Sprache

  • 24.4.1997

    „Der Junge blieb vor dem Fenster stehen und starrte hinaus: ‚Der Mondschein‘, sagte er, ‚macht die ganze Natur so – knochenlos; die Sonne erweckt in dem Menschen Tatendrang, der Mond Gefühle.‘ – ‚Ja, das ist wahr‘, sagte Wenzlow lächelnd. ‚Darum ist die Sonne im Französischen männlich, le soleil. Der Mond, la lune, ist weiblich.’“ (Anna Seghers: Die Toten bleiben jung. Darmstadt und Neuwied, 1977, S. 386) Welche Konsequenzen hat diese Bemerkung für das Verständnis der deutschen Sprache, ihres sprachlogischen und herrschaftsgeschichtlichen Grundes?

    „Sie wachte zuweilen nachts auf und dachte: Ich möchte mein Kind aufpacken und weit weggehen. Wohin? Es gab kein Wohin mehr.“ (Ebd. S. 402) – Genauer läßt sich die Welt, die im Faschismus sich ausdrückte und die er hinterlassen hat, nicht beschreiben, als durch diese Zerstörung des Wohin. Es gibt keine Ziele mehr, auch keine Fluchtorte vor dem allgegenwärtigen Schrecken.

    Dritte Leugnung: Die Unterstützung des Nationalsozialismus im Rußlandfeldzug, im „Kreuzzug gegen den Bolschewismus und das Judentum“, in dem „Weltanschauungskrieg“, der ein Vernichtungskrieg war, hat die Kirchen in den Abgrund mit hereingezogen, den die Nazis eröffnet haben, und der sich seitdem nicht mehr schließen läßt.

    Ist F.W. Marquardt nicht ein Beispiel dafür, daß die Theologie heute eine Opfer ihrer Sprache ist? Der Abgrund, in den die Theologie hereingezogen wurde, ist der Abgrund der Indikativs. Der Indikativ ist die Sprache der Exkulpation durch Objektivierung, durch Distanzierung von der Sache, die Sprache der reflexionslosen Verurteilung. Die Konstituierung und Rechtfertigung der Gegenständlichkeit hat den Imperativ aus der Sprache vertrieben, der dem Kommando im Wege stand, er hat den Namen Gottes geschändet, die Attribute Gottes unerkennbar gemacht.

    Der sprachlogische Grund des Indikativs ist das Neutrum und die Subsumtion Flexion der Verben, der Formen der Konjugation, unter die Zeit. Deshalb hat nur die Sprache der Schrift, das Hebräische, theologische Qualität, die anderen Sprache nur insoweit, wie es gelingt, die Schrift in diese Sprachen zu übersetzen. Ist das „Neue Testament“ nicht das Paradigma des Problems der Übersetzung der Schrift, und das Christentum die Folge eines – unter dem Zwang, nicht mißverstanden zu werden – unvermeidlichen und notwendigen Mißverständnisses?

    Der Antisemitismus hat den Trieb, nicht mißverstanden zu werden, vollendet und damit endgültig ins Leere laufen lassen. Er gründet in einer Sprache, die Mißverständnisse nicht nur nicht ausschließt, sondern keine Alternative mehr dazu kennt. Das innere Gesetz dieser Sprache ist der Indikativ. Hegel hat den Kern dieses Gesetzes im Begriff der List der Vernunft zu begreifen versucht. Der Antisemitismus ist das natürliche Ende dieser List der Vernunft (der Instrumentalisierung des Mißverständnisses).

    Die Instrumentalisierung des Mißverständnisses begründet die Logik der Gemeinheit (den logischen Kern des Antisemitismus). Kant hat das Gesetz dieser Logik in der transzendentalen Ästhetik vor Augen gestellt: in den „subjektiven Formen der Anschauung“. Aus dieser Wurzel stammen Hegels List der Vernunft, sein Begriff des Scheins und die Idee des Absoluten. Dem korrespondieren die drei den Indikativ sprengenden Kategorien, die Franz Rosenzweig im Stern der Erlösung benannt hat: die Umkehr (das Bild vom Koffer), den Namen (Name ist nicht Schall und Rauch) und das Angesicht. – Das Angesicht, das in der christlichen Idee der Anschauung Gottes, aus der jede Erinnerung an den göttlichen Namen getilgt ist, zum Ende der spekulativen Idee gemacht worden ist, ist bei Franz Rosenzweig der Anfang des Lebens (die Befreiung aus der Isolationshaft des Anschauens).

    Der Indikativ ist die Sprachlogik des objektivierenden Blicks, des Seitenblicks. So hängt er mit den subjektiven Formen der Anschauung (dem Instrument der Vergegenständlichung) zusammen.

    Der christliche Kanon der Schrift (des „Alten Testaments“), der die prophetischen Bücher zu historischen Büchern gemacht hat, ist ein Modell der kopernikanischen Wende, sein Vorläufer in der Theologie, der erste Ausdruck des Seitenblicks, sein Preis war der christliche Antijudaismus. In diesem Modell der kopernikanischen Wende waren die Elemente der Logik schon vorgebildet, die dann den Sternenhimmel, die ganze Natur und mit ihnen den Staat, den Begriff der Politik, verhext haben: Das heliozentrische System war der logische Grund des aus ihm erwachsenen Nationalismus, in dessen Dienst schon die Umwidmung der prophetischen in historische Bücher stand.

    Die Geschichte des Christentums hat ihren theologischen Ort zwischen Tod und Auferstehung: in der descensio ad inferos.

    Läßt sich nicht das Verhältnis von Leviticus und Deuterinomium am Verhältnis von Lev 26 und Dt 28 demonstrieren (und das Verhältnis des Exodus zum Deuteronomium an den beiden Fassungen des Dekalogs)?

    Der islamische theologische Topos, daß Gott die Welt in jedem Augenblick neu erschafft, ist die zwangsläufige Konsequenz einer Gottesidee, die – wie der Begriff des Absoluten – vom Staat nicht zu trennen ist. Die volle Schöpfungsmacht, die hier in jedem Augenblick auf das Geschöpf prallt, ist der theologische Grund des Islam, der Ergebung in Gottes Allmacht, der nichts widerstehen kann. Die Erfahrungsgrundlage dieser Schöpfungsmacht ist die Staatsgewalt.

    Sind nicht die Rechtsstaatsideologie und der Habermas’sche Verfassungspatriotismus ein Versuch, des faschistischen Erbes, das durch Reflexion aufzulösen wäre, durch einen zweiten Objektivationsschritt Herr zu werden: „Dressur des inneren Schweinehundes“. Die Reflexion, die heute notwendig ist, ist ohne die Hilfe der Theologie nicht mehr zu leisten.

    Zu Walter Benjamins Engel der Geschichte: Die Trümmer, die vor ihm sich aufhäufen, ist das nicht der Schutt, unter dem wir begraben sind, und zugleich der Leichenberg, auf dem wir stehen? Hängt das nicht mit der Konstruktion des Zeitkontinuums zusammen, durch den wir uns sowohl an den Anfang wie auch ans Ende der Zeitreihe, die beide im Unendlichen liegen, setzen? Die Aufspaltung der Zeit, die dem Indikativ zugrunde leigt, wird erzeugt und stabilisiert durch die Begriffe Natur und Welt. Die Natur ist der Leichenberg, die Welt der Trümmerhaufen. Dagegen richtet sich der Satz: Die Barmherzigkeit triumphiert über das Gericht.

    Der Atheismus hat in der Linken seit je die Regression gefördert.

    Das Problem Miskottes ist, daß er aus dem Zwang zur Erbaulichkeit, in den ihn die Gemeindetheologie hineinführt, nicht herauskommt.

    Die Kirchengeschichte der Theologie: Dogma, Orthodoxie und Bekenntnislogik, gründet in der Verwechslung von Erkenntnis und Wissen. Das Wissen ist ein Produkt der Vergesellschaftung von Erkenntnis (die Habermas durch seinen Begriff der „privilegierten Erkenntnis“ zu diskriminieren gezwungen ist). Das Wissen subsumiert die Erkenntnis unter das Objektivierungsgesetz, das insbesondere die Gotteserkenntnis strikt ausschließt. „Von Gott wissen wir nichts, aber dieses Nichtwissen ist Nichtwissen von Gott.“ Das Unkraut, das vor der Ernte nicht ausgerissen werden darf, ist die ins Wissen transformierte Erkenntnis. Die Häretiker sahen das Unkraut, sie wollten es vor der Ernte ausreißen. Mit der Verurteilung der Häresien hat die Kirche nur den Blick auf das Unkraut verboten, seine Wahrnehmung untersagt: hat sie nicht anstelle des Weizens das Unkraut in ihrem Garten gehegt und gepflegt?

    Die kopernikanische Wende (der die Kirche mit der Entwicklung des Dogmas und der Ausbildung der Orthodoxie vorgearbeitet hat) hat die Sensibilität in Empfindlichkeit verwandelt. Ausdruck dessen war die Unterscheidung der primären und sekundären Sinnesqualitäten, die Subjektivierung der „Empfindungen“.

    Steckt das Problem des Lichts nicht in der Geschichte der Auseinandersetzung Goethes mit der newton’schen Optik, in der Beantwortung der Frage, ob aus den Farben, aus den Brechungen des Lichts, das Licht sich rekonstruieren läßt? Goethes Bemerkung, daß die Mischung aller Farben grau, nicht weiß ergibt, ist ein Hinweis darauf, daß die Brechung des Lichts wie der Tod irreversibel ist. Physikalischer Ausdruck dieser Irreversibilität ist das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit: So hängt der Bogen in den Wolken mit dem Inertialsystem zusammen.

    Was hat der Menschensohn auf den Wolken des Himmels mit dem Bogen in den Wolken zu tun?

    Der Bogen in den Wolken verkörpert die Naturbeherrschung in allen ihren Gestalten: Er ist das gegenständliche Korrelat des Schreckens der Tiere.

  • 22.4.1997

    Die Ursprungsgeschichte der Philosophie ist die Ursprungsgeschichte einer theoretischen Beziehung zur Objektivität, die in Alexander praktisch geworden ist (die Ursprungsgeschichte der stoischen Ataraxia – die Keimzelle des „eliminatorischen Antisemitismus“ – ist im Kollosseum in Rom als Kulturdenkmal der Erinnerung präsent und sinnlich erfahrbar).

    Die Geschichte der Häresien ist ein Indikator der inneren Geschichte des Christentums. Die Häresien waren ein projektiv entstellter Ausdruck der historisch-moralischen Probleme des Christentums. Mit der Verurteilung der Häresien sind diese Probleme nicht gelöst, sondern verdrängt – und eben damit perpetuiert – worden. Die Kirche hat ihre eigene Tradition zunächst in Isolationshaft, dann in Geiselhaft genommen: Das Dogma sind die Steine, die Bekenntnislogik der Mörtel und die Orthodoxie die Mauern des Gefängnisses, in die die Tradition eingesperrt worden ist. Der Schlüssel zu diesem Gefängnis ist die logische Figur von Schrecken und Verurteilung.

    Die drei Leugnungen Petri, Maria Magdalena und die sieben unreinen Geister, der Kelch (Taumelkelch und Unzuchtsbecher, die Zebedäussöhne und Getsemane), der Weltbegriff und das Tier, Ankläger und Verteidiger (Satan und Paraklet).

    Zum Kelch: Hegel ist nur bis zum Taumelbecher gekommen, seine Philosophie ist die Grenze und der Übergang zum Unzuchtsbecher.

    Daß Jesus zur Rechten Gottes sitzt, heißt das nicht, daß Gott seitdem keine Rückseite mehr hat?

    Gegen den Gebrauch des antisemitischen Begriffs Judenfrage (Marquardt) ist der Einwand durchschlagend, daß der Antisemitismus nichts mehr mit den Juden, sondern nur noch etwas mit den Antisemiten zu tun hat. Der Holocaust, die „Endlösung der Judenfrage“, war die Eröffnung in eine Sphäre, die sich seitdem nicht mehr schließen läßt. Nicht als ob es Vergleichbares nicht auch schon vorher gegeben hätte, nur hier ist der Durchbruch in die logisch-politische Sphäre der Öffentlichkeit gelungen, der irreversibel ist. Seitdem sind Menschenrechtsverletzungen, sind politische Unterdrückung und Verfolgung, Repression und Folter Objekte der „Weltöffentlichkeit“. Vor diesem Hintergrund sind die Habermas’sche Wendung zur Theorie des kommunikativen Handelns, ist das Motto „Dressur des inneren Schweinehunds“ so tief problematisch.

    Die Welt ist die Gebärmutter des apokalyptischen Tiers. Wer ist die „Frau am Himmel“?

    Was du auf Erden lösen wirst, wird auch im Himmel gelöst sein: Wenn das Inertialsystem etwas mit der Feste des Himmels (mit der Scheidung der unteren von den oberen Wassern) zu tun hat, ist dann das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit und der Hinweis auf die Identität von träger und schwerer Masse der Beginn der Lösung? Ist der zweite Schöpfungstag die Prophetie der Apokalypse?

    Wie hängen der Ursprung der Schrift und die Astronomie, die Sternenkunde, zusammen? Wie wird der Himmel von den Naturvölkern, den schriftlosen Völkern, erfahren? Im Islam ist Gott ein schreibender, kein sprechender Gott: ein Gott ohne Angesicht (ist das nicht die Widerlegung des Islam?).

    Läßt sich die Konstruktion der aristotelischen Philosophie nicht daraus ableiten, daß sie (wie dann wieder Hegel) das tode ti, das hic et nunc, unter dem Apriori der Logik der Schrift erfährt? Wird dadurch nicht zwangsläufig die noesis noeseos zum Ersten Beweger (und Alexander seine historische Verkörperung)? Und ist nicht die noesis noeseos zum Inbegriff der Logik der Schrift?

    Die Aufklärung verdankt sich der Rückprojektion der Logik der Schrift in die Dinge (die so zu Dingen werden).

    In der adäquatio intellectus ad rem ist die res der Reflex der Dinge in der Schrift, in der Übereinstimmung von Begriff und Gegenstand ist der Gegenstand, das Objekt, der Statthalter des Subjekts in den Dingen.

    Es gibt heute einen vulgärmaterialistischen Begriff des Idealismus, der schon das Begreifenwollen als idealistischen Trieb denunziert.

    Man erkennt einen Menschen daran, was er erkennt, wie er die Dinge sieht. Was bedeutet dann der Satz, daß nur Gott ins Herz der Menschen sieht, genauer: was bedeutet dieser Satz für die Gotteserkenntnis?

    Das Bilderverbot und das Verbot, den Namen Gottes auszusprechen, sind drastische Hinweise darauf, daß Gott keine Rückseite hat (daß die Idee des Ewigen die Vergangenheit von sich ausschließt). Ist der Anfang des Sterns der Erlösung nicht nicht eine deutliche Erinnerung daran, daß das – allerdings auf sehr unterschiedliche Weise – auch für Welt und Mensch gilt? Ist nicht darin das Nichtwissen von Gott Welt Mensch begründet?

    Theologie ist der Versuch, im Imperativ den Indikativ zu entdecken, während der Aufklärung (der Kosmologie) gleichsam unter den Händen der Indikativ zum Imperativ wird.

    Der am Objektbegriff gewonnene Begriff des Allgemeinen bezeichnet nicht das Allgemeine schlechthin, sondern das der Gattung. Deshalb konnte Hegel aus dem Begriff die Tatsache unterschiedlicher Arten und Gattungen der Tiere nicht ableiten. Deshalb kann Hegel zufolge „die Natur den Begriff nicht halten“. Hier ist er gezwungen einzubekennen, daß es die eine Welt nicht gibt. Die Idee der einen Welt ist im Angesicht der Geschichte nur zu halten, wenn die Weltgeschichte zum Weltgericht wird.

    Das Theologumenon, daß Gott die Welt erschaffen hat, die creatio mundi ex nihilo, ist der Grund jeglichen Fundamentalismus. Eine Theologie, die vom Begriff der Weltschöpfung ausgeht, macht Gott zum Absoluten, in dem am Ende nur der Staat sich spiegelt.

    Gibt es nicht einen Kirchen- und Gemeindebegriff, in dem die Kirche selber die Ghettomauern errichtet, in denen sie verrottet?

    Was die Nazis Humanitätsduselei und Ludwig Erhard die „Sünde wider die Marktwirtschaft“ nannten, trägt den theologischen Namen Barmherzigkeit.

    In den Worten Leib und Fleisch drückt die Differenz zwischen dem An sich und dem, was für andere ist, seiner Instrumentalisierung, sich aus (das Angesicht gehört zum Leib, wie die Person zur soma, niemals zum Fleisch). Das Blut hat nur diesen einen Namen, mit der Folge, daß wir allein das instrumentalisierte Blut darunter verstehen, während das An sich (die „Seele des Fleisches“) gegenstandslos geworden ist. Endgültig instrumentalisiert wurde das Blut – über die religiöse Vorgeschichte der Märtyrer- und Reliquienverehrung – in dem gleichen Säkularisationsprozeß, der diese religiöse Vorgeschichte beendete, in der Objektivierung des Blutkreislaufs, in dem gleichen Prozeß, in dem auch – im heliozentrischen System – die Objektivierung der Planetenbahnen sich vollendete. Das heliozentrische System ist das System der Subjektivierung und Instrumentalisierung der Zwecke. Es ist der gleiche Prozeß, in dem – in der Ursprungsgeschichte des Kapitalismus – die Zwecke zu Mitteln geworden sind, der transzendentalen Logik und dem Kausalitätsprinzip unterworfen wurden.

    Im Kontext des heliozentrischen Systems wird die biblische Blutsymbolik nicht nur unverständlich: Das heliozentrische System rückt die Blutsymbolik in eine Logik, in der sie zu den Voraussetzungen des Faschismus, des Rassismus und des Antisemitismus gehört (die gleiche Logik hat die Barmherzigkeit endgültig in Hysterie transformiert und die Barbaren durch die Wilden ersetzt).

    Das kopernikanische System hat mit der Teleologie die Idee des seligen Lebens, die Vorstellung des Endzwecks, in der Wurzel zerstört. Es hat sie durch die Rechtfertigungslehre ersetzt. Entscheidend war nicht mehr die Tat (und das göttliche Gericht über die Tat), sondern das Urteil über die Person („wie bekomme ich einen gnädigen Gott“), nicht mehr die Sünde, die ich zu meiden hatte, sondern die Schuld, der ich entgehen wollte.

    Jesus hat die Welt nicht entsühnt, er hat nicht die Schuld der Welt hinweggenommen, sondern die Sünde der Welt auf sich genommen. Hierfür ist die Kirchengeschichte der Beweis, und hierzu gehört die Geschichte von den drei Leugnungen Petri, von Maria Magdalena und den sieben unreinen Geistern, aber auch die ganze Kelchsymbolik sowie Hegels Wort, er sei „von Gott dazu verdammt, ein Philosoph zu sein“.

    Hat die fliegende Schriftrolle, „der Fluch, der über das ganze Land ausgeht“ (Sach 51) etwas mit dem Himmel, der wie eine Buchrolle sich aufrollt (Jes 344, Off 614), zu tun?

    Die Zentralbanken haben Himmel und Erde ehern und eisern gemacht (Lev 2619, Dt 2823). Zu ihrer Vorgeschichte gehören das Dogma und die Bekenntnislogik, zu ihrer Begleitgeschichte die kopernikanische Wende und die Naturwissenschaften. Die Geschichte der Banken ist die Ursprungsgeschichte des Inertialsystems.

    Das Urschisma und die Urhäresie (die Gnosis) gehören zu den Konstituentien der Bekenntnislogik, die Ausgrenzung der Frauen gehört zu ihren Folgen.

    Wenn es stimmt, daß der deutsche Name des Himmels etymologisch mit dem des Hammers zusammenhängt, hat das etwas mit Lev 2619 und Dt 2823 zu tun?

    Sind nicht das Inertialsystem, die subjektiven Formen der Anschauung und die Totalitätsbegriffe Natur und Welt Verkörperungen des „ehern“ und „eisern“ in Lev 2619 und Dt 2823? Spiegelt sich in der Differenz zwischen Lev und Dt die Differenz zwischen Kosmologie und Politik?

    Der Wertbegriff stammt aus der Ökonomie. Er gehört zu den synthetischen Urteilen apriori, die der Neutralisierung der Teleologie, der Subsumtion der Zwecke unter die Mittel (der Zukunft unter die Vergangenheit) sich verdankt. Er gehört in den Bereich der reflektierenden Urteile, die unterm Apriori der Gewalt (des Rechts und des in ihm sich verkörpernden Gewaltmonopol des Staates) zu bestimmenden Urteilen werden. Wertordnungen sind politische Ordnungen. Reflex dieses Aprioris der Gewalt sind die subjektiven Formen der Anschauung, ist die transzendentale Ästhetik.

    In der Kritik der Urteilskraft, in seiner Theorie der reflektierenden Urteile, die auf Ideen sich beziehen, die regulative, nicht konstitutive Bedeutung haben, steckt die kantische Kritik der Gewalt. Diese kantische Kritik der Gewalt ist durch den Faschismus in eine Engführung gebracht worden, aus der es nur dann einen Ausweg gibt, wenn es gelingt, den Bann zu brechen.

    Wer Gott zum Herrn der Geschichte macht, rechtfertigt nur das transzendentale Subjekt und leugnet Auschwitz.

    Wie hängt der Satz aus der Dialektik der Aufklärung über die Distanz zum Objekt (die vermittelt sei durch die Distanz die der Herr durch den Beherrschten gewinnt) mit dem Problem der Subsumtion der Zwecke unter die Mittel zusammen?

  • 21.4.1997

    Das Vorurteil ist das Urteil vor aller Erfahrung, wobei die Erfahrung durchs Feindbild außer Kraft gesetzt wird, durchs Objektivationsgesetz: den apriorischen Objektbegriff und die subjektiven Formen der Anschauung, durch die Logik der Verurteilung. Auf diesen Zusammenhang bezieht sich der Satz aus der Dialektik der Aufklärung: „Die Distanz zum Objekt ist vermittelt durch die Distanz, die der Herr durch den Beherrschten gewinnt.“ Der Beherrschte (der Knecht) ist der besiegte Feind.

    Das Urteil gründet in der Verurteilung, es konstituiert sich – zusammen mit den subjektiven Formen der Anschauung – in der durch Herrschaft definierten Welt. Deshalb schließt die transzendentale Logik teleologische Urteile als gegenstandskonstituierende Urteile aus. Die Verurteilung versperrt den Ausblick auf die Zukunft. Deshalb ist das Licht, das nur in seinen raum-zeitlichen Reflexionsformen dingfest zu machen ist, selber kein Objekt der Physik. Zu diesen Reflexionsformen gehören das Gravitationsgesetz, die Elektrodynamik und die gesamte Mikrophysik.

    Das Licht ist ein Realsymbol, eine sinnlich-übersinnliche Kategorie.

    Pflanzen und Tiere unterscheiden sich durch ihre Beziehung zum Licht: Die Pflanzen streben nach dem Licht, Tiere sind Verkörperungen des Lichts; für die Pflanzen ist das Licht Ziel, für die Tiere ist es Schicksal. Allein die Menschen reichen an die Kraft der Bildung des Lichts (aber nur in der moralischen Sphäre, in der physischen haben sie nur Anteil an die Kraft der Reproduktion des Lichts).

    Hierauf bezieht sich das Wort vom Feuer vom Himmel. (Was ist das für ein Feuer, in dem die Welt verbrennt, und was ist das für eine Welt, die in diesem Feuer verbrennt?)

    Bezieht sich das Wort: „Dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf Erden“ auf das Wort vom Binden und Lösen? Aber hat nicht der Weltbegriff genau diesen Zusammenhang gegenstandslos gemacht?

    Der katastrophische Aspekt des „Weltuntergangs“ wird von denen erfahren, die sich mit der Welt identifizieren: von den Herrschenden, den Reichen. Die Anpassung an die Welt ist ein anderer Ausdruck für die Feindschaftslogik.

    Das synthetische Urteil apriori, die mathesis, konstituiert das Wissen und begründet die Trennung von Natur und Welt.

    Der Rosenzweig’sche Begriff des Nichtwissens („von Gott – von der Welt, vom Menschen – wissen wir nichts, aber dieses Nichtwissen ist Nichtwissen von Gott – von der Welt, vom Menschen“) setzt den Begriff des Wissens voraus, setzt sich von ihm ab. Er bezeichnet die Grenze des Wissens, die nicht auch die Grenze des Seins ist.

    Enthält nicht der Prolog des Johannes-Evangeliums ein Stück negativer Kosmologie?

    Religion als Blasphemie: Alle Religionen sind naturwüchsige Gestalten der transzendentalen Logik, der Logik der Selbsterhaltung. Sie sind Gattungsreligionen, Tierreligionen, animalisch: Sie konstituieren eine gemeinsame, gattungsspezifische Welt. Lassen sich die Arten gattungsspezifischer Welten, ihre Konstituierungsprinzipien (Religion, Nation, Sprache) rekonstruieren?

    Der Schrecken läßt sich nur von innen auflösen. Von außen läßt er sich zwar bekämpfen, aber in diesem Kampf reproduziert er sich.

    Die Formel des Pfarrers, man müsse in der Bibel das Zeitbedingte vom Überzeitlichen fein säuberlich trennen, verdrängt präzise den prophetischen Zugung zur Bibel, zu ihrem Verständnis; sie verhindert die Gotteserkenntnis. „Zeitbedingt“ ist die Herrschaftskritik, „überzeitlich“ ist der Antijudaismus, der „die Juden“ unterm Apriori des Nationalismus wahrnimmt (aus dem „erwählten“ das „auserwählte“ Volk macht).

    Die reflexhafte Formel: „Du willst doch wohl nicht sagen, daß ich …“, die die Intention eines Angriffs, einer Beschuldigung unterstellt und im Dienst der Abwehr steht, gehört zur Deutschlehrer-Frage „Was will uns der Autor damit sagen“. Es geht überhaupt nicht darum, was einer sagen will, sondern allein darum, was objektiv in einem Text sich ausdrückt (und das ist allemal mehr, als der Autor sagen wollte). Beide Formeln unterstellen, daß alle nur noch „durch die Blume reden“, daß sie etwas anderes meinen, als sie sagen. Beide Formeln sind unverschämt.

    Hegel hat die herrschaftslogische Struktur der Trinitätslehre als zentralen Kern seiner Logik rein herauspräpariert. Damit hat er sie eigentlich widerlegt. Auch die Trinitätslehre wird erst wirklich begriffen, wenn sie im Licht des Satzes begriffen wird, daß die Attribute Gottes nicht im Indikativ, sondern im Imperativ stehen. Der Indikativ des Urteils gründet in der Verurteilung. Die Beziehung von Begriff und Name (Indikativ und Imperativ) ist die Beziehung der Umkehr.

    Die Erschaffung der Feste des Himmels und die Scheidung der Wasser unterhalb von den Wassern oberhalb der Feste: Ist das nicht die Scheidung zwischen Israel und den Völkern (vgl. hierzu die ägyptischen Plagen und die Verstockung des Herzens Pharaos)?

    Wer selbst sich den Kopf anderer Leute zerbricht, wird hilflos, ohnmächtig und verletzbar, wenn andere sich seinen Kopf zerbrechen. In dieser Konstellation gründet der Tatbestand der Majestätsbeleidung (Paradigma der Empfindlichkeit).

  • 20.4.1997

    Die subjektiven Formen der Anschauung, die Feindbildlogik, die Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit, Weltgericht und Jüngstes Gericht (Barmherzigkeit triumphiert über das Gericht), die Logik der Totalitätsbegriffe und das Angesicht; Natur und das Apriori der Verurteilung.

    Zur Illustration des Benjamin’schen „Engels der Geschichte“ (und zur Logik des Zeitkontinuums) wäre auf die Figur des Siegers in Elias Canettis „Masse und Macht“ zu verweisen: Er ist der letzte Überlebende, der auf einem riesigen Leichenberg steht. Mit der subjektiven Form der inneren Anschauung (durch die Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit) setzt sich das transzendentale Subjekt an das Ende der unendlichen Zeitreihe. Die Figur des Siegers ist so in die Vorstellung des Zeitkontinuums und in die Idee des Subjekts mit eingebaut: Die Objektivität (die Natur) ist der besiegte Feind.

    Das Angesicht ist die Widerlegung der Vorstellung eines objektiven, unendlichen Zeitkontinuums (die Auflösung der kantischen Antinomie). Und das Licht und die sinnlichen Qualitäten sind der Beweis dafür, daß eine restlose Objektivation der Natur nicht möglich ist.

    Das Angesicht ist die Widerlegung des Rassismus (und der Rassismus läßt sich aus der Unfähigkeit, den Anblick des Andern zu ertragen, ableiten; hier konvergiert er mit einer Tradition der christlichen Theologie, der Tradition des Dogmas, der Orthodoxie, des Bekenntnisses, die in der Logik der Verurteilung gründet, und zu der die Geschichte der Ausgrenzung und Verurteilung der Häresien gehört).

    Die Fähigkeit, in einen andern sich hineinzuversetzen, ist eins mit der Wahrnehmung der Angesichts. Das Dogma, die Ökonomie und die Naturwissenschaften sind Inbegriffe ungerechter Urteile. Zu ihrer Legitimierung bedürfen sie der (heute verrottenden) Idee des Absoluten.

    „Sie wissen nicht, was sie tun“: Wo und in welchem Zusammenhang kommt der Begriff des Wissens in den Texten des NT vor (Sonderfall Johannes, vgl. insbesondere Joh 1630)?

    Anstatt, wie es Drewermann und Metz tun, die Aufklärung als Legitimation der theologischen Tradition oder aber ihrer Verwerfung zu mißbrauchen, kommt es darauf an, die Probleme der Aufklärung in der Theologie, als ihre Probleme, wiederzuerkennen und die Ressourcen der Tradition zu nutzen als Mittel der Reflexion der Aufklärung.

    Aufgabe heute: Nicht Juden zu „bekehren“, sondern die jüdische Tradition nutzen als Mittel der Selbstbekehrung der Christen, der Umkehr.

    Die Materie ist das „Fleisch“ der Natur. Was ist das „Blut“ (der Blutkreislauf wurde gleichzeitig mit dem heliozentrischen System entdeckt)? Sind die Konjunktionen das Blut der Sprache, und welche Folgen haben die sprachhistorischen Differenzen der Konjugation für die Bedeutung und das Verständnis des Blutsymbols („Reinigung durch das Blut“)?

    In allen Texten über das „letzte Abendmahl“ (die „Einsetzung der Eucharistie“) heißt es „Dies ist mein Leib …“ (Mt 26, Mk 14, Lk 22, 1 Kor 11), nur bei Joh (651ff): … Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, …!).

    A manifestis non discedere: Das Licht ist kein Objekt der Physik.

    Wer nur verurteilt, nicht reflektiert, trägt dazu bei, daß das Verurteilte sich reproduziert. Der Satz „Die Weltgeschichte ist das Weltgericht“ ist ein Produkt der universalen Anwendung dieses Gesetzes.

  • 17.4.1997

    Wie hängt der Konjunktiv der indirekten Rede („sie sagte, sie hätten keinen Pfennig gehabt, als sie das Haus kauften“) mit dem direkten Konjunktiv zusammen („sie hätte das Haus gekauft, wenn sie das Geld gehabt hätte“)? Ist der Konjunktiv der indirekten Rede ein Konditionalis (er gibt die Aussage eines andern wieder, dessen Wahrheitsgehalt ich nicht garantieren kann)? Der Konjunktiv der indirekten Rede drückt ein Nichtwissen aus.

    Ist die logische Beziehung der indirekten Rede zum Konditionalis nicht eine Parallele zur Zweideutigkeit des Futur II, das sowohl die zukünftige Vergangenheit als auch den Zweifel an der Wahrheit der Aussage eines andern auszudrücken vermag, wenn die Verifizierung einer Aussage über Vergangennes noch offen ist, erst in der Zukunft erwartet wird („was wird schon gewesen sein“)? Darin scheint das logische Problem sich auszudrücken, das sich sich aus der Verschmelzung von Vergangenheit und Zukunft in der Vorstellung des einheitlichen Zeitkontinuums, aus der dieser Verschmelzung zugrundeliegenden Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit ergibt. Diese einheitliche Zeitvorstellung (Kants subjektive Form der inneren Anschauung) ist der Grund des Universalismus, Prinzip der Verwischung der Asymmetrie, die die Beziehung zwischen mir dem Andern beherrscht.

    Wenn es heißt: er sagt, ich hätte gesagt, so heißt das auch: er sagt, ich soll gesagt haben. Die Nichtwissen der Zukunft hat etwas mit der Ungewißheit über die Wahrheit dessen, was ein anderer sagt, zu tun (Problem des Zeugen und der Beweislogik, Grund der Logik der Gemeinheit).

    Hat diese Konstellation etwas mit dem Problem des einen Sünders zu tun, mit den Wegen des Irrtums und mit der Sünde der Welt? Ist das Planetensystem ein Ausdruck der differierenden Konstellationen der Beziehung von Vergangenheit und Zukunft in der gewaltsamen Einheit des Zeitkontinuums?

    Gibt es im Hebräischen den Konjunktiv, und welche anderen Konjugationsformen drücken im Hebräischen das aus, was in den indoeuropäischen Sprachen der Konjunktiv ausdrückt? Wie hängt das Problem der Beziehung des Namens der Hebräer zu dem der Barbaren (die inverse Anwendung des Begriffs des Fremden) mit dieser grammatischen Konstellation zusammen?

    Was drückt in der offensichtlich erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Deutschland in Gerbauch gekommene Wendung „Ich würde sagen, …“, die auch einen Konditionalis enthält, sich aus? Gibt es einen Zusammenhang mit dem kollektiven Verdrängungsprozeß in Deutschland, auch mit der merkwürdigen Wahrnehmung Hannah Arendts über die Beziehung von Meinung und Tatsachen (vgl. die Rede Jan Philipp Reemtsmas bei der Eröffnung der Wehrmachtsausstellung in der Frankfurter Paulskirche) und mit den Bemerkungen Sonnemanns über „Innerlichkeit und Öffentlichkeit“ und den „verwirkten Protest“ (in „Das Land der unbegrenzten Zumutbarkeiten“)?

    Ist der Satz „Alles verstehen heißt alles verzeihen“ ein Legitimationsprinzip des Universalismus und ein Deckbegriff der Logik der Verurteilung, die dem Objektbegriff und der Begriffsbildung zugrunde liegt? Ist er nicht (wie der Dogmatismus, zu dem er gehört) ein Tabu über das Verstehen und die Reflexion? In diesem Satz drückt die Logik des Ich (als Verkörperung der Negation) sich aus. Ist Heideggers „Vorlaufen in den Tod“ nicht der Ausdruck eines in dieser Logik gründenden Identitätsproblems? Die Einheit des Subjekts ist das Korrelat der Kosmologie, der Einheit dieser Welt, während in der Idee der Einigung des Gottesnamens die Idee der zukünftigen Welt sich ausdrückt. Der Begriff konstituiert diese Welt, im Namen drückt die zukünftige Welt sich aus. Der Begriff gründet in der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit, im Namen drückt die Kraft, in der Reflexion der Vergangenheit die Zukunft zu erkennen, die Kraft der prophetischen Erkenntnis, sich aus. Zum Namen gehört die Erinnerungsarbeit. Der Gottesname ist der die Einheit der Welt sprengende prophetische Grund der Sprache.

    Horror vacui: Das Sein ist das ganz Leere, weil es den Sinn (den Namen) aus der Sprache vertrieben hat. Der Name ist die Aufhebung der Ontologie.

    Heiligkeit ist eine Sprachkategorie: Heilig ist der Name.

    Ist nicht der Stern der Erlösung schon der Beweis des Satzes: Was ihr auf Erden lösen werdet, wird auch im Himmel gelöst sein?

    Der Name, den niemand kennt: Waren die Juden die wirklichen Christen, auch wenn weder sie selbst, noch die, die sich Christen nannten, es wußten?

  • 13.4.1997

    Zu F.W. Marquardt (in TuK 73/74, S. 34f): Ist nicht das Problem der Analogie eins der christlichen Tradition insgesamt, verweist es nicht auf das zugrundeliegende Problem der Beziehung zur Prophetie, ist nicht die Analogie das Instrument der Historisierung und dann der Instrumentalisierung der Prophetie gewesen, damit das Instrument ihrer Neutralisierung (Ursprung der Theologie)? Hat die Analogie etwas mit der Figur des falschen Propheten zu tun (hat zwei Hörner wie das Lamm, redet wie der Drache)? Die Analogie hat die Theologie im Angesicht Gottes in die Rede von Gott transformiert (und den Theologen aus dem Angesicht Gottes hinter seinen Rücken transportiert).

    Die Analogie steht unter dem Apriori der Ontologie, der Historisierung, der Verzeitlichung des Perfekts, der Exkulpationslogik, der Verwischung und Neutralisierung des Imperativs, der grammatischen Form der Attribute Gottes.

    Die Analogie verhält sich zur Prophetie wie das heliozentrische System zum Sternenhimmel, sie macht sie zu Objekt des vergegenständlichenden Seitenblicks. Die Analogie ist eine logische Vorstufe der Aufklärung. Anstatt in der Prophetie sich selbst und die eigene Gegenwart wiederzuerkennen, wendet sie sie bloß auf die Gegenwart an. Den Schrecken des Wiedererkennens lenkt sie (als „Unheilsprophetie“, die sie fein säuberlich von der „Heilsprophetie“ trennt) auf die Juden ab; so wird sie antisemitisch. Die Analogie ist ein Instrument des Schuldverschubsystems, das sie mit einem Mittel der Erlösung verwechselt. – Steht die Sakramentenlehre unter dem Apriori der Analogie?

    Ethik als prima philosophia: Das ist eine Ethik, die nur noch Richtschnur des Handelns, nicht mehr Maßstab des Urteils ist.

    Alle Dogmatik, die glaubt, vom reflektierenden Urteil konstitutiven Gebrauch machen zu können, hat sich vor der Kritik der Urteilskraft zu rechtfertigen. (Im Kontext des reflektierenden Urteils ist das „es gibt“ auf Gott nicht mehr anwendbar.)

    Seit es konfessionelle Theologien gibt, ist nicht die Theologie zum Ensemble geschlossener Gesellschaften geworden.

    Greuel am heiligen Ort: Mit dem Substantiv ist die Erinnerung an den Namen in der Grammatik getilgt, ist der Theologie der Boden entzogen worden.

    Ohne die Logik des Namens, ohne die benennende Kraft der Sprache, gäbe es kein Kommunikation. Wir weigern uns, diese Namenskraft der Sprache zu reflektieren, weil wir Angst haben, das nützliche Instrument des Urteils (den Reflex der Selbsterhaltung, des Geldes und des Privateigentums in der Sprache) preisgeben zu müssen. Der Satz „Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet“ bezieht sich auf einen sprachlogischen Sachverhalt.

    Als urteilendes Wesen ist der Mensch ein Tier.

    Das Problem der Apokalypse liegt darin, daß sie nur noch im Kontext einer Theologie hinter dem Rücken Gottes wahrgenommen und durch diesen Blick verhext wird. So wird sie zum Angsterzeuger. Im Kontext einer Theologie im Angesicht Gottes hingegen wird sie zu einem kostbaren Instrument der Angstbearbeitung.

    Die Apokalypse ist die Entfaltung des letzten Satzes des Jakobusbriefes.

    Sind nicht die Schüler Adornos allesamt Opfer seiner Berühmtheit geworden?

    Die Geschichte vom Traum des Nebukadnezar läßt als Modell der logischen Figur, die dem Stern der Erlösung zugrundeliegt, sich begreifen. Es ist ein ungeheurer Vorgang, wie Franz Rosenzweig aus den Objekten des Nichtwissens, über eine ungeheuer durchsichtige und rational nachvollziehbare Bewegung, zu der auch die Umkehr gehört, die Elemente seiner Gotteserkenntnis entwickelt.

    Drei Seiten einer Medaille:

    – Die intentio recta,

    – die Unfähigkeit zur Reflexion und

    – der Dogmatismus, das imperative Verständnis des Indikativs, der konstitutive Gebrauch reflektierender Urteile.

    Genau darin, in der Ausbildung und gesellschaftlichen Durchsetzung dieser Logik, liegt der Dienst, den die dogmatische Theologie dem Staat erwiesen hat. Das war ihr Beitrag zur Zivilisierung der Menschen, zu ihrer Beherrschbarkeit.

    Zur List der Vernunft: Die Konstellation von Autismus und Geiselhaft ist die Kehrseite der Beziehung von Objektivierung und Instrumentalisierung.

    Wer das Problem der Herrschaft über die Natur zu einem Problem der Gesinnung macht, verschärft das Problem durch Verharmlosung. Naturbeherrschung ist ein gesellschaftslogisches Problem, damit ein Gegenstand der Reflexion, nicht der anwendungsbezogenen Moral. Gesinnungsethik und Verantwortungsethik sind keine Gegensätze, sondern komplementäre Manifestationen des gleichen Grundfehlers.

    Die Logik des Namens verhält sich zu dem des Begriffs wie das Licht zum Inertialsystem (oder wie Israel zu den Völkern).

    Ist der letzte Satz des Jakobusbriefs nicht eine Paraphrase zu dem Wort, wonach Israel das Licht der Völker ist?

    Kann es sein, daß das Problem der Beziehung Israels zu den Völkern (den „Heiden“) in der gleichen Bewegung durchsichtig wird und sich auflöst, in dem auch das Problem des Himmels durchsichtig wird und sich auflöst?

    Am ersten Tag wurde das Licht erschaffen, am zweiten die Feste des Himmels.

    Die Sprache ist das Organ der Erkenntnis, der Begriff das des Wissens. Erkenntnis reicht weiter als das Wissen, und „wissenschaftliche Erkenntnis“ ist eine Selbsteinschränkung der Erkenntnis.

    Der Begriff der Allwissenheit ist ebenso logisch inkonsistent wie der der Allbarmherzigkeit. (Gott ist nicht allbarmherzig, sondern er wird barmherzig, wenn ihn sein Zorn gereut, wenn er umkehrt. Und auch die Umkehr Gottes steht im Imperativ.)

    Gehört das Wort vom Binden und Lösen zur einzigen Stelle in den Evangelien, an der von der Kirche die Rede ist? Worauf bezieht sich dieses Wort; ist es zulässig, seine Bedeutung an den Rahmen der hierarchischen Logik, der Herrschaftslogik, zu binden? Wäre das Lösen nicht gerade als Auflösung dieser Logik zu begreifen, im Kontext der Lösung der sieben Siegel?

    Die Bekehrung des einen Sünders hat mit dem „Gehet hin und lehret alle Völker …“ zu tun, begründet aber nicht den „Missionsauftrag“.

    Verweist Joseph in Ägypten auf die Theologie in der Geschichte der Aufklärung und das Herrendenken auf den Pharao, der Joseph nicht mehr kennt?

    Die Intention, Politik wieder reflexions- und diskursfähig zu machen, die die Voraussetzung jeder Politik der Befreiung ist, schließt auch die RAF mit ein.

  • 9.4.1997

    Heute wird auch die Philosophie zum Markenartikel: Es gibt weder die Kritische Theorie noch die Theologie.

    Adornos Programm der „vollständigen Säkularisierung aller theologischen Gehalte“ ist zweideutig: Die christliche Theologie, die orthodoxe dogmatische Theologie, ist bereits – als Theologie hinter dem Rücken Gottes (als „Rede von Gott“) – das Produkt ihrer vollständigen Säkularisierung, während Adornos Konzept auf das genaue Gegenteil: auf das Ende der verdinglichten Theologie und die Realisierung der Theologie als eine Gestalt eingreifender Erkenntnis abzielte, auf eine Theologie im Angesicht Gottes.

    Die Orthodoxie ist der Inbegriff der 99 Gerechten, die Geschichte der Häresien der des einen Sünders und seiner Wege des Irrtums. Über die Bekehrung dieses einen Sünders herrscht mehr Freude im Himmel als über die 99 Gerechten.

    Die Kritik der Metaphysik, wenn sie nicht im Mythos enden soll, ist nur möglich durch Kritik der Ontologie, an deren Stelle die Ethik zu treten hätte, im Kontext einer Theologie, die den Satz zur Richtschnur der Erkenntnis macht, daß die Attribute Gottes im Imperativ, nicht im Indikativ stehen. Dem entspricht der Benjamin’sche Begriff der Lehre.

    In dem die Geschichte der Dogmenbildung begleitenden Prozeß der Auseinandersetzung des Christentums mit den Häresien ist dieser Imperativ externalisiert, zum Instrument der Verurteilung und zum logischen Kern eines Schuldverschubsystems gemacht worden, mit den bekannten fürchterlichen Folgen fürs Christentum.

    Modell war die Internalisierung des Mythos, des Schicksalsbegriffs, in der Ursprungsgeschichte der Philosophie (des Begriffs). Anhand der Ursprungsgeschichte der Philosophie wäre der Zusammenhang des Ursprungs des Schuldverschubsystems mit der Konstituierung der Begriffe des Wissens, der Natur und der Welt zu demonstrieren.

    Der Begriff der Größe hängt mit dem des Erhabenen zusammen. Deshalb ist bei Kant der Sternenhimmel über mir ebenso „erhaben“ wie das moralische Gesetz in mir. Das Erhabene ist das über alles, was der Fall ist, Erhabene, das über die Welt Erhabene. Aus der gleichen Logik stammt das historische Attribut der Größe, das den historischen Prozeß der Konstituierung der Welt (von Alexander bis zum preußischen Friedrich) begleitet.

    Der Begriff des Erhabenen erinnert ans Erhobene und ans Haben.

    Ist das Erhabene der selber nicht säkularisationsfähige Grund des Säkularisationsprozesses, ein Moment der inneren Logik des Eigentums?

    Wird die „irre Fahrt zu den Sternen“ heute nicht im Ernst zum Menetekel?

    Der biblische Fluch ist ein Instrument der Verurteilung, der Inbegriff seiner Logik (der biblische Reflex des Schicksals). Hat er nicht in der Tat etwas mit der Idee des Himmels zu tun?

    Wie hängt der zweite Schöpfungstag mit Lev 26 und Dt 28 zusammen?

    Das Problem der Theologie heute ist von dem der Apologie irgend einer der kirchlichen Denominationen streng zu trennen. Eine andere Frage ist, ob, was heute noch Theologie heißen darf, überhaupt an einer der akademischen Einrichtungen, seien sie kirchlich oder seien sie staatlich, noch seinen Ort finden kann. Theologie heute wäre

    – prophetische, und d.h. sowohl staats- als auch kirchenkritische Theologie,

    – messianische, auf Realisierung, Erfüllung zielende Theologie und

    – parakletische Theologie, das Organ des verteidigenden, das Gericht überwindenden, ihm enthobenen Denkens, das Organ des aufrechten Gangs.

    Das Buch der Richter ist ein prophetisches Buch, und als solches hat Lillian Klein es erstmals wieder begriffen (über der Prophetie steht der Satz, daß die Attribute Gottes im Imperativ, nicht im Indikativ stehen).

    Zur Begründung des Kausalitätsprinzips: Die gemeinsame Logik der modernen Naturwissenschaft und des Kapitalismus ist die Logik der „List der Vernunft“, sie ist im genauesten Sinne hinterhältig (sie konstituiert sich hinter dem Rücken der Dinge). Der Listige spannt den Andern, ohne daß er es merkt, für seine Zwecke ein. Das biblische Symbol des Subjekts dieser Vernunft ist die Schlange, ihr grammatisches, sprachlogisches Korrelat das Neutrum.

    Wie hängt die List mit dem Unschuldssyndrom und dem Schuldverschubsystem zusammen?

    Die Fähigkeit zur Schuldreflexion entgründet den Universalismus, destruiert das Überzeitliche und bindet die Erkenntnis an die Aktualität, an ihren Zeitkern. Das Unum ist nicht die Grundlage, sondern – in dem Gebot der Einigung des Gottesnamens – das Ziel.

    Was geschieht, wenn der westliche Antizionismus und die antiislamischen Tendenzen sich vereinigen?

    Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet: Der „Hinterkopf“, die Fähigkeit, mit offenen Fragen zu leben und das Urteil zurückzustellen, ist das Organ der Gottesfurcht.

    Zu einer Theorie des Feuers: Sind die Objekte der Mikrophysik gemeinsame Abkömmlinge des „Wärmestoffs“ und des „Äthers“?

    Die Bundesanwaltschaft: das suizidale Experiment der gnadenlosen Anklage.

    Die kleine Veränderung, die der Messias an der Welt vornehmen wird, ist die Selbstreflexion des Hinter dem Rücken und die Selbstbegründung des Angesichts. Das wäre die endgültige Umkehr und die Befreiung von den sieben unreinen Geistern. Diesen Vorgang beschreibt die Apokalypse.

    Die Siebenzahl bezeichnet keine Fülle, sondern die Gesamtheit der Wege des Irrtums.

    Teufel und arme Seele: Wer den Begriff der Schöpfung auf die Welt bezieht, hält die Frage offen, ob die Menschen zur Welt oder auf die Seite des Schöpfers gehört. Das ist der Preis für die Vorstellung der Einheit der Welt.

    Der Historismus ergreift die Partei des Todes.

    Reflektierende Urteile – und die sind das Element, in dem die Theologie sich bewegt – sind nicht konstitutive, sondern regulative Urteile.

    Wäre es nicht notwendig, nachträglich noch einmal die Diskussion zwischen Benjamin und Horkheimer über die Vergangenheit des Vergangenen aufzunehmen? – Vgl. hierzu Horkheimers Frage, ob auf dem riesigen Leichenberg, auf dem wir stehen, die Idee einer richtigen Gesellschaft überhaupt noch sich denken läßt.

    Hat der Satz, daß Auschwitz uns umso näher zu rücken scheint, je weiter wir uns historisch von ihm entfernen, nicht etwas mit dem Satz Karl Thiemes, daß Hitler nicht der Antichrist, sondern nur die Generalprobe war, zu tun?

    Der letzte Satz des Jakobusbriefs ist das christliche Äquivalent zu Jer 3134. Zwischen beiden Worten liegt der Ursprung des Weltbergriffs.

    Die kopernikanische Wende hat die Differenz zwischen Himmel und Erde zwar nicht aufgehoben, aber so verwirrt, daß davon auch die Theologie nicht unberührt geblieben ist. Als die Erde unter die Planeten, und damit an den Himmel, versetzt wurde, ist auch der Himmel und mit ihm die Theologie endgültig entgegenständlicht worden. Seitdem sind wir selbst zum Gegenstand der Theologie, ist das zentrale Thema der Theologie, die Beziehung von Gericht und Barmherzigkeit, zu einem inneren Problem der Erkenntnis geworden.

  • 8.4.1997

    Ist es nicht das ganze jämmerliche Rechtfertigungsgerede, das Anton-Andreas Guha heute (in seinem Beitrag zur Goldhagen-Debatte) zusammengestellt hat, vom „die andern auch“ über „Versailles“ bis zu den gesellschaftlichen Umständen der 20er und 30er Jahre? So hofft er, den Schrecken, an den Goldhagen erinnerte, neutralisieren zu können (mit der besonderen Infamie, mit der der Kollektivschuld-Vorwurf, den wir aus dem Ausdruck „die Deutschen“ reflexartig heraushören und offensichtlich nur noch rassistisch verstehen können, dann auf den Autor zurückprojizieren: weil der Kollektivschuld-Vorwurf zu den Wurzeln des Rassismus gehört, sind Rassisten gegen ihn immun?).
    Die Verführung der Urteilsmagie liegt in ihrem Rechtfertigungseffekt: Deshalb schlagen die Rechtfertigungszwänge, die Wiederholungszwänge sind, den Takt zu den kunstvollen Eiertänzen, zu denen Goldhagen seine Kritiker gezwungen hat. Die Rechtfertigungsorgie funktioniert nach der Logik „100 Millionen km Schweif! – Was sind wir doch für kleine Würstchen“.
    Steckt nicht in den Rechtfertigungszwängen, die in dem „jämmerlichen Schauspiel“ sich manifestieren, das Bedürfnis und der Trieb nach neuen Objekten der Eliminierung?
    Das Kind der Ehe, die die Gnade der späten Geburt nach dem Krieg mit der Urteilsmagie eingegangen ist, wird der neue Faschismus sein.
    Käme es nicht endlich darauf an, das apokalyptische Bild des „großen Zeichens am Himmel“ (Off 12) ins Sprachlogische zu übersetzen?
    Auch der Naturschutz ist ein Instrument der Ausgrenzung, der Perhorreszierung des Eingedenkens.
    Jede Rechtfertigung beruft sich auf die Natur, wenn sie die Freiheit verleugnet.
    Die Rechtfertigungslehre ist längst an der Hoffnung verzweifelt, daß der Himmel sich zu öffnen vermag.
    Monaden sind fensterlos: War die Leibniz’sche Monadenlehre der Anfang der Selbstreflexion einer anderen Planetentheorie, gehört nicht zu den „Wegen des Irrtums“ der nach außen versperrte Blick? Der aber war das Werk der kopernikanischen Wende.
    Die Hypothese, daß die RAF derzeit in ihre autistische Phase kommt, greift weit über den Bereich der RAF hinaus. Die Angriffe von Vertretern der naturwissenschaftlichen Medizin in den letzten Tagen gegen die psychosomatische Medizin (auch gegen die Homöopathie und andere alternative Methoden) hängt mit der Unfähigkeit zur Reflexion zusammen, die jetzt auf die Objekte und Inhalte der Medizin zurückzuschlagen scheint. Das in die Naturwissenschaften eingebaute Unschuldssyndrom (die mit der kopernikanischen Wende begründeten und dann automatisierte Rechtfertigungszwänge) entfaltet sich als Leugnung des Objekts, wird zu eliminatorischen Gewalt. „Objektiv“ ist nur noch das Innere der Monade.
    Es käme darauf an, an den Punkt heranzukommen, an dem die Reflexion die Kraft gewinnt, die Gewalt der Rechtfertigungszwänge zu sprengen.
    Der Autismus und die Geiselhaft-Logik der RAF sind der ohnmächtige Reflex der zugrundeliegenden Logik des Staatsschutzes.
    Ähnlich wie die RAF-Unterstützer die Gefangenen nehmen heute die Ärzte die Kranken als Geisel. Gibt es zum Korpuskel-Welle-Dualismus, dem Reflex der Verdinglichung in der modernen Physik, eine Entsprechung in der Medizin (sind nicht schon Proton und Elektron Produkte des Korpuskel-Welle-Dualismus, Emanationen der grammatischen Logik des Substantivs)?
    Der Terrorismus der RAF und die Unfähigkeit, den Schrecken des Faschismus zu reflektieren, sind Teile der gleichen Logik. Die RAF hat die Logik der Verurteilung, die die Erinnerung an den Schrecken bannen sollte, nur exekutiert.
    Identitätsprinzip: Im Autismus schlägt der horror vacui, den die philosophischen Idee des Subjekts auf die Welt abzuleiten versucht, aufs Subjekt zurück. Im Autismus erfährt sich das Subjekt selbst als Objekt der Logik, mit deren Hilfe es gegen die Welt sich zu behaupten versucht.
    Die Fensterlosigkeit der Leibniz’schen Monade ist ein sprachlicher Sachverhalt: das Resultat der Tilgung der erkennenden Kraft des Namens.
    War der Hitlerismus nicht ein Reflex des heliozentrischen Systems?
    Das Entscheidende am Werk Einsteins waren nicht seine mathematischen Konstruktionen, die auch von anderen hätten erarbeitet werden können, sondern das, was er damit „beweisen“ wollte: seine „intuitiven“ oder auch „spekulativen“ Einsichten, die im Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit und im Postulat der Identität von träger und schwerer Masse sich ausdrücken.
    Marx, Freud und Einstein sind Opfer der gleichen Verblendung, zu deren Kritik sie den Grund gelegt haben.
    Hat der Anfang des Matthäus-Evangeliums, das „Wir haben seinen Stern gesehen“ und die Träume der Magier und Josephs, etwas der Apokalyptik, mit Daniel, zu tun?
    War es Jakob Taubes, Emmanuel Levinas oder Jeshajahu Leibowitz, der die Halsstarrigkeit als metaphysischen Teil der jüdischen Anatomie erkannt hat? Haben nicht das Dogma und die Bekenntnislogik diese Halsstarrigkeit zum kosmologischen Prinzip gemacht?
    Die schärfsten Kritiker Netanjahus (und zuvor des Zionismus) sind die, die ihn immer schon als Alibi ihrer Unfähigkeit zur Reflexion brauchten.
    Thematische Wünsche an eine Theologie, die die Impulse der jüdischen Aufklärung in Deutschland aufnimmt, den durch sie gesetzten Standards genügt:
    – die Verstockung des Herzens Pharaos,
    – Daniel und der Traum Nebukadnezars,
    – das Menetekel und der wie eine Buchrolle sich aufrollende Himmel (Lev 26 und Dt 28),
    – Rezeption des Jakobusbriefs („Barmherzigkeit triumphiert über das Gericht“, „Wer einen Sünder von den Wegen seines Irrtums bekehrt …“),
    – Barbaren und Hebräer (Philosophie und Prophetie),
    – Kritik der kantischen Totalitätsbegriffe und Hegels Hinweis zum Begriff der Geschichte (Rosenzweigs Kritik des Historismus und der Stern der Erlösung),
    – die Logik der Schrift.



  • 7.4.1997

    Die Dreidimensionalität des Raumes begründet seine redundante Struktur und damit die Identität des Objekts, des Urteils und des Begriffs.
    Die subjektiven Formen der Anschauung sind das Instrument der Beelzebubisierung, sie begründen das Reich, das mit sich nicht uneins ist: die Einheit des Herrendenkens.
    Die Farben sind aus den Konstruktionen der elektrodynamischen Objektivation und Instrumentalisierung des Lichts nicht rekonstruierbar. Im Seitenblick auf die Farben, im Blick von außen, verschwindet ihre Qualität (die Schmerzen des Andern sind beschreibbar, sie können „nachgefühlt“ werden, sind aber kein Inhalt meiner Empfindung).
    Die Erlösung ist nicht identisch mit der Freiheit von Schuldgefühlen. Beide, die Freiheit von Schuldgefühlen wie auch die „Schuldgefühle“ selber, sind generell pathologisch. Nur dem, der die Sünden (die er vergeben kann) vergibt, werden die Sünden vergeben.
    Ist nicht die Lehre von der ewigen Wiederkunft ein Versuch, die Idee der Auferstehung zu retten, auch wenn die Vergangenheit irreversibel ist?
    Wie hängt der Begriff der Schwere der Schuld mit der Einstein’schen Identität von träger und schwerer Masse (und der Bogen in den Wolken mit dem Gravitationsgesetz) zusammen? Gründet nicht die Beziehung der Farbe zu den Manifestationen seiner elektrodynamischen Objektivation (seiner Instrumentalisierung) in der Beziehung zur Schwere? Und ist diese Instrumentalisierung nicht der genaueste Ausdruck der Hegel’schen List der Vernunft? Sind die subjektiven Formen der Anschauung das Instrument der List der Vernunft?
    Das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit und das Problem der Konstituierung der elektrodynamischen „Erscheinungen“ (ist nicht der Korpuskel-Welle-Dualismus die Widerlegung des naiven Realismus der Mikrophysik?).
    Die spezielle Relativitätstheorie ist selber noch abstrakt: Konstant ist nicht die Lichtgeschwindigkeit, sondern die Relation, die sich darin ausdrückt. Und kann es nicht sein, daß diese Relation (der „Wert“ der Lichtgeschwindigkeit) selber noch eine abhängige Variable ist?
    Ist nicht die von Heisenberg und Weizsäcker nach dem Krieg etablierte Legende ein Paradigma des kollektiven Verdrängungsprozesses in Deutschland?
    Der erste Ausdruck der List der Vernunft war der unbewegte Beweger des Aristoteles, der dann bei Hegel als die Idee des Absoluten sich enthüllte. Zwischen Aristoteles und Hegel liegt der gesamte Prozeß der europäischen Aufklärung, der die Geschichte der christlichen Theologie und die der Naturwissenschaften mit einschließt.
    Drücken nicht Lev 2619 und Dt 2823 die beiden Aspekte des Inertialsystems aus:
    – den Himmel über euch will ich wie Eisen machen und die Erde wie Erz, und
    – der Himmel über deinem Haupt wird ehern sein und die Erde unter dir von Eisen?
    Vgl. hierzu Lev 26 und Dt 28 im ganzen.
    Wenn die Erde zum festen Boden wird, wird der Himmel zum Schicksal, zur Feste des Himmels.
    Die Philosophie ist das work in progress der Instrumentalisierung des Schicksals, der Instrumentalisierung des Himmels.
    Vor eine Theorie des Namens wäre das Motto: in philosophos, vor eine Theorie des Angesichts: in theologos, und vor eine Theorie des Feuers: in tyrannos zu setzen.
    Der azurne Himmel des Tages und der Sternenhimmel der Nacht: die von beiden Seiten beschriebene Buchrolle.
    Das Anschauen ist der Grund (und das Instrument) der Gewalt der Objektivierung.
    Am Anfang des Christentums steht ein Urschisma (die Abgrenzung gegen die Juden) und eine Urhäresie (die Gnosis).
    So wie der Staatsschutz die RAF, so braucht der nur verdrängte Antisemitismus den Netanjahu.
    Stehen nicht
    – das Sacharja-Wort „Wer euch antastet, tastet seinen Augapfel an“ (28) und
    – der letzte Satz des Jakobusbriefs „Wer einen Sünder von seinem Irrweg bekehrt, der wird seine Seele vom Tode retten“ (520)
    in einer merkwürdigen Beziehung? Auf wen beziehen sich die Possessivpronomen vor Augapfel und Seele?
    Es gibt ein starkes Selbstmordmotiv, wonach einer mit einem Selbstmord Menschen, die ihm nahe sind, bestrafen möchte. Hierbei geht der Selbstmörder davon aus, daß der Tod nicht der Tod des Andern ist, sondern ein Tod für andere. Diese Instrumentalisierung, die eines der stärksten Selbstmordmotive ist, ist das Grundmodell und das Paradigma des Schuldverschubsystems.
    Ist nicht das exemplarische Beispiel des logischen Schlusses ein Paradigma der Beziehung der Philosophie zum Schuldverschubsystem:
    Alle Menschen sind sterblich;
    Sokrates ist ein Mensch;
    Also ist Sokrates sterblich?
    Die Philosophie hat das indogermanische grammatische Perfekt ratifiziert: Sie hat die Vollendung durch den Tod ersetzt. Gegen diesen Schluß richtet sich der letzte Satz des Jakobusbriefs.
    Die Bekenntnislogik steht unterm Bann der List der Vernunft. Die List der Vernunft hat das Bekenntnis aus dem Bereich der Logik des Namens in den des Begriffs übertragen. Der Preis war die Vergöttlichung des Jesus im Sinne der Idolatrie.
    Das Gebot gründet im Angesicht; zum Gesetz wird es hinter dem Rücken.
    Im Namen erinnere ich das Angesicht.
    Goethe-Denkmal: Das Bild begründet das Gesetz.
    Die Mathematik hat die Transformation des Angesichts ins Bild (des Gebots in das Gesetz) automatisiert. Das Inertialsystem totalisiert diese Transformation. Dazu braucht der Raum seine drei Dimensionen.
    Wird dieser Transformationsprozeß nicht täglich in der Dämmerung, im Sonnenuntergang sinnlich erfahrbar?
    „Es ward Abend und es ward Morgen, ein erster (zweiter etc.) Tag.“ Davor steht der Satz „Und Gott sah, was er gemacht hatte, und siehe, es war gut“. Wenn beide Sätze getrennt werden, was steht dazwischen? Am zweiten Tag, an dem das „… es war gut“ fehlt, steht vor dem „Es ward Abend …“: „Und Gott nannte die Feste Himmel“.
    Wie hängen Nacht und Tag (das Sechstagewerk) – auch Mond und Sonne, die über die Nacht und den Tag herrschen – mit dem „der ich schaffe die Finsternis und bilde das Licht“ zusammen?
    Vermag die Kraft der Reflexion auch die Planetenbahnen, die „Wege des Irrtums“, zu durchdringen? Liegt es an ihr, dem Himmel die Freude der Bekehrung des einen Sünders zu bereiten? Planeten sind Urteilszentren; auf sie bezieht sich die Kraft der Reflexion.
    Ist die Merkaba der Verführung der Größe erlegen, der gleichen Verführung, die fürs Christentum vom Staat ausgegangen ist? Im Islam hat die Staatsverführung als „Religion“ sich verselbständigt.
    Sind die Merkaba, die Kabbala und Sabbatai Zwi der Schlüssel zum Verständnis der korrespondierenden Entwicklungen im Christentum?
    Rede ist organisiertes Geschwätz. Die Rede zielt auf Wirkung, nicht auf Erkenntnis.
    Wäre nicht die Geschichte der Auseinandersetzung mit den Häresien neu zu schreiben: ausgehend von der Erkenntnis, daß die Orthodoxie in dieser Geschichte immer genau das rezipiert hat, was sie formell verurteilt? Das aber heißt, daß es heute keine größere Gefahr, häretisch zu werden, mehr gibt als die in der Bemühung, die Gefahr der Häresie zu vermeiden.
    Zu Jak 219: Heute haben die Dämonen gelernt, auch das Zittern noch zu vermeiden (es auf die Dinge zu übertragen).

  • 5.4.1997

    Wer sich den Kopf der anderen zerbricht, wird ohnmächtig, lähmt sich selbst.
    Die Sterne sind „als Zeichen und zur Bestimmung der Zeiten“ erschaffen. Hängt das logische Problem der Astrologie mit dem des Maßes in der Hegel’schen Logik zusammen? – Vor diesem Hintergrund ist das kopernikanische System gezählt, gewogen und zu leicht befunden.
    Die Vergegenständlichung der Zeit ist das Produkt ihrer Subsumtion unter die Form der äußeren Anschauung, ihrer Verräumlichung.
    Das Problem der Aufklärung ist das des Hasen, der den Swinegel un sin Fru nicht unterscheiden kann.
    Wenn die Kronen die Luftwurzeln der Bäume sind, sind die Bäume dann die Säulen, die die Erde tragen? Sind die Bäume nicht zusammen mit den Primaten aufgetreten?
    Sind Bäume die letzten Denkmäler des Paradieses?
    Die Orthodoxie ist das versteinerte Herz der Welt, die Dogmenbildung war das Ergebnis der Anwendung der Erkenntnis des Guten und Bösen auf die Theologie.
    Das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, das Problem der Pflanzen und Bäume und das der Sterne verweisen gemeinsam auf das Problem des Kausalitätsprinzips, auf seine Wurzel in dem der Umkehr der Teleologie. Bei Hegel erinnert der Begriff der „List der Vernunft“ an dieses Problem.
    Das Konstrukt der List der Vernunft war der Keim der Paranoia in Hegels System, das Prinzip der universalen Vergegenständlichung und der logische Ursprungspunkt der Idee des Absoluten: Hier ist an die Beziehung der Klugheit der Schlange zur Arglosigkeit der Tauben zu erinnern.
    Ökonomie und Naturwissenschaft: der Abstieg zur Unterwelt.
    Die Welt ist die Hinterwelt, die Legitimation der Gemeinheit, und die Natur ihr Opfer.
    Es gibt einen Begriff der Verantwortung, der einen Zustand legitimiert, in dem jeder seine Pflicht tut, aber keiner mehr weiß, was er tut. Das Abbild dieses Zustands ist das heliozentrische System.
    Die kirchliche Lehre vom stellvertretenden Sühneleiden hat seine praktische Anwendung im kirchlichen Antijudaismus gefunden.
    Seit der Entdeckung des Prinzips der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit gibt es Punkte, die zwei Enden haben.
    Begriffe sind richtig, aber die Wahrheit gründet im Namen: Deshalb ist bei Hegel das Wahre der bacchantische Taumel, in dem kein Glied nicht trunken ist.
    Sind der paulinische Satz, daß „Frauen in der Kirche schweigen“ sollen (1 Kor 1434) und das talmudische Wort „Rede nicht viel mit dem Weib“ (Pirke Abot) nicht zwei Seiten einer Medaille?
    Die Frauenerfahrung „ich komme in der Kirche nicht vor“ bezeichnet keinen räumlichen, sondern einen sprachlichen Sachverhalt.

  • 4.4.1997

    Staatsschutz-Senat: Die Geschichte der Philosophie ist ein Prozeß, in dem die Natur die Angeklagte und die Welt, deren Anwalt die Philosophie ist, Ankläger und Richter in eins ist. In dem Schiller-/Hegelschen Begriff des Weltgerichts drückt dieser Sachverhalt sich aus.
    Der strafrechtliche Unterschied zwischen Alkohol- und Drogenkonsum gründet darin, daß der Staat in der Trunkenheit sich selbst wiedererkennt, während er im Rausch die Unbotmäßigkeit dessen ahndet, der sich seiner Herrschaft entzieht. Die Trunkenheit (der biblische Taumelkelch) ist ein Abbild der Herrschaftslogik, während der Rausch anarchische Züge aufweist. Wenn in Deutschland Trunkenheit als Strafmilderungsgrund gilt, so hat das etwas mit der Begründung und Rechtfertigung des staatlichen Gewaltmonopols, mit dem präventiven Selbstfreispruch des Staates zu tun.
    Weltreligion: Spiegelt sich in der Abfolge der drei Leugnungen Petri nicht die fortschreitende Anpassung der Kirche an die Welt?
    Zur Selbstreflexion des Antifaschismus: Glaubt einer im Ernst, man könne mit Kanonen in die Vergangenheit schießen? Das kann nur zu Rohrkrepierern führen: Die Granaten explodieren in der Gegenwart.
    Woher kommt es und was hat es zu bedeuten, daß Hegels Rechtsphilosophie – ähnlich wie die Logik, aber im Unterschied zur Ästhetik, zur Religionsphilosophie und zur Philosophie selber – keine Geschichtsphilosophie ist? Hängt es damit zusammen, daß das Recht und die Logik zu den Konstituentien und nicht zu den Manifestationen des Weltbegriffs gehören? Gehört nicht deshalb die Kritik der Logik und des Rechts (die Kritik des Urteils) zu den Voraussetzungen der Kritik des Weltbegriffs?
    In welcher Beziehung steht der Naturbegriff und der Begriff der Wissenschaft zu dieser logischen Konstellation? Bei Hegel entfaltet sich der Wissenschaftsbegriff in der Phänomenologie, in der Logik und in der Enzyklopädie. Die drei kantischen Totalitätsbegriffe, Wissen, Natur und Welt, werden in Hegels Philosophie insgesamt nur vorausgesetzt, nicht entfaltet.
    Sprachlogische Deduktion des deutschen Suffixes „-schaft“ (in Wissenschaft, Gesellschaft, Ärzteschaft, Bundesanwaltschaft, NS-Frauenschaft, Burschenschaft, Mannschaft, Herrschaft, Feindschaft und Freundschaft, Gefangenschaft, Landschaft, Eigenschaft, Wirtschaft, Landwirtschaft; die Nazis kannten noch die Bauernschaft, das Proletariat hatten sie durch die Arbeiterschaft ersetzt, und war nicht die Jungenschaft eine Unterorganisation des Jungvolks)? Drückt darin nicht etwas vom demiurgischen Potential des Staates, von seiner logischen Beziehung zur Welt, seiner Funktion bei der „Schöpfung der Welt“, sich aus? Etymologisch hängt das Suffix mit dem Begriff der Schöpfung, des Schaffens, zusammen.

  • 1.4.1997

    Die christliche Transformation des Bibelverständnisses ins Erbauliche beginnt mit der Transformation des Prophetischen ins Exemplarische, vorbildhaft Historische.
    Der Antisemitismus reflektiert reflexionslos den Stand der naturwissenschaftlichen Aufklärung. Er ist ein Indiz dafür, was von der Aufklärung zu erwarten ist, wenn die Reflexion aus ihr vertrieben wird.
    Zu den Gründen des Antisemitismus gehört die Feigheit vor dem frontalen Diskurs, der Antisemitismus verwechselt Kritik mit Eliminierung. Antisemiten kritisieren keine Bücher, sie verbrennen sie. Das ist ihre Form des Urteils, die Reflexion nicht mehr kennt, aber auf sofortigen Vollzug dringt: auf Bestrafung. Die antisemitische Gewalttat zielt auf die Zerstörung des Angesichts, sie kennt ihr namenloses Opfer nur von hinten (aus der Sicht des Gerüchts) und von oben (als Objekt des Begriffs), als das Ding, zu dem sie es macht.
    Das reflexionslose Urteil (Kants „bestimmendes Urteil“) ist ein Instrument der Ausgrenzung und Eliminierung (die „Dinge, wie sie an sich sind“ verkörpern sich im Namen und im Angesicht, im Reich der Erscheinungen sind sie unerkennbar).
    Das Präfix be- ist ein Instrument Schuldverschiebung und der projektiven Instrumentalisierung (Kristallisationskern der Feindbildlogik, die mit dem Namen der Barbaren einmal als Erkenntnisinstrument, als Instrument der Naturerkenntnis und als Grund des Wissens, sich konstituierte). Ist das be- der Indikator des Knotens?
    Die Trinitätslehre hat die exemplarische Gestalt der Reflexion hypostasiert, damit aber als Mittel der Reflexion unbrauchbar gemacht.
    Die Unfähigkeit, Rechts und Links zu unterscheiden, ist die Sünde wider den Heiligen Geist. Bei Jonas bezeichnet sie den Grund für den Aufschub der Zerstörung Ninives (die dann im Buch Tobias doch noch erfolgt).
    Der Unzuchtsbecher ist das Symbol der Unterwerfung und Vergewaltigung der Welt (vgl. den Raub der silbernen und goldenen Geräte des Tempels durch Nebukadnezar und deren Gebrauch durch Belsazzar).
    (Mene, tekel upharsin: Sind die subjektiven Formen der Anschauung diese geraubten und dann genutzten silbernen und goldenen Geräte?)
    Die Prophetie beginnt erst zu sprechen, wenn die Gegenwart in ihr sich erkennt.
    Hörner: Wenn die Aggression der gehörnten Tiere eine gehemmte Flucht ist, ist dann nicht das Fluchtverhalten der Nager eine gehemmte Aggression?
    Zweifellos ist die Astrologie Produkt einer Projektion; aber mit dieser Projektion ist etwas entstellt und verwirrt worden, was zu begreifen wichtig wäre. Dagegen hat Astronomie nur das Problem unsichtbar gemacht.
    Die Quintessenz war der Hysteriekern der neuzeitlichen Alchimie und Astrologie.
    Das Wie bezieht sich auf die Frage nach den Mitteln (auf die Konstellation Wissen, Natur und Welt), mit dem Wie ist das Neutralisierungskonzept und das Inertialsystem mit gesetzt (Naturwissenschaften und Geschichte beantworten nur das Wie).
    Die Sprache ist der Raum, in dem wir uns bewegen. Das Inertialsystem konstituiert sich in dem Versuch, diesen Raum schuldfrei zu machen (die Schulderinnerung grundsätzlich zu unterdrücken). Erst in diesem Versuch wird die Sprache zu etwas gegen das All der Dinge Äußerlichem, von der Wirklichkeit Unterschiedenem.
    Wohnen wir nicht in Sprachruinen, nachdem wir verlernt haben, den logischen Sprachzusammenhang zu reflektieren? Die Verluderung der Sprache ist ein Reflex der Verrottung des Staates. Heute übertrifft die Realität das Böllsche Wort: Nicht mehr Verrottung, die immer noch einen organischen Zustand bezeichnet, sondern Verwüstung (die einen anorganischen Prozeß bezeichnet) wäre die angemessene Bezeichnung. (Die Zerfallsprodukte der Frankfurter Schule sind Ruinen im zerstörten Garten der Philosophie: Wie in der heutigen Architektur gibt es auch hier Ruinen, die es seit ihrer Konzeption bereits waren).
    In dem Satz, daß nichts Vergangenes nur vergangen ist, drückt der letzte Grund der Hoffnung sich aus. Instrument dieser Hoffnung ist das Eingedenken.
    Mein ist die Rache, spricht der Herr: Das ist nur ein anderer Ausdruck für das Gebot der Feindesliebe. Der Satz enthält keine „Aussage“ über Gott, sondern nur einen Imperativ an uns.
    Was bedeuten die Namen Alexander und Karl?
    Die Kultur der Empfindlichkeit wäre die Selbstverurteilung zur Isolationshaft, der selbstverordnete Autismus. Bekenntnislogik und Empfindlichkeit sind zwei Seiten einer Medaille, beide haben einen gemeinsamen pathologischen Grund.
    Es gibt zwei Arten der Phantasie, und damit auch zwei Arten des Mangels an Phantasie, die zu einander wie kommunizierende Röhren sich verhalten: die Phantasie der Empfindlichkeit und die der Sensibilität.
    Zum Verständnis der Apokalypse gehört der Hinweis, daß die Wahrheit (auch die der Apokalypse) nicht berechenbar ist. Wäre sie berechenbar, würde sie nicht einleuchten. Apokalypse ist das einzige Mittel gegen jeglicher Art von Geheimnissen. Dazu ist die Geschichte vom Traum des Nebukadnezar (und seiner Rekonstruktion und Deutung durch Daniel) ein Schlüssel.
    Heute gibt es Gerichtsurteile, in denen das Gericht sich selbst verurteilt.
    Lachen ist die subjektive, Weinen die objektive Seite der Verurteilung. – Jedoch am Ende wird jede Träne abgewischt.
    „In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben; in neuen Zungen werden sie reden; Schlangen werden sie aufheben, und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird es ihnen nicht schaden; Kranken werden sie die Hände auflegen, und sie werden genesen.“ (Mk 1617f)
    Was bedeutet das Wort vom „Ende der Geschichte“ (Ilka Quindeau: Geschichtswunder, in der FR von heute), wenn man zugleich an Hegels Hinweis auf die Doppelbedeutung des Wortes Geschichte sich erinnert? Bezieht sich das „Ende“ auf Geschichte als reales Geschehen oder auf als deren objektivierte Erinnerung? Unterliegt Quindeau nicht einer unbewußten, logisch unaufgelösten Subreption? Erinnert der Text der wissenschaftlichen Mitarbeiterin des Sigmund Freud-Instituts in Frankfurt nicht an den ungelösten Konflikt zwischen H.-E. Richter und seinen „Kritikern“ aus dem Umkreis der RAF?
    Gilt Hegels Bemerkung über den Begriff der Geschichte nicht auch für den Weltbegriff?
    Das Ende der Kollektivscham: Der Slogan „Es geht nicht um die Konservierung des Entsetzens“ läuft auf die Psychotisierung des wirklichen Entsetzens, dem die Kollektivscham bereits die Sprache geraubt hatte, hinaus.
    Texte haben ein Gesicht: Gründet die Unterscheidung von Rechts und Links in der von Anschauung und Sprache?
    Detlef Claussens aktuelle Analyse der RAF (aus 1977 ?) verweist auf einen lang nachwirkenden Sachverhalt. Der ersten Verdrängungsgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg (die das Begreifen des Schreckens durch die Verurteilung des Faschismus ersetzt hat) entspricht eine zweite, deren Grundlage sie war: die Verdrängungsgeschichte, die die RAF eingeleitet und bis zum Exzeß weitergetrieben hat: das Ende der Reflexion.

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