Nach Kants Definition des Erhabenen ist der Islam die Religion der Erhabenheit.
Notwendig wäre die Rekonstruktion und Reflexion des Mechanismus, der bewirkt, daß ebenso, wie die Verurteilung des Faschismus den Schrecken nicht auflöst, die Verurteilung der Kirche nicht den Weg zum richtigen Leben eröffnet.
Es gibt zwei Wege, die versprechen, dem Schuldzusammenhang zu entrinnen: den der Abstraktion (der zu seiner Absicherung der Mechanismen der Projektion und des Schuldverschubsystems, mit einem Wort: der Verurteilung, sich bedient) und den der Reflexion. Nur der zweite hält, was er verspricht.
Die Sünde der Welt auf sich nehmen, das heißt auf das Mittel der Projektion und der Verurteilung verzichten. Das setzt die Fähigkeit zur Reflexion des Schuldverschubsystems voraus. Der Kreuzestod ist der Beweis dafür, daß die Rücknahme der Projektion (die „Umkehr“) kein bloß subjektiver Akt ist.
Nimmt nicht in Hegels Rechtsphilosophie der Begriff des Eigentums die Stelle ein, die in seiner Logik der Begriff des Seins einnimmt?
Haben Sonne, Mond und Saturn etwas mit den drei Abmessungen des Raumes zu tun, und Jupiter, Mars, Merkur und Venus etwas mit den vier Himmelsrichtungen?
Sind nicht die Planetenbahnen, zu denen auch die Bahnen der Sonne, des Mondes und des Saturn gehören, die „Wege des Irrtums“ (und ist der Saturn, und nicht die Sonne, der Planet der „Ruhe“)?
Ist das heliozentrische System (das anstelle des Saturn die Sonne ins ruhende Zentrum setzt) nicht der Beweis, daß die Wege der Planeten (die Wege des Irrtums) die Wege in der Finsternis sind, ist nicht das heliozentrische System selber diese Finsternis: das Reich des Hades, die „Unterwelt“? Vgl. hierzu die symbollogischen Phantasien Swedenborgs, der die Toten auf den Planeten ansiedelt, und dazu die irreführende Einbildungskraft Dantes, die auf die irischen Ursprünge der mittelalterlichen Vorstellungswelt des Christentums zurückweist: einer theologischen Vorstufe des heliozentrischen Systems (vgl. Le Goffs Essay über das Fegfeuer, ein erster Hinweis auf die „irische Revolution“ des Christentums, die die Planetenwelt theologisch neutralisiert und den Hades: die Hölle und das Fegfeuer, ins Innere der Erde verlegt hat; gibt es hierzu nicht deutliche Spuren und Hinweise beim Johannes Scottus Eriugena, z.B. in der Logik seines Naturbegriffs, die, in der Folge des Hierarchie-Theoretikers Pseudodionysius Areopagita, die Oben-Unten-Beziehung auf den Kopf gestellt und eindimensional, irreversibel gemacht, damit der neuen Gestalt der Naturbeherrschung den Weg eröffnet hat, die Planetenwelt dagegen, das Reich der paulinischen Archonten und Elementarmächte, zum himmlischen Vorbild und Modell der irdischen – der politischen wie der kirchlichen – Hierarchien gemacht hat)? – NB: Wann erfolgte die Richtungsumkehr in der Merkaba-Mystik, wann wurde der Abstieg zum Aufstieg?
Als der Auferstandene zum sol invictus wurde, wurde Kohelet zum Grundtext des kirchlichen Selbstverständnisses: Es gibt nichts Neues unter der Sonne.
Ist das kopernikanische System die ausweglose Vollendung der „Augenlust“ (beachte hierzu Kants Lustbegriff), die politische Ökonomie die Verkörperung der „Fleischeslust“, das Produkt der Vereinigung beider hingegen die „Hoffahrt des Lebens“ (1 Joh 216)? Und bezieht sich nicht der evangelische Rat des Hörens (nicht des „Gehorsams“) auf die Augenlust, der Rat der Armut auf die Fleischeslust und der Rat der Keuschheit auf die Hoffahrt des Lebens?
War nicht in der Tat das proton pseudos der kirchlichen Neuorganisation der Woche, daß die Kirche den Sabbat durch den Sonnentag ersetzt, den Sonntag zu dies dominca gemacht, damit aber die Gottesfurcht durch die Herrenfurcht ersetzt hat?
Wie hängen Passah, das Opfer des Lammes, der Sabbat, die sieben Tage der ungesäuerten Brote und der Exodus mit Abendmahl, Kreuzestod und Auferstehung zusammen?
Sind nicht die Texte der „katholischen Briefe“ allesamt apokalyptische Texte und die der Paulinischen Briefe Texte des Aufschubs?
Jugoslawien und Nordirland: Gibt es nicht Aufgaben der Ökumene, die wichtiger wären als die Verteilung der Karrieren in den bestehenden kirchlichen Hierarchien?
Wie verhalten sich die beiden Sätze zueinander: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder“ und „… die ihre Kleider im Blute des Lammes gewaschen haben“, wie verhält sich die Rache zu Sündenvergebung? Bezieht sich die Vorstellung von der „reinigenden“ und „erlösenden“ Kraft des Blutes auf das Opfer oder auf die Nachfolge?
Unmittelbar nach dem Kriege gab es in der Kirche die Furcht: Das wird sich einmal rächen. Ist diese Furcht nicht auf eine ungeheuerliche Weise wahr geworden? Haben die Deutschen diese Rache nicht an sich selbst vollzogen (durch die Verleugnung des Geschehenen und ihre Folgen)? Aber es gibt einen Spiegel, in dem sie das erkennen können: die Geschichte von der Verhärtung des Herzens Pharaos.
„Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht.“
proteron/hysteron: Der Name Hystera für Gebärmutter ist zugleich der Name für das Spätere (im Gegensatz zum Früheren), das Zweite (im Gegensatz zum Ersten). Ist nicht der Name schon ein Stück Diskriminierung, setzt er nicht den höheren Rang der Zeugung, wie die Trinititätslehre ihn dann festschreibt, voraus?
Le Goff
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13.7.96
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6.8.1994
Wichtig die Hinweise le Goffs auf den Zusammenhang der Fegefeuer-Theologie mit mit dem Ursprung der Buchführung, das Problem der „Verrechnung“ des „Gewichts“ der Sünden mit dem Zeitmaß der Sündenstrafen – mit deutlicher Erinnerung an das Marxsche Mehrwert-Problem (Geburt des Fegefeuers, S. 276ff). Hängt nicht überhaupt das Konzept des Gewichts der Sünde („schwere Sünden“) zusammen mit dem Ursprung der Mechanik, der Definition der schweren und trägen Masse? Ist das Fegefeuer das theologische Modell des Inertialsystems?
„Ohne Ansehen der Person“. Kann das nicht auch heißen: Ohne Personalisierung der Schuld? – Und läßt sich hieran nicht die Bedeutung der Geschichte von dem einem und den sieben unreinen Geistern demonstrieren?
Steckt nicht im Jogging etwas vom Orgasmus, ist das nicht ein Art von Unzucht? Die Vergewaltigung ist der Versuch der Befriedigung der Wutlust (Entladung der Wut). Und war nicht die Mechanik, symbolisiert im Stoßprozeß, der Beginn der Vergewaltigung (der Penetration) der Natur zur Natur (hat die intentio recta etwas mit der Erektion zu tun)? War nicht das Tabu über die Sexualität, daß dann ihre projektive Verarbeitung erzwungen hat, die Voraussetzung für den Ursprung und die Entwicklung der naturwissenschaftlichen Aufklärung?
Gibt es eine Geschichte des Turms? Wie hängen Stadt, Turm und Schrift (die Logik der Schrift) zusammen?
Das Geschwätz ist die Hölle (nicht für die Objekte des Geschwätzes, sondern für seine Urheber), und die Zunge der Entzünder des Feuers der Hölle. Die Theologie ist durch die Bekenntnislogik zum Geschwätz geworden (zum Kelch des göttlichen Zorns). Das ist darin begründet, daß die Bekenntnislogik, die zu den Elementen des Weltbegriffs gehört, den Weltbegriff mit einer automatisierten Feindbeziehung versieht (die im Naturbegriff sich vergegenständlicht, verkörpert). Deshalb sind Weltanschauungen austauschbar (alle weltanschaulich Gebundenen sind potentielle Wendehälse) und mit einem untilgbaren Vernichtungstrieb versehen (alle Weltanschauungskriege sind Vernichtungskriege).
Durch die Übersetzung des ho airon mit qui tollit (mit Hinwegnehmen) ist das Christentum antisemitisch geworden. Die Hereinnahme von Joh 129 in das Nachfolgegebot gründet in der Beziehung des Auf-sich-Nehmens (der Sünde der Welt) zum Gebot der Feindesliebe.
Die Ontologie, die darin der Logik der Schrift gehorcht, hat den Trägheitskeim ins Denken eingepflanzt. -
4.8.1994
Die Logik der Schrift ist die Logik von Links und Rechts. „Die römische Kirche formuliert das Dogma vom Purgatorium im 12. und 13. Jhdt. gegen die Häretiker, vom 13. bis 15. Jhdt. gegen die Griechen und im 16. und 17. Jhdt. gegen die Protestanten.“ (Jacques Le Goff, Geburt des Fegefeuers, S. 205) Die „Geburt des Fegefeuers“ scheint mit dem Ursprung der Verdinglichung zusammenzuhängen, auch mit dem Ursprung der Kunst in der modernen Welt (in deren Geschichte das Fegefeuer wiederkehrt in den Formen ihrer technischen Reproduzierbarkeit). Sie ist die erste, noch zwangshafte Gestalt der Entfaltung der Phantasie. Le Goff verweist darauf, daß die Häretiker Vegetarier waren, weil sie nichts essen wollten, was durch den Koitus entsteht, und d.h. keine Tiere. (Geburt des Fegefeuers, S. 206) Wie verhält sich diese Begründung zur gleichzeitig sich entfaltenden Eucharistie-Verehrung? Bußsakrament: Hat sich die Kirche hier nicht vertan? Jesus hat Petrus die Schlüssel des Himmelreichs gegeben (Mt 1619), nicht die des Fegefeuers.
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29.7.1994
Gehört nicht der Kampf um die „Anerkennung“ zur Geschichte des Ursprungs und der Etablierung einer Eigentumsgesellschaft (die Anerkennung einer Person ist die Anerkennung ihres Eigentums, die Anerkennung des Eigentums anderer)? Das Votum für die Armen und die Fremden sprengt die Logik der Schrift; es macht die Israeliten zu Hebräern und die Schrift zur hebräischen Schrift. JHWH ist der Gott der Hebräer. Das Votum für die Armen und die Fremden ist ein Teil der Treue zu dem Gott, der den Himmel und die Erde erschaffen hat. Ist der Himmel der Typos der Fremden, die Erde der Typos der Armen, und leugnet nicht jede Bekenntnisreligion das Votum für die Armen und die Fremden (die Prophetie) und damit die Idee der Schöpfung und der Auferstehung? Die Logik der Schrift trennt Natur und Welt; sie gründet in der Urteilslogik. Aber es gibt kein Urteil ohne ein projektives Moment, das dann in den Begriffen wie Barbaren, Natur, Materie sich selbst begründet. Die Sintflut hat die Erde mit der Logik der Schrift überschwemmt. Wurzellos (wie der Dornenstrauch in der Jotam-Fabel) ist die Logik der Schrift; sie ist wurzellos geworden durch das tode ti (durchs Inertialsystem). Le Goff, Die Geburt des Fegefeuers: Ist nicht die Vorstellung des Fegefeuers das Produkt der Säkularisierung (oder der Naturalisierung) der Umkehr (Buße als Umkehr ohne Verheißungen). Inertialsystem: In dem gleiche Maße wie der Tod aus dem Gesichtskreis der Menschen verdrängt (und das Sterben seiner Würde beraubt) wird, verschwindet auch die Erinnerung an die Toten.
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22.05.92
Wird nicht die Theologie des Augustinus erst dann durchsichtig, wenn man sein Konzept aus dem Referenzsystem der bürgerlichen Konkurrenz und Selbsterhaltung herausnimmt und auf das Problem der objektiven Erlösung der Welt bezieht, oder: wenn man die Gottesfurcht mit hereinnimmt, dazu dann allerdings auch den letzten Satz des Buches Jona. Ist nicht die Untersuchung über die Gnadenlehre von 397 ein nur leicht entstellter Traktat über die Gottesfurcht (Ausgangspunkt, daß man sich der Gnade nicht rühmen darf, mit der besonderen Problematik, daß das Thema an einen Bereich rührt, der einer „objektiven“ Darstellung nicht fähig ist)?
Dämonische Züge gewinnt dieses augustinische Konzept aus den Prämissen, die eigentlich erst nach ihm sich durchgesetzt und verstärkt haben: aus dem Gemisch von Ohnmacht, Selbstmitleid, Konsumentenhaltung oder aus dem gleichen Grund, den Adorno einmal so zutreffend beschrieben hat: „Heute fühlen sich alle ungeliebt, weil keiner mehr zu lieben in der Lage ist“. Dieser Habitus der Ohnmacht im Entscheidenden, der zusammenhängt mit der Enttäuschung der Parusieerwartung, die Martin Werner als eine der Ursachen des Dogmatisierungsprozesses nachgewiesen hat. Er rührt her aus der Welterfahrung unter den Prämissen des Römischen Reiches. Zu untersuchen wäre generell, in welcher Gestalt und auf welchen Wegen der Weltbegriff in die Theologie sich einschmuggelt und zu welchen Folgen in der Theologie das geführt hat. Es ist die gleiche Ohnmacht, die im Weltbegriff sich vergegenständlicht und der die gleiche minimale Verschiebung sich verdankt, die dann die christliche Sexualmoral begründet und geformt hat, und zwar im Kontext jenes Problems, das in Begriffen wie iustificatio (Rechtfertigung oder Gerechtmachung?) und confessio (Problem der Bekenntnislogik) sich anzeigt.
Am Ende wäre dann auch noch auf den postapokalyptischen Jonas zu verweisen, insbesondere auf den letzten Satzes des Buches Jona („Wie sollte ich mich nicht erbarmen …“). Und ist nicht in der Tat Jona die Kirche:
– die von Anfang an sich geweigert hat, ihren prophetischen Auftrag an Ninive, „die große Stadt“, anzunehmen,
– die nach Tarschisch fliehen wollte, ins Meer geworfen und vom Fisch gefressen wurde, in dessen Bauch sie ihren Lobgesang anstimmt, wieder ausgespien wird, nach erneutem Auftrag eine Tagesreise nach Ninive hereingeht und dort verkündet: „In vierzig Tagen wird Ninive zerstört“.
Und dann kommt die ganze Nachgeschichte, Gottes Erbarmen und der Hader Jona’s mit Gott, den Gott mit seinem Hinweis auf sein Erbarmen beendet.
Es geht beim Augustinus nicht um die Synthese von Gnade und Freiheit, und wer auf den manifesten Sinn der augustinischen Erörterungen sich einläßt, ist schon verloren.
Sind nicht die Erörterungen des Augustinus in erster Linie Erörterungen zum Problem der Gottesfurcht, und werden sie nicht zwangsläufig mißverstanden, wenn man sie unter dem Stichwort Gnadenlehre liest?
Das Problem des Augustinus scheint mir darin zu liegen, über das Nichtrühmen das „Richtet nicht …“ in die Gnadenlehre hereinzubringen.
Kommt nicht das Problem auch dadurch, daß A. ein typologisches mit einem historischen Problem (oder ein prophetisches mit einem philosophischen) verwechselt?
Die Ethik ist eine Richtschnur des Handelns; zu einem Element der Erkenntnis wird sie in dem Augenblick, in dem sie als Grund des moralischen Urteils nicht mehr verwendbar ist, d.h. wenn sie reflektiert und bewußt aufhört, Wertethik zu sein.
Ich bin zweimal beim Versuch, eine Dissertation zu schreiben, gescheitert:
– das erstemal an Max Schelers Wertethik, deren obszöne und blasphemische Strukturen herauszuarbeiten gewesen wären;
– das zweitemal an einer Arbeit über Hume, an dessen radikalem Empirismus ich die Probleme des kantischen und hegelschen Erkenntnisbegriff noch einmal aufarbeiten wollte (Zusammenhang von Ich-Identität und Dingbegriff).
An beiden bin ich gescheitert.
Hat dieser Begriff des Scheiterns etwas mit dem Scheiterhaufen zu tun? Jedenfalls verdanke ich es Karl Jaspers, wenn ich das Scheitern nicht nur als etwas Negatives erfahren habe, wenngleich ich den gleichen Horror vor der jasperschen Heroisierung des Scheiterns habe. Mir scheint es käme eher darauf an, eine Theorie des Feuers aus dem Begriff des Scheiterns zu entwickeln, in dem Sinne, in dem Franz von Baader einmal die hegelsche Philosophie das Autodafe der bisherigen Philosophie genannt hat.
Die Theorie des Feuers als Entfaltung einer Theorie der rettenden Kritik: Diese Theorie fände sich dann in der Theologie als Lehre vom Heiligen Geist wieder. Eines ihrer ersten Objekte wäre die verdinglichte Feuerlehre der vergangenen Theologie: die Lehre von der Hölle und vom Fegefeuer (vgl. Le Goff)
Erinnerung an Karl Kraus, an „Die letzten Tage der Menschheit“, in denen er das Wiener Cafehaus zugleich als Logenplatz des Weltuntergangs und Produktionsstätte der Phrase, die die Welt in Brand gesetzt hat, vor Augen führt. Dieses Cafehaus definiert letztmals die Grenze von Fegefeuer und Hölle und markiert genau ihren historischen Ort. Und sind nicht „Die letzten Tage der Menschheit“ die Probe aufs Exempel jener Stelle im Jakobusbrief, die von der menschlichen Zunge handelt, und sind diese Zungen nicht wieder ein Exempel für die Feuerzungen im Pfingstereignis der Apostelgeschichte? Dazu das Jesus-Wort „Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu bringen, und ich wollte, es brennte schon“.
Die Logik des Schreckens ist die Logik des Bekenntnisbegriffes. Sie hängt zusammen mit der Beziehung von Lachen und Schrecken, und das wäre zu entfalten.
Das Bilderverbot richtet sich gegen die Trägheit des Vorstellens, somit auch gegen die Mathematik: Läßt sich deren Beziehung zur Sprache vielleicht einer Theorie des Feuers bestimmen?
Ursprung und Folgen der Sexualmoral: Verwechseln heut nicht alle den Kampf mit den Windmühlen mit dem Kampf gegen den Drachen? -
03.06.90
Drewermann/Metz:
– Strukturen des Bösen ohne Erwähnung von Auschwitz, ohne Kenntnis der bisherigen Analyse des Antisemitismus, offensichtlich ohne Kenntnis der Untersuchung des autoritären Charakters („no pity for the poor“: Weigerung, die Verantwortung für den Zustand der Welt zu übernehmen)
– Karl Thieme: Verwandtschaft von Antisemitismus und Antiklerikalismus (D.s Grenze gegen beide diffus, nicht eindeutig)
– Begriffe wie Forderung, Gebot lassen sich nicht streichen (irgendwann muß jeder die Verantwortung für den eigenen Charakter übernehmen, ohne sich noch auf fremde Schuld herausreden zu dürfen; Psychoanalyse nur sinnvoll, wenn sie bei Übernahme dieser Verantwortung hilft: „wo Es war, soll Ich werden“, andernfalls nur strategische Nutzung des Schuldverschubsystems zur eigenen Entlastung: zur Verdrängung von „Schuldgefühlen“ und zur Herstellung des pathologisch guten Gewissens)
– D. wehrt mit dem „moralischen Zwang“ eigentlich die Erinnerung an die Ehre und Würde des Subjekts (seiner Verantwortung) ab; die Psychologie ersetzt nicht die Moral, sie ist nur ein notwendiges Hilfsmittel gegen die Ideologisierung der Moral (gegen ihre Verwendung als Mittel der Rechtfertigung und Anklage – der Ankläger hat immer unrecht)
Psychoanalyse auch Prototyp, Paradigma des „Wissens“ im Sinne Benjamins.
„… Geld und Besitz in einen Fetisch absoluter Daseinssicherung zu verwandeln“ (S. 378): Dieser „Fetisch“ ist doch nun tatsächlich das transzendentale Apriori des Realitätsprinzips, des Ich, die Verknüpfung der Formen der Anschauung mit der transzendentalen Logik, Grund und Motor des historischen Abstraktionsprozesses, Konstitutionsgrund der Welt, Inhaber des Gewaltmonopols (auch gegen den Staat – kraft des Verfassungsprinzips des Eigentums), Subjekt der Rechtfertigung, der Anklage und des Weltgerichts. Diesem „Fetisch“ ist mit moralischen Argumenten nicht beizukommen. – Vergleichbar nur dem hilflosen kirchlichen Kampf gegen die Naturwissenschaften zu Beginn der Neuzeit. (Welche Bedeutung haben vor diesem Hintergrund das vatikanische Bankwesen und die deutsche Kirchensteuerregelung? – Vgl. Auch Le Goff: Die Geburt des Fegefeuers und Wucherzins und Höllenqualen – auch eine bis heute unaufgearbeitete Vergangenheit)
Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie