Die Zeit der Welt ist abgelaufen.
Das gesellschaftliche Äquivalent der Energie ist die Ausbeutung.
Die Opfertheologie und die Vergöttlichung Jesu sind Ausdruck des versteinerten Herzens der Welt (der Lüge, die Welt sei schon „entsühnt“). Das Trinitätsdogma ist das steinerne Herz der Welt (der Ursprung der subjektiven Form der äußeren Anschauung).
War nicht der Versuch der „negativen Trinitätslehre“, die
– den Antisemitismus als Leugnung des Vaters,
– die Ketzerverfolgung als Leugnung des Sohnes und
– die Frauenfeindschaft als Leugnung des Heiligen Geistes begreift,
eine Konsequenz aus der These, daß die Attribute Gottes Attribute des Handelns und nicht des Seins sind?
Wie kann man an die Unsterblichkeit der Seele und an die Auferstehung der Toten glauben, wenn man gleichzeit glaubt, man könne die ganze Vergangenheit hinter sich lassen („Versöhnung über den Gräbern“)?
Das Christentum ist heute zu einer Frage der Logik geworden, genauer: der kritischen Selbstanwendung der Logik, der Anwendung der Logik auf ihre eigene Geschichte und Funktion.
Zu Alfred Sohn-Rethel: Gehören nicht die Geschichten von den Jünglingen im Feuerofen und vom Daniel in der Löwengrube zu den ermutigenden Geschichten in der Bibel? Und gehört nicht die Geschichte von den drei Jünglingen im Feuerofen in die Tradition der Geschichte vom brennenden Dornbusch?
Das Medium des symbolischen Denkens ist die von der Ökonomie und von den Naturwissenschaften verdrängte sinnliche Erfahrung.
Zum apokalyptischen Unzuchtsbecher: In dem vergegenständlichten Licht der Naturwissenschaften kommen die Beziehungen des Lichts zur Finsternis und des Sehens zum Gesehenwerden, kommt die Scham nicht mehr vor, weil die Verdrängung der Scham zu den Voraussetzungen dieser Vergegenständlichung gehört. Der objektive Ausdruck dieser Verdrängung der Scham ist der Begriff der Materie.
Der Export der Armut in die Dritte Welt war ein Zwangsmittel zur Ausbeutung ihrer Ressourcen. In diesen Kontext gehört die Neudefinition der Funktion und Aufgaben des Militärs in den hochmilitarisierten Industrieländern, in deren Folge die Sicherung des Zugangs zu diesen Ressourcen immer deutlicher ins Zentrum gerückt worden ist (bei gleichzeitiger politischer Instrumentalisierung der Menschenrechts-Diskussion).
Sohn-Rethel
-
5.12.1994
-
11.04.92
Das Bild ist Modell und Ursprung des Objekts; Ursprung und Modell des Bildes ist das Opfer, das Bild das Gedächtnis oder Ersatz des Opfers. Das Bild ist aber ebensosehr der Quellpunkt der Schrift, des prädikativen Denkens, des Logos und der Welt. Und der Gott und das Opfer sind Modell der Beziehung von Welt und Natur.
Das Opfer und das Ding hängen über die Exkulpationsautomatik zusammen (gegenüber einem Ding kann ich nicht schuldig werden: Verdinglichung als Schutz vor dem schlechten Gewissen, Schutz vor der Gottesfurcht).
Der Untergang der Welt und die Erneuerung des Antlitzes der Erde: das ist ein Vorgang.
Hat nicht die Fortpflanzung des Lichts (Modell der Selbstausbreitung des homogenen, isotropen Raumes) tatsächlich etwas mit der Fortpflanzung, der Zeugung (und diese Zeugung etwas mit dem Zeugnis, den Bedingungen der Anerkennung der Zeugenschaft (Geschlecht und Anzahl der Zeugen): der Raum ist der Zeuge der Naturwissenschaft, aber das perfekte falsche Zeugnis wider den Nächsten), zu tun? Und ist der Frühling so etwas wie ein Orgasmus der Natur? Was bedeuten dann die Insekten und die Vögel? Sind die Vögel nicht akustische Blüten (und die Insekten Bastarde aus Raum und Licht (vgl. Belzebul, den Herrn der Fliegen)?
Das organische Leben unterliegt der Dialektik von Innen und Außen und der Prävalenz des Außen. Durch die Geldwirtschaft wurde diese Dialektik auf die Evolution des Kapitalismus übertragen. Der Darwinismus verdankt sich der projektiven Übertragung dieser gesellschaftlichen Evolution auf die Natur. Frage: Welche Stellung haben die Blumen, die Insekten, die Bäume, die Vögel, die Säugetiere und die großen Seeungeheuer (Behemot und Leviatan) in der Evolutionsgeschichte des Kapitalismus?
Bei den Tieren drückt sich das Verhältnis von Im Angesicht und Hinter dem Rücken im Angriffs- und Fluchtverhalten aus, in der organischen Selbstinstrumentalisierung der Arten und Gattungen (in den Hörnern, dem Gebiß, den Klauen und Pfoten, den galoppierenden Hufen). Und wie sieht es aus mit dem Charakter von Behemot und Leviatan? Und mit der Schlange: als reine Selbstinstrumentalisierung der „Klugheit“? Hier ist – wie bei den Tieren überhaupt – die Instrumentalisierung durch Gattung und Art vorgegeben (von der organischen Ausstattung bis hin zum Verhalten: wie hängen beide zusammen?). Das einzelne Tier ist für seinen Charakter (seine organische und Verhaltens-Ausstattung) nicht verantwortlich, reiner Ausdruck des Schuldzusammenhangs der Welt. Der Mensch hingegen ist für seinen Charakter und für sein Gesicht verantwortlich. Er muß die Selbstinstrumentalisierung selbst arrangieren, wobei ihm die Gesellschaft (in der Gesamtheit ihrer Institutionen) die Mittel an die Hand gibt, die diese Selbstinstrumentalisierung zumindest erleichtern, in der Regel bewußtlos durchsetzen.
Die Musik mißt die Distanz zwischen der nominalistisch depotenzierten Sprache und dem Schuldgrund, auf den sie zurückzubeziehen ist. Die Kunst federt die Brutalität des Aufklärungsprozesses ab und ermißt sie zugleich, sie verleiht dem Leiden die Sprache vor der Sprache. Die Konstellation von Technik, Material und Ausdruck in Musik und Malerei ist das Medium dieser seismographischen Wahrnehmung.
Das Osterlachen scheint mir (in Publik-Forum) völlig falsch interpretiert zu sein. Das exhibitionistische Element als Anlaß des Lachens verweist auf die Soziologie des Witzes, nur daß hier – wie beim Clown – Erzähler und Objekt des Witzes eins sind. Das Osterlachen ist tieftraurig und blasphemisch zugleich, die umgekippte Osterfreude.
Die gesamte Geschichte der europäischen Aufklärung steht unter dem Zeichen des Gerichts.
Wittfogel, Franz Borkenau und Alfred Sohn-Rethel: An den Rändern der Frankfurter Schule scheinen die Versuche mißlungen zu sein, an das offene Problem der Frankfurter Schule sich heranzutasten. Die realen Ursachen dieser Probleme werden vielleicht am ehesten sichtbar an dem konspirativen Element im Ursprung der Theorie Sohn-Rethels. Lösbar ist das Problem erst geworden durch Einstein.
„Das Christentum als Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums“
Die Gebote des Dekalogs sind strikte Gebote, keine durch Sanktionen abzusichernde Gesetze. Das unterscheidet sie von Rechtsgründungen der Hamurabi, Solon u.a.
Aufschlußreich (für das Verhältnis von Wirtschaftsmacht und Recht) ein Fall, der heute in der Rundschau geschildert wird: Ein Großunternehmen verklagt einen öffentlichen Kritiker (Leserbriefschreiber) und setzt die Schadensersatzforderung und den Streitwert so hoch, daß die Rechtsschutzversicherungen andere Beteiligte (u.a. das Publikationsorgan, das den Leserbrief veröffentlicht hatte) zwingen, die Klage zurückzuziehen. (Der Kritiker selbst hält durch und gewinnt den Rechtsstreit.) Wie lange gibt es angesichts der jedem Vergleich spottenden Unterschiede der ökonomischen Potenz für einen privaten Beteiligten überhaupt noch eine Möglichkeit, gegen einen potenten Kläger sein Recht zu bekommen? Es ist offensichtlich ein Leichtes, einen etwa bestehenden Rechtsschutz auf legale Weise auszuhebeln. Ist es nicht längst so, daß „Rechtspersonen“ Vorrechte vor realen Personen haben (und die Gleichheit vor dem Gesetz längst zur Makulatur geworden ist: Rückkehr des Naturzustandes, Undomestizierbarkeit der in Privathand angewachsenen ökonomischen Gewalt)? -
12.03.92
Heinsohn, S. 120f: Geld = zu verzinsende Schuld (Differenz ums Ganze bei Schuldner und Gläubiger). Freie Verkaufbarkeit von Boden und Arbeitskraft gehören zusammen; Grundlage der Ausbreitung der Geldwirtschaft, Konstituierung des Weltbegriffs. Nach Heinsohn ist das Geld die Ursache, nicht die Wirkung der Arbeitsteilung (paßt das nicht zur Theorie Sohn-Rethels wie die Vorderseite eines Blattes zu seiner Rückseite?).
Bestimmen nicht die alten Funktionen und Leistungen der Priester in den Tempeln/Depositenbanken immer noch das Priesterwesen, nur daß an die Stelle der realen Bankfunktionen deren symbolische Vergeistigung, Verinnerlichung getreten ist (bis hinein in die Opfertheologie. in die Logik, die Funktion und den Stellenwert des Bekenntnisbegriffs: das Symbolum war einmal der Kaufvertrag; und in den alten Tempeln wurden die Kaufverträge beglaubigt und deponiert; und schließlich: war nicht das Geld ein Instrument der Rationalisierung von Kaufverträgen)? – Notwendigkeit einer Geschichte der Banken für das Verständnis der Theologie.
Behemoth: Hängt der Name mit pecunia, mit Vieh als Wertmaß, zusammen?
Das „Joch des Ochsen und die Last des Esels“ (Scholem, S. 91 und einige Seiten später nochmal): Trägt der Ochs das Joch der Herrschaft, der Esel die Last der Schuld?
Leute, die „nicht zwischen ihrer rechten und linken Hand unterscheiden können und im Finstern gehen“ (S. 96). Dazu (zu Rechts und Links und den beiden Gestalten des Endes der Tage) siehe auch S. 107.
Anwendung des Satzes „Laßt die Toten ihre Toten begraben“ (Mt 9/10, einschließlich Kontext) auf die Erkenntniskritik.
Hängt der Begriff des Himmelreichs, der nur bei Matthäus vorkommt, mit einer leichten astrologischen Tendenz bei ihm zusammen (vgl. die Magier, die „seinen Stern“ gesehen haben)?
Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie