Offb 179: „Hier ist der Verstand (vonnöten), der Weisheit hat. Die sieben Köpfe sind sieben Berge, auf denen das Weib sitzt, und sind (zugleich) sieben Könige.“ Aber der Engel entrückt ihn in eine Wüste, nicht auf einen hohen Berg, um ihm die große Buhlerin (Babylon) zu zeigen (173).
Die Welt bezeichnet einen Bereich des Handelns, in dem man ohne Reue und ohne zu verzeihen seine Interessen und Ziele verfolgen kann. Das Absolute, das Korrelat der Welt, exkulpiert apriori. Das logische Apriori der Welt ist die eigene Rechtfertigung, die Selbstrechtfertigung (wenn sie ganz zur Ideologie geworden ist, bedarf sie keiner mehr).
Eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit: Kann das nicht auch (x + x2)1/2 sein? Kommt der Ausdruck „ein A und zwei A und ein halbes A“ in der alten Mathematik vor?
Ist der Lautsprecher (Begriff der Rede, die jede Reflexion im Keim unterbindet) nicht ein zentraler Typos der Nazizeit?
Zur Kritik des Absoluten (Voraussetzung wäre eine Kritik der Mathematik): Hängt der Begriff des Absoluten nicht mit dem der Absolution („absolvo te in nomine …“) zusammen? Ist das Absolute nicht das immanente Telos des Exkulpationstriebs: die Macht der Sündenvergebung (Typos Barock!)? Und steckt darin nicht die Macht, die Vergangenheit zu vernichten: die Macht der Verdrängung? Hat die Kirche deshalb immer jede Vergangenheit (zuerst das Heidentum und Judentum) „überwunden“, und droht sie nicht (seit dem Barock) zum Opfer der Überwindung der eigenen Vergangenheit zu werden (zum Kern eines gewaltigen Verdrängungsapparats)? Deshalb können Theologen (Leonhard Ragaz eingeschlossen) das Jüngste Gericht nicht mehr vom Weltgericht unterscheiden.
Gegen jeden Fundamentalismus: Das Absolute ist der Erbe des mythischen Schicksals und das Korrelat der Welt. Gott aber hat Himmel und Erde erschaffen. Das Abolute ist das caput mortuum Gottes, zu seinen Konstituentien und Gründen gehört die List der Vernunft als Mittel der Befreiung von der Gottesfurcht.
Zum Absoluten gehört die Person: die Maske (die Charaktermaske: Geburt des Absoluten aus dem Geist der Tragödie). Das Absolute ist der Gott für andere, Grund jeder instrumentalisierten Religion, das mythische Erbe in der Religion.
Die Kritik des Absoluten schließt die Kritik des Bekenntnisses mit ein, aus dessen Logik es hervorgeht. Die Bekenntnislogik ist die Logik der Religion für andere: deshalb schließt sie das Feindbild (im Christentum den Antijudaismus), das Verrätersyndrom (die Ketzerverfolgung) und die Frauenfeindschaft mit ein (dadurch unterscheidet sich das Bekenntnis „zur Gottheit Jesu“ vom Bekenntnis des Namens).
War es nicht der tiefste Wunsch Heideggers, und zwar einer, der in der innersten Struktur seiner Philosophie (des ontologischen Ansatzes) begründet war: Kirchenvater des Nationalsozialismus zu werden? (Das Sein ist das Sein; der Infinitiv gründet im Possessivpronomen, und die Ontologie wäre im Kontext einer Geschichte der Banken zu analysieren.)
Sidneys Argument (in dem Gespräch nach dem Konzert gestern abend), daß die Lohnkosten (DM 50,- Stundenlohn für deutsche Arbeiter gegenüber DM 5,- für polnische oder tschechische Arbeiter, und das bei 200 Arbeitstagen im Jahr) Ursache der Wirtschaftskrise in der BRD seien, vergißt (oder verschweigt), daß
– die beiden Stundenlöhne so nur aus Unternehmersicht, nicht aber aus der Sicht der Betroffenen und auch nicht aus politischer Sicht vergleichbar sind (die Basis ist nicht vergleichbar),
– die Lebensverhältnisse in der BRD (u.a. die Mietkosten) eine Senkung der Löhne nicht zulassen, ohne zu riskieren, daß das Heer der Obdachlosen vergrößert und die Gefahr einer neuen faschistischen Eruption heraufbeschworen wird.
Die Intention des Arguments war rücksichtslos und barbarisch, aber sein Realgrund darf nicht verdrängt werden: Laufen die wirtschaftspolitischen Ziele der Bundesregierung:
– Erhaltung der Geldwertstabilität und
– Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland
unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht in der Tat auf diese barbarischen Folgen hinaus? Läßt sich eine nationale Wirtschaftspolitik (oder eine Wirtschaftspolitik, die den nationalen Grund der Wirtschaft unangetastet läßt, sich als Wirtschaftspolitik im internationalen Konkurrenzkampf begreift) ohne diese Folgen überhaupt noch begründen? In welcher Beziehung steht die Währungshoheit des Staates (der systematische Grund des Nationbegriffs) zu den Problemen der unterschiedlichen Infrastrukturen, den Mitteln der Marktsicherung (Zoll und Steuern), den Problemen der ökologischen und politischen Existenzsicherung, aber auch dem Wandel der Öffentlichkeit, den ökonomisch und real, durch die Geschichte des „Begriffs“ (d.h. herrschaftsgeschichtlich), erzwungenen Formen der „Rücksichtlosigkeit“ (reale Entwicklung des Weltbegriffs)?
Zu Sidneys Konzept eines ökologischen Heizkraftwerks, dessen Emissionen einen Wald nähren sollen, damit sie die Atmosphäre nicht belasten:
– Stimmt eigentlich die Prämisse, daß die Emissionen insgesamt über den Kohlenstoff-Umsatz zur Holzerzeugung genutzt werden können; gibt es nicht auch waldschädigende Emissionen (die heute über den sauren Regen das Waldsterben verursachen), die das Konzept von vornherein zum Scheitern verurteilen würden?
– Und selbst, wenn man das vernächlässigen könnte: Welche Folgen hätte die Kohlenstoff-Übersättigung?
Der Kapitalismus hat die Schuldknechtschaft institutionalisiert.
Der Fehler des real existierenden Sozialismus lag nicht in Grundlagen der Theorie, sondern in den Prämissen und Folgen ihrer technologischen Anwendung. Aber diese Prämissen und Folgen sind Teil der vom Tauschprinzip beherrschten Wirtschaft insgesamt, auch der Marktwirtschaft, die nur aufgrund der konsequenteren Anwendung: aufgrund ihrer Rücksichtslosigkeit durchsetzungskräftiger ist.
Ökonomie
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05.12.93
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03.12.93
Die Offenbarung verhält sich zur Philosophie wie das Licht zur Physik (zu den Naturwissenschaften).
Ist nicht das Verhältnis der Religion zum Reich Gottes eher nach dem Paradigma der dritten Leugnung als nach dem von Götzendienst und Prophetie zu bestimmen?
Der Name Jesu ist der Name des Gottesreichs (und der Name des Tieres der Name dieser Welt: der Name eines Menschen).
Joh 1916: Bezieht sich das „sie“ (Pilatus lieferte Jesus an sie aus …) hier auf die Juden? Aber 1923 sind es dann doch „die Soldaten“.
Die Griechen, die nach Joh 1220 nach Jerusalem hinaufzogen, um am Fest teilzunehmen, wenden sich an Philippus (aus Bethsaida in Galiläe), und Philippus geht und sagt es dem Andreas. Es sind die beiden Jünger mit griechischem Namen, an die sich die Griechen wenden.
Wenn Leonhard Ragaz das ho airon in Joh 129 gelegentlich auch mit „wegnehmen“ übersetzt, ist das dann nicht nur eine Unsicherheit, auch ein Stück unverkennbarer Naivität, die heute, 50 Jahre nach der Katatstrophe, nicht mehr erlaubt ist?
Bei Jesus steht das „den Kelch trinken“ in einer verborgenen Beziehung zur Klugheit der Schlangen, die nur dann nicht zur Trunkenheit führt, wenn sie die Arglosigkeit der Tauben mit einschließt. Den Kelch bis zur Neige trinken: bis in den Kern der Trunkenheit hinein, aber in voller Nüchternheit: ohne ihr zu verfallen. Darin steckt das Konzept der christlichen Beziehung zur Geschichte der Säkularisation, zum Weltbegriff.
Zum Trinken des Kelchs gehört das „Seid nüchtern und wachsam“; aber die Apostel in Getsemane konnten nicht eine Stunde mit ihm wachen. (Gibt es nicht eine Besessenheit, die nur durch Wachen und Beten zu beherrschen ist?)
Wie wäre es mit der Idee einer Sozialgeschichte der Sprache: Zum Rosenzweigschen Hinweis, daß das Äquivalent der Technik in der alten Welt die Rhetorik gewesen sei, wäre ergänzend an die Grammatik zu erinnern. Tragen die Grammatiken der klassischen Sprachen des Altertums (Hebräisch, Griechisch, Latein) nicht alle die Züge eines technischen Konstrukts? Und steht das technologische Element in diesen Sprachen nicht im Zusammenhang mit dem Ursprung und der Entfaltung des Staats, der Konstituierung des Weltbegriffs, der Geschichte der politischen Organisation der Ökonomie? Rückt damit nicht das Problem der Grammatik in den Vordergrund, zusammen mit dem Problem des Ursprungs der Schrift und des Geldes? Genügt nicht nur die Buchstabenschrift dem Erfordernis der Anwendung auf verschiedene Sprachen (den Erfordernissen des beginnenden Handels – der Entfaltung des Tauschprinzips, der aus Verhältnissen der Schuldknechtschaft und aus der Geschichte des Opfers sich entwickelt hat)?
Wie hängen Ich und dich zusammen (sie unterscheiden sich nur durch das deiktische d-, machen aber damit das Subjekt zum Objekt in seiner allgemeinen Form: als Akkusativ)? Gründet das Ich nicht im Ach?
Wie die Lateiner Römer (und diese Nachfahren der Trojaner) und die Griechen Hellenen waren (die „Griechen“ in Joh 1220 sind Hellenen), so waren die Hebräer Israeliten (die von Aramäern, d.h. Syrern abstammen): Die Namen der Sprachen differieren von den Namen der Völker, die keine Ursprungsnamen sind. Warum nennen wir Mizrajim Ägypten?
Sind die Sterne des Himmels der Sand am Meer der oberen Wasser?
Die Tage des Schöpfungsberichts sind keine Kalendertage, sondern Tage in einer Welt, die sich auf das Heute bezieht (wie das Licht auf das Leben und das Angesicht). Dazu gehört die Nacht, die auf das Krähen des Hahnes wartet.
Sind nicht die Dornen und Disteln die Erben des Baumes der Erkenntnis?
Gibt es überhaupt die Mathematik; ist nicht die Mathematik in sich selbst gespalten? Arithmetik und Geometrie lassen sich nicht restlos in einander überführen und gleichnamig machen. Wäre nicht dieser Bruch zu reflektieren, der mitten durch die Mathematik geht (der Bruch zwischen dem Kontinuum und dem Diskreten: Begriff und Objekt, Modell der Subsumtion)? Ist die Mathematik das tohu wa bohu?
Das Ich denke begleitet in der Tat nur unsere Vorstellungen, nicht die benennende Kraft der Sprache, in der sich vielmehr „unsere Vorstellungen“ auflösen (deshalb zerstört das Zuschauen die Sprache).
Die Vergegenständlichung Gottes, m.a.W. die Religion, ist die Sünde der Welt. Im Angesicht Gottes verbrennt die Welt, eröffnet sich die Vergangenheit wie im Jüngsten Gericht.
Welche Prophetinnen gibt es: Mirjam, Debora, Hulda, dann die Prophetin Anna und die vier Töchter des Philippus? Wie ist es mit der Frau, die Jesus gesalbt hat, und mit Maria aus Magdala?
Ist nicht die Abtreibungsdebatte eine Stellvertreter-Debatte zum Zwecke der Verdrängung und Ablenkung: der Versuch, den messianischen Wehen zu entgehen?
Der Säkularisatonsprozeß hat nicht nur Herrschaft entzaubert, sondern den Zauber, die Religion, der Herrschaftskritik unterworfen. Die Säkularisation aller theologischen Gehalte bedeutet nicht ihre Preisgabe, nicht ihre Leugnung, sondern umgekehrt ihre Befreiung aus ihrer falschen Verschmelzung mit der Symbolik und Metaphorik der Herrschaft, aus ihrer herrschaftsgeschichtlichen Symbiose.
Beschreiben nicht die beiden Verbote gegen das Essen von Götzenopferfleisch und gegen Hurerei aufs genaueste den Charakter des Kapitalismus?
Ragaz, 4, S. 421: Hier erscheint ein merkwürdig paranoisches Element (die offene Seite seiner Schutzlosigkeit), wenn er vom „Heer der Bazillen“ spricht. -
27.11.93
Wirtschaftsstandort Deutschland: Appell an die nationale Selbsterhaltung als imperialistische Kampfparole.
Ist nicht jede Ökonomie (aufgrund der Währungs- und der Rechtshoheit des Staates und ihrer Verflechtung mit der Infrastruktur des Landes und den gesellschaftlichen Institutionen) National-Ökonomie; und bedarf es nicht deshalb endlich einer Geschichte der Banken (die auch Kopernikus und Newton, deren nationale Geldtheorien zu den Grundlagen ihrer Astronomie gehört, enthalten sollte)? Gehört die Kritik des heliozentrischen Systems zur Imperialismus-Kritik?
Gibt es nicht eine Korrespondenz zwischen den Unterdrückten und Beleidigten, den Ausgebeuteten und Erniedrigten (den Armen und den Fremden) und der verdrängten Vergangenheit? Repräsentieren nicht die Herren (die „Sadduzäer“) die unversöhnte Vergangenheit (den Unterdrückungs- und Verdrängungsapparat als Verkörperung der Macht der Vergangenheit und die Leugnung der Auferstehung)?
Das tode ti, das hic et nunc (bei Hegel Kern der Begründung des Objektbegriffs, dessen Subjektivität Grundlage der transzendentalen wie auch der Hegelschen Logik ist): Ist das nicht in der Tat der Umkehrpunkt, der Knoten, der zu lösen ist? Das wahre tode ti ist die Aktualität der Prophetie: die aktuelle Realität des Hungers, der Folter, der Unterdrückung, des Krieges (der Armen und der Fremden).
Die Trennung der oberen von den unteren Wassern und dann des Flüssigen vom Festen (das Werk des zweiten Tages): Hat das nicht mit der Trennung von Zukunft und Vergangenheit zu tun (und mit der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit: der Begründung des Wissens)? Und hängt das Wunder von Kana nicht mit der Sintflut und Noe zusammen (sind Wasser, Wein und Blut drei Dimensionen des Zukünftigen; Zusammenhang mit der Erde, der Blöße und dem Fleisch)?
Der Urknall oder die Sprache als schwarzes Loch: Gehört nicht zur deutschen Staatsmetaphysik ebenso wie der Staatsanwalt auch der Volkstrauertag (das „Heldengedenken“): wie das Opfer zum Götzendienst? Der Staat als Moloch, der seine Opfer frißt. Der Volkstrauertag als Versuch der Sinngebung des Sinnlosen benötigt den Nationalismus als sinngebende Instanz: Ursprung der hohlen Sprache, Kern der Zerstörung ihrer benennenden Kraft.
Die Schrift (die Bibel) ist ein multidimensionaler, von allen Seiten durchsichtiger Körper; hat sie nicht siebzig Dimensionen?
Zum Anfang der Genesis:
– Sie enthält die vier Elemente (Erde Himmel Geist);
– ist der Geist über den Wassern eine Emanation des Feuers?
Dann wäre:
– die Erde wüst und leer,
– Finsternis über dem Abgrund, und dann
– der Geist Gottes über den Wassern: die erste Tätigkeit der Himmel (des Feuers).
Zur Dynamik dieser Geschichte gehört es, daß der gleiche Himmel dann verwandt wird zur Benennung der Feste, die die oberen von den unteren Wassern scheidet.
Ist es nicht ein großartiger Gedanke, daß die Jotam-Fabel die Idee des Königtums an die Bäume (und nicht an die Tiere) bindet: an den Dornstrauch?
Die Summenzahlen im Neuen Testament haben die Basis 17 (153, Joh 2111), 23 (276, Apg 2737) und 36 (666, Offb 1318):
– 17 ist die Summe aller Zahlen von 1 bis 5, plus 2;
– 23 die Summe der Zahlen von 1 bis 6, plus 2;
– 36 die reine Summe von 1 bis 8.
Woher stammt die Geschichte vom Schachbrett und den Reiskörnern?
Gibt es außer der Zahl „etwa 84“ (7 x 12, Alter der Prophetin Anna, Lk 237) noch andere, die keine Summenzahlen sind?
Bezieht sich die Wendung: eine Zeit, zwei Zeiten und eine halbe Zeit (Dan und Offb), auf die Formel der Summenbildung: (n + n2)/2 ? -
26.11.93
In der Person ist das Angesicht zur Maske geworden; sie ist sie ein Produkt der Eitelkeit.
Der Begriff der Eitelkeit bezeichnet präzise das Wesen der Welt (im Ursprung: im Götzendienst, wie in der Folge: der Personalisierung).
Die Eitelkeit kann Rechts und Links nicht unterscheiden: das Spiegelbild von der Realität.
Gehören nicht die beiden Sätze:
– „Niemand kann Gott von Angesicht schauen und Überleben“, und:
– „Wer sein Leben retten will, wird es verlieren“
zusammen?
Das Christentum ist zur Lebensrettungs-Gesellschaft derer geworden, die ihr eigenes Leben retten wollen (und es deshalb verlieren?).
Der Stern der Erlösung ist eine Entfaltung des Satzes aus dem Kohelet: Alles ist eitel, während Adorno diesen Satz in die Gegenwart übersetzt hat: Das Ganze ist das Unwahre. Die Vorstellung, daß dem Alles in der Realität etwas entspricht (oder daß das Wahre ein Ganzes sei), verdankt sich dem Identitätsbedürfnis des Subjekts. In die traditionelle Metaphysik, wie sie dann von der Theologie rezipiert worden ist, ist diese Eitelkeit mit der Hypostasierung des Unum (verum et unum convertuntur) hereingekommen.
Bedeutung des Eigentum-Begriffs für die Logik und das System des Rechts: der Grundsatz, daß Gemeinheit (oder mit Franz von Baader: die Niedertracht) kein strafrechtlicher Tatbestand ist, läßt sich zwanglos daraus ableiten (Zusammenhang von Mechanik, Eigentum und Beweislogik). Liegt hier nicht der Grund für die systematische Bedeutung des Römischen Rechts, das durch seine Eigentums-Systematik sich von jeder vorhergehenden Gestalt des Rechts unterscheidet? Wie verhält sich das Kanonische Recht (das Kirchenrecht) zum Römischen Recht (zum Recht des Staates), welcher Begriff, welche Formbestimmung entspricht hier dem Eigentumsbegriff (Organisationsprinzip und Selbstverständnis der Kirche)?
Bemerkenswerte physiognomische Ähnlichkeit von Kinkel, Rexrodt und Schwätzer: Alle drei halten sich raus.
Steckt die raf nicht jetzt in der Gefahr, daß Gewissenserforschung nur als Fremd-Gewissenserforschung läuft (die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit als Auseinandersetzung mit Abweichlern und Verrätern betrieben wird, als verspätete Entsolidarisierung)? Hätte nicht das, was jetzt gegen die Illegalen gesagt wird, gesagt werden müssen, als die Aktionen (gegen von Braunmühl, Herrhausen u.a.) stattfanden?
Die Beziehung von Naturwissenschaft und Ökonomie gründet darin, daß der Blick, den die Naturwissenschaft auf die Natur wirft, identisch ist mit dem Blick der in der Ökonomie Herrschenden auf die Ökonomie. An der Engelsschen Identifizierung der Marxschen Kapitalismus-Kritik mit der (Natur-)Wissenschaft (Sozialismus als Wissenschaft) ist der real existierende Sozialismus zugrunde gegangen. -
23.11.93
Ist nicht die Unterscheidung von genitivus subjektivus und objektivus der Grund der Unterscheidung von Natur und Welt? Das wäre zu demonstrieren an dem Genitiv in Joh 129: tän hamartian tou kosmou.
Natur und Inertialsystem: Ist nicht die Natur das Kaninchen vor der Schlange, die Trägheit der Materie die Lähmung durch den Blick der Schlange (und ist die Schlange nicht der Staat: das Neutrum als Institution, und das Inertialsystem der Blick der Schlange: das Neutrum als Subjekt des Zuschauens)?
Das Kaninchen vor der Schlange: Wodurch unterscheidet sich das Trägheitsgesetz vom Tauschprinzip (die träge Masse vom Tauschwert, die Physik von der Ökonomie, das Inertialsystem vom Kapitalismus, die Natur von der Gesellschaft)? Liegt die Lösung dieser Frage im Problem der Astronomie?
Simon Barjona (Mt 1617), huios Joannou (Joh 142, 2115).
Simon Barjona: Bezieht sich das auf den realen Vater Jona/Johannes oder auf das „Zeichen des Jona“, und was hat mit der „Schwiegermutter“ des Simon auf sich (wenn Petrus Typos der Kirche ist, welche Bedeutung hätte dann eine Schwiegermutter)? -
22.09.93
Nach Flavius Josephus symbolisieren die vier Farben im Vorhang des Tempels die vier Elemente:
– Scharlach: das Feuer,
– Weiß: die Erde,
– Blau: die Luft und
– Purpur: das Meer.
Sind die „vier Vokale“, die nach Flavius Josephus auf der Kopfbinde des Hohepriesters geschrieben sind, die des Tetragrammaton, die vier Buchstaben des Gottesnamens? Wie verhält sich diese Tradition zum bibelwissenschaftlichen „Jahwä“?
Wer die Religion vollständig auf die Gesinnungs- und Bekenntnisebene schiebt, leugnet die Erkenntnisforderung und den Erkenntnisanspruch der Religion. Diese Beziehung zur Erkenntnis ist im Christentum nach dem Urschisma durch die Gnosis verstellt worden.
Wenn Hegel in der Rechtsphilosophie den Monarchen aus der Logik des Systems ableitet, so rührt er damit an die Logik des Namens. Und er bezeichnet zugleich den Punkt, an dem die messianische mit der Königstradition zusammenhängt.
Sind nicht der Urknall, der schwarze Hohlraum und das schwarze Loch projektive Verkörperungen der Verdrängung des Namens, und stehen sie nicht in einer systematischen Wechselbeziehung (die aus der Logik des Inertialsystems sich müßte ableiten lassen)?
Ist das bara in Imperfektum oder ein Perfektum (Produkt einer nicht abgeschlossenen oder einer abgeschlossenen Handlung)? Oder kommt dieses Verb in der Schrift in beiden Formen (bei Buber erkennbar als „schuf“ und „hat geschaffen“) vor, allerdings mit differerierenden Konnotationen (bis hin zum Gottesnamen)? Und wie verhält das Schaffen zum Machen? Vgl. hierzu den Wechsel in Gen 24a,b:
– vom Imperfekt zum Perfekt, mit anschließender Versetzung in die Vergangenheit („Zur Zeit, da …“) und Änderung des Verbs (von schaffen zu machen),
– von Elohim zu Elohim JHWH und
– von „Himmel und Erde“ zu „Erde und Himmel“ (Vertauschung der Folge der Objekte): aus der unabgeschlossenen Schöpfung von Himmel und Erde wird die abgeschlossene Schöpfung von Erde und Himmel.
Die Unterscheidung der „Quellen“ orientiert sich nicht nur am Gebrauch des Gottesnamens. Welche anderen sprachlichen Kriterien liegen ihr noch zugrunde? Kann es nicht sein, daß sich dahinter ein kompositorisches Element verbirgt?
Läßt sich Bubers Bibel-Übersetzung nicht unter dem Stichwort Ästhetisierung kritisieren (vgl. das „Braus Gottes schwingend über dem Antlitz der Wasser“, in dem das Tätige des Brütens zu einem artistischen Akt wird)? Spielt das nicht mit herein, wenn die Armen, die Fremden, das Opfer, der Geist, die Gerechtigkeit, die Wahrheit, die Barmherzigkeit und andere aus dem Text verschwinden? Was wird aus dem Zorn?
Natur ist der Inbegriff aller Objekte, die der Herrschaft der Vergangenheit unterworfen sind, während der Weltbegriff Vergangenheit und Zukunft dadurch trennt, daß er die Zukunft unter die Vergangenheit subsumiert (nur unter der Herrschaft der Vergangenheit sind Zukunft und Vergangenheit getrennt). Auf diesen Schnitt beziehen sich die Schwertsymbole: vom kreisenden Flammenschwert des Kerubs am Eingang des Paradieses bis zur Duchschlagung des Gordischen Knotens durchs Schwert des Alexander. Konstituiert das Schwert die Zeit, indem es sie von der Ewigkeit trennt, sie der Vergangenheit unterwirft?
Wer ist Malchus?
Das Schwert, das die Wunde schlägt, heilt sie auch (oder: Schwerter zu Pflugscharen): Sind die subjektiven Formen der Anschauung (und ist das Inertialsystem), und mit ihnen das Reich der Erscheinungen, das Werk des Schwertes? Begründet das Schwert mit der Trennung von Zukunft und Vergangenheit (und der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit) auch den Begriff des Wissens und die Trennung des Natur- und Weltbegriffs?
Steht nicht die Natur unter dem Bann der Subjektivität? Und ist nicht Adornos „Eingedenken der Natur im Subjekt“ zu radikalisieren durch die Kritik des Naturbegriffs selber?
Ärgernisse müssen kommen, aber wehe denen durch die sie kommen: Ist dieser Fluch nicht auch ein Segen (und ein Fluch nur für die, die den Segen darin nicht sehen)?
Die Wahrheit hat einen Zeitkern (Adorno): Dieser Satz wird mißverstanden, wenn man ihn relativistisch versteht.
Auch Herrschaftskritik ist vor der Gefahr des Herrendenkens nicht gefeit.
Problem der Chronologie: Die sogenannte Tiefenzeit ist ein Versuch, den Naturbegriff so zu verankern, daß er unwiderlegbar wird. Mit der Tiefenzeit kapituliert das Subjekt endgültig vor dem Bann, den es selbst über die Natur legt. Jeder Bann aber ist ein Todesbann.
Nicht nur die Rettung der vergangenen Hoffnung, sondern die Errettung der vergangenen Zukunft (gegen das „Prinzip Hoffnung“).
Wer sind heute die Aussätzigen: Gehören dazu nicht auch die Objekte des Vorurteils, die Juden, die Frauen, die Ausländer?
Gibt es eigentlich keinen Theologen, dem beim Kohlschen Wort vom „Umdenken“ (ähnlich wie damals beim Ehrhard-Wort von der „Sünde wider den Geist der Marktwirtschaft“) etwas einfällt? (Es paßt zu einem geistigen Klima, in dem die Reichen die Armen sind, die sich für das Ganze aufopfern.) Ist die Theologie schon so verderbt, daß ihr Gegenteil sich als ihre Verkörperung ausgeben kann (vgl. die „Theologen“ in der CDU, mit denen sich Kohl jetzt umgibt: Hintze und Heitmann, während er bei die Besetzung der Fachressorts Wirtschaft und Finanzen Fachleute um jeden Preis zu meiden versucht). Die Regierungsmannschaft Kohls wird durch das Feuer kabarettistischer Kritik nur noch gestählt (mit Hilfe der Theologie).
Stichwort „falsche Propheten“ (vom Deuteronomium bis zum NT, insbesondere auch in der Apokalypse): Das Problem sind nicht die falschen Propheten selber, sondern das Problem ist eine Politik, die wie ein Magnet die falschen Propheten anzieht. Die falschen Propheten sind am projektiven Gebrauch der Diskriminierungslogik (am instrumentellen Gebrauch der double-bind-Falle) erkennbar:
– „Asylantenflut“: wir überschwemmen die Welt mit der Armut, die wir nach draußen exportieren;
– die Xenophobie ist der Spiegel des Schreckens, den wir in der Welt verbreiten;
– die „Banden-Kriminalität“ (Begründung des „großen Lauschangriffs“) das Spiegelbild der realen Politik und Ökonomie: des Überfalls und der Beraubung der Armen).
Zugleich wird der Anspruch der Religion durch die projektive Ausmalung ihrer raf-Variante: des Fundamentalismus (den es zugleich tatsächlich gibt) destruiert.
Der Weltbegriff als Instrument der Schizophrenisierung: Psychose-Generator.
Das Buch Hiob ist nicht die Antwort auf das Theodizee-Problem, sondern der Nachweis, daß bereits die Frage (notwendig und) blasphemisch ist. Es beschreibt die Grenzen der Urteilskraft, dazu braucht es den „Ankläger“.
Wer nachweist, daß Äpfel keine Birnen sind, hat damit nicht nachgewiesen, daß es keine Birnen gibt.
Ist nicht die große Musik, spätestens seit Bach, der ohnmächtige, aber keineswegs hilflose Versuch, das Problem des Nominalismus (auch des double bind, der Trennung von Ton und Inhalt eines Satzes) zu bestimmen?
Ein Text, der es nicht erträgt, daß Worte in ihm auch gegensätzliche Bedeutungen repräsentieren, kann nicht wahr sein. Der Nachweis, daß ein Text Widersprüche enthält, ist nicht in jedem Falle eine Widerlegung.
Der ontologische Gottesbeweis hat die Selbstoffenbarung Gottes im brennenden Dornbusch neutralisiert (und die Persil-Reklame antizipiert).
Wer die Erfindung der Schrift als technisches Problem begreift, neutralisiert das Problem anstatt es zu lösen. Welches gesellschaftliche (und sprachlogische) Interesse liegt der Erfindung der Schrift zugrunde? Gibt es einen Staat ohne Schrift?
Das Schlimme heute ist, daß unsere Theologie erinnerungslos Abschied von ihrer eigenen Vergangenheit zu nehmen versucht. So macht sie sich selbst zum Agenten des Hasses der Welt. Nur so (durch Identifikation mit dem Aggressor) glaubt sie, selbst der Angriffszone dieses Hasses sich entziehen zu können.
Haben sich nicht alle am Schicksal der raf mitschuldig gemacht, die damals wußten, daß Analysen der raf so falsch nicht waren, dieses Bewußtsein aber verdrängten, weil sie gegen die Sympathisanten-Hetze hilflos waren.
raf und Scheiterhaufen: Beide sind falsche, instrumentalisierende Verkörperungen des Feuers (und seiner Beziehung zum Opfer und zur Sünde der Welt; Zusammenhang des Scheiterhaufens mit der Geschichte der Alchemie, der „Goldmacherkunst“).
Nur von der Sünde wider den Heiligen Geist heißt es, daß sie weder in dieser noch in der künftigen Welt vergeben werde, während es heißt, daß, wer den Vater und den Sohn leugnet, der Antichrist sei (1 Joh 222).
Ist der Feminismus nicht zunächst ein Symptom, nur in einigen Verkörperungen auch schon der Ansatz zu einer Lösung (Elisabeth Schüßler-Fiorenza, Rosemary Radford-Ruether, Mary Daly)?
Ist nicht durch die Logik des Weltbegriffs das Sein zum Haben anderer geworden? Darin gründet die verandernde Kraft des Seins, wird das Sein zu einem Moment im gesellschaftlichen Schuldzusammenhang (als dessen innere Reflexion die Heideggersche Fundamentalontologie zu begreifen ist).
Lassen sich die englische und die deutsche Sprachlogik nicht an der Form der gesellschaftlichen Anrede erkennen: Im Englischen ist die zweite Person sing. mit der zweiten Person plural (you) identisch, im Deutschen reden sich Erwachsene mit dem Personalpronomen der dritten Person plural (Sie) an: Hängt das nicht mit der Beziehung des Seins zum to be zusammen?
Durch den Begriff des Wissens wird die Wahrheit auf Objekte bezogen (als Übereinstimmung von Begriff und Gegenstand definiert). -
10.09.93
Was bedeutet das urchristliche Symbol des ichthys (Jesous Christos Theou Hyios Soter), des Fisches? Ist die Kirche (als Corpus Christi mysticus) der Fisch (der den Jonas verschlungen hat)?
Ebach: Weltentstehung, S. 157: „Innerhalb der Genealogie der Kulturheroen ist für eine euhemeristisch erklärte Göttin kein Platz. Erfindungen und zivilisatorische Errungenschaften werden in diesem Abschnitt ausschließlich Männern zugeschrieben.“ – Was bedeuten dann die Frauen in der kainitischen Genealogie (die Frauen des Lamech) und die Frauen im Stammbaum Jesu? In der hebräischen Genealogie „nehmen sich“ Abraham und Nahor erstmals Frauen.
In der Sintflut sind es vor allem die „oberen Wasser“, die die Erde überschwemmen. Hängt das mit dem Ursprung der Astronomie zusammen (vgl. auch Thales und den Ursprung der Philosophie: Alles ist Wasser)?
Steckt in dem griechisch-deutschen „eu“ (=oi) der griechische bestimmte Artikel pluralis (hoi und der Ursprung des Materiebegriffs, des Welt- und Naturbegriffs)?
Die Verinnerlichung des Opfers hat ihr gegenständliches Korrelat in der Brutalität, die die reale Außenseite jeder „heilen Welt“ (auch der „Entsühnung der Welt“ durch das opfertheologische Verständnis des Kreuzestodes) ist. Die Verinnerlichung und die Vergöttlichung des Opfers gehören zusammen: Durch die Vergöttlichung des Opfers werden die Opfer des Opfers verdrängt, der Wahrnehmung entzogen. So wird das Opfer selber tabuisiert, es ist nicht mehr kritisierbar. Ist nicht die Trinitätslehre (auch) ein Gottesfurcht-Vermeidungs-Instrument, und wenn sie einmal etwas anderes war, ist sie nicht heute dazu geworden?
Der Weltbegriff als Haß-Generator.
Jesus hat nicht gelacht, aber die Dämonen ausgetrieben: Rührt nicht die Dämonenaustreibung an den Grund der Welt?
Rückt nicht heute die altorientalische Welt in eine ebenso beängstigende und erschreckende wie auch befreiende Korrespondenz zur Gegenwart?
Hat nicht die Verdrängung des Chronologie-Problems, die Etablierung der „Tiefenzeit“ in Geologie und Geschichte, u.a. auch die Funktion, sich die ungeheure Engführung des historischen Prozesses in der Vergangenheit und damit das Bewußtsein der korrespondierenden Engführung (in Ökonomie und Physik und in der Theologie) in der Gegenwart vom Leibe zu halten (Desiderat einer Geschichte der Banken)?
Die „neue Unübersichtlichkeit“, die Habermas beklagt, ist kein bloß theoretisches Problem, sie ist ebensosehr Produkt einer Selbstverblendung, deren Ursprung bei Habermas sich benennen läßt. Und diese Selbstverblendung gehört mit zu jenen Mechanismen, die den gegenwärtigen Problemen in Politik und Gesellschaft (Xenophobie und Rechtsradikalismus) zugrundeliegen: Das geht soweit, daß heute die Mittel, die man zur Lösung der Probleme bereit hält, die Probleme zu verstärken und anzuheizen scheinen (Zusammenhang der dritten Leugnung mit der Selbstverfluchung: hier schürzt sich der logische Knoten des Weltbegriffs).
Die Zweideutigkeit der Heideggerschen Frage nach dem Sinn von Sein ist nur aufzulösen über die Kritik des Theodizeeproblems (das in der deutschen Heidegger-Rezeption zentral ist). Das Theodizee-Problem ist selber ein Prophetie-Verhinderungs-Problem, das in der Frage nach dem Sinn von Sein seine ganze larmoyante Suggestivkraft entfaltet: Die Zweideutigkeit ist m.a.W. nur aufzulösen im Kontext der Kritik des Weltbegriffs, der Schuldreflexion.
Die Sinnfrage rührt an den Kernpunkt der Prophetie: an das Problem der Erfüllung des Worts (und der benennenden Kraft der Sprache).
Ist nicht die Philosophie Heideggers – wie der Faschismus, zu dem sie gehört – ein Versuch der Widerlegung des Satzes, daß die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen werden (ein Versuch, diese Pforten von außen zu schließen, der sich dann zangsläufig im Innern wiederfindet)?
Im Agnus Dei hat die Kirche das tän hamartian tou kosmou (Joh 129) pluralisiert: notwendige Folge der falschen Übersetzung: der Ersetzung der Auf-sich-Nahme durch die Hinwegnahme?
Ist das Possessivpronomen 3. Pers. pl. gleich dem Personalpronomen der 2. Per. pl. (sie/ihr)? Und hat das nicht seinen logischen Grund in der Identität des Infinitivs Sein mit dem Possessivpronomen 3. Pers. sing., während es zugleich die Grundlage des deutschen Volskbegriffs ist: der Rückverwandlung des wechselseitigen Herrschaftsverhältnisses in ein reines Schicksalsverhältnis: sprachlicher Grund der Hegelschen Logik? -
24.08.93
Zu Erich Zenger, Gottes Bogen in den Wolken: Paßt nicht der Kriegsbogen zum kreisenden Flammenschwert?
Ein prophetischer Begriff der Erkenntnis kann die Trennung von Natur und Welt nicht akzeptieren, er schließt die Kritik der Geschichte im Sinne einer praeparatio resurrectionis mit ein. Gründet nicht die Trennung von Prophetie und Schöpfungsgeschichte in der durch die Philosophie (und den Staat) vermittelten Trennung von Welt und Natur? Diese Trennung von Welt und Natur oder die Herrschaft des Begriffs und des Rechts ist nur zu kritisieren im Kontext einer Theorie des Namens, des Angesichts und des Feuers. Nicht nur die Prophetie, auch die Schöpfungslehre hat einen Aktualitätskern, der nur durch die Kritik der Trennung von Welt und Geschichte und der zugrundeliegenden Trennung von Natur und Welt wiederzugewinnen ist (Geschichte konstituiert sich durch den Naturbegriff: durch die Leugnung der Auferstehung hindurch); und das Medium dieser Wiedergewinnung ist Erinnerungsarbeit.
In der Geschichte der drei Leugnungen ist die Magd des Hohepriesters (bei Johannes 1815ff u. 25ff) zugleich die Türhüterin, an der Petrus nur mit Hilfe des „anderen Jüngers“, der „mit dem Hohepriester bekannt war“ vorbei in den Hof hereingekommen ist. Bei Johannes fehlt der Satz von der Selbstverfluchung des Petrus und dem bitterlichen Weinen.
Zenger, S. 109: Die Flutgeschichte erzählt gerade nicht, „daß und wie der Schöpfergott diesen „Gewaltbazillus“, der die Erde vergiftet hat, durch die Flut aus der Erde herausspült“, sondern dieser „Gewaltbazillus“ ist ein Systemteil der Flut, und seitdem ist die Erde damit vergiftet (hier ist alles Fleisch erst zu Fleisch geworden, auch im paulinischen Sinne: erst hier ändern sich auch die Tiere).
Daß „die Wassertiere … in 721 verständlicherweise (fehlen)“ (S. 110), hat nicht nur den empirischen Grund, daß sie halt im Wasser leben, sondern verweist auch auf die „großen Meerestiere“ des fünften Tages, die, wie Himmel und Erde und wie der Mensch, unmittelbar von Gott erschaffen sind, und nicht nur die Sinflut überleben, sondern diese Katastrophe gleichsam antizipieren (vgl. die merkwürdige Beziehung der großen Meerestiere zur Philosophie und zum Staat: als Weltsymbole?).
S. 111: „am Neujahrstag sind die Wasser von der Erde verschwunden“. Hat das (und die Sintflut insgesamt) etwas mit dem Wechsel vom Mond- zum Sonnenjahr zu tun? – Vgl. hierzu die Anm. 27.
S. 117: Bezieht sich der Schrecken auf den Tieren in Gen 92 außer auf den Gottesschrecken bei der Landnahme (Josue) nicht auch auf den Schrecken Isaaks, und gehört nicht auch der „Schrecken um und um“ in diese Reihe? Und steht das Ganze nicht im Zusammenhang mit der Geschichte des Opfers als Vorgeschichte des Weltbegriffs? Ist nicht die Welt das subjektlose Subjekt dieses Schreckens (das subjektlose Subjekt einer Erkenntnis, deren Subjekt-Objekt der tiefste Grund dieses Schreckens, nämlich das Anderssein ist)?
Verführung und Weltbegriff (et ne nos inducas in tantationem, sed libera nos a malo): Subjekt des Weltbegriffs sind die Menschen, aber davon werden sie durch den Weltbegriff zugleich entlastet: das ist die Sünde der Welt.
Verstellt nicht auch in der Sintflutgeschichte das Chronologie-Problem den Blick auf ihre reale (und aktuelle) Bedeutung?
Verweist nicht die Vorgeschichte (mit den Göttersöhnen und den Menschentöchtern und den Riesen der Vorzeit) aufs deutlichste auf die Zeus- und Heroen-Geschichten des griechischen Mythos?
Ist nicht die Taufe (durch ihre Beziehung zur Sintflut) ein Symbol der Erinnerungsarbeit?
Ist nicht „die Seite“ in der Schrift immer die linke Seite (von der Erschaffung Evas bis zum Lanzenstich am Kreuz)?
Wie hängen die beiden – nach meinem Eindruck sehr katholischen -Wendungen im Verhältnis insbesondere zum Alten Testament zusammen:
– das „Heute wissen wir, daß …“, mit dem störende Konnotationen beiseite geschafft, verdrängt werden, aber auch wenn eine Stelle dem Stand der naturwissenschaftlichen oder der historisch-kritischen Erkenntnis nicht mehr entspricht, und
– die projektiv dem biblischen Autor unterstellte Absicht, die Behauptung zu wissen, was der biblische Autor an einer Stelle gemeint hat (insbesondere, wenn diese „Meinung des Autors“ mit dem Wortlaut des Textes nicht übereinstimmt)? Wäre hier nicht zu prüfen, ob die Vorstellung von der biblischen Autorschaft nicht in der Tat sehr projektive Züge trägt, und bestimmt ist vom eigenen Verfahren: vom Abschreiben aus Büchern in Zettelkästen und aus Zettelkästen in neue Bücher. Verkennt diese Vorstellung nicht doch zentral den realen Prozeß der literarischen Produktion in einer Welt, in der es noch keine Sekundärliteratur (die alle Quellentheorien gerne in die Texte hineinschmuggeln möchten) gibt?
War nicht in der alten Welt das Verhältnis zur Sprache (bis hin zum Logos-Begriff des Johannes-Evangeliums) ein wesentlich anderes als unser heutiges, durch Rechtfertigungszwänge sowie durch Mathematik und Ökonomie zerstörtes und verwirrtes Verhältnis? Und ist nicht ein zentrales Moment der „Schrift“ Sprachreflexion?
So wie zwischen dem „Stern der Erlösung“ und uns Auschwitz steht, so steht zwischen der Schrift und uns die zweitausendjährige Geschichte des Christentums, die in Auschwitz endet. Hier gründet die erschreckende und beklemmende Aktualität der Schrift.
Nochmal zur Stelle: Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde, die Jesus dann selbst, so als sei es nur eine rhetorische Frage gewesen, beantwortet: Ihr werdet den Kelch trinken, aber das Sitzen zu meiner Rechten oder Linken habe nicht ich zu vergeben, sondern der Vater. – Nirgend kommt die Mittler-Rolle dramatischer zum Ausdruck als hier.
Ist nicht die Geschichte der Dogmatisierung eine Geschichte der Subjektivierung (als welche sie zur Vorgeschichte der subjektiven Formen der Anschauung, ihrer Trennung vom Licht, gehört)? Und ist sie nicht (wie die subjektiven Formen der Anschauung) über den Weltbegriff herrschaftsgeschichtlich strukturiert (Verdrängung und Verachtung der Armen und der Fremden)? Bezeichnen nicht Gott, die Armen und die Fremden die andere Seite der Geschichte der Subjektivierung?
Ist nicht das Feuer die Vermittlung zwischen dem Inertialsystem und dem Licht, und das Plancksche Strahlungsgesetz (zusammen mit der speziellen Relativitätstheorie Einsteins) der innerphysikalische Ausdruck dieser Vermittlung? -
22.08.93
Ist der Personbegriff nicht ein Reflexionsbegriff der neutralisierten Welt (er bezeichnet den Schauspieler im Drama und das rechtlich schuldfähige Subjekt).
Die sieben Siegel: Taufe, Firmung, Buße, Eucharistie, Priesterweihe, Ehe und Salbung.
Wer den Faschismus nur unter dem Aspekt der Schuldfrage reflektiert, verfehlt ihn. Zu Auschwitz gibt es kein objektives Verhältnis mehr; das Besondere an Auschwitz ist die nicht mehr abweisbare Einsicht, daß man auch durch Nichthandeln (auch durch die Distanz des „historischen Betrachters“) schuldig wird. Mit Auschwitz enthüllt sich Objektivität insgesamt als Schuldzusammenhang.
Grund des Weltbegriffs: Der Raum ist ein sich-selbst-tragendes Konstrukt (das reine Sich-Fortzeugen); er scheint nur hingenommen werden zu können und jeder Begründung und Reflexion sich zu entziehen. Die Konsequenzen allerdings sind unabsehbar.
Die scheinbar so einfache und klare Struktur des Raumes ist in Wahrheit ein Produkt der Zerwirbelung der raummetaphorischen Elemente der Sprache:
– im Angesicht und hinter dem Rücken,
– rechts und links (Gerechtigkeit und Barmherzigkeit),
– oben und unten (Herr und Knecht).
Dies ist der Knoten, den Alexander als Erbe der Philosophie und Begründer des Cäsarismus, nur durchschlagen hat, während es darauf ankäme, ihn zu lösen.
Hat nicht die Entdeckung des Winkels, der Orthogonalität, jene Seitenansicht der Dinge erst eröffnet und begründet, die dann die Begründung der Philosophie und die Konstituierung des Weltbegriffs (die Trennung des Natur- und Weltbegriffs) ermöglichte? Die ganze nachfolgende Geschichte, einschließlich des Ursprungs und der Ausbildung des Dogmas im Christentum, steht unter diesem Vorzeichen und war so die Voraussetzung für den europäischen Objektivations- und Säkularisationsprozeß. In diesem Prozeß ist die Seitenansicht dann zur Totalen geworden: zum Inertialsystem (der Verkörperung des Jeremias-Wortes vom „Grauen um und um“).
Vgl. die schöne Stelle in Büchners „Lenz“: Sehen Sie, Herr Pfarrer, wenn ich Gott wäre, ich würde retten, retten.
Die Verführung des Feminismus: Wenn der Faschismus eine aus der Logik des Patriarchats erwachsene Erscheinung ist, dann ist der Feminismus gleichsam apriori exkulpiert. – Die große Bedeutung des Feminismus liegt darin, daß sie die politische Dimension des Sexismus wiederentdeckt hat.
Gibt es eigentlich zum Schuldzusammenhang (und zum Rechtfertigungs- und Exkulpierungszwang) keine Alternative mehr?
Die Unfähigkeit zur Schuldreflexion, die einhergeht mit der Unfähigkeit zur Sprachreflexion, reproduziert den Herrschafts-, Schuld- und Verblendungszusammenhang, in dem sie gründet.
Die technische Adaption der kritischen Theorie subsumiert sie unter Rechtfertigungs- und Alibizwänge.
Die Kritik der Postmoderne, die Kritik Drewermanns und auch die Kritik Edith Steins trifft zwar den Sachverhalt, verdrängt aber zugleich das Problem und verfällt deshalb der Bekenntnislogik, der Vorstellung, das Bekenntnis zur richtigen Anschauung würde schon etwas ändern.
Man muß sich klarmachen, daß das Inertialsystem das Referenzsystem aller physikalischen Erscheinungen, Begriffe und Gesetze ist, mit zwei Grenzfällen:
– der speziellen Relativitätstheorie und
– den Statistik-Gesetzen, insbesondere dem Planckschen Strahlungsgesetz.
In beiden wird die Selbstreferenz und das Problem der Vermittlung im System als Gesetzeszusammenhang zu einem Teil des Systems. Die „empirischen“ Konstanten (der Wert der Lichtgeschwindigkeit und das Plancksche Wirkungsquantum) sind selber auch Knotenpunkte des Systems. Hier liegt der objektive, in der Physik selber verankerte Grund einer Theorie des Feuers.
(Sind nicht die Banken die black boxes der Ökonomie?)
Sind die drei großen und die zwölf kleinen Propheten Reflexgestalten der Patriarchen und der zwölf Söhne Israels? -
18.08.93
Nur Gott blickt ins Herz der Menschen: Nur so (nicht unmittelbar: Gott ist kein Historiker) nimmt er Welt und Geschichte und den Stand der Dinge wahr, die Distanz zur Erlösung. Das göttliche Urteil über einen jeden (und dessen Aufzeichnung im „Buch des Lebens“) ist nicht ein Urteil, das Gott über uns fällt, sondern die uns zugewandte Seite des göttlichen Blicks (sein Angesicht), die sich uns allein in dem Versuch, die Gegenwart zu begreifen und zu bestehen, zuwendet: Heute, wenn ihr seine Stimme hört.
Der Name des Logos verkehrt sich in sein Gegenteil, wenn man Joh 129 mit „hinwegnehmen“ (anstatt „auf sich nehmen“) übersetzt. Das Hinwegnehmen sanktioniert das Herrendenken und vermehrt die Last, während allein das Auf-sich-Nehmen von der Last befreit.
Mt 1128ff: Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, so will ich euch Ruhe geben. Nehmet mein Joch auf euch und lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.
Wer die sogenannten Rache-Psalmen Rache-Psalmen nennt, fühlt sich getroffen.
Wer die Geschichte der Naturwissenschaften nur als eine Geschichte des Erkenntnisfortschritts in einer Welt, die durch die Naturwissenschaften nur erkannt wird, versteht, entzieht der Kritik der politischen Ökonomie den Boden. In diesem Kontext gäbe es zu dem als gesellschaftliche Natur- und Herrschaftswissenschaft verstandenen Marxismus keine Alternative.
Hat nicht der faschistische Modernisierungsschub insbesondere dem Bekenntnis-Nationalismus, dem Bekenntnisstreit generell, den Boden entzogen mit der Folge, daß es ihn in Deutschland eigentlich nicht mehr gibt. Gewalt ist nicht mehr rechtfertigungsfähig (und Begründungen nehmen immer mehr den Charakter der bloßen Rechtfertigung an), sie ist so nackt, brutal und obszön geworden, wie sie im Kontext der Xenophobie heute dann auch tatsächlich sich darstellt. Die weitere Folge ist, daß die Konfessionen in Deutschland immer deutlicher als konkurrierende Religions-Kartelle begriffen werden, und daß niemand mehr von ihnen erwartet, sie könnten noch einmal die Erfahrung der Welt aufschlüsseln, sie auf die Idee des seligen Lebens hin durchsichtig machen. Die Religionen sind zu einem Teil des Systems der freien Marktwirtschaft geworden, zu dem es keine Alternative mehr gibt. Karl-Heinz Haag hat es einmal in einer Vorlesung zur Religionsphilosophie auf den Punkt gebracht: Nachdem die harten wirtschaftlichen Fakten die Realität bestimmen, hat die Religion ihre raison d’etre verloren.
Mit der Auflösung und endgültigen Neutralisierung des Bekenntnisprinzips haben die Religionen ihre identitätsstiftende Funktion verloren. Das ist zuerst in der Existenzphilosophie bewußtlos wahrgenommen worden. Nur in der Provinz: In Nordirland, in Jugoslawien, im Baskenland, in Bayern und im Münsterland gibt es noch verwesende und vergiftete Reste der Bekenntnisidentität.
Liegt nicht das Problem des Weltbegriffs in dem Unvermögen, auch die Vergangenheit ins Reine zu bringen?
„Wenn du nun deine Opfergabe zum Altar bringst und dort eingedenk wirst, daß dein Bruder etwas wider dich hat, so lass deine Gabe dort vor dem Altar und geh zuerst hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und dann komm und bringe deine Gabe dar.“ (Mt 523f) Entspricht das nicht dem „Nimm die Sünde auf dich und dann opfere sie“?
Im Inertialsystem ist das Hören und Sehen vergangen: Es ist die nicht mehr aufzulösende (gegen jede Versöhnung sich sperrende) Erinnerung, „daß dein Bruder etwas gegen dich hat“.
Der Weltbegriff ist das Ergebnis des nur durchschlagenen, nicht gelösten Knotens. Er begründet und exkulpiert das Herrendenken (die Leugnung der Schöpfung), während gleichzeitig der ihm korrespondierende Naturbegriff die Knechtschaft verewigt (und die Auferstehung leugnet). -
11.08.93
Ist nicht die Bühne ein Inertialsystem, und das Schauspiel, die Oper ein ästhetisches Korrelat der Physik?
Opfer, Tragödie, Schauspiel: Ist das nicht ein Teil der Geschichte der Ausbildung der Raumvorstellung?
Hat die Salbung des Königs etwas mit der Einbalsamierung der Toten, insbesondere des Opfers, zu tun? Ist der König nicht das gerettete (das wieder auferstandene) Opfer, der Kaiser hingegen die Verkörperung des philosophischen Monotheismus (der Einheit der Welt)? Was bedeutet dann die Krone, hatten die israelischen Könige eine Krone (David: 1 Sam 1230, 1 Chr 202; Joasch: 2 Kön 1112, 2 Chr 2311)? Ist die Krone der Kranz des Siegers oder der Kranz des Siegers ein Abbild der Krone? Hat nicht (nach der Legende) Karl der Große sich selbst die Krone aufs Haupt gesetzt?
Natur und Welt werden durch den Einbruch der Subjektivität (genauer: der Intersubjektivität) getrennt.
Es fehlt eine Kritik der indogermanischen Sprachen.
Reicht nicht Rosenzweigs Bemerkung, daß das Äquivalent der modernen Technik in der alten Welt die Rhetorik gewesen sei, tiefer, als er selbst es gewußt hat: Sind nicht die sogenannten klassischen Sprachen des Altertums Ingenieursprodukte?
Was verändert sich in der Sprache mit und nach der Entdeckung der Schrift? Welche innersprachlichen Voraussetzungen müssen für die Entwicklung der Schrift gegeben sein, und welche Rückwirkungen hat die Schrift auf die Sprache (Zusammenhang mit der Tempelreligion, dem Tempelbau, der Tempelwirtschaft: War die Schrift der Turm von Babel)?
Ist das Christentum nicht ein Produkt der griechischen und lateinischen Tradition, bei gleichzeitiger Instrumentalisierung der jüdischen (wodurch unterscheiden sich die griechischen von den lateinischen Kirchenvätern)?
Welche ökonomische Entwicklung liegt der Entdeckung des Winkels und welche der des Inertialsystems zugrunde?
Auf das Futur II und die Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit antwortet der Logos mit einer Art Zeitumkehr: mit der Übernahme der Sünde der Welt und der Hereinnahme der schöpferischen Kraft des Wortes in die Schöpfungsidee. Wird hier nicht verständlicher, was mit dem homologein gemeint ist? Und gewinnt nicht erst hier das von den Kirchen entsetzlich verharmloste Wort vom Binden und Lösen seinen ungeheuren Sinn?
Sind nicht die drei evangelischen Räte Ansätze oder Teile des Versuchs, den Wiederholungszwang endlich zu durchbrechen, der Katastrophe, die darin besteht, daß es immer so weitergeht, Einhalt zu gebieten?
War nicht der Untergang des Zweiten und Dritten Reiches (die Ergebnisse der beiden Weltkriege) ein zweistufiger Weltuntergang? Oder waren sie nicht die Nachwehen (und ein spätes schreckliches Echo) jenes Weltuntergangs, dessen Zeuge Hegel war? Ist nicht das Erste Reich untergegangen, als Hegel seine Phänomenologie des Geistes schrieb?
Der 68er Marxismus war von einer erschreckenden Banalität, eigentlich doch nur ein Rechtfertigungskonstrukt privater Probleme der 68er Generation: der Generation der verlorenen Söhne. Sie lebten von dem Gefühl, neu und unbelastet in die Welt gekommen zu sein und haben die Last der Vergangenheit (auch in ihnen selber) offenkundig falsch eingeschätzt.
Zum Weltbegriff: Wird hier nicht seit seinem Ursprung eine entstehende Atombombe mit einem Rettungsboot verwechselt? Die Geschichte der Welt ist das Maß für das Anwachsen der kritischen Masse der Selbstzerstörung.
Kritik des Weltbegriffs als Weissagung des Jüngsten Gerichts: Das Jüngste Gericht ist das Gericht der Barmherzigkeit über das Weltgericht.
Das Zeichen des Jona: Jona, der vor dem Prophetenamt nach Tarschisch flieht, wird ins Meer geworfen, vom großen Fisch verschlungen, betet im Bauch des Fischs, wird wieder ausgespien und geht dann nach Ninve, um zu verkünden: In vierzig Tagen wird Ninive zerstört. Und welche Folgen hatte das?
War die BALM der große Fisch?
Wo und in welchem Kontext kommt die Auferstehung im AT vor (Jes 2619, Ez 37, Dan 122f, Hos 1314, 2 Makk 79, 1244f)? Alle im Zusammenhang mit der Unterwerfung Israels unter die Weltreiche (Assur, Babylon, Griechen)?
Privatexistenz heute: das Ersticken im Komfort; das Fernsehen: der Schnuller im Mund; die Medien als Drachenfutter? Aufgabe der Medien heute: den Leuten die Welt, von der sie leben, vom Leibe halten?
Wäre nicht Habermas‘ Strukturwandel der Öffentlichkeit endlich fortzuschreiben? Ist nicht Habermas der Mentor einer Wiederbelebung einer Theologie, die längst an den Naturwissenschaften erstickt ist? Gemeinsam mit Bloch, dessen große mystische Inspiration nach seiner marxistischen Bekehrung zur Rhetorik verdampft ist. Und wäre es nicht fortzuschreiben unter dem Aspekt:
– Distanz zu den Frankfurtern (Verwerfung der Idee einer Rettung der Natur) und
– im Hinblick auf die gegenwärtige Engführung des „Strukturwandels der Öffentlichkeit“ selber (die Hilflosigkeit und die Ohnmacht der Öffentlichkeit gegen dem, was jetzt sich zuträgt: Zusammenbruch des Ostblocks und Nichtgelingen der „Wiedervereinigung“, Ausbruch der Nationalismen, Verschärfung der ökonomischen Weltsituation; Fremdenhaß, Haß auf das Sichtbarwerden von Armut, Situation der Frauen)
Hat nicht Habermas mit dem Ausklammern der „Naturfrage“ der Erinnerungsarbeit die Wurzeln abgeschnitten, dem einzigen Hilfsmittel gegen eine immer mehr in der eigenen Logik sich verstrickenden Öffentlichkeit? Ist der Verzicht auf die Kritik an den Naturwissenschaften nicht der Grund für den affirmativen Öffentlichkeits- (und Welt-) Begriff, an dem Habermas festhält, und der seinem Diskurs-Konzept zugrundeliegt (und ihn so harmlos macht)? Ist nicht die Abwehr der Postmoderne (ein Gemeingut der Habermas-Schule) die Abwehr dessen, der sich ertappt fühlt? Ist nicht die Verwechslung des Fremden mit dem Andern das, was die Habermas-Schule mit der Postmoderne verbindet, nur daß Derrida daraus die logischen Konsequenzen zieht, während Habermas die Früchte der Frankfurter Schule weiterhin ernten möchte, aber den Baum längst abgehauen hat? Weiter hilft nur die Einsicht, daß der Begriff des Anderen systemimmanent bleibt (und das Anwachsen der kritischen Masse mit befördert), während nur der des Fremden das System sprengt (bzw. die Sprengkraft des Systems auflöst). Zum Adorno/Benjaminschen Konzept der Säkularisierung aller theologischen Gehalte: Diese Säkularisierung setzt die Erinnerungsarbeit voraus, die Rekapitulierung der theologischen Gehalte. Denn: Auch die Naturwisenschaften sind eine Gestalt der restlosen Säkularisation der theologischen Gehalte, aber eine bewußtlose und die automatische und universale Verdrängungsarbeit fördende. Opfertheologie und Christologie sind Gestalten einer Logik, deren blindes und bewußtloses Fortwirken in den Zivilisationsprozeß selber eingewandert ist und, um des Begreifens dieses Prozesses willen, durch Erinnerungsarbeit der Bewußtlosigkeit zu entreißen ist.
Die Physik ist der Stein vorm Grab der Vergangenheit: Wer wird ihn fortwälzen?
Die ersten sechs Siegel (Off 6): die vier apokalyptischen Reiter, die Seelen der Märtyrer und Sonne, Mond und Sterne (die vom Himmel fallen wie ein Feigenbaum seine Blätter abwirft).
Muß nicht, wer die Lehre von der Auferstehung ernst nimmt, die Unsterblichkeitslehre, die die Welt verrät, indem sie sie affirmativ rezipiert, verwerfen?
Zur prophetischen Tradition: Neben dem Votum für die Fremden steht das für die Witwen und Waisen, wobei das für die letzten beiden gemeinhin zusammengefaßt wird als Votum für die Armen. Aber gehören die Frauen (die Witwen) nicht konstitutiv zu den Armen: Wer sind die Witwen? Sind es nicht die, die wie die Fremden und die Armen nur noch herausfallen aus den Strukturen des Patriarchats? Die Töchter leben unter dem Schutz des Vaters, die Frauen unter dem ihres Mannes, aber die Witwen fallen nur noch heraus. Müßte es heute nicht heißen: das Votum für die Fremden, die Armen und die Frauen?
Wo wurde das Konzept der „narrativen Theologie“ entwickelt? Verdacht der Ambivalenz: Ist es nicht auch ein Kozept der Remythisierung, der Neutralisierung des kritischen Gedankens? (Gefahr, daß mit dem Urteil, dem Begriff, auch das Gebot, die Lehre, verworfen wird.) -
09.08.93
Ich bin im Begriff, etwas zu tun: Was bedeutet der Begriff in dieser Redewendung?
Prinzip der Aufklärung: Alles sehen, aber selbst nicht gesehen werden (das Erkenntnissubjekt und der Fernsehzuschauer): sich raushalten (Scham- und Schuldvermeidung). Die Wissenschaft und das Fernsehen sind ihrer eigenen Logik zufolge voyeuristisch und pornographisch zugleich.
Funktion des blendenden, den Ermittler unsichtbar machenden Lichts (eine Erfindung der Gestapo?): Liegt hier nicht die Wurzel des Scheins in Philosophie und Kunst (der Grund der Ästhetik)? Durch ihre Beziehung zu den transzendentalen Formen der Anschauung (zur transzendentalen Ästhetik) werden die Objekte der Erkenntnis zur Erscheinung: zu einer Totalität des Scheins (Schauspiel, Theater, Film, Fernsehen), die dann von den logischen Gesetzen des Welt- und Naturbegriffs beherrscht wird.
Sind nicht die subjektiven Formen der Anschauung der Grund jeder Ästhetik (und ihres gegenständlichen Korrelats: des Mythos)?
Das Nichtgesehen-Werden-Wollen ist der Ursprung der Privatsphäre und aller Geheimnisbereiche seitdem.
Adornos Satz „Heute fühlen sich alle ungeliebt, weil keiner mehr zu lieben fähig ist“ hängt mit dem Rosenzweigschen, daß man sich von der Last nur dann befreit, wenn man sie auf sich nimmt, zusammen. Ungeliebt fühlt sich nur der Schuldige. Die Leugnung der Schuld, die mir von andern nicht vorgeworfen werden kann, weil sie rechtlich nicht zurechenbar ist, wird als „Haß der Welt“ erfahren und führt zwangsläufig in die Paranoia. Bezeichnet nicht das Täuferwort in Joh 129 genau den Grund der Befreiung, der Erlösung?
Hebr. berit, griech. diatheke, Bund oder Testament: War nicht das Urschisma: die Feindschaft zwischen dem Mitinhaber und dem Erben der Firma, unvermeidbar (und war dies nicht der Kelch, von dem Jesus wünschte, er möge an ihm vorübergehn), und ist nicht an dem Namen des „Alten Testaments“, der eine relationale, nicht eine historische Beziehung bezeichnet, doch festzuhalten? Sind nicht die Juden in der Tat in der Rolle des Bundes, wir dagegen in der des Erben, durch eine Todesgrenze, die den Erbschaftsfall hat eintreten lassen, vom Bund getrennt? Ist eigentlich das „Neue Testament“ schon der „Neue Bund“?
Das Bekenntnis ist ein Produkt der Anpassung der Umkehr ans Herrendenken, das es ohne Feindbild (die Juden), ohne Verräter (die Ketzer) und ohne Sexismus (den Genuß der Unterwerfung der Frauen und der Heiden) nicht gibt (das Bekenntnis hat die Theologie besoffen gemacht: aber die Betrunkenen merkens nicht mehr).
Kohl will den nächsten Wahlkampf mit dem Thema „Wirtschaftsstandort Deutschland“ führen. Das Thema wird also sein: der Überlebenskampf der Nation im internationalen Wettbewerb, oder wie es in dem vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz mit unterzeichneten Aufruf für die Genforschung in der Bundesrepublik hieß: Deutschland muß die Nummer 1 bleiben. Die Schamlosigkeit, mit der weiterhin eine Wirtschaftspolitik gegen eine Welt von Konkurrenten draußen und gegen den „Leistungsmißbrauch“ der Armen im eigenen Land betrieben wird, eine Wirtschaftspolitik, die im wörtlichen Sinne über Leichen geht und draußen die Verhältnisse schafft, gegen deren Rückwirkungen auf das eigene Land die (in der „Verteidigungspolitik“ und im Asylrecht) nötigen Vorkehrungen zu treffen sind, eine Wirtschaftspolitik, deren Botschaft an die Wähler ist: Nur wer stark ist, wer bereit ist, die Ellenbogen einzusetzen, hat Chancen, sich selbst durchzusetzen; eine Wirtschaftspolitik, deren oberster Grundsatz der nationale Egoismus ist (der gleiche, der in diesem Jahrhundert schon zweimal die Welt mit Krieg überzogen hat, nur heute anderer, „ziviler“ (aber vielleicht schon bald nicht mehr nur ziviler) Mittel sich bedient; wer unter die Räder kommt, hat’s auch nicht anders verdient, denn wir leben in einer Welt, in der jeder, sofern er den Gesetzen der Leistungsgesellschaft sich anpaßt, die Möglichkeit hat, sein Glück zu machen. Ist dies nicht das Drachenfutter für jene, für die wir uns dann alle wieder begeistert schämen dürfen? Wird hier nicht das Motto gepredigt: Augen zu und durch?
(außerdem:
– Kein Reichtum ohne Produktion von Armut, die wir nach draußen exportieren; aber ist nicht die Aufnahmefähigkeit draußen erschöpft? Gibt es noch eine Alternative zum Reimport der Armut (Kürzung der Sozialleistungen, Hilflosigkeit gegen die wachsende Arbeitslosigkeit, Ansteigen der Obdachlosenzahlen im Innern und der Flüchtlingszahlen draußen), und wie geht’s weiter, wenn auch hier die Aufnahmefähigkeit erschöpft ist?
– Der Zwang zur Absicherung der für unseren Reichtum notwendigen Ressourcen (des Rohstoffbedarfs und der für die Belieferung notwendigen Verkehrswege) definiert die Rolle der Bundeswehr neu (Testfall: Somalia)?
– Wird nicht erstmals – und das in dem Augenblick, in dem die „freie Marktwirtschaft“ (die sich einmal eine Soziale M. nannte) über den Sozialismus gesiegt hat: damit die Mittel, die eigenen Probleme zu begreifen, beseitigt hat – die Politik auf ihren realökonomischen Grund zurückgeführt, und das in voller, nach innen wie nach außen explodierender Brutalität?
– Ist dieser Nationalismus nicht das genaue Pendant des überall explodierenden Nationalismus (nach dem Zerfall des Ostblocks, der die „Kräfte des Merktes“ endgültig freigesetzt hat, die mit dem Instrumentarium des moralischen Urteils nicht mehr zu beherrschen und vor allem nicht mehr zu begreifen sind), und die EG nur dessen Erfüllungsorgan (wird nicht die EG von Ministerialbürokratien beherrscht, die selber nur noch die Lobby der Wirtschaft sind – das Ende der Politik und ihre Neukonstituierung als Verwaltung als Grund der Entpolitisierung: jetzt kommt es nur darauf an, die Leute zu unterhalten, sie abzulenken, damit sie nicht merken was läuft)? Nicht bewußt und mit Absicht, sondern unter dem Zwang dessen, was die Verwaltung so gerne Sachzwänge nennt, ist sie zum bloßen Vollzugsorgan der Wirtschaft geworden.
War der moralische Impuls, den der Vietnam-Krieg ausgelöst hat (und mit ihm die 68er Bewegung bis hin zur raf), nicht doch im Kern ein ästhetischer, unpolitischer Impuls (politisch aus der Sicht der Zuschauer); wird es nicht jetzt zum erstenmal ernst: im Angesicht der Tatsache und des Gewichts der wirtschaftlichen Verflechtungen, die heute das Ganze zu einer explosiven Masse zusammenfügt. Die Frage ist: Wann wird die kritische Masse erreicht, die die Explosion auslösen wird, wie lange werden wir die selbstzerstörerischen Kräfte noch eindämmen können?
Kann es nicht sein, daß der gegenwärtige Weltzustand nur noch auf der Grundlage der Lehre von der Auferstehung zu begreifen ist? Und ist es nicht umgekehrt denkbar, daß die Angst vor dieser Einsicht in den gegenwärtigen Weltzustand der „Religion“, die in diesen Weltzustand bis ins Innerste verstrickt ist, den Boden entzieht?
Der Grund dafür, daß der Vietnam-Krieg noch aus ästhetischer Distanz kritisiert werden konnte (was der „Betroffenheit“ nicht nur nicht widerspricht, sondern durch sie geradezu bestätigt wird), lag darin, daß die Kritik der Naturwissenschaft (und damit die Kritik des „Naturgrunds von Herrschaft“) noch nicht als Teil der Gesellschaftskritik begriffen war (vgl. hierzu die Absetzbewegung Habermas‘ von der Frankfurter Schule).
Ästhetische Distanz: das ist das Werk der subjektiven Formen der Anschauung.
Wer heute mit dem Argument „Ich komme darin nicht mehr vor“ aus der Kirche herausgeht, sollte vielleicht einmal kurz darüber nachdenken, ob er damit nicht einen der letzten Widerstände gegen einen Weltzustand abbaut, in dem dann im allerwörtlichsten Sinne niemand mehr vorkommt (ob nicht die Rache, wie immer, den Falschen trifft).
DdA: Heute kein Land, in dem man nicht wegen einer falschen/ab-weichenden Meinung um sein Leben fürchten muß (heute überholt: man darf alles sagen, weil es keine Wahrheit mehr gibt).
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