Ökonomie

  • 01.11.87

    Bei der Beurteilung von Metaphern sind mimetische von räumlichen Metaphern streng zu trennen: Letztere sind Teil der Herrschaftslogik. (Frage: trifft das auch auf Relationsmetaphern wie „oben/unten“ bzw. „zentral/peripher“ zu? – Und ist die Herrschaftsmetaphorik ganz zu vermeiden? – Kann man zwischen Ausdrucks- und Herrschaftsmetaphorik unterscheiden? – Vgl. Blumenberg, Habermas, Benjamin, Kraus.)

    Heute kann nur noch normal sein, wer sich innerhalb einer gesellschaftlich vorgegebenen Verrücktheit fest eingerichtet, stabilisiert hat; verrückt werden jene, die hierfür sensibilisiert sind, d.h. eigentlich die Normalen. Ableitung dieses Sachverhalts aus dem Stand der politischen Ökonomie (den Bedingungen der Selbsterhaltung).

  • 08.11.87

    Bezeichnet der Begriff der Existenz bei Heidegger und Jaspers – ähnlich wie der der „Werte“ bei Scheler – nicht doch primär ein Moment des materiellen Daseins, werden nicht die Heideggerschen Analysen durchsichtig, wenn man vom Sprachgebrauch ausgeht, in dem Existenz bedeutet, daß die – vor allem beruflichen – Voraussetzungen für die private Reproduktion des Lebens gegeben sind? Inhaltliche und formale Grundlage der Existenzphilosophie wäre demnach in einem prononcierten Sinne die Ökonomie, und nur durch Ökonomie vermittelt Natur und Geist („Dasein“), die im übrigen nicht zufällig im Kontext der Fundamentalontologie nicht mehr streng sich auseinander halten lassen.

    NB.: Ist der Biologismus Freuds etwa sowohl Biologismus als auch gleichzeitig, ohne metabasis eis allo genos, einer ökonomischen Auslegung fähig und bedürftig? – Verhältnis des durchs Tauschprinzip vermittelten Materialismus zum naturwissenschaftlichen! – Wo ist in der Ökonomie der Bereich, der dem der sinnlichen Wahrnehmung im Verhältnis zu Physik entspricht?

    (später) Adornos „erster und einziger Grundsatz der Sexualethik“ gilt nicht nur für den Spezialfall, sondern für die Ethik insgesamt: Der Ankläger hat immer unrecht. Die moralische Verantwortung für das eigene Handeln und für die Andern läßt sich nicht auf andere Subjekte anwenden (übertragen); die Umkehrung der Handlungsanweisung, die unmittelbar nur für das zum Handeln aufgeforderte Subjekt selbst gilt, in ein Urteil über andere ist nicht erlaubt; sie verwandelt die Ethik in ein Herrschaftsmittel, sie instrumentalisiert sie; sie verletzt das in der Handlungsanweisung aufscheinende Absolute; sie verwandelt ein Gebot in ein Gesetz; sie ist blasphemisch. Das ist gemeint mit dem Satz „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“. Gegen diesen Satz verstößt die Wertethik (die die Ethik in ein System von Urteilen – über vergangenes Handeln, das dann eo ipso zu dinglichen Eigenschaften gerinnt – verwandelt); Folge und Produkt dieses Verstoßes ist die Existenzphilosophie, in der das Subjekt nur noch als Objekt, als Gegenstand des Urteils (das für es – als „Sein“ – das Absolute ist), als gerichtetes vorkommt.

  • 25.4.1997

    Der Staat verkörpert den „Seitenblick“, das Prinzip der Vergesellschaftung, das dem Begriff der Wissenschaft und den Totalitätsbegriffen Wissen, Natur und Welt zugrundeliegt. Der Staat trennt das Erkennen vom Wissen.

    Gestapo: Die apriorische Feindbeziehung der Aufklärung und die ihr immanente Tendenz zur Paranoia läßt sich am polizeilichen Gebrauch dieses Begriffs in den staatlichen Ermittlungs- und Verfolgungsbehörenden ebenso demonstrieren wie an der Affinität der wissenschaftlichen Bibelkritik zum Antisemitismus.

    Ist der Zettelkasten des Wissenschaftlers das Äquivalent der Asservatenkammer der Kriminalpolizei?

    Wissenschaftliche Kritik: Ist nicht Wissenschaft ein „großer Jäger vor dem Herrn“, der sich dadurch beweist, daß er jemanden zur Strecke bringt? Und jedes Gericht über eine vergangene Gestalt des Wissens muß den Schein erzeugen, es sei das Jüngste.

    Die subjektiven Formen der Anschauung sind die Insignien der Naturbeherrschung, sie verletzen das Bilderverbot in seiner Wurzel.

    Heute geht es nicht mehr um die Rettung der Kirche(n), heute geht es um die Selbstreflexion des steinernen Herzens.

    Das „Kennen“ in der Buber’schen Übersetzung von Jer 3134 ist ein Indiz für den strategischen Grundzug der Buber’schen Bibel-Übersetzung. Es verwischt das „Erkennen“, ähnlich wie Buber die Substanz des Wortes verdrängt, wenn er die Namen der Armen, der Fremden, der Barmherzigkeit, auch der Gnade, aus der Schrift tilgt.

    Zu Huld und Gnade: Hierzu ist zu erinnern an den letzten Satz des Jakobusbriefs, der den Begriff der Gnade im Bilde der Bekehrung des Sünders aufs genaueste vor Augen stellt. Er macht das Nicht-Gelingen der Bekehrung zur Schuld, aber das Gelingen nicht zum Verdienst, sondern zur Gnade. Es bleibt ein Rest, der nicht in meiner Hand liegt. Dieser Sachverhalt wird durch den Begriff der Huld, der an einen durch den Feudalismus geprägten christlichen Sprachgebrauch erinnert, verwischt; dieser Begriff bindet die theologische Sprache ans Herrendenken. Huld ist ein Attribut des gnädigen Herrn, das auf andere Weise und aus anderem Grunde als die göttliche Gnade unverfügbar ist.

    Dieses Mißverständnis hat seinen sprachlichen Grund in der gleichen Logik, die die indoeuropäischen Sprachen von der hebräischen trennt: die Verzeitlichung der Verben, der Formen ihrer Konjugation. Das hebräische Perfekt ist aufs Gelingen einer Handlung bezogen, das griechische (wie das lateinische, auch das deutsche) auf ihren zeitlichen Abschluß: auf die „vollendete Vergangenheit“.

    Zum Verständnis des Bilderverbots: Die Erkenntnis des Namens ist nicht durch „Einbildungskraft“ (durch Subsumtion unter die subjektiven Formen der Anschauung) vermittelt. Der Leitfaden dessen, was Adorno die „exakte Phantasie“ nannte, ist die Sprache, nicht das Anschauen, ist die benennende Kraft der Sprache.

    Der Begriff des Ewigen bezeichnet nicht das Überzeitliche, sondern den Zeitkern der Wahrheit.

    Wird der „Missionsauftrag“, der am Ende des Matthäus-Evangeliums an die elf Jünger ergeht, nicht erst verständlich im Kontext des letzten Satzes des Jakobusbriefes, der an die „zwölf Stämme in der Zerstreuung“ adressiert ist? Kann es sein, daß „wir“, die „Kirche aus den Heiden“ gar nicht gemeint sind? Ist das Christentum nicht immer noch der „eine Sünder“, über dessen Bekehrung im Himmel größere Freude sein wird als über 99 Gerechte? Und ist Israel, das wir verworfen glauben, nicht der Adressat, an den der Bekehrungsauftrag gerichtet ist?

    Gehört zum Traum des Nebukadnezar – wie zur Apokalypse überhaupt – die Konstellation „Völker, Nationen und Sprachen“? Und beziehen sich die „Stämme“, die die Johannes-Apokalypse hinzufügt, auf die zwölf Stämme Israels (die zwölf Stämme in der Zerstreuung)? Zitiert Johannes hier den Jakobusbrief?

    Verhalten sich die „zwölf Stämme in der Zerstreuuung“ zu den „Wegen des Irrtums“ wie der Tierkreis zu den Planeten, der Dominus Deus Sabaoth zum heliozentrischen System (zu den „Sternendienern“ des Talmud)?

    Zum letzten Satz des Jakobusbriefs: Ist die Umkehr der Christen die Rettung Israels vorm Tod? Aber müßte diese Umkehr und diese Rettung nicht die Toten in Auschwitz mit einschließen? Liegt hierin nicht das Problem des „Kleiner- und Unsichtbarwerdens der Theologie“?

    Das Planetensystem ist der Inbegriff der Instrumentalisierung der Ziele, einer Welt, in der es kein Wohin, aus der es keinen Ausweg mehr gibt, der Welt, die „alles (ist), was der Fall ist“. Das Realsymbol dieser Welt ist Auschwitz.

    Die kopernikanische Wende und das heliozentrische System haben für die Naturerkenntnis die gleiche logische Funktion und Bedeutung wie der Staat für die Ökonomie. Ist die Astrophysik das naturwissenschaftliche Pendant des Neoliberalismus, der Einheit von Globalisierung und Privatisierung (und die Mikrophysik das Pendant der Betriebswirtschaftslehre)?

  • 22.4.1997

    Die Ursprungsgeschichte der Philosophie ist die Ursprungsgeschichte einer theoretischen Beziehung zur Objektivität, die in Alexander praktisch geworden ist (die Ursprungsgeschichte der stoischen Ataraxia – die Keimzelle des „eliminatorischen Antisemitismus“ – ist im Kollosseum in Rom als Kulturdenkmal der Erinnerung präsent und sinnlich erfahrbar).

    Die Geschichte der Häresien ist ein Indikator der inneren Geschichte des Christentums. Die Häresien waren ein projektiv entstellter Ausdruck der historisch-moralischen Probleme des Christentums. Mit der Verurteilung der Häresien sind diese Probleme nicht gelöst, sondern verdrängt – und eben damit perpetuiert – worden. Die Kirche hat ihre eigene Tradition zunächst in Isolationshaft, dann in Geiselhaft genommen: Das Dogma sind die Steine, die Bekenntnislogik der Mörtel und die Orthodoxie die Mauern des Gefängnisses, in die die Tradition eingesperrt worden ist. Der Schlüssel zu diesem Gefängnis ist die logische Figur von Schrecken und Verurteilung.

    Die drei Leugnungen Petri, Maria Magdalena und die sieben unreinen Geister, der Kelch (Taumelkelch und Unzuchtsbecher, die Zebedäussöhne und Getsemane), der Weltbegriff und das Tier, Ankläger und Verteidiger (Satan und Paraklet).

    Zum Kelch: Hegel ist nur bis zum Taumelbecher gekommen, seine Philosophie ist die Grenze und der Übergang zum Unzuchtsbecher.

    Daß Jesus zur Rechten Gottes sitzt, heißt das nicht, daß Gott seitdem keine Rückseite mehr hat?

    Gegen den Gebrauch des antisemitischen Begriffs Judenfrage (Marquardt) ist der Einwand durchschlagend, daß der Antisemitismus nichts mehr mit den Juden, sondern nur noch etwas mit den Antisemiten zu tun hat. Der Holocaust, die „Endlösung der Judenfrage“, war die Eröffnung in eine Sphäre, die sich seitdem nicht mehr schließen läßt. Nicht als ob es Vergleichbares nicht auch schon vorher gegeben hätte, nur hier ist der Durchbruch in die logisch-politische Sphäre der Öffentlichkeit gelungen, der irreversibel ist. Seitdem sind Menschenrechtsverletzungen, sind politische Unterdrückung und Verfolgung, Repression und Folter Objekte der „Weltöffentlichkeit“. Vor diesem Hintergrund sind die Habermas’sche Wendung zur Theorie des kommunikativen Handelns, ist das Motto „Dressur des inneren Schweinehunds“ so tief problematisch.

    Die Welt ist die Gebärmutter des apokalyptischen Tiers. Wer ist die „Frau am Himmel“?

    Was du auf Erden lösen wirst, wird auch im Himmel gelöst sein: Wenn das Inertialsystem etwas mit der Feste des Himmels (mit der Scheidung der unteren von den oberen Wassern) zu tun hat, ist dann das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit und der Hinweis auf die Identität von träger und schwerer Masse der Beginn der Lösung? Ist der zweite Schöpfungstag die Prophetie der Apokalypse?

    Wie hängen der Ursprung der Schrift und die Astronomie, die Sternenkunde, zusammen? Wie wird der Himmel von den Naturvölkern, den schriftlosen Völkern, erfahren? Im Islam ist Gott ein schreibender, kein sprechender Gott: ein Gott ohne Angesicht (ist das nicht die Widerlegung des Islam?).

    Läßt sich die Konstruktion der aristotelischen Philosophie nicht daraus ableiten, daß sie (wie dann wieder Hegel) das tode ti, das hic et nunc, unter dem Apriori der Logik der Schrift erfährt? Wird dadurch nicht zwangsläufig die noesis noeseos zum Ersten Beweger (und Alexander seine historische Verkörperung)? Und ist nicht die noesis noeseos zum Inbegriff der Logik der Schrift?

    Die Aufklärung verdankt sich der Rückprojektion der Logik der Schrift in die Dinge (die so zu Dingen werden).

    In der adäquatio intellectus ad rem ist die res der Reflex der Dinge in der Schrift, in der Übereinstimmung von Begriff und Gegenstand ist der Gegenstand, das Objekt, der Statthalter des Subjekts in den Dingen.

    Es gibt heute einen vulgärmaterialistischen Begriff des Idealismus, der schon das Begreifenwollen als idealistischen Trieb denunziert.

    Man erkennt einen Menschen daran, was er erkennt, wie er die Dinge sieht. Was bedeutet dann der Satz, daß nur Gott ins Herz der Menschen sieht, genauer: was bedeutet dieser Satz für die Gotteserkenntnis?

    Das Bilderverbot und das Verbot, den Namen Gottes auszusprechen, sind drastische Hinweise darauf, daß Gott keine Rückseite hat (daß die Idee des Ewigen die Vergangenheit von sich ausschließt). Ist der Anfang des Sterns der Erlösung nicht nicht eine deutliche Erinnerung daran, daß das – allerdings auf sehr unterschiedliche Weise – auch für Welt und Mensch gilt? Ist nicht darin das Nichtwissen von Gott Welt Mensch begründet?

    Theologie ist der Versuch, im Imperativ den Indikativ zu entdecken, während der Aufklärung (der Kosmologie) gleichsam unter den Händen der Indikativ zum Imperativ wird.

    Der am Objektbegriff gewonnene Begriff des Allgemeinen bezeichnet nicht das Allgemeine schlechthin, sondern das der Gattung. Deshalb konnte Hegel aus dem Begriff die Tatsache unterschiedlicher Arten und Gattungen der Tiere nicht ableiten. Deshalb kann Hegel zufolge „die Natur den Begriff nicht halten“. Hier ist er gezwungen einzubekennen, daß es die eine Welt nicht gibt. Die Idee der einen Welt ist im Angesicht der Geschichte nur zu halten, wenn die Weltgeschichte zum Weltgericht wird.

    Das Theologumenon, daß Gott die Welt erschaffen hat, die creatio mundi ex nihilo, ist der Grund jeglichen Fundamentalismus. Eine Theologie, die vom Begriff der Weltschöpfung ausgeht, macht Gott zum Absoluten, in dem am Ende nur der Staat sich spiegelt.

    Gibt es nicht einen Kirchen- und Gemeindebegriff, in dem die Kirche selber die Ghettomauern errichtet, in denen sie verrottet?

    Was die Nazis Humanitätsduselei und Ludwig Erhard die „Sünde wider die Marktwirtschaft“ nannten, trägt den theologischen Namen Barmherzigkeit.

    In den Worten Leib und Fleisch drückt die Differenz zwischen dem An sich und dem, was für andere ist, seiner Instrumentalisierung, sich aus (das Angesicht gehört zum Leib, wie die Person zur soma, niemals zum Fleisch). Das Blut hat nur diesen einen Namen, mit der Folge, daß wir allein das instrumentalisierte Blut darunter verstehen, während das An sich (die „Seele des Fleisches“) gegenstandslos geworden ist. Endgültig instrumentalisiert wurde das Blut – über die religiöse Vorgeschichte der Märtyrer- und Reliquienverehrung – in dem gleichen Säkularisationsprozeß, der diese religiöse Vorgeschichte beendete, in der Objektivierung des Blutkreislaufs, in dem gleichen Prozeß, in dem auch – im heliozentrischen System – die Objektivierung der Planetenbahnen sich vollendete. Das heliozentrische System ist das System der Subjektivierung und Instrumentalisierung der Zwecke. Es ist der gleiche Prozeß, in dem – in der Ursprungsgeschichte des Kapitalismus – die Zwecke zu Mitteln geworden sind, der transzendentalen Logik und dem Kausalitätsprinzip unterworfen wurden.

    Im Kontext des heliozentrischen Systems wird die biblische Blutsymbolik nicht nur unverständlich: Das heliozentrische System rückt die Blutsymbolik in eine Logik, in der sie zu den Voraussetzungen des Faschismus, des Rassismus und des Antisemitismus gehört (die gleiche Logik hat die Barmherzigkeit endgültig in Hysterie transformiert und die Barbaren durch die Wilden ersetzt).

    Das kopernikanische System hat mit der Teleologie die Idee des seligen Lebens, die Vorstellung des Endzwecks, in der Wurzel zerstört. Es hat sie durch die Rechtfertigungslehre ersetzt. Entscheidend war nicht mehr die Tat (und das göttliche Gericht über die Tat), sondern das Urteil über die Person („wie bekomme ich einen gnädigen Gott“), nicht mehr die Sünde, die ich zu meiden hatte, sondern die Schuld, der ich entgehen wollte.

    Jesus hat die Welt nicht entsühnt, er hat nicht die Schuld der Welt hinweggenommen, sondern die Sünde der Welt auf sich genommen. Hierfür ist die Kirchengeschichte der Beweis, und hierzu gehört die Geschichte von den drei Leugnungen Petri, von Maria Magdalena und den sieben unreinen Geistern, aber auch die ganze Kelchsymbolik sowie Hegels Wort, er sei „von Gott dazu verdammt, ein Philosoph zu sein“.

    Hat die fliegende Schriftrolle, „der Fluch, der über das ganze Land ausgeht“ (Sach 51) etwas mit dem Himmel, der wie eine Buchrolle sich aufrollt (Jes 344, Off 614), zu tun?

    Die Zentralbanken haben Himmel und Erde ehern und eisern gemacht (Lev 2619, Dt 2823). Zu ihrer Vorgeschichte gehören das Dogma und die Bekenntnislogik, zu ihrer Begleitgeschichte die kopernikanische Wende und die Naturwissenschaften. Die Geschichte der Banken ist die Ursprungsgeschichte des Inertialsystems.

    Das Urschisma und die Urhäresie (die Gnosis) gehören zu den Konstituentien der Bekenntnislogik, die Ausgrenzung der Frauen gehört zu ihren Folgen.

    Wenn es stimmt, daß der deutsche Name des Himmels etymologisch mit dem des Hammers zusammenhängt, hat das etwas mit Lev 2619 und Dt 2823 zu tun?

    Sind nicht das Inertialsystem, die subjektiven Formen der Anschauung und die Totalitätsbegriffe Natur und Welt Verkörperungen des „ehern“ und „eisern“ in Lev 2619 und Dt 2823? Spiegelt sich in der Differenz zwischen Lev und Dt die Differenz zwischen Kosmologie und Politik?

    Der Wertbegriff stammt aus der Ökonomie. Er gehört zu den synthetischen Urteilen apriori, die der Neutralisierung der Teleologie, der Subsumtion der Zwecke unter die Mittel (der Zukunft unter die Vergangenheit) sich verdankt. Er gehört in den Bereich der reflektierenden Urteile, die unterm Apriori der Gewalt (des Rechts und des in ihm sich verkörpernden Gewaltmonopol des Staates) zu bestimmenden Urteilen werden. Wertordnungen sind politische Ordnungen. Reflex dieses Aprioris der Gewalt sind die subjektiven Formen der Anschauung, ist die transzendentale Ästhetik.

    In der Kritik der Urteilskraft, in seiner Theorie der reflektierenden Urteile, die auf Ideen sich beziehen, die regulative, nicht konstitutive Bedeutung haben, steckt die kantische Kritik der Gewalt. Diese kantische Kritik der Gewalt ist durch den Faschismus in eine Engführung gebracht worden, aus der es nur dann einen Ausweg gibt, wenn es gelingt, den Bann zu brechen.

    Wer Gott zum Herrn der Geschichte macht, rechtfertigt nur das transzendentale Subjekt und leugnet Auschwitz.

    Wie hängt der Satz aus der Dialektik der Aufklärung über die Distanz zum Objekt (die vermittelt sei durch die Distanz die der Herr durch den Beherrschten gewinnt) mit dem Problem der Subsumtion der Zwecke unter die Mittel zusammen?

  • 20.4.1997

    Die subjektiven Formen der Anschauung, die Feindbildlogik, die Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit, Weltgericht und Jüngstes Gericht (Barmherzigkeit triumphiert über das Gericht), die Logik der Totalitätsbegriffe und das Angesicht; Natur und das Apriori der Verurteilung.

    Zur Illustration des Benjamin’schen „Engels der Geschichte“ (und zur Logik des Zeitkontinuums) wäre auf die Figur des Siegers in Elias Canettis „Masse und Macht“ zu verweisen: Er ist der letzte Überlebende, der auf einem riesigen Leichenberg steht. Mit der subjektiven Form der inneren Anschauung (durch die Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit) setzt sich das transzendentale Subjekt an das Ende der unendlichen Zeitreihe. Die Figur des Siegers ist so in die Vorstellung des Zeitkontinuums und in die Idee des Subjekts mit eingebaut: Die Objektivität (die Natur) ist der besiegte Feind.

    Das Angesicht ist die Widerlegung der Vorstellung eines objektiven, unendlichen Zeitkontinuums (die Auflösung der kantischen Antinomie). Und das Licht und die sinnlichen Qualitäten sind der Beweis dafür, daß eine restlose Objektivation der Natur nicht möglich ist.

    Das Angesicht ist die Widerlegung des Rassismus (und der Rassismus läßt sich aus der Unfähigkeit, den Anblick des Andern zu ertragen, ableiten; hier konvergiert er mit einer Tradition der christlichen Theologie, der Tradition des Dogmas, der Orthodoxie, des Bekenntnisses, die in der Logik der Verurteilung gründet, und zu der die Geschichte der Ausgrenzung und Verurteilung der Häresien gehört).

    Die Fähigkeit, in einen andern sich hineinzuversetzen, ist eins mit der Wahrnehmung der Angesichts. Das Dogma, die Ökonomie und die Naturwissenschaften sind Inbegriffe ungerechter Urteile. Zu ihrer Legitimierung bedürfen sie der (heute verrottenden) Idee des Absoluten.

    „Sie wissen nicht, was sie tun“: Wo und in welchem Zusammenhang kommt der Begriff des Wissens in den Texten des NT vor (Sonderfall Johannes, vgl. insbesondere Joh 1630)?

    Anstatt, wie es Drewermann und Metz tun, die Aufklärung als Legitimation der theologischen Tradition oder aber ihrer Verwerfung zu mißbrauchen, kommt es darauf an, die Probleme der Aufklärung in der Theologie, als ihre Probleme, wiederzuerkennen und die Ressourcen der Tradition zu nutzen als Mittel der Reflexion der Aufklärung.

    Aufgabe heute: Nicht Juden zu „bekehren“, sondern die jüdische Tradition nutzen als Mittel der Selbstbekehrung der Christen, der Umkehr.

    Die Materie ist das „Fleisch“ der Natur. Was ist das „Blut“ (der Blutkreislauf wurde gleichzeitig mit dem heliozentrischen System entdeckt)? Sind die Konjunktionen das Blut der Sprache, und welche Folgen haben die sprachhistorischen Differenzen der Konjugation für die Bedeutung und das Verständnis des Blutsymbols („Reinigung durch das Blut“)?

    In allen Texten über das „letzte Abendmahl“ (die „Einsetzung der Eucharistie“) heißt es „Dies ist mein Leib …“ (Mt 26, Mk 14, Lk 22, 1 Kor 11), nur bei Joh (651ff): … Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, …!).

    A manifestis non discedere: Das Licht ist kein Objekt der Physik.

    Wer nur verurteilt, nicht reflektiert, trägt dazu bei, daß das Verurteilte sich reproduziert. Der Satz „Die Weltgeschichte ist das Weltgericht“ ist ein Produkt der universalen Anwendung dieses Gesetzes.

  • 19.4.1997

    Müßte das Bild vom Koffer im Stern der Erlösung, das das Moment der Umkehr im Erkenntnisbegriff symbolisiert, nicht auf das durchgreifen, was Kant die subjektiven Formen der Anschauung genannt hat? Die subjektiven Formen der Anschauung sind die Wände der fensterlosen Monade.

    Ist nicht die „militante Linke“ ein Opfer der deutschen Ideologie, ein Reflex des „Vereins“?

    Die Apokalypse bezeichnet einen Fortschritt im Begriff der Prophetie: Sie entspringt an der Stelle, an der das Königtum in Israel ersetzt wird durch die imperiale Herrschaft des Königs von Babel, durch die Fremdherrschaft.

    Mein ist die Rache, spricht der Herr: Wenn der Begriff der Klarheit, der in dem der Aufklärung steckt, auf die Klarheit der „klaren Fronten“ sich bezieht, wäre die Aufgabe der Theologie die der Kritik dieser Fronten: die Reflexion.

    Die Konstellation von Autismus und Geiselhaft ist die Konsequenz eines Theorieverständnisses, das von Zwang der Selbstrechtfertigung nicht mehr sich freimachen kann, darüber aber die Verhältnisse und den Gedanken daran, wie das Ganze sich wenden läßt, aus den Augen verliert.

    Grund des Fundamentalismus ist die Verwechslung von reflektierenden und bestimmenden Urteilen, von regulativen und konstitutiven Ideen. Diese Verwechslung ist unvermeidbar im Kontext der Idee des Absoluten, sie gründet in der Unfähigkeit zur Reflexion, in der Unfähigkeit, die logische Beziehung der Idee des Absoluten zum Staat zu durchschauen. Deshalb ist nicht die Machtübernahme, das Auswechseln des einen Staats durch einen andern (der Machtwechsel), sondern das Absterben, die Selbstauflösung des Staates das Ziel der Revolution.

    Als Produkt, Grundlage und Reflex des Staates erzeugt die Welt aus sich selbst den logischen Zwang, der sie ins Chaos treibt. Und es ist die selbsterzeugte Angst vor diesem Chaos, die die Menschen in den Bann des Staates treibt.

    Seitdem es den Staat gibt, gibt es die Welt.

    Marx, Freud und Einstein: Kritik der Ökonomie, der Psychologie und der Physik unter den Bedingungen und mit den Mitteln der Ökonomie, der Psychologie und der Physik. Was haben das Geld, das Triebleben und die versteinerten Verhältnisse mit einander zu tun?

    „Privatisierung“: Verweist nicht der Begriff der „Lebenswelt“ (Husserl, Blumenberg, Habermas) auf den Versuch, auch das Für-sich-Sein der von der Außenwelt abgetrennte Privatsphäre noch zu objektivieren, und so als Teil der Außenwelt zu begreifen? Und dringt nicht in der Tat die Öffentlichkeit durch alle Poren in die Privatsphäre ein, die in allem (ökonomisch, technisch und informatisch) zu einem Anhängsel gesellschaftlicher Einrichtungen wird und auf diese Weise verfügbar und beherrschbar gemacht und für den Faschismus vorbereitet worden ist. Seitdem die öffentlichen Einrichtungen, die die private Existenz heute durchdringen und beherrschen, selber in wachsendem Maße privatisiert werden, wird die „private“ Existenz der Abhängigen (werden Arbeitslosigkeit, Krankheit, Renten) immer mehr als Kostenfaktor erfahren, wird sie immer „unbezahlbarer“. War der Begriff der „Lebenswelt“ nicht die Grundlage der Kommunikationstheorie (deren Objekt das im Spiegel des Öffentlichen reflektierte und so gegen die Zumutung der Reflexion sich abschirmende Private ist)?

  • 12.4.1997

    Wenn Kant zufolge die Welt das mathematische Ganze der Erscheinungen ist, ist dann nicht der Staat der Ursprung der Mathematik, und enthält dann nicht Adornos Satz „Das Ganze ist das Unwahre“ die Kritik des Staates und der Mathematik (und den Anfang der resurrectio naturae)?

    Zum „Namen, den niemand kennt“: Wer kennt schon seinen Namen? (Oh wie gut, daß niemand weiß, daß ich Rumpelstilzchen heiß.) Hat die Änderung der Namen im Buch Daniel etwas mit den Namensproblemen in den Evangelien zu tun (mit Simon/Petrus, Saulus/Paulus, Simon Kananäus/Nathanael aus Kana, Levi/Matthäus)?

    Zu Simon Kananäus: Ist die Eigenschaft eine Ortsbezeichnung im Begriffsraum? Gibt es nicht „Eigenschaften“ (die durch richterliches Urteil festzustellen sind), die ihren „natürlichen Ort“ im Knast haben?

    Ist der Charakter ein psychologischer Reflex des Inertialsystems (der „Planeten“ in der vorkopernikanischen Welt)?

    Neoliberalismus, freie Marktwirtschaft, Globalisierung: Die Kapitulation des Staates vor der öffentlichen Gewalt des Geldes, die kopernikanische Wende in der Ökonomie.

    Ist beim letzten Satz des Jakobusbriefs nicht an den Adressaten, der im Satz benannt wird, zu erinnern: Richtet sich der Satz, daß, wer einen Sünder von den Wegen seines Irrtums bekehrt, seine eigene Seele vom Tode rettet, nicht an die „zwölf Stämme in der Zerstreuung“, und sind die Völker (die Verehrer der Planeten) der „Sünder auf den Wegen seines Irrtums“?

  • 5.4.1997

    Wer sich den Kopf der anderen zerbricht, wird ohnmächtig, lähmt sich selbst.
    Die Sterne sind „als Zeichen und zur Bestimmung der Zeiten“ erschaffen. Hängt das logische Problem der Astrologie mit dem des Maßes in der Hegel’schen Logik zusammen? – Vor diesem Hintergrund ist das kopernikanische System gezählt, gewogen und zu leicht befunden.
    Die Vergegenständlichung der Zeit ist das Produkt ihrer Subsumtion unter die Form der äußeren Anschauung, ihrer Verräumlichung.
    Das Problem der Aufklärung ist das des Hasen, der den Swinegel un sin Fru nicht unterscheiden kann.
    Wenn die Kronen die Luftwurzeln der Bäume sind, sind die Bäume dann die Säulen, die die Erde tragen? Sind die Bäume nicht zusammen mit den Primaten aufgetreten?
    Sind Bäume die letzten Denkmäler des Paradieses?
    Die Orthodoxie ist das versteinerte Herz der Welt, die Dogmenbildung war das Ergebnis der Anwendung der Erkenntnis des Guten und Bösen auf die Theologie.
    Das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, das Problem der Pflanzen und Bäume und das der Sterne verweisen gemeinsam auf das Problem des Kausalitätsprinzips, auf seine Wurzel in dem der Umkehr der Teleologie. Bei Hegel erinnert der Begriff der „List der Vernunft“ an dieses Problem.
    Das Konstrukt der List der Vernunft war der Keim der Paranoia in Hegels System, das Prinzip der universalen Vergegenständlichung und der logische Ursprungspunkt der Idee des Absoluten: Hier ist an die Beziehung der Klugheit der Schlange zur Arglosigkeit der Tauben zu erinnern.
    Ökonomie und Naturwissenschaft: der Abstieg zur Unterwelt.
    Die Welt ist die Hinterwelt, die Legitimation der Gemeinheit, und die Natur ihr Opfer.
    Es gibt einen Begriff der Verantwortung, der einen Zustand legitimiert, in dem jeder seine Pflicht tut, aber keiner mehr weiß, was er tut. Das Abbild dieses Zustands ist das heliozentrische System.
    Die kirchliche Lehre vom stellvertretenden Sühneleiden hat seine praktische Anwendung im kirchlichen Antijudaismus gefunden.
    Seit der Entdeckung des Prinzips der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit gibt es Punkte, die zwei Enden haben.
    Begriffe sind richtig, aber die Wahrheit gründet im Namen: Deshalb ist bei Hegel das Wahre der bacchantische Taumel, in dem kein Glied nicht trunken ist.
    Sind der paulinische Satz, daß „Frauen in der Kirche schweigen“ sollen (1 Kor 1434) und das talmudische Wort „Rede nicht viel mit dem Weib“ (Pirke Abot) nicht zwei Seiten einer Medaille?
    Die Frauenerfahrung „ich komme in der Kirche nicht vor“ bezeichnet keinen räumlichen, sondern einen sprachlichen Sachverhalt.

  • 19.3.1997

    Wie hängt die Verdrängung des Vergangenen mit der Exkulpationsautomatik der subjektiven Formen der Anschauung (des Inertialsystems) zusammen? Die Leugnung der Asymmetrie begründet die Gewalt des Todes, definiert die Todesgrenze. Die Verführungskraft der Sprache steckt u.a. in den Adjektiven.
    Zum letzten Abschnitt in „Heisenbergs Krieg“: Liegt nicht das Problem Heisenberg auf einer anderen Ebene, kommen nicht Goudsmit und Bush der Sache näher, wenn sie auf das „Stümperhafte“, auf das deutsche Organisationsgesetz, auf die Struktur des ganzen Apparats verweisen? Liegt das Problem nicht einer Struktur, die heute auf anderer Stufe wiederkehrt: in den in dieser Struktur liegenden Verführungen zur Verantwortungslosigkeit, die vom deutschen Nationalismus (der heute auch formell „die Welt“, „das Ausland“, zum Vorbild und zum Maß seines Handelns nimmt) nicht zu trennen zu sein scheint. Wichtig sind nicht die Ziele, die man anstrebt, sondern wichtig allein ist der Schein, den das Handeln nach außen erzeugt, sind die Exkulpations- und Rechtfertigungsmechanismen, die das Handeln beherrschen; wichtig ist in einer Welt, in der alle ihre Pflicht tun, aber keiner mehr weiß, was er tut, die Entlastung, das Streben, nicht verantwortlich gemacht werden zu können, ein, wie es scheint, insbesondere in Deutschland zentrales handlungslogisches System (Habermas‘ Begriff des „kommunikativen Handelns“ zielt auf die Explikation dieser Handlungslogik). Diese Entlastung ist eines der seine Verführungsgewalt begründenden Effekte des Nationalismus. Wichtig sind die Rechtfertigungs- und Exkulpationsmechanismen, die der Nationalismus (wie die Bekenntnislogik, die ihm zugrundeliegt) bereitstellt. Der Nationalismus macht die Welt zum Subjekt, das Subjekt zum (tendentiell paranoiden) Objekt dieser Welt. Das „reinste Gewissen der Welt“ (Heisenberg) ist das gewissenlose Gewissen. Es gehört in den gleichen logischen Zusammenhang wie das „Am deutschen Wesen muß die Welt genesen“ und der wilhelminische Begriff der „Weltgeltung“ (der übrigens auch der Name einer deutschen Zündholzmarke war). Die Fixierung aufs Ausland nach dem Kriege, deren Angelpunkt der Begriff der Kollektivscham war, war eigentlich nur die genaue Umkehrung der nationalsozialistischen Feindbild-orientierten Eroberungspolitik, die seit je das dem Feind unterstellte Handeln zur Norm des eigenen Handelns gemacht hat, den Feind als Alibi für die eigene politisch-moralische Enthemmung gebraucht hat.
    Rekonstruktion der Logik des Geldes: Wie hängt die „Globalisierung“ (das Ende der Nationalökonomie und die Vorherrschaft der Betriebswirtschaft) mit dem Ursprung – des Handels im Fernhandel (gemeinsamer Ursprung von Ware und Sklaven), – der Geld- und Tempelwirtschaft in der den unterworfenen Völkern auferlegten Tributzahlung und – des Instituts der Schuldknechtschaft zusammen? Die Freisetzung der Marktgesetze vollendet die Geschichte der Gewalt, die mit dem Ursprung des Staates sich entfaltet und am Ende den Staat von innen zerstört. Das Geld hat die Vorstellung des unendlichen Raumes, in dem seine Logik sich spiegelt, begründet und stabilisiert.

  • 17.3.1997

    Die Natur ist der blinde Fleck der Theologie, das Wissen ihre Versuchung, die Welt ihr Gefängnis. Ist dieser Naturbegriff der Schlüssel zu Rosenzweigs Stern der Erlösung?
    Das Wissen kommt von Gesehenhaben. Ist das Licht der dritte Brennpunkt der elliptischen Planetenbewegungen?
    Die kopernikanische Wendung hat die astrologische Welttheorie (das „mathematische Ganze“) der Planetenbewegungen in eine Naturtheorie (das „dynamische Ganze“) transformiert. Die theologische Planetentheorie wäre eine Theorie der Wege des Irrtums.
    Die Welt ist der Inbegriff der Herrschaft, die Natur der Inbegriff ihrer Objekte. Beide sind in die Herrschaftsgeschichte verstrickt. Der aristotelische „unbewegte Beweger“ ist der, der andere für sich arbeiten läßt und nur zusieht. Das Symbol des unbewegten Bewegers der Welt ist der Buddha, dessen letzte Verkörperungen sind die Teilnehmer der „Elefantenrunde“, als Einzelverkörprung Kohl, der alle Probleme nur noch aussitzt.
    Ist der Raum, die subjektive Form der Anschauung, der Erbe der noesis noeseos?
    Ist das Licht der Quellgrund jener Beziehung zu den Anderen, die in der Theologie Gnade heißt (vgl. den Titel Simone Weils „Schwerkraft und Gnade“)? Die Welt, die alles ist, was der Fall ist, ist ohne Licht.
    Die Geschichte vom Sündenfall ist kein Mythos, sondern der Beginn der Auflösung des mythischen Banns: die Hilfe zur Reflexion der Schicksalsidee.
    Die Schicksalsidee war ein Versuch, den Sündenfall durch Übersetzung in Statische, ins Welthafte, zu exkulpieren, den Schuldzusammenhang zu neutralisieren.
    Der Raum ist in sich selber beides: statisch und dynamisch zugleich. Das drückt in der Physik im Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, das die starren Strukturen des Raumes verflüssigt, sich aus.
    Ist das Problem des Prinzips der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ein Problem des Maßes? Jedes Maß wird von außen an eine Sache (auch an eine Gerade im Raum) herangetragen. Es gibt insbesondere kein inneres Längenmaß einer Strecke. Aber wie konstituiert sich die Äußerlichkeit des Maßes gegenüber dem Gemessenen anders als durch die Form der Äußerlichkeit selber?
    Das Tauschprinzip ist das Relativitätsprinzip der politischen Ökonomie. Hier reproduziert sich das Problem des Maßes im Geld.
    Gegen Weizsäckers Bemerkung über die „Explosion von Genie“ hat Adorno schon das befreiende Stichwort geliefert: Eingedenken der Natur im Subjekt.
    Hat nicht die deutsche Fraktion der „Kopenhagener Schule“ eine ähnliche Beziehung zu Niels Bohr wie die Habermas’sche Fraktion der Frankfurter Schule zu Horkheimer und Adorno? Beides sind Beispiele des konstitutiven Mißbrauchs.
    Die Philosophie ist die Taschenlampe (oder der Scheinwerfer), die Licht in einen an sich dunklen Raum bringen soll, die Theologie lebt in Erwartung des Morgensterns, des aufgehenden Lichts.
    Aufklärung bezieht ihre Energien aus dem Potential der Wut.
    Welche Implikationen hat das nationale Votum für die „Härte“ der DM, was verhärtet sich mit der DM?
    Die subjektiven Formen der Anschauung sind Balken und Splitter im Auge.
    Das Selbsterhaltungsprinzip begründet eine doppelte Grenze der Barmherzigkeit. Die eine liegt im Subjekt, das für andere Ziele als die der Selbsterhaltung keine Luft mehr hat, die andere im Objekt, das das Mitleid der Anderen nicht mehr erträgt und jeden Versuch zu helfen als Angriff und als Demütigung erfährt.
    Wie das Inertialsystem die Dinge zur Trägheit verurteilt, so das Geld die Menschen zur Selbsterhaltung (und die Bekenntnislogik zu einer Unsterblichkeitsvorstellung, die am Zustand der Welt nicht mehr sich interessiert).
    Seit es keine unzweideutige Sprache mehr gibt, gibt es zur Personalisierung (zur Empfindlichkeit und zur Ausgrenzung anderer) keine Alternative mehr. Deshalb ist Reklame nicht unpolitisch.

  • 6.3.1997

    Thomas Powers „Heisenbergs Krieg“ ist in Wirklichkeit Heisenbergs Legende: Es ist schon erstaunlich, wie dreist der Nationalismus Heisenbergs (und der Antisemitismus E. v. Weizsäckers) heruntergespielt wird, so als sei es normal, angesichts der Vertreibung der jüdischen Kollegen, des Kriegs und des Genozids nationalgesinnt zu sein, und als sei es verständlich, wenn Heisenberg den Anstand im faschistischen Deutschland erst in dem Augenblick als bedroht ansieht, als es um die eigene Karriere (um die Berufung auf den Lehrstuhl Sommerfelds in München) geht. Da sieht er selbst in dem Versuch, Himmler einzuschalten, noch kein Problem. Andererseits trägt Powers doch sehr dick auf, wenn er die Bemühungen in den USA, nach Hahns Entdeckung der Atomspaltung die Möglichkeiten einer militärischen Nutzung der Atomenergie auszuloten, als gierig und irrational beschreibt (und auf die Sensibilisierung der Emigranten, die Art und Ausmaß der Nazigefahren am eigenen Leibe erfahren haben, für eine mögliche deutsche Bedrohung nicht eingeht), während beispielsweise ein mindestens vergleichbarer Hinweis Weizsäckers an das Heereswaffenamt auch im unmittelbaren Anblick der Gefahr eines von Deutschland ausgehenden neuen Weltkrieges für ihn nur normal ist.
    So läßt sich denn auch die in der Tat unsägliche Rolle Philip Lenards und Johannes Starks und der „deutschen Physik“ als Alibi verwenden, um die wirkliche Beziehung der „seriösen“ deutschen Physiker wie Heisenberg und Weizsäcker, um von Pascual Jordan zu schweigen, zu Einstein nicht aufklären zu müssen. Dabei wäre es an der Zeit, einmal im Ernst zu untersuchen, welche ideologische Rolle die sogenannte „Kopenhagener Schule“ (die seit je Nils Bohr nur als Alibi benutzt hat) im faschistischen Deutschland (und in der Folgezeit) wirklich gespielt hat.
    Adornos Satz „Das Ganze ist das Unwahre“ ist der fundamentale Einspruch gegen das Herrendenken. Den gleichen Sachverhalt hat Rosenzweig in seiner Kritik des All zu formulieren versucht. Es ist der Einspruch gegen einen Universalismus, für den die Totalität zur Verfügungsmasse geworden ist. Der Satz „Das Ganze ist das Unwahre“ hält die Idee der Versöhnung bis ins Innere des Gedankens (und d.h. auch: bis in den Kern der Natur) offen. Die Idee einer Zukunft, die nicht unter die Vergangenheit subsumiert ist, ist anders nicht mehr zu halten.
    Kritik der Naturwissenschaft oder
    – der Seitenblick, in dem Natur als Natur überhaupt erst sich konstituiert, oder
    – Kritik der zukünftigen Vergangenheit oder
    – der asymmetrische Wahrheitsbegriff (Name und Begriff).
    Die kantische Frage, wie es möglich ist, daß Raum und Zeit als subjektive Formen der Anschauung gleichwohl objektiv sind, erstreckt sich heute auf Natur und Geschichte insgesamt.
    Der terminus ad quem der resurrectio naturae ist die Erkenntnis des Namens. Natur steht unterm Bann der Feindbildlogik. Deshalb gehörten zum Selbstverständnis des Hellenismus als Projektionsfolie die Barbaren.
    Die modernen Naturwissenschaften (deshalb ist der Begriff der naturwissenschaftlichen Erkenntnis emotional so hoch besetzt) haben die Idee der Erlösung und damit die Wurzel des Christentums selber angegriffen und säkularisiert. Bezieht sich das Wort „Was ihr auf Erden lösen werdet, wird auch im Himmel gelöst sein“ auf dieses dem Begriff der naturwissenschaftlichen Erkenntnis innewohnende Problem? Steckt darin nicht die Lösung des Problems des zweiten Tags (zur Feste des Himmels fehlt der Satz „und er sah, daß es gut war“)?
    Die Kritik der Naturwissenschaften ist von dem Problem der Kritik der politischen Ökonomie und dem der Kritik der Bekenntnislogik nicht zu trennen. Verweisen die „Völker, Nationen und Sprachen“ in den Apokalypsen auf diese Konstellation (vgl. auch das Wort über Assur, Ägypten und Israel in Jes 1925)?
    Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist: Ist das Geld nicht ein „außenpolitisches“ Institut, ein Mittel der Tributerhebung, damit aus seiner eigenen Logik heraus ein kaiserliches Institut (Dareiken)?
    Kann es sein, daß die karolingische Münze, die als Beweis für die Existenz des karolingischen Reiches angesehen wird, als Schlußstein zu den Fälschungen gehört, die das mittelalterliche Imperium legitimieren sollten: daß sie „Falschgeld“ ist? War dieses Geld ein Instrument der Selbstbegründung der Reichsidee und des Kaisertums?
    Aus welcher Zeit stammt das Attribut „der Große“, auf wen wurde es angewandt (von Alexander über Karl bis zum preußischen Friedrich) und was drückte in diesem Attribut sich aus?
    Das Traumproblem in der Schrift scheint darauf hinzudeuten, daß der Joseph in den Evangelien vielleicht doch etwas mit dem gleichnamigen Sohn Israels etwas zu tun hat?

  • 28.2.1997

    „Und Gott sprach: Es werde eine Feste inmitten der Wasser …: ein zweiter Tag“ – An diesem zweiten Tag aber fehlt der abschließende Satz „und Gott sah, daß es gut war“. Was ist „die Feste“, die Gott dann Himmel nannte (Buber nennt sie „Gewölbe“, Zunz „Ausdehnung“)? Hat diese Feste etwas mit den am fünften Tag erschaffenen „großen Meerestieren“ zu tun, mit dem „kreisenden Flammenschwert“ des Cherubim vorm Paradies und mit dem „Bogen in den Wolken“ nach der Sintflut? Ist das Firmament der Inbegriff des Gerichts, der verdinglichenden Gewalt, der Verurteilung, der Naturgrund von Herrschaft (der subjektiven Formen der Anschauung, des Inertialsystems)?
    Barmherzigkeit, ein kleiner Schritt über Marx hinaus: das Sich-Hineinversetzen in den Anderen, die Rekonstruktion der Subjektivität aus ihren politisch-ökonomischen Bedingungen, des Lichts aus der Schwere. Barmherzigkeit ist das Äquivalent des Lichts in der moralischen Welt (im Kontext der subjektiven Formen der Anschauung löst sich das Licht auf in elektrodynamische Prozesse, nur durch Sprache wird Licht zum Licht).
    Wenn das Licht die realsymbolische Manifestation der Barmherzigkeit ist, dann ist die Feste des Himmels das Gericht. Die Feste des Himmels ist der Grund der Feindbildlogik.
    Der biblische Schöpfungsbericht wird durchsichtig allein auf der Grundlage der Barmherzigkeit, im Kontext der Ethik als prima philosophia.
    Theologie im Angesicht Gottes hat einen Zeitkern, sie schließt die Kritik der Vorstellung des Überzeitlichen mit ein. Die Orthodoxie ist die durch die Idee des Überzeitlichen verhexte Gestalt der Wahrheit (Gesinnung ist das moralische Äquivalent der Orthogonalität: sie bestimmt die Richtung).

Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie