokalypse aufeinander bezogen und miteinander verknüpft. Auf dieses Verhältnis bezieht sich die Geschichte von Traum und Vision im Buch Daniel. Der Fundamentalismus, den es erst unter nachapokalyptischen Verhältnissen gibt, ist der Unzuchtsbecher: die Subsumtion des Kelches unter den Kelch.
    Die erste Traumgeschichte, in der Nebukadnezar einen Traum hatte, ihn dann aber vergessen hat (das bezieht sich schon auf das „denn sie wissen nicht, was sie tun“), Daniel dann diesen Traum nicht nur deuten, sondern vorab überhaupt erst finden soll, ist die Eröffnungsgeschichte zum Verständnis der Apokalypse insgesamt: einen vergessenen Traum finden und dann auslegen.
    Der Schrecken der Tiere (nach der Sintflut): Ist das nicht der Schrecken, von dem Walter Benjamin spricht in seiner Bemerkung, daß die Tiere sich erkannt wissen von einem Namenlosen (als Objekte einer subjektlosen Erkenntnis). Und ist es nicht der gleiche Schrecken, der nach der Bemerkung Rosenzweigs über die „verandernde Kraft“ des ‚ist‘, der Kopula, von jedem Urteil (von der objektivierenden Gewalt des Urteils) ausgeht und in jedem „Wissen“ als dessen innere Qualität sich niederschlägt (auf die Auflösung dieses „Schreckens“ zielt das Adornosche Konzept des Eingedenkens der Natur im Subjekt). Es gibt kein Urteil, dessen Objekt nicht in diesem Urteil sich mißverstanden weiß; deshalb ist das Urteil kein Mittel theologischer Erkenntnis (es sei denn einer Theologie „hinter dem Rücken Gottes“). Der Schrecken der Tiere rührt an einen zentralen sprachgeschichtlichen und -philosophischen Sachverhalt: an das in der Sprache verborgene Problem des Weltbegriffs. Am deutlichsten manifestiert sich der Ursprung dieses Schreckens im Lachen (zu einer Theorie des Urteils gehört der Hinweis, daß die Beziehung von Objekt und Begriff als Beziehung von Schrecken und Lachen sich begreifen läßt, wobei das Objekt, die Materie, durch den Schrecken, den das Lachen des Begriffs in ihnen erzeugt, zum Objekt, zur entqualifizierten Materie, erstarrt). Jedes Lachen hat Teil an der Erzeugung des Schreckens, dessen Subjekt im Weltbegriff sich konstituiert, und als dessen Objekt die Natur sich erweist. Vgl. hierzu Büchners „Lenz“, Nietzsches „Fröhliche Wissenschaft“, das Victor Hugo-Zitat in der „Dialektik der Aufklärung“ und den Sohar (Lachen schlimmer als Zorn).
    Vor diesem Hintergrund wird deutlich, weshalb Jesus in den Evangelien niemals lacht, wohl aber die Dämonen austreibt.
    Kommunikationstheorie des Lachens: Lachen ist Ausdruck sowohl der Freude als auch ihrer „anderen Seite“. Das Lachen über einen Witz bedarf ebenso eines Objekts (über das gelacht wird) wie auch des Zeugen, der zugleich der Adressat des Witzes ist. Der, der den Witz erzählt, darf bei einem „guten Witz“ nicht lachen. Umgekehrt kann man lachen auch, ohne daß ein Witz vorausgeht: Lachen ist unmittelbar „ansteckend“, sich aus eigener Kraft selbst fortzeugend wie die Form des Raumes. Das Lachen bringt die subjektive Form der Anschauung, die historisch-genetisch auf die kommunikative Struktur des Lachens sich zurückführen läßt, auf ihren Begriff.
    Als Moment in der Konstituierung des Objekts gehört das Lachen zur Geschichte der Aufklärung: Es setzt die Distanz zum Objekt, die der Aufklärung zugrunde liegt. Die Welt ist das neutralisierte Lachen, die Natur der im Objekt neutralisierte Schrecken.
    Der leere Raum ist das Realsymbol der Beziehung von Lachen und Schrecken (der unreine Geist findet das Haus, in das er dann mit sieben weiteren unreinen Geistern zurückkehrt, „leer, gereinigt und geschmückt“).
    Herrschaft wird erkauft mit der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit, die dann auch das Vergangene nicht unangetastet läßt. Das „stark wie der Tod“ und „schwer wie die Gruft“ (Martin Buber: „gewaltsam wie der Tod“ und „hart wie das Gruftreich“) im Hohenlied der Liebe drückt genau das aus.
    Drückt nicht das Wort passio beides aus, das Leiden und die Leidenschaft (wie die Geschichte das vergangene Geschehen und den Bericht darüber)?
    Es gibt eine List der Herrschenden und eine List der Schwachen. Sie unterscheiden sich dadurch, daß, während die List der Herrschenden die Dummheit derer, die sie betrügt, erst produzieren muß, die List der Schwachen die substverschuldete Dummheit der Herrschenden bereits vorfindet. Die erste gehört zu den Ursachen und Gründen des Schuldzusammenhangs, die zweite zu den Auswegen aus ihm.

  • 1.3.1995

    Die 42 Auschwitz-„Theorien“, die Heinsohn zusammenstellt und „widerlegt“, erinnern nicht zufällig an die kantischen Antinomien der reinen Vernunft, die Argumente Heinsohns an die „apagogischen“ Argumente Kants: Sowohl die (meisten der) „Theorien“ als auch deren Widerlegung sind wahr. Das ungute Gefühl, das einen beschleicht, wenn man sieht, wie Heinsohn die „Elemente des Antisemitismus“ aus der Dialektik der Aufklärung zur „Theorie“ zusammenstutzt, gründet darin. Für die Gesamtkonstruktion Heinsohns scheint die Verarbeitung des apokalyptischen Elements entscheidend zu sein. Durch einen Trick wird es vorab „unschädlich“ gemacht: durch das naturhistorische Konstrukt der Venus-Katastrophe, auf deren Erinnerung die Apokalypse generell reduziert wird; so verliert die Apokalypse durch Projektion ins Vergangene (als Erinnerung an eine vergangene Naturkatastrophe) jede „prophetische“, auf die Zukunft bezogene Bedeutung. Nur, was Heinsohn übersieht: Die Apokalypse ist zwar seit je (in der Urgeschichte des Fundamentalismus seit Augustinus) als Angst-Generator, als ein Mittel, die Menschen in einen Zustand zu versetzen, in dem sie beherrschbar sind, genutzt worden (in diesem Sinne war auch Hitler ein Apokalyptiker) – und gegen diesen Gebrauch richtet sich das Verfahren, das in der Geschichte der Aufklärung ebenfalls seit je als Mittel der Angstbearbeitung genutzt worden ist: die Projektion ins Vergangene. So, durch die gleichen Formen der Verdrängungsarbeit, hat die Aufklärung in der Ursprungsgeschichte der Philosophie den Mythos und das Schicksal, und mit dem Ursprungskonstrukt der modernen naturwissenschaftlichen Aufklärung (mit dem Inertialsystem) die Projektionen der Angst und des schlechten Gewissens in einer keineswegs „entsühnten Welt“ zu bewältigen versucht. Etwas anderes ist es jedoch, wenn man versucht, in der Apokalypse, in ihren Symbolen und Bildern, den rationalen Kern zu entdecken, sie als ein Mittel der Angstbearbeitung zu nutzen.
    Der Preis für seine (von ihm nicht reflektierte) apagogische Beweisführung ist die Identifizierung des jüdischen „Monotheismus“ mit dem philosophischen und die Ausscheidung der Apokalypse aus der Prophetie.
    Die heinsohnsche „Ursachenforschung“ trägt gleichsam bekenntnis-technische Züge: Wer die Ursache kennt, kann sie abstellen. Das Ergebnis ist eine Knopfdruck-Philosophie. Zugleich scheint ihr Motto zu sein: „Dixi et salvavi animam meam“, ein Satz, der bei Ezechiel eine ganz andere Funktion und Bedeutung hatte, jedenfalls nicht auf die Rechtfertigung derer abzielte, die glauben, doch nichts ändern zu können, und deshalb wenigstens rechtbehalten wollen.
    Adorno hat einmal auf die ihn erschreckende Erfahrung aufmerksam gemacht, daß Studenten weithin nur noch auf eine sehr instrumentalisierte Weise erfahrungsfähig sind, daß sie aus dem, was einer sagt, nur noch heraushören, wofür oder wogegen es sich richtet. Unter dem Bann dieser Fixierung scheint auch das heinsohnsche Konzept zu stehen; das ist es, was er aus den Auschwitz-Theorien vorab herauszuhören scheint. So entartet Kritik zum Grabenkrieg im Bekenntniskampf.
    Das apagogische Argument (dessen Logik damit zusammenzuhängen scheint) rührt an die Grenzen der Beweislogik, wie auch der Satz, daß Gemeinheit kein strafrechtlicher Tatbestand ist. Das aber verweist darauf, daß die Explosion von Gemeinheit, als welche der Faschismus in der Erinnerung sich enthüllt, außerhalb der Beweislogik liegt. Es gibt keinen Wahn, der nicht auch von einer nur ihm eigenen Logik beherrscht wird. Und um einen Wahn aufzulösen, bedarf es auch der Kritik der Logik, die ihn beherrscht. Diese Kritik der Logik ist nicht irrational, sondern die Freisetzung einer Rationalität, die den Bann des Wahns bricht. Zentral in der Kritik der Logik ist die Kritik des Rechtfertigungszwangs, die die Fähigkeit zur Schuldreflexion mit einschließt. Logische Zwänge sind auch Rechtfertigungszwänge, sie gehorchen dem Exkulpationstrieb. Ihre Überzeugungskraft gründet in der exkulpatorischen Wirkung des Objektivationsprozesses. Insofern hängt Auschwitz in der Tat mit dem, was in Joh 129 die „Sünde der Welt“ heißt, zusammen.
    Zur Auflösung der Problems des apagogischen Beweises (die ein Problem der Logik der Schrift ist) trägt das Jesaia-Wort vom Rind und Esel bei, die Unterscheidung von Joch und Last, die Reflexion der Asymmetrie im dialogischen Kern der Sprache, von der das geschriebene Wort abstrahiert (die Logik der Schrift neutralisiert die Asymmetrie von Ich und Du, Zukunft und Vergangenheit, Himmel und Erde). Hierzu gehört der ungeheure Gedanke Kants, daß allein die Hoffnung das Gleichgewicht der apagogischen Beweise, das die Antinomie der reinen Vernunft begründet, zu stören vermag.
    Habermas: Die subtilste Art des Vatermords ist die, sich selbst zum Erben zu erklären. Eine Erbschaft kann nur antreten, wer davon ausgeht, daß der Erblasser tot ist. Das Erbe setzt die Enteignung der Toten, die Aufhebung ihrer Eigentumsfähigkeit, voraus. Steht nicht das Gebot: Du sollst Vater und Mutter ehren, gegen die Form der Erbschaft unterm Gesetz des Privateigentums, die das uneingeschränkte Verfügungsrecht mit einschließt (und jeden Anspruch der Toten gegen uns ausschließt)? Vater und Mutter ehren heißt, aus der Rolle des Erben heraustreten. Vgl. dagegen die auf das Erbschaftsinstitut reflektierenden Erörterungen bei Paulus, aus denen u.a. der Begriff des „Neuen Testaments“ sich herleitet. Das Testament regelt die Erbschaft und setzt den Tod des zu Beerbenden voraus, während der Bund auf das Verhältnis freier Partnern sich bezieht. Die Vorstellung, das Christentum habe Israel beerbt, ist der Grund des christlichen Antijudaismus (mit der Folge der Neutralisierung der Prophetie, die im Antisemitismus, im Judenmord, endet).
    Zum Kontext des Begriffs des Erbes gehört der Weltbegriff, der aufgrund der Erbschafts-Konstellation in ihm den (am Ende eskalierenden) Generationenkonflikt aus sich entläßt.
    Nietzsches Wort „Gott ist tot, wir haben ihn getötet“ ist keine theoretische Feststellung, sondern Ausdruck einer verzweifelten Erfahrung. Die christliche Theologie war seit ihrem Ursprung eine Tod-Gottes-Theologie, ein nekrophiles Konstrukt. Das Wort „Gott ist tot“ steht erstmals in der „Fröhlichen Wissenschaft“. Hier ist erstmals das Lachen als Argument erfahren worden, dem Nietzsche nichts mehr entgegenzusetzen hat, und an dem er zugrunde gegangen ist. Der Sohar hat es noch gewußt: Lachen ist schlimmer als Zorn. Nietzsches Philosophie: Der verzweifelte Ausdruck der Hilflosigkeit und Ohnmacht im Angesicht des Lachens; darin gründet sowohl die Lehre vom Übermenschen und vom Willen zur Macht als auch deren metaphysisches Korrelat, die Lehre von der ewigen Wiederkehr des Gleichen.
    Das apokalyptische Symbol des Lachens ist der Unzuchtsbecher.
    Haß der Welt: Die Scham macht den Andern (und der Inbegriff aller andern ist die Welt) zum Richter über das Subjekt, setzt das Weltgericht an die Stelle des Jüngsten Gerichts.
    Traum und Vision haben im Buch Daniel eine Entwicklungsgeschichte:
    – Vom Traum des Nebukadnezar, über den das Buch Daniel objektiv, in der dritten Person, berichtet, den Nebukadnezar vergessen hat, und den Daniel, bevor er ihn erklären kann, erst rekonstruieren muß,
    – über den Traum, den Nebukadnezar (in der ersten Peron) selbst erzählt, und den Daniel dann auslegt,
    – über Belsazar und die Schrift an der Wand, die Daniel erklärt,
    – über das Traumgesicht des Daniel,
    – bis zu den Gesichten Daniels.
    Beschreibt diese Geschichte die Ursprungsgeschichte des „Gesichts“, der apokalyptischen Vision?
    Die Getsemane-Geschichte wird unauflösbar, wenn das Kelch-Symbol in dieser Geschichte nur auf den privaten Tod Jesu, auf das Schicksal, das ihm widerfährt, bezogen wird. Vor diesem Hintergrund verdampft das Kelch-Symbol zu einem erbaulichen Vergleich, wird der Kelch gleichsam „innerhalb“ des Kelchs verstanden (der Kelch auf sich selbst angewendet): So wird der Kelch zum Unzuchtsbecher (Subsumtion des Kelches unter den Kelch: die Verwechslung von Joch und Last, Rind und Esel). Hiermit hängt es zusammen, wenn in den Texten des Christentums nur Esel und Lamm (das im Opfer für die Erstgeburt des Esels eintritt) noch erinnert werden, die Erinnerung ans Rind aber verschwunden ist.
    Klingt nicht im philosophischen Begriff der Erscheinung (und im Namen der Phänomenologie) der Name des Festes der Epiphanie, der „Erscheinung des Herrn“, nach?

  • 22.2.1995

    Zum Hinweis auf den Antisemitismus Freges in der FR vom 22.2.95 paßt die handschriftlichen Bemerkungen Heinrich Scholz‘ in seinem (Rezensions-)Exemplar von Ernst Bloch „Geist der Utopie“: „Selbstgespräche eines Irren, besser Meschuggenen. Vielleicht muß man Hebräer sein, um dieses Zeug zu verstehen“. Erschreckend auch eine Notiz eines sicherlich sonst unverdächtigen Intimfeinds der Nazis, Theodor Haecker, am 28.3.1940 („Tag- und Nachtbücher“, S. 50f): Nachdem er feststellt, daß in den Evangelien niemals das Äußere eines Menschen beschrieben wird, verweist er auf die „einzige Ausnahme“, die „Christus selber (macht), da er einen seiner Jünger, ganz allgemein freilich, als echten Hebräer (!) anspricht, im Äußeren (!) schon. Das setzt aber doch voraus, daß man sich über den Typus eines echten Hebräers (!) durchaus im klaren war.“ Hierzu bleibt nur zu bemerken, daß Jesus an keiner Stelle von einem „echten Hebräer“ spricht, wohl aber, bei der Berufung Nathanaels im Johannes-Evangelium, von einem „echten Israeliten, einem Mann ohne Falschheit“ (Joh 147). Und der Zusammenhang läßt keinen Zweifel daran, daß es hier nicht um das „Äußere“ eines „echten Hebräers“ geht.
    Die „Historische Grammatik des Griechischen“ von Helmut Rix (Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 19922) ist ein paradigmatisches Beispiel dafür, wie die Wissenschaft in Angst vor ihrem Objekt erstarrt und verstummt.
    Die subjektiven Formen der Anschauung sind der Grund der metaethischen Konstruktion im Stern der Erlösung, des B = B. Die Gestalt des Allgemeinen, die sie begründen, ist eine partikulare: Symbol der Katastrophe, des Untergangs. Sie ist ein Ausfluß der Logik der Schrift, ihr terminus ad quem der Fall.
    Laß dich nicht ablenken: Lebt die Inspiration nicht von der Ablenkung, lebt sie nicht davon, daß sie dem Objekt sich überläßt, auch wo sie Gefahr läuft, daß sie sich verläuft? Wird nicht, wer sich nicht ablenken läßt, unsensibel, hart und stur, lebt nicht die Aufmerksamkeit von der Ablenkung, die vom Objekt ausgeht? – Ist nicht die Aufforderung: Laß dich nicht ablenken, selbst die Ablenkung, vor der sie vorgibt zu warnen?
    Empörung ist das Alibi der Sensibilitätsverweigerung. Sind nicht die subjektiven Formen der Anschauung die instrumentalisierten Formen der Empörung (des Gelächters)?
    Erste Phase der Aufklärung: Verinnerlichung des Schicksals; die zweite Phase: Verinnerlichung und Verdrängung der Scham (das Subjekt ist selbst der Adressat der Scham geworden).
    Der „Bogen in den Wolken“ ist die Widerlegung des Inertialsystems.
    Tohu wa bohu: Sind das nicht die Reflexe des Natur- und des Weltbegriffs, des B = B im Objekt?
    Blinder Gehorsam: Käme es nicht darauf an, den Gehorsam endlich sehend zu machen? Aber das geht nur über das Hören (mit den Ohren denken).
    An sieben Stellen gibt es das Wort tebel, in Ps 99, Spr 826, Hi 3413, 3712, Jer 1012, 5115, Kl 412. Vgl. auch Sohar (Ausgabe Diederichs), S. 113. (Wie den „Erdkreis“-Begriff auch den Weltbegriff aufschlüsseln.)
    Die Kluft der Orthogonalität: Nach der speziellen Relaitivitätstheorie sind die Sterne, die uns vom Himmel her leuchten, sowohl zeitlich präsent (gleichzeitig) als auch über Lichtjahre vergangen. Das eine gilt fürs Sehen, das andere für die Abstraktion des Seitenblicks. Ist das nicht ein Grund, sich doch einmal wieder die alte Lehre von den Elementarmächten, den Thronen, Herrschaften, Mächten und Gewalten, von den Engelhierarchien, anzusehen?
    Haben die Namen Alphäus und Thaddäus etwas mit der Jericho-Geshichte zu tun, in der die Wiedererrichtung Jerichos an das Opfer der Erstgeburt und des Jüngsten (des Ersten und des Letzten, das A und O) gebunden wird (Jos 626 und 1 Kön 1634)?
    Zur Verwandschaft Jesu: Sind nicht Verwandschaftsbeziehungen (ähnlich wie später die Engelhierarchien) Bilder der Logik? Und gehören nicht Jakobus (der Sohn des Alphäus) und Juda (Thaddäus und der Bruder des Jakobus) zu den „Brüdern Jesu“?
    Mit dem Opfer des Lamms wird die Erstgeburt des Esels ausgelöst. Hat diese Auslösung etwas mit der erb- und eherechtlichen Regelung der Auslösung (Schwagerehe beim Tod des Mannes, vgl. z.B. die Geschichte der Ruth und die von Juda und Tamar) zu tun? Hängt nicht generell das Verschwinden Josefs aus der Jesus-Geschichte hiermit zusammen (wie auch die Geschichten der Frauen im Stammbaum Jesu und in den Evangelien: neben der Mutter Jesu die Frauen, die ihn begleiten, insbesondere Maria Magdalena, Martha und Maria, die Mutter des Jünglings von Naim, die „große Sünderin“, die Frau, die an Blutfluß leidet, die Ehebrecherin, die Samariterin)?
    Falle und Fall; Garn, Grube (Jeremias) und Kelch: Symbole des Inertialsystems, des Geldes und der Bekenntnislogik?

  • 19.1.1995

    „Pleiten, Pech und Pannen“: Lachen tötet einen Gedanken, widerlegt ihn aber nicht. Dieser Satz gehört in den Kontext
    – einer Kritik der subjektiven Formen der Anschauung (Lachen ist Grund der Form des Raumes im Subjekt; die objektivierende Wirkung beider ist identisch),
    – der Rekonstruktion der Idee der Wahrheit,
    – der Kritik des Naturbegriffs (der Naturbegriff leugnet die Auferstehung),
    – der Kritik des Dogmas (durch ihre Verurteilung wurden die Probleme, die in den Häresien sich anzeigten, nur verdrängt, nicht aufgelöst; sie sind zur kritischen Masse im Innern des Dogmas geworden, die heute die Theologie zu sprengen droht: die Orthodoxie als Auslachen der Offenbarung),
    – der Begründung der politischen Unwirksamkeit der Karikatur und des Kabaretts,
    – der Kritik des Rechts (Urteil und Strafe als Mittel der projektiven Verarbeitung der eigenen Strafbedürfnisse).
    Lachen unterdrückt die Kraft der Erinnerung und fördert das Vergessen. Die Kritik des Lachens ist ein Teil der Kritik der Gewalt.
    In der Nacht sind nicht nur alle Katzen grau: Die projektiven Formen der Erkenntnis, zu denen es unterm Bann des Weltbegriffs keine Alternative gibt, schaffen die Finsternis, verdunkeln die Welt; Ausdruck dessen ist der Begriff der Materie. Instrument der projektiven Erkenntnisformen ist das Inertialsystem, in seinem Kern die mathematische Form des Raumes (als Instrument der Neutralisierung der Gottesfurcht, der Umkehr und der Barmherzigkeit Folge und Korrelat einer Opfertheologie, die auf den Begriff einer entsühnten Welt abzielt).
    Die Form des Raumes ist das objektive Korrelat des Kelchsymbols.

  • 2.1.1995

    Was bedeutet es, wenn die Erlösung in der hebräischen Bibel im Bilde der Geburt (mit vorausgehenden Geburtswehen) und im Neuen Testament im Bilde der Hochzeit vorgestellt wird?
    Das Bild des Gehorsams im Sinne des evangelischen Rates ist nicht der Soldat, der einen ihm gegebenen Befehl ohne nachzudenken ausführt, sondern der Säugling, der mit gespanntester Aufmerksamkeit der Mutter die Worte, die er noch nicht versteht, vom Munde abzulesen und zu verstehen versucht. Ein Stück dieses „Gehorsams“, das eigentlich ein Hören ist, steckt in der großen Musik, und zwar auf der Seite ihrer Hervorbringung, nicht ihres „Genusses“.
    Die veräußerlichte Sexualmoral zerstört die Sensibilität im Kern durch die Verführung zum projektiven Urteil; sie ist der Quellpunkt der „Kultur der Empfindlichkeit“ (war das nicht schon in der Geschichte vom Sündenfall in dem Satz: „Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten, daß sie nackt waren“ gemeint?).
    Die Logik, die der Vorstellung vom Privileg des Opfers zugrundeliegt, ist die Falle, in die der Antisemitismus gerät, wenn es ihm nicht gelingt, seinen Anteil an der Tat ohne Rechtfertigungsversuche zu begreifen. In diese Falle ist die Kirche mit der Opfertheologie und der Vergöttlichung Jesu schon in ihrem Ursprung hineingeraten; sie hat sich bis heute nicht daraus befreien können, mehr noch: sie ist selber zu dieser Falle geworden. Dieser Logik sind die schrecklichen Konkurrenzkämpfe zu verdanken, in denen die Opfer darum streiten, welchem Leiden, welchem Unrecht die höhere Ehre zusteht (Juden, Ausländer, Frauen, die Armen hier und in der dritten Welt, das Proletariat).
    Sind nicht die Zwei-Naturen- und die Drei-Personen-Lehre Konstrukte der Opfertheologie (wie der Naturbegriff und der Begriff der Person überhaupt)?
    Der Deus Sabaoth, ist das nicht der Herr der Astrologie?
    Es gibt zwei Versuche der Verarbeitung der mythischen Schicksalsidee: den theoretischen der Philosophie und den praktischen des gesetzlich verfaßten Rechts. Aber beide reproduzieren die Logik des Mythos. Der (rechtliche) Begriff der Sühne ist eine Emanation sowohl der Schicksalsidee als auch des Begriffs.
    Daß die Natur den Begriff nicht halten kann, heißt doch auch, daß der Begriff das Innere der Natur nicht erreicht, daß er der Natur äußerlich bleibt: Ist nicht die Natur ihrer eigenen Definition nach das Äußerliche des Begriffs? Was der Begriff im „Innern der Natur“ vorfindet, ist nur die Projektion seiner selbst.
    Der Naturbegriff konstituiert sich in der Konstellation Im Angesicht / Hinter dem Rücken; erst mit der Einbeziehung des Lichts in den Objektivationsprozeß reproduziert sich die Beziehung Rechts / Links im Konstitutionszusammenhang des naturwissenschaftlichen Objekts (konstituiert sich der Objektbereich „jenseits der Lichtgeschwindigkeit“).
    Mit dem Begriff des Anthropomorphismus wurde die Barmherzigkeit storniert.
    Sind die indoeuropäischen Sprachen nicht undialogisch, und ist das nicht eine Folge ihrer Subsumtion unter die Logik der Schrift? Ist nicht die Neutralisierung der zweiten Person (der Quellpunkt der Sexualmoral) ein Indiz dafür? In den indoeuropäischen Sprachen hat das Personalpronomen der zweiten Person nur noch deiktischen Charakter; die zweite Person hat ihr Antlitz eingebüßt und ist so überhaupt erst zur Person (zur Maske) geworden. Mit der Neutralisierung der zweiten Person zum Du dringt die Welt in die Logik der Sprache ein.
    Das Lachen ist die verweltlichte, vergesellschaftete, desensibilisierte Freude.
    Die Logik der Schrift ist die Logik des Autismus; die indoeuropäischen Sprachen haben (mit dem Begriff des Wissens) diese Logik in ihre Struktur im aufgenommen.
    Hat der Turm von Babel etwas mit dem Schuldturm zu tun? Welche Funktion und welche Bedeutung haben die Türme in der Schrift?

  • 5.10.1994

    Das Objekt des Vorurteils ist aufgrund seiner Apriorität unzerstörbar (und der Antisemitismus aus diesem Grunde unbelehrbar).
    Das Problem des falschen Propheten findet seine Lösung in der Unterscheidung zwischen der Erfüllung der Schrift (der „Unheilsprophetie“) und der Erfüllung des Wortes („Heilsprophetie“). Die „Unheilsprophetie“ ist aufgrund ihrer Beziehung zur Logik der Schrift grundsätzlich wahr (kann jedoch durch das Erbarmen Gottes „enttäuscht“ werden); die „Heilsprophetie“ ist nur dann wahr, wenn „das Wort sich erfüllt“. In dieser Konstellation findet das Bild des Tieres vom Lande seine Lösung.
    Scham ist die Innenerfahrung des Witzes (die Erfahrung, die das Objekt eines Witzes mit dem Witz macht). Sensibilität ist die Fähigkeit, diese Innenerfahrung des Witzes zu reflektieren.
    Die Idee des Parakleten gründet in der Umkehr der Logik des Witzes: Ihre Intention ist die Verteidigung des Objekts, über das gelacht wird, gegen das Kollektiv der Lacher (gegen die Welt). Zur Idee des Parakleten gehört der Satz: Aufgrund der Asymmetrie zwischen mir und den anderen ist Selbstverteidigung nur über die Verteidigung des andern erlaubt.
    Steckt nicht in jedem objektivierenden Verfahren, in der Konstitution des Objekts selber, etwas von dem Auslachen, gegen das die Idee des Parakleten sich richtet?
    Die Idee des Absoluten hat die Verinnerlichung der Scham zur Grundlage; über die Verinnerlichung der Scham ist die Idee des Absoluten an den Weltbegriff gebunden. Wittgensteins Satz: Die Welt ist alles, was der Fall ist, verweist auf diese Konstellation.
    Die List der Vernunft gehört zu den Konstituentien der Idee des Absoluten. Wer den Realgehalt dessen, was Hegel die List der Vernunft nennt, begreifen will, muß den Argumentationsstil Kohls (unter Einschluß der Elemente der Selbstinszenierung: von der Versöhnung über den Gräbern bis hin zum bedenkenlosen Gebrauch der Gemeinheit) untersuchen.
    Wie wär’s mit dem schönen Titel: In vierzig Tagen wird Ninive zerstört?
    Als Adam sich unter den Bäumen des Gartens versteckte, da schämte er sich. Stammten diese Bäume vom Baum der Erkenntnis?
    Der Takt verbietet es, im Hause des Mörders vom Opfer zu sprechen: Dieser Takt war der Grund, aus dem der Begriff der Kollektivscham hervorgegangen ist (Kohl: Es gibt Wichtigeres als Solingen).
    Zur Feste des Himmels: Kann es sein, daß Gott keine „Rückseite“ hat, daß es diese „Rückseite“ nur für uns gibt: Sie fällt zusammen mit der Idee des Absoluten : mit dem Schatten, den das Subjekt auf Gott wirft (mit der Spiegelung Gottes in der Logik der Schrift).
    Wie hängen die Idee des Absoluten, die Feste des zweiten Tages und die Gestalt des Elias (des Vorläufers des Messias) miteinander zusammen?
    Das philosophische Subjekt, Korrelat des Weltbegriffs, ist ein Produkt der Logik der Schrift.
    Das Richtige unterscheidet sich von der Wahrheit durch seine Beziehung zu anderen; im Falle des Richtigen ist diese Beziehung eine konstitutive, im Falle der Wahrheit eine regulative Beziehung. Beide unterscheiden sich wie die Lüge und das falsche Zeugnis (wie Schrift und Wort).
    Der ungeheure Gedanke, daß Gott meine Schuld gegen andere nicht vergeben kann, daß er deren Vergebung nicht antizipieren kann, verweist auf den Tabestand, der dem Lösen zugrunde liegt. („Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dort eingedenk wirst, daß dein Bruder hat etwas gegen dich hat, …“ Mt 523). Ist das Bußsakrament nicht eine ungeheure Anmaßung: werden hier nicht die Opfer ihrer Kraft zu vergeben, die der Grund ist, daß ihnen selbst vergeben wird, enteignet? – Haben die sieben unreinen Geister nicht tatsächlich etwas mit den sieben Sakramenten zutun?
    Die Philosophie beschreibt den Akt des Heraustretens aus dem Bann des Mythos. Wäre der letzte Akt der Philosophie nicht der ihrer Selbstauflösung: der des Heraustretens aus dem mythischen Bann der Logik der Schrift? Dazu bedarf es der Hilfe der Theologie: beide können diesen Schritt nur gemeinsam gehen.
    Die Opfertheologie war der Preis für die theologische Rezeption des Weltbegriffs; die Höllenvorstellung, die Vorstellung von der Ewigkeit der Höllenstrafen, der Preis für die Rezeption des Naturbegriffs (die projektive Verarbeitung des Feuers).
    Haschamajim: Die Sintflut ist das Realsymbol der Verinnerlichung des Schicksals (der Überflutung der Objektivität durch die Fluten des Begriffs); sie repräsentiert den Wasseraspekt der Geschichte der Aufklärung. Die Verinnerlichung der Scham (die Geschichte des Ursprungs und der Entfaltung der Raumvorstellung) und ihr gegenständliches Korrelat, die Verdinglichung der Welt, repräsentiert die Vorgeschichte des Feuers: Die Erfüllung der Logik der Schrift als Vorgeschichte der Erfüllung des Worts. „Ich bin gekommen, Feuer vom Himmel zu holen, und ich wollte, es brennte schon.“
    Die spontane Reaktion auf die ersten Meldungen über Auschwitz: „das wird sich einmal rächen“, ist wahr geworden im Begriff der Kollektivscham. Ralph Giordano wäre dahin zu korrigieren: Nicht die Zweite Schuld bezeichnet den Kern der Nachkriegsentwicklung, sondern die zweite Intrumentalisierung der Schuld im Begriff der Kollektivscham. Die Erfindung der Kollektivscham war der schreckliche Versuch der Naturalisierung der Schuld, der Versuch, die Pforten der Hölle endgültig und ausweglos zu schließen. Sie war der Greuel al heiligen Ort.
    Erst die Reflexion der Scham macht die Theologie zu einer experimentellen Wissenschaft.
    Die Apokalypse des Johannes ist kein Schauspiel, nicht durch die ästhetische Objektivitätsgrenze von der Gestalt des Zuschauers getrennt. Wir stecken mitten drin wie Jonas im Bauch des Fisches. Auch die Apokalypse ist aus dem Bann der Logik der Schrift zu befreien. (Ist nicht der Fisch ein Sprachsymbol: ein Symbol der Logik der Schrift? Und ist der Fisch, das große Seeungeheuer, das Zweitgeschaffene, wie die Logik der Schrift das eigentlich apokalyptische Symbol: die Logik der universalen Vergegenständlichung?)
    In der Astronomie gilt – wie im Recht -, daß das Nichtbeweisbare nicht existiert (Folge der ästhetischen Beziehung zur Sternenwelt). Gilt der die Grenzen des Rechts definierende Satz: Gemeinheit ist kein strafrechtlicher Tatbestand, auch für die Astronomie (und in ihrer Folge für die modernen Naturwissenschaften)? Die Grenzen der Beweislogik widerlegen sie nicht, aber sie machen die Beweislogik reflexionsfähig und das, was durch die Beweislogik ausgeschlossen wird, doch noch erkennbar. Vor allem ist jeder Versuch, die Beweisgrenzen zu schließen, auf seine Haltbarkeit und auf seine Nebenwirkungen zu prüfen.
    Beweislogik und Verdinglichung: Das deiktische Element im bestimmten Artikel ist ein Produkt der Beweislogik. Dagegen hat die negative Dialektik das mikrologische Verfahren der Reflexion zu mobilisieren versucht.
    Hitlers Wort, daß die Masse ein Weib ist, knüpft an die merkwürdige Beziehung des Femininum zum PLural an (die gleiche Beziehung, die auch im Begriff der Materie sich ausdrückt).
    Die Logik der Schrift, deren Ursprung an der Hegelschen Analyse des Hier und Jetzt (in der Phänomenologie des Geistes), sich demonstrieren läßt, entfaltet sich in der Vorstellung des Inertialsystems, gewinnt in ihr ihre ungeheure abstraktive Gewalt. Sie ist der Grund des Abstraktionsprozesses, der (über die Opfertheologie) in der Geschichte der naturwissenschaftlichen Aufklärung sich vollendet.
    Die Angst, den Boden unter den Füßen zu verlieren, ist das erste (und notwendige) Resultat der Kritik des Inertialsystems (und der Opfertheologie: der Vorstellung, daß die Welt durch den Kreuzestod Jesu entsühnt worden sei). Der Versuch, dieses Gefühl durch durch die Vorstellung, „in Gottes Hand geborgen“ zu sein, zu unterdrücken, ist der Kern der Verführung durchs Herrendenken.
    Die Kritik der Naturwissenschaft findet ihren Hauptwiderstand an der nie reflektierten pseudotheologischen Begründung des naturwissenschaftlichen Erkenntnisbegriffs (an ihrem Zusammenhang mit der Opfertheologie).

  • 19.9.1994

    Das Lachen ist die Finsternis über dem Abgrund wie auch die dem Feind zugewandte Seite der Bekenntnislogik, die mit dem Feindbild zugleich den Inhalt des Bekenntnisses stabilisiert (Beziehung zur Opfertheologie). Das Lachen gehört ebenso wie die hierarchische Grundordnung, zu der es gehört, zu den Konstituentien einer durch Gewalt bestimmten Welt. Das Lachen steht in einem Systemzusammenhang mit dem Problem der Souveränität (Carl Schmitt); es definiert die Grenze zwischen dem Eigentlichen und dem Uneigentlichen, die Bei Heidegger als Produkt einer reinen Dezision („Entschlossenheit“) sich erweist. Das Stück Irrationalität, die Lücke, die das Lachen (der Dezisionismus) überbrücken soll, ist die systemische Lücke der Beweislogik. Nicht zwar überbrückt, wohl aber ausgelotet wird diese Lücke durch die theologische Idee der Barmherzigkeit, ohne die es eine Schöpfungslehre und die Lehre von die Lehre von der Auferstehung nicht gibt: sie sprengt den Natur- und Weltbegriff, indem sie die Trennung beider, die der eigentliche Grund des Lachens ist, aus dem Bann des Absoluten erlöst. Während im Schrecken (im „Grauen um und um“) die Schrift sich erfüllt, erfüllt sich das Wort in der Erlösung von diesem Bann. Die gesamte christliche Tradition hat die Erfüllung des Wortes mit der Erfüllung der Schrift verwechselt: Diese Verwechslung war der Kelch, von dem Jesus wünschte, er möge an ihm vorübergehen.
    Man kann Carl Schmitt nicht widerlegen, wenn man die Lücke, die er mit seinem Begriff der Souveränität zu schließen versucht, bloß leugnet (vgl. Krockow).
    Der Paulinismus hat mit dem Namen des Gesetzes (der in der Logik der Schrift gründet), die Erinnerung an die Lehre (die Voraussetzung der Erfüllung des Worts) gelöscht und nur deren Leichnam, das Dogma und die Eucharistie, übrigbehalten.
    Hat Joachim Ritter nicht recht, wenn er das Lachen als ein Ingrediens des Weltbegriffs begreift? Das Lachen ist das Instrument der Trennung von Welt und Natur: Mit dem Lachen hält die Welt sich die Natur vom Leibe. Die Sprache bewegt sich nur noch in der zweiten Natur der Subjektivität, sie reicht an die erste nicht mehr heran (wie in Habermas‘ Kommunikationstheorie).
    Aber Ritters Begriff der Subjektivität ist das Zeichen der Kapitulation vor der sprachfremden Objektivität, des Verzichts darauf, diese Objektivität mit der Vernunft zu durchdringen.
    Joachim Ritter übersieht den blutigen Ernst des Lachens, seine doppelte Beziehung zum Mord, in dem es sowohl gründet als auch endet.
    War nicht das homerische Lachen der Götter Ausdruck der Auseinandersetzung mit dem Schicksal: die Subjektivierung des Lachens war ein Nebeneffekt der Verinnerlichung des Schicksals (und des Ursprungs einer Gottesidee, zu der die Vorstellung gehört, daß Gott seiner nicht spotten läßt: Modell des heute vergesellschafteten Instituts der „Majestätsbeleidung“).
    Ist der Mond die astronomische Verkörperung des Lachens? Das würde begründen, weshalb Hunde den Mond anbellen. (Und der Zyklus der Frauen hängt mit dem Mondzyklus zusammen.)
    Gibt es innersprachliches Äquivalent jener Engel-Kosmologie, die die Paulus-Briefe auszeichnet (und u.a. in der kirchlichen Liturgie, in der Präfation, erscheint)? Ist das kreisende Flammenschwert des Kerubs vorm Eingang des Paradieses die Verkörperung des Lachens (JHWH thront auf den Kerubim)?
    Wenn Jesus nicht gelacht, dafür aber die Dämonen ausgetrieben hat, so ist das das genaueste Symbol der Erfüllung des Wortes.
    In ihrer mystischen Tradition haben die Juden versucht, das Wort aus seiner Verstrickung in die Logik der Schrift zu befreien, während die christliche Tradition das Wort erneut der Logik der Schrift unterworfen hat.
    Ist nicht das Deutsche die vollendete Entfaltung der Logik der Schrift? Und sind davon nicht die deutsche Klassik, die deutsche Musik und die deutsche Philosophie der vollendetste Ausdruck? Daß bei Schelling die Zukunft „geahndet“ wird (und nicht, wie es nach der Entfaltung des Weltbegriffs allein noch möglich ist, erinnert), ist hierzu ein Schlüsselwort: Spökenkieker mögen die Zukunft „ahnen“, geahndet wird nur die Schuld, in deren Zusammenhang die Zukunft mit dem entfalteten Weltbegriff irreversibel sich verstrickt.
    Vgl. die Vermutung Gunnar Heinsohns, daß Darius (der Erfinder des gemünzten Geldes) der biblische Hammurabi ist (der erste, der das Recht der Logik der Schrift subsumiert, es zum Gesetz gemacht hat). Gegen das persischen Reich waren in der Tat das assyrische und das babylonische nur Vorstufen.
    Hat der Ursprung und die Geschichte der Beichte etwas mit dem Ursprung und der Geschichte des Geldes (Heinsohn) zu tun? Auch hier wurde die Schuld in kleine Münze umgeformt, die am Ende als ganze eingefordert werden wird (Ursprung und Geschichte der Schuldknechtschaft, Geschichte der Banken).
    (Liegt „meiner“ Interpretation der Geschichte der drei Leugnungen die matthäische Version zugrunde?)
    Das typologische Schriftverständnis müßte im Kontext einer Kritik der Philosophie (einer Kritik der Geschichte der Logik der Schrift) sich sprachlogisch begründen lassen.
    Nur die Schriftreligionen sind Weltreligionen.
    Heute machen sich die Bücher mit dem Weltgericht gemein (mit wenigen Ausnahmen). Der Hegelsche Weltgeist ist das durch die Logik der Schrift gekreuzigte, gestorbene und begrabene Wort.
    Mit dem Übergang vom Märtyrer zum Confessor, der dann die Geschlechtertrennung der Heiligen (den Ursprung der „Virgo“) nach sich gezogen hat, ist das Zeugnis der Wahrheit, das vorher das des Martyriums war, vergeistigt worden zur confessio: Hierdurch ist die Wahrheit in die Logik der Schrift zurückgenommen, in ein Herrschaftsmittelt umgeformt (und patriarchalisiert) worden. Die Logik der Schrift ist die Logik der Instrumentalisierung (oder auch die Logik der Vergegenständlichung, des Weltbegriffs).
    Reflektieren nicht die Grammatiken allesamt den Punkt, an dem die Sprachen zu Schriftsprachen geworden sind?
    Das Substantiv ist der Verdunkelungspunkt der Grammatik, das schwarze Loch, das alle Erkenntniskraft der Sprache in sich aufsaugt und nicht mehr herausläßt.
    Wie kommt es, daß in den modernen romanischen Sprachen (mit Ausnahme des Rumänischen) tendentiell das Neutrum wieder entfällt?
    Gründet das Neutrum in der Angleichung von Ja und Nein (Ursprung der Reflexionsbegriffe).
    Gehört nicht zur Bekenntnislogik als ihr Kern das Opfer der Vernunft? Der Ausgleich ist das Feindbild (Ursprung des Weltbegriffs).
    Korruption und Verschwendung der Regierenden steigen mit der Not des Volkes.
    Ist nicht jeder Staatskapitalismus zum Untergang verurteilt, sobald er beginnt, die agrarische Produktion zu vergesellschaften; liegt nicht hier die Quelle der Paranoia aller „sozialistischen“ Diktaturen, und gründet nicht hier der Mechanismus, der sie zwingt, am Ende von der eigenen Substanz zu leben? Und sind das nicht zugleich drastische Beispiele für die Folgen der Bekenntnislogik, die unvermeidbar waren, nachdem Kritik in ein Herrschaftsmittel verwandelt (der historische Materialismus zur Ideologie) wurde: für die Folgen Instrumentalisierung der Sprache, der Trennung einer sprachfreien Realität von der subjektivierten Sprache?
    Der Wohlgesonnene ist für den Nationalgesinnten ein Sympathisant.
    Der Staat gründet im Urteil, und das Gewaltmonopol des Staates ist das Prinzip der Selbstzerstörung der Sprache.
    Der Grund, aus dem jede Ästhetik erwächst, ist die Reflexion. Auf diesem Boden von „realer Gegenwart“ zu sprechen (George Steiner) heißt: den Schein hypostasieren.
    Der Satz „Das Eine ist das Andere des Andern“ fixiert mit der Konsequenz, die Hegel daraus zieht, den Blick des Anklägers und treibt die Barmherzigkeit aus (die jeder Ankläger mit den Dämonen verwechselt). Die Welt ist der Inbegriff der verandernden Kraft, und deren Repräsentanten im Subjekt sind die subjektiven Formen der Anschauung (und deren objektiver Grund wiederum ist die Logik der Schrift).
    Zu Begriff der Spekulation: Das Subjekt, das sich in der entfalteten Reflexion zu verlieren droht, bedarf des Absoluten als eines Spiegels, in dem es sein Selbst entdeckt und wiedergewinnt. Dieses Absolute ist Subjekt, Gegenstand und Produkt der Spekulation. Der Grund, aus dem es hervorgeht und erwächst, ist der Schein. Bezieht sich hierauf nicht das Bild von der Konstellation Schlange, Adam und Staub (die Schlange frißt den Staub, den Adam produziert)? Der Dezisionismus, der nicht zufällig in der Lehre von der Souveränität gründet, ist das unfreiwillige Schuldeingeständnis des Absoluten. Und die Idee des Absoluten ist das Denkmals des philosophischen Erbes der Theologie. Durch die Idee des Absoluten ist die Theologie auf eine höchst ironische Weise zur Magd der Philosophie geworden.
    Kopernikanisches System und Fernsehen: Das Inertialsystem ist die Schaubühne, auf der wir Autor, Regisseur und Schauspieler in einem sind, nur daß wir es am Ende als Zuschauer nicht mehr merken.
    Verkehrte Welt: Der Weltbegriff ist die Einheit der Gegenständlichkeit des Wissens mit der Subjektivität der Natur.

  • 11.9.1994

    „Männer beten für das Ende der Sünder; Frauen für das der Sünde – nur so geschieht die Umkehr der Sünder.“ (b Ber 10a, zit. nach L. Schottroff, S.170, Anm. 269) – Ist das Patriarchat der genaueste Ausdruck der Logik der Schrift?
    Die Schrift ist das Medium des Denkens anderer; darin aber gründet die Logik des Urteils, die mit der Schrift entspringt und im Weltbegriff sich entfaltet. Kern der Logik der Schrift ist die Urteilsform. Die Unfähigkeit zu kritischer Kommunikation gründet in der autoritären Beziehung zur Schrift, in der die Schrift (und mit ihr die Welt) anstatt zum Feld der Suche nach der Wahrheit, zum Urteil über den Lesenden/Hörenden („Gehorchenden“) wird. Die erste vergegenständlichte Gestalt der autoritären Beziehung zur Schrift (die erste Objektivierung der Urteilsform) war die Schicksalsidee, während die Prophetie die Kritik der Logik der Schrift in der Schrift gegen die Schrift entfaltet („Spruch des Herrn“). Die zweite Gestalt war der Dingbegriff: Die Objektvorstellung gründet in der Logik der Schrift.
    Kreuzweg: Grundlage der Instrumentalisierung des Kreuzestodes in der Opfertheologie war die Ausblendung des politisch-ökonomischen Hintergrunds und die Fixierung auf das physischen Ereignis.
    Die Philosophie ist die Protokollführung der Herrschaftsgeschichte.
    Wäre nicht das prophetische Votum für die Armen und die Fremden heute zu ergänzen durch das Votum für die Frauen? Nur: Während das Votum für die Armen und die Fremden gleichsam ein allgemein-menschliches Votum ist, ist das Votum für die Frauen in erster Linie die eigene Sache der Frauen. Gibt es hier einen Zusammenhang mit dem Becher der Unzucht der Hure Babylon?
    Mit dem Staub, aus dem Adam geworden ist, und zu dem er wieder werden wird, nährt sich die Schlange: Sie nährt damit ihre Klugheit (sie war das klügste aller Tiere des Feldes)?
    Ist nicht der Inhalt des Spekulativen bei Hegel das Selbst: Ist das Absolute nicht der an der Logik der Welt sich spiegelnde Narziss, der autistische Gott?
    Haben die Hegelschen Volksgeister nicht eine Affinität zu den Arten der Tiere, die nach Hegel ein Beweis dafür sind daß die Natur „den Begriff nicht halten“ kann?
    1 Kön 13: Eine hochsymbolische Geschichte (von den beiden Propheten). Beziehungen zum Buch Jonas?
    Ist die Flexion (Deklination und Konjugation) der Gegenstand der Reflexion?
    Durch das System der Deklinationen wird das Wort unter die Herrschaft des Inertialsystems gebeugt (wird die Welt zu „alle(m), was der Fall ist“).
    Zum bestimmten Artikel: Ist der bestimmte Artikel (die demonstrative Beziehung des Begriffs auf sein Objekt) nicht überhaupt der Katalysator der Deklination? Und gehört nicht zu dem et haschamajim w’et ha’arez im ersten Satz der Genesis das tohu wa bohu im zweiten Satz?
    Sprache und Schrift: Verdankt sich nicht die grammatische Durchbildung und Artikulation der Sprache der Schrift? So ist die hochdeutsche Sprache durch die Bibelübersetzung Luthers entstanden (und in unvergleichlicher Weise theologisch instrumentiert worden).
    Die res der lateinischen Sprache ist die res publica. Erst mit der lateinischen Sprache hat die griechische Naturphilosophie ihr Objekt verloren, das sie dann als Theologie wiedergefunden zu haben glaubte. Unterm Zwang der Logik des Weltbegriffs und der Bekenntnislogik ist sie zur Quelle der modernen Naturwissenschaften geworden.
    Erinnert Hegels Begriff des Prozesses nicht sowohl an das procedere, den Fortschritt, als auch an das juristische Verfahren der Urteilsfindung (mit Ankläger, Angeklagtem, Verteidiger, Zeugen und Richter)? Der juristische und der szientifische Beweis haben nicht zufällig den gleichen Namen.
    Hegels Hinweis auf die Doppelbedeutung des Wortes Geschichte begründet seine Prämisse, daß es Geschichte erst seit der Geschichtsschreibung gibt. Was als Geschichte vergegenständlicht wird, ist durch die Schrift „ursprünglich“ objektiviert worden: Die Schrift ist der erste Zeuge der historischen Taten und Ereignisse (dem später erst die anderen, dinglichen Zeugnisse der Architektur, der Kunst und der Archäologie zur Seite gestellt werden).
    Bezeichnen die Objekte der Schöpfung: die Himmel und die Erde, die großen Seetiere und am Ende die Menschen, nicht drei Stufen einer Schöpfung, die insgesamt als Abfolge von Katastrophen und Rettungen zu begreifen wäre (und nicht als souveräne Tat eines gewaltigen, allmächtigen Schöpfers)?
    Die drei Leugnungen sind Stufen der Identifikation mit dem Aggressor (die drei Katastrophen, die der Menschwerdung: der Erscheinung des Menschensohns, vorausgehen): Insofern haben sie etwas mit der Beziehung von Lachen und Weinen (er ging hinaus und weinte bitterlich) zu tun.
    Hat Behemoth etwas mit der Geschichte der Hysterie (Christina von Braun: Nicht-Ich) zu tun (das vom Pharao gejagte Chaos-Tier mit im Sklavenhaus heimatloser Barmherzigkeit)?
    Das Gebot der Barmherzigkeit reinigt die Liebe von ihrer Ohnmacht gegen die Verführung durchs Selbstmitleid (im Wunsch geliebt zu werden erstickt die Fähigkeit zu lieben).
    Greuel am heiligen Ort: Die homousia ist die Nadel, mit der der zarte Schmetterling der Gotteserkenntnis aufgespießt, hinter Glas gesetzt und (als verdinglichte Trinitätslehre) dem blinden Anschauen preisgegeben worden ist.
    Sind die subjektiven Formen der Anschauung nicht Produkte der Potenzierung der Verstockung: das eiserne anstelle des hölzernen Jochs (Jeremias und Hananja)? Vgl. das Stichwort „eisern“ in der Stuttgarter Wortkonkordanz, Bibel von A – Z.
    Das Joch symbolisiert sowohl die Last der Herrschaft als auch die des Begriffs: vgl. im NT auch das Kreuz und die Sünde der Welt (Mt 1129.30, Mt 1038 und 1624, Joh 129). Der Weltbegriff „befreit“ von der Last des Joches durchs Schuldverschubsystem (der Weltbegriff ist der Inbegriff der vergesellschafteten Welt). Dagegen richtet sich das Wort von der Sünde der Welt, das zum Nachfolgegebot gehört. Für diese Last gilt das Wort: Mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht. Vgl. Rosenzweig: Nur wer die Last auf sich nimmt, befreit sich von ihr.
    Herrschaftskritik eröffnet die Erinnerungsfähigkeit und sensibilisiert zugleich (erlöst die Moral vom Bann der Moral).
    Gerichtssprache und Hoffnungssprache sind ineinander verschlungen: Die Hoffnung für die einen ist das Gericht über die andern. Hierzu gehört eine Vorstellung des Jüngsten Gerichts, in der es als Gericht der Barmherzigkeit über das gnadenlose Weltgericht zu begreifen wäre. (Vgl. Schottroff, S. 230)
    Die Kopenhagener Schule ist die apokalyptische Weiterbildung der Einsteinschen Prophetie.
    Das Buch des Lebens: Heißt das nicht, daß wir am Ende in der Natur das entschlüsselte Buch der Geschichte lesen werden?
    Der Weltbegriff, Korrelat des Selbsterhaltungsprinzips und Produkt seiner Logik, rückt die Armen, die Fremden und die Frauen ins Dunkel, er ästhetisiert die Geschichte, transponiert sie in den Kontext des Inertialsystems, dem er durchs Relativitätsprinzip verbunden ist, durch das der logische Rahmen der Gegenwart zum Existenzrahmen der so ästhetisierten Geschichte (die Geschichte selbst zu einem Gegenstand der Vorstellung) wird. Der Weltbegriff immunisiert die Geschichte gegen die Erinnerung.

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