Nach Lapide sind die Schweine im NT die Römer (Jesus, das Geld und der Weltfrieden, S. 55ff).
Die Terrorismus-Prozesse ab Abbild des Verhältnisses Staat, Welt, Natur (Ankläger, Urteil, Angeklagter): Ausschluß der Verteidigung, Unkenntlichmachen der Gemeinheit (kein strafrechtlicher Tatbestand: diese Welt ist gemein, und wer in ihr überleben will, muß sich gemein und andere „fertig“ machen; Inkorporation der Sünde wider den Heiligen Geist). – Karl-Heinz Dellwo, Knut Folkerts und Lutz Taufer zitieren in ihrer Erklärung vom 04.10.91 Primo Levi: „Genie der Zerstörung“, groß in der „Antischöpfung“, nannte Primo Levi dieses deutsche Wesen. (Angehörigen Info 77 vom 11.10.91)
Jeder Mord ist ein Brudermord: Im verhaßten Bruder hassen und morden wir uns selbst.
Levi
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17.10.91
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22.04.91
Wie steht der Professor zum Confessor, Bekenner? Woher stammt der Titel und Begriff des Professors?
Profession ist der Beruf (professionell), Profeß das Gelübde, das die endültige Zugehörigkeit zu einem Mönchsorden besiegelt. Wie verhält sich die Profession zur Konfession (professionell zu konfessionell); auch der Beruf ist ein Ich-Stabilisator, und der Professor wird berufen.
Woher kommt die Bezeichnung Diplomat (sprachlich und historisch)? Diplomat und Wahrheit, „diplomatische Antwort“. (Kehrseite: der Enthüllungs-Journalismus und die linken Enthüllungs-Theoretiker; sie nutzen die gleichen Tricks: wenn eine Hypothese nicht widerlegt werden kann, ist sie öffentlich brauchbar. Nutzung der Reflexionsbegriffe.)
Der Satz, daß das Kabarett nichts ändert, gilt auch für den Enthüllungs-Journalismus. (Der „Spiegel“ bewirkt selbst dort nichts, wo er etwas auslöst; er macht nur süchtig (wie das Lachen).
Der verzweifelte Versuch der Linken, Zugang zu den Techniken der Macht zu gewinnen, ist apriori zum Scheitern verurteilt. (Linke Religionskritik war eigentlich auch immer Stück verzweifelter Kritik an der Herrschaftskritik, die Religion repräsentiert. Dieser Einsicht, war Georg Lukacz sehr nahe; er hat sie, als er sich dem Stalinismus unterwarf, selber verworfen. Und auch seine Schüler haben sie nicht begriffen.)
Entspricht das Verhältnis von Natur und Gnade dem von Natur und Ökonomie?
Hinter dem Rücken: der Tod überfällt die Menschen von hinten. (In dem Trieb, Märtyrer zu werden, spielt das Bewußtsein eine Rolle, daß dieser Tod anders ist. Die Kraft, der Katastrophe standzuhalten: Lots Weib. Der Satz: „Ihr seid das Salz der Erde“ bezieht sich hierauf. Und die Salbung Jesu vor dem Tod macht die Salbung nach dem Tod überflüssig?)
Alles, was uns aus unserer physis überfällt, überfällt uns von hinten (Krankheit und Tod). Und alles, was uns aus Politik und Ökonomie überfällt, überfällt uns von hinten. Davon abstrahieren alle an der Physik orientierten Weltentstehungstheorien.
Wie verhält sich die Salbung des Messias, des Königs zur Salbung der Toten (zur ägyptischen Mumie)?
Was den christlichen Antisemitismus am sogenannten Alten Testament ärgert, ist eine Art der Darstellung, die eine Unschuldsnische nicht zuläßt (Erkenntnis nicht durch moralische Urteile bestimmt, deshalb moralisch).
Hängt die Tatsache, daß Primo Levi in der Lage war, seine Auschwitz-Erfahrung zu beschreiben, damit zusammen, daß er Chemiker war? Oder anders: Sind Mikrophysik, Chemie und Atombombe noch auf andere Weise mit Auschwitz verknüpft, als nur über ihre Effekte?
Petrus in Babylon. (Reinhold Schneiders „Winter in Wien“ in Rom neu schreiben?)
Das „steinerne Herz der Unendlichkeit“: das ist unser Herz.
Zum Sündenfall: „Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten, daß sie nackt waren“. Das scheinen wir heute noch unmittelbar zu verstehen. Verstehen wir es wirklich (Scham, Schuld, Schuldzusammenhang)? Geschichte von Adam und Eva; exkulpative männliche Interpretation; übersehen, wird, daß Adam durch Komplizenschaft die Schuld erst möglich macht. Diese Komplizenschaft aber ist ein Grundmoment der Verflochtenheit der Männergesellschaft in den Schuldzusammenhang (Faschismus-Syndrom).
