1945: Der unreine Geist, nachdem er wasserlose Orte durchzogen und keine Ruhestätte gefunden hat, in sein Haus zurückkehrt, es leer, gereinigt und geschmückt vorfindet, geht hin und nimmt sieben andere Geister mit, die schlimmer sind als er, und sie ziehen ein und wohnen dort, und es wird nachher mit jenem Menschen schlimmer als vorher. (Mt 1243ff, vgl. Lk 1124ff)
Ist nicht die rhetorische Frage in der Regel die Frage der Empörung, oder auch das in Frageform gekleidete kontrafaktische Urteil? Wie hängt die Massenbildung mit der Empörung zusammen?
Die rhetorische Frage, wie auch das kontrafaktische Urteil, ist ein Element der Klage; in ihr gründet das Problem der Theodizee. Ist nicht diese Klage das Element, aus dem Anklage erwächst, und dann das Schuldurteil?
Wenn eine Vorstellungswelt zerbricht, zerbricht nicht die Welt.
Die Sprengung der Herrschaftslogik schließt die Sprengung der Vorstellung des Zeitkontinuums mit ein, das aber heißt, sie schließt die Idee der Auferstehung der Toten mit ein.
Die heroische Attitüde Heideggers gibt es auch schon bei Hegel, dort wo er von der Kraft, der Negativität und dem Tod standzuhalten, ihnen ins (leere, nicht vorhandene) Angesicht zu sehen, spricht.
Der Satz „Seid barmherzig, wie auch euer Vater im Himmel barmherzig ist“ ist ohne die Idee der Auferstehung der Toten nicht mehr zu denken.
Kann es sein, das das „Mein ist die Rache, spricht der Herr“ in dem Allereinfachsten besteht, daß dann jede Träne abgewischt wird: daß Herrschaft ihr Objekt, auf das sie sich stützt, verlieren und das nicht ertragen wird? Wäre das nicht der Triumph der Barmherzigkeit über das Gericht?
Hat nicht der 5. Strafsenat Birgit Hogefeld dafür mit dieser wütenden Verbissenheit zur Rechenschaft gezogen und verurteilt, weil sie ihn in eine Situation gebracht hat, der er nicht gewachsen war? Sie hat diesen Senat vor eine Entscheidung gestellt, die er nur hätte treffen können, wenn er den Mut und den Verstand gehabt hätte, die er nicht hatte.
Dieser Prozeß und dann dieses Urteil hat etwas verändert. Jetzt wird man reden müssen
– über den Geist und das Handeln der Strafschutzsenate und der Bundesanwaltschaft,
– aber auch über die RAF, die einerseits diesen Institutionen die Vorwände geliefert hat, so zu werden, wie sie heute sich darbieten, andererseits aber zugleich den Opfern dieser Institutionen die Solidarität verweigert,
– und nicht zuletzt über die Öffentlichkeit, die ihre Wahrnehmungsfähigkeit eingebüßt hat und wieder einmal das Wegsehen einübt, und an der es sich jetzt rächt, daß in diesem Lande die Aufarbeitung der Vergangenheit in folgenlose Bekenntnisse sich verflüchtigt hat, real aber nie gelungen ist.
Manchmal überkommt mich der böse Verdacht, ob die Frage des Richters Klein an die Angeklagte nicht eigentlich hätte lauten müssen: Hat es die RAF überhaupt noch gegeben? Und ist es wirklich ganz auszuschließen, daß der Anschlag auf Weiterstadt auf eine konspirative Provokation (BAW/VS/Steinmetz?) zurückzuführen ist, die dann ihren Zweck voll erfüllt hat, nämlich der Öffentlichkeit zu den nie aufgeklärten Taten der 80er Jahre nachträglich eine RAF zu liefern, die es eigentlich schon nicht mehr gab? Und bekennen sich die Hardliner der RAF vielleicht heute zu Handlungen, von denen sie selbst nicht wissen, wer sie begangen hat, an denen sie nur deshalb festhalten, weil ihre von der Realität abgespaltene Phantasie sie als Identitätsstütze braucht? Und das bis zu der bitteren Konsequenz, daß sie die eine, die den Sinn dieser Handlungen in Frage stellt, mit dem Bann belegen und aus ihrer wahnhaften Bekenntnisgemeinschaft zwangshaft ausschließen müssen? Zugleich muß der Staatsschutz sie mit der Verurteilung zu lebenslänglicher Haft aus dem Verkehr ziehen, weil sie, ähnlich wie Irmgard Möller nach der Stammheim-Katastrophe, die einzige ist, die vielleicht auf die Spuren stoßen und sie öffentlich machen könnte, die den Alptraum, zu dem dieser Staat in gleichem Maße zu werden scheint, in dem keiner es mehr für möglich zu halten fähig ist, als Realität erweisen würden.
