Philosophie

  • 17.03.94

    Durch Philosophie und Naturwissenschaft wurde die Schöpfung zur Welt bekehrt.
    Was ist der Unterschied, zwischen der Befriedigung eines Bedürfnisses und seiner Stillung?
    Wird durch das Präfix be- ein Vorgang ins Sprachlose, Stumme, in den gewaltsamen Vollzug (Paradigma Strafvollzug), transformiert: die Umkehr in die Bekehrung, die Stillung in die Befriedigung, die Erkenntnis ins Bekenntnis?
    Wenn wir aus dem Bann der Philosophie, des Absoluten, uns lösen, heraustreten wollen, müssen wir arglos werden wie die Tauben. – Ist der Bann des Absoluten die Paranoia, Produkt des projektiven Moments in jeder begrifflichen Erkenntnis? Die Idee des Absoluten ist in jeder ihrer Gestalten, auch in der der Theologie seit ihrer Hellenisierung, eine Manifestation der Hybris (der Kelch, von dem Jesus wünschte, er möge an ihm vorübergehen, den nach seinem Wort jedoch auch die Jünger würden trinken müssen).
    Jede Erscheinung ist Erscheinung von etwas: ins Anderssein gebannt. Was als ihr Anderes darin erscheint, ist das Subjekt selber, das so sich selbst zum Absoluten wird. Die Hegelsche Logik ist das Ergebnis der genauesten inneren Analyse der Erscheinung: Deshalb steht am Anfang der Hegelschen Philosophie die Phänomenologie des Geistes.
    Bezeichnet der Begriff des Bekenntnisses nicht aufs genaueste das projektive Moment in jeder Erkenntnis, und war das nicht mit der Wendung des griechischen Geistes zur Philosophie mitgesetzt (mit Begriffen wie Natur, Welt, Materie und Wissen)?
    Die Kirche hat in der Geschichte des Dogmas und der Theologie den Scheffel produziert, hinter dem sie ihr Licht (das Angesicht Gottes) zum Verschwinden gebracht hat (vgl. auch die Geschichte der drei Leugnungen). Die Selbstverfluchung und der Greuel am heiligen Ort: Heute verwechselt sie das Licht mit diesem Scheffel.

  • 16.03.94

    Zur Kritik des Objektbegriffs: Wer über Fußball schreibt, darf nicht über Fußball schreiben. Hegels Satz, daß die Substanz Subjekt sei, bezeichnet kein befreiendes, sondern ein verzweifeltes Projekt. Und die Idee des Absoluten ist nur die ideelle Partizipation an diesem Subjekt (nur die Identifikation mit ihm), wie die Hegelsche Freiheit nur das Bewußtsein der Freiheit ist. Auf der Grundlage und im Kontext der Gotteserkenntnis wird die Moral aus einem Maßstab des Urteils zu einer Richtschnur des Handelns. Diese Differenz zwischen dem Maßstab des Urteils und der Richtschnur des Handelns ist die Differenz zwischen dem Feigenblatt und der Frucht des Feigenbaums. In der zweiten Leugnung wurde der Rock aus Fellen ins Feigenblatt zurücktransformiert, in der dritten löst auch das Feigenblatt sich noch auf. Die Geschichte der drei Leugnungen erweist sich so als eine Geschichte der Scham. Die griechische Philosophie ist dem Bannkreis des Schicksals entronnen, indem sie das Gesetz des Schicksals verinnerlicht, aus der Rolle des Objekts herausgetreten ist und zu seinem Subjekt sich gemacht hat: Ursprung des Begriffs. Die moderne Aufklärung – und darin gründet ihre Beziehung zur Theologie – hat den gleichen Prozeß im Medium der Scham (am Paradigma des Tods am Pfahl: des Kreuzestods) vollzogen. Und wenn die Verinnerlichung des Schicksals der Grund ist, aus dem der Weltbegriff hervorgegangen ist, dann ist die Verinnerlichung der Scham (die den Weltbegriff konkretisiert) der Grund des Bekenntnisbegriffs und der Trennung von Ding und Sache: Ursprung der modernen Sprachen in Europa. Aufgrund dieses Prozesses, im Kontext dieser Geschichte der Scham wurde die Sexualmoral ins Zentrum der modernen Bewußtseinsgeschichte gerückt. Gehören nicht das Haus und die Abtrennung der Privatsphäre in diese Geschichte der Scham (und haben der Ursprung und die Geschichte der Religion und des Tempels, der Name des Pharao und das Sklavenhaus Ägypten, die zur Vorgeschichte der Moderne gehören, damit zu tun)? Hat die Geschichte vom Cherub mit dem kreisenden Flammenschwert etwas mit der Geschichte des ägyptischen Tempels und seiner Beziehung zur Pyramide und zu den Sphingen zu tun? Beim Turmbau zu Babel ist JHWH (nicht Elohim) herniedergefahren (und hat die Sprache der Menschen verwirrt): Ursprung des Geldes, der Astronomie, der Schrift, der Idolatrie und der Determinantensprache (Quellcode der flektierenden Sprachen)? Wenn man die Schlange als Realsymbol des Ursprungs des dritten Geschlechts: des Neutrums, begreift, enthält dann der Satz: Seid klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben, nicht den Schlüssel zur Auflösung des Problems: Durch die fehlende Arglosigkeit, durch das paranoische Moment, unterscheidet sich die Klugheit der Schlange (die neutralisierende Erkenntnis, das Wissen) von der Gotteserkenntnis.

  • 11.03.94

    Die Hegelsche Logik ist eine Logik der Selbsterhaltung, und deshalb eine Welt- (und Ding-) Logik. Was durch die Entwicklung des Begriffs vom Sein zur Idee hindurch sich erhält, ist das Selbst, das sich in allem wiederfindet und wiedererkennt, das gleichsam überall seine Duftmarken setzt; die Totalität dieser Duftmarken ist der Begriff. Hegels Logik ist eine hündische Logik, die das Angeblicktwerden nicht erträgt: weil sie das Angesicht Gottes nicht erträgt. (Man erkennt die Hundeart nicht an der Gestalt des Hundes, sondern einzig an der allen Hunden gemeinsame Hundewelt und ihrer Logik.) – Vgl. auch Hegels Bemerkung über den göttlichen Zorn (der aufgrund seiner Beziehung zur göttlichen Barmherzigkeit in der gnadenlosen Welt, in der die Wut herrscht, geleugnet werden muß und als erstes die Wut auf sich zieht; Theologie im Angesicht Gottes hingegen wäre die Stimme des göttlichen Zorns). Nur das Absolute gewährt noch den Schein der securitas adversus deum, die der Mythos seit je gesucht hat. Hegels Philosophie ist nicht arglos: deshalb braucht sie die List der Vernunft.
    Sind die Engelchöre der theologischen Tradition der Kirche die Engel Elohims, zu denen im Kontext der verandernden Gewalt der Philosophie auch die Cherubim und Seraphim geworden sind (und nicht die Engel JHWHs: die Engel des göttlichen Angesichts; diese haben Abraham von der Opferung Isaaks abgehalten)?
    Das Zölibat oder die instrumentalisierte Unschuld ist eine direkte Konsequenz der Umformung der Sexualmoral in eine Urteilsmoral: eine Konsequenz ihrer Privatisierung und Entpolitisierung. Der (theologische und politische) Gebrauch dieser Moral hat das Zölibat (die etwas anderes ist als die Keuschheit) zur Voraussetzung. Das Zölibat gehört zu den Folgen der theologischen Rezeption des Weltbegriffs.
    Das „Seid arglos wie die Tauben“ ist der Einspruch gegen die Paranoia, und das „et ne nos inducas in tentationem“ die Warnung davor.
    Ist nicht der Begriff der Materie das philosophische Pendant zum hebräischen Namen der Barmherzigkeit? Und gründet die Beziehung beider nicht im gemeinsamen Namen der Mutter?
    Zum Charakter der Apokalyptik gehört die Geschichte aus dem Buch Daniel, in der Nebukadnezzar die Weisen Babels (u.a. die Chaldäer) auffordert, ihm nicht nur seinen Traum zu deuten, sondern den Traum, der ihm aus Angst entfallen war, den er vergessen hatte, selber zu benennen.
    Am Ende des Buches Jona, gehören da nicht die 120 000, die Rechts und Links nicht unterscheiden können, mit dem nachfolgenden „so viel Vieh“ zusammen? Ist die Unfähigkeit, zwischen Rechts und Links zu unterscheiden, nicht ein Teil der Unfähigkeit, Mensch und Vieh zu unterscheiden? Und gehören nicht beide in den Kontext der Genesis des Ding- und Objektbegriffs?
    Ist das gegenwärtige (nur noch katastrophische) Verständnis der Apokalypse nicht die letzte Bastion des Mythos: des In-Angst-Erstarrens vor der Offenbarung, die mit dem Namen der Apokalypse vorab, auch vor ihrem katastrophischen Aspekt, gemeint ist?
    Die Bekenntnislogik ist das Produkt des vom Weltbegriff nicht abzulösenden Rechtfertigungszwangs. Das drückt sich aufs genaueste in dem denkwürdigen Sachverhalt aus, daß im Lateinischen das Bekennen durch eine Passiv-Konstruktion repräsentiert wird (confiteor, confiteri; vgl. auch die anderen verba deponentia wie conari versuchen, vereri sich fürchten, loqui sprechen, partiri teilen, pati leiden; der Ursprung der Deponentien war die mediale Form, die im Lateinischen sich nicht erhalten hat): Ist das Subjekt dieses Bekenntnisses die Welt (und die Konfessionalisierung ein notwendiges Moment der Verweltlichung des Subjekts: Objekt des Schicksals: der Religion oder der Politik, zu sein)?
    Die Bekenntnislogik (die Logik des Weltbegriffs) greift ebenso wie die Sensibilität auch die Erinnerungsfähigkeit an. Sie ist das Zentrum des Schuldverschubsystems, der Grund und die Wurzel des projektiven Erkenntnisbegriffs, der dem kantischen Begriff der Erscheinungen zugrunde liegt. Ist er die Narbe an der Stelle, an der der Knoten, der zu lösen gewesen wäre, zerschlagen wurde? – Wo liegen die etymologischen Wurzeln des confiteri? Gibt es eine Beziehung des fiteor, fiteri zum fatum, gehört es (oder gehören die Deponentien insgesamt) zu den Faktoren der Verinnerlichung des Schicksals?
    Ist nicht die im Christentum entfaltete Bekenntnislogik die Vollendung des babylonischen Turms, der bis an den Himmel reicht, und bezieht sich darauf nicht das Wort vom Binden und Lösen?

  • 09.03.94

    Drei Folge-Institutionen des Schicksals:
    – der Begriff und das Wissen, oder die Aufhebung der Gotteserkenntnis,
    – der Staat und das Recht, oder das Ende der Barmherzigkeit (der Wurzel des göttlichen Zorns),
    – die Religion und das Bekenntnis, oder die Leugnung der Gottesfurcht.
    Die Empfindlichkeit ist ein subjektiver Reflex des Weltbegriffs; sie ist vom Grunde und von den Auswirkungen her pathologisch. Der Weltbegriff impft das Subjekt mit Paranoia (Narben dieser „Schutzimpfung“ sind die Begriffe Natur und Materie); darin gründet die Empfindlichkeit (die Beleidigungsfähigkeit). Auf die Befreiung von dieser pathologischen Empfindlichkeit zielt die Forderung Jesu: Seid arglos wie die Tauben.
    Was sind Bakterien und Viren; in welchen Zusammenhängen treten sie auf und wodurch unterscheiden sie sich? Sind mit Aids und Krebs vielleicht erstmals Krankheiten aufgetreten, die erst dann begriffen (und therapierbar) werden, wenn das projektive (paranoide) Moment in den Bakterien und Viren erkannt ist? Schließt die Kritik der Atomistik nicht auch die Kritik ihrer biologischen Entsprechungen mit ein (gibt es einen Zusammenhang zwischen dem modernen Gebrauch des Existenzbegriffs und diesen projektiven Objekten der Wissenschaft: sind Bakterien und Viren „existentiell“)?
    Hat der von Ralph Giordano geprägte Begriff der „zweiten Schuld“ nicht eine sehr viel weiterreichende Bedeutung, bezeichnet er nicht den gegenwärtigen Stand des verdinglichten Bewußtseins überhaupt, und gehören dazu nicht auch die Atome, Bakterien und Viren (die wie der Existenzbegriff zur letzten Stufe vor der Begründung des Begriffs gehört)?
    Ist das Sumerische der Turm von Babel (die agglutinierende Sprache die Vorstufe und der Grund der flektierenden – der „verwirrten“ – Sprache)? Und welche Rolle spielt hierbei die Ursprungsgeschichte der Schrift: Ist die agglutinierende Sprache eine reine Schriftsprache?
    Beschreibt nicht der Satz „Seid klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben“ aufs genaueste das Verhältnis von Philosophie und Theologie?
    Hegels Begriff ist das apokalyptische Tier; sein Lebensprinzip ist die Welt, sein logischer Kern die Paranoia. Beschreibt nicht die Hegelsche Logik in ihrer Entfaltung vom Sein über das Wesen zum Begriff die Geschichte der drei Leugnungen?
    Das Absolute ist der Greuel am heiligen Ort.
    Gibt es eine Beziehung zwischen den zweiten Brennpunkten der elliptischen Planetenbahnen und der Erdbahn?
    Zum Problem der Genese des Dingbegriffs (der Trennung von Ding und Sache) ist auf die Doppelbedeutung des Begriffs der Sache hinzuweisen, der sowohl das sprachliche Geschlecht des Neutrums (das Eigentumsfähige im Gegensatz zur Person, zum Eigentümer) als auch den Gegenstand der Erkenntnis bezeichnet (entspricht dem nicht die Doppelbedeutung des Seins: als Hilfszeitwort und als Possessivpronomen).
    Ist der Raum eine bestehende Form, die den Weltereignissen zugrunde liegt, in der sie (wie auf einer Guckkastenbühne) sich „abspielen“, oder wird der Raum als Form der Vergängnis in jedem Augenblick neu erzeugt? Was hat es dann mit dem Haus und mit dem Felsen (mit Pharao und dem Sklavenhaus Ägypten und mit Petrus und der Kirche, als den sichtbaren Gestalten der Dauer des Räumlichen: der fortdauernden Macht der Vergangenheit) auf sich?

  • 08.03.94

    Wie genau trifft dieser Hegelsche Satz das Wesen der Existenzphilosophie, den Gebrauch des Existenzbegriffs in der Existenzphilosophie: „Der Grund ist das Aufheben seiner selbst, und das, wozu er sich aufhebt, das Resultat seiner Negation, ist die Existenz“ (Enzyklopädie I, S. 254, Zusatz zu 123)? Der Existenzbegriff ist das Signum des verdinglichten Bewußtseins: Jeder Fundamentalismus gründet in der Unfähigkeit zur Reflexion des Existenzbegriffs. Bei Rosenzweig wird dieser Makel des Existenzbegriffs durch Umkehr geheilt.

  • 05.03.94

    Belästigen und belasten, unerträglich und tragbar (zumutbar): Welche Last ist im Lande der unbegrenzten Zumutbarkeiten gemeint?
    Die Welt ist alles, was der Fall ist: Sie ist alles, was unter den Begriff, unters Urteil fällt. Und Urteile werden (wie Bäume) gefällt.
    Wenn der Begriff und die Logik etwas mit der Gravitation zu tun haben, gründet dann die Sprache im Licht? Aber die Last ist beim Namen zu nennen: das Schwere ins Licht zu bringen.

  • 28.02.94

    Durch die Trennung von Ding und Sache, die durch die Entwicklung der Raumvorstellung (der subjektiven Form der äußeren Anschauung) oder durch den Ursprung und die Entwicklung der Mechanik und der kopernikanischen Theorie, des Relaitivitätsprinzips und des Inertialsystems vermittelt ist, wurde die Sprache ihrer benennenden Kraft beraubt. War die Elementenlehre (Erde, Luft, Wasser und Feuer) hierzu eine Zwischenstufe, wurden in den „Elementen“ nicht Momente des Raumes als gegenständliche Materien (oder der Raum als ein Ensemble gegenständlicher elementarer Materien) vorgestellt, während die Dingvorstellung die Trennung von Raum und Materie (und die Vorstellung einer homogenen Zeit) zur Voraussetzung hat?
    Wie verhalten sich Wasser, Wein und Blut (vgl. Noe, die Hochzeit von Kana, die Eucharistie und die christliche Erlösungslehre)?
    Zu Ezechiel: Beziehung der Blutschuld zum Blut auf dem Felsen, wäre daran zu erinnern, daß das Blut die Seele des Lebendigen ist.
    Hebraismen im NT:
    – Mt 2746/Mk 1535 – Eli, Eli, lema sabachthani/ Elohi, Elohi, lama sabachthani (Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, Ps 222)
    – Joh 52 – Bethesda (Teich am Schaftor, mit fünf Säulenhallen),
    – Joh 1913 – Gabbatha (Steinpflaster, Richtstätte des Pilatus),
    – Joh 1917 – Golgatha (die Schädelstätte),
    – Joh 2016 – Rabbuni (Lehrer),
    – Apg 119 – Hakeldama (der Blutacker),
    – Off 911 – Abaddon (Engel des Abgrunds),
    – Off 1616 – Harmagedon (Ort der apokalyptischen Endschlacht).
    Sind diese Hebraismen nicht allesamt Erinnerungen gegen die Instrumentalisierungen, die mit der Opfertheologie und der Vergöttlichung Jesu der christlichen Theologie fast unauslöschbar sich eingeprägt haben? Ist nicht das Griechische des NT der Kelch, den die Christen trinken sollten?
    Enthält das prophetische Symbol der Hurerei nicht auch den Hinweis auf den weiblichen Aspekt Israels, des Gottesvolks (während das Objekt der Hurerei: Assur und Babylon, an den männlichen, patriarchalischen Aspekt erinnert)?
    Was hat es zu bedeuten, wenn in der Weissagung Ezechiels gegen den König von Tyros Eden, der Gottesgarten, und der Cherub zitiert werden?
    Gehört nicht die Ablenkung der eschatologischen Energien zum Kern der kirchlichen Theologie: durch eine Himmelsvorstellung, die sie neutralisiert und stillstellt? Aber dieses Konzept ist, nachdem der Himmel ins Buch zurückgegangen ist, nicht mehr zu halten. Das theologische Erbe ist als Staub von der Schlange aufgezehrt (und inzwischen ausgeschieden) worden.
    Das Wesen ist das Gewesensein, das mit dem Präfix ge- seinen eigenen Ursprung, sein Gewordensein, verdrängt und vergessen hat. Es ist der Inbegriff der Macht der Vergangenheit, die nicht begreift, daß auch das Vergangene eine Gewordenes ist. Das Ding ist das Produkt der Leugnung der Gegenwart.
    Wie hängt der von dem des Dings nicht abzulösende Begriff der Eigenschaft mit dem des Eigentums zusammen?
    Die Sünde der Welt ist der Grund des Schuldzusammenhangs, der als Natur dann erscheint.

  • 25.02.94

    Die Beantwortung der Frage, ob Raum und Zeit unendlich ausgedehnt sind, oder ob die Materie unendlich teilbar ist, hängt ab von der logischen Gewichtung des Andersseins (von der Bedeutung des Weltbegriffs): sie hängt von der Fähigkeit zur Schuldreflexion: von der Vorentscheidung ab, ob die Ontologie oder die Ethik als prima philosophia begriffen wird. Die exkulpierende Kraft des Wissens (und das Bedürfnis, davon Gebrauch zu machen) begründet die These der unendlichen Ausdehnung von Raum und Zeit und bedarf ihrer zu ihrer eigenen Absicherung und Rechtfertigung; sie ist zugleich der Grund, aus dem die Idee des Absoluten (der Schatten Gottes, der ihn verdeckt) sich speist. Hier ist die „Sünde der Welt“, die am Zusammenhang des Begriffs der Totalität mit dem des Absoluten sich demonstrieren läßt, mit Händen zu greifen.
    Das Zwischenglied zwischen den Begriffen der Totalität und des Absoluten ist das Ich: Die Totalität definiert sich unter Ausschluß des Ich, das Absolute durch Einbeziehung des Ich; jene ist das An sich des Absoluten, dieses das Für sich der Totalität, beide stehen in dieser Hegelschen Reflexionsbeziehung und sind als Unterschiedene unmittelbar identisch. Hat nicht unter den Totalitätsbegriffen der der Welt ein gewisses prius, während der des Wissens an den Absolutheitsbegriff sich anschließt? Beide stehen unter dem Vorzeichen der Säkularisation, deren Geschichte mit dem Absolutismus (und der Geschichte der Hexenverfolgung) anhebt und im Totalitarismus (in Auschwitz) endet.
    Am zweiten Tag schuf Elohim die Feste (den Staat), die die oberen von den unteren Wassern scheidet, und nannte sie Himmel; am fünften Tag die großen Meerestiere (die Nationen).
    Stämme, Sprachen, Völker und Nationen:
    – Die Stämme gründen in den Genealogien,
    – die Sprachen im Turmbau zu Babel (in der Folge der Sintflut),
    – Völker sind Schicksalsgemeinschaften, deshalb mythisch organisiert: in Selbstabsperrung von der Offenbarung; sie gründen im Kontext des Privateigentums und in der beginnenden Geldwirtschaft,
    – Nationen sind staatlich organisierte Völker.
    Stämme und Sprachen liegen vor, Völker und Nationen nach der durch den Weltbegriff bezeichneten Zivilisationsschwelle.
    Gehört die Erfindung der Sumerer zur dritten und die Erfindung der Karolinger zur zweiten Leugnung?
    Gründet Habermas‘ „neue Unübersichtlickeit“ in dem Zweifel an der These, daß die technischen und gesellschaftlichen Voraussetzungen für eine Gesellschaft ohne Hunger und Krieg schon gegeben seien?

  • 24.02.94

    Wirft die Bemerkung in der Enzyklopädie, 262 Anm.: „Die Schwere ist sozusagen das Bekenntnis der Nichtigkeit … der Materie“ nicht auch ein Licht auf den Begriff des Bekenntnisses, auf seinen naturphilosophischen Grund und logischen Stellenwert: auf seinen Zusammenhang mit dem Fall?
    Die Konstitution des Objekts, der Neutralisierungsprozeß und die Geschichte der drei Leugnungen: Erst die dritte Leugnung trennt das Ding von der Sache, während die res publica (die Astronomie und der Staat) zur ersten Leugnung gehört. Die Hegelsche Logik ist als das Bewegungsgesetz der Herrschaftsgeschichte der bewußtlose, gleichsam selber naturhafte Nachvollzug der Geschichte der drei Leugnungen.

  • 23.02.94

    Der moderne Existenzbegriff (wie auch die ontologische Mode) schneidet mit der logischen auch die Reflexion auf gesellschaftliche Vermittlung ab, in der sich das Zweideutige der logischen enthüllt: Gesellschaftliche Reflexion ist Schuldreflexion, die sowohl, wenn sie aus Exkulpationsgründen projektiv betrieben wird, der Selbstentlastung dienen, als auch, wenn sie die Schuldreflexion mit einschließt, auf Veränderung, Versöhnung abzielen kann. Fehler der logischen Reflexion ist es, daß sie diese Zweideutigkeit neutralisiert, beide Momente glaubt zusammenschließen zu können: Darin gründet die Idee des Absoluten, der Mythos der Logik. Ist die Logik das „zweischneidige Schwert“ (Ps 1496, Spr 54, Hebr 412, Offb 116, 212).
    Der Existenzbegriff bei Kierkegaard ist nur ein schiefer Ausdruck für das, was Emanuel Levinas die Asymmetrie in der Beziehung des Ich zum Andern (zum Du) genannt hat.
    Der Objektbegriff wird aus drei Quellen gespeist:
    – aus der naturwissenschaftlich-technischen Vergegenständlichung der Dinge in Raum und Zeit (hic et nunc),
    – aus dem unter den Bedingungen des Privateigentums, der Geldwirtschaft, des Tauschprinzips entspringenden Warencharakter der Dinge und
    – aus der Bekenntnistheologie und ihrer opfertheologischen Zuspitzung zur Eucharistieverehrung.
    Auch für den Objektbegriff gilt wie für die Eucharistie: Praestet fides supplementum, sensuum defectui (Thomas von Aquin: Pange, lingua, gloriosi). Ist das nicht ein Hinweis auf die Stellung der Sakramente zur Objektivität insgesamt:
    – Die Taufe und das Wasser (das Wasser im Schöpfungsbericht, die Sintflut, Thales),
    – die Buße, die Exkulpation und das Binden durch Lösen,
    – die Eucharistie, das Opfer und das Ding (Trennung von Ding und Sache),
    – die Firmung und das Selbst (Glaube, Bekenntnis und Autonomie),
    – die Priesterweihe und die Instrumentalisierung der Versöhnung (Religion und Herrschaft),
    – die Ehe, das Patriarchat, das Inzestverbot, der Staat und das Privateigentum,
    – die letzte Ölung, der Messias und die sieben unreinen Geister (die Salbung Jesu durch die „große Sünderin“, Maria Magdalena, die Frauen beim Grabe und die erste Zeugin der Auferstehung)?
    Ist die kirchliche Sakramentenlehre Produkt einer Umkehrung der Astrologie (Produkt der Verinnerlichung des Opfers und der Etablierung des Herrendenkens)? Wie hängen die Sakramente (von der Taufe über die Buße, die Eucharistie, die Firmung, die Priesterweihe und Ehe bis zur letzten Ölung) mit den Symbolen und Bedeutungen der Planeten (Sonne, Mond, Merkur, Mars, Jupiter, Venus und Saturn) zusammen?
    Wer das Rätsel der Hegelschen Philosophie löst, löst den Knoten, den Alexander nur durchschlagen hat (während Hegel ihn erneut geschürzt hat).
    Ist nicht das Procedenti ab utroque (im Pange, lingua) der konkrete Einspruch gegen das ne-utrum, das Hegel in der Idee des Absoluten restituiert und vollendet hat? – Wenn das Ding die Ursprungsgestalt des Absoluten (der absoluten Neutralisierung) ist, dann ist der Heilige Geist (das verteidigende Denken) der konkrete Einspruch gegen die Verdinglichung (das richtende Denken).

  • 22.02.94

    Das Ding ist das logische Korrelat des Objektbegriffs in der Transzendentalphilosophie. Im Verhältnis des Dings zu seinen Eigenschaften wird das Haben ins Sein mit hereingenommen (oder manifestiert sich das im Sein verborgene Haben): Reflex der Herrschaft des Privateigentums und des Tauschprinzips (Zusammenhang mit der Geschichte des Staats und der Banken?). Das Ding ist das logische Resultat der Verurteilung (wie es sprachlich aus dem Thing, dem Ort der Verurteilung, hervorgegangen ist), nicht aufzulösen ohne Reflexion des Verhältnisses von Recht, Schuld und Strafe.
    Das Ding ist der Gefangene seiner Eigenschaften, wie der Täter der Gefangene seiner vergangenen Taten: Wer gemordet hat, ist ein Mörder und wird dazu verurteilt, es zu sein.
    Die moderne Ontologie gründet darin, daß sie vor der Reflexion des Dings kapituliert hat, es bloß verschweigt und verdrängt. Paradigmatisch die durchgehende Verwechslung von Sein und Seiendem, die Übersetzung des Titels „De ente et essentia“ durch „Über das Sein und das Wesen“.
    Grund ist das Verständnis der Philosophie als Existenzphilosophie, der den Existenzbegriff trotz des Anklangs an die ökonomische Sphäre als ein Unmittelbares festhält, die Vermittlung dieses Begriffs durchstreicht und vergißt (in der Folge wird bei Heidegger das Subjekt zum Dasein). – Vgl. Hegels Enzykopädie 138. Die Existenzphilosophie ist zur Existenzphilosophie geworden, nachdem sie die Existenz vom Grund getrennt und das Argumentieren verlernt hat. Oder anders: Die Existenzphilosophie fällt unter das Gesetz der Hegelschen Logik, während es darauf ankäme, dieses Gesetz (nämlich das der Reflexion) endlich selber zu reflektieren, anstatt ihm blind zu gehorchen. Vgl auch 142 Anm.: „Die Existenz ist unmittelbare Einheit des Seins und der Reflexion, daher Erscheinung, kommt aus dem Grunde und geht zugrunde.“
    Das Ding ist das geheime Zentrum der Hegelschen Logik und die Ursprungsgestalt des Absoluten: der Grund seiner Unwahrheit. Wenn das Absolute der Schatten Gottes ist, so ist das Ding der Schatten des Absoluten. (Ist nicht das Scheinen bei Hegel der Schatten, den das Absolute auf die Dinge wirft, das Gegenteil des Lichts der Erlösung?)
    Wenn man begreift, wodurch das Ding und seine Eigenschaften von dem Verhältnis der Substanz zu den Akzidenzen (aus der deutschen Übersetzung dieses Verhältnisses ist das Ding wahrscheinlich einmal hervorgegangen) sich unterscheidet, begreift man den Grund der modernen Philosophie (des Nominalismus).
    Der Dingbegriff ist das gegenständliche Korrelat des Weltbegriff, er verankert den Weltbegriff in der Objektivität. Er ist ein zugleich unkenntlich gemachter Deckbegriff fürs Tier. Er vertritt das Tier, von dem er zugleich abstrahiert: Letzte Konsequenz der Kritik des Anthropomorphismus (Folge der Neutralisierung der Astrologie nach der kopernikanische Wende).
    Kriege sind Erbschaftsstreitigkeiten in einer Welt und am Ende (als Weltkriege) um eine Welt, die durch ihre Beziehung zum Eigentum sich definiert: die Welt ist selber zum herrenlosen, der nationalen Aneignung frei verfügbaren Gut geworden (vgl. Heideggers Begriffe des Vorhandenen und Zuhandenen).

  • 18.02.94

    Die Frage, was es mit der „Leberverfettung“, die er bei der Ultraschall-Untersuchung festgestellt hatte, auf sich habe, beantwortete der Arzt heute nur mit dem Hinweis, es sei eine allgemeine Wohlstandserscheinung. D.h. er ließ die Frage, die auf mögliche gesundheitliche Auswirkungen sich bezog, unbeantwortet. Seine Antwort unterstellte, daß Normabweichungen Schuldgefühle hervorrufen, daß diese hier aber unerheblich seien, da es sich um eine allgemeine Erscheinung handle (die Leberverfettung ist nur medizinisch eine Normabweichung, nicht aber gesellschaftlich). – Welche Vorstellung haben diese Ärzte eigentlich von ihren Patienten, und welche Erfahrungen machen sie mit ihnen: kann es sein, daß es den Patienten heute vorrangig um den Abbau von Schuldgefühlen geht und nicht um das Menschenrecht, über ihre gesundheitlichen Probleme informiert, sachgemäß therapiert und am Therapieprozeß selber beteiligt zu werden? Und konvergiert das nicht mit der Absicherung des Interesses von Ärzten, den Patienten aus der Therapie herauszuhalten, ihn auf die reine Objektrolle zu fixieren, vom Therapiebedürfnis abzulenken, um dann umso ungestörter dem Eigeninteresse an einer möglichst umfassenden Nutzung aller abrechnungsrelevanten Untersuchungen, die sich aus der Symptomlage ableiten lassen, nachgehen zu können?
    Die Unterscheidung von Ding und Sache (Grund der modernen europäischen Sprachen und Institutionen) ist durchs kirchliche Christentum (durch Dogma und Bekenntnislogik) vermittelt. Im Lateinischen waren beide noch ungeschieden in der res enthalten (wie im Griechischen im pragma). Liegt nicht das kantische Ding an sich in der Linie der Konsequenz der mittelalterlichen katholischen Eucharistie-Verehrung (und diese in der opfertheologischen Umformung der res publica)? Läßt nicht das Spezifische der Hegelschen Logik an der zentralen Stellung des Dingbegriffs in ihr (und seiner Beziehung zur Logik des Dogmas) sich entfalten? Zum Verhältnis von Ding und Eigenschaft (zum hypostasierenden, verdinglichenden Denken) gibt es weder in der griechischen Philosophie noch in der lateinischen Theologie eine Entsprechung. Die logische Ableitung dieses Verhältnisses, deren Voraussetzung die kantische Erkenntniskritik als Transzendentalphilosophie geschaffen hat, war erst im Kontext der Hegelschen Logik möglich, die durch den Dingbegriff den Rahmen einer bloßen Urteilstheorie gesprengt, zugleich aber den mit der Opfertheologie in der Theologie selber initiierten Säkularisationsprozeß zu Ende geführt hat.
    Hat das „dritte Bewußtsein“ (Ph.d.G., S. 399) etwas mit der dritten Leugnung (dem Eindringen der Umstehenden, der Welt, auf Petrus) zu tun? Ist das Ziel der Aufklärung das Wissen fürs dritte Bewußtsein (Beweislogik und Zeugenschaft): ein Wissen, dessen Subjekt die Welt ist (Begriff der Wissenschaft)?

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