Was hat es überhaupt mit dem „Baum der Erkenntnis“ zu tun? Baum: Überwintern, Überleben durch Verstockung. Stamm als Vorstufe der staatlich organisierten Gesellschaft (zwölf Stämme Israels; Verstockung durchs Bekenntnis: darin lebt der Baum der Erkenntnis fort; im Bekenntnis wird das Wort der Schlange wahr: „Ihr werdet sein wie Gott, erkennend, was gut und böse ist“; ist das Bekenntnis das Tierfell, das Gott den Menschen gegeben hat, ihre Scham zu bedecken?).
Nacktheit und Scham sind gesellschaftliche Phänomene, konstitutiert durch die Reflexion auf den Blick des anderen. Schamlos und unverschämt ist nicht das Gleiche: Unverschämt ist der fixierende, verdinglichende Bick, der Blick, der den anderen auszieht; die Verworfenheit der Schamlosigkeit gilt nur im gesellschaftlichen Schuldzusammenhang; es gibt eine Schamlosigkeit aus Arglosigkeit, die frei von Scham ist (aber diese Arglosigkeit gilt nicht im Blick auf die Herrschenden; hier gilt: Seid klug wie die Schlangen). -
27.06.90
Die Theologie ist der Einspruch gegen die Zwänge, als welche die gesellschaftlichen Strukturen des Realitätsprinzips heute erfahren werden; sie wird blasphemisch, wenn sie mit schwindender Kraft der Reflexion selber diesen Zwängen unterliegt (ihnen einen religiösen Anstrich verleiht: zweite Religiosität; Anbetung der „theologischen Mucken“ der Warenform).
FR: „Vatikan droht kritischen Theologen“ – Hier fordert die Kirche, die selbst kein Mitleid kennt, in paranoider Verkehrung der Verhältnisse Mitleid mit sich selbst, mit den „Hirten der Kirche“, wenn sie von den Theologen fordert, daß sie bei Konflikten mit der Kirche keinen „Druck auf die öffentliche Meinung ausüben“ sollen. Übernahme des „Nestbeschmutzer“-Syndroms? (Ähnlich schon im Hirtenwort der deutschen Bischöfe zum 50. Jahrestag der „Reichskristallnacht“). – „Triebkräfte der Untreue gegen den Heiligen Geist“? Es gibt die Sünde wider den Heiligen Geist, aber keine Untreue gegen den Heiligen Geist (die Nibelungentreue sollte man dem nationalen Wahn überlassen); und bei den „Triebkräften“ kann es sich nur um die allzu bekannten subversiven Kräfte handeln (projektive Nebeneffekte der krichlichen Sexualmoral).
D.’s Interpretation des „Richtet nicht, damit ihr nicht von Gott (E.D.) gerichtet werdet“ entstellt den Sinn des Gebotes.
Mit der Kritik der politischen Theologie und der Rechtfertigung des Bürgers blendet D. das Herrendenken und seine Folgen für den Prozeß der Verweltlichung aus. Wer die Kritik der Welt aus der Theologie eliminiert, kastriert die Theologie. Da trifft sich D. mit Habermas, mit dessen Kritik an der Frankfurter Schule: an den Weltbegriff wird nicht mehr gerührt. D.’s Diffamierung des „Retter-Syndroms“, eigentlich der Erlösung, ist der genaue Ausdruck davon. Hier adaptiert er, was er zugleich kritisiert (und das macht den D. so anstrengend): die Kirche als Gnaden-Verwaltungsanstalt. Zusammenhang mit der von D. sowohl kritisierten als auch dann doch akzeptierten Opfertheologie.
Ist nicht D.’s Verständnis der j Urgeschichte neokolonialistisch (Vergangenheit als Rohstofflieferant). So wird die j Urgeschichte wieder einmal von oben her erledigt, anstatt sich wirklich darauf einzulassen.
Die Schöpfungsgeschichte wörtlich nehmen: das ist auch einer anderen Interpretation fähig als einer fundamentalistischen.
Religion ist heute entweder Blasphemie oder eine offene Wunde, deren Sinnesorgan z.B Adorno, Jean Amery, Primo Levi oder Nelly Sachs heißt. Es ließe sich leicht ein Kanon verbindlicher Schriften zusammenstellen, deren Kenntnis bei einer Neubegründung der Theologie vorauszusetzen wäre: Drewermann scheint keine dieser Schriften zu kennen. Zu beachten ist freilich, daß diese Literatur Literatur von realen oder potentiellen Opfern ist und von den (realen und potentiellen) Tätern nicht unverwandelt rezipiert werden kann. Dazwischen steht die Vernichtungswut, die Opfer und Täter trennt. Unsere Kraft reicht nur soweit, wie wir bereit sind, uns durch diese Literatur aufstören zu lassen.
Das angstfreie Leben, das D. wohl als Utopie, als Bild eines Lebens, das mit sich versöhnt ist, vorschwebt, ist in der D’schen Version nur auf der Grundlage neuer Verdrängungen und Rationalisierungen möglich, das aber heißt: nur als Quellgrund neuer Angstregionen. Angst ist ein Indikator für Unaufgearbeitetes: freilich für ein nicht nur im Subjekt, sondern zugleich draußen, in der Objektivität Unaufgearbeitetes.
Zu Kant: Die Moral ist der Schopf, an dem sich die Philosophie aus dem zuvor selbst produzierten Sumpf ziehen muß.
Das Prophetenwort „Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer“ rückt den Kreuzestod Christi überhaupt erst in die richtige Perspektive. Es ist die schärfste Kritik an seiner Instrumentalisierung zur Opfertheologie. Die Vorstellung, daß die KZ-Schergen nach getaner Arbeit auch 1944 noch zu Hause mit Frau und Kindern unterm Weihnachtsbaum Weihnacht gefeiert haben, sollte eine Schutzimpfung gegen den sentimentalen Sog des Weihnachtsfestes sein, der ohnehin nur dem Weihnachtsgeschäft zugute kommt, in dem sich Auschwitz fortsetzt.
Die Opfertheologie verhält sich zur Befreiungstheologie wie die Familie zur Ehe (oder wie die Eucharistie zum Kannibalismus?). Die Ehe ist ein Sakrament, nicht die Familie; die ist eines der Zentren des bürgerlichen Schuldzusammenhangs, ein Mythos-Generator.
Gibt es für die Idee der seligen Anschauung Gottes eine biblische Grundlage, oder handelt es sich hier um ein philosophisches (aristotelisches) Erbe? Zusammenhang mit dem aristotelischen Theorie-Begriff, abgegolten und erledigt durch die kantische Philosophie (Zusammenhang der Formen der Anschauung mit der transzendentalen Logik).
Der Rosenzweigsche Weltbegriff scheint mir den Punkt zu bezeichnen, von dem aus der „Stern“ aufzuarbeiten wäre. Das „All“, gegen das er seine Philosophie setzt, ist ja der Gegenstand des Weltbegriffs, gegen den seine Philosophie andenkt. Der Weltbegriff ist selber an die Geschichte der Auseinandersetzung mit der Natur gebunden, ein Nebenprodukt des Objektivationsprozesses, der Vergegenständlichung der Natur, hinter deren Rücken gleichsam der Weltbegriff sich konstituiert. Herrschaft verstrickt sich in Welt.
Wenn das Verhältnis des Prinzips der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit zur Planckschen Strahlungsformel begriffen ist (Ursprung und Bedeutung des Korpuskel-Welle-Dualismus), ist der Einstieg in eine neue Naturphilosophie geschafft (Zusammenhang mit dem -vierdimensionalen – Raumzeitkontinuum, mit der Minkowskischen Raumzeit: Stellenwert des die Lichtgeschwindigkeit repräsentierenden imaginären Raumteils: Grund für die Begrenzung auf den mikrophysikalischen Bereich?).
Dem Naturschönen wohnt ein utopisches Element inne, während die weltliche Schönheit nur regressive Züge trägt (Zusammenhang von Natur- und Weltbegriff).
Der eigentliche Gegenstand des Inzest-Verbots ist der Ursprungs-Mythos, in letzter Instanz die Fundamentalontologie. Parvus error in principio magnus est in fine. Aktualität von Kafkas Parabel vom Schauspieldirektor, der zur Vorbereitung einer neuen Inszenierung die Windeln des künftigen Hauptdarsteller wechselt.
Zusammenhang von Öffentlichkeit und Krieg (unter Einbeziehung der Lehre vom Heiligen Geist).
Das Gefühl ist das Gegenteil von Glück; das Glück ist kein Gefühl.
D. überantwortet die Theologie einem Abfall-Vernichter.
„Zeit ist’s zu handeln für den Herrn“.
Gilt das Kreuzeswort Jesu „Vater, vergib ihnen, …“ auch für die Kirche, die sich mit der Opfertheologie auf die Seite der Täter gestellt hat?
F.R. hat nach W.B. die Tradition auf dem eigenen Rücken weiterbefördert statt sie seßhaft zu verwalten, D. wirft die Tradition wie einen Ballast ab, um die Verwaltungspraxis zu erleichtern. Dabei ist er sich nicht zu schade für die denunziatorische Nutzung einer instrumentalisierten Psa. z.B. im Falle des Franz von Assissi.
Wenn Jesus die Schuld der Welt auf sich genommen hat, dann war das kein stellvertretendes Opfer, sondern ein durchaus realer Versuch, verdrängungslos zu leben.
Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie