Das Geld zerrinnt im Gravitationsfeld der Bedürfnisse wie die Zeit in der Sanduhr.
Die JVA Weiterstadt sollte die Möglichkeit eines „humanen Strafvollzugs“ – was immer das sein mag – bieten. Frage: Wessen Vorstellung von einem humanen Strafvollzug und wessen Phantasie, liegen dem zugrunde? Wer ist in der Planungs- und Entwicklungsphase hinzugezogen und gehört worden? Sind ehemalige und noch einsitzende Strafgefangene hinzugezogen worden, Verteidiger (Strafverteidiger), Gefängnisseelsorger? Kann ein Strafvollzug human sein, der nicht von den Erfahrungen der Betroffenen ausgeht (aber gehört es nicht zum Wesen des Strafvollzugs, daß es die Erfahrungen der Betroffenen verdrängt)? Wird hier nicht Humanität mit dem Pflegeleichten verwechselt: Es soll der Verwaltung und den politisch Verantwortlichen möglichst wenig Probleme bereiten (deshalb das sterile Design, die Lage weitab von Wohngebieten, ohne unmittelbare Verkehrsanbindung, Cluster-Bau mit Kleingruppenstrukturen, die zwar von außen überschaubar und beherrschbar sind, im Innern jedoch die Kommunikationsschranken verstärken, die Kontakte im Innern und nach Außen erheblich einschränken: insbesondere für Angehörige und Verteidiger wäre die Anstalt nur noch schwer erreichbar). Aber nachdem das Ganze schon so teuer war, und jetzt zusätzlich unter dem durch den Anschlag der raf verstärkten Öffentlichkeitsdruck, sind diese Probleme, um die sich ohnehin niemand mehr kümmert, für die Öffentlichkeit endgültig tabu.
Gemeinheit ist kein strafrechtlicher Tatbestand: Ohne diesen Grundsatz (der sich aus der deutschen Staatsmetaphysik herleiten läßt) könnte es keine Knäste, keine Polizei, keine Staatsschutz-Gerichte und keine Staatsanwaltschaft geben. Gemeinheit gehört zu den (Ab-)Gründen des Strafrechts und des Rechtsstaats.
„Wenn die Welt euch haßt …“ Diese Erfahrung, in der die Erinnerung daran nachklingt, daß im Weltbegriff, in der Gestalt der Verknüpfung von Allgemeinheit und Öffentlichkeit, die er repräsentiert, das Urteil aller sich ausdrückt, wird durch den gleichen Weltbegriff, durch seine eigene Logik, unterdrückt, verdrängt, als erfahrungsfremde Natur, als Außenwelt abgespalten und neutralisiert. Das ändert am Sachverhalt nichts, hinterläßt nur ein Bewußtsein der Ohnmacht gegen die Welt, das dann an einer Theologie sich tröstet, die der Verantwortung für die Welt entsagt hat und sich damit begnügt, in Anlehnung an das allherrschende Prinzip der Selbsterhaltung in der Gestalt der Unsterblichkeit der Seele einen privaten Ausweg aus der Welt vor Augen zu stellen.
Stadt und Haus, der König von Babel und der Pharao:
– Ist die Stadt der Ort des Anschauens (Astronomie), das Haus der Ort des Denkens, des Begriffs (Pyramide)?
– Und hat das „gedacht“ etwas mit dem Dach des Hauses, oder umgekehrt: hat das Dach, das den Blick zum Himmel versperrt, etwas mit dem Denken zu tun, mit dem Begriff, unter den eine Sache gebracht wird?
„Es sind aber zwei Bedingungen, unter denen allein die Erkenntnis eines Gegenstandes möglich ist, erstlich Anschauung, dadurch dasselbe, aber nur als Erscheinung gegeben wird; zweitens Begriff, dadurch ein Gegenstand gedacht wird wird, der dieser Anschauung entspricht.“ (Kant, Kr.d.r.V., S. 119) Liegt die Unterscheidung von Anschauung und Begriff nicht der des Mathematischen und Dynamischen (Welt und Natur) zugrunde (und macht die Formulierung „dadurch ein Gegenstand gedacht wird, der der Anschauung entspricht“ nicht das projektive Element im Denken sichtbar)? Die Unterscheidung des Mathematischen und des Dynamischen ist keine Unterscheidung zwischen getrennten Objekten, von denen die einen mathematischer und die anderen dynamischer Natur wären, sondern die gleichen Objekten werden durch die Urteilsform in einen mathematischen und einen dynamischen Anteil aufgespalten, sie sind fürs Anschauen mathematisch (Teil der Welt), fürs Denken dynamisch (Teil der Natur). Entsprechen dem nicht die auch sprachlich unterschiedenen Erkenntnisbegriffe Kants, der feminine, natur- und objektbezogene (die Erkennnis) und der neutrale, welt- und begriffbezogene (das Erkenntnis)?
Mit den subjektiven Formen der Anschauung hat Kant zwar das Wissen begründet, aber der Erkenntnis (durch Neutralisierung der Umkehr) den Weg verstellt.
Sind nicht die Namen der Planeten Stationen einen genetischen Konzepts? Sonntag, Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag: Sonne, Mond, Merkur, Jupiter, Mars, Venus, Saturn. Die Reihe stimmt mit der nach Abständen von der Sonne geordneten Reihe nicht überein (1,(2, Mond),3,6,5,4,7). Ist nicht Venus der altorientalische, Saturn der jüdische Planet? Und wäre die Velikovskysche Hypothese nicht noch deutlicher zu machen, wenn man zur Venus-Katastrophe die Saturn-Katastrophe hinzunimmt?
„Nimrod … wurde der erste Held auf der Erde. Er war ein tüchtiger Jäger vor dem Herrn.“ (Gen 109) Worauf verweist die Unterscheidung „auf der Erde“/“vor dem Herrn“? Hat Nimrod etwas mit dem Orion, und dieser etwas mit dem Ursprung des Heros, zu tun?
Zur Lehre von der ewigen Wiederkehr des Gleichen: Ist das nicht der Versuch, der kopernikanischen Theorie von den Umläufen im Raum ein Konzept von ewigen Umläufen in der Zeit entgegenzusetzen, und zwar aus der immanenten Logik des Systems selber? Nietzsches Version der Lehre schließt jedenfalls an naturwissenschaftliche Spekulationen sich an?
Hat nicht die Geschichte von den drei Leugnungen Petri auch einen kosmologiekritischen Hintergrund?
Hängt nicht die Tatsache, daß Jesus in Gleichnissen redet (und handelt), mit Verschiebungen im prophetischen Erkenntnisbegriff nach dem Ursprung des Weltbegriffs zusammen? Die Kritik des Weltbegriffs ist die Voraussetzung (das Medium) der Rekonstruktion prophetischer Erkenntnis.
Die komfortable Zweiteilung der Prophetie in Heils- und Unheilsprophetie ist ein Produkt ihrer christologischen Vergegenständlichung. Sie hat den Vorteil, daß sie die Vergangenheit stillstellt, indem sie die Heilsprophetie auf Christus, die Unheilsprophetie auf die Juden abstellt. Der Preis ist der kirchliche Antijudaismus; die Juden haben ihn zahlen müssen, weil die Christen glaubten, sich die Nachfolge ersparen zu können.
Es gibt zwei Gestalten der christlichen Theologie. Die eine ist die paulinische; sie ist ein Theologie ex post. Die andere ist die johanneische (die Täufer-)Theologie, und das ist eine Theologie ex ante. Diese zweite ist verdrängt und unterdrückt worden, sie ist so interpretiert worden, daß sie präzise auf den Kopf gestellt worden ist. Das hat auch das Verständnis der paulinischen Theologie tangiert, sie entstellt. Die Täufertheologie besteht eigentlich nur aus zwei Sätzen:
Kehrt um, denn das Reich Gottes ist nahe.
Und:
Seht das Lamm Gottes, das die Sünden der Welt auf sich nimmt.
Auf den Kopf gestellt wurde die Täufertheologie durch ein doppeltes Mißverständnis (oder durch zwei falsche Übersetzungen):
– Im ersten Satz wurde die freie Umkehr durch ein autoritäres Buße-Tun ersetzt;
– im zweiten Satz wurde das Auf-sich-Nehmen (der Sünden der Welt) als Hinweg-Nehmen (als Entsühnung der Welt) verstanden. Dieses Verständnis widerspricht zwar jeder Erfahrung der Welt (und den Abschiedsreden Jesu im Johannes-Evangelium); der Widerspruch zur Erfahrung wurde dann jedoch durch einen Begriff des Glaubens überbrückt, der seitdem die ganze Theologie verhext.
Was hier passiert ist, läßt sich wieder mit zwei Sätzen verdeutlichen:
– Die Umkehr und das Auf-sich-Nehmen der Sünden der Welt fallen unters Nachfolgegebot;
– das Buße-Tun und das Hinweg-Nehmen der Sünden der Welt (die „Entsühnung der Welt“ durchs „Opfer“ Jesu) leugnet die Nachfolge, ersetzt sie durchs Bekenntnis.
Bedeutet das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit nicht auch, daß das Licht dem Zeitablauf entzogen ist. Soweit das Licht dem Zeitablauf doch unterworfen ist, ist das Effekt, der dem Inertialsystem zuzurechnen ist, dieses System auf eine ganz neue Weise verzeitlicht (sic, B.H.). Den Schein des Überzeitlichen haben der Raum und das Inertialsystem allein vom Licht.
Hängt die Geschichte mit dem tohu wa bohu, der Finsternis über dem Abgrund und dem Geist Gottes über den Wassern mit den sechs Richtungen im Raum zusammen? Wären Goethes „Leiden und Taten des Lichts“ nicht über die Farben hinaus auf die Kosmologie und den Evolutionsprozeß zu beziehen? Gehören zu den Leiden und Taten des Lichts nicht auch die Sterne, die Umläufe der Planeten, das Leben der Pflanzen, der Tiere und am Ende auch der Menschen? Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Evolutionsgeschichte und der Geschichte des Sonnensystems?
Woher kommen die griechischen, lateinischen und deutschen Namen für Himmel und Erde (hängt Erde mit Er zusammen)?
Nietzsche
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31.03.93
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29.11.92
Wie ein geiles Ross ist ein gehässiger Freund, unter jedem Reiter wiehert es. (Sir 336)
Woher kommt und was bedeutet der Begriff Kamerad? Zusammenhang mit camera, Kammer: Gefährte, Kammergemeinschaft (Kluge). Bezieht sich die „Kameradschaft“ nicht primär auf die Situation einer physischen, durch Front und Feind bestimmten Gefahrensituation? In rechten Gruppierungen üblich, Abgrenzung gegen Feind und Verräter, Zusammenhang mit (oder durch?) Xenophobie: Xenophobie als Mittel der Selbstdefinition (Antisemitismus). Zur Kameradschaft gehört der „Kampf gegen den inneren Schweinehund“ (gegen die Versuchung zur Identifikation mit dem Fremden). Ist nicht der Kamerad der „gehässige (verräterische) Freund“? Die Kameradschaft hält so lange wie die Frontsituation (das „Fronterlebnis“), außerhalb wird sie nur zusammengehalten durch die ambivalente Führerbeziehung (die in der Gegenrichtung das Gegeneinander-Ausspielen der Kameraden mit einschließt). So hängt die Rolle des Soldaten (und die des Polizisten) zusammen mit Mord und Vergewaltigung. – Dekonstruktion des Liedes vom guten Kameraden (Kohls Besuch in Bitburg und Verdun, „Versöhnung über Gräbern“, Heldengedenken, Totenkult und „Beschwörung der Vergangenheit“, Gräberschändungen).
Wie verhalten sich die Begriffe Kamerad, Kollege und Genosse zueinander?
Vergleiche hierzu das mythische Bild des Pferdes (die durch den Wind trächtig werdenden Stuten), auch die Geschichte des Pferdes (seit wann Reiter, seit wann ziehen Pferde den Pflug?). Pferd und Sexualität: warum lieben 10-/12-jährige Mädchen Pferde? Pferd und Rasse (Rassepferd, Rasseweib). Nietzsches Wahnsinn wurde ausgelöst durch den Anblick einer Pferdemißhandlung.
Die thomistische Lösung des Universalienstreits, wonach die Universalien für Gott ante rem, für die Menschen post rem zu verstehen sind, ist durch Kant, durch die transzendentale Logik, durch das Konzept der synthetischen Urteile apriori, auf den Kopf gestellt worden. Hier sind die Zeitverhältnisse umgekehrt worden: das war der Preis für die Vorstellung einer homogenen Zeit. Wer glaubt, die kantische Philosophie thomistisch rezipieren zu können, für den werden in der Tat das Transzendente und das Transzendentale ununterscheidbar: er zerstört die Grundlagen der Theologie.
Das Evangelium ist eine Flaschenpost; und das Dogma enthält die Formel des Meeres, in dem diese Flaschenpost bis heute unentdeckt schwimmt.
Die offizielle Theologie heute ist maskierter Atheismus.
Bezieht sich das Neutrum (als ne utrum) nicht auf Himmel und Erde; und fällt sein Ursprung nicht zusammen mit dem des Weltbegriffs (die Welt ist keins von beiden, weder Himmel noch Erde)?
Jericho, Sodom und Gibea: Rahab und die Frau und die Töchter Lots (über die Moabiterin Ruth) finden sich im Stammbaum Jesu wieder. Die „Nebenfrau des Leviten“, die dem Mob geopfert wird, kommt wie Jesus aus Bethlehem in Juda.
Ist Daniel der einzige Prophet, der den Traum und seine Deutung kennt? (Dan 25,15ff) -
26.10.92
Metz, S. 138f, vgl. auch S. 77ff: Hier ist leicht zu bestimmen, wo der Fehler liegt, wo M. nicht zu Ende gedacht hat.
S. 140: Wie verhält sich Gemeinde zu Kirche? Beziehung des Begriffs Gemeinde zu Allgemeinheit, Meinung, Gemeinheit: zum Possessivpronomen 1. Pers. Sing.
Heidegger benennt das Gefängnis, in das das Dasein geworfen ist, den Ort der Isolationshaft, aufs präziseste: das In-der-Welt-Sein.
Die Verinnerlichung des Schicksals (und der Ursprung des Begriffs und des Weltbegriffs) ist der Keim der Geschichte der Entfaltung, und am Ende auch wieder der Verinnerlichung von Herrschaft. Beide sind im Weltbegriff auf einander bezogen und nur durch ihre gemeinsame Beziehung zum Weltbegriff hindurch zu begreifen. Das Herrendenken hat seinen Ursprung in den Anfängen der Philosophie.
Zu Brot und Wein vgl. Spr 417: Sie (die Frevler) essen das Brot des Unrechts und trinken den Wein der Gewalttat.
Was solche Lieder bewirken wie „Der Glaube ist nun fest verbürgt, … das Leben hat den Tod erwürgt“, ist kaum abzuschätzen; ähnlich „… hilf uns hier kämpfen, die Feinde dämpfen, Sankt Michael“.
Woher kommt der Name der Griechen? Nachdem die „Hebräer“ sich als Israeliten erweisen, die „Griechen“ im NT überall Hellenen sind, wäre es vielleicht doch sinnvoll, mit den Namen etwas weniger leichtfertig umzugehen. Kann es sein, daß hier ein (mittelbar ebenfalls leicht antisemitisch getönter) Sprachgebrauch der deutschen Klassik, die sich auf die „Griechen“, nicht auf die Hellenen bezogen hat, nachwirkt?
Kristallisert sich die wechselseitige Vertauschung von Rechts und Links mit Vorn und Hinten in den differierenden erkenntnisleitenden Blöcken der Naturwissenschaften und der politischen Ökonomie aus (aber beides unter dem Gesetz der trüben Vermischung von Religion und Herrschaft in der oberen Welt)?
Der abgespaltene Bereich des Sakralen (des Numinosen) konstituiert in der trüben Vermischung von Religion und Herrschaft in der oberen Welt. Die Verweltlichung der Welt, Reflex der Verinnerlichung von Herrschaft, hat dieser Vermischung die Grundlage entzogen, sie erzwingt die (fast unmögliche) reine Darstellung der Religion, die damit aufhört, bloß Religion zu sein: Theologie im Angesicht Gottes, nicht hinter seinem Rücken. Insoweit ist die Entzauberung der Welt, ihre Verweltlichung oder die Vollendung des Falls, die Grundlage einer Erneuerung der Theologie. Die Mischung von Religion und Herrschaft ist nicht mehr zu halten (im Namen des Himmels das Wasser vom Feuer zu trennen). In der Geschichte der Verinnerlichung von Herrschaft hat die Herrschaft ihre religiösen Symbole verloren; das hat die Kirche, die fast keine anderen mehr kennt, als Zerfall der Religion angesehen, während sie in Wahrheit eine Voraussetzung ihrer Läuterung war; verlorengegangen ist nur die falsche Verständlichkeit der Religion in der Gestalt der Herrschaftsmetaphorik. (Schleiermacher und vor allem Rudolf Otto wären unter diesem Gesichtspunkt einmal genauer zu lesen.)
In der Heideggerschen Interpretation der aletheia trifft der blinde Fleck des bürgerlichen Bewußtseins im Sein auf seinen eigenen Ursprung, auf sein gegenständliches Korrelat (die falsche Trennung und Verbindung).
Die Philosophie lebt vom Schein der Äquivalenz des Einen und des Allgemeinen, Produkt und Widerschein der Subjektivität. Auszugehen wäre von den Unterscheidungen im Allgemeinen selber (wie bei Rosenzweig: von den Unterscheidungen im Naturbegriff, die daher rühren, daß nicht mit sich identisch bleibt, wenn er auf Gott, Welt, Mensch bezogen wird).
Wenn Jesus das Ja und Amen zur Welt wäre, dann gäbe es keine Auferstehung der Toten.
Weltkritik als Herrschaftskritik, oder gegen den Mißbrauch des Schreckens: der Schrecken ist ein Moment und ein Produkt der Verblendung durch Herrschaft, hervorgerufen durch durch die Schuldwahrnehmung im Stande der Unfähigkeit zur Schuldreflexion. Die verdrängte Gottesfurcht kehrt als Schrecken von außen zurück.
Das Wehe bei Jesus ist keine Drohung in dem Sinne, in dem die verdrängte Gottesfurcht es erfährt.
Ein erschütterndes Wort: „Wenn ich will, daß er bleibt, bis ich wiederkomme, was geht’s dich an.“
Der Antisemitismus spielt sich nicht auf der Seite des Bekenntnisinhalts, sondern auf der der Bekenntnisform, seiner Logik, ab. Anders formuliert: Im Kontext eines Weltbegriffs, der die Religion zum Bekenntnis entmächtigt, wird diese Religion, und werden nach ihm alle konfessionellen Inhaltsderivate, zwangsläufig antisemitisch.
Die vom Weltbegriff nicht abzulösende Vorstellung einer homogenen Zeit und ihre Anwendung auf den theologischen Bereich (insbesondere in der Schöpfungslehre und in der Christologie) ist die Ursünde der Theologie. Was an sich jeden Gedanken an eine Vergangenheit von sich ausschließt, kann für uns sehr wohl als vergangen erscheinen, und zwar aufgrund jener das endliche Bewußtsein konstituierenden Brechungsschicht, die am zweiten Schöpfungstag, als Feste zwischen den Wassern, geschaffen ist und von Gott Himmel (schamajim) genannt wurde. Die Wirkung dieser Brechungsschicht ist nur aufzuheben durch Trennung der Wasser vom Feuer, durch Auflösung der Wasser, aus denen bei Thales die Philosophie entsprungen ist.
Thermodynamik, Elektrodynamik und Mikrophysik sind Aspekte jener differenzierten Beziehung von Raum, Zeit und Materie, die ins Inertialsytem durchs Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit hereingekommen ist.
Nietzsches Wort von dem Gedächtnis, das nachgibt, ist noch zu harmlos. Aufgrund der Ausstattung unseres psychischen Haushalts, die wir in der Geschichte unserer Sozialisation übernommen haben, gibt es Bereiche, an die das Gedächtnis, bevor es überhaupt nachgeben könnte, schon gar nicht mehr heranreicht. Das „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“ läßt sich nicht auf den Bereich des (von uns selbst) Verdrängten einschränken; es gibt Bereiche des gesellschaftlich Verdrängten (und die Geschichte der Auseinandersetzung der Orthodoxie mit den Häresien ist eine Geschichte des forschreitenden gesellschaftlichen Verdrängungsprozesses), an denen wir bloß passiv partizipieren, die uns gleichsam „hinter unserem Rücken“ bestimmen. Diese Bereiche erschließen sich erst im Kontext der „Übernahme der Sünde der Welt“ (ich bin als Christ auch für meinen Charakter, ja, auch für mein Gesicht verantwortlich).
Zum Fundamentalismus: Auch hier reicht nicht die Verurteilung, sondern es gilt (wie zuvor schon in der ganzen Geschichte der Häresien, deren letzter Erbe er ist), das Problem, für das er steht, zu lösen, um ihm nicht selber zu verfallen (Verhältnis von Religion und Herrschaft; Ursprung und Kritik des Sakralen).
Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Urschisma und dem Ursprung der Gnosis (Antijudaismus und Rezeption des Weltbegriffs)? -
14.10.92
Nach dem Sohar sind Tohu und Bohu der Abgrund (mit der Finsternis darüber) und die Wasser (über denen der Geist Gottes brütet).
Die Kirche ist das steinerne Herz der Welt; aber garantiert dieses steinerne Herz, daß die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen? Vgl. Ranke-Graves: Hebräische Mythologie, S. 52f.
Adorno hat einmal festgestellt, daß Philosophie heute deshalb von den Studenten nicht mehr verstanden werde, weil sie aus jedem Satz nur noch heraushören, wofür oder wogegen er sei. Ich glaube, das drückt aufs genaueste aus, was das Bild vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen im Zusammenhang mit dem Sündenfall bezeichnet.
Der gordische Knoten war der Knoten, mit dem das Joch an die Deichsel des Ochsenkarrens gebunden war. Was ist das Joch, und was ist die Deichsel?
Man kommt der Sache näher, wenn man die transzendentale Logik, den transzendentalen Apparat insgesamt, als eine Gottesfurcht-Vermeidungs-Maschine begreift. Zentrale Bedeutung bei dem Versuch, das zu reflektieren, hat der Weltbegriff.
Die Idee der Schöpfung ist eine apokalyptische Idee. Das transzendentale Subjekt muß sich über den unendlichen, tantalischen Prozeß an das unerreichbare Ende der Zeit setzen, um die Vergangenheit als Totalität und sich als Subjekt (d.h. die Welt als Deckel auf der toten, vergangenen Natur) konstituieren zu können. Das Instrument, mit dessen Hilfe das allein gelingt, ist die Mathematisierung des Raumes (die Reversibilität der Richtungen und die Orthogonalität ihrer Beziehungen); das impliziert die Vernichtung der Schöpfungsidee und hat die Konstituierung des Objekt- und Materiebegriffs zur Folge (das „Staub bist du, und zu Staub wirst du wieder werden“, zu dem gleichen Staub, den die Schlange frißt, von dem sie sich nährt: das Objekt steht in einer – durch das Ende der Zeit vermittelten – orthogonalen Beziehung zum Begriff; Orthogonalität als Kern der Urteilstheorie, Zentrum der Ontologie und der Orthodoxie, Grund der „verandernden Kraft des Seins“). Vorbild dieser ebenso verhängnisvollen wie skandalösen Erkenntnisbegründung ist die Dogmatisierung des Bekenntnisses (und ihres Kerns: die Entfaltung der Trinitätslehre, der Christologie und der Opfertheologie), die Begründung der Orthodoxie. Ist Petrus der Stein, der hier zu Staub zermahlen wird?
Die Lauretanische Litanei wäre mal wieder neu zusammenzustellen. Erhalten bleiben würde allein Maria Magdalena (die „Büßerin“), alle anderen, vom Sanctus Karl (Marx) über Sanctus Sigmund (Freud) und Sanctus Albert (Einstein) zu den Sancti Martyres Franz (Kafka und Rosenzweig) und vom Sanctus Walter (Benjamin) zu den Sancti Max et Teddy (Horkheimer und Adorno) kämen neu hinzu.
Wenn Nietzsche die jüdische und christliche Religion als Sklavenreligion denunziert, so hat er damit einen realen Sachverhalt sehr präzise beschrieben: die zentrale Bedeutung des Knecht-Gottes-Motivs. Aber dieses Knechtsein ist der Grund der Freiheit, dessen, was Autonomie bloß meint, nicht erreicht. Nicht zufällig läßt die Denunziation als Sklavenreligion keinen anderen Ausweg als den in die Lehre von der Ewigen Wiederkehr des Gleichen und in den Willen zur Macht. Beide zementieren den Deckel, mit dem die Vergangenheit endgültig verschlossen wird.
Die Ängste, die die ersten Meldungen über die Greuel des Judenmords nach dem Krieg in Teilen der katholischen Bevölkerung ausgelöst haben, und die sich in Sätzen wie: „Das wird sich einmal rächen“ ausdrückte, scheinen sich heute im Zustand der katholischen Theologie in Deutschland, in der Verwirrung, der Konfliktunfähigkeit und den nicht mehr auflösbaren Problemen, zu erfüllen.
Enthalten nicht die bei Neonazis so „beliebten“ Gräber- und Friedhofschändungen eine andere Bestätigung des franziskanischen Satzes „Unus daimon plus scit quam tu“? Schon im NT waren es die Dämonen, die ihn als erste erkannten.
Das Problem des Lachens hängt mit dem des Bekenntnisses, und beide mit dem Realgrund der Dämonenlehre zusammen.
Jedes Urteil partizipiert am Weltgericht: Das Sein ist der Inbegriff dieser Partizipation (Antizipation des Endes der Zeit, das das Prädikat, den Begriff, vom Objekt trennt). Die Begriffe Welt und Natur konstituieren sich zusammen mit dem des Wissens („nur Vergangenes wird gewußt“), und alle drei sind Abkömmlinge der Schicksalsidee.
Das Sein, die Kopula im Urteil, trennt und verbindet Begriff und Gegenstand ähnlich wie die Orthogonalität die Dimensionen des Raumes, seine Beziehung zur Zeit und die Beziehung beider zur Materie. Auch die Begriffe Welt und Natur stehen in einer Art Orthogonalitätsbeziehung (wie Raum und Zeit). Erst die Naturwissenschaft, dieses System von Orthogonalitätsbedingungen (zu denen vorab das Inertialsystem und die Erhaltungssätze gehören), hat die Ontologie begründet. (Welche grammatische Funktion haben die Hilfszeitverben Sein, Werden und Haben, und welche Beziehung zu Raum und Zeit drückt sich ihnen aus?)
Das Dogma vom Bann des Inertialsystems befreien: Das tollere (qui tollit) kann im Hinblick auf die peccata mundi als Hinwegnahme verstanden werden, wenn es futurisch, nicht als Bezeichnung einer schon abgeschlossenen Handlung, verstanden wird. Das Gleiche gilt für die Opfertheologie: Mit dem futurischen Sinn ist das Nachfolgegebot in beide mit hereinzunehmen. Unter dieser Voraussetzung wird auch die Mysterientheologie Odo Casels sinnvoll und verständlich, wenn sie nicht als Mysterium der Wiederholung einer vergangenen Handlung, sondern als Mysterium einer noch nicht abgeschlossenen, noch nicht vollendeten Handlung verstanden wird. Und das „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ kann nur unter Einschluß des Nachfolgegebots richtig verstanden werden, nicht als folgenlose Erinnerung. Denn daran kann kein Zweifel sein: Diese Welt ist nicht so, daß man auch nur mit dem geringsten Schein von Recht von ihr sagen könnte, die Schuld sei bereits von ihr hinweggenommen. Aber ohne die Hinwegnahme der Sünde der Welt ist auch die Erlösung der Menschen nicht denkbar. Darin liegt die unermeßliche Bedeutung des Täufersatzes (sowie der Gethsemanegeschichte und des Satzes „Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen“). -
24.08.92
Worauf beziehen sich die von Heinsohn (S. 49) aufgeführten Stellen über pharmakeia = Zauberei? Sie gehören zu einem Verworfenheitskatalog, zu dem auch Unzucht, Mord u.ä. gehören. Bezieht sich der Begriff der Zauberei nicht eher auf den dämonischen (instrumentalisierenden) Gebrauch des Opfers (der sich u.a. im Handel fortsetzt)? Und entstammt der Hexenwahn (wie auch die kirchliche Sexualmoral, in deren Geschichte sie hereingehört) nicht der patriarchalischen, verdinglichenden Umdeutung dieses Begriffs der Zauberei?
Im Kontext der Auslegungsgeschichte des Begriffs der Zauberei (d.h. im Kontext der Geschichte der christlichen Sexualmoral, der Hexenverfolgung und der gegenwärtigen Abtreibungskampagne) läßt sich präzise bestimmen, was das Neue Testament die Sünde wider den heiligen Geist nennt.
Dämonisch ist der Hexenwahn: diese Art der projektiven Zauberei-Unterstellung.
Unsere Theologie heute ist die Gestalt gewordene Prophetie-Empfängnis-Verhütung. Und das kirchliche Lehramt ist (als Gottesfurcht-Vermeidungs-Institut) ein einziges Präservativ, ein Theologie-Verhüterli. Wirksamstes Instrument dieser „Empfängnisverhütung“ ist der verdinglichte (dogmatisch sich objektivierende) Wahrheitsbegriff.
Mit dem Beginn der Hexenverfolgung verliert die Kirche, zusammen mit der prophetischen, ihre häresienbildende Kraft. Und die neue Orthodoxie: das sind (als Gestalten subjektloser, technisch verdinglichter Prophetie) die Naturwissenschaften, zu deren Vorgeschichte die Judenfeindschaft, der Kampf gegen die Häresien und die kirchliche Frauenfeindschaft als Ursprungsbedingungen dazugehören.
Heinsohn und Götz Aly/Susanne Heim: Merkwürdig, daß sowohl die Hexenverfolgung als auch der Holocaust (die größten gesellschaftlichen Naturkatastrophen) fast zwanglos aus bevölkerungspolitischen Konzepten (aus dem Versuch, das Armutsproblem durch technologische bevölkerungspolitische Konzepte zu lösen) sich herleiten lassen.
Christologie, die Vergöttlichung des Opfers, oder der schizogene Naturbegriff. Die double-bind-Strukturen reichen in die Trinitätslehre und den Naturbegriff zurück und enthüllen sich der Kritik als symbiotische Herrschafts- und Exkulpierungs-Instrumente.
Natur, Pan und Panik, oder die Installierung des Schreckens.
Der Raum und das Lachen: Hegels Philosophie wird vom Gelächter eingeholt (vgl. Derridas Hinweis auf Bataille). Das Gelächter als Reaktion auf Hegels Begriff der Aufhebung entspricht dem Lachen in Büchners „Lenz“ und dem Ursprung der Lehre „Gott ist tot“ in der „Fröhlichen Wissenschaft“ Nietzsches. Dieses Gelächter bringt das Hegelsche Absolute zu Fall. Aber das hat Hegel selbst gesehen; Heine hat es notiert. Und das Hegelsche Weltgericht ist nur ein anderer, emphatischer Ausdruck für die lakonische Feststellung Wittgensteins: „Die Welt ist alles, was der Fall ist.“
In der Ausländerfeindschaft, im Fremdenhaß (im sogenannten Asylantenproblem), explodiert die kirchliche Tradition des Kampfes gegen die Heiden und gegen die Häresien. Die zentrale Funktion des Namens der Barbaren im Prozeß der philosophischen Begriffsbildung hat in der Kirche (für das Selbstverständnis des Glaubens) der Name der Heiden übernommen, der nach Bildung der National- und Volkskirchen dann leicht mit dem der Ausländer (den Nachfahren der Häretiker und der Andersgläubigen) verschmelzen konnte.
Aus Angst vor der Wahrheit pflegen die Kirchen heute den autoritären Charakter, dieses Theologie-Verhütungs-Instrument. Zu seinen Konstituentien gehören die Xenophobie und das „No pity for the poor“.
Das Gebot der Feindesliebe ist ein Riegel vor der Paranoia (und sprengt den Natur- und Weltbegriff). Zur Übernahme der Sünde der Welt: das verdinglichende, objektivierende Erkenntnisgesetz bedient sich des Weltbegriffs als Exkulpierungsmittel. Das Gebot der Feindesliebe, die Übernahme der Sünde der Welt und das Arglosigkeitsgebot sind drei Seiten ein und derselben Sache.
Die Velikovsky-Heinsohnsche Venus-Theorie, das Naturkatastrophen-Konzept, das den altorientalischen (vorweltlichen) Sternen-und Opferdienst und seine Funktion im Prozeß der frühgeschichtlichen Staatenbildung begründen soll, ist ein entstellter Hinweis auf das in der Bibel mit den Begriffen Unzucht, Hurerei und Zauberei bezeichnete Problem. Und mir scheint, die Velikovsky-Heinsohnsche Theorie gewinnt einen Teil ihrer Plausibilität daraus, daß sie das Eingehen auf den patriarchalisch-frauenfeindlichen Anteil dieser Geschichte überflüssig macht (konsequenterweise muß Heinsohn genau diesen Aspekt dann auch aus der Geschichte der Hexenvervolgung wegerklären). Zumindest als Resonanzboden der Wirkung einer frühgeschichtlichen interstellaren Naturkatastrophe müßte dieser gesellschaftliche Aspekt der Naturkatastrophe im Kontext der Entstehung der Großreiche mit reflektiert werden. Die mit der Venustheorie verbundene Chronologie-Revision wird damit nicht nur nicht hinfällig, vielmehr wird so erst das Hintergrund-Problem sichtbar, das da mit drin steckt: Die projektive Ausgestaltung (Verzerrung) der altorientalischen Geschichte, die Verdreifachung von Staaten, Dynastien und Völkern spiegelt einen vergleichbaren Vorgang im gleichzeitigen Erkenntnisprozeß der Naturwissenschaften (im neunzehnten Jahrhundet). Auch hier wird gleichsam ein überflüssiger Reichtum an Fakten und Objekten geschaffen, vor dem wir heute ebenso staunend wie begriffs- und hilflos stehen. Mir scheint das historische Chronologie-Problem hängt mit dem erd- und naturgeschichtlichen durch die gleichen Erkenntnismechanismen, denen der Ursprung beider Probleme sich verdankt, zusammen. Könnte es nicht sein, daß der historischen Verdreifachung (die vor allem sprach-und schriftgeschichtlich aufzulösen wäre) eine Verdreifachung im naturgeschichtlichen Bereich nicht nur entspricht, sondern sogar zugrundeliegt: Auch hier wird in einen langen (quasiharmonischen) Evolutionszeitraum zurückprojiziert, was in anderen, (von außen gesehen:) katastrophenähnlichen Prozessen in einer ganz anderen chronologischen Folge durchsichtig zu machen wäre, wenn es gelingt, die Reflexion des Referenzsystems des naturwissenschaftlichen Objektbegriffs (des Inertialsystems) und seiner Beziehung zur Sprache in die Erkenntnis mit einzubringen.
Ist das Chronologie-Problem ein Umkehr-Problem, ein Problem der Selbstbesinnung des Herrendenkens? (Zusammenhang mit den sieben unreinen Geistern?)
An Heideggers Begriff des „Vorlaufens in den Tod“ ist zu ermessen, was am Ereignis des Kreuzestodes und seiner kirchlich-theologischen Rezeption aufzuarbeiten, welche Erinnerungsarbeit zu leisten wäre. Die Verwechslung des Kreuzestodes Jesu (der für seine Henker um Vergebung bittet) mit dem Tod des Sokrates (der sich mit seinen Richtern identifiziert, selber das Urteil vollstreckt) bezeichnet einen wichtigen Aspekt des Problems der Beziehung von Theologie und Philosophie (und der Opfertheologie als Brennpunkt dieses Problems).
Die ironische gemeinte Bemerkung Heinsohns, „die Rauschmittel als Ziel der Hexenverfolgung zu behaupten, käme der These gleich, daß in Deutschland die Juden ausgerottet wurden, um die Spitzenleistungen in Physik und Mathematik zu eliminieren“ (S. 65), trifft gar nicht soweit daneben, wenn man nur das Wort „Spitzenleistungen“ durch den konkreteren Hinweis ergänzt, daß hier in der Tat mit Einstein, Weil und Minkowski die Naturwissenschaften der Grenze ihrer Selbstaufklärung in einer für den Einbruch der Barbarei gefährlichen Weise nahe gekommen waren. Dem hat dann die deutsche Sektion der Kopenhagener Schule mit Mühe und insoweit auch mit Erfolg entgegengearbeitet, als es seitdem ernsthafte theoretische Fortschritte in den Naturwissenschaften nicht mehr gegeben hat (der nächste Schritt nach der zu vermutenden Vollständigkeit des theoretischen Instrumentariums kann nur noch der der Selbstaufklärung sein). -
19.07.92
Der Beifall ist nicht so sehr Lohn für eine Leistung, als vielmehr Teil jenes verdinglichten Seligkeitsbegriffs, zu dem -nach Augustinus (dessen Predigten nach van der Meer nicht selten vom Beifall der Gläubigen unterbrochen wurden) – auch der Anblick der Qualen der Verdammten in der Hölle gehört. Im Beifall verpufft die Angstfreiheit, die die Musik verspricht; er stellt die Alltagssituation, in der sich niemand mehr diese Angstfreiheit leisten kann, wieder her. Im Beifall manifestiert sich explosiv und zugespitzt die ganze Problembreite des Lohns in der vom Tauschprinzip beherrschten Gesellschaft; des Lohns, der von der Moral und Theologie bis hin zum Arbeitsentgelt im Kapitalismus die Idee des Glücks (der Güte ohne Lohn, des richtigen Lebens, das seinen Lohn in sich selber hat) neutralisiert und zerstört. Seitdem glaubt niemand mehr im Ernst (sondern nur noch in dem demonstrativen Sinne eines Glaubens für andere, der dann zum Teil eines Herrschaftssystems und Gegenstand der wissenschaftlichen Theologie geworden ist) an die Unsterblichkeit der Seele oder an die Auferstehung der Toten.
Liszt (und vor ihm in einigen Werken Beethoven, nach ihm dann allerdings potenziert der unsägliche Richard Wagner) hat den Beifall in die Musik mit hineinkomponiert.
Das „Wissen um“ oder die Neutralisierung der Theologie (zu Tiemo Rainer Peters „Mystik Mythos Metaphysik“, S. 70): Mit dem Hinweis auf die IX. der Benjaminschen Thesen „Über den Begriff der Geschichte“ spricht Peters von „einem memorativen Wissen um den Tod und die Toten“. Mit dieser Formulierung neutralisiert er den theologischen Sinn des Eingedenkens, der Erinnerung, und transportiert ihn ins sterilisierte Begriffs-Labor einer Wissenschaft, die aufs peinlichste jede Berührung mit einer Sprache meidet, die vielleicht doch in Gefahr geriete, ihre benennende Kraft (und im Begriff der Erkenntnis selber deren Beziehung zum Gebet) wiederzugewinnen. Die Erinnerung haftet am Namen, das „Wissen um“ verweist auf das namenlose, vergegenständlichte Korrelat des Begriffs. Diese (memorativ vergegenwärtigte) Vergangenheit unterscheidet sich von der erinnerten dadurch, daß in ihr der „Anspruch“ an die „schwache messianische Kraft“, die „uns wie jeder Generation vor uns mitgegeben“ ist (These II), bereits gelöscht ist. Vergangenes wird gewußt, aber erst das „Wissen um“ die Vergangenheit, das dem Eingedenken sich in den Weg stellt, neutralisiert sie, raubt ihr die theologische Kraft. Das „Wissen um“ leugnet um einer Gewißheit willen, die sich an die Stelle des Gewissens setzt, den Grund der Lehre von der Auferstehung der Toten. Auch das ist eine Methode, mit Auschwitz (der Massenreproduktion des Kreuzestodes, der bis heute nur der Abstieg zur Hölle, aber keine Auferstehung folgte) fertig zu werden.
Das Christentum hat seit je „Vergangenheiten überwunden“: den Mythos, die jüdische Tradition, die Häresien (und heute auch Auschwitz?). „Überwunden“ aber hat es damit eigentlich nur die Erinnerung der Schuld, die ihm in den Gestalten des Heidentums, der Juden, der Ketzer (und schließlich auch der Frauen: in der Geschichte vom Sündenfall ist allein der Fluch über Eva mit einer Verheißung verknöpft, während Adam nur die Schlange nährt) vor Augen stand. Die Überwindung aber war seit je ein anderer Name für Verdrängung: jedenfalls ist die Erinnerung dessen, was die Kirche in ihrer Geschichte alles überwunden hat, bis heute nicht ins theologische Selbstverständnis der Christen (und ins christliche Verständnis der Theologie) mit eingegangen. Deshalb war Theologie seit je bloß apologetisch, Rechtfertigung: Theologie hinter dem Rücken Gottes, und aus dem gleichen Grund dogmatisch; und das Bekenntnis war der Institutionskitt, der die Gemeinschaft der Gläubigen bei der Stange hielt; beide sind Produkt der Kraft des Bindens, die der Kirche mitgegeben ist. Theologie im Angesicht Gottes hingegen (der Anfang der Kraft des Lösens, die der Kirche verheißen ist) wäre nicht mehr apologetisch, sondern prophetisch; das Bekenntnis würde das der Erbschuld (und den Anteil der Kirche daran: die bis heute verweigerte Übernahme der Sünde der Welt ) mit einschließen, es wäre endlich Teil der Gottesfurcht, die nach der Schrift der Anfang der Weisheit ist.
Notwendig wäre eine sprachliche Analyse der Theologie beider christlichen Konfessionen heute (z.B. Wendungen wie Theologie als „Rede von Gott“, „Vollzug“ von Gedanken innerhalb der Theologie – so als handele es sich um eine Art Strafvollzug – u.ä.). Trotz oder wegen der Logos-Theologie ist auffällig, wie niedrig der Level der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit ist. Gründe scheinen zu sein:
– der Stand der naturwissenschaftlichen Aufklärung, der eine Kritik des positivistische-gegenständlichen Wahrheitsbegriffs fast unmöglich macht,
– insbesondere in Deutschland der unabweisbare Exkulpations- und Rechtfertigungsdruck nach Auschwitz und Faschismus,
– der geschichtslogische Stand des Bekenntnisbegriffs (zusammen mit der Rezeption des lutherischen Rechtfertigungsbegriffs im Katholizismus): als Folge der Verinnerlichung und Verdrängung der häresienbildenden Kraft,
– Theologie hinter dem Rücken anstatt im Angesicht Gottes,
– Rückwendung der im Entstehungsprozeß des Dogmas entsprungen projektiven Gewalt gegen das Subjekt der Theologie selber: die Kirche,
– Unauflösbarkeit des Komplexes Opfertheologie, Gnadenlehre und Heilsverwaltung, nach Verdrängung der Nachfolgeidee (Zusammenhang von Logosidee und Übernahme der Sünde der Welt, von Sprach- und Schuldreflexion),
– im Katholizismus auffällig die Verwechslung von transzendent und transzendental (ontologisches Mißverständnis der transzendentalen Logik), das positivistische Dogmen- (und Wissenschafts-)verständnis, die Unfähigkeit zur Erkenntniskritik.
Zum Problem des Atheismus: Heideggers Frage, warum überhaupt etwas ist und nicht vielmehr nichts, unterstellt, daß ein Nichts im Sinne seines Satzes (wenn auch nicht sich denken, so doch) sich vorstellen lasse. Und kein Zweifel, vorstellen läßt es sich nur in Anlehnung an die Vorstellung des leeren Raumes, ähnlich wie in dem Satz: Wo nichts ist, hat auch der Kaiser sein Recht verloren. Schwierig wird’s jedoch, wenn man sich alles fortdenkt (von allem abstrahiert), bleibt dann nicht doch der leere Raum, auch das Vorher und Nachher, die leere Zeit? Der Arme hat nichts, aber ist dieses Nichts nicht doch schon ein bestimmtes Nichts, das Nichts an Nahrung, Kleidung, Haus und Freunden? Noch bestimmter wird das Nichts der verschuldeten Länder der Dritten Welt: Sie haben nichts, um ihre Schulden (und die Zinsen für ihre Schulden) zu bezahlen. Der Arme hat nicht einmal Schulden (denn er hat niemanden, der ihm zuvor etwas leihen würde), während das Nichts der verschuldeten Länder, die verbrauchten Kredite, immer noch die Beziehungen zu den Gläubigerbanken voraussetzen. Das Nichts, das Heidegger vor Augen steht, setzt voraus, daß es sich auf ein All bezieht, das sich hinwegdenken läßt. Aber diese Voraussetzung ist durch den „Stern der Erlösung“ widerlegt. Dieses All, das Universum, von dem unsere Universitäten ihren Namen haben, konstituiert sich erst im Kontext des bürgerlichen Subjektbegriffs, der ohne die Vorstellung, daß dem Begriff „alle Objekte“ in der Realität etwas entsprechen muß, nicht zu halten ist.
Eigentumsabgrenzungen:
1. die Grenze einer Fläche (der abgegrenzte Acker, die Nation),
2. die Oberfläche eines Dings (als Außengrenze der Identität zählbarer Einzelobjekte, das Tier) und
3. das Gewicht (bei Massengütern, unabhängig von der Identität der Einzelobjekte).
Das Geld vereinigt alle drei Grenzbestimmungen:
– Sein Geltungsbereich bestimmt sich nach 1. (die Grenzen einer Nation, zu deren essentiellen Souveränitätsbestimmungen die Währungshoheit gehört);
– als zählbare Einheit bestimmt sich die einzelne Münze nach 2. (durch ihre dingliche, jedoch als zugleich massenhaft bestimmte Identität, ohne benennbare Einzelidentität),
– während ihr „Wert“ sich durch ihre Beziehung zur (namengebenden, benennenden) Münzeinheit, die grundsätzlich als Gewichtseinheit definiert ist, bestimmt.
Geldwirtschaft und „Zerstörung“ der benennenden Kraft der Sprache (Turmbau zu Babel, Ursprung und Geschichte des Nominalismus). Der Sündenfall und die Bedeutung des Gravitationsgesetzes für die Geschichte des Geldes (wie hängt der Wittgensteinsche Satz „Die Welt ist alles, was der Fall ist“ mit dem Stand der Geschichte des Kapitalismus zusammen?).
Horror vacui: Die Vorstellung des leeren Raumes hat kein objektives Korrelat. Ich muß den Raum erst in Gedanken leermachen (ihn zugleich aus seinen mathematischen Voraussetzungen rekonstruieren), um ihn mir als leer vorstellen zu können. Welches Interesse aber habe ich an dieser Operation, wer ist in welcher Weise an dieser Operation beteiligt, und was bewirke ich damit: was richte ich damit an? Welchem Schrecken setze ich die Dinge aus? Gleicht die Vorstellung des leeren Raumes in ihrer Wirkung aufs Objekt nicht dem zynisch-obszönen Witz (dem Herrenwitz), der alle anderen auf Kosten seines Objekts zum Lachen bringt, der Produktion des Gelächters (das im übrigen – wie die Vorstellung des unendlichen Raumes – seine Wirkung nach außen und nach innen zugleich und auf gleich verheerende Weise entfaltet)? – Vgl. Büchners Lenz und Nietzsches Fröhliche Wissenschaft.
Es gibt den zynisch-obszönen Witz nur als Herrenwitz (als Frauen- oder Damenwitz ist er unvorstellbar); hängt das genetisch und geschichtstheologisch mit dem männlichen Confessor (und seiner Beziehung zur Virgo) zusammen? Der zynisch-obszöne Witz ist ein Bekennerwitz (mit einer bekenntnislogischen apriorischen Objektbeziehung); für das schallende Gelächter sind Frauen nur Objekt, sie sind aufgrund ihrer Stimme zum schallenden Gelächter nicht fähig (ist die weibliche Stimme die der Panik, des passiven Schreckens – Grund der Mode als Identifikation mit dem Status des Objekts einer Aggression, der Anpassung an den Zwang zur öffentlichen Ausstellung des eigenen Körpers?). -
19.05.92
Die aristotelische Metaphysik ist von der aristotelischen Körperphysik nicht zu trennen, zu der u.a. auch die Lehre vom natürlichen Ort gehört, die dann durch die noesis noeseos, durch das Denken des Denkens, das (über das teleologische Element darin) eins ist mit dem ersten Beweger, direkt in die Metaphysik einmündet. Mit der Kritik und Auflösung der Zweckursachen, mit der Subjektivierung der Teleologie und d.h. mit der Etablierung des Inertialsystems verliert die aristotelische Metaphysik ihre Basis. Das ist vermittelt durch die Theologie, durch die Einführung des Schöpfungsbegriffs in die aristotelische Metaphysik (in die er nicht hineinpaßt). Durch die Idee einer creatio ex nihilo gewinnt zwar der aristotelische Gott Schöpferkraft, gewinnt er seine besondere Art von Allmacht, die ihn dann allerdings (durch die genau hier logisch erzwungene nominalistische Revolution) gleichsam von innen aushöhlt, als Hypostase des Staates erkennbar macht. Nicht Gott, sondern der Staat ist „Schöpfer“ der Welt; und die creation ex nihilo ist ein Deckbegriff der unbegriffenen ökonomischen Funktion des Staates.
Quellpunkte des Systems sind:
– die Geldwirtschaft,
– dann der (aus der Verbindung der philosophischen Gotteslehre mit der theologischen Schöpfungsidee entspringende) theologische Bekenntnisbegriff,
– und am Ende das Inertialsystem (mit dem daraus entspringenden christologischen Naturbegriff).
Die Etablierung des Inertialsystems ist von ähnlicher geschichtsphilosophischer Relevanz und Bedeutung wie der kirchliche Dogmatisierungsprozeß, mit dem sie genetisch, strukturell und logisch zusammenhängt.
Die fürs Inertialsystem konstitutive (systembildende) Beziehung zur Vergangenheit hat ihr Modell und ihr Vorbild in der Beziehung zur Vergangenheit, die bereits den Prozeß der Dogmenbildung bestimmt. Die „Überwindung“ der Vergangenheit (der vergangenen Gestalten der Religion oder der Erkenntnis) ist in beiden Fällen erkauft mit der unkenntnlich gemachten Wiederkehr des Verdrängten.
Das newtonsche Gravitationsgesetz und seine Optik gehören zum Inertialsystem als Stabilisatoren (als Wächter des Orthogonalitätsprinzips) dazu.
„Oh Haupt voll Blut und Wunden …“: das tiefste Symbol des Inertialsystems (eigentlich insgesamt die Passionsgeschichte: mit dem „Warum schlägst du mich?“, der Königsparodie und der Dornenkrone, aber auch unter Einschluß des Unschulds-Händewaschens des Pilatus).
Der Satz Adornos „Ideologie ist Rechtfertigung“ ist im strengen Sinne christologisch, bringt die „Sünde der Welt“ auf den heutigen Erkenntnisstand.
„Wenn die Welt euch haßt …“ Das heißt doch auch: der Haß, den ihr verspüren werdet, wird so subjektlos sein wie die Welt; das ist der Hintergrund und die Grundlage für das Wort am Kreuz: „… denn sie wissen nicht, was sie tun“. Und dieses Wort scheint heute zum Wesen und zu Signatur der Welt insgesamt zu werden: Wer weiß noch, was er tut? Vgl. hierzu auch das Ende des Buches Jona. Heute verstricken sich alle in Schuld, die es immer noch nicht wissen und sich wohl dabei fühlen. Nochmal: „Wenn die Welt euch haßt …“ Aber wenn der Geist kommt, wird er das Antlitz der Erde erneuern, das hinter diesem Haß der Welt nicht mehr zu erkennen ist.
Drei Bemerkungen zur Kritik der Naturwissenschaft:
– Das Inertialsystem ist das Referenzsystem aller naturwissenschaftlichen Erscheinungen, Begriffe und Gesetze;
– es konstituiert sich durchs Relativitätsprinzip, durch das Gedankenexperiment, das die Orthogonalität aller Strukturen im Inertialsystem (bis hin zur „Trennung“ von Raum, Zeit und Materie); dazu gehören die Formulierung des Gravitationsgesetzes (die Identität von träger und schwerer Masse) und der Grundlagen der Optik (Feststellung der endlichen Lichtgeschwindigkeit);
– mit der Etablierung des Inertialsystems ist die Herrschaftslogik mitgesetzt, als Logik des Zusammenhangs von Objektivation und Instrumentalisierung.
Rosenzweigs Bemerkung zu Schopenhauer und Nietzsche, daß sie als erste die Welt nach ihrem Wert für sie (für Arthur Schopenhauer und Friedrich Nietzsche) beurteilen, bezeichnet den Punkt, an dem erstmals die Sünde der Welt in die Philosphie hereinragt.
Der Konsensbegriff und die Kommunikationstheorie übersehen, daß die Logik – nach dem Hegelschen Nachweis – ohne ein dezisionistisches Moment nicht zu halten ist; eben deshalb bedarf die Hegelsche Rechtsphilosophie eines Souveräns und seiner Legitimierung durch Geburt. Es gibt in der Tat keine Wahrheit ohne die Idee der Versöhnung.
Bis heute hat die Kirche ihre Hähne immer rechtzeitig geschlachtet.
Ohne Metaphorik verliert die Sprache ihre benennende Kraft; aber die Metaphorik lebt von der Logik der Umkehr. Sie verhält sich zur Identitätslogik wie die Begründung zur Kausalität. Ohne Metaphorik verliert die Sprache mit der benennenden auch die begründende Kraft („Traum der Menschheit, sich von einem Punkt des Raumes zu einem anderen Punkt des Raumes zu bewegen“).
Weltbegriff: historisch, logisch und theologisch. -
13.04.92
„Der orientalische Staat ist daher nur lebendig in seiner Bewegung, welche, – da in ihm nichts stät und, was fest ist, versteinert ist, – nach außen geht, ein elementarisches Toben und Verwüsten wird; die innerliche Ruhe ist ein Privatleben und Versinken in Schwäche und Ermattung.“ (Hegel, Rechtsphilosophie, S. 355) Hier, im Entstehungsprozß der „Welt“, ist der Staat noch (nach innen und nach außen) ein Natur- und Gewaltverhältnis, welches die Griechen dann im projektiven Begriff der Barbaren nach außen projizieren, indem sie das Gewaltverhältnis selber als Vernunft verinnerlichen, sich zu Herren dieses Gewaltverhältnisses machen. Das Gelingen drückt sich im Begriff der Welt aus. Heute, da die Verhältnisse des „äußeren Staatsrechts“, die Hegel zufolge Natur- und Gewaltverhältnisse geblieben sind, über die nicht mehr zu domestizierende Ökonomie im Innern der Staates sich reproduzieren (der Weltbegriff zu Protest geht, Außengewalt und Innenrecht trübe sich vermischen, der Begriff an der dezisionistisch-autoritären Gestalt der Souveränität zerbricht, der „Rechtsstaat“ als Ausnahmezustand sich etabliert – vgl. Carl Schmitt), sind wir zu Akteuren des gleichen Weltuntergangs geworden, gegen den wir zugleich (als bloße Zuschauer) uns selbst verblenden. Rückfall in den orientalischen Staat: in die „inner-liche Ruhe“ der Idiotie des Privatlebens, „Versinken in Schwäche und Ermattung“.
Auch das ist Erbe der Hegelschen Philosophie (oder ihr prophetischer Gehalt): daß im Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus die Nationalismen aufbrechen mit z.T. barbarischer Gewalt. Der Zusammenhang von Marktwirtschaft und Nationalismus läßt sich erkennen an dem Zusammenhang von Geldwertstabilität und Außenhandelsbilanz, an dem gleichen Zusammenhang, der die westliche (insbesondere aber die deutsche) Wirtschaftspolitik bestimmt, und der Hegels Satz, „daß bei dem Übermaße des Reichtums die bürgerliche Gesellschaft nicht reich genug ist, … dem Übermaße der Armut und der Erzeugung des Pöbels zu steuern“ (Rechtsphilosophie, S. 245), auf die fatalste Weise bewahrheitet: Die Wirtschaftspolitik des Westens begreift deshalb in erster Linie die Steuerung der Armut als ihren Export nach außen (ähnlich wie zur gleichen Zeit der Antisemitismus als Israel- / Palästinenserproblem in den vorderen Orient exportiert wurde).
Hat die Schöpfung etwas mit den Wassern oberhalb und unterhalb des Firmaments zu tun? – Vgl. die biblischen Brunnengeschichten (Rebekka, Rahel, die Samariterin und das „lebendige Wasser“).
Die Christologie hat etwas mit dem Versuch, den Logos zum Verstummen zu bringen, zu tun, ihn in einen Heros umzumünzen (der dem Stern der Erlösung zufolge stumm ist).
Die Eucharistie und das falsche Gedächtnis, oder genauer: als Verhinderung des Gedächtnisses und damit als Gericht. Das ist der Sinn des Satzes „Wer es unwürdig ißt und trinkt, der ißt und trinkt sich das Gericht“.
Zur Sexualmoral: Verworfen ist nicht die sexuelle Lust an sich, sondern die Lust an der Gewalt in der sexuellen Lust, der Sexismus. Die christliche Sexualmoral züchtet den Vergewaltiger. Daran hat sich entzündet, was Nietzsche den Willen zur Macht genannt hat: das stumme Genießen.
Das Angesicht ist immer das Angesicht des Andern, das eigene sieht man nur im Spiegel, und da seitenverkehrt (und d.h.: nicht ohne die Vertauschung von Rechts und Links). Hinter dem Rücken und im Spiegel: das sind die beiden Vertauschungen von Vorn und Hinten und von Rechts und Links. Gibt es in der Schrift einen Hinweis auf den Spiegel (Narziß ist einer der Ursprünge der Philosophie)? Vgl. 1 Kor 1312: „Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht“, und insbesondere Jak 123: „Wer das Wort nur hört, aber nicht danach handelt, ist wie ein Mensch, der sein Gesicht im Spiegel betrachtet“.
Der Spiegel (oder die Reflexion) gehorcht dem Gesetz des Raumes, er macht alles seitenverkehrt (vgl. die „verandernde Kraft des Seins“). Die Physik sieht alles von hinten und zugleich spiegelverkehrt (Zusammenhang von Stoß und Reflexion).
Wer sich selbst im Angesicht der Andern sieht, d.h. wer sich der Welt anpaßt, sieht sich selbst nicht mehr.
Das Wahrnehmen des Angesichts des Andern ist die Umkehr; insofern ist die Aufmerksamkeit das natürliche Gebet der Seele.
Die Schule als Recyclings-, als Abfallproduktions- und -verwertungsanlage (zum geschichtsphilosophischen Stand des Wissens).
Die Begriffe Natur und Welt enthalten als Totalitätsbegriffe einen terroristischen Anteil.
Es gibt weder eine Geschichtstheologie, noch eine Heilsgeschichte. Wenn die Philosophie innerhalb der Theologie ihren Platz finden soll, dann weder unter dem Begriff der analogia entis, noch als ancilla theologiae, sondern allein unter dem Begriff des Millenariums, der Bindung des Satans. Mit der Kraft zu lösen (mit ihrer Umkehr) könnte die Kirche endlich auch den noch unverbrauchten Gnadenschatz freisetzen.
Die Hauptresultate der Einsteinschen Theorien liegen in ihren Ansätzen, nicht ihren Ergebnissen: im Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit und dessen Beziehung zum Inertialsystem und im Konzept der Identität von träger und schwerer Masse (Bindung des Trägheitsprinzips an die Gravitation, vergleichbar dem Zusammenhang von Tauschprinzip und Schuldknechtschaft).
Die Bindung des Tauschprinzips an die Schuldknechtschaft ist der Grund, weshalb man die Geschichte des Militärs und der Rüstung an der Geschichte der Banken wird messen können.
Die Israel-Theologie der Marquardt u.a., aber auch die Antizionismus-Darstellung Heinsohns, übersieht, daß wir das Problem produziert haben: Haben wir da nicht auch ein Stück Mitverantwortung für jene, denen wir es aufgeladen haben, für die Palästinenser? -
01.03.92
Innen und Außen vs. Im Angesicht und Hinter dem Rücken:
– der unendliche Raum: Herrschaft des Außen über das Innen (die Homogenität und Isotropie des Raumes),
– Zusammenhang der Geschichte der Architektur (Abgrenzung des Innen gegen das feindliche Außen) mit der Geschichte der Religionen und der Philosophie (astronomische Funktion der Tempel; Ontologie: Haus des Seins),
– Objektivation und Verdinglichung, Genese des Weltbegriffs, Konstituierung des Herrendenkens,
– Raum und Lachen (Raum und Transzendentallogik des Witzes),
– Sündenfall, Ursprung und Geschichte der Scham,
– Ausbreitung der Gewalt, Ursprung der Gemeinheit und Umschlag nach innen, Geschichte des Opfers und Verinnerlichung des Opfers, Terror und Folter,
– Geheimbereich des Staates (das Innere der objektivierenden Gewalt; Widerpart des Angesichts), Rechtsstaat (Gemeinheit ist kein strafrechtlicher Tatbestand) und Staatsanwalt, Erkenntnisbehörden (Stasi, Verfassungsschutz),
– Nietzsche und Büchner (Gott ist tot; mit einem Lachen ergriff der Atheismus in ihm Platz),
– Jesus hat nicht gelacht, aber die Dämonen ausgetrieben,
– Begriff der Gnade, Sünde wider den Heiligen Geist,
– nicht Person (Maske) oder Seele, sondern Angesicht als Bild Gottes (gegen die Trinitätslehre und das Dogma: das richtende und das parakletische Denken).
Das Hinter dem Rücken hat seinen Ursprung in der Idolatrie, im Sternendienst und im Opferwesen. Die erste Erfahrung des Hinter dem Rücken ist die Erkenntnis des Guten und Bösen; oder die Erfahrung des Todes des Anderen. -
05.02.92
Entspringt die Mathematik der Gleichsetzung des Perfekt mit dem Futur II, dem „es ist gewesen“ mit dem „es wird gewesen sein“, m.e.W. dem „Wesen“? Das in den neueren Ontologien so beliebte „Geschehen“ und „Sich Ereignen“ gehört in diesen Bereich. Die Funktion dieser Gleichsetzung ist die der Exkulpation: durch Übersetzung in ein apersonales, gegenständliches „Geschehen“ und „Sich Ereignen“, Begriffe, die zunächst für natürliche Prozesse. dann aber, insbesondere nach dem Ausgang der Kollektivschuld-Debatte, sich auch für Auschwitz zu eignen scheinen, wird ein ganzes Volk entschuldigt, das sich ohnehin je nach Bedarf nur als Schicksalsgemeinschaft oder als Gemeinschaft passiver und ohnmächtiger Zuschauer (Rundfunkhörer, Fernseher) versteht. Liefern hierzu die verwalteten Religionen den Gewissenskomfort?
Anders als Radio und Fernsehen, die ein ganzes Volk zu ohnmächtig-passiven Hörern autoritativer Verlautbarungen (eine neue Evangelienübersetzung heißt „die gute Nachricht“) und zu Zuschauern von Herrschafts- und Machtritualen sowie von schicksalhaften Katastrophen macht, ist das Telefon ein Instrument der Intrige. Der neue Faschismus appelliert nicht mehr an die Hörigkeit, sondern an den Bilderwunsch. Deshalb wimmelt es nur so von Welt-, Menschen- und Gottesbildern.
Die gute Nachricht: Ein Botschaft richtet sich an den Adressaten und erwartet seine Antwort, eine Nachricht liefert nur eine Information über ein objektives, meinem Eingriff entzogenes Geschehen, macht den Adressaten zum passiv-ohnmächtigen Zuschauer. Aber dahin tendiert das Religionsverständnis in den verwalteten Betreuungs-Religionen ohnehin (verweltlichtes Christentum als Dynamisierung der Idolatrie).
Raum ist ein Verwaltungsbegriff; er präpariert sowohl das Subjekt wie die Objekte der Verwaltung (auch die Vorstandsetage liegt auf einer Verwaltungsebene; kein Zufall, daß Hochhäuser bevorzugte Objekte sowohl für Verwaltungen als auch für Wohnungen von Beamten und Angestellten sind).
Jede Intention (jedes Ziel, jeder Zweck) hat einen Richtungssinn. Was der Raum – und mit ihm jedes der Orthogonalität nachgebildete System – leistet, ist die Wiedereinbindung jeder Intention in ein Vergangenheitssystem.
Enthält die double-bind-Theorie eine Theorie des Raumes (Zusammenhang mit der Struktur der Lohnarbeit)?
Wie bestimmt sich das Trägheitsmoment eines Kreisels, der Widerstand gegen eine Änderung der Rotationsgeschwindigkeit?
„Ausländer raus“, „Nazis raus“: Belege dafür, daß die Relation Innen/Außen keine humane ist. Wenn die Grenze zwischen Innen und Außen zur Grenze der Humanität wird, hat die Humanität keine Chancen mehr.
Dybas Hooligan-Argument: „Welcher Verein kann es sich leisten, einen Spieler, der ständig aufs eigene Tor schießt, weiter zu ertragen?“ – Ist das Bekenntnis-Problem nicht doch ein sehr deutsches Problem, ähnlich wie die Staatsmetaphysik und der Staatsanwalt.
Erinnert Nietzsches Lehre von der ewigen Wiederkunft (und ihr Zusammenhang mit der Lehre vom Willen zur Macht) nicht an die Notwendigkeit, die politische Bedeutung der Sternenkunde neu zu bestimmen?
Hinter der Maske ist das Gesicht: und nicht die Person, sondern das Antlitz ist Gegenstand der Theologie. -
27.01.92
Die kopernikanische Wendung hat das, was Adam Smith in der Ökonomie die „invisible hand“ genannt hat, in der Natur als eine Instanz etabliert, die sich dann bei Kant als das transzendentale Subjekt enthüllt.
Die auftrumpfende Bescheidenheit des deutschen Idealismus.
Ist ein „Kronzeuge“, der in den Händen eines vom Verfassungsschutz beauftragten Therapeuten war, überhaupt noch in der Lage, die Aufgabe eines Kronzeugen wahrzunehmen?
Das Verhältnis von Idee und Begriff hat Teil an dem Verhältnis von „Im Angesicht“ und „Hinter dem Rücken“. Nur durch seine Beziehung zu den Ideen gewinnt der Begriff seine benennende Kraft.
Das „liberum arbitrium“ ist Indiz für eine Gesellschaft, die rechts und links nicht mehr unterscheiden kann. Die Wahlfreiheit setzt Verhältnisse voraus, in denen ich frei wählen kann, ob ich ein Auto, einen Fernseher oder eine Waschmaschine kaufe; und er setzt ein Weltverständnis voraus, in dem ich mich im Raum frei nach allen Seiten wenden (und bewegen) kann, in dem die Freiheitsgrade des Raumes für mich (unter den Prämissen der Geldwirtschaft, und sei es der Schuldknechtschaft) real geworden sind. Das „liberum arbitrium“ hat sowohl die Geldwirtschaft als auch das Inertialsystem zur Voraussetzung.
Die Vorstellung von der Unsterblichkeit der Seele ist insoweit falsch, als sie die Vorstellung mit enthält, daß man für sich allein selig werden könne. Sie genetisch von der Hades-Vorstellung nicht zu trennen.
Mit jeder Häresie hat die Kirche auch ein Stück ihrer selbst verurteilt. Und jede Häresie war ein Hinweis auf ein Unaufgelöstes in der Kirche selbst, das sich dann mit der Verurteilung der Häresie auch verhärtet hat, unkenntlich gemacht wurde. Sofern es doch wahrgenommen wurde, blieb diese Wahrnehmung punktuell, folgenlos.
Gibt es außer im Buch Jona noch andere Schiffskatastrophen in der Schrift (außer bei Paulus auf dem Wege nach Rom).
Ist die Gottesknecht-Vorstellung nicht auch ein Hinweis auf den Charakter und die Bedeutung der „hebräischen“ Schrift?
„Das Heil kommt von den Juden“: das sagt Jesus zur Samariterin.
Hängt die „Erschaffung“ der Seetiere damit zusammen. daß nur der Vater den Tag und die Stunde kennt?
Die Mathematik und die Naturwissenschaften verhärten sich, bevor die Stimme das Ohr erreicht.
Der Begriff der Materie enthält die Erinnerung an die Geschichte des Mordes und der Opfer.
Nietzsches Lehre von der „ewigen Wiederkehr des Gleichen“ ist die moderne (verinnerlichte) Variante des antiken Sternendienstes: Die Anbetung des sinnlosen Kreisens der Planeten. Es ist das Herrendenken, das zwangsläufig in den Götzen- und Sternendienst hineinführt, und in dessen Bannkreis kein Weg herausführt. Insofern gehören der Wille zur Macht und die Idee der ewigen Wiederkehr des Gleichen zusammen.
Es ist der ungeheure Anspruch des Christentums, daß durch das Leben und den Tod Jesu die Sünde der Welt hinweggenommen ist. Und es ist dieses Exkulpationsversprechen, dieses Versprechen, schuldfrei leben zu können, das die Menschen immer noch ans Christentum bindet. Aber der Grund und die Bedeutung dieses Versprechens wird durch die Theologie nicht mehr eingelöst. Es hat keinen rationalen Hintergrund mehr. Und das ist die Situation, in der die Drewermänner ihr Geschäft machen können.
Drewermanns Kirchenkritik ist nicht prophetisch, sondern wird durch die Struktur des Schuldverschubsystems bestimmt, das ohne Projektion nicht funktioniert.
Die Kirche hat ihr Herrschaftssystem u.a. dadurch begründet und etabliert, daß sie das Mitleid von den real Armen und Bedrängten auf sich selbst umgeleitet hat. Das war nur möglich im Rahmen und auf der Grundlage des Schuldverschubsystems. Sie hat damit in sich selber und in den Gläubigen den Keim des Selbstmitleids eingepflanzt. Ein Opfer dieses Selbstmitleids ist Drewermann, der diese Mechanismen phantastisch beherrscht und das für Psychotherapie hält. Ist nicht Drewermann Ausdruck einer Gefahr, die ihre Wurzeln nicht in ihm, sondern in der Kirche hat, und deren erstes Opfer selber ist?
Drewermann versucht die vermeintlich exkulpatorische Kraft des Bekenntnisses (die es erst durch die Annahme des Bekenntnisses seitens des Opfers wird) durch Privatisierung zu retten. Er hat etwas von einem Theologen der freien Marktwirtschaft (ein Ludwig Erhard der Kirche: auch sein Konzept war nur eine Währungsreform).
Gibt nicht Kohl der raf im Nachhinein recht, wenn er den ermordeten Rohwedder in die Tradition der Göringschen Treuhand-Gesellschaft stellt (übrigens der gleiche Kohl, der selber von jenem Herrn Ries gesponsert worden ist, der selbst ein Nutznießer der ersten Treuhand-Gesellschaft war).
Es kommt darauf an, die erkenntniskritische Tradition, die von Berkeley über Locke und Hume bis Kant und Ernst Mach die Naturwissenschaft kritisch begleitet hat, endlich auf den Punkt zu bringen, an dem sie greift.
Gibt es ein Konsens-Ideal ohne Feindbild? Ist der Konsens ein erstrebenswertes Ziel (sofern nicht die eigene wissenschaftliche Karriere davon abhängt)? Würde es nicht auch mit dazugehören, daß man begreift, daß es Fragen gibt, zu denen es keine konsensfähige Antwort gibt? Kant hat das reflektiert in seinen Antinomien der reinen Vernunft. Das Problem, das Kant hier angesprochen hat, ist eigentlich nie wirklich aufgearbeitet worden, auch von Hegel durch Harmonisierung eher verdrängt als gelöst worden. Die Hegelsche Verarbeitung war an den affirmativen Gebrauch der List gebunden („das Eine ist das Andere des Anderen“); genau damit hat Hegel das verbleibende kritische Moment neutralisiert.
Darin liegt die große Bedeutung des Begriffs der Gottesfurcht, daß er in die Lage versetzt und den Grund dafür liefert, daß auch Schuld Gegenstand der Reflexion ist, und daß auch Diskonsens auszuhalten und zu ertragen ist. Die Fragen, die die Kantischen Antinomien der reinen Vernunft aufwerfen, sind dann (z.B. hinsichtlich des Raumes zugunsten der Verstellung seiner unendlichen Ausdehnung) nach dem Prinzip Bequemlichkeit gelöst worden, nicht nach dem Anspruch der Vernunft. -
29.10.91
Welt und Natur (Begriff und Name/Objekt) verhalten sich wie Lachen und Kränkung, dem die Lösung durch Weinen verwehrt ist (jedes Lachen enthält Wut in sich, ist ein Appell an kollektive Gewalt, das Weinen ist das principium individuationis: ein Hilferuf und Appell an den Parakleten). Das unterdrückte, verdrängte Weinen der Natur (das Verstummen des Objekts: des Tiers) ist die Antwort auf das Lachen der Welt (des Schicksals, des Begriffs, der Gesellschaft). Lachen (Wut) und unterdrücktes Weinen verhalten sich wie Prädikat und Subjekt im Urteil (Reversibilität des Urteils: im Prädikat wird das Tun zum Erleiden: das Handeln zur prädikativen Bestimmung des Subjekts, zum Begriff). In jedem Lachen steckt ein Stück wütende Anpassung an die Welt, und in jedem Weinen, in der Trauer, eine Ahnung davon, was der Natur angetan wird. Naturphilosophie ist möglich nur noch als Trauerarbeit (Zusammenhang mit dem Ursprung der Astronomie, des Geldes und der Schrift – Raum, Geld und Bekenntnislogik). Name und Schrift gehören zusammen wie Innen und Außen (theologischer und herrschaftsgeschichtlicher, „kunsthistorischer“ Ursprung der Schrift: vgl. Kafkas „Strafkolonie“), d.h. so, daß mit der Verewigung des Namens in der Schrift (wie im Opfer und in der Apotheose des Helden: im Geld) der Name seine benennende Kraft verliert und zum Begriff wird (Ursprung der Astronomie).
Hängen terra und terror (Erde und Schrecken) sprachlich zusammen (ist der Terror gleichsam die Innenseite des „Himmels“, der Feste, die die Wasser voneinander scheidet); ist Adam ein Schreckensname und der „Auftrag“ des Menschen, die Erde (adama) zu bearbeiten, eigentlich der der Verarbeitung des Schreckens, der auf der Erde lastet (erkennbar in der Gestalt der Tiere, die Gott Adam zuführte, denen Adam aber durch Benennung die Solidarität verweigert, mit der Folge, daß die Schlange sich rächte; bezeichnet nicht vor allem der „Staub“ das Produkt des Schreckens)? Und hängt die Ausbreitung des Terrors (die den orbis terrarum zum orbis terroris macht) mit der wachsenden widerstandslosen Anpassung an die verweltliche Welt zusammen? – Vgl. den „Schrecken Isaaks“ und die übrigen Schreckens-Stellen in der Schrift („Der Herr nennt dich … Schrecken um und um“ Jer 203,10, vgl. Jer 465, 4929, Ps 3114).
Weish 716: „doch der Herr lacht über sie“, vgl. Ps 3713: „Der Herr verlacht ihn …“
Gegen Nietzsche: Der Atheismus ist nicht Gegenstand einer „fröhlichen“, sondern der traurigsten Wissenschaft. Die Trauer und den Schmerz des Atheismus durch Lachen übertäuben ist barbarisch.
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