Der Urprung und die Grundlage der Beweislogik liegt in der Mathematik (Euklid, Sokrates und der Sklave). Sie entspringt zusammen mit dem Begriff des Wissens (der der indoeuropäischen Sprachlogik und Grammatik zugrundeliegt).
Gibt es zwei Ursprünge des Geldes: das gemünzte Schuld- und Tributgeld in Babylon, das Tauschgeld (die „Ringe“) in Ägypten? Und wird heute nicht wieder aus dem Tauschgeld ein Tributgeld? Nur über das Schuld- und Tributgeld aber macht die Ökonomie sich zum Herrn des Staates (wird der Staat zum Haustier der Ökonomie).
Den beiden Ursprüngen des Geldes entspricht der zweifache Ursprung der Mathematik: der der babylonischen Algebra und der ägyptischen Geometrie (die erst die Griechen mit der Entdeckung der Winkelgeometrie, die die Philosophie, den Naturbegriff und den Begriff begründete, zusammengebracht haben).
Ist nicht das Experiment des realexistierenden Sozialismus (der keiner war) daran gescheitert, daß er glaubte, die Tauschfunktion des Geldes von seiner Schuld- und Tributfunktion trennen zu können? Das war nur möglich durch Regression auf die Stufe unmittelbarer Herrschaft.
Hat die Doppelfunktion des Geldes etwas mit der Unterscheidung des Planetensystems vom Tierkreis zu tun? Gibt es eine systemlogische Beziehung der Astrologie zur Tempelwirtschaft und des Tierkreises zum Sklavenhaus und Eisenschmelzofen? Und hängt hiermit der Unterschied zwischen dem Exodus und dem Ende der babylonischen Gefangenschaft (die Israel zum Satelliten Babylons und seine Folgeimperien gemacht hat) zusammen?
Werden im Tempel, im Haus des Namens Gottes, die beiden Ursprungsmächte Babylon und Ägypten durch die Cherube und die Bundeslade repräsentiert? Und war nicht auch der Tempel ein Gefängnis und ein Sklavenhaus Gottes, das zu seiner Fundierung der Opfer und des Priestertums bedurfte?
Die Deutschen leiden an einer Staatspsychose, mit dessen Hilfe sie glauben, den Faschismus erhalten und domestizieren zu können. Die Auflösung der Verblendung, in die das hineinführt, wäre eigentlich Sache der Theologie.
– Vor der ersten Leugnung sagt die Magd des Hohepriesters zu Petrus: „Auch du warst mit Jesus dem Galiläer“.
– Beim zweiten Mal sagt eine andere Magd zu denen, die dort waren: „Dieser war mit Jesus dem Nazoräer“.
– Beim dritten Mal sagen die Umstehenden zu Petrus: „Wahrhaftig, auch du bist einer von ihnen; deine Sprache verrät dich“ (Mt 2669ff).
Ist der Hahn die Inversion der Eule oder die Eule ein maskierter Hahn? Verhält sich nicht die Eule zum Hahn wie der Abendstern zum Morgenstern, und ist die Eule das Symbol der Venus-Katastrophe?
Ökonomie
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8.3.96
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7.3.96
Wer den Terrorismus aufarbeiten will, muß den Schrecken aufarbeiten, aus dem er hervorgegangen ist. Auf keinen Fall aber sollte man die Urheber des Schreckens zu Richtern über ihre Opfer machen. Spielt hier nicht der Modernisierungsprozeß, der der Faschismus auch war, mit herein: Was im Faschismus naturwüchsig war (das „gesunde Volksempfinden“), ist zu einem technischen Instrument geworden: zum Rechtspositivismus.
Ist nicht die gegenwärtige ökonomische Entwicklung die höhnische Verwirklichung dessen, was Marx einmal intendiert hatte. Auch die Privatisierung ist eine Form der Vergesellschaftung. Der Staat ist längst abgestorben, er weiß es nur noch nicht: er verrottet und verfault.
Die Erfahrung, aus der der verzweifelte Genius der Kritischen Theorie hervorgegangen ist, daß nämlich das Proletariat nicht mehr das Subjekt der Revolution ist – eine Erfahrung, die bis zu Marcuse die Reflexion durchzieht und beherrscht -, gründet in diesem Sachverhalt. Sie hängt zusammen damit, daß die subjektlose Form der Vergesellschaftung der Produktionsmittel Teil einer allgemeinen Proletarisierung ist: Auch die, die an den Hebeln der Macht sitzen, sind Lohnabhängige. Die Ökonomie ist der Feuerofen, in dem die Barmherzigkeit verbrennt; und das Leiden daran wird solange der Grund des Faschismus bleiben, wie es sich nicht selbst begreift, wie es nur den Weg der projektiven Verarbeitung kennt.
Georg Büchners Frage: Was ist das, was in uns mordet, stiehlt, hurt und lügt, drückt das aufs genaueste aus. Gibt es noch eine Möglichkeit, dieses Marionettenspiel, in dem wir nur noch Puppen in den Händen und an den Fäden einer subjektlosen Regie sind, zu begreifen?
Der strafrechtliche Tatbestand des Mords läßt sich aus dem mosaischen Gebot „Du sollst nicht töten“ nicht ableiten. Der Mord ist kein Tat-, sondern ein Täterdelikt: Strafrechtlich verfolgt wird der Mörder, nicht der Mord, verfolgt wird die Person, die sich ein Recht anmaßt, das der Staat als sein eigenes begreift und um keinen Preis aufgeben kann, an dem er sein Monopol nicht aufgeben will und auch nicht kann: das Recht zu töten. Der biblische Gründungsakt des Staates ist der Brudermord Kains an Abel. Jürgen Ebach hat darauf hingewiesen, daß der Fluch „Unstet und flüchtig sollst du sein auf Erden“ ein sprachliches Echo hat in der Jotham-Fabel, in der Charakterisierung der „wurzellosen“ Königsherrschaft „Soll ich … hingehen, über den Bäumen zu schweben?“ (J.Ebach: Ursprung und Ziel, S. 59) Kain ist der Gründer der ersten Stadt, der er den Namen seines Erstgeborenen (Henoch!) gibt (Gen 417), während zur Zeit, da der Erstgeborene Seths geboren wurde, erstmals der Name Gottes angerufen wird (Gen 426).
