Es gibt keinen euklidischen Raum, es gibt nur euklidische Flächen (im orthogonalen Raum). Und die sogenannten nichteuklidischen Räume sind eigentlich Systeme nichteuklidischer Flächen im orthogonalen Bezugsraum.
Was passiert eigentlich sprachlich, wenn der Psalmensatz „… heute habe ich dich gezeugt“ mit Hilfe der Beweislogik auf das trinitarische Dogma von der Zeugung des Sohnes durch den Vater bezogen wird?
Der Rensch’sche Determinismus, sein Begriff der Willensfreiheit und der Freiheit überhaupt, hängt damit zusammen, daß er sein Naturgesetz-Konzept als Exkulpationsmittel mißbraucht. Er ist so unfähig, Freiheit in Beziehung zur Schuld zu begreifen, sondern nur in Beziehung zum Kausalgesetz; und da ist die Freiheit in der Tat das Wunder in der Erscheinungswelt, das er leugnen muß. So wird die Ethik für ihn gegenstandslos. (Vgl. u.a. S. 203)
Die Begriffe Wissenschaft, Natur und Welt bilden ein System, in dem keiner der Begriffe ohne den anderen besteht. Es ist das Verdienst der transzendentalen Logik Kants, das erstmals ins Bewußtsein gehoben zu haben. So wird nicht zufällig die nachfolgende Geschichte des deutschen Idealismus, die Abfolge der Systeme in ihr, durch das Verhältnis dieser drei Begriffe geprägt: Der Fichteschen Wissenschaftslehre folgt die Schellingsche Naturphilosophie und dann die Hegelsche Weltphilosophie. Der Zusammenhang wird deutlich, wenn man diese drei Begriffe auf die Theologie bezieht:
– Die Wissenschaftslehre leugnet die Offenbarung,
– die Naturphilosophie die Auferstehung der Toten und
– Hegels Welt-Philosophie leugnet die Schöpfung.
Grund ist das Verfahren der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit, die transzendentale Logik oder das Prinzip des Ursprungs und der Auflösung der Begriffe.
Objektivation und Instrumentalisierung: das scheint der Kern des Hegelschen Begriffs der List zu sein, aber mit der Instrumentalisierung verdampft die Idee der Wahrheit, verflüchtigt sich die benennende Kraft der Sprache. Die kritische Theorie verdankt sich der Reflektion des Instrumentalisierungsmoments im Hegelschen Begriff der Dialektik. Und genau diese Reflektion hat Habermas in seiner Kommunkationstheorie unterbunden: Konsens ist in der instrumentalisierten Welt nur möglich durch Unterwerfung unter „gemeinsame“, d.h. fürs Subjekt vorgegebene Ziele; diese „Gemeinsamkeit“ aber wird durch den Bruch in der Welt selber verwehrt. Auf diesem Wege ist das Herrendenken in die Habermassche Philosophie wieder eingewandert. Habermas hat begriffen, daß die Idee der Versöhnung, die der kritischen Theorie zugrunde liegt, auch die Änderung der Natur und die Aufhebung der Vergangenheit (die „Auferstehung der Toten“) mit einschließt; er hat nur die falschen Konsequenzen daraus gezogen.
Zur Bedeutung des Reliquienkults: Die Erinnerung des Martyriums ist der Realgrund des Bekenntnisses. Und das reale Schuld- (und Glaubens-) Bekenntnis ist das Bekenntnis, zu den Tätern und nicht zu den Opfern zu gehören (sich auf die Seite der Welt geschlagen zu haben). Daran erinnerten die Märtyrer. Die Verdinglichung dieser Erinnerung im Reliquienkult war zugleich der Ursprung des überwältigenden Exkulpierungs- und Verdrängungsapparats, zu dem die Kirche dann geworden ist. Der Schlüssel hierzu ist der Naturbegriff.
Mit der Opfertheologie wurde dem Opfer etwas aufgebürdet, was es nicht leisten konnte: wurde es nochmals verraten.
Es ist der wissenschaftliche Objektbegriff, der uns alle, ohne daß wir es auch noch wahrnehmen, auf die Seite der Täter transportiert und ans am Ende auf entsetzliche Weise stumm macht.
Die Marxsche Idee einer resurrectio naturae ist eine ähnliche contradictio in adjecto wie die einer Erschaffung der Welt.
Hegels Idee, daß die Substanz als Subjekt sich erweist, ist über den Weltbegriff vermittelt und nur um den Preis zu realisieren, daß durch den Begriff die verandernde Kraft des Seins dann auch die Substanz affiziert, ihr (wie allgemein dann der subjektlosen Natur) den Schein des Subjekthaften verleiht. So ist die spätere Welt-Philosophie Hegels schon in der Phänomenologie des Geistes angelegt.
Was mich am Angehörigen-Info stört, ist diese Larmoyanz, die gezielt genutzte Instrumentalisierung der eigenen Opferrolle. Darüber darf man freilich nicht vergessen, daß die Gefangenen in der Tat heute auch Opfer sind, und von denen, die ihre Strafhaft als Geiselhaft mißbrauchen, bewußt und gezielt dazu gemacht werden. Auch hier gibt es eine Instrumentalisierung des Opfers: eine der terroristischen Abschreckung dienende Instrumentalisierung (in der an die faschistische Vergangenheit erinnernder Wiederholungszwang weiterwirkt).
Bedeutung des Ursprungs des Futur II in der Sprache, Beziehung zum Inertialsystem (zukünftige Vergangenheit), zum Ursprung des Materiebegriffs (Zusammenhang mit dem Ursprung des Staates). Materie und der biblische Begriff des Staubs (Sündenfall, Name der Hebräer). Futur II: Begriffsbildung, Hypostasierung des Prädikats, Ursprung der Raumvorstellung und des Objektbegriffs (das sich in sich selbst reflektierende Prädikat). Wer ist die Schlange, die auf dem Bauche kriecht und Staub frißt? Und wie hängt Adam, der Staub ist und wieder zu Staub wird, mit der Tertullianischen Systematisierung der lateinischen Theologie zusammen, dem Ursprung des Personbegriffs und der Vorstellung, daß die Frau, wenn sie in den Himmel kommt, zum Manne wird?
Ist die christliche, an die Person gebundene Unsterblichkeitslehre im Gegensatz zur Lehre von der Auferstehung der Toten nicht doch die ausweglose Hypostasierung des Staubs (des Selbsterhaltungsprinzips, des Objektbegriffs, des Materiebegriffs)?
Rensch
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12.08.92
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