Die Nazis haben ihre Untaten durch ihre Dimensionen und ihr Ausmaß vor der Öffentlichkeit schützen können: Die Greuel waren leicht als Greuelmärchen zu dementieren, weil niemand (außer ihren Opfern, die sie real an sich selbst erfuhren) sie mehr für möglich halten konnte. Nur waren damals die Grenzen zwischen Realität und Vorstellungsvermögen noch nicht so scharf definiert: Zur Stabilisierung des abgespaltenen Vorstellungsvermögens, als wirksame kollektive Verdrängungshilfe, brauchten die Nazis das Gerücht von der Realität, das Klima des Terrors als allgegenwärtige und für alle spürbare Gewalt, die die Menschen zum Wegsehen zwang. Dieses Konstrukt hat die Nazizeit überlebt in dem Wort „Nestbeschmutzer“. Diskriminiert wurden nach dem Krieg nicht die Täter, sondern die, die ihre Taten an die Öffentlichkeit brachten.
So gleicht sich die Realität immer mehr der Paranoia an, die sie doch zugleich falsch abbildet. Oder anders: So wird die Paranoia zu einem Erklärungsmuster der Realität, mit der Folge, daß heute die Realität nicht mehr begreift, wer nicht bereit ist, auch das Undenkbare zu denken, ohne daraus ableiten zu können, es sei so. Die Logik der Paranoia ist eine Erkenntnishilfe, aber man darf ihr nicht verfallen.
Gegen diese Logik sind die Lyotardschen Reflexionen über das perfekte Verbrechen (die an die Erinnerung an Auschwitz anknüpfen) noch harmlos, weil sie zum Vebrechen verdinglichen, was in Wahrheit nur als kritische Reflexion eines logischen Sachverhalts sich begreifen läßt. An diesen logischen Sachverhalt, der an den Grund des Strafrechts selber rührt, reicht der strafrechtliche Begriff des Verbrechens nicht mehr heran.
Der Versuch, das Undenkbare zu denken, liefert den Schlüssel zu den finsteren Geheimnissen des Staates (oder auch der Bekenntnislogik und der Opfertheologie, die die Religion zur Staatsreligion gemacht haben), vielleicht hilft er, Licht in dieses Dunkel hineinzubringen.
Das Undenkbare denken: Dazu gehört auch, daß man einer Logik, die davon ausgeht, daß nicht sein kann, was nicht sein darf, sich entzieht, daß es gelingt, die Kräfte, die es unterm Nationalsozialismus erlaubten, reale Greuel als „Greuelmärchen“ zu dementieren und so ihre Wahrnehmung zu verhindern, zu reflektieren und damit unwirksam zu machen. Ein Denken, das Herrschaftsinteressen, die heute mit dem Eigeninteresse derer, die an dem Privileg des Denkens noch teilhaben, konvergieren, sich unterordnet, mag sich als klug erweisen, es mag von einem hohen Grad der Intelligenz zeugen, es ist doch im Kern zugleich auch dumm, es verlernt, die Verblendung, deren Opfer es wird, zu durchschauen, es sieht insbesondere nicht mehr, was es anrichtet.
Was einmal das „pathologisch gute Gewissen“ genannt wurde, ist eine in die Logik des Bewußtseins selber mit eingebaute Automatik; diese Automatik hat die kantische Philosophie, und zwar in der transzendentalen Ästhetik, erstmals rein herauspräpariert, sie ist damit bestimmbar und analysierbar geworden. Der erste, bis heute freilich nicht verstandene Beginn der Analyse dieser Automatik war Franz Rosenzweigs Stern der Erlösung, ein im Kern logisch-philosophisches Werk, das nur aufgrund seiner Konsequenzen der speziellen Disziplin der Religionsphilosophie zugeordnet und so neutralisiert worden ist (der Gedanke, daß der Kern der Logik in der Theologie liegt, gehört zu dem Undenkbaren, auf das die Forderung, es endlich zu denken, sich bezieht). Der Stern der Erlösung gehört zu den epochalen Werken der Philosophie dieses Jahrhunderts, von gleichem Rang wie das Werk Walter Benajmins, Georg Lukacs‘ „Geschichte und Klassenbewußtsein“ oder die „Dialektik der Aufklärung“.
Der Begriff Greuelmärchen war ein prophylaktischer Teil des aus ihm entwickelten Mechanismus, der nach dem Krieg den kollektiven Verdrängungsprozeß mit getragen hat. Danach konnten alle (und das subjektiv ehrlich) sagen, sie hätten nichts gewußt.
„Satanisch, teuflisch, dämonisch“: An diesen Begriffen läßt die Magie des Urteils sich demonstrieren. Deren Bann wird erst gebrochen, wenn man, ohne Verharmlosung in der Sache, diese Begriffe reflexionsfähig macht, wenn man im Satanischen den Ankläger, im Teuflischen die feindbild-logische Instrumentalisierung der Sprache, ihre Subsumtion unter fremde Zwecke, im Dämonischen die Sprache der Rechtfertigung erkennt, in ihnen allen die Formen der Selbstzerstörung der erkennenden Kraft der Sprache; auch das ist ein Teil des Versuchs, das Undenkbare zu denken. Der Ansatz zur Lösung des Banns ist in dem Jesus-Wort vom Geist enthalten: „Wenn sie euch dann hinführen, um euch zu überliefern (Einheitsübersetzung: und <man> euch vor Gericht stellt), so sorget euch nicht im voraus darum, was ihr reden sollt, sondern was euch in jener Stunde gegeben (E.: eingegeben) wird, das redet. Denn nicht ihr seid es, die reden, sondern der heilige Geist.“ (Mk 1311) Der heilige Geist ist das Subjekt der erkennenden, aus dem Bann ihrer Instrumentalisierung befreiten Sprache. Der Kern dieses Banns ist die Logik der Welt: die Feindbildlogik, die dem Feind aus freien Stücken die Waffen liefert, mit denen er uns besiegt.
Das Undenkbare denken, auch im Anblick des Schreckens den klaren Verstand zu behalten: Das wäre der Schlüssel zu einer Theologie im Angesicht Gottes.
Zur Ursprungsgeschichte der Öffentlichkeit: Die stoische Ataraxia, die dann in den Begriff und in die Konstruktion der Öffentlichkeit mit eingegangen ist, ist kollektiv eingeübt worden in den römischen Arenen, in dem freiwilligen und zum Genuß (zur „Augenlust“) dargebotenen Anblick des Schreckens, der nur die Opfer, nicht die Zuschauer des Spektakels traf. Schon die aristotelischen Affekte Furcht und Mitleid, die die Tragödie im Zuschauer hervorruft, hatten Teil an dieser Ataraxia: Dem Mitleid war durch die ästhetische Grenze, durch die Abstraktion vom eingreifenden Handeln, die den Zuschauer vom tragischen „Geschehen“ trennt, die moralische Gemeinschaft mit dem ästhetischen Objekt aufhebt, der Weg zur Barmherzigkeit abgeschnitten: Im Mitleid genießt das Publikum (der Zuschauende) nur noch seinen eigenen Affekt, es erreicht sein Objekt nicht mehr. Die Arenen haben diese (die logische Konstruktion der Öffentlichkeit begründende) ästhetische Grenze zum Objekt vergesellschaftet. In diese Ursprungsgeschichte der Öffentlichkeit gehören die Scheiterhaufen, auf denen die Ketzer und Hexen verbrannt worden sind, die öffentlichen Hinrichtungen. Auch der Kreuzestod Jesu ist durch die christliche Opfertheologie zu einem öffentlichkeitskonstituierenden Akt geworden (der in den Christen das schlechte Gewissen installiert hat, das dann bekenntnislogisch abgearbeitet werden mußte). Die Theologie war seit den Kirchenvätern nur das Exil der Philosophie, diese war das Schiff, auf dem sie aus Furcht vor ihrem Auftrag, Ninive den Untergang anzusagen, nach Tarschisch zu fliehen versucht hat.
Aber war die Philosophie nicht auch der eine unreine Geist, der am Ende mit sieben anderen Geistern in das leere, gereinigte und geschmückte Haus zurückkehren wird; und die letzten Dinge werden dann ärger sein als die ersten?
Der Staat ist die Quelle und der Produzent des „Seitenblicks“, der in den Arenen (und in der nachfolgenden Geschichte der Kunst) zunächst eingeübt und dann auch reflektiert worden ist. Und das hegelsche Absolute ist der Gott, der in diesem Staat sich verkörpert (und durch ihn hindurch das Reich der Erscheinungen als seine Welt erschafft, die am Ende niemand von der wirklichen mehr unterscheiden kann).
Das kantische Religionsverständnis unterscheidet sich vom hegelschen dadurch, daß es das Moment der Hoffnung (auch für die Toten) noch in sich enthält, es weder verleugnet, noch verdrängt, noch unterdrückt hat, und in dieser Hoffnung die Kraft der Reflexion, die er in der Kritik der Urteilskraft zu entfalten versucht hat.
Das Undenkbare denken, oder die Bundeanwaltschaft als Verkörperungen der Staatsparanoia.
Der Konkretismus und die Personalisierung verstören die Sprache der Reflexion, versuchen ständig, sie eine Sprache des bestimmenden Urteils (der synthetischen Urteile apriori), des Indikativs, zu übersetzen.
Das Undenkbare denken (Gliederung):
– Indikativ und Imperativ (Levinas),
– Verstörung des reflektierenden Denkens durch die Mechanismen der Verdinglichung,
– die Auflösung des Problems der Verhärtung des Herzens (Pharao und hodie, si vocem eius audieritis),
– Theologie im Angesicht Gottes,
– die Sünde wider den heiligen Geist (die Sünde der Übersetzung des reflektierenden Urteils ins bestimmende Urteil, der Verdinglichung, der Feindbildlogik, die Sünde der Welt <im Kontext des Nachfolgegebots, nicht der Opfertheologie>).
Die Theologie im Angesicht Gottes ist eine herzzerreißende Theologie: Sie zerreißt das steinerne Herz (das sentimentale Herz) und ersetzt es durch das fleischerne Herz (ein Herz, in dessen Verletzlichkeit seine erkennende Kraft gründet). – „Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht.“
Auch der Satz, daß Gott am Ende das steinerne Herz durch ein fleischernes ersetzen wird, steht im Imperativ, nicht im Indikativ.
Zu Kafkas Bau: Das Tier hat vierzig Jahre im Untergrund gewühlt, und jetzt steckt es die Nase heraus in der Hoffnung, daß da nicht ein Gärtner mit dem Spaten steht und es erschlägt.
Das Undenkbare denken: Es gibt unendlich viel Hoffnung, nur nicht für uns (Kafka). Auf diesen Satz antwortet eine Theologie, die die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele aufgibt, dafür aber an der Hoffnung auf die Auferstehung der Toten festhält. Nicht für mich (und nicht für die, die unter Rechtfertigungszwängen auf einen gnädigen Gott hoffen), nur für die Andern gilt: Die Liebe deckt eine Menge Sünden zu. Das Jakobus-Wort, daß, wer einen Sünder von seinem Weg des Irrtums befreit, seine eigene Seele vor dem Tode rettet, schließt die Frage mit ein, wer ist dieser Sünder? Ist es nicht der gleiche, über dessen Bekehrung mehr Freude im Himmel sein wird als über die 99 Gerechten?
(Adressaten: Christiane Dannemann, Michael Schwenn, auch Pfarrer Nieder, Antje Vollmer?)
Wenn ich die „objektive“ Analyse einer Sache durch die Erfahrung, die ich mit ihr gemacht haben, ersetze, so ist das der einzige Ausweg, über den ich die Sache selbst noch herauszubringen vermag.
Instrumentalisierung der Anklagepraxis durch die Bundesanwaltschaft (mit dem Ziel der Aussagenerpressung: Angebot der Kronzeugenregelung bei Birgit Hogefeld, Ermittlungsverfahren gegen Steinmetz, Anklage mit Kronzeugenangebot bei Frau Andrawes), dazu paßt die fiktive Anklage im Hogefeld-Prozeß (eine Anklage, die aus den gleichen Gründen, die dann zum Freispruch führten, eigentlich schon bei Prozeßeröffnung hätte zurückgewiesen werden müssen, die aber nur so ihren Zweck erfüllen konnte: die zwar nicht nachgewiesene, aber wegen der Freispruchs der Angeklagten auch nicht mehr revisionsfähige gerichtliche Feststellung, daß Wolfgang Grams den GSG-9-Beamten Newrzella erschossen hat). Steht nicht die Anklagepraxis der BAW, die ein Teil ihres Politikverständnisses ist, in einem so exzessiven Maße unter dem Zwang der Feindbildlogik, daß sie deren Reflexion schon vom Grunde her auszuschließen gezwungen ist?
Steinmetz
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9.11.1996
Adorno, Andrawes, Aristoteles, Ästhetik, Auschwitz, Bekenntnislogik, Benjamin, Dannemann, Feindbildlogik, Grams, Hegel, Heidegger, Hogefeld, Horkheimer, Inquisition, Justiz, Kafka, Kant, Lukacs, Lyotard, Möller, Nieder, Paranoia, Philosophie, Rosenzweig, Schwenn, Sprache, Steinmetz, Theodizee, Theologie, Vollmer -
24.4.96
Zwischen Theorie und Praxis, zwischen Kopf und Hand, liegt die ganze Welt. Deshalb sind wir nicht Herr über die vegetativen Vorgänge in uns.
Der historische Objektivationsprozeß, der in den Weltbegriff mit eingebaut ist, ist die logische Grundlage des Personbegriffs.
Der letzte Satz des Jakobus-Briefs ist eine Radikalisierung des Ezechiel-Worts „dixi et salvavi animam meam“.
Kant-Seminar: Steckt nicht in der Meldung (FR von heute), daß das Frankfurter Oberlandesgericht die Ladung von Steinmetz als Zeuge abgelehnt hat, weil „sein Wissen für die Entscheidung des Gerichts unerheblich“ sei, der Schlüssel zu dem ganzen Verfahren: Dieses Gericht weiß ohnehin eh schon alles und möchte sich durch Zeugen, auch durch den einzigen Zeugen der Vorgänge von Bad Kleinen, nicht verunsichern lassen? – Das Faszinierende dieses Prozesses ist es, daß er es den Beobachtern ermöglicht, real der Konstruktion eines synthetischen Urteils apriori beizuwohnen.
Hängt die Exodus-Geschichte mit dem Schöpfungsbericht zusammen? Das Sabbat-Gebot bezieht sich auf beide. Hat außerdem der Durchzug durchs Schilfmeer vielleicht etwas mit dem zweiten Schöpfungstag, der Trennung der Wasser durch die Feste des Himmels, zu tun?
Nephesch, der biblische Name der Seele, auf den bei dem Verbot, Blut zu vergießen oder gar zu essen, verwiesen wird, hängt mit dem Aufatmen zusammen (vgl. die bei Veerkamp, in dem Sammelband „… so lernen die Völker des Erdkreises Gerechtigkeit“, zitierten Stellen über das Aufatmen Davids, der Sklaven und des Viehs und schließlich Gottes). Ist nicht der Inbegriff dieses Aufatmens der Geist, und atmet Gott nicht in uns auf?
Die Apokalypse ermißt die Distanz zwischen den Völkern und dem Sabbath. Die Braut, das „himmlische Jerusalem“, ist Israel.
Sind es die Knechte und Mägde, die „rechts und links nicht mehr unterscheiden können“?
Hat nicht das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit den Begriff „Lichtjahre“ schon widerlegt, ehe er erfunden wurde? Aber dieser Begriff Lichtjahre stützt das Konzept der Tiefenzeit, ohne das die Naturwissenschaften ihren Rechtfertigungsauftrag, den sie dem Bestehenden schuldig sind, nicht erfüllen können.
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5.3.96
Der Indikativ, das Wissen und die Gewalt: Gestern gab Birgit Hogefeld zu den Pressemeldungen über den suspendierten BKA-Beamten, der gegen das BKA den Verworf erhoben hat, Akten, die Klaus Steinmetz belastet und Birgit Hogefeld entlastet haben sollen, unterdrückt und vernichtet zu haben, eine Erklärung ab, die sehr deutlich von ihren bisherigen Prozeßerklärungen sich unterschied. Zum erstenmal war, so mein Eindruck, so etwas wie ein RAF-Ton zu vernehmen. Während ihre bisherigen Erklärungen vorrangig ihre eigenen Motive (weshalb sie sich der RAF angeschlossen hat) und Positionen (Verurteilung der Ermordung des GI’s Pimental) zum Gegenstand hatten und in der Sprache der Reflexion vorgetragen wurden, versuchte sie hier, die in den Pressemitteilungen bekanntgewordenen Fakten einzuordnen und zu interpretieren, das jedoch in der Sprache des Indikativs, in einem Ton, der nach außen „Wissen“ demonstrierte, in einer Sprache, die leicht als Echo der Sprache des Staatsanwalts sich identifizieren ließ. (Dieser staatsanwaltliche Indikativ ist reflexionslos, er bricht den Dialog ab, läßt nur noch den Weg der Gewalt offen, der „Bestrafung“.) Steht diese Änderung des Tons in Zusammenhang mit dem Besuch von Antje Vollmer, war sie die Reaktion auf den Senatsbeschluß zur Verlegung von Monika Haas in ein Gefängniskrankenhaus? Vgl. hierzu die Ankündigung eines Hungerstreiks, gemeinsam mit Eva Haule.
Staatsschutzprozesse, Verwaltungsentscheidungen, der Indikativ und die RAF: Sind die sprachlichen Formen, in denen sie sich ausdrücken, nicht allesamt Formen des „kurzen Prozesses“: des Verzichts auf Reflexion, des bestimmenden Urteils (des synthetischen Urteils apriori)? In jedem Falle ist der, über den das Urteil, die Entscheidung ergeht, bloßes Objekt. Das „Wissen“, das in diesen Sprachformen sich ausdrückt (und das den gleichen logischen Anspruch erhebt wie die wissenschaftliche Erkenntnis, in deren logischen Kontext auch das Dogma gehört), läßt grundsätzlich keinen Einspruch mehr zu.
Ist nicht das Konstrukt des stellvertretenden Opfers das logische Modell eines Staates, der seinen Bürgern (in den Kasernen, Knästen, Irrenhäusern und Schulen) die Drecksarbeit abnimmt? Wenn der Staat für Ordnung sorgt und durchgreift, kann der Bürger in seinem privaten Bereich verständnisvoll und voller Mitleid sein. Nur daß es auch wiederum Bürger sind, die für den Staat die Drecksarbeit tun, für die der Staat dann allerdings die Verantwortung übernimmt, wobei er zugleich diese Bürger vor dem Vorwurf in Schutz nimmt, ihre Arbeit sei Drecksarbeit. Dafür erwartet er dann ihren Dank. Der Staat ist das Instrument der Vergesellschaftung einer Sündenvergebung, die der Reue und der Umkehr nicht mehr bedarf (der apriorischen „Rechtfertigung“ der Sünde, die in seinem Namen getan wird).
Ist das Sklavenhaus Ägypten nicht auch der Eisenschmelzofen (Dt 420, 1 Kön 851, Jer 114, vgl. auch Ez 2220), und sind dem nicht die subjektiven Formen der Anschauung vergleichbar, die den Indikativ erzwingen?
Der RAF-Ton ist der verbitterte Indikativ, aber ist nicht die Verbitterung von der Erbitterung zu unterscheiden? Erbittert ist, wer am Ziel festhält und sich dabei nicht verbittern läßt. Der Verbitterte hat schon kapituliert.
Der „Glaube an das Gute im Menschen“ ist naiv, er wäre zu ersetzen durch die Lehre vom Feuer (vgl. den Eisenschmelzofen).
Ist nicht das Bekenntnis des Namens das christliche Äquivalent des Tempels: der das Haus des Namens Gottes war? Das reale Bekenntnis des Namens ist die Nachfolge, die in den Bereich hineinreicht, den die Theologie seit je ausgeblendet hat. Ist nicht das Dogma das Instrument dieser Ausblendung (der Feigenbaum, der nur Blätter, keine Früchte trägt)?
Die Theologie im Angesicht Gottes zielt ab auf die Heiligung des Namens, sie holt das Feuer vom Himmel, von dem er wollte, es brennte schon.
Es ist schlimm, aber der Indikativ der RAF ist die Fortsetzung des Stammtischs mit anderen Mitteln: die Anwendung des Vorurteils, das seit je terroristisch war, auf die Quelle des Vorurteils, den Staat.
Der Indikativ ist die Sprache der Verbitterung; verbittert aber wird, wer an dem Schmerz der Erbitterung verzweifelt.
Die Kopenhagener Schule hat die moderne Physik wieder in den Indikativ (in die Herrschaftsform des Inertialsystems) zurückübersetzt, sie braucht die Gewißheit, sie scheut das Feuer. War nicht Weizsäckers Theorie der Energieerzeugung in der Sonne das Werk eines Staatsanwalts? Und stehen nicht alle physikalischen Theorien mit kosmologischem Anspruch seitdem in dieser Tradition (der Urknall, die schwarzen Löcher, das „expandierende Weltall“)?
„Das Wahre ist der bacchantische Taumel, in dem kein Glied nicht runken ist“: Die dogmatische Tradition, die bis in die modernen Naturwissenschaften hineinreicht, verdrängt diesen Taumel, sie verdrängt ihn nach innen, sie verwirrt. Die Flucht vor dieser Verwirrung endete im Positivismus. So hängen der Indikativ des Anklägers und die diabolische Verwirrung (der Taumelkelch) mit einander zusammen.
Lassen sich Strafprozesse nicht danach unterscheiden, wem jeweils Narrenfreiheit gewährt wird? In RAF-Prozesse sind es die Ankläger, während im Auschwitzprozeß die Verteidiger dieses „Privileg“ hatten.
Die Unterscheidung der Narrenfreiheit des Anklägers (im RAF-Prozeß) von der des Verteidigers (im Auschwitz-Prozeß) hat etwas mit der Unterscheidung von Satan und Teufel zu tun. Und gründen nicht beide Formen der „Narrenfreiheit“ im logischen Problem des Beweises, sind nicht beide Instrumentalisierungen des Verfahrens der Beweisumkehr?
Läßt sich der Indikativ (und mit ihm die sprachlogische Form der indoeuropäischen Grammatik insgesamt, insbesondere das Neutrum und der Kernbestand der indoeuropäischen Formen der Konjugation, das Präsens und das Präteritum) nicht als Instrumentalisierung des Verfahrens der Beweisumkehr begreifen? Und ist das nicht die sprachlogische Wirkung der subjektiven Formen der Anschauung, die erstmals Kant in der Antinomie der reinen Vernunft ins Licht gehoben hat? Ist diese Beweisumkehr nicht der innere Motor des Taumels (das Gesetz der Beziehung von Begriff und Gegenstand unter der Herrschaft der subjektiven Formen der Anschauung, das sprachlogische Wertgesetz)?
Blut und Boden: Als Kant die Achtung vor dem Geld aus der Vorstellung, was man damit machen könnte, ableitete, war das Geld noch in erster Linie ein Produktionsmittel, aber nur in Ansätzen eines der Subsistenz; dazu ist es erst in unserer Zeit geworden. Heute ist aus dem Fundament, auf das die Menschen einmal ihr Haus gebaut haben, der Schlund geworden, der sie verschlingt. War der Faschismus, und war insbesondere Auschwitz nicht der Versuch der projektiven Verarbeitung dieser Erfahrung?
Steckt in der kantischen Widerlegung des ontologischen Gottesbeweises (in dem Hinweis auf den Unterschied zwischen dem Geld in meinem Beutel und dem nur gedachten Geld) nicht schon eine Ahnung des ökonomischen Bruchs, der in seiner Philosophie bewußtlos (als Erkenntniskritik) sich ausdrückt? -
19.2.96
Der Verdacht drängt sich immer mehr auf, daß im Bereich der Staatsschutz-Verfahren Leute, die in der Lage wären, zur Aufklärung kritischer Sachverhalte beizutragen (wie z.B. Klaus Steinmetz oder Frau Andrawes), vorsorglich unter Anklage gestellt werden, um
– entweder ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, von ihrem mit der Anklage gegebenen Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch machen zu können,
– oder aber der BAW ein Druck- und Erpressungsinstrument gegen sie an die Hand zu geben: Wenn Du aussagst, wirst Du die Folgen zu spüren bekommen.
Synthetische Urteile apriori oder der Unzuchtsbecher: Das normale Verfahren, zu einer Entscheidung zu kommen, ist es, einen Sachverhalt so genau zu analysieren, daß die Entscheidung aus der Analyse der Sache selbst sich ergibt. Ist nicht das Verwaltungsverfahren (und in Analogie dazu das Beweiserhebungsverfahren in Staatsschutzprozessen) heute in der Regel umgekehrt: Die Entscheidung ist vorgegeben, an die Stelle der Sachverhaltsermittlung aber tritt die nachträgliche Rechtfertigung (Begründung) der vorgegebenen Entscheidung (des Urteils)? Ankläger und Richter in Staatsschutzverfahren aber scheinen ihre Aufgabe nicht nur darin zu sehen, ein vorgegebenes Urteil (ein Vorurteil) nachträglich zu rechtfertigen, sondern dieser nachträglichen Rechtfertigung den Schein einer vorurteilslosen Sachverhaltsermittlung und -feststellung zu geben.
Urteile in RAF-Prozessen sind keine bloßen Urteile mehr, sondern selber bereits Strafen: Sie zielen auf Existenz-Vernichtung.
Im Strafrecht hat die Strafe die gleiche synthetisierende und apriorisierende Funktion, die in der transzendentalen Logik am Objektbegriff und am Kausalitätsprinzip (den Problemen David Humes) sich festmachen lassen. Die Schuld, die das Gericht (als transzendentales Rechtssubjekt) im Urteil feststellt, ist die Schuld, zu der es den Angeklagten verurteilt.
Der Faschismus ist die Explosion jener Logik, deren Grundlage die Todesstrafe ist. -
9.4.1995
Nehmen die Kerubim in der Paradieses- und Sündenfall-Geschichte und in der Vision des Ezechiel die Stelle ein, die im Schöpfungsbericht die Feste des Himmels einnimmt? (Der Herr der Heerscharen ist der, der auf den Kerubim thront; aber: der Himmel ist sein Thron, die Erde der Schemel seiner Füße.)
Bei Ezechiel kommt der Name des Himmels nur als Äquivalent der göttlichen Gesichte und als Attribut der Vögel und der Sterne vor (und nicht als der Thron). – Und in der Paradieses- und Sündenfall-Geschichte? Hat die Schlange etwas mit der Feste des Himmels, die die oberen von den unteren Wassern scheidet, und mit den großen Seetieren zu tun (am Ort der Scheidung, am Eingang des Paradieses, lagern die Kerubim)?
Wenn am Ende der Himmel wie eine Buchrolle sich aufrollt: Ist das das Buch, das der Apokalyptiker ißt, und es ist „im Munde süß, im Magen bitter“? Im Munde süß: Ist das nicht die sapientia?
Haftet nicht an der Lehre von den vier Elementen (und den vier humores) der Mangel, daß das Bittere und das Süße darin nicht vorkommt (nur die äußeren, quasi physikalischen Qualitäten: trocken und feucht, warm und kalt)?
Grimm und Zorn sind durch ihre Richtungsdifferenz zu unterscheiden: Was als Zorn nach außen sich kehrt, geht als Grimm nach innen.
Die Beziehung des Kelches zu den subjektiven Formen der Anschauung gründet in der beiden gemeinsamen Abstraktion von der Gottesfurcht.
Haben die Verben erschaffen, creare und ktizein (hebr. bara) außer ihrer gemeinsamen Bedeutung auch gemeinsame Konnotationen?
Habermas: Strukturwandel der Öffentlichkeit – endlich lesen? Reflektiert nicht der Begriff der Öffentlichkeit die Herrschaft des männlichen Blicks (den objektivierenden Bann des Weltbegriffs), und sein „Strukturwandel“ die Geschichte dieses männlichen Blicks? Gründet der habermassche Begriff der Kommunikation, des Diskurses, sein Begriff der Objektivität als Intersubjektivität, nicht in dieser Konstellation, auch seine Weigerung, Natur in die Reflexion mit aufzunehmen? Zugrunde liegt die Neutralisierung der dialogischen Struktur der sprachlich fundierten Objektivität, die Leugnung des Lichts (oder die Leugnung der Scham, der Wurzel der asymmetrischen Struktur des Begriffs der Objektivität, auch der „Öffentlichkeit“: die Scham ist zusammen mit ihrem objektivitätsbegründenden Pendant, dem Weltbegriff, der Grund der Asymmetrie zwischen mir und dem Andern).
Kritik des Absoluten: Das Eine ist nicht nur das Andere des Anderen. Die Beziehung des Einen zu seinem Anderssein (zu seinem Sein-für-Andere) ist asymmetrisch: Die Scham bezeichnet die Grenze. Die Idee des Absoluten leugnet diese Schamgrenze; sie begründet den Objektbegriff und eröffnet das Reich der Gemeinheit.
Urbild der Gemeinschaft ist die Schicksalsgemeinschaft: die Volksgemeinschaft. Zu den Gründen jeder Gemeinschaft gehört die Bekenntnislogik; wie diese ist die Gemeinschaft ein Produkt der Vergesellschaftung, kein Ausweg daraus. Die Gemeinschaft transformiert die Asymmetrie der Scham ins Kollektiv: Der schambegründende (und so die Gemeinschaft „zusammenschweißende“) Außenblick wird dingfest im Feindbild (dem stärksten Kitt jeder Gemeinschaftsbildung).
Die raf hatte diese ungeheure Bedeutung, dem Feind im Innern der Gemeinschaft ein Symbol zu geben. In dieser neuen Konstellation, die die Nachkriegsära kennzeichnet, gehört zur Gemeinschaft als Gegenbild die Bande (Produkt der Externalisierung der Familienbande). – Gehört nicht auch Stammheim zu den Metastasen von Auschwitz (und ist das, was hier geschehen ist, deshalb so schwer aufzuarbeiten)? Fast macht es schon keinen Unterschied mehr, ob die Tode von Stammheim auf Mord oder Selbstmord zurückzuführen sind: Auch der Selbstmord wäre nur als induzierter Selbstmord in einem ungeheuren vorurteils-logischen Konstrukt, das längst beide Seiten ergriffen hatte, zu begreifen. Das dämonische Zwielicht und die dämonische Zweideutigkeit, die diese Ereignisse kennzeichnen (und die es so schwer machen, Taten der raf und das Handeln der Geheimdienst des Staates auseinander zu halten), beherrschen die ganze Nachgeschichte über die Startbahn-Morde bis hin zu Bad Kleinen (über Ingo Herbst zu Steinmetz). Adornos Satz, daß die Welt sich immer mehr der Paranoia angleicht, die sie doch zugleich falsch abbildet, läßt sich an der Geschichte des linken Terrorismus in Deutschland wie an einem Laborfall studieren.
Umkehrung der transzendentalen Logik: Hat nicht die Bundesanwaltschaft die selffulfilling prophecy (oder auch das double bind) längst zu einem technischen Instrument der Erkenntnisgewinnung (der „Ermittlung“) und der technischen Beherrschung der Strafverfahren gemacht (und das Urteil am Ende zu einem synthetischen Urteil apriori)?
Was bedeutet es, wenn in der speziellen Relativitätstheorie ein empirisches Moment zu einem apriorischen des Systems geworden ist? In welche Beziehung werden die Kategorien Ding und Ereignis gerückt (Tatsache: der Begriff ist im 18. Jhdt aus dem engl. matter of fact, dieser aus dem lat. res facti entstanden)?
Beziehung der „Sünde der Welt“ zu den „subjektiven Formen der Anschauung“ (Kritik der Form des Raumes): Den Begriff der Sünde aus dem autoritären Kontext (aus dem Blick des Herrn) herauslösen. -
5.4.1995
Wie verhält sich die Geschichte von Simon von Cyrene, der das Kreuz Jesu auf sich nimmt, zum Nachfolgegebot, in dem es heißt, daß, wer sein Jünger sein will, „sein Kreuz“ auf sich nehmen und ihm nachfolgen soll. Ist das Kreuz (das eigene wie das Kreuz Jesu) das Kreuz aller (vgl. die „Sünde der Welt“)?
Simon von Zyrene war der Vater des Alexander (in Ephesus?, vgl. Apg 1933, 1 Tim 120, 2 Tim 414) und Rufus (in Rom, mit seiner Mutter, Röm 1613).
Zyrene war die Hauptstadt der Cyrenaika, des heutigen Libyen (seit 67 v.Chr. Teil der röm. Provinz Kreta, Sitz einer starken jüdischen Bevölkerungsgruppe, mit einer eigenen Synagoge in Jerusalem).
Ist die Philosophie der Schlaf der Welt und das Dogma der Traum des Nebukadnezar? (Gibt es nicht auch eine inhaltliche Beziehung des Traums zum Dogma und seiner Geschichte? Vgl. die Materialien des Standbilds, das N. in seinem Traumgesicht schaute: Gold, Silber, Erz, Eisen, Eisen/Ton, die die Phasen der Aufklärungsgeschichte symbolisieren. Am Ende hat N. Gras gefressen wie das Rind.)
„Laß leuchten, Herr, Dein Angesicht“: Gilt der Satz, daß die Attribute Gottes im Imperativ stehen, nicht auch für diesen Vers?
Paranoia: Kann es sein, daß (spätestens seit Stammheim) auch in der SPD nur noch Leute etwas werden können, die den Geruch der Komplizenschaft an sich tragen (nach Hans Jochen Vogel jetzt Scharping, dessen Behörden den V-Mann Steinmetz betreuten)?
Staatsräson: Denn also schloß er messerscharf, daß nicht sein kann, was nicht sein darf.
Weder rechtfertigen die Taten der raf die Mittel, mit denen sie verfolgt wurde, noch rechtfertigen diese Mittel nachträglich die Taten. Hätte die raf die Nazizeit begriffen, hätte sie auch die Phantasie gehabt, die Folgen ihrer Taten sich vorzustellen. Selbst wenn die raf geglaubt hat, durch den Hinweis auf die Reaktionen des Staates den sinnlichen Beweis seines faschistischen Wesens führen zu können: Wer die Nazizeit erfahren hat, weiß, daß dieser Beweis nicht genügt. Es muß auch eine Öffentlichkeit geben, die bereit und fähig ist, diesen Beweis wahrzunehmen. Wer die Wahrheit nur alleine kennt, kennt sie nicht. An den Gemeinheitskern politischer Gewalt reichen terroristische Aktionen nicht heran (vgl. Lyotards Rekonstruktion des perfekten Verbrechens: das ungeheure politische Gewicht des „falschen Zeugen“, Erbe der „List der Vernunft“).
Binden und Lösen: Die Rekonstruktion der benennenden Kraft der Sprache setzt die Kritik der Raumvorstellung voraus. