Marsh

  • 08.03.93

    Die Beziehung des Raumes zum Objekt ist die Grundlage der Beziehung sowohl des Schicksals wie auch des Begriffs zum Objekt (das Schicksal ist der zentrale Begriff des Mythos, weil er dessen Funktion beschreibt: die Begründung des Objekt-Begriffs). Die Geschichte der Verinnerlichung des Schicksals (und damit die Geschichte des Ursprungs des Weltbegriffs) läßt sich ablesen an der Geschichte der Vergegenständlichung des Raumes. Nicht zufällig entspringt das begriffliche Denken mit der Entdeckung des Winkels (und mit den Anfängen der Astronomie, der Verräumlichung der Sternenwelt: waren die Sterne nicht das Modell der Objektvorstellung?).
    Sind die sieben Sakramente die Äquivalente der Astrologie (der sieben „Planeten“) nach dem Ursprung und nach der theologischen Stabilisierung des Weltbegriffs?
    Was bedeutet es, wenn es vom unreinen Geist heißt: er ging in die Wüste?
    Die ersten und die letzten Opfer der Naturbeherrschung sind die Frauen.
    Am Ende des Buches Levitikus unterscheidet die Schrift zwischen Häusern in einer ummauerten Stadt und Häusern in Ortschaften, die keine Mauern haben. Die Häuser in einer ummauerten Stadt fallen nicht unter die Jobel-Jahr-Regelungen: sie sind frei verkaufbar, sind nicht zurückzugeben.
    Die Welt ist der Inbegriff der Last der Vergangenheit, die wir nur vermehren und dann unsern Kindern aufbürden.
    Die Fremden sind die Sündenböcke, die die Reichen den Armen zur Ablenkung anbieten (Theorie des Fernsehens).
    Ist der Ursprung der Schrift nicht ein Teil und eine Vorstufe des Ursprungs der Philosophie, nur daß hier das begriffliche Element schon eine Stufe tiefer, in den Buchstaben, gesetzt wird?
    Die politische Sprache wird immer mehr zur Orakelsprache: Wie es auch kommt, sie behält immer recht; sie wird sich nie bei einer nachweisbaren Lüge erwischen lassen. Oder genauer: sie darf sich bei einer Lüge erwischen lassen, denn das wissen ohnehin alle, daß es auf das, was einer sagt, nicht ankommt, ja nicht einmal darauf, was einer tut; nur darauf, ob er sich erwischen läßt. „Die deutsche Sprache … kann gleichzeitig nach verschiedenen Richtungen ganz verschiedene Dinge ausdrücken. Deutschland ist das klassische Land der Doppelwahrheit, der hochtönenden Sätze, die alles und nichts bedeuten können, je nachdem wer sie ausspricht und an wen sie gerichtet sind.“ (David Marsh: Die Bundesbank. Geschäfte mit der Macht, München 1992, S. 349)
    Die politische Sprache in Deutschland zeichnet sich durch die Fähigkeit aus, die Bedeutungen der Sprache, den intentionalen Charakter der Worte (wie die Richtungen im Raum) reversibel zu halten. Das hängt mit der Fähigkeit zum instrumentellen Gebrauch des Schuldverschubsystems zusammen (Nutzung der Exkulpationsstrategien).
    Die Beziehungen des Raumes zum Schicksal, in dessen Herrschaftsbereich es keinen Ausblick auf Unschuld und Glück gibt, gründet in der Reversibilität aller Richtungen im Raum. Die „verandernde Kraft des Seins“ ist seine verschuldende Kraft: der Blick auf Schöpfung Offenbarung Erlösung ist vom Grunde her versperrt (Finsternis liegt über dem Abgrund).

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