Schäublin

  • 04.03.93

    Die abscheulichen Feigen, die vor Schlechtigkeit nicht gegessen werden können (Jer 2917).
    Waren nicht die Mythen lokale Mythen auch deshalb, weil mit dem Realitätsprinzip, das sie rechtfertigen sollen, der Partikularismus, am Ende der Nationalismus, bereits mitgesetzt war? Das transzendentale Subjekt der kantischen Philosophie ist ein endliches Subjekt, seine Hypostasierung der Staat. War nicht die augustinische civitas dei eine konstitutive Bedingung seines theologischen Realitätsverständnisses (des „ad literam“, Grund des Fundamentalismus)? Abgesichert wurde dieses Realitätsverständnis (die philosophische Tradition, die darin sich behauptete) durchs Dogma: Trinitätslehre und Opfertheologie.
    Zur Beziehung der Allegorese zum Naturbegriff sh. Burkert: Antike Mysterien, S. 67. (Sh. auch Ch. Schäublin: Untersuchungen zur Methode und Herkunft antiochenischen Exegese, Köln 1974.) Erhellen sich Allegorie, Mythos und Natur gegenseitig, entspringt nicht der Naturbegriff in der allegorischen Mythenauslegung (S. 68)?
    Die „Höhle“ stellt den Kosmos dar, überwölbt vom Tierkreis des Himmels; die sieben Planeten finden sich, die die sieben Grade der Einweihung beherrschen; das zentrale Stieropfer erscheint in kosmischem Rahmen, zwischen der untergehenden Mondgöttin und dem aufgehenden Sonnengott (S. 70, zum Mithraskult).
    Der Hegelsche Naturbegriff wird von Hegel selber an zwei Stellen kenntlich gemacht:
    – wenn er bemerkt, die Natur könne den Begriff nicht halten, und
    – wenn er die Außenbeziehungen der Staaten, insbesondere den Krieg, als Naturzustand bestimmt.
    Der Begriff als Kristallisationskern des Weltbegriffs ist eine bloß formale Bestimmung auch in dem Sinne, daß er die Ursprungsdifferenzen verwischt. Die Identität des Begriffs verdankt sich dem Gewaltmonopol des Staates, und sie gilt nicht über die Grenzen der staatlichen Ordnung hinaus. Deshalb ist der Nationalismus nur dann vermeidbar, wenn es gelingt, die Naturwissenschaften durch Reflexion aufzulösen.
    Hat nicht Tertullian, durch Übertragung der griechischen Sprache der Theologie ins Lateinische, als erster den kosmologischen Weltbegriff mit dem juristischen in eins gesetzt? Die Welt ist seitdem die von Gesetzen beherrschte, nach dem Eigentumsprinzip organisierte Welt.
    Gegen Habermas: Ohne die Idee, daß bei Errichtung der richtigen Gesellschaft auch die Natur sich ändert, ist die Idee einer richtigen Gesellschaft nicht zu halten. Auch die gesellschaftskritische Anwendung der kantischen Vernunftkritik wird nicht mehr zu halten sein, wenn man den Versuch aufgibt, ihre wissenschaftskritische Anwendung mit aufzunehmen.
    Kann man sich im Garten Getsemane eine Kuschelecke einrichten (Bendorfer Euphorie), gilt dafür nicht das Bild der schlafenden Apostel? – Wachet und betet.

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