Der Plural majestatis ist ein Produkt der Logik der Schrift. Durch die Monologisierung der Sprache (eine Folge der Logik der Schrift) wird sie zum Selbstgespräch. Ein König hat Berater, aber entscheiden muß er für sich (dieser Satz scheint eine conditio des autoritären Charakters zu sein, der wie die Majestät, dialogunfähig ist).
Scheler hat das Paradigma einer Religionsphilosophie geliefert, deren Grundlage die theologischen Mucken der Ware sind.
Die Prophetie ist der Eckstein, den die Bauleute verworfen haben.
Die Grundlage des theologischen Satzes von der Erhaltung der Welt ist nicht die Form des Raumes (das Inertialsystem), sie liegt in der Konstruktion des Himmels verborgen.
Was bedeutet es, wenn nach islamischer Tradition Gott jeden Tag die Welt neu erschafft? Wie verhält sich der islamische Schöpfungsbegriff zum biblischen Schöpfungsbericht (insbesondere zum siebten Tag)?
Haben das tohu wa bohu und die Finsternis über dem Abgrund und der Geist Gottes, brütend über den Wassern, etwas mit den drei abrahamitischen Religionen zu tun, mit Judentum, Islam und Christentum (jeweils in dieser Reihenfolge)?
Eine Kritik des Ansatzes der Kant-Laplaceschen Weltentstehungs-Theorie würde auch deren moderne Derivate (Urknall und schwarzes Loch) treffen.
Der Orion und die Plejaden: Sind sie die Reflexion des Planetensystems am Fixsternhimmel?
Die Naturwissenschaften rücken die Welt in die Perspektive des Eigeninteresses. Aber dieses Eigeninteresse steht unterm Bann der Äquivalenz von Einzelnem und Allgemeinem (der Beziehung von Privateigentum und Staat). Das Gewaltmonopol des Staates und der Nationalismus (das logische Fundament der Privateigentums-Gesellschaft) gehorchen einer Logik, die in den Naturwissenschaften gegen die Natur sich richtet. Kein Zufall, daß die Objektivation der Natur zu Beginn sowohl der alten als auch der neuen Geschichte mit der Astronomie anhebt (als Legitimationswissenschaft des Staates: Newtons „absoluter Raum“ war einer der logischen Gründe des politischen Absolutismus: der Privatisierung der Herrschaft).
Die kopernikanische Wende hat die „Völker, Stämme, Sprachen und Nationen“ im Begriff der Nation kontrahiert (und neutralisiert): Die rassistische Wendung der Sprachwissenschaft (die Rückführung der indogermanischen Sprachen auf eine indogermanische Rasse) gründet in dieser Logik. Die sprachgeschichtliche Aufklärung des zugrunde liegenden Sachverhalts wird erst möglich sein, wenn es gelingt, den sprachlogischen Grund der indogermanischen Sprache zu entschlüsseln.
Einstein hat die im Relativitätsprinzip verkörperte Beziehung von Bewegung und Ruhe neu definiert und durchs Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit konkretisiert. Das Licht, nicht der Raum definiert die Dauer, von der Folge und Zugleichsein (die anderen Attribute der Zeit) unterschieden werden müssen. Nicht mehr zu halten ist das im Raum verkörperte Moment des Zugleichseins, zumindest in dem Sinne, in dem es Vergangenheit und Zukunft von sich (vom Präsens) ausschließt, den Raum zur Wasserscheide der durchs Inertialsystem äqualisierten (zum Zeitkontinuum verräumlichten) Dimensionen der Zeit macht. Das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ist die Rache der Asymmetrie von Zukunft und Vergangenheit an der homogenisierten Zeitvorstellung. Es gibt ein Zugleichsein mit dem Vergangenen (die auch die zukünftige Vergangenheit umgreift): das Überzeitliche, und mit dem Zukünftigen (auch der vergangenen Zukunft): die Idee des Ewigen.
Hat der Satz über die „Lichter … an der Feste des Himmels“: „sie sollen als Zeichen dienen und zur Bestimmung von Zeiten, Tagen und Jahren“ (Gen 114), etwas mit den Zeichen an Hand und Stirn (in Ex 131ff, 1311ff, Dt 64ff und 1113ff) und haben beide etwas mit den Zeichen an Hand und Stirn in Off 1316 zu tun? Hat die kopernikanische Wende das Zeichen an Stirn und Hand geheftet (sowohl Kopernikus als auch Newton waren Geldtheoretiker), und hat dieses Zeichen etwas mit dem Zeichen des Kain zu tun?
Der Traum von einer Laientheologie, den ich mit einigen Freunden während des Theologiestudiums kurz nach dem Krieg geträumt habe, war ein Nebukadnezar-Traum: Ich mußte den Traum erst finden, um ihn dann deuten zu können.
Heute morgen eine Karikatur in der FR, zum Welt-Frauentag: ein Globus mit dem Abdruck eines Kußmundes. Angesichts der Zustände, an die dieser Tag erinnern soll, schlicht eine Geschmacklosigkeit. Aber erinnert es nicht an das Problem der Schiller-Beethovenschen Ode an die Freude: Auch hier gibt es „diesen Kuß der ganzen Welt“, und das im Kontext einer schrecklichen (dazu anatomisch unmöglichen) Vision: Alle Menschen werden Brüder. Wäre es nicht an der Zeit, daß endlich alle Brüder Menschen werden?
Newton
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8.3.1995
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24.2.1995
Nach Gerhard Fink (Die griechische Sprache, Darmstadt 1986, S. 151) haben sich „die griechischen Neutra aus ursprünglichen Sammelbegriffen wie Dt. ‚Gehölz‘, ‚Gesinde‘ entwickelt“ (deshalb steht bei einem „Neutrum Plural als Subjekt … das Prädikat meist im Singular“). Ähnlich sind auch die lateinischen Pluralia tantum in der Regel Neutra (allerdings mit Ausnahmen wie divitiae, arum, f der Reichtum, die sich müßten begründen lassen?).
Gibt es hierzu eine Vorgeschichte im Hebräischen: Welche Funktion haben die „neutrischen Verben“ (Körner, S. 56), welche sprachlogische Bedeutung haben Kollektivbegriff wie „elohim“, „majim“ (und davon abgeleitet „schamajim“)? – Nach Hans-Peter Stähli kann „das Femininum … auch die Funktion unseres Neutrums annehmen“ (Hebräisch-Kurzgramatik, S. 22).
Neutrum und Konjugation: „Eigentliche Tempora gibt es im Hebräischen nicht. Es werden nicht – wie im Deutschen (und ähnlich in den indoeuopäischen Sprachen generell, H.H.) – Zeitformen, d.h. absolute, objektive Zeitstufen angegeben, sondern nur relative Zeitstufen, die aus dem Textzusammenhang zu erschließen sind.“ (Körner, Hebräische Grammatik, S. 118) Schafft nicht die Subsumtion der Sprache unter die „objektiven Zeitstufen“ (die Historisierung der Gegenwart) eine sprachlogische Situation, die nur mit der Bildung von Kollektivbegriffen und des Neutrum sich bewältigen läßt. Ist das nicht die sprachlogische Voraussetzung sowohl des Natur- und Weltbegriffs als auch, im Zusammenhang damit, der Historisierung der Zeit, der Philosophie und des objektivierenden, begrifflichen Denkens? Und steht diese sprachlogische Situation nicht in objektivem Zusammenhang mit dem Ursprung und der Geschichte der politisch-gesellschaftlichen Institutionen, insbesondere des Staats (der Organisationsform einer Gesellschaft von Privateigentümern)?
Das innere Kollektivum, der Materiebegriff im Objekt, entspringt (zusammen mit dem Begriff der Gattung) mit der Historisierung der Gegenwart (der Zeit), im Kontext der Logik des Herrendenkens. Modell und Korrelat des dem Objekt einbeschriebenen Kollektivums ist das Zeitkontinuum (die kantische Form der inneren Anschauung).
Neben-, Hinter- und Übereinander, wie hängt das mit Dauer und Folge und Gleichzeitigkeit zusammen?
Ist nicht das Neutrum (und seine innere, sprachlogische Beziehung zum Objektivationsprozeß und zum Kollektivum) die Wasserscheide der Sprachgeschichte? Und ist es nicht die dem Neutrum zugrunde liegende Sprachlogik, die die Auflösung des Problems
– des „Schuldverschubsystems“,
– des Konkretismus und der Personalisierung,
– der Beziehung von „dynamischem und mathematischem Ganzen“,
– der „intensiven Kollektive“ wie Materie und Natur, insbesondere des Massenbegriffs (dessen logische Konstruktion in die Theologie zurückreicht, hier am scholastischen Eucharistie-Problem sich demonstrieren läßt, zuletzt, neben dem der gleichen Logik sich verdankenden gesellschaftlichen Gebrauch des Begriffs, im physikalischen Ätherproblem und in den Problemen der Mikrophysik sich manifestiert),
fast unmöglich macht?
Die Historisierung der Zeit (und die ihr entsprechenden Formen der Konjugation) ist ein Korrelat (und Sinnesimplikat) der Logik der Schrift. Deshalb ist die Logik der Schrift auf die Katastrophe bezogen.
Für das durch die Naturwissenschaft geformte Bewußtsein wird das Bestehen der Dinge (die Erhaltung der Welt) schon durch die Form des Raumes garantiert. Der Gedanke, daß Gott die Welt erschaffen hat und erhält, ist nach Kopernikus und Newton irrational geworden, nicht mehr nachvollziehbar. Erschaffung und Erhaltung sind zu Attributen der Herrschaft geworden: der Unterdrückung und Ausbeutung. Deshalb gehört die Opfertheologie mit zu diesem Weltverständnis; oder umgekehrt: durch dieses Weltverständnis ist die Opfertheologie unverständlich, obsolet geworden. Wird in der Opfertheologie nicht das Lamm, das für die Erstgeburt des Esels eintritt, mit dem Rind verwechselt? Hierauf bezieht sich Heinrich Bölls Unterscheidung des Sakraments des Lammes von dem des Büffels (in Billard um halb zehn?).
Sind im Jesaia nicht schon die Sätze vom Rind und Esel Vorverweise auf die Gottesknecht- und Gotteslamm-Kapitel? Haben nicht das Dogma und in seiner Folge die naturwissenschaftliche Aufklärung die ungeheure Symbolik, auf die der Kreuzestod und die Opfertheologie aufgetragen sind, ins Gewaltsame, Destruktive verfälscht? Die Verwechslung von Joch und Last verbindet das Dogma logisch und historisch mit der naturwissenschaftlichen Aufklärung. (Lamm und Esel sind ins christliche Symbol übernommen worden, während das Rind in den Evangelien nicht vorkommt.)
Das Femininum, das Neutrum und das Kollektivum bilden die Folie, auf die die Begriffe der Gattung und der Materie aufgetragen worden sind. Dazu gehören die Konnotationen des Naturbegriffs, Zeugung und Geburt. Während der Begriff der Natur auf die weibliche Seite verweist, erinnert der Weltbegriff nicht zufällig an die männliche Seite: Bezieht sich nicht hierauf das Gebot der Keuschheit?
Mit der Physik wurde dem Kosmos die Erinnerung ausgetrieben. Sie hat den Baum des Lebens zerstört, das Buch des Lebens zugeschlagen.
Wenn der Himmel sich aufrollt wie eine Buchrolle: Bezeichnet das nicht das Schließen und das Öffnen des Buches zugleich? Hier ist der Punkt, an dem wir die ganze Vergangenheit nicht mehr hinter uns haben werden, sondern vor uns: von Angesicht zu Angesicht. Das wäre das Gericht der Barmherzigkeit über das gnadenlose Weltgericht, an dem wir durch Anpassung an die Welt teilhaben. Erinnerungsarbeit ist eine der Möglichkeiten, darauf sich vorzubereiten.
Wenn das Wasser im Namen des Himmels mit dem „Was“ zu tun hat, hat dann das Feuer mit dem „Wer“ zu tun? -
26.1.1995
Theologie im Angesicht Gottes: Erst im Licht des göttlichen Antlitzes wird die Welt erleuchtet, wird sie im Licht der göttlichen Verheißungen durchsichtig.
Sind nicht alle Formen des Glaubens heute durchsetzt von Verlassenheitsängsten, und hat die Flucht der Jünger angesichts der Kreuzigung Jesu sich nicht im dogmengeschichtlichen Prozeß fortgesetzt? Ist der Fluchtpunkt der Geschichte der drei Leugnungen darin nicht vorgezeichnet?
Nach Franz Rosenzweig sind die Gebete der Einsamen immer in Gefahr, Gott zu versuchen, Aber ist es nicht die Geldwirtschaft, indem sie jeden auf das Gesetz der Selbsterhaltung fixiert, die die Menschen isoliert und in ihnen die Verlassenheitsängste induziert, und die die Gebete zu Gebeten der Einsamen macht? (Deshalb gibt es seit der „Liturgie-Reform“ der Kirche keine Liturgie und keine Gebete mehr.) Nicht die Verurteilung des „Egoismus“, sondern die Reflexion seiner Existenzbedingungen befreit von diesen Zwängen.
Die Selbstlegitimation des Bestehenden durch die Naturwissenschaften gründet in den Beziehungen der Naturwissenschaften zum System der Selbsterhaltung.
Identifikation mit dem Aggressor: War es nicht der Existenzbegriff, der die Philosophie aufs Prinzip der Selbsterhaltung vereidigt hat. Zu diesem Existenzbegriff gehört der Begriff der „Eigentlichkeit“.
Reflex der Selbsterhaltung in der Theologie ist die Bekenntnislogik.
Liegt die Bedeutung der Apokalypse nicht darin, daß die Kirche erst in dem Augenblick, in dem sie sich selbst im Bilde des Tiers erkennt, vom Bann der Bekenntnislogik sich befreit?
Ist es nicht die apokalyptische Gestalt der Offenbarung, vor der Franz Rosenzweig zurückgeschreckt ist? Das war die Schwelle, die er nicht hat überschreiten können. Deshalb wird der Stern der Erlösung mit dem dritten Buch des zweiten Teils und dann mit dem dritten Teil so hilflos. Der dritte Teil beschreibt die Wahrheit in der Gestalt ihrer vergangenen Zukunft, den liturgischen Jahreslauf als mythische Wiederkehr des Gleichen. Rührt diese Remythisierung im Jahreskreislauf der Liturgie nicht an das Rätsel der Astrologie?
Rührt der letzte Satz des zweiten Teils des Stern der Erlösung nicht an einen apokalyptischen Sachverhalt, und wird er nicht wahr, wenn er mit reflektiert wird? Diese Reflexion wird heute erzwungen durch die inzwischen eingetretene faschistische Katastrophe. Sind nicht zum Stern der Erlösung der Geist der Utopie und Lukacs‘ Geschichte und Klassenbewußtsein mit hinzuzunehmen?
Skinheads und Hooligans: Wäre nicht (vor allem im Hinblick auf die Selbstverständigung der Theologie) endlich zu begreifen, daß der Faschismus nur den Fluchtlinien der Bekenntnislogik gefolgt ist und diese bis zum bitteren Ende ausgezogen hat? Der Rechtsextremismus heute ist nur die real existierende Erinnerung an die Versäumnisse der Theologie: ein Exzess der Bekenntnislogik ohne Gott.
Zum Verständnis der Schrift als Komposition: Franz Rosenzweig nennt einmal Simson und Saul in einem Atemzug (S. 83). Hat nicht das Erblinden der Einwohner von Sodom im xenophoben Exzess außer mit dem Untergang Sodoms auch etwas mit rätselhaften Wort über die Blinden und Lahmen bei der Eroberung Jerusalems durch David sowie schließlich mit der Antwort Jesu auf die Frage des Täufers, ob er es sei, der da kommen soll, zu tun: mit dem Hinweis darauf, daß die Blinden sehen und die Lahmen gehen?
Die Blinden sehen und die Lahmen gehen: Verweist das nicht auf den Zusammenhang des Trägheitsprinzips, des Inertialsystems, mit der Verwirrung der Optik bei Newton?
Theologische Erkenntnis kommt zu sich selber, wenn sie zur eingreifenden Erkenntnis wird. Hängt die Rosenzweigsche Trennung der Erleuchtung von der Liebestat (die nach Rosenzweig blind ist) nicht damit zusammen, daß er die apokalyptische Schwelle der Erkenntnis nicht zu überschreiten wagt? Die Erleuchtung, die die Liebe sehend macht, ist die apokalyptische. Darin steckt der dreifache Bezug des Symbols der Schlange, ihre Beziehung
– zum sprachgeschichtlichen Ursprung des Neutrum (die bei Rosenzweig anklingt, aber nicht im Zusammenhang begriffen wird),
– zur Ursprungsgeschichte der Astronomie (und zu den Seraphim), und
– zu Babylon, zur Ursprungsgeschichte der politischen Theologie.
Die Geschichte der modernen Naturwissenschaften beginnt mit der Hexenverfolgung und endet mit Auschwitz. Als Referenzsystem der Aufklärung gehört die Naturwissenschaft zu den Konstituentien der Projektionsfolie, deren die Aufklärung bedurfte, um davor ihre Leuchtkraft zu begründen: dem Begriff der Wilden, der die der Barbaren und der Heiden ersetzt hat. Wenn der Begriff der Barbaren als eine Inversion des Namens der Hebräer sich begreifen läßt, und der der Heiden (der „Völker“) auf den Namen der Christen verweist, worauf bezieht sich dann der Begriff der Wilden?
Die mythische Welt ist die verschlossene Welt, die erst durch Umkehr sich auftut: So entspringt – durch Umkehr
– Gottes Schöpfermacht seiner Freiheit, die Offenbarung dem Schicksal,
– des Menschen Demut seinem Trotz, seine Liebe dem Charakter.
Was geschieht der Fülle und dem Logos der verschlossenen Welt, wie findet der Begriff der Umkehr hier einen Ansatz und ein Ziel? -
23.1.1995
Der Kelch, oder Theologie hinter dem Rücken Gottes: Die Logik der Schrift abstrahiert vom dialogischen Wesen der Sprache; die subjektiven Formen der Anschauung abstrahieren vom Blick des Anderen; die Bekenntnislogik abstrahiert vom Angesicht Gottes.
Im Symbol des Weltbegriffs B=A hat Rosenzweig den systematischen Ort der transzendentalen Logik bestimmt. (Um Rosenzweig zu verstehen, wäre es wichtig, im tragischen Helden die Geburtswehen des Weltbegriffs und im mythischen Gott die Wasserscheide des Naturbegriffs zu erkennen.)
Gott sprach: Es werde Licht, und es ward Licht. Steht nicht das Werden im Hebräischen in beiden Fällen im Imperfekt (oder ist der Imperativ vom Imperfekt nicht zu unterscheiden)? Geben Imperativ und Praeteritum den sprachlichen Sachverhalt eigentlich richtig wieder, ist er im indoeuropäischen Sprachbereich überhaupt reformulierbar? Führt nicht die indoeuropäische Form der Konjugation andere zeitliche Konnotationen mit sich als die hebräische?
Das indoeuropäische Präsens, zu dem es im Hebräischen keine Entsprechung gibt, ist ein Gegenwartsersatz (das grammatische Äquivalent des philosophischen tode ti). George Steiners „Von realer Gegenwart“ gibt sehr präzise die Intention des Kunstwerks (eigentlich jeder ästhetischen Repräsentation, auch der durch die subjektiven Formen der Anschauung) wieder, indem er aber diese Intention als erfüllt unterstellt, belastet er sie mit einem ästhetisch uneinlösbaren Anspruch (als dessen ironisch-blasphemische Realisierung das Fernsehen sich begreifen ließe). Er wäre einzulösen nur in theologischem Kontext.
Mit der kopernikanischen Wende, die Newton in seiner Optik nur vollstreckt hat, wird das Werk des ersten Schöpfungstages revoziert, fällt der Naturbegriff in den Bereich der Finsternis über dem Abgrund zurück.
Nicht unterschätzt werden sollte die chaotisierende Gewalt des Inertialsystems, die im übrigen erstmals drastisch sich anzeigt in der Unterscheidung der primären und sekundären Sinnesqualitäten und der Subjektivierung dieser sekundären Sinnesquelitäten. Das Inertialsystem produziert die chaotische Mannigfaltigkeit der „Empfindungen“, des „Gegebenen“, die sich in diesem Kontext überhaupt erst konstituiert. Daraus versucht die transzendentale Logik dann die Dingwelt wieder zu rekonstruieren. Dieser Rekonstruktionsversuch produziert, wie Kant in den Antinomien der reinen Vernunft festhält, eine Vorstellungstotalität, die in ihren Rändern merkwürdig ausfranst. (Mit dem Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit werden die zerfransten Ränder gleichsam in den Kern des Systems zurückgenommen.)
Ist es eigentlich wirklich das gleiche Inertialsystem, das die Mechanik, Newtons Gravitationsgesetz und die Mikrophysik mit einander verbindet? Gründet der Nominalismus nicht darin, daß hier über die Gewalt der Logik des Systems Ungleichnamiges gleichnamig gemacht wird? Sind nicht die subjektiven Formen der Anschauung, insbesondere nach ihrer Vergegenständlichung zum Inertialsystem, ein Realsymbol der Gewalt?
Hat die Verdreifachung der altorientalischen Vorgeschichte (Heinsohn) etwas damit zu tun, daß die Linearität der Zeit, die zugrundeliegende Konstruktion der „Tiefenzeit“, ein Reflex der Dreidimensionalität des Raumes ist? Ist die Ungleichnamigmachung des Gleichnamigen nicht die Rache der Logik der Aufklärung an der Gleichnamigmachung des Ungleichnamigen? Die Vorstellung der linearen, homogenen Zeit verdankt sich der Neutralisierung des Raumes (dem Realitivitätsprinzip und dem Inertialsystem), der Abstraktion von den Differenzen, durch die sich die Richtungen im Raum (vorn und hinten, rechts und links, oben und unten) voneinander unterscheiden. Gestützt wird diese Abstraktion durch das, was man die exkulpierende Kraft der Objektivierung nennen darf. Es scheint der gleiche Effekt zu sein, den Peter L. Berger die Selbstlegitimation des Bestehenden genannt hat, die insbesondere über die Naturwissenschaften vermittelt ist.
Zur Rosenzweig-Kritik: Im Kontext seines Begriffs der Offenbarung, wenn das verschlossene Selbst im Kontext der Liebe Gottes als Seele sich öffnet und dabei als sündig sich bekennt, gerät seine Konstruktion in die Nähe des Erbaulichen (und des Autoritären). Die Sünde, die die Seele bekennt, wäre genauer zu bestimmen: als Sünde der Welt? -
16.12.1994
Die Tatsache, daß der Kapitalismus nur über seine erweiterte Reproduktion sich stabilisieren läßt (Geldwertstabilität und Standort Deutschland), ist eine Folge der Entropie in der Ökonomie: der Verwertung der Armut.
Gibt es eine Untersuchung über die Entstehung der Bibelübersetzung Luthers und ihre Bedeutung für die Ursprungsgeschichte der deutschen Schriftsprache? Wenn Luther für seine Bibelübersetzung die Kanzleisprache gewählt hat, ist das nicht ein Hinweis auf die Affinität seiner Theologie zu dieser Sphäre?
Kannte Hegel schon das Substantiv, oder ist das eine spätere Erfindung? Kann es sein, daß das Substantiv (Hegels Substanz als Subjekt?) gleichsam das schwarze Loch der Hegelschen Philosophie ist, das sie ganz in sich aufgesogen, ihre Strahlungskraft zerstört hat?
War die ideologische Krise der Physik in den zwanziger Jahren nicht auch ein Indiz für das Schwinden der legitimatorischen Kraft der Naturwissenschaften?
Vergleich der invisible hand mit dem newtonschen Konzept des absoluten Raumes.
Das Inertialsystem hat die Erinnerung zu einer folgenlosen Sache gemacht (es hat sie neutralisiert und die Vergangenheit zu einem Gegenstand des Zuschauens, der Kontemplation gemacht); erst so war die historische Erforschung der Vergangenheit möglich, aber nur als Herrschaftsgeschichte.
Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten, daß sie nackt waren: War das die Geburtsstunde der Astronomie?
Wenn Kant den Raum als subjektive Form der Anschauung begreift, so bezieht sich das nicht auf „den Raum“, sondern auf sein Erzeugungsgesetz. Und die Antinomien der reinen Vernunft, die sich auf die transzendentale Ästhetik beziehen, erzwingen eigentlich die Reflexion dieses Erzeugungsgesetzes. Das Gelingen dieser Reflexion ließe sich daran ermessen, ob es gelingt, daß die Naturwissenschaften sich selbst durchsichtig werden.
Ist das Christentum nicht zugleich die Finsternis über dem Abgrund und der Geist über den Wassern (und beziehen sich darauf die Ideen der descensio ad inferos und der resurrectio mortuorum)?
Wenn Prigogine den „Zeitpfeil“ (das Moment der Irreversibilität an der Zeit) an die Entropie anschließt (und den Zerfall als eine Gestalt des Werdens ansieht), wird dann nicht wiederum (wie in der Kausalitätsdebatte nach dem Ersten Weltkrieg) die Physik als Rechtfertigungsmittel der Ökonomie mißbraucht? -
1.11.1994
Die Spekulation verlagert die Arbeit in die Objekte: Nicht die produktive Arbeit, sondern das Vermögen in der Gestalt des Besitzes ist die Quelle des Einkommens und des Reichtums.
Die animalisierende Wirkung der Wut (das Tier und der Weltbegriff; Wut und Anpassung).
Die Geschichte der Sexualmoral ist ein Teil der Geschichte der Verinnerlichung der Scham.
In diesem Lande kommt alles darauf an, nicht zu den Verlierern zu gehören.
Die pädagogische Funktion der Verachtung der Armen: So schreckt man die Kinder von der Armut ab und weckt die Motivation, erfolgreich zu sein und „reich zu werden“.
Das Inertialsystem, der verdrängte Blick des andern und die Gardine.
Die Entzauberung der Welt war bereits das Werk des Mythos, nicht erst das der Aufklärung (Ursprung und Funktion des Tempels).
Urteilsform und Klassenkampf.
Ursprung des Fernhandels: Waren die Wikinger die Vorläufer der Hanse (und die Nomaden die der Kanaanäer)?
Gibt es eine Beziehung der sieben Sakramente zu den sieben Planeten? Sind die Sakramente gleichsam verinnerlichte Planeten, und haben sie eine vergleichbare Funktion bei der Konstituierung des Weltbegriffs?
Der Wille der Gattung unterscheidet sich vom Willen aller einzelnen wie der Raum vom Geld. Werden nicht seit Rousseau das Allgemeine und die Gattung verwechselt (Zweideutigkeit des Naturbegriffs)? Hieraus wäre Hegels Bemerkung, daß die Natur den Begriff nicht halten kann, abzuleiten. Die Identität von Gattung und Allgemeinem ist die Geschäftsgrundlage der Hegelschen Logik und des Begriffs des Absoluten (der nicht zufällig zuerst in Newtons Begriff des absoluten Raumes und im politischen Begriff des Absolutismus auftaucht). Der Begriff des Absoluten ist ohne das Stück Dezisionismus, das in Hegels „List der Vernunft“ steckt, nicht zu halten. Die Lücke zwischen der Gattung und dem Allgemeinen ist nur mit Hilfe der List (mit Gewalt und Gemeinheit) zu überbrücken: im Kontext der Vergesellschaftung von Gemeinheit und Gewalt: Die Schlange war das klügste der Tiere. Seit der Vergesellschaftung von Herrschaft gibt es keine Theologie mehr, die ungestraft die Idee der Barmherzigkeit vernachlässigen darf. Vor diesem Hintergrund ist Christina von Brauns „Nicht-Ich“ ein theologisches Buch.
Die Logik des Raumes entspringt der gleichen Verwandschafts-Logik, die wirksam wird, wenn einer die Schwägerin seines Vaters heiratet (die dann ihre eigene Tante wird, mit eingebautem progressus in infinitum). Ist nicht der Raum der Inbegriff der Unzucht (und beziehen sich die einschlägigen Gebote der Tora auf diesen Raumbegriff)? Und verweist nicht das Rousseausche Inzucht-Motiv (und seine Beziehung zum modernen Naturbegriff) auf diesen Sachverhalt?
Mit der Abstraktion vom Gegenblick (vom Angesicht) abstrahiert das Inertialsystem (dessen Kern die mathematische Raumvorstellung: die subjektive Form der äußeren Anschauung, ist) von der Scham. Ausdruck dessen ist der Begriff der Materie. – Hat nicht der hieros gamos etwas mit dem Ursprung der Raumvorstellung zu tun? Ist der Raum eine Konstruktion, zu dessen Elementen die Logiken der Schrift und des Geldes gehören? Die Logik des Geldes repräsentiert den technisch-praktischen Anteil (den dynamischen Anteil), der der Mechanik (den linearen Prozessen) zugrundeliegt, die Logik der Schrift das Vorgegebene, Schicksalshafte (den mathematischen Anteil): das Moment der Fläche, der „Ausbreitung“ im Raum. Die Geometrie verdankt sich der Logik der Schrift, die Mechanik der des Geldes.
Zur Vorgeschichte der Mechanik gehört nicht die Philosophie, sondern die der Theologie und des Mythos (die Geschichte des Tempels: die Geschichte der Architektur endet im Inertialsystem).
Das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit und die Plancksche Strahlungsformel sind die letzten Folgen des Dingbegriffs.
Gehören nicht die Gott-, Welt- und Menschenbilder zu den Produkten der Logik der Reproduzierbarkeit, deren Grund das Inertialsystem ist (die Physik ist das Produkt der Spiegelung der Welt am Inertialsystem)?
Deus fortior me: Sind die Gedanken wirklich frei? Die Idee des freien Denkens verdankt sich dem Schein, daß das Denken von der Sprache sich trennen läßt. Die Probleme gleichen denen, die entstehen, wenn man die Sprache von den Dingen trennt. Die Idee des freien Denkens gründet in der List der Vernunft, in der Abstraktion vom Schuldzusammenhang; sie ist selber der Grund der Idee des Absoluten, in der der gesellschaftliche Schuldzusammenhang sich reflektiert.
Die rätselhafte Ursprungsgeschichte der Grammatik.
Verschärft sich das Historismus-Problem heute nicht in der Einführung des Generationen-Konflikts?
Ist nicht das Inertialsystem eine negative Utopie, deren Gründe und Folgen einmal unter dem Begriff des horror vacui reflektiert worden sind?
Daß Boden, Arbeit und Geld zur Ware geworden sind, heißt auch, daß sie tauschbar geworden sind, daß sie den Besitzer wechseln können: daß sie als herrenloses Gut vorgestellt werden können, und daß es Menschen geben kann, die von allen dreien entblößt sind. Schlägt nicht Hegels Dialektik von Herr und Knecht heute auf das System der Bedürfnisse durch: Die gleichen Bedürfnisse, die dieses System hervorgetrieben haben, werden heute vom System wieder ausgeschieden: sie werden zum Abfall des Systems (vgl. Hegels Bemerkung in seiner Rechtsphilosophie). Auch das berührt sich mit dem Problem der technischen Reproduzierbarkeit: Das System der Bedürfnisse reproduziert sich im System und hat sich selbst überflüssig gemacht.
Wird nicht heute – im wörtlichen Sinne – den Menschen das Fell über die Ohren gezogen?
Heute wäre es erstmals möglich, die materiellen Grundlagen zu Ulrich Sonnemanns „Land der unbegrenzten Zumutbarkeiten“ zu analysieren (unter dem Titel: Der Positivismus als Rechtfertigungsmaschine).
Steckt in dem Satz, daß man Ochs und Esel nicht gemeinsam pflügen lassen darf, nicht der Ansatz einer Kritik der Astronomie (der Hinweis auf die Differenz von Mechanik und Gravitation: von Joch und Last)? Haben Ochs und Esel etwas mit dem Binden und Lösen zu tun?
Ist die Feste des zweiten Tages, wie auch die Schicksalsidee, die darin enthalten ist, eine Vergegenständlichung, Verkörperung des Selbsterhaltungsprinzips? Und bezieht sich darauf das Wort: Was du auf Erden lösen wirst, wird auch im Himmel gelöst sein? (Ist der biblische Staub ein Symbol der Subjektivität?)
Die Schrift induziert das Prinzip der Selbsterhaltung ins Wort.
Die neue Unübersichtlichkeit: Diese, und nicht mehr nur die alte Unmündigkeit, ist nach einem kantischen Diktum „selbstverschuldet“.
Drewermann leidet u.a. an einem Nestbeschmutzersyndrom: Er hätte gern eine heile Welt, eine Welt, in der alle Ängste nur psychologisch (und damit therapierbar) sind. Ein solche Welt wäre nicht mehr kritisierbar; aber sie wäre auch das Produkt der Unterwerfung unter die Gewalt. Er verschiebt das Problem aus der Welt ins Subjekt. Darin gründet sein Begriff der Religion (und seine Kritik- und Konfliktunfähigkeit, sein katholische Erbteil). -
5.9.1994
Es ist ein Unterschied ums Ganze, ob Religion sich an der Rechtfertigung, der Idee Sündenvergebung, oder an der Verwirklichung der Gerechtigkeit, der Beseitigung der Not, orientiert.
Gewaltverhältnisse sind von einzelnen Akten der Gewalt, die grundsätzlich darauf abzielen, Gewaltverhältnisse zu schaffen, zu unterscheiden. Gewaltverhältnisse sind die Innenseite des Begriffs, mit der Erinnerung ihres eigenen Ursprungs enthalten sie ins sich die verdrängten Erinnerungen an den Ursprung des Begriffs.
Die Logik der Schrift (als Logik der Sprache des Staates) ist die Voraussetzung und die Verhinderung der Utopie zugleich. Die Logik der Schrift terminiert im Kreuzestod, und dessen Instrumentalisierung (in der Opfertheologie) geht einher mit der Instrumentalisierung der Schrift, deren Erbe und Opfer zugleich der Fundamentalismus ist.
Sind nicht die Deklinationen, die das Substantiv konstituieren, Deklinationen des Begriffs: Ausdruck der Herrschafts- und Gewaltbeziehungen? In welcher Beziehung stehen die Deklinationen zu den Konjugationen? Ist nicht die Satzkonstruktion, die Regelung der Stellung der Satzelemente (Subjekt, Verb, Objekt, Nebensätze) im Satz, auch Ausdruck der Sprachlogik? Und weist nicht die deutsche Gewohnheit, zusammengesetzte Verben auseinander zu reißen, und den präfigierten Teil ans Ende des Satzes zu setzen, auf die besondere Affinität der deutschen Sprache zur Herrschaftslogik hin („Und weist nicht … hin?“ anstatt „Und hinweist nicht …?“)? Hier wird das Verb zum Käfig, zur Isolationszelle, in die der Satz – wie ein Tier im Zoo oder ein Terrorist im Hochsicherheitstrakt – eingesperrt wird. Genau das aber ist insbesondere der Grund, aus dem die grammatisch-logische Konstruktion des „Substantivs“ sich herleitet. Ist das deutsche Lehrer-Ideal (das Deutschlehrer-Ideal) des „vollständigen Satzes“ nicht ein Herrschaftsmittel; es wird von den gleichen Leuten gefordert, die selber nicht in der Lage sind, einen Sachverhalt korrekt ausdrücken, die ihren Schülern das Lesen verleiden, die sich aber für befähigt halten, Aufsätze zu zensieren. Ist nicht die Aversion gegen Literatur, die Unfähigkeit zur Sprachreflexion, diese besondere Art des Analphabetismus, ein Produkt des Deutschunterrichts in den Schulen?
Kritische Kommunikationsfähigkeit lebt von der Fähigkeit zu Sprachreflexion, der Grund die Fähigkeit zur Schuldreflexion ist. Ist sie nicht im Katholizismus durch die Eucharistie (durch die Verdinglichung des Worts in der Sakramentenlehre insgesamt) ausgetrieben worden? – Auch eine Konsequenz aus der falschen Übersetzung von Joh 129.
Die Tatsache, daß unsere Verwaltungen nicht mehr in der Lage sind, präzise und zugleich verständliche Texte herauszugeben, steht in einer logischen Korrespondenz zur Unfähigkeit von Informatikern („Software“-Herstellern), zu den Produkten, die sie herstellen, verständliche Produkt-Informationen (Handbücher, Gebrauchsanleitungen) zu liefern.
Ein Staat, der sich nicht mehr verständlich machen kann, der nur noch funktioniert, kann nur als Gewaltstaat funktionieren.
Zur Jotam-Fabel: Was haben Bäume und Könige – außer daß beide Kronen tragen – gemeinsam? Sind nicht die Kronen die Luftwurzeln der Bäume, und ist vielleicht der Baum der Erkenntnis der auf den Kopf getellte Baum des Lebens (und sind beide durch Umkehr aufeinander bezogen)?
Steckt nicht in der Geschichte von den Feigenblättern und dem Tierfell schon die Geschichte der Opfer von Abel und Kain, gehört die eine nicht als Vorgeschichte zur anderen? Und ist nicht das Feigenblatt ein Symbol der Logik der Schrift (vgl. hierzu auch Johannes Scotus Eriugena)? Die Logik der Schrift ist die Logik der Trennung von Sprache und Realität. Kehrt nicht generell in den Brüderpaaren (Ismael und Isaak, Esau und Jakob, Moses und Aaron, aber auch Petrus und Andreas, Jakobus und Johannes, Jesus und Jakobus) das Brüderpaar Kain und Abel wieder?
Das kopernikanische System und seine dynamische Begründung durch Newton sind grandiose Konstrukte zur Begründung und Stabilisierung des Inertialsystems. -
15.8.1994
Ohne das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, das ins Nebeneinander ein Nacheinander hineinbringt, würde es kein räumliches Maß geben.
Ist nicht die aristotelische Logik eine geometrische (flächenbezogene) Logik, die Hegelsche Logik hingegen eine Logik des Raums, des Inertialsystems?
Die indogermanischen Sprachen, das indogermanische System der Konjugationen, setzen die Vergegenständlichung und Instrumentalisierung der Zeit voraus.
Hat nicht das Rosenzweigsche Bild der Umkehr, die Aufschließung der verschlossenen Elemente des Mythos, etwas mit dem Versuch, das Zeitkontinuum zu sprengen, zu tun? Vor diesem Hintergrund erweist sich die Sprache als Morgengabe des Schöpfers an die Schöpfung.
Aus den Neuen Testament wird ein Neuer Bund, wenn wir die Vergangenheit nicht mehr als tot und uns als die Erben dieser toten Vergangenheiten begreifen. Fürs Neue Testament gilt das Wort: Laßt die Toten ihre Toten begraben (Lk 960). – Worauf bezieht sich das „Zurückblicken“ in Lk 962 („Niemand, der die Hand an den Pflug legt und zurückblickt, ist tauglich für das Reich Gottes“)?
Auch die Idee des Absoluten ist – wie die Begriffe des Ganzen und der Teile, der Kraft und ihrer Äußerungen, des Innen und des Außen – ein Reflexionsbegriff: er ist vom Begriff des Relativen nicht zu trennen. Es gibt keine absolute Wahrheit; das heißt aber nicht, daß es keine Wahrheit gibt, sondern nur, daß es in dem Bereich, in dem man von Absolutem sprechen kann, im Bereich des Urteils, keine Wahrheit gibt. Zur Idee der Wahrheit gehört die Reflexion der Urteilsform, die Reflexion des Schuldzusammenhangs dazu, aus dessen Verstrickung die Idee der Wahrheit, die die Idee der Versöhnung mit einschließt, zu befreien ist.
Das Absolute ist zwar nicht der Gordische Knoten, wohl aber das Resultat des Durchschlagens des Gordischen Knotens. Die erste objektive Gestalt des Absoluten war Newtons absoluter Raum.
Zu den drei evangelischen Räten:
– der Gehorsam, der eigentlich das Hören meint, ist die Befreiung vom Bann des Sehens, der Anschauung;
– die Keuschheit die Befreiung vom Bann der Herrschaft, der Bekenntnislogik;
– die Armut die Befreiung vom Bann des Geldes.
Die „Versöhnung über den Gräbern“ ist eine, die die Gräber endgültig schließen und zugleich die Gespenster bannen möchte.
Das tode ti ist die Sammlung der Stecknadeln, mit denen die Schmetterlinge aufgespießt werden (die Orthodoxie als Schmetterlingssammlung).
Für die Prophetie waren nur der Taumelbecher und der Kelch des göttlichen Zorns assoziierte Symbole; die Johannes-Apokalypse hat den Becher der Unzucht, der Hurerei hinzugefügt. Liegt hier die Ermächtigung zur materialistischen Bibel-Lektüre?
Fundamentalismus: Unfähigkeit zur Reflexion der Logik der Schrift. (Die Logik der Schrift transformiert das Verhältnis von vorn und hinten in das von links und rechts, die Unittelbarkeit in das der Reflexion.) Ist der Fundamentalismus das Tier vom Lande (es hat zwei Hörner wie das Lamm und redet wie der Drache)? -
17.5.1994
Die Logik der Scham, das Anderssein, der Weltbegriff und die Ausbildung und Entfaltung der Raumvorstellung (das Aufdecken der Blöße oder das Sklavenhaus Ägypten):
– Sie waren nackt, aber sie schämten sich nicht; da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten, daß sie nackt waren.
– (Sintflut, Arche) Noah, der Weinbau, die Trunkenheit und die aufgedeckte Blöße, Ham und die Knechtschaft (gehört die Ham/Kanaan-Geschichte zur Vorgeschichte der Kafkaschen Erzählung „Das Urteil“?).
– Erkenntnis der Nacktheit und Ursprung des Weltbegriffs: Scham als verinnerlichter Blick des Andern; in diesem Blick und als Inbegriff der Logik seiner Objektivation konstituiert sich der Weltbegriff.
– Der Raum als die zwangshafte Rekonstruktion des verinnerlichten Blicks des Andern; die kopernikanische Wende, die Vernichtung des Angesichts Gottes durch den „unendlichen Raum“ (Abwehr, Verdrängung des Angeblicktwerdens), Grund der kantischen Erkenntniskritik.
– „Kollektivscham“ als kollektive Isolationshaft, die Unfähigkeit zu trauern und die zweite Schuld; Kollektivscham und Xenophobie, Ausländerfeindschaft und neue Rechte. Der Begriff der Kollektivscham hat die Erinnerung mit der Welt versöhnt und somit zur Folgenlosigkeit verdammt (und dieses Land zum „Land der unbegrenzten Zumutbarkeiten“ gemacht).
– Das Fernsehen (die institutionelle Aufspaltung des Sehens durch Trennung des Sehens und Gesehenwerdens) oder die Blinden und die Lahmen (2 Sam 56ff, Mt 115).
– Die Logik der Scham und die Ausbildung und Entfaltung der Logik des Raumes.
– Ist die am zweiten Tag geschaffene Feste, die die oberen von den unteren Wassern (die Prophetie von der Philosophie) trennt, das kosmische Realsymbol der Scham?
– Scham und Verdinglichung, Ursprung der Exkulpationsmechanismen, Scham und Gewalt: Ist die Scham die Materie des Absoluten?
– Die Philosophie ist mit der Verinnerlichung des Schicksals entstanden (Ursprung des Begriffs), die mathematische Naturwissenschaft mit der der Scham (Ursprung der subjektiven Formen der Anschauung, der Raumvorstellung).
– Scham und Schuldverschubsystem (Exkulpation durch Projektion: Prinzip der Anklage, Grund des Objektivationsprozesses), Ursprung des katholischen Mythos (der traditionellen Höllenlehre: stammt der Satz, daß zum Glück der Seligen im Himmel die Anschauung des Leidens der Verdammten dazugehört, den Nietzsche auf Thomas von Aquin zurückführt, nicht schon von Augustinus? Vgl. das Nietzsche-Zitat bei Jürgen Ebach: Apokalypse, in: Einwürfe 2, S. 45).
– Die Scham als gemeinsamer Grund des Mythos und der Kunst (der Ästhetik). Konstruktion der Farben (die Sintflut und der Bogen am Himmel).
– Sind die sekundären Sinnesqualitäten nicht stellvertretende Opfer für das eigentliche Opfer: die benennende Kraft der Sprache (der Logos), und liegt dem nicht die Ersetzung des Hörens durch den Gehorsam (die säkularisierte Gestalt des Islam, mit der augustinischen „Wörtlichkeit“ als Vorstufe des Koran) zugrunde? – Wäre das Gehorsamsgebot nicht endlich beim richtigen Namen zu nennen: als Heiligung des Gottesnamens? Das Credo hat das Niederfahren Gottes beim Turmbau zu Babel zu einem Akt der Kirche gemacht: sie zieht ihn in ihre Verstrickungen (in die Verstrickungen der Bekenntnislogik, der Logik des Absoluten) mit herein. Ist nicht die Kirchengeschichte die endlose Ausdehnung der descensio ad inferos?
– Scham, Sexualität und Urteil (Begriff der Erbsünde). Als Urteilslogik ist die transzendentale Logik eine Logik der Scham (und bedarf zu ihrer Begründung der transzendentalen Ästhetik: der Logik der Abstraktion vom Gesehenwerden).
– Die Scham und die Zerstörung der benennenden Kraft der Sprache (oder die Heiligung des Gottesnamens).
– Scham hat einen Adressaten, Scham ist Scham vor einem anderen: Mit dem Weltbegriff ist dieser Andere verinnerlicht worden. Gibt es Stufen der Scham (Entschlüsselung der sieben unreinen Geister)? Die Geschichte der drei Leugnungen ist in die Geschichte der Scham verstrickt.
– Die Kollektivscham und die Pforten der Hölle (oder Kollektivscham und Naturbegriff).
– Die Grenze zwischen Natur- und Weltbegriff ist eine Schamgrenze, starr und gleichsam orthogonal verbunden mit dem Ursprung und der Geschichte der Sexualmoral.
– Der Weltbegriff unterläuft die Herrschaftskritik und begründet die Sexualmoral durch Herstellung von Komplizenschaft (er unterwirft die Herrschaftskritik dem Schuldverschubsystem; die Theologie hat dieses Schuldverschubsystem im Dogma kanonisiert: mit der Opfertheologie und dem Konstrukt der „Entsühnung der Welt“, begründet in der falschen Übersetzung von Joh 129).
– Durch die Einbeziehung der Übernahme der Sünde der Welt ins Nachfolgegebot wird das „wörtliche“ Verständnis ins prophetische Verständnis transformiert (Wahrheit der Lehre von der Transsubstantiation), gewinnt die Sprache ihre benennende Kraft zurück (apokalyptische Enthüllung).
– Scham und Sprache: Sollte mit der Heiligung des Gottesnamens die Anonymität des Angeblicktwerdens aufgehoben (der Mensch in den Anblick Gottes gerückt) werden? Die Anonymität gründet in der Abstraktion der Form des Raumes (Zusammenhang mit der Geschichte der drei Leugnungen).
– Steckt im kantischen Begriff des Erhabenen die Erinnerung an den leeren Weltenraum, und gründet darin die Assoziation des „moralischen Gesetzes in mir“ mit dem „gestirnten Himmel über mir“?
– Die Scham, das Feigenblatt und der Rock aus Fellen.
– Wie hängt die Logik der Scham mit der des Feuers zusammen (auch die Scham brennt wie Feuer)? Gründet das Feuer im Namen des Himmels (und im brennenden Dornbusch: in der brennenden Innenerfahrung der Profangeschichte) in dem, was die Scham objektiv bezeichnet?
– Der brennende Dornbusch als brennende Innenerfahrung der Profangeschichte setzt die Gotteserkenntnis (die Selbstoffenbarung Gottes) in Beziehung zur Bewegung der Profangeschichte (vgl. Walter Benjamin, Theologisch-politisches Fragement: „Das Profane ist zwar keine Kategorie des Reiches, aber eine Kategorie, und zwar der zutreffendsten eine, seines leisesten Nahens“). Der brennende Dornbusch ist
– „Absolutum est prius relativo secundum esse, et est posterius secundum dici“ (Thomas von Aquin, S.Th. I 2, q. 16.4 ad 2). Der newtonsche „absolute Raum“ hat seine Wurzeln in der Scholastik; er findet seine Vollendung in der Hegelschen Idee des Absoluten.
– Die Verstrickung der Theologie in die Dialektik der Aufklärung ist symbolisiert in der Geschichte von den drei Leugnungen. Leugnet nicht die aus der Philosophie rezipierte Idee der Anschauung Gottes das Angesicht Gottes?
– Die subjektiven Formen der Anschauung entspringen in der (praktischen) Abstraktion vom Gesehenwerden, sie sind ein Produkt der Schamverarbeitung. Mit dem Ursprung der Naturwissenschaften wurde der Blick des andern tabuisiert, verdrängt, gelöscht; als Produkt projektiver Schuldverschiebung erscheint er dann wieder in dem bösen Blick, der den Hexen nachgesagt wurde: So gehört die Geschichte der Hexenverfolgung zur Geschichte des Ursprungs der Naturwissenschaften. Der wirkliche böse Blick aber ist der, den die Naturwissenschaften auf die Dinge werfen; dieser Blick hat eine eingebaute Exkulpationsautomatik: es ist der Blick des Herrn (des Absoluten).
– Das „naturwissenschaftliche Weltbild“, die kopernikanische Wende als Katalysator des gesellschaftlichen Fortschritts, hat die (intellektuellen und moralischen) Hemmnisse beseitigt, die der „freien Entfaltung“ des Kapitalismus im Wege standen.
– Der Herrenblick oder das verinnerlichte Babylon und die projektive Verschiebung des „Grauens um und um“ (Jeremias). Gehört heute nicht die descensio ad inferos zu den Prämissen theologischer Erkenntnis?
– Ergänzung zum Stern der Erlösung: Die Philosophie verschweigt nicht nur den Tod, sondern seit ihrem Bündnis mit der Theologie hat sie ihn instrumentalisiert: War das nicht der Kelch (der Kelch der Opfertheologie), von dem Jesus wünschte, er möge an ihm vorübergehen? Mit der Instrumentalisierung des Kreuzestodes wurde die Strafe der Steinigung (zur subjektiven Form der äußeren Anschauung und zum Prinzip der Verdinglichung) vergeistigt (und der Feuertod zur Strafe für Juden, Ketzer und Hexen).
– Es genügt nicht, daß die Christen sich irgendwo im Stern der Erlösung wiederfinden, es käme darauf an, den Stern der Erlösung ins Christliche zu übersetzen (nach Walter Benjamin: die Tradition auf dem eigenen Rücken weiter zu befördern, nur daß Christen sie überhaupt erst auf die eigenen Schultern heben müssen).
– Merkwürdig, daß aus einem Buch, das die Lösung der sieben Siegel zum Gegenstand hat, ein „Buch mit sieben Siegeln“ geworden ist.
– Der Name Gottes bildet sich in der Lösung der sieben Siegel, in der Lösung des Banns, den der Raum auf Mensch und Welt legt.
– Der Prototyp der neuen Gestalt der Religionskriege war der Weltanschauungskrieg der Nazis gegen Rußland, und der war schon ein Vernichtungskrieg („Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?“).
– Leben wir nicht heute nach dem Motto: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß? Aber diese Kälte ist die des steinernen Herzens. Dagegen wäre der Satz zu setzen: „Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu bringen, und ich wollte, es brennte schon“ (Lk 1249).
– Zum letzten Satz des Buches Jona: Wer rechts und links nicht mehr unterscheiden kann, unterscheidet sich nicht mehr vom Vieh (sh. Behemoth), das deshalb in die Buße Ninives ebenso wie in die Barmherzigkeit Gottes mit hereinzunehmen ist.
– Daß niemand das Licht unter den Scheffel stellt, stimmt nicht: Die moderne Aufklärung hat es getan, weil sie das Licht mit dem Scheffel verwechselte. So ist sie zum Scheffel über dem Licht geworden.
– Das Lachen instrumentalisiert die Scham, macht sie zur Waffe.
– Die Waffen der Schlange: ihr Blick und das Gift (gleicht sich die Sprache der Politiker nicht immer mehr dem Blick der Schlange an?).
– Zu Jes 271: Ist der Leviatan, „die flüchtige Schlange, … die gewundene Schlange“, Produkt der Mimesis an den Grund der Raumvorstellung (die erste Gestalt des „Korpuskel-Welle-Dualismus“, Reflex dessen, daß jede Gerade im Raum sowohl Trägheitsbahn als auch Rotationsachse ist – daß beide Bewegungen die Zukunft mit der Vergangenheit kurzschließen, indem sie die Gegenwart ausschließen: „Das Tier, das du gesehen hast, war und ist nicht und wird (wieder) heraufkommen aus der Unterwelt und geht hin ins Verderben“, Off 178)?
– Gibt es eine Beziehung der astrologischen Planetentheorie und der kirchlichen Sakramentenlehre zur Logik der Scham (Venus und Eucharistie)?
– Schicksal und Scham: Die Verinnerlichung des Schicksals (und der Ursprung des Begriffs) mußte abgesichert und stabilisert werden durch den projektiven Namen der Barbaren; die Absicherung der Verinnerlichung der Scham (und des Ursprungs der Naturwissenschaften) erfolgte über den projektiven Namen der Wilden (war die kopernikanische Wende der Anfang eines kosmologischen Kolonialismus und die kantische Philosophie der Beginn des kritischen Selbstbewußtseins davon?).
– Hat die Scham mit der Eitelkeit zu tun, mit dem Nichtigen?
– Die gleiche Logik der Scham, die die Raumvorstellung konstituiert, liegt auch der Bekenntnislogik zugrunde (über die Logik der Scham hängt der Greuel der Verwüstung mit der Sünde Adams zusammen: der Greuel der Verwüstung ist aus der Sünde der Welt ableitbar).
Woher kommt konkret der Name Palästina, welchen historischen Weg hat er genommen? Wie lange hat es die Philister gegeben, wer waren ihre Nachfahren, und haben nicht die Römer dann das Land Israel Palästina genannt?
Wie wäre es mit dem schönen Titel: Ein Vorschlag zur Güte? -
24.4.1994
Welche Symbole wurden im Mittelalter den vier Evangelisten zugeordnet? Hat diese Zuordnung etwas mit den vier Himmelsrichtungen, den vier Enden der Erde (und den vier Reitern) zu tun? Sind das die Stichworte der vier Evangelien: Himmelreich, Sohn Gottes, Sündenvergebung und Logos? Ist nicht der Geist auf die vier Himmelswinde bezogen? Die Sieben hat mit dem Schwur zu tun (vgl. die Beerseba-Stellen in der Genesis). Der Schwur gründet in der Anrufung des göttlichen Namens, sein Ort war der Tempel. Mit dem Schwur wurden Versträge besiegelt (Schwur und Siegel waren Äquivalente); das Symbolum ist ein Schwur (und für es gilt das Wort: Du sollst nicht schwören). Die Bekenntnislogik gründet im Schwur. Das Planetensystem war ein Bild des Gattungslebens (die Namen und astrologischen Bedeutungen der Planeten hängen damit zusammen). Hat nicht das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ein empirisches Moment zu einem Konstruktionselement des Systems gemacht: Hinweis auf die inneren Grenzen der Astronomie? Einen weiteren Hinweis (jedoch noch nicht die Lösung) liefert das der Allgemeinen Relativitätstheorie zugrunde liegende Theorem der Identität von träger und schwerer Masse. Die moderne Astronomie seit der kopernikanischen Wende verhält sich zur Astrologie wie die Philosophie zum Mythos (wobei der Raum, die subjektive Form der äußeren Anschauung, an die Stelle des Begriffs getreten ist). Wie die Philosophie aus dem Mythos, durch Verinnerlichung des Schicksals, ist die Astronomie aus der Astrologie durch Verinnerlichung ihres zentralen Moments: des Opfers, hervorgegangen. Die sieben unreinen Geister sind die „Erfüllung“ des jeremianischen „Grauens um und um“. Hegels Idee des Absoluten, die u.a. in der Verwerfung des Sollens gründet, ist das Produkt der Ontologisierung der Theologie. Und die Ontologie ist der Statthalter der Paranoia in der Philosophie. Die Klugheit der Schlangen wäre durch „Arglosigkeit“, durch Herausnahme der Paranoia der Wahrheit zuzuführen: zum Sprechen zu bringen. Die Idee des Absoluten ist ein Produkt der Apologetik (die Ontologie ein Exkulpationsprojekt): die Besiegelung des Unversöhnten. Ursprung der Naturwissenschaften in der Apologetik: Zu den gnoseologischen Grundlagen der Naturwissenschaften gehört der Satz: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Die erste Gestalt des Absoluten war der newtonsche absolute Raum. Die subjektiven Formen der Anschauung Kants sind der Beleg dafür, daß die absolute Entschuldung in die absolute Verschuldung hineinführt. Wir lassen („Im Namen des Volkes“) die Richter für uns richten, so wie wir die Metzger für uns schlachten lassen. Und wir lassen die Welt von den Banken von einer Schuldenkrise in die andere hineintreiben: Ist nicht die Schuldenkrise der Dritten Welt der Vorbote und das Symptom einer ganz anderen, die erst erkennbar wird, wenn auch der Zusammenhang des Bankenwachstums mit dem Ursprung und Wachstum der Krise erkennbar wird (Metallgesellschaft und Jürgen Schneider: nachdem das Anlagengeschäft in der Dritten Welt seine Grenzen überschritten hat, kehrt es als Devisen- und Immobilien-Spekulation in die Metropolen zurück). Wie haben Geldwirtschaft und Astrologie in die Struktur der Sprachen hineingewirkt (der bestimmte Artikel und die Deklination)?
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22.4.1994
Im Griechischen zieht das Verb
– „freuen“ den Dativ nach sich: der Gegenstand der Freude ist zugleich ihr Adressat; und
– „überlegen sein“ den Genitiv: die Überlegenheit ist eine dem Besitzverhältnis vergleichbare Abhängigkeit.
Vgl. Langenscheidts Kurzgrammatik Altgriechisch, S. 91, 94.
Die -tümer sind Namen, die durchs Urteil des Weltgerichts in Isolationshaft genommen worden, zu Substantiven gemacht worden sind. Modell: das „Deutschtum im Ausland“, vgl. aber auch den Reichtum, das Volkstum, das Christentum, Judentum oder Heidentum. Sind nicht die -tümer insgesamt Ungetümer (monströs wie die apokalyptischen Tiere)?
Reichtum und Armut: Ist die Umkehrung -tum/-mut reiner Zufall; haben -tum und Mut etwas mit einander zu tun?
Heldenmut und Heldentum (oder über die Signatur des Nationalismus am Ende): Der moderne Held (auch der Held im Kunstwerk) definiert sich – wie die Bekenntnislogik, die zu seinen Voraussetzungen gehört, gegen einen Feind (der für ihn den Tod repräsentiert), der antike (zivilisationsbegründende) Held, der Heros, begründet mit dem Recht einen Weltzustand, in dem es überhaupt erst Feinde gibt (und am Ende alle Fremden, die einmal als Gäste galten, zu Feinden geworden sein werden).
Die exkulpierende Kraft des Absoluten, oder: wie hängt der Kaufrausch mit der Ohrenbeichte (und das Absolute mit dem Geld) zusammen? Verwechselt die Theologie seit den Anfängen der Scholastik nicht die Sündenvergebung mit der Abstraktion, hat sie nicht das Opfer zu einem Moment im Abstraktionsprozeß gemacht (Zusammenhang von Theologie, Säkularisation und Inertialsystem)? Entspringt hier der Begriff des Absoluten: der Greuel der Verwüstung? (Ist das Absolute die christliche Version des Ahnenkults, als Abschaffung der Erinnerung?) Das Absolute entlastet von der Last der Vergangenheit, indem es sie verdrängt, sie dadurch aber zum Absoluten macht (vgl. Newtons Begriff des absoluten Raums und seine verborgene Beziehung zu Hegels Logik).
Zum Weltbegriff: Theologie muß heute durch die Wüste der Abstraktion, die Kritik des Absoluten, hindurch.
Das Ökumene-Konzept durch ein Entkonfessionalisierungs-Konzept ersetzen: die Kirche aus dem Bann der Bekenntnislogik (oder aus dem Bann des Absoluten) befreien. Das aber heißt: Theologie im Angesicht Gottes und nicht hinter seinem Rücken.
Im Anfang erschuf Gott den Himmel und die Erde: Wenn die Erde der Inbegriff des Benannten ist, ist dann der Himmel der Inbegriff der benennenden Kraft, die im Namen Gottes gründet (und das Herrendenken – der „Begriff“ – der Turm, der bis an den Himmel reicht)? Bezieht sich darauf das Bild, wonach der Himmel am Ende wie eine Buchrolle sich aufrollen wird? Die Benennung der Tiere durch Adam gehört in diesen Zusammenhang, aber auch das Wort: Der Himmel ist Sein Thron, die Erde der Schemel Seiner Füße. Am Ende, wenn es die Nacht und das Meer, den Tod und die Vergangenheit nicht mehr geben wird, wird Gott die Sonne sein. Und wenn der Sohn Ihm alles unterworfen hat, wird Gott alles in allem sein.
Im Hebräischen ist der Genitiv durch den Bezug zum Nomen, der Akkusativ durch den Bezug zum Verb bestimmt. Die Deklination ergibt sich (ohne Suffixflexion) aus der Stellung im Satz, während sie im (früheren?) Kanaanäischen durch Suffixe sprachlich sich anzeigt. Gibt es einen Zusammenhang dieser Differenz mit der Differenz im Besitzrecht (im Bodenrecht); ist das Eindringen der Deklination in die Nomina ein Symptom der Subsumtion der Erde unters Wertgesetz: der Beginn der flektierenden Sprachen überhaupt, die dann in der Substantivierung der Nomen (der Verlegung der Deklination in den bestimmten Artikel) endet? Sind die flektierenden Sprachen ein Reflex der sich ausbreitenden Geldwirtschaft und deshalb Herrensprachen? Hier ist die Welt zu allem, was der Fall ist, geworden; Der Bann unter dem die Welt steht, ist der Bann des Absoluten.
Sind die die „hebräischen Sklaven“ betreffenden Regelungen (Dt und Jer) nicht auch Sprachregelungen, und gilt das vielleicht für die die Armen und die Fremden geltenden Gebote insgesamt?
Hat die Gnade etwas mit der benennenden Kraft der Sprache zu tun (und mit ihr die Barmherzigkeit und die Gebärmutter: die messianischen Wehen)?
Verhält sich der Infinitiv Sein zum Possessivpronomen 3.Sg.m. wie das Glaubensbekenntnis zum Schuldbekenntnis (und werden Begriffe nicht überhaupt erst dort interessant, wo der Bruch sich zeigt, anstatt wie bei der Trennung der Begriffe Natur und Welt bloß verdrängt zu werden)?
Kontrafaktische Urteile: Der Historiker ist wie der Richter der Beweislogik unterworfen: Seine Urteile (die „Urteile der Geschichte“) müssen nicht wahr, sondern nur hieb- und stichfest sein. Der Fechtboden, auf dem sich das prüfen läßt, ist der Boden der kontrafaktischen Urteile (und auch hier gilt, was auf jedem Fechtboden eingeübt worden ist: Gemeinheit ist kein strafrechtlicher Tatbestand). Die Konsequenzen, die aus der Kritik des Historismus sich ergeben, sind bei Nietzsche und Rosenzweig nachzulesen. Liegt die Auflösung des Problems der kontrafaktischen Urteile in der Theologie? -
20.4.1994
Hängt der Begriff des Daseins bei Heidegger mit der Beziehung des Demonstrativpronomens zum Fragepronomen zusammen. Das Dasein ist
– der Ausdruck der Identität des Vorhandenen (Da) mit dem Zuhandenen (Sein),
– zugleich Grund der objektlosen Angst (Folge der namenlos gewordenen Herrschaft) und
– der absoluten Frage (der durch das deiktische Moment jede Beziehung zur Antwort abgeschnitten wird).
Dem Deiktischen würde die Frage nach dem Namen korrespondieren, auf die es in der durch den Naturbegriff namenlos gewordenen Welt keine Antwort gibt: Übrig bleibt die Frage nach dem Namen Gottes, die keine Frage ist.
Sprachlicher Grund der Sexualmoral: Merkwürdig, daß das Fragepronomen (im Indogermanischen wie im Hebräischen) geschlechtslos ist, statt dessen zwischen Wer und Was (Person und Sache) unterscheidet. Ist das Fragepronomen (zusammen mit dem geschlechtslosen Personbegriff) kasus- statt geschlechtsbezogen (auf Herrschaft und Besitz sowie die davon abhängigen Attribute bezogen, während das Geschlecht in diesem Kontext „irrational“, an den stummen Trieb gebunden ist)?
Zusammenhang von Frage, Bitte und Gebet: Das Gebet gehört zu einem Zeitalter, in dem das Wünschen noch geholfen hat, während das Recht und die Ökonomie, die Rahmenbedingungen der Selbsterhaltung, einen Zustand herbeiführen, in dem das Wünschen sinnlos wird, wenn ihm die Mittel der Realisierung fehlen.
Steht das Fragepronomen unter dem Gesetz des Raumes (ist die Grundfrage das Wo, und nicht das Wer oder Was), und ist das der Grund seiner Geschlechtslosigkeit? – Wie hängen die Fragepronomen mit den Präpositionen und den Präfixen zusammen? Wie hängen der Ursprung und die Entfaltung und Differenzierung der modernen Sprachen, ihre Ablösung von den klassischen flektierenden Sprachen, mit der Geschichte des Ursprungs des Inertialsystems zusammen, mit der Halbierung der Welt?
Ist die Reflexionsbeziehung zwischen den Fragepronomen und den bestimmten Artikeln eine Eigentümlichkeit der deutschen (und der griechischen?) Sprache?
In welchem Verhältnis stehen die Fragepronomen zu den Personalpronomen, Demonstrativpronomen, den bestimmten Artikeln, zu den Kasus? Wie verhält sich die Frage zur Mathematik?
Newtons Begriff des absoluten Raumes gründet darin, daß er durch das Adjektiv „absolut“ gleichsam verstockt darauf beharren muß, daß, was durch die Gravitationstheorie widerlegt wurde, trotzdem anzuerkennen ist, weil es zu den Prämissen dieser Widerlegung gehört (der seitdem verinnerlichte Widerspruch mobilisierte das Schuldverschubsystem). Der newtonsche Begriff des Absoluten gehört zu den Wurzeln des Absolutismus und der Hegelschen Philosophie (der Stellung des Begriffs des Absoluten in ihr). Auch Newton bedient sich schon des Instruments, das Hegel dann benannt hat: der List der Vernunft.
Gibt es eine generelle Beziehung des Wortes „Wasser“ (aqua, hydor, majim) zum Fragepronomen?
Lebt nicht die Psychoanalyse von der Wirksamkeit, vom Funktionieren, des Schuldverschubsystems (die Hegelsche Logik auf links gewendet)?
Frage heißt auf Lateinisch Quaestio (von quaerere, suchen) und bezeichnet einen objektiven Sachverhalt, den die Frage erst subjektiviert. Die Frage gehört zu einem personalisierenden, autoritären Kontext.
Die Fragepronomen sind kasus- und nicht geschlechtsabhängig, aber die Kasus selber sind geschlechtsabhängig (nach dem grammatischen Geschlecht variabel organisiert). – Kommt nicht durch den Naturbegriff (der im Griechischen auf die Zeugung, im Lateinischen auf die Geburt verweist) das Geschlechtliche wieder herein? Der moderne Naturbegriff versucht, beides (den männlichen und den weiblichen Aspekt) zu vereinigen: aber ist diese Vereinigung nicht inzestuös (Rousseau)?
Das Neutrum ist die Hurerei.
Schöpfung, Offenbarung und Erlösung: Die Zukunft, die in der Prophetie gesucht wird, wird in der Idee der Schöpfung als vergangene vor Augen gestellt.
Sind nicht beide Komponenten des Begriffs Dasein, das Da und das Sein, deiktischer Natur (das Sein ist das deiktische Moment im Weltbegriff, Projekt der namenlosen Welt)?
Bei Mt (Kap 24) heißt der Greuel am heiligen der Ort „Greuel der Verwüstung“.
Das kontrafaktische Urteil ist ein Instrument der ideologischen Geschichtsschreibung: ein Instrument aus der Werkzeugkiste des Schuldverschubsystems. Es rangiert unter dem Motto: Männer machen Geschichte (und deshalb machen sie auch gelegentlich etwas falsch).
Im Schematismus-Kapitel der Kritik der reinen Vernunft werden die Kategorien als Orte in Zeitkontinuum definiert.
Überzeugen ist unfruchtbar, Überreden die Vorstufe der Vergewaltigung: Gegenüber Kindern wird der Indikativ nicht selten als Steigerung des Imperativs gebraucht (anstatt „Martin, bleib hier“: „Der Martin bleibt hier“). Gegen den Imperativ kann man sich durch Widerspruch, durch Verweigerung (Trotz) wehren, während der Indikativ den Befehl gleichsam ontologisiert, ihn zu einem festgestellten Tatbestand macht, gegen den man sich nicht mehr wehren kann (Zusammenhang mit dem Gesetz und dem rechtskräftigen Urteil). Mißbrauch der elterlichen Sprachgewalt (Teilhabe am Gewaltmonopol des Staates)?
Kritik der vergleichenden Sprachwissenschaft: Nirgend müßten sich deutlicher die Folgen eines Positivismus nachweisen lassen als hier, wo die einfachsten sprachlogischen Zusammenhänge ausgeblendet werden.
Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie