Der christliche Liebesbegriff hängt mit dem Selbstmitleid, dem Exkulpationstrieb, zusammen: Geliebt werden möchte, wer sich schuldig fühlt.
Liberum arbitrium und Inertialsystem: Mit dem liberum arbitrium wurde die Idee der Freiheit der Kinder Gottes durch den Begriff der Wahlfreiheit ersetzt, der Name durch den Begriff. (Wahlfreiheit ist Freiheit im Schuldzusammenhang, nicht die Lösung aus seinen Verstrickungen oder gar dessen Auflösung).
Es ist ein Unterschied ums Ganze, ob Gesellschaftskritik als Instrument der Exkulpationsstrategien genutzt wird oder als Mittel der Selbst-, der Schuldreflexion . Wie hängt das Selbst mit der Erbschuld zusammen (ist nicht das Subjekt das der Schuld)? Auch hier gilt: Nur wer die Last auf sich nimmt, befreit sich von ihr.
Verweist die Beziehung des Drachen in der Apokalypse zu den beiden Tieren (aus dem Meere und vom Lande) auf die Trinitätslehre (auf das, was aus der Trinitätslehre im Kontext des verdinglichten Bewußtseins geworden ist)? Ist nicht das Tier aus dem Meere „gleichen Wesens“ wie der Drache (es hat zehn Hörner und sieben Köpfe; nur daß das Tier Kronen auf seinen Hörnern, und auf seinen Köpfen, auf denen der Drache Kronen hat, gotteslästerliche Namen hat); das Tier vom Lande hingegen spricht „wie ein Drache“?
War nicht der Faschismus der Modernisierungsschub, der die Moderne in die Postmoderne befördert hat? Kann man die Todesstrafe abschaffen, wenn sie in den Metastasen von Auschwitz ungeregelt und wildwachsend, fast schon nicht mehr kontrollierbar, fortlebt? Man hat die Todesstrafe abgeschafft, begeht aber zugleich aus Angst vor dem Tode Selbstmord (ähnlich wie heute aus Angst vor dem Fundamentalismus die religiöse Tradition verdrängt wird).
Hat die Geschichte von dem einen und den sieben unreinen Geistern etwas mit dem Zeitbegriff zu tun, dessen Einheit heute zu Protest geht? Kann es sein, daß Erinnerungsarbeit statt auf die eine auf sieben Vergangenheiten sich bezieht (Prinzip der Hegel-Kritik)?
In der Geschichte von dem einen und den sieben unreinen Geistern steckt auch die Geschichte der Beziehung von Bekehrung und Umkehr (vgl. das Verhältnis von Petrus und Maria Magdalena).
Das Inertialsystem (und sein sprachliches Korrelat: die indogermanische Sprachlogik/Grammatik) steht unter dem Diktat des linearen Zeitverständnisses (der homogenen Zeitvorstellung), sie ist das Produkt der Selbstentfaltung der Logik der Schrift (was für mich vergangen ist, ist an sich vergangen). Ist nicht das Dogma und die Bekenntnislogik auch ein Teil des Inertialsystems?
Die Beziehung der Geschichte der „Verweltlichung der Welt“ zur Theologie drückt sich nicht in dem „Ja und Amen“, sondern in dem „Seid klug wie die Schlangen“ aus, allerdings mit der Ergänzung: „und arglos wie die Tauben“. Es genügt nicht, daß heute – nach einer Bemerkung Adornos – jeder Katholik schon so schlau ist wie früher bloß ein Kardinal; es käme darauf an, daß die Kirche sich selbst von der Paranoia, der sie zu verfallen droht, befreit.
Haben die Deutschen den Völkern den Namen geraubt, indem sie sie zu Heiden machten, um dahinter ihr eigenes Heidnisches: ihr Völkisches, ihr Deutsches, verstecken zu können.
Die Rache der Virgo am Confessor: Spielt das nicht auch in die Beziehung von Luise Rinser zu Karl Rahner mit herein? Stammt nicht der Stoff zu „Mirjam“ aus dieser Beziehung? Erinnert das Ansinnen Luise Rinsers an Karl Rahner, sie gegen Kritik zu verteidigen, nicht auch an die ungeheure Last, die den Frauen mit dem Symbol der Virgo aufgebürdet worden ist? Die Männer, die Confessores, hatten auch als Heilige noch das Recht, schuldig werden zu dürfen; die Frauen waren dazu verurteilt, unschuldig bleiben zu müssen. Und wenn Frauen – anders als die einzige Maria nach dem Dogma – als Mütter keine Virgines bleiben konnten, so sollten doch wenigstens stellvertretend ihre zölibatären Söhne, die Priester, es sein. Wurde nicht in der Dreiecks-Geschichte zwischen Luise Rinser, Karl Rahner und dem Benediktiner-Abt unbewußt und hilflos ein symbolisches Drama aus dem Fundus der katholischen Sexual-Theologie ausagiert?
Sexualmoral und Heuchelei: In einer Konstellation, in der der Grundsatz gilt, daß man alles darf, sich nur nicht erwischen lassen – und das ist die Konstellation, in der die Bekenntnislogik gründet -, sind die Männer „fein heraus“: Sie können „es“ tun, weil sie keine Gefahr laufen, erwischt zu werden, während die Frauen gleichsam von Natur dazu verurteilt sind, daß die Folgen ihres Tuns öffentlich werden. Hat die Verschiebung des Naturbegriffs von der physis zur natura, von der Zeugung zur Geburt (von der Philosophie zum Recht), etwas mit dieser Konstellation zu tun?
Haben die Christen nicht seit je den Kreuzestod mit dem hakeldama verwechselt? (Die schrecklichen Folgen des Worts „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder“, das infam und zur Mordparole geworden ist, als Christen wider die Logik der Moral davon glaubten Gebrauch machen zu dürfen.)
Die Schicksalsidee ist das Echo des Himmels auf das Blut, das vom Acker nach Rache schreit. Die der Schicksalsidee zugrunde liegende Rachelogik ist durch den Weltbegriff neutralisiert und universalisiert worden (vgl. die griechische Deklinations-Logik). Die logischen Zwischenglieder sind an der Urgeschichte der Philosophie abzulesen (insbesondere an den Begriffen Natur, Ursache, Materie). Diese Logik war mit dem Weltbegriff mitgesetzt; es war das Verhängnis der christlichen Theologie, daß sie unfähig war, diese Logik zu begreifen, zu durchschauen, als sie mit der Rezeption des Weltbegriffs ihr Opfer geworden ist. In diesem Kontext ist die Opfertheologie zum projektiven Kern der dogmatischen Theologie geworden.
Lassen sich nicht die drei Phasen der Geschichte der Theologie, die den drei Leugnungen entsprechen, als Rechtfertigungsphasen begreifen, die nacheinander am Staat (Vätertheologie), an der Welt (Scholastik, die die Kirche als Weltkirche begründet hat) und am Subjekt (in der Trennung der Religion von der Aufklärung und der Konfessionalisierung der Religion) sich abarbeiteten? Die letzte Phase ist die der Selbstverfluchung der Kirche.
Zu den Voraussetzungen der Bekenntnislogik gehört der Rechtfertigungszwang (der geschichtlich sich vom Staat auf den Weltbegriff und schließlich aufs Subjekt verlagert).
Die Theologie der Kirchenväter ist politische Theologie auch dort, wie sie kein Bewußtsein darüber hat.
Paranoia
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26.8.1994
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7.7.1994
Als die Morgengabe des Schöpfers an die Schöpfung ist die Sprache zugleich die Verheißung der Auferstehung.
Als zentrales Moment der Konstituierung des Objekts gehört die Scham zur Urteilsform. „Sie waren nackt, aber sie schämten sich nicht“: Diese Freiheit von Scham ist der genaueste Ausdruck des seligen Sprachgeistes im Paradies. „Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten, daß sie nackt waren“: Mit der Einbeziehung des Blicks des andern in die eigene Wahrnehmung entspringt die urteilende Erkenntnis. Die Scham – und mit ihr die Urteilsform – entspringt im Sündenfall: Sie ist wie der Sündenfall ein sprachliches Phänomen. Deshalb ist auch das Keuschheitsgebot ein Sprachgebot, vielleicht das wichtigste. Zentraler Einwand gegen Hegel: Die Scham beherrscht seine Logik, wird jedoch selbst nicht reflektiert.
Keuschheit, Armut und das Hören (nicht der „Gehorsam“) sind die Konstituentien der Arglosigkeit.
Man sollte die Sprache nicht mit der „Rede“ verwechseln: Es gibt keine „Rede von Gott“ (das ist eine Professoren- und Predigerübersetzung von Theologie, schamloses Geschwätz: ihr Modell ist die monologisierende Vorlesung oder Predigt, die die Schamgrenze zum Andern nicht mehr kennt).
Nur Gott sieht ins Herz der Menschen. Wer über andere urteilt, verflucht Gott, fällt ihm in den Arm.
Weltuntergang: Der Weltbegriff gründet im Exkulpationstrieb, er wird mit dem Exkulpationstrieb untergehen.
Das Schuldverschubsystem ist die Grundlage und der Reflex eines paranoiden Verschwörungskonzepts, das im Kern des Weltbegriffs steckt. Was bedeutet der Schwur im Begriff der Verschwörung (und damit im Weltbegriff)? Eine verschworene Gemeinschaft ist eine Bekenntnisgemeinschaft (deshalb hat die SS sich als Orden verstanden). Auf diesen Zusammenhang bezieht sich der Satz: Du sollst nicht schwören.
Der Schwur ist der Dampf in der Empörung (kein besserer Gemeinschaftskitt als die gemeinsame Empörung über einen gemeinsamen Feind).
Beerscheba: Was hat die Sieben mit dem Schwur zu tun?
Zu den Prämissen der Konstruktion des Raumes gehörte die Erfindung der Null (die über den Islam aus Indien nach Europa gekommen ist). Ist der Raum ein Schamkonstrukt (das Medium der Konstruktion des Objektbegriffs und der Verinnerlichung der Scham)?
Die Apologetik oder der Rechtfertigungszwang ist der steinerne Grund, aus dem das steinerne Herz erwächst.
Bezeichnet nicht der Begriff der concupiscentia das Selbsterhaltungsprinzip, das dann, weil es sich selbst im blinden Fleck stand, auf die sexuelle Begierde verschoben wurde? Mit dieser Verschiebung auf die Sexualität, ein entscheidender Schritt auf dem Weg der Begründung und Konsolidierung des Schuldverschubsystems, wurden die Schleusen geöffnet für die Überschwemmung der Erkenntnis insgesamt durchs Selbsterhaltungsprinzip: zur Durchsetzung des Weltbegriffs, zur Materialisierung der Welt. Hier wurde der Schöpfer zum Demiurgen, wovor ihn auch das ex nihilo nicht mehr hat retten können.
Die Ontologie ist die hypostasierte Killerphrase.
Zum Gürtel des Petrus (Joh 2118): Hat das etwas mit dem Gürtel des Jeremias in der Felsspalte am Euphrat (Jer 13) zu tun, und hat das wieder etwas mit Off 914 und 1612 zu tun?
Bei den Kirchenvätern war das Bild vom Kreuz als Teufelsfalle beliebt: Ist das Kreuz (als Bekehrungs- und zugleich Umkehrverhinderungs-Mittel) nicht zur Heidenfalle geworden? -
30.6.1994
Durch ihr Verhältnis zur Philosophie war die christliche Theologie in die Geschichte des Weltbegriffs und in die Herrschaftsgeschichte verstrickt. Das Tabu auf der Herrschaftskritik (die Verteufelung der Herrschaftskritik), das mit dem Weltbegriff mitgesetzt war, hat zur Verdinglichung (Privatisierung und Biologisierung) der Sexualmoral geführt: es hat die Erinnerung an die messianischen Wehen verdrängt. Die Vergangenheit ist (ebenso wie die Physik) nicht wirklich stillgestellt und tot; stillgestellt und tot ist unser Blick auf die Vergangenheit (und auf die Natur). Die Logik dieser Stillstellung ist die Logik des Weltbegriffs (ihre Akteure sind die Urteilsform, die Bekenntnislogik und die Opfertheologie, das Inertialsystem). Der gordische Knoten: Ist nicht der Objektbegriff die Folge davon, daß er nur durchschlagen, nicht gelöst wurde? Durchschlagen hat den Knoten die Philosophie; Aufgabe der Theologie heute wäre es, ihn endlich zu lösen. Ein Hinweis dazu: Seid klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben. Oder: Verfallt nicht der Paranoia, zu der die Klugheit der Schlange verführt. Die Paranoia ist der Grund des Mythos: der Schicksalsidee wie auch des Begriffs. Die erste Aufklärung (der Ursprung der Philosophie) verdankt sich der Verinnerlichung des Schicksals: die Allgemeinheit des Begriffs gründet darin, daß hier jeder zur Quelle des Schicksals aller geworden ist. Die zweite Gestalt der Aufklärung, die aus der Theologie hervorgegangen ist, verdankt sich der Verinnerlichung der Scham. Hier gründet die veränderte Beziehung zur Vergangenheit, in der sie durch Entfernung nahe gerückt wird (und aufs neue in Bewegung gesetzt wird). Die Vergangenheit ist nicht das ruhende Tote, sondern der bacchantische Taumel, der Hexentanz der letzten Walpurgisnacht. Die Einheit von Teufel und armer Seele gründet in der Verinnerlichung der Scham, während der Name des Dämons, des unreinen Geistes, der Besessenheit, zurückweit auf die Verinnerlichung des Schicksals (den Ursprung des Weltbegriffs). Steckt nicht in der Beziehung des einen zu den sieben unreinen Geistern die Beziehung der Verinnerlichung des Schicksals zu der der Scham (der Philosophie zum Ursprung der modernen Naturwissenschaft)? Durch die Kollektivscham (die eher auf den „verlorenen Krieg“ paßt als auf das ungeheuerliche Verbrechen des Judenmords) ist Deutschland zum Objekt der Welt geworden (Ursprung der Xenophobie: die Angst vor dem Blick des andern). Liegen die sexuellen Phantasien im Kontext des Pflichtzölibats nicht in der Konsequenz der Schamlogik (der Unfähigkeit zur Reflexion ihres herrschaftsgeschichtlichen Grundes)? Wenn bei Hegel die Idee die Natur frei aus sich entläßt, diese Natur dann aber den Begriff nicht halten kann: ist das nicht das genaueste Bild der Katastrophe (und die Widerlegung der Idee und des Absoluten, die sie freilich nicht gegenstandslos macht)? Die homousia hat das homologein entmächtigt: zum Bekenntnis neutralisiert (wie heißen das Bekenntnis und der Bekenner, die Confessio und der Confessor, auf griechisch?). Ist nicht die Confessio das vergeistigte Martyrium (Produkt der Vergeistigung des Leidens im „Opfer“)? Steckt darin nicht der Schlüssel der ganzen Geschichte: im sprachlichen Übergang von der hyle zur materia, von der physis zur natura, vom kosmos zum mundus? Hat hier nicht eine ungeheure sprachlogische Verschiebung stattgefunden (die gleiche Verschiebung die auch der tertullianischen Begründung der lateinischen Fassung der Trinitätslehre zugrunde liegt, wenn er dem hypokeimenon den lateinischen Namen des prosopon beilegt)? In der tertullianischen Übersetzung berühren sich die Logik der Tragödie und die des Kosmos; war dieser Konnex nicht überhaupt erst innerhalb des Christentums möglich? Hier wurde der Kosmos in den hochdramatischen Geschichtsprozeß mit einbezogen. Die Geschichte von den drei Leugnungen sprengt den Autoritätsbann der Kirche, ohne die Kirche selbst zu verwerfen. Sie begründet im Symbol des Hahns ein neues Selbstbewußtsein, sie gibt dem Heiligen Geist Raum. Wer die Schrift insgesamt als Prophetie liest, verändert (berichtigt) damit nicht nur den Sinn der Schrift, sondern auch den der Prophetie. Wenn die Idee des Absoluten der Schatten ist, den das Subjekt auf Gott wirft, berührt sich das nicht mit jener Auslegung des Prinzips der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, wonach niemand über seinen eigenen Schatten springen kann? Ist nicht das Verhältnis von Schuldknechtschaft (Lohnarbeit), Tauschprinzip und Privateigentum ein Reflex der Orthogonalität des Raumes und ebenso das Verhältnis von Opfertheologie, Bekenntnislogik und Dogma? Alle drei, das Tauschprinzip, die Form des Raumes und die Bekenntnislogik, sind dem selbst auferlegten Zwang der Instrumentalisierung unterworfen (sie gehören zu den Konnotationen der „selbstverschuldeten Unmündigkeit“). Ist nicht die Mathematik (das Inertialsystem) die Finsternis über dem Abgrund? Hat nicht im Konflikt zwischen Peter Eicher und seiner Tochter diese „den besseren Teil erwählt“? Die Lilien des Feldes und die Vögel des Himmels: Sind nicht die Vögel akustische Blumen? Und ist nicht das Naturschöne Ausdruck von Wiederholungszwängen: Ausdruck des Seufzens und Harrens der Kreatur? Der Gehorsam ist ein Produkt der Verräumlichung des Hörens und die Sexualmoral ein Produkt der Verdinglichung der Keuschheit (die Zwischenstufe beider war die Logik der Schrift); beide sind Teil einer Beziehung von Theorie und Praxis, die im Verhältnis von Naturwissenschaft und Technik sich erfüllt (und Freiheit nicht kennt). Theologie im Angesicht Gottes erfüllt sich in einer Theologie von Angesicht zu Angesicht (als Reflexion der Scham, nicht als Unterwerfung unter ihr Gesetz: wie im Islam): Sie setzt die Freiheit der Kinder Gottes voraus.
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23.6.1994
Die subjektiven Formen der Anschauung sind der Pfropf im Ohr.
Die mathematische Form des Raumes trägt sich nicht selber, sondern sie wird getragen
– durch das Interesse an der Abstraktion, die in ihr gegenständlich wird, wobei
– diese Abstraktionsgestalt selber als System von Abstraktionen sich erweist, die durch Verschiebung sich wechselseitig tragen.
Läßt diese Abstraktionsgestalt sich nicht an der architektonischen Form der gotischen Kathedrale ablesen (hier gründet die Beziehung der mittelalterlichen Architektur zur Scholastik)?
Daß jede Dimension im Raum wie die andere ist, keine von der andern sich unterscheiden läßt, heißt, daß in jeder Dimension jede andere sich blind reflektiert, wobei diese Blindheit lähmt, wie umgekehrt die Lähmung blind macht (Zusammenhang von Sünde und Schuldverblendung: Die Freiheit der Kinder Gottes wäre das Resultat der Aufhebung beider).
Heute ist die Welt insgesamt in die Totalabstraktion ihrer „Überzeitlichkeit“ versetzt. Es kommt jetzt darauf an zu begreifen, daß die Wahrheit einen Zeitkern: einen Aktualitätskern, hat.
Benjamins These, daß die Geschichte bis heute aus der Sicht des Siegers geschrieben worden ist, ist zu differenzieren: Es handelt sich nicht nur um einen Sieger. Zu den Siegern gehören
– die Kirche, die die Zeitrechnung definiert (die orientalische Geschichte in die absolute Vergangenheit gerückt) hat,
– der Imperialismus, der diese Vergangenheit zur Projektionsfolie seiner eigenen Wünsche und Ziele gemacht hat, und
– die Naturwissenschaften, die mit der „Entdeckung der Tiefenzeit“ die Vergangenheit insgesamt (unter Einschluß ihrer Beziehung zu Schöpfung und Erlösung) neutralisiert haben.
Die Verdinglichung ist ein Resultat des Lachens: Diese Konstellation ist der Grund des „Schreckens Isaaks“. – Gehorcht das Lachen nicht der gleichen Logik, der auch die Form des Raumes sich verdankt? Sind nicht die subjektiven Formen der Anschauung ein entsetzliches Gelächter und zugleich die Verdrängung des Bewußtseins davon? Eine Theorie des Feuers müßte diese Konstellation zur Grundlage haben.
Die subjektiven Formen der Anschauung sind das Gelächter, das uns im Halse stecken geblieben ist (oder auch das leere, gerinigte und geschmückte Haus, in das die sieben unreinen Geiter einziehen: die letzten Dinge dieses Menschen werden ärger sein als die ersten – bezieht sich die Zahl 666 auf diesen Menschen?).
Es gibt ebenso viele Konstellationen des Gelächters wie es Charaktere gibt. Aber es gibt auch – und das führt die Freudsche Lehre in die Nähe der kantischen transzendentalen Ästhetik – einen Grundcharakter, der mit dem Freudschen Zwangscharakter, mit der Struktur der Paranoia, zusammenhängt. – Wie verhält sich der Charakter zum Angesicht? Und liegt hier nicht der Grund für die Wahrheit der These, daß jeder wie für seinen Charakter auch für sein Gesicht verantwortlich ist?
Zur Jotam-Fabel: Rührt die Weigerung der Bäume, König zu werden, nicht daher, daß sie nicht von ihrer Wurzel sich trennen lassen (und nur Krone werden) wollen – mit der einzigen Ausnahme des (wurzellosen?) Dornbuschs?
Die Kirche ist das Wort, das unter die Dornen und auf steinigen Grund gefallen ist.
Der biblische Schöpfungsbericht ist keine Kosmogonie oder Kosmologie, sondern deren prophetische Umformung. Er begründet keinen Staat, sondern begleitet kritisch seine Ursprungsgeschichte.
Zu den ersten drei Schöpfungstagen:
– Die Trennung von Licht und Finsternis begründet die Trennung von vorn und hinten;
– das Firmament trennt oben und unten;
– hängt die Trennung von rechts und links mit der Trennung des Trockenen vom Wasser, des Landes vom Meer (und der Hervorbringung der Pflanzen) zusammen (gründet hier die Unterscheidung des Tieres aus dem Meer von dem Tier vom Lande)?
Ist nicht auch das Christentum eine Rekapitulation der gesamten Geschichte, und repräsentiert Paulus die totemistische Phase dieser Geschichte?
Ist der
– „Herrenbruder Jakobus“ die Säule gegen den Antijudaismus,
– Petrus, der Fels, die Säule gegen die Ketzerfeindschaft und
– Johannes, der Jünger, den der Herr liebhatte und dem er seine Mutter ans Herz legte, die Säule gegen die Frauenfeindschaft (gegen die Sünde wider den Heiligen Geist)?
Es waren diese drei Apostel, die in Getsemane „nicht eine Stunde mit (ihm) wachen konnten“, das Erscheinen des Kelchs verschlafen haben. Weckt nicht das Krähen des Hahns alle drei?
Hat Gott die „großen Meeresungeheuer“ für den Jona geschaffen, und beschreibt das Buch Tobit den Frevel, daß der Fisch getötet wird (auch wenn Sara und Tobit geheilt werden): dafür wird Ninive am Ende doch zerstört?
Heute sind Kleinbürger die Kerube, die den Eingang des Paradieses mit dem kreisenden Flammenschwert bewachen.
Wodurch unterscheiden sich Symbolik, Metaphorik und Allegorie? Ist die Metaphorik das Bindeglied zwischen Allegorie und Symbol?
Zur Logik der Sprache:
– Was unterscheidet Prä- und Suffixe? Die Präfixe hängen mit den Präpositionen zusammen, die Suffixe sind Abstraktionssymbole (die Präfixe determinieren die Tätigkeit und seine Beziehung zum Objekt, die Suffixe determinieren den Begriff).
– In welcher Beziehung stehen die Prä- und Suffixe zur Geschichte der flektierenden Sprachen, zu Deklination und Konjugation? Was bedeutet es, wenn in den modernen europäischen Sprachen die Suffixbildungen sowohl in der Konjugation als auch in der Deklination aus den Wortbildungen herausgenommen, als Hilfsverben (und Personalpronomen) und als bestimmte Artikel (die die Deklination in sich absorbieren) vor das Wort gezogen und dagegen verselbständigt werden?
– Gibt es zu den Verbalpräfixen wie be-, ver-, zer-, ent- u.ä. Entsprechungen in den klassischen Sprachen? Sind sie nicht gleichsam Raumfunktionen, die die mit ihnen gebildeten Verben in ein wechselseitiges Reflexionssystem rücken, ihrer Bedeutungen in einander spiegeln (das Präfix als Ursprungspunkt eines mehrdimensionalen Verbsystems)? – Beziehung zur griechischen Entdeckung des Winkels und zum modernen Ursprung des Inertialsystems? Reflektiert sich in der Vollständigkeit dieser Präfixe der Abstraktionsprozeß, dem die Form des Raumes sich verdankt?
Zum „bedeutungsschwangeren“ Sinn von Sein gehörte es, daß Ideen im spätidealistischen Deutschland nicht mehr erzeugt, sondern „geboren“ wurden. -
16.5.1994
Apokalyptische Motive (gegen den Begriff „apokalyptische Stimmung“): – Sodom, Jericho und Gibea; in allen drei Fällen endet die Aggression gegen Fremde mit der Zerstörung der Städte; – die Ham/Kanaan-Geschichte; die aufgedeckte Blöße und die Knechtschaft (vgl. Sonnemanns Begriff der „Knechtsgesinnung“; „Das Land der unbegrenzten Zumutbarkeiten“ ist eher ein apokalyptisches Buch als Anders‘ „Antiquiertheit des Menschen“). Es geht nicht um eine apokalyptische Stimmung, die eher Gegenstand der apokalyptischen Erkenntnis ist, auf keinen Fall aber ihr Grund; Ziel wäre vielmehr die Aufdeckung des rationalen Elements in der Apokalypse (Beziehung zur Prophetie, zum Ursprung des Staates und des Weltbegriffs). Einwürfe 2 (Jürgen Ebach), S. 9: Die Apokalypse ist kein „mythischer Name“ des Grauens, sondern der Name des Versuchs, das Grauen rational zu durchdringen (vgl. Jeremias‘ „Grauen um und um“). Nicht „den geheimen Verlauf der Geschichte zu enthüllen“ (S. 12), sondern die Aufdeckung des durch den Geschichtsverlauf Verhüllten ist das Ziel der Apokalypse. „Das offene Heraussagen dessen, was ist“ (S. 13): Entscheidend ist der Aktualitätsbezug, der „Zeitkern der Wahrheit“. Vorstellbar wäre der Begriff einer „apokalyptischen Theologie“, die diesen Gegenwartsbezug, die endgültige Abweisung des „Überzeitlichen“, aufnimmt und realisiert. Der Weltbegriff (oder auch der Begriff) gründet in der Verräumlichung der Zeit, der Naturbegriff (oder die Objektvorstellung) in der Verzeitlichung des Raumes. Die Polis war die Gemeinschaft von Privateigentümern; das gemeinschaftsgründende Prinzip der Polis ist im Bekenntnisbegriff verinnerlicht worden. So wie es eine Polis ohne den Namen der Barbaren nicht gibt, gibt es auch den zugehörigen Begriff des Allgemeinen nicht ohne Paranoia; diese Allgemeinheit mündet direkt in der Gemeinheit. Rechtfertigungszwang, Paranoia und Projektionszwang bilden ein System. Bezieht sich die babylonische Sprachverwirrung auf die Entstehung verschiedener Sprachen oder auf die eines internen Zustands der Sprache (auf eine veränderte Sprachlogik: auf den Beginn der Selbstzerstörung der Sprache, die Neutralisierung ihrer benennenden Kraft)? Der Weltbegriff ist der Inbegriff einer Logik, die unsere Erfahrung organisiert, wobei in die Struktur dieser Logik die drei Momente: Rechtfertigungszwang, Paranoia und Projektionszwang, mit eingehen. Ist nicht der Begriffsrealismus, für den jeder Ausländer die Verkörperung des Auslands (und jeder Jude die des Judentums) ist, die sich dann auch noch zu Richtern über uns machen, ein Erbe der christlichen Theologie? Entscheidend die Erkenntnis, daß die christliche Theologie insgesamt in die Dialektik der Aufklärung verstrickt ist, und zwar durch ihren dogmatischen, durch ihren Absolutheitsanspruch. Dagegen steht ein theologischer Erkenntnisbegriff, der vom wissenschaftlichen, den er voraussetzt, – durch den Begriff der Umkehr, – durch das benennende gegen das begriffliche, subsumierende Element, – als Erkenntnis im Angesicht Gottes, gegen die objektiverende Erkenntnis (hinter dem Rücken), – durch das herrschaftskritische Element (durch die Kritik des Weltbegriffs) sich unterscheidet. Dieser Erkenntnisbegriff zielt ab auf die Einheit von Erkenntnis und Gebet.
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15.5.1994
Stimmt es eigentlich, daß auch der Behemoth eine „lebenswidrige Chaosmacht“ ist? Immerhin ist das „weiße Nilpferd“ als Göttin u.a. Schutz für Schwangere und Gebärende, während nur das „rote Nilpferd“ verfolgt wird als Chaosmacht. Kann es nicht sein, daß auch das „rote Nilpferd“ für Ägypten nur deshalb eine Chaosmacht ist, weil es die Barmherzigkeit, die es im Sklavenhaus nicht geben darf, repräsentiert? Im Buch Hiob frißt der Behemoth „Gras wie das Rind“, wird er der „Erstling des göttlichen Schaffens“ genannt. Hingewiesen wird eigentlich nur darauf, daß er niemals Objekt der Herrschaft sein wird: „Wer dürfte ihm in die Augen greifen, mit Stricken ihm die Nase durchbohren?“ – In welcher Beziehung steht der Behemoth zum apokalyptischen Tier aus der Erde?
Hat Walter Benjamin mit dem Hinweis darauf, daß die jüngst vergangene Mode jeweils das Veraltetste ist, nicht eine Spur gelegt, der nachzugehen wäre?
Weshalb durfte der Verfasser der Johannes-Apokalypse die „Worte der sieben Donner“ (104) nicht aufschreiben?
Ist die Salome-Johannes-Geschichte die Umkehr der Judith-Holofernes-Geschichte?
Todesstrafen im NT: Johannes und das Schwert, Jesus und das Kreuz, Stephanus und die Steinigung.
Zu Hegels Naturphilosophie (in der Enzyklopädie): Steckt sie nicht voller Lichtpunkte, die an die Jenenser Ursprungsphase der Hegelschen Philosophie erinnern, die aber unterm Bann des Systems gleichsam einem Sprechverbot unterworfen werden. Wenn Hegel im Hinblick auf die „empirischen Erscheinungen der Fortpflanzung des Lichts“ von zwei Sphären spricht, bricht da nicht die dialektische Logik auseinander in eine unvermittelte Unmittelbarkeit und eine Vermittlung, deren Produkt ein An-sich ist, das mit der unvermittelten Unmittelbarkeit nicht mehr identisch ist? Die zwei Sphären rütteln am Systemgrund der Hegelschen Philosophie.
In der Idee des Absoluten benennt Hegel den Preis, der am Ende für die christliche Tradition des Begriffs der Anschauung Gottes zu zahlen ist. Wenn die Kirche mit der Opfertheologie und mit der traditionellen Interpretation von Joh 129 Jesus mit der Last allein gelassen hat, hängt das nicht auch damit zusammen, daß die Kirchen die Fluch über Adam (den Staub) generalisiert, die Frauen aber mit den Schmerzen der Geburt ebenfalls allein gelassen: aus den messianischen Wehen sich herausgestohlen haben?
Seid klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben: Trinkt den Kelch, aber werdet nicht trunken, verfallt nicht der (trunken machenden) Paranoia, seid arglos: Sprengt das Universum. Ist die Wiedergewinnung der benennenden Kraft der Sprache heute an die Sprengung des Zeitkontinuums gebunden, an eine Umkehr, in der der Name Gottes sich restituiert?
Zur Frage der Chronologie: Kann es sein, daß die Schrift in ein Nacheinander verwandelt hat, was eigentlich im Bilde einer gleichsam orthogonalen Gleichzeitigkeit zu begreifen wäre (Abraham, Moses, David)?
Sind die Planeten (ihre Eigenschaften und Bahnen) räumliche Fixierungen von Zeitdimensionen?
Satan, Teufel und Dämonen: Repräsentieren die Dämonen in dem vom Ankläger und Verwirrer konstituierten Kontinuum den Objektbegriff? Hat die Jesaia-Stelle über den Leviathan (271: die flüchtige Schlange, … die gewundene Schlange) etwas mit der Beziehung von Teufel und Satan (und mit der Richtungs- und Achsenfunktion der Dimensionen im Raum) zu tun? War das personalistische Teufelsverständnis des katholischen Mythos dämonisch? -
1.5.1994
Müßte nicht die 40-jährige Wüstenwanderung bald beendet sein und die „Eroberung Jerichos“ beginnen? Die Theologie hinter dem Rücken Gottes ist eine Theologie, zu deren Konstituentien die Furcht vor der Auferstehung gehört, eine Theologie, die nicht daran glaubt, daß Gott ins Herz der Menschen sieht: eine Feigenblatt-Theologie. Mit der Rezeption des Weltbegriffs wurde diese Angst in die Theologie installiert, mit dem auf die Welt bozogenen Schöpfungsbegriff, mit der Opfertheologie und mit der Vergöttlichung Jesu. Die Theologie hinter dem Rücken Gottes ist die Theologie der Lahmen und Blinden (der durch die subjektiven Formen der Anschauung Gelähmten und Geblendeten). Die Geschichte dieser Theologie wäre anhand der Geschichte vom Nomen zum Substantiv zu demonstrieren. Hängt das Konjugations-Paradigma Perfekt/Imperfekt mit dem Deklinationsparadigma Genitiv/Akkusativ zusammen? Die subjektiven Formen der Anschauung sind ein Produkt der Identifikation mit dem Aggressor, der Verinnerlichung des Hasses der Welt: der Wut-, Empörungs- und Urteils-Generator und der Repräsentant des Sexismus. Stammen die den Evangelisten in der Tradition zugeordneten Tiersymbole aus der Vision des Ezechiel, der Merkaba-Vision? Kehrt um, denn das Reich Gottes ist nahe: Wäre es nicht Aufgabe der Theologie, auf diesen Umkehrpunkt hinzuarbeiten? Wenn Jesus nicht gestorben wäre, wären das Nachfolgegebot und die Idee der Auferstehung gegenstandslos, und nur die Unsterblichkeitslehre und der Islam wären wahr. Das Matriarchat beschreibt keine historische Realität, sondern das im Anblick der ersten Katastrophe aufblitzende Bild der Utopie. Die Sintflut und die drei Söhne Noahs gehen der Geschichte vom Turmbaus zu Babel voraus. Bezeichnet Mose den ägyptischen und Abraham den chaldäischen Teil der israelischen Tradition? Der Vergewaltiger (der Staatengründer) versucht, den Satz: „Stark wie der Tod ist die Liebe“ auf den Kopf zu stellen. Das „Alles ist Wasser“ ist Ausdruck der Welterfahrung im Banne der Schicksalsidee. Die griechische Lösung war der Prozeß der Verinnerlichung des Schicksals: Geburt des Subjekts, des Begriffs, der Philosophie, der Wissenschaft. Die israelische Lösung steht im Schöpfungsbericht: im Bild der Feste, die die oberen von den unteren Wassern trennt. Benannt werden nicht die Wasser, sondern benannt wird die Feste: mit dem Namen des ersten Schöpfungsobjekts, des Himmels. Die Geschichte des Ursprungs des Begriffs hingegen wird beschrieben in der Geschichte vom Paradies und vom Sündenfall (mit dem Staub als frühestem Symbol des Positivismus). Steckt nicht im Begriff der Barbaren das antisemitische, im Begriff der Materie das frauenfeindliche Moment der Philosophie und im Begriff der Natur ihr projektiver Anteil am Klassenkampf (paranoide Verarbeitung des biblischen Votums für die Fremden, die Witwen und die Waisen)? Zusammengehalten werden diese drei Momente durch den Weltbegriff. Haben die drei evangelischen Räte (das Hören, die Keuschheit und die Armut) etwas mit den Fremden, Witwen und Waisen zu tun? Bekommt nicht der Materialismus Inhalt und Farbe durch das Bild des Matriarchats, der ersten Utopie? Die katastrophischen Phasen der Geschichte waren Phasen, in denen die projektiven Verfahren der Erfahrungsverarbeitung eskaliert, in Paranoia umgeschlagen sind.
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25.4.1994
Eine Kritik der politischen Ökonomie heute müßte auch die Astronomie durchsichtig machen.
Zur Geschichte des naturwissenschaftlichen Freiheitsbegriffs: Sie beginnt mit dem liberum arbitrium, Reflex der Freiheitsgrade des Raumes und Produkt der Neutralisierung der Richtungen im Raum, und sie endet mit dem Freiheitsbegriff der Quantenphysiker, der an die Unbestimmtheitsrelation und das Komplementaritätsprinzip sich anlehnt (als falsches Bewußtsein der Freiheit vom Zwang des Inertialsystems).
Im Begriff der Weltanschauung enthüllt sich die Bekenntnislogik als (patriarchale und sexistische) eine subjektive Form der Anschauung: Der Krieg Hitlers gegen die Sowjet-Union war als Weltanschauungskrieg ein Vernichtungskrieg (wie jetzt wieder der Bürgerkrieg in Jugoslawien). Weltanschauungen gibt es nur unter der Voraussetzung des „naturwissenschaftlichen Weltbildes“; der Begriff der Weltanschauung rückt die logische Beziehung der Bekenntnislogik zur subjektiven Form der äußeren Anschauung, zum Raum, ins Licht.
Daß die transzendentale Ästhetik in dreifacher Gestalt sich präsentiert: als Form des Raumes, in der Logik des Geldes und als Bekenntnislogik, ist selbst wieder in der Form des Raumes begründet, im Problem der „drei Abmessungen“ des Raumes, in seiner Dreidimensionalität, darin, daß diese drei Dimensionen entgegen der Form ihrer mathematischen Beziehung im Raum nicht gleichwertig, nicht äquivalent, sind. Ihre mathematische Äquivalenz ist selber bereits Produkt der dreifachen, selbstreferentiellen Abstraktion. Das „von allen Seiten hinter dem Rücken“ konstituiert sich in der Abstraktion
– von der Umkehr,
– vom Namen (von der benennenden Kraft der Sprache) und
– vom Angesicht,
wobei
– der Raum primär die Differenz zwischen vorn und hinten,
– das Geld die zwischen Rechts und Links und
– das Bekenntnis die zwischen Oben und Unten
neutralisiert und in dieser Neutralisierung sich konstituiert.
– Das Bekenntnis ist der Quellpunkt des autoritären Charakters,
– das Geld der Quellpunkt der verdinglichten Welt und
– der Raum der Quellpunkt des Absoluten und der Verblendung.
Sind die subjektiven Formen der Anschauung die Pforten der Hölle; und ist nicht der Abstieg zur Hölle die Vorstufe der Auferstehung?
Das Substantiv ist das durch die Kasus, die Formen der Deklination (der Veranderung) hindurch sich bestimmende Nomen; der Staub und die Asche in einer Welt, in der der Name zu Schall und Rauch geworden ist. Zu den Konstituentien des Substantivs gehört die Neutralisierung der differierenden Bestimmungen der Kasus (Akkusativ, Genitiv, Dativ, Ablativ, Instrumentalis, Lokativ): Indem das Substantiv die Objektbeziehung ins Nomen mit hereinnimmt, unterdrückt und verdrängt sie die Reflexion auf den Objektivationsprozeß, der in den Formen der Deklination sich entfaltet. Damit hängt es zusammen, wenn in dem Ausdruck „Wir Deutschen“ der Name der Deutschen zum reinen Ausdruck und zugleich zum Alibi der Gemeinheit und Brutalität geworden ist.
Der Begriff des Substantiv ist Ausdruck der Trennung von Ding und Sache, Geburtsname der Verdinglichung, dem auf der Subjektseite der Personbegriff entspricht (Dinge gibt es, seit es juristische Personen gibt). Er ist der reinste Ausdruck einer Welt, in der alles nur noch das ist, was der Fall ist.
Welche grammatische Bedeutung und welche logische Funktion hat das Suffix -iv in den grammatischen Begriffen (vom Substantiv bis zum Infinitiv)?
Ist der griechisch-lateinische Gottesname Produkt einer Verschmelzung des -ivum mit dem deiktischen Affix d- (und damit der genaueste Ausdruck der Geburt des Absoluten)? Woher kommt dann der germanische Name „Gott“ (nach Ferdinand Ebner soll er aus einer Wurzel stammen, die das Anrufen, das Objekt der Anrufung, ausdrückt)?
Hat die Venus-Katastrophe die Voraussetzungen für die Staatenbildung geschaffen:
– Privateigentum und Geldwirtschaft,
– Tempel, Opfer und Schrift,
– Monogamie und Inzestverbot?
Die Venus-Katastrophe hat das Planetensystem nicht nur ergänzt und vervollständigt, sondern es in Konstellationen eingerückt, die dann in die internen Voraussetzungen der Staatenbildung mit eingegangen sind.
Gehört die chaldäische Astrologie zur Ursprungsgeschichte der indogermanischen Sprachen (insbesondere zur Ausgestaltung der Deklinationsformen, die selber vermittelt sind durch die Umgestaltung der Konjugationen)?
Welcher Kasus und welcher Planet repräsentiert das Selbsterhaltungsprinzip? Die Logik des Selbsterhaltungsprinzips ist eine männliche Logik, es ist die Logik der vom Privateigentum beherrschten Welt. Klingt ihr Geheimnis nicht im Namen des Jupiter an (des Divus-Pater, des Erzeugers des Merkur, der Venus und des Mars, gleichsam seiner Emanationen, der aber der Macht des Kronos, des Saturn, auch wenn er ihn besiegt, nicht entgeht: der der Gefahr der Paranoia ausgesetzt bleibt)?
Ist die Paranoia die patriarchalische Erscheinung der Melancholie (der messianischen Wehen)?
Vgl. die Antwort Jesu auf die Frage der Pharisäer (der Schriftgelehrten, der Sadduzäer?) nach dem jenseitigen Schicksal der Frau und ihrer sieben Männer?
Ist Heideggers Fundamentalontologie nicht gleichsam eine interne Erläuterung des Thalesschen Satzes: Alles ist Wasser? War nicht die Sintflut die Überschwemmung mit dem Was?
Turmbau zu Babel: Der Turm, der bis zum Himmel reicht, und der herniederfahrende Gott bezeichnen präzise den Ursprung des Mythos.
Die Bekenntnislogik ist eine reine Exkulpationslogik, Produkt der Weigerung, die Sünde der Welt auf sich zu nehmen; deshalb gehören die Opfertheologie und das Konzept der Entsühnung der Welt durchs Kreuzesopfer als deren innerster Kern zur Bekenntnislogik.
Die Confessiones des Augustinus sind (als Dokument seiner Bekehrungsgeschichte) Sündenbekenntnisse (z.B. in den Kindheitsgeschichten, aber auch in der Geschichte der namenlosen Mutter seines Sohnes Adeodatus), aber Sündenbekenntnisse, die vom Instrumentarium des mythischen Schuldverschubsystems: von den Formen projektiver Schuldverschiebung, sich nicht lösen können: Darin stellt sich die Beziehung zum Glaubensbekenntnis her, die durchs Schuldverschubsystem (die Opfertheologie und das Konstrukt der Entsühnung der Welt) vermittelt ist. Vermutlich gehört die Geschichte über das mit der Erbsünde belasteten Kind Augustinus zu den geschichtlichen Ursachen der Einführung der Kindertaufe. Hier wurde der Trieb in die Seelen eingesenkt, der antstatt an der Herstellung gerechter Zustände nur noch an der eigenen Unschuld interessiert ist.
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24.4.1994
Welche Symbole wurden im Mittelalter den vier Evangelisten zugeordnet? Hat diese Zuordnung etwas mit den vier Himmelsrichtungen, den vier Enden der Erde (und den vier Reitern) zu tun? Sind das die Stichworte der vier Evangelien: Himmelreich, Sohn Gottes, Sündenvergebung und Logos? Ist nicht der Geist auf die vier Himmelswinde bezogen? Die Sieben hat mit dem Schwur zu tun (vgl. die Beerseba-Stellen in der Genesis). Der Schwur gründet in der Anrufung des göttlichen Namens, sein Ort war der Tempel. Mit dem Schwur wurden Versträge besiegelt (Schwur und Siegel waren Äquivalente); das Symbolum ist ein Schwur (und für es gilt das Wort: Du sollst nicht schwören). Die Bekenntnislogik gründet im Schwur. Das Planetensystem war ein Bild des Gattungslebens (die Namen und astrologischen Bedeutungen der Planeten hängen damit zusammen). Hat nicht das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ein empirisches Moment zu einem Konstruktionselement des Systems gemacht: Hinweis auf die inneren Grenzen der Astronomie? Einen weiteren Hinweis (jedoch noch nicht die Lösung) liefert das der Allgemeinen Relativitätstheorie zugrunde liegende Theorem der Identität von träger und schwerer Masse. Die moderne Astronomie seit der kopernikanischen Wende verhält sich zur Astrologie wie die Philosophie zum Mythos (wobei der Raum, die subjektive Form der äußeren Anschauung, an die Stelle des Begriffs getreten ist). Wie die Philosophie aus dem Mythos, durch Verinnerlichung des Schicksals, ist die Astronomie aus der Astrologie durch Verinnerlichung ihres zentralen Moments: des Opfers, hervorgegangen. Die sieben unreinen Geister sind die „Erfüllung“ des jeremianischen „Grauens um und um“. Hegels Idee des Absoluten, die u.a. in der Verwerfung des Sollens gründet, ist das Produkt der Ontologisierung der Theologie. Und die Ontologie ist der Statthalter der Paranoia in der Philosophie. Die Klugheit der Schlangen wäre durch „Arglosigkeit“, durch Herausnahme der Paranoia der Wahrheit zuzuführen: zum Sprechen zu bringen. Die Idee des Absoluten ist ein Produkt der Apologetik (die Ontologie ein Exkulpationsprojekt): die Besiegelung des Unversöhnten. Ursprung der Naturwissenschaften in der Apologetik: Zu den gnoseologischen Grundlagen der Naturwissenschaften gehört der Satz: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Die erste Gestalt des Absoluten war der newtonsche absolute Raum. Die subjektiven Formen der Anschauung Kants sind der Beleg dafür, daß die absolute Entschuldung in die absolute Verschuldung hineinführt. Wir lassen („Im Namen des Volkes“) die Richter für uns richten, so wie wir die Metzger für uns schlachten lassen. Und wir lassen die Welt von den Banken von einer Schuldenkrise in die andere hineintreiben: Ist nicht die Schuldenkrise der Dritten Welt der Vorbote und das Symptom einer ganz anderen, die erst erkennbar wird, wenn auch der Zusammenhang des Bankenwachstums mit dem Ursprung und Wachstum der Krise erkennbar wird (Metallgesellschaft und Jürgen Schneider: nachdem das Anlagengeschäft in der Dritten Welt seine Grenzen überschritten hat, kehrt es als Devisen- und Immobilien-Spekulation in die Metropolen zurück). Wie haben Geldwirtschaft und Astrologie in die Struktur der Sprachen hineingewirkt (der bestimmte Artikel und die Deklination)?
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7.4.1994
Sind die Amoriter und Hethiter (der Vater und die Mutter Jerusalems, Ez 163) die Chaldäer und Perser, und sind die sumerisch-hethitisch-akkadischen Vokabulare Zeugen des Turmbaus zu Babel?
Der Feminismus und seine Kritik (die den Feminismus voraussetzt, nicht überflüssig macht) sind deshalb so wichtig, weil sie an die geschlechtlichen Wurzeln des Rassismus erinnern.
Was hat es mit dem Reflexivpronomen (mich, dich, sich, uns, euch, ihnen) auf sich: ist es eine akkusativische Reflexivbildung (Instrument der Selbstvergegenständlichung, Selbstinstrumentalisierung)? Gibt es die reflexiven Verben auch außerhalb des indogermanischen Sprachraums; in welcher Beziehung stehen sie zu den medialen Konstruktionen und zum Aorist?
Es kommt darauf, an die Religion
– von der Blasphemie,
– von der Idee des Absoluten und
– von der Bekenntnislogik
zu heilen: von den drei Gestalten der petrinischen Leugnung. Wie hängen sie mit
– dem Angesicht,
– der Umkehr und
– dem Namen
zusammen?
Wird die Trinität, wenn sie von der Umkehr, der Nachfolge und vom Angesicht getrennt wird (wenn sie zum Schibbolet einer dogmatischen Orthodoxie wird), nicht zu einer Leerformel, die dann in den
Begriffen der Natur und der Logik bewußtlos sich reproduziert? Schützt davor nicht allein die Heiligung des Namens?
Ist nicht der Marxsche Begriff einer resurrectio naturae der Ersatz für die fehlende Lehre des Namens?
Hündische Philosophie: Hegel hat zur Absicherung seines Reviers Duftmarken gesetzt, zu denen insbesondere die Diskriminierung des Sollens und die Warnung vor dem bloß Programmatischen, nicht Ausgeführten (vor der tatlosen Gesinnung, dem Innern, das sich nicht äußert) gehört. Duftmarken verfolgen aber auch das Ziel, Spuren zu beseitigen; sie haben etwas mit dem Konzept des vollkommenen Verbrechens, das ungeahndet bleibt, weil es sich nicht nachweisen läßt, gemein (vgl. Lyotard).
Adornos Satz „Das Ganze ist das Unwahre“ ist gegen die logikbegründende Paranoia gerichtet, von der Hegel sich nicht hat befreien können.
Zum Anfang der Hegelschen Logik (Sein, Nichts und Werden): Unterschlägt Hegel darin nicht das Haben und das Würde (die instrumentalisierende Kraft des Seins und ihre Grenze)? Das Sein (das nicht zufällig an das Personalpronomen 3. Pers. sing. erinnert) hat das Haben in sich und ist dadurch auf das Nichts bezogen (wie Heideggers Vor- und Zuhandenheit).
Die Würde: Was hat der Konjunktiv mit dem Feminismus zu tun?
Wie unterscheiden sich Eigentum und Besitz? Ist das Eigentum eine rechts- (und staats-) begründende Kategorie, während der Besitz privatrechtlicher Natur ist: im Vertrag gründet, und damit das Recht und den Staat bereits voraussetzt? Hängt der rousseausche Naturbegriff mit der Verwechslung von Besitz und Eigentum (Konsequenz aus der Begründung des Staats durch einen privatrechtlichen „Gesellschaftsvertrag“) zusammen (wäre auszuführen)? -
17.03.94
Durch Philosophie und Naturwissenschaft wurde die Schöpfung zur Welt bekehrt.
Was ist der Unterschied, zwischen der Befriedigung eines Bedürfnisses und seiner Stillung?
Wird durch das Präfix be- ein Vorgang ins Sprachlose, Stumme, in den gewaltsamen Vollzug (Paradigma Strafvollzug), transformiert: die Umkehr in die Bekehrung, die Stillung in die Befriedigung, die Erkenntnis ins Bekenntnis?
Wenn wir aus dem Bann der Philosophie, des Absoluten, uns lösen, heraustreten wollen, müssen wir arglos werden wie die Tauben. – Ist der Bann des Absoluten die Paranoia, Produkt des projektiven Moments in jeder begrifflichen Erkenntnis? Die Idee des Absoluten ist in jeder ihrer Gestalten, auch in der der Theologie seit ihrer Hellenisierung, eine Manifestation der Hybris (der Kelch, von dem Jesus wünschte, er möge an ihm vorübergehen, den nach seinem Wort jedoch auch die Jünger würden trinken müssen).
Jede Erscheinung ist Erscheinung von etwas: ins Anderssein gebannt. Was als ihr Anderes darin erscheint, ist das Subjekt selber, das so sich selbst zum Absoluten wird. Die Hegelsche Logik ist das Ergebnis der genauesten inneren Analyse der Erscheinung: Deshalb steht am Anfang der Hegelschen Philosophie die Phänomenologie des Geistes.
Bezeichnet der Begriff des Bekenntnisses nicht aufs genaueste das projektive Moment in jeder Erkenntnis, und war das nicht mit der Wendung des griechischen Geistes zur Philosophie mitgesetzt (mit Begriffen wie Natur, Welt, Materie und Wissen)?
Die Kirche hat in der Geschichte des Dogmas und der Theologie den Scheffel produziert, hinter dem sie ihr Licht (das Angesicht Gottes) zum Verschwinden gebracht hat (vgl. auch die Geschichte der drei Leugnungen). Die Selbstverfluchung und der Greuel am heiligen Ort: Heute verwechselt sie das Licht mit diesem Scheffel. -
14.03.94
Die Sexualmoral fixiert das Subjekt auf die Sexualität, ist ein Mittel seiner Sexualisierung. (Vgl. Hegels Unterscheidung zwischen dem Befriedigtsein des Tieres, das seinen Hunger und Durst stillt, und dem Sich-befriedigt-Haben (im Selbstgenuß): in der Begattung. Enz. II, Zusatz zu 365, S. 497)
An der Objektvorstellung bricht und spiegelt sich die Welt; das Spiegelbild sind der Begriff und die Logik. Der Prozeß der Spiegelung müßte konkret sich nachweisen lassen an seinem nächsten Produkt: an der Struktur der Atome.
Im Inertialsystem ist die Konstellation, in der der Begriff der Materie sich konstituiert, bereits ans Licht gehoben. Die subjektiven Formen der Anschauung, die transzendentale Ästhetik Kants, bezeichnen aufs genaueste den Knoten, der zu lösen wäre. Und dieser Knoten ist zu lösen, wenn man die Formen der Anschauung als Knoten begreift.
In den elektromagnetischen Wellen bewegt sich nicht das Licht, sondern das Inertialsystem. – Ist nicht die Physik insgesamt der Blick in den Abgrund?
Die Hegelsche Formulierung, wonach die Idee die Natur frei aus sich entläßt, ist die falsche Beschreibung des projektiven Moments im Naturbegriff.
Zur Geschichte der sieben Siegel: Die „vier Himmelswinde“ des Sacharja (65) finden sich auch bei Daniel (72); sie erscheinen dann wieder bei der Öffnung der ersten vier Siegel bei Johannes. Woher kommen die anderen drei Siegel? Zum Grab der Märtyrer vgl. den Feuerofen und die Löwengrube?
Die Zahl der apokalyptischen Motive und Symbole ist eng begrenzt: Gibt es über die Zusammenhänge dieser Motive und Symbole eine verläßliche Darstellung?
Steckt hinter der Frage der Historizität Karls des Großen das Problem der Verarbeitung des Islam?
Zur Entzifferung der Sünde der Welt gehört es, im Bekenntnisbegriff das Feigenblatt wiederzuerkennen.
Die Vertreibung aus dem Paradies und der Engel mit dem kreisenden Flammenschwert kommen nach der Geschichte mit dem Feigenblatt (und dem Rock aus Fellen).
Der moderne Begriff der Macht unterliegt der Logik des Dingbegriffs und gehört zu seinen Konstituentien. Auch er ist ein Produkt von Instrumentalisierung, der Abstraktion von der Zuordnung der Macht zu bestimmten Zwecken und Zielen (die für den Namen der Allmacht konstitutiv ist: die omnipotentia dei, die Allmacht Gottes, ist nicht gleichgültig gegen die Zwecke und Ziele, denen sie zugeordnet ist).
Die göttliche Macht manifestiert sich in zwei Dingen:
– in der Schöpfung und
– in der Erlösung (dem Reich der Gerechtigkeit und des Friedens, deren Beziehung zur Vergeltungsmacht, zur Macht zu strafen, zu klären bleibt).
Beide Begriffe der Macht sind nicht beziehungslos.
Die Kritik des Anthropomorphismus destruiert mit dem Mythos auch die Offenbarung. Die Differenz zwischen Mythos und Offenbarung (zwischen Idolatrie und Bilderverbot) liegt an anderer Stelle.
Zu den Umstehenden in der Geschichte der drei Leugnungen: Könnte es sein, daß die Umstehenden in das Spiel nicht mit hereingezogen worden wären, wenn Petrus beim erstenmal (im Ursprung des Urschismas) nicht geleugnet hätte? War die Leugnung die Angel des Menschenfischers?
Zur Vorgeschichte des naturwissenschaftlichen Objektbegriffs gehört die gesamte christliche Theologie mit Trinitätslehre, Vergöttlichung Jesu und Opfertheologie. Eine der letzten Vorstufen war die Eucharistie-Verehrung, und in dem sensuum defectui im eucharistischen Hymnus des Thomas von Aquin kündigt sich schon die spätere Unterscheidung der primären und sekundären Sinnesqualitäten an. Die katholische Transsubstantiationslehre gehört zu den Voraussetzungen des Ursprungs des modernen Dingbegriffs, der Trennung von Ding und Sache. Die protestantische Leugnung dieser Lehre erzwingt dann die Rechtfertigungslehre, die sich auf einen Begriff der Objektivität bezieht, der jede substantielle Veränderung ausschließt, die Dinge nur noch als Objekte der Bewertung und des Urteils kennt. Der Rechtfertigungslehre liegt der bereits säkularisierte Dingbegriff zugrunde. Das Subjekt wird zum bloßen Zuschauer depotenziert. Wer die Dinge nur noch beurteilen und bewerten kann, wird selbst unentrinnbar zum Objekt des Urteils und der Bewertung, aus dem nur die abstrakte Rechtfertigung, die Nichtansehung der Schuld, noch herausführt. Darin gründet der Rechtfertigungszwang, dem niemand mehr sich entziehen kann. Die Rezeption der Rechtfertigungslehre in der katholischen Theologie hat dann konsequenterweise dazu geführt, daß in der katholischen Theologie das kirchliche Lehramt durch einen theologischen Positivismus ersetzt wurde, der den Stand der Wissenschaft an die Stelle kirchlicher Lehrentscheidungen gesetzt hat.
Die kirchliche Sexualmoral hat mit der realen Sexualität fast nichts mehr zu tun: Sie ist zu einer Waffe geworden, die den, der sie anwendet, desensibilisiert und seiner Erinnerungsfähigkeit beraubt. Nicht die Sexuallust, sondern sexualmoralische Urteilslust ist das Medium, in dem die Erbsünde sich fortpflanzt. Und diese sexualmoralische Urteilslust hat sehr viel mit dem Ursprung und der Konstituierung des Inertialsystems zu tun. Beide Systeme stützen sich wechselseitig, und die Kritik des Inertialsystems schließt die Kritik der sexualmoralischen Urteilslust mit ein. Adornos erstes Gebot der Sexualmoral: der Ankläger hat immer Unrecht, trifft auch die Physik im Kern. Die Urteilslust gehört zu den Gründen und den Verstärkern des projektiven Erkenntnisbegriffs, dessen Zentralbegriffe die kantischen Totalitätsbegriffe sind: Welt, Wissen und Natur. Es gibt kein Wissen, keine Natur und keine Welt ohne das projektive Moment, und die Kritik des Wissens ist die Kritik dieses projektiven Moments in ihm, die in der jesuanischen Arglosigkeit gemeint ist. Daß die Welt sich immer mehr der Paranoia angleicht, die sie doch zugleich falsch abbildet, hängt damit zusammen. Der Paranoiker belastet sich mit dem gleichen Instrumentarium, mit dessen Hilfe er glaubt, sich entlasten zu können: Es sind die eigenen Rechtfertigungszwänge, die die zugrundeliegenden Schuldgefühle in Aggressionsängste transformieren.
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