War das Ziel des historischen Objektivationsprozesses die Neutralisierung der Prophetie (die Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit, die Neutralisierung der vergangenen Zukunft)? Ist der Historismus aufgrund seiner eigenen Logik antisemitisch?
Der Begriff der Gesinnung gehört zu Bekenntnislogik; jede Gesinnung ist nationalistisch (wohlgesonnen ist in allem das Gegenteil von national gesinnt).
Gibt es einen sprachlogischen Zusammenhang von Sonne und Sinn (gesonnen/gesinnt, Sinnlichkeit)? Ist die Feminisierung der Sonne im Deutschen in dieser sprachlichen Konstellation begründet (Reflex des männlich-heroischen Sinns)?
Ist nicht die Suche nach dem Sinn der Versuch, der zweiten Natur eine Sonne einzubilden? Der Sinn lebt (wie die Gesinnung) von der Bekenntnislogik, die ebenso zwangshaft wie vergeblich versucht, sich als Zentrum zu etablieren.
Hat das lateinische sol etwas mit solus zu tun; welche Wurzeln hat helios; steckt im hebräischen schemesch schem, der Name? Und gibt es neben Sonne/Sinn auch die Beziehung von Sonne und Sohn (vgl. im Englischen son und sun, aber auch sin, die Sünde)? -
2.3.96
Der Positivismus, der nicht nur eine „Richtung“ in der Philosophie, sondern die herrschende Tendenz des Wissenschaftsbetriebs heute insgesamt bezeichnet, ist das Instrument der Rückbildung der organisierten Erkenntnis ins Anorganische. Schlimm ist nicht diese Rückbildung, sondern die Unfähigkeit ihrer Reflexion. Genau dadurch aber unterscheidet sich beispielsweise Mach (und auch wiederum Wittgenstein) vom Wiener Kreis, daß sie ernsthaft daran sich abgearbeitet haben, den Vorgang bewußt zu machen, während der Wiener Kreis sich offensichtlich gern als Kommandoebene des Positivismus etabliert hätte. Gleicht er darin nicht der Intention und der Funktion des Neoliberalismus in der Ökonomie? Hier liegt nicht die Wurzel des „Kausalitätsproblems“: Als Apologet des kapitalistisch organisierten Eigeninteresses, in dessen eingeschränktem Wahrnehmungsfeld er selbstverständlich von der Geltung des Kausalprinzips ausgehen muß, muß er, um das hypostasierte Eigeninteresse irritationsfrei zu halten, zugleich versuchen, die Anwendung des Kausalprinzips auf die Erkenntnis der objektiven, gesamtgesellschaftlichen Zusammenhänge und Folgen des Handelns zu unterbinden, was am einfachsten durch Verschiebung von der Ökonomie auf die Physik, die ohnehin zur Metaphysik der Ökonomie geworden ist, möglich ist (die Vernebelung der ersten Natur macht auch die zweite unsichtbar, wobei als sicherstes Mittel der Vernebelung immer noch die Verdinglichung logischer Sachverhalte sich erweist).
Verwaltung gründet in der Umformung von Exkulpationsmechanismen in Handlungsmechanismen. Sie liefert das Modell subjektlosen Handelns: Man tut seine Pflicht, weiß aber nicht mehr, was man tut.
Definition der Verwaltung: Der Bock als Gärtner.
„Leistung muß sich wieder lohnen“: Die Kehrseite des staatlichen Sparzwangs, der neben dem Sozialbereich insbesondere die Verwaltung trifft, ist der unaufhaltsame Verschwendungstrieb derer, die davon profitieren. Dort, wo die Leistung nur noch am Verdienst gemessen wird, sind die Besserverdienenden eo ipso auch die Leistungsträger (auch ein Problem der Beweislogik).
Das unterscheidet den Gehorsamen vom Hörenden, daß der Gehorsame die Verantwortung an den Herrn abgegeben hat: an das blinde Gesetz, das die Welt beherrscht, während der Hörende sein Handeln in die eigene Verantwortung übernimmt.
Das Schuldverschubsystem ist das Resultat des widersinnigen Versuchs, Barmherzigkeit zu delegieren. Barmherzigkeit ist die Substanz der Autonomie, sie ist grundsätzlich nicht delegierbar.
Der Beleidigte bleibt in die Infantilität gebannt: Er glaubt an die Kraft des Liebensentzugs.
Das kopernikanische System ist der kosmische Reflex (und die kosmische Legitimation) des Selbsterhaltungsprinzips und der staatlich organisierten Gesellschaft von Privateigentümern (aus der das Proletariat definitionsgemäß herausfällt).
„Der Himmel ist sein Thron, die Erde der Schemel seiner Füße“: Den ersten Teil dieses Satze zitiert auch Jesus (Mt 2322) in einem gegen die Pharisäer und Schriftgelehrten gerichteten Text über das Schwören (das Schwören beim Tempel, beim Altar, beim Himmel).
Kant hat den Raum als subjektive Form der äußeren Anschauung definiert, Hegel hat diesen Begriff zugespitzt zur Form der Äußerlichkeit. Darin drückt sich der logische Sachverhalt aus, daß alles Räumliche dem Gesetz des Seins für Andere(s) unterworfen ist. Der räumliche Punkt ist das Bild des Objekts: Indem ich eine Sache objektiviere, mache ich sie zu einem Sein für Andere.
Adjektiv (that’s the question): Habermas hat in dem falsch zitierten Adorno-Wort „Eingedenken der gequälten Natur im Subjekt“, das vom Original nur durch das Adjektiv „gequält“ sich unterscheidet, das Wort insgesamt verfälscht. Das Adjektiv, indem es dem Objekt eine Eigenschaft beilegt, objektiviert und verdinglicht das Objekt. Erst durch ihre (in den indoeuropäischen Sprachen entfaltete) Steigerungsfähigkeit wird das Adjektiv zum Adjektiv, gewinnt es seine grammatische, die Sprachlogik verändernde Funktion. (Vgl. das tob meod im Hebräischen, das „gut, gar sehr“, und die Rosenzweigsche Bemerkung hierzu, aber auch die merkwürdige Tatsache, daß die Steigerung des Adjektivs „gut“ (und welcher anderen in welchen Sprachen?) in den indoeuropäischen Sprachen von der allgemeinen Steigerungs-Regel abweicht, für die Steigerungsformen neue Stammformen (gut, besser, am besten) genommen werden; vgl. hierzu auch das Problem des Neutrums, seinen Ursprung im Fragepronomen <das keine geschlechtliche Unterscheidung, nur die von Person und Sache kennt, eine Unterscheidung, die im Hebräischen auf den Namen des Himmels verweist> und die hethitische, an die Logik des Fragepronomens anschließende Zwischenstufe der grammatischen Genus-Regelung, die ebenfalls nur die Unterscheidung von Person und Sache kennt (ohne Trennung von Männlichem und Weiblichem): gibt es Steigerungsformen im Hethitischen; wie verhält es sich mit den Personalpronomina – auch im Hebräischen? Wo entspringt das „Wie“, der mit der Steigerung sprachlogisch verbundene Vergleich, der im Deutschen an die weibliche Form des bestimmten Artikels <an das „die“, so wie Wer an „der“ und Was an „das“> erinnert? – Vgl. hierzu die Hypostasierung der Frage im Begriff der Judenfrage, der Seinsfrage, schließlich der Frage überhaupt, die bei Heidegger gleichsam durch Redundanz zum Grund der Eigentlichkeit metaphysisch aufgeladen wird: Ist „die Frage“ die letzte Gestalt des Wassers, mit dem die Philosophie einmal begonnen hat? Sind die Seinsfrage, die Judenfrage, die Frauenfrage u.ä. die schwarzen Löcher der Grammatik?).
Wie verhält sich die Frage zu den sprachlogischen Formen der Konjugation (zu den Dimensionen der Zeit, zur Abtrennung des Handelns vom Subjekt)? Wie verhalten sich Frage und Problem? Was bedeutet der Ursprung des Wissens für die Geschichte des Begriffs der Frage? In welche Engführung bringt der Weltbegriff den Begriff der Frage? Wodurch unterscheiden sich Frage und Problem (Antwort und Lösung), und wie verhalten sich das Binden und Lösen zu Frage und Problem? -
1.3.96
Haben die Könige von Edom (Gen 36) etwas mit den zehn Hörnern des Drachens und des Tieres aus dem Meer zu tun?
Das Substantiv wird die Selbstzerstörung der Sprache besiegeln.
Kann es sein, daß die Deklinationen einmal Grundlage astrologischer Spekulationen waren? Wären dann nicht Ablativ und Instrumentalis sprachlogische Repräsentanten der Sonne und des Mondes (so wie Jupiter und Mars dem Nominativ und Akkusativ, Venus und Merkur dem Genitiv und Dativ und der Saturn dem Vokativ entsprechen)? Hat die Geschlechtsumwidmung von Sonne und Mond im Deutschen etwas mit dem Unzuchtsbecher zu tun?
Die heute üblichen Grammatiken verhalten sich zur Sprache wie die katholische Liturgiewissenschaft zum Ritus: Beide verhalten sich zu ihren Objekten wie zu einem Stück Natur; sie abstrahieren von der Ursprungsgeschichte ihrer Objekte und verwischen deren Spuren.
Die griechische Sprache ist eine präimperiale und eine prädogmatische Sprache, während die lateinische imperial und dogmatisch ist (griechisch ist die heilige Sprache der Evangelien, lateinisch die des Dogmas). War nicht Cicero ein Augur, bevor er Rhetor und Philosoph wurde, und gehört seine Biographie nicht in die Vorgeschichte der „Enteignung der Wahrsager“ (M. Th. Fögen), der caesarischen Aufklärung? Es ist sprachlogisch und sprachgeschichtlich nicht unerheblich, daß auch Caesar die lateinische Sprache geformt hat, daß Marc Aurel ein Philosoph auf dem Kaiserthron war, und daß Konstantin den dogmatischen Prozeß durch das homousia besiegelt hat (wenn dagegen der Kaiser Wilhelm, der Gröfaz und der Kanzler Kohl die reinen Popanze sind, so verweist das auf ökonomische Selbstdestruktion des Politischen; es hatte objektive Gründe, daß Carl Schmitt den Begriff der Souveränität nicht zu retten vermochte: der Gott seiner politischen Theologie war die Ökonomie; eigentlich war schon der Absolutismus des Barock ein letzter Versuch, die verlorene Souveränität dezisionistisch zu retten).
Die Ich-Schwäche, die die Medien (und als deren Gehilfen die Philosophen heute) durch Ausbeutung verstärken, läßt nur durch Reflexion sich lösen. Reflexion von Herrschaft, heißt das nicht, Empörung, anstatt sie als Ventil zu mißbrauchen, zu einem Organ der Erkenntnis zu machen? -
28.2.96
Haben die drei Versuchungen Jesu etwas mit der gegenwärtigen ökonomischen Verwüstung der Welt zu tun? Dann steckt in dem Anfangssatz: „Dann wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, um vom Teufel versucht zu werden“ (Mt 41) die ganze Kirchengeschichte. Vgl. die Kurzfassung bei Mk (112f): „Und alsbald treibt ihn der Geist in die Wüste hinaus. Und er wurde in der Wüste vierzig Tage lang vom Satan versucht; und er war bei den Tieren, und die Engel dienten ihm“.
Die drei Versuchungen (Mk 41ff):
– Steine in Brot – Antwort: „Nicht vom Brot allein …“
– Sturz von der Zinne des Tempels – Antwort: „Du sollst den Herrn, deinen Gott nicht versuchen“
– Alle Reiche der Welt – Antwort: „Du sollst den Herrn, deinen Gott anbeten und ihm allein dienen“.
Lk (41ff) vertauscht die beiden letzten Versuchungen.
Sind die beiden Sätze nicht äquivalent:
– Die Schrift ist ein durchsichtiger Körper, und:
– Die vier Evangelien sind ein vierdimensionales Puzzle?
Zum „leeren, gereinigten und geschmückten Haus“ in der Geschichte von den sieben unreinen Geistern: Zum griechischen kosmos gehört die physis, zum lateinischen mundus die natura: zum geschmückten Haus gehört das Gezeugte, zum gereinigten Haus das Geborene?
Ebenso wie ein differenziertes Schulsystem: die Volksschule und das Gymnasium, gab es früher ein differenziertes Haftsystem: das Gefängnis und das Zuchthaus. Sind die Haftanstalten heute Gesamtschulen der Kriminalität? Heute liefern die Knäste die Rohstoffe für die staatlichen Ermittlungs- und Verfolgungsindustrien.
Der Himmel ist sein Thron, die Erde der Schemel seiner Füße: Solange Gott auf dem Thron sitzt, gibt es keine Befreiung, weder für Gott, noch für die Welt. Bezieht sich nicht das „… wird auch im Himmel gelöst sein“ auf den Thron Gottes?
In welcher Beziehung stehen die vier Wesen der Merkaba zu den vier apokalyptischen Reitern, zu den vier Himmelrichtungen, zu den vier Planeten Jupiter, Mars, Venus und Merkur? Ist nicht das „voller Augen“ ein Einspruch gegen die Vorstellung des unendlichen Raumes (der Abstraktion vom Gegenblick)?
Die Verführung des Rechts liegt darin, daß es denen, die unten sind, den Blick auf die Freiheit verstellt. Die Verurteilungs- und Bestrafungsphantasien scheinen auch denen zu gelten, die oben sind, sie treffen aber immer nur die, die unten sind, und d.h. am Ende sie selber. Nicht nur in der Ökonomie, sondern auch im Recht, das der Ökonomie die Formen und den Rahmen bereitstellt, gibt es den real existierenden Widerspruch, der nur durch Reflexion aufzuklären, aber nicht endgültig zu lösen ist, und in den sich verstrickt, wer glaubt, der Logik des Rechts sich bedienen zu können.
Urteil und Strafe sind keine Mittel der Revolution, der Befreiung.
Die Juden sind der lebendige Beweis, daß die Vergangenheit mit Hilfe des Urteils sich nicht bannen läßt.
In den Evangelien wird nur an zwei Stellen ans Gedächtnis der Nachgeborenen appelliert:
– „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ (Lk 2219, beim letzten Abendmahl)
. dieses Wort sagt er (im Unterschied zu 1 Kor 1123ff) in den Evangelien nur beim Brot, nicht beim Wein; da (bei Mt 2629 und Mk 1425) heißt es vielmehr, daß er „vom Gewächs dieses Weinstocks nicht mehr trinken (wird) bis zu jenem Tage, da ich es neu trinken werde im Reiche Gottes“,
und das andere:
– „Wo immer in der ganzen Welt dieses Evangelium gepredigt wird, da wird auch das, was sie getan hat, zu ihrem Gedächtnis erzählt werden“ (Mt 2613, Mk 149, nach der Salbung durch eine namenlose Frau im Hause Simons des Aussätzigen in Bethanien; vgl. auch Joh 121ff; hier ist es Maria, die Schwester des Lazarus und der Martha, die ihn salbt )
. vgl. hierzu Mt 2414: „Und dieses Evangelium vom Reiche wird auf dem ganzen Erdkreis gepredigt werden, allen Völkern zum Zeugnis, und dann wird das Ende kommen“.
Welch ungeheurer Bogen ist hier gespannt. -
24.2.96
Hängt das Multizentrische des Organischen mit den realsymbolischen Beziehungen der Richtungen im Raum zusammen, mit dem Rechts und Links, dem Vorn und Hinten, dem Oben und Unten?
… Erde und Himmel werden vor seinem Angesicht fliehen, „und keine Stätte wurde für sie gefunden“ (Off 2011).
„Wenn aber dies zu geschehen anfängt, so richtet euch auf und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung naht“ (Lk 2128).
Die Gesellschaft ist kein schuldfähiges Subjekt, und Gesellschaftskritik zielt nicht auf die Verurteilung der Gesellschaft.
Gibt es auch nur einen Hinweis darauf, daß eine der frühen christlichen Hausgemeinden von einem Mann geleitet worden ist? Sind nicht die männlichen Leitungsfunktionen (Bischöfe und Priester) erst später entstanden, und waren sie nicht insgesamt öffentlichkeitsbezogen (und so in die Logik des Weltbegriffs verstrickt)? Sind nicht die frühen, von Frauen geleiteten Hausgemeinden die einzig legitimen Orte des Brotbrechens, der Eucharistie, der Einspruch gegen die pharaonische Tradition (gegen die Tradition des „großen Hauses“, des Sklavenhauses), der Einspruch gegen den politisch organisierten Oikos, die politische Ökonomie?
Sind nicht politische Ökonomie und politische Theologie invers aufeinander bezogen?
Liegt nicht der Unterschied zwischen „nach seinem Bild“ und „nach dem Bilde Gottes“ (Gen 127) in der Differenz zwischen dem Possessivpronomen und dem Namen: in dem zwischen einer Herrschafts- und Eigentumsbeziehung und der Sprache? Und ist das nicht der Unterschied zwischen dem Hinter dem Rücken und dem Angesicht (gilt der Schöpfungsrhythmus von Katastrophe und Rettung auch fürs Christentum, und hat das Christentum nicht die bis heute prolongierte Katastrophe als Rettung mißverstanden; ist nicht der christliche Begriff der Erlösung ein Deckname dieser Katastrophe)?
Läßt sich der Gottesname JHWH nicht auch als „Ich, der und der“, als erste Person singularis mit dem doppelten demonstrativen H, übersetzen? Ist nicht das Lachen (wie auch das Sehen) der subjektlose Gott: der Unbarmherzige, das strenge Gericht? (Ersetzen nicht das Lachen und das Sehen die Sprache durch den Raum?)
Der bestimmte Artikel, das Lachen und der subjektlose Gott (der hebräische Artikel, die Deklination des bestimmten Artikels in der griechischen und in der deutschen Sprache, der Ursprung der Theorie und der subjektiven Formen der Anschauung).
Der Zusammenhang des Lachens mit dem Objektivierungsprozeß läßt sich leicht an der Logik des Witzes demonstrieren. Zum Witz gehören drei: der, der den Witz erzählt, sein Objekt und die, die über den Witz lachen, das „Publikum“ (Anwendung auf die „subjektiven Formen der Anschauung“ oder aufs Fernsehen). Der Witz ist eine Vorurteils-Erzeugungs-Maschine. Das Lachen ratifiziert und besiegelt die Vergegenständlichung, und die Welt ist die Verkörperung des Gelächters, dem man, solange man es nicht durchschaut, ohnmächtig ausgeliefert ist und nur entgeht, indem man sich auf die Seite der Lachenden schlägt, sich mit der Welt gemein macht (durch Identifikation mit dem Aggressor).
Die subjektiven Formen der Anschauung, die mit der Abstraktion vom Blick der Andern sich konstituieren, sind dieses Gelächter, ihr objektives Korrelat ist der horror vacui.
Haben unter diesem Gelächter, das am Ende in den Begriffen und in den subjektiven Formen der Anschauung sich vergegenständlicht hat, der Himmel (dessen Name das Wasser und das Feuer in sich enthält), die Erde und der über den Wassern brütende Geist (die Luft) in die vier Elemente Erde, Wasser, Luft und Feuer sich verwandelt? -
21.2.96
Zur logischen Konstitution der gegenwärtigen Physik gehören
– die Universalisierung des Begriffs des Proletariats (der nicht durch die Armut, sondern durch die lohnabhängige Arbeit sich definiert) und
– der Zerfall der Staatssouveränität.
Der Begriff und die Vorstellung der anorganischen Materie (die Vorstellung des mechanischen Objekts, aber auch der Begriff der Ware) gründen in der verdinglichenden Gewalt des einheitlichen Zentrums des Objekts, sie sind Produkte der transzendentalen Ästhetik und ihrer drei Aprioris: der subjektiven Formen der Anschauung, des Geldes und der Bekenntnislogik, letztlich der Subsumtion unter die Vergangenheit. Ist nicht jeder Organismus ein System von Zentren (und verweist nicht die insbesondere durch die Form des Raumes vermittelte Vorstellung des einheitlichen Zentrums, des Gravitationszentrums des Körpers als räumlichen Punkts, die die Vorstellung der anorganischen Materie begründet, auf die Beelzebub-Geschichte: das Reich Beelzebubs zerfällt, wenn es mit sich selbst uneins ist)?
Gehört die Beelzebub-Geschichte zur Geschichte von den sieben unreinen Geistern: Zuvor ging der eine unreine Geist „in die Wüste“, dort traf er die sieben anderen unreinen Geister, mit denen er in des „leere, gereinigte und geschmückte“ Haus zurückkehrte.
Das „Unum et verum convertuntur“ wurde allein durch die Sakramentenlehre gerettet. Es hat dann allerdings die Sakramente in den Orkus mit hereingezogen.
Manifestieren sich die verdrängten und unterdrückten Unterschiede der Identitätszentren (Adornos „Nichtidentisches“) nicht in den Unterschieden der Aggressionsabfuhr (in den Unterschieden der Identitätszentren der Bekenntnislogik, deren Feindbild- und Verräterlogik sich auf diesem Wege differenziert)?
Die politische Urgeschichte der Ökonomie (der Ursprung des Handels im „Fernhandel“: im Raub, in der Ausplünderung und in der Eroberung und Aneignung fremder Länder) liegt vor der Begründung des Tauschprinzips.
Der Satz aus den Feuerbach-Thesen, daß die Philosophen die Welt nur verschieden interpretiert haben, und es käme darauf an, sie zu verändern, richtet sich bereits gegen Definitionsmacht des Tauschprinzips (und des Trägheitsgesetzes). Wer nur über die Dinge urteilt, bleibt in den Verstrickungen der Interpretation (des Indikativs, der Bekenntnislogik). Er glaubt an die magische Kraft der Verurteilung.
Gibt es nicht schon eine Reihe von Fällen, an denen sich belegen läßt, daß heute Siege katastrophischer (weil selbstzerstörerischer) sind als Niederlagen (der Ausgang des Zweiten Weltkrieges, der Vietnam-Krieg, und jetzt die Implosion Jugoslawiens)? Welche Folgen wird der „Sieg der freien Marktwirtschaft“ haben?
Ende des Mythos: Siege haben die Kraft eingebüßt, ein neues Recht zu begründen. Erst jetzt erweist sich, daß das Christentum keine Siegerreligion ist. -
20.2.96
Verrottung des Staates: Der deutsche Staat hat den Sieg als Basis. Deshalb konnte er den Versailler Friedensvertrag nicht ertragen, und deshalb hat es nach dem Zweiten Weltkrieg einen Friedensvertrag überhaupt nicht mehr gegeben, dafür das Wirtschaftswunder, das die faschistische Weltherrschaft auch nach der militärischen Niederlage als ökonomische noch als reales Ziel vor Augen hatte, während auf der Seite der Sieger die westlichen Mächte den Sieg mit dem Verlust der Kolonien bezahlen mußten, die östliche Siegermacht mit dem Zerfall der Herrschaftsinstitutionen. Der Zerfall sowohl des Kolonialsystems als auch der Sowjetmacht verdankt sich der gleichen Ursache:
– Die unmittelbare Kolonialherrschaft wurde überflüssig, als nach der Globalisierung des Marktes sich herausstellte, daß die ökonomischen Zwänge (die „Sachzwänge“) das Gleiche, ohne die Hilfe unmittelbarer politischer Herrschaft, nur noch sehr viel effektiver, zu leisten vermochten.
– Die Grundlage der Sowjetmacht: das Konzept eines Sozialismus in einem Lande, seiner nationalistisch eingeschränkten Realisierung, zerfiel zwangsläufig mit dem Zerfall der nationalen Souveränität in der politischen Explosion des Faschismus; sie zerfiel zwangsläufig an der blinden Gewalt der Ökonomie (der anorganischen Gestalt politischer Macht).
Was bedeutet das im Hinblick auf die Prozesse der inneren Verrottung der Staaten (Neoliberalismus, Sieg der Verwaltung über die Politik und Angleichung des Rechts an die Verwaltung: positivistisches Rechtsverständnis).
Ein Vertreter der BAW im Hogefeld-Prozeß, der die Kategorien „möglich“ und „nicht auszuschließen“ (die affirmative Möglichkeit und die doppelte Negation in dem Ausdruck „nicht auszuschließen“) nicht unterscheiden kann, hält gleichwohl eine Beweisantrag der Verteidigung für nicht zulässig, weil er auf den Nachweis einer „negativen Sachbehauptung“ abzielt: Mit dieser Logik werden die Behauptungen der Anklage einfach unwiderlegbar, und auf dieser Basis wäre in der Nazizeit auch ein Antrag abzulehnen gewesen, der den Nachweis hätte erbringen sollen, daß Juden „keine Angehörige einer minderwertigen Rasse“ sind.
Als sich auf sich selbst beziehende Subsumtionslogik ist der Raum die Form der Äußerlichkeit und das Instrument der Konstituierung des Objekts, seiner Apriorisierung (vgl. die Bedeutung und Funktion der Orthogonalität). -
10.2.96
Der Reni-Blick ist feinsinnig, aber unsensibel.
Sind Staatsschutz-Prozesse nicht Fundstätten für Beispiele des apagogischen Beweises (wenn eine Sache als bewiesen angesehen wird, wenn die gegenteilige Behauptung nicht widerlegt werden kann)? Ist der apagogische Beweis nicht ein Konstituens der transzendentalen Ästhetik, und damit eine der Grundlagen synthetischer Urteile apriori? In juristischem Zusammenhang gehört er zu den Begründungen des Satzes, daß Gemeinheit kein strafrechtlicher Tatbestand ist. Gehorcht nicht die „Aufklärung“ der Vorgänge in Bad Kleinen genau dieser Beweislogik (oder, wenn im Hogefeld-Prozeß eine Zeugin zunächst sagt, die Frau, die sie gesehen hatte, habe blaue Augen gehabt, dann aber solange bekniet wird, bis sie sagt, so genau wisse sie es nicht mehr; oder, wenn Zeugen geladen und vernommen werden, bei denen aus den Akten erkennbar ist, daß seine jetzige Aussage im Verlauf von zehn Jahren die dritte Version ist, merkwürdigerweise aber jede Version genau zum jeweiligen „Erkenntnisstand“ der Ermittlungsbehörden paßt)?
Die Sexualmoral gewinnt ihre politische Bedeutung zurück, wenn sie aus dem Bann des Weltbegriffs (der Urteilsmoral) erlöst wird. Erfüllt nicht der theologische Begriff der Entsühnung der Welt den apokalyptischen Tatbestand der Unzucht?
Die organische Chemie ist eine politische Wissenschaft: Im wissenschaftshistorischen Paradigmenwechsel vom Darwinismus zur organischen Chemie spiegelt sich die Normalisierung des Faschismus wider, die „Anorganisierung des Organischen“ (die Durchsetzung der Herrschaft der Ökonomie als anorganische Natur der Staatenwelt, Voraussetzung der Dekolonialisierung der Dritten Welt).
Bezeichnet nicht das bara, der Schöpfungsbegriff der Genesis, eigentlich eine Abfolge von Katastrophen: Geschaffen werden „Himmel und Erde“, die „großen Seetiere“ und die Menschen.
Der Weltbegriff ist der Inbegriff der Naturbeherrschung, und die Entsühnung der Welt ist die Entsühnung der Naturbeherrschung, die die Grundlage jeglicher Herrschaft ist.
Zur Genese und zum Begriff der Gemeinheit: In der vollends aufgeklärten Welt gibt es keine Schuldzusamenhänge mehr zwischen Objekten, sondern nur noch Sachzwänge. Schuld wird – wie zuvor die sinnlichen Qualitäten und wie die Kritik, jene zu Empfindungen, diese zur Meinung – subjektiviert zu Schuldgefühlen, die apriori irrational und pathologisch: durch Therapien zu beseitigen sind. In diesem Kontext trennt sich das Verbrechen von der Tat, es wird zu einer Folge des Erwischtwerdens (für das die Beweisbarkeit steht). So wird man normal; aber ist diese Normalität nicht die des alltäglichen Faschismus?
Der ungeheuerliche Satz bei Lk (117), daß „er (Johannes der Täufer) die Herzen der Väter zu ihren Kindern bekehren wird“.
Der protestantischen Bekenntnistheologie zufolge ist der Staat der weltliche Arm der Kirche. Ist nicht heute der Staat zu einem einarmigen Banditen geworden?
Zum „Tier aus dem Meer“: Der Weltbegriff ist aus dem Meer, dem Inbegriff der Völkerwelt, hervorgegangen. Ist das „Tier vom Lande“ (der falsche Prophet) die Bekenntnislogik?
Der Drache und das Tier aus dem Meer unterscheiden sich eigentlich nur durch die Plazierung der Kronen: Der Drache trägt sie auf den sieben Köpfen, das Tier auf den zehn Hörnern.
Wie hängen die sieben Siegel und die sieben Donner, die sieben Posaunen und die sieben Zornesschalen mit einander zusammen, gibt es nur diese vier Siebenerfolgen (die den sieben Köpfen des Drachen und des Tiers aus dem Meer entsprechen)? Die ganze Apokalypse ist von Siebenergruppen durchsetzt, gibt es auch Zehnergruppen?
Der Naturphilosophie geht die Kosmologie voraus: Natur, das war zunächst die Außenwelt der Völker, die zur Natur durch die Unterwerfung und Beherrschung anderer Völker, durch die Hereinnahme in den Herrschaftsbereich des eigenen Volkes wird (durch den „Handel“, der in seiner ersten Form Fernhandel ist: die Griechen haben die Natur erfunden).
Ist der Weltbegriff der Spiegelungspunkt, durch den Kosmos und Natur (Mythos und Philosophie) aufeinander sich beziehen?
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2.2.96
„Präpositionen wie anläßlich, betreffs, bezüglich, mangels, mittels[t], seitens, vermittels[t], zwecks gelten als Papierdeutsch.“ (Duden, Grammatik, S. 364) – Gibt es auch Papieritalienisch, Papierfranzösisch, Papierenglisch? In welchem Zusammenhang werden diese Präpositionen gebraucht (Herrschafts-, Verwaltungs-, Mediensprache)? Gibt es noch andere Sprachelemente und sprachlogische Konstruktionen, die in diesen Bereich gehören? Ist die papierdeutsche Grammatik das Produkt einer transzendentallogischen Rekonstruktion der Sprache, ist das Papierdeutsch Subjekt-Objekt der Sprache der Hegelschen Logik, die die Logik der Schrift ebensosehr reflektiert wie sie sie als Maß ihrer eigenen Rationalität anerkennt (sprachlogisches Paradigma: „Was für eines“)?
Ideal der Verwaltung: Alle tun ihre Pflicht, und keiner weiß, was er tut. Globke war nicht zufällig der erste Staatssekretär an der Spitze der bundesdeutschen Administration.
Die Sprachlogik des Papierdeutsch ist die Sprachlogik der deutschen Verwaltung. An der Durchführung des Asylkompromisses wäre zu demonstrieren, daß der Faschismus in der Verwaltung als Modernisierungsschub sich begreifen läßt. Das Papierdeutsch ist wie die deutsche Verwaltung insgesamt (mit einem „Kanzler“, einem Verwaltungsamt, an der Spitze einer „Regierung“) ein Reichserbe: Es gibt keinen Kaiser mehr, aber die der Verantwortung enthobene Verwaltung, die ihre Pflicht tut, ist geblieben. Im führerlosen Staat wird das Ausland zum Repräsentanten der politischen Vernunft.
Das Papierdeutsch ist das Ergebnis eines unüberbietbar radikalen Versuchs, eine reine Subsumtionssprache herzustellen, eine Sprache, die alles Handeln ins Passiv übersetzt. Das Papierdeutsch ist Ausdruck der Gewalt der Verwaltung, die die Politik am Ende demoralisiert und handlungsunfähig macht. Die Medien sind zu einem Organ der Hofberichterstattung geworden, nur daß an die Stelle des Hofs das reine Nichts getreten ist.
Vergleiche auch die Rechtssprache, die diesem Zustand immer deutlicher sich anpaßt („in Augenschein nehmen“: ein Realitätsbezug, der sich selbst dementiert).
Habermas‘ Theorie des kommunikativen Handelns, deren Urspünge in den USA wahrscheinlich sehr viel anders klingen, ist durch seine Übertragung ins Deutsche ins Papierdeutsche übertragen worden.
Sind nicht die philosophischen Kategorien seit ihrem Ursprung (bei Aristoteles) Papierkategorien: Kategorien einer Sprache, die unter den Voraussetzungen der Logik der Schrift sich gebildet hat, zur Verkörperung und zum Gerüst dieser Logik geworden ist?
War nicht der Übergang vom prosopon zur persona ein Übergang vom Sehen (des Gesichts) zum Hören (der Stimme, die durch die Maske hindurchtönt), aber eines Hörens, das über die Logik der Schrift selber wieder zu einem durchs Sehen vermittelten Hören geworden ist? Ist der Begriff der Person nicht durch seine Ursprungsgeschichte fast unanalysierbar geworden (vgl. die mittelalterliche Definition der Person: persona est rationalis naturae individua substantia)?
Das Problem der Scholastik gründet darin, daß sie die Kategorien der aristotelischen Philosophie in einen sprachlogischen Kontext übertragen hat, in dem sie ihren Sinn und ihre Erkenntniskraft eingebüßt hat: sie ist durch Instrumentalisierung ins Dogmatische verschoben worden ist. Der griechische Ursprung der Trinitätslehre war ein politischer; er steht in sprachlogischem Zusammenhang mit der Logik des Römischen Reiches (Konstantin gehört in die Ursprungsgeschichte des Dogmas); durch die Übertragung der Trinitätslehre ins Lateinische ist die Opfertheologie in den Kern des trinitarischen Dogmas gerückt, das Dogma selbst konfessionalisiert worden. Die „Wirkung“ des Dogmas ist aus dem Bereich der Erkenntnis in den der Moral verschoben worden: Sein Hauptzweck war die „Entsühnung der Welt“, die zur Grundlage der Entzauberung der Herrschaft und ihrer Vergesellschaftung geworden ist.
Das Computerdeutsch (das Informatikdeutsch) ist eine Steigerung des Papierdeutsch.
Wenn die Ökonomie die anorganische Natur des Staates ist, dann ist die Privatisierung der staatlichen Aufgaben, ihre Übertragung an die Ökonomie, das Werk der Verwüstung.
Das Scheitern Jesu war das Scheitern des Worts an der Schrift.
Ist der Hahn der Morgenstern unter den Tieren? -
31.1.96
Verhält sich nicht die Verwaltung zur Ökonomie wie das Inertialsystem und die in ihm ausdifferenzierten Begriffe und Gesetze zu den naturwissenschaftlichen Erscheinungen? Und konstituiert sich die naturwissenschaftliche Erscheinungswelt nicht erst durch die Rationalisierung der Schwerkraft (durchs Gravitationsgesetz) – so wie das Tauschprinzip durchs Institut der Lohnarbeit, durch die Subsumtion der Arbeit unters Tauschprinzip?
Mit dem Begriff des Verfassungspatriotismus hat Habermas die Erkenntniskritik (den Kern der Gesellschaftskritik) aus der Philosophie ausgeschieden.
Zur Frage, ob (neben Zacharias und Joseph) im NT Väter als handelnde Personen vorkommen:
– Ist der Synagogenvorsteher, dessen Tochter Jesus zum Leben erweckt (Mt 918), der einzige (er heißt Jairus <Mk 522>; hat er etwas mit der Sippe Jairs zu tun, die in Zelten wohnt)?
– Die Zebedäus-Söhne verlassen, als sie Jesus folgen, „das Schiff und den Vater“ (Mt 422).
– Als einer, der, bevor er ihm nachfolgt, erst seinen Vater begraben will, antwortet Jesus: „Laß die Toten ihre Toten begraben“ (Mt 821).
– Bei der Heilung des epileptischen Sohnes ist es der Vater, der Jesus um Hilfe bittet („Herr, ich glaube, hilf meinem Unglauben“, Mt 921).
– Simon von Kyrene war der Vater des Alexander und des Rufus (Mt 1521).
– Der Vater in der Geschichte vom verlorenen Sohn (Lk 1512).
– Bei Johannes wird aus der Geschichte vom Hauptmann und seinem Knecht die Geschichte des königlichen Beamten und seines Sohnes (Joh 446).
Der Vater der Zebedäus-Söhne erscheint nur am Anfang; ihn lassen sie „mit dem Schiff“ zurück. Die Mutter der Zebedäus-Söhne erscheint erst am Ende: Sie bittet Jesus, er möge ihre Söhne in seinem Reich zu seiner Rechten und Linken sitzen lassen; und sie gehört zu den Frauen unterm Kreuz (im Mt-Evangelium).
Staatsschutzsenat: Aufgabe des Rechts wäre es, die Gerechtigkeit im Staat, nicht aber den Staat mit den Mitteln des Rechts zu schützen. Hier liegt einer der Gründe, die die Institution des Staatsanwalts so tief unsittlich machen. Notwendig wäre, den Staatsanwalt endlich durch einen öffentlichen Ankläger (der sein Tun als Person und nicht qua Amt zu verantworten hat) zu ersetzen. Es ist kein Zufall, daß, nachdem in Stammheim die Verteidigung zu einem Hilfsorgan der „Rechtspflege“ (was immer das sein mag) gemacht worden ist, im Hogefeld-Prozeß (und offensichtlich auch im Prozeß gegen Monika Haas) der Eindruck immer stärker wird, daß hier in wachsendem Maß das Gericht sich selbst zu einem Hilfsorgan der Bundesanwaltschaft macht? Steckt darin nicht ein Stück institutioneller Logik in einem Lande, in dem der öffentliche Ankläger Staatsanwalt heißt und ein Staatsschutzsenat eben den Staat zu schützen hat, dessen Anwalt der Staatsanwalt ist? Im Hogefeld-Prozeß läßt sich die Macht- und Rollenverteilung der Beteiligten inzwischen an ihrem Verhalten ablesen. -
28.1.96
Die subjektiven Formen der Anschauung sind automatisierte Formen der Verurteilung (der Konstituierung des Objekts). Das ist das Erbe der Opfertheologie. Der gleichen Opfertheologie, die Gott in die Masken des Personseins gebannt hat (wie auch im Namen des „persönlichen Gottes“ Gott als mein Eigentum <mein persönlicher Gott> nicht mehr von Gott als Person sich unterscheiden läßt).
Der Personalismus ist ein logischer Bestandteil der Wertethik, d.h. einer Ethik, die sich im Kern nur noch als Maßstab des Urteils, nicht mehr als Richtschnur des Handelns begreift. Die Person ist die Hypostase der Unbarmherzigkeit (und die theologische Lehre von der Personalität des Heiligen Geistes die theologische Sünde wider den Heiligen Geist). Deshalb ist die Person der Grund der Verletzlichkeit.
Die tiefe Zweideutigkeit des Rechtsgrundsatzes „ohne Ansehen der Person“. Das positivistische Recht (und das Prinzip der Legitimation durch Verfahren) trifft apriori die Schwachen. Der Rechtspositivismus ist ein Objektrecht, das den zum Objekt Gewordenen apriori verurteilt. Objektrecht ist Subsumtionsrecht, bei dem es nur auf die richtige Anwendung ankommt.
Enthält nicht die Idee der Auferstehung die Umkehrung des Historismus? Nicht wir urteilen über die Vergangenheit, sondern die Vergangenheit wird über uns urteilen.
Für die Theorie des kommunikativen Handelns sind die Folgen des Handelns gegenstandslos geworden. Darin, in dieser Entlastung von der Verantwortung, liegt die Verführung dieser Theorie. Die Theorie des kommunikativen Handelns begründet eine Theorie der immanenten Logik des Handelns, die sich in dem Augenblick konstituiert, in dem von den Folgen des Handelns (von seiner Beziehung zur Wirklichkeit) abstrahiert wird.
Verweist nicht der Aufsatz von Hinkelammert in der „Jungen Kirche“ (1/96) auf den gemeinsamen Grund der Ökonomie (des Marktes) und der Naturwissenschaften (des Inertialsystems), durch den die Naturwissenschaften zu einem Instrument der Rechtfertigung des Bestehenden geworden ist (deshalb hat Habermas, als er die Idee einer Kritik der Naturwissenschaften verwarf, der Kritik des Bestehenden den Boden entzogen)?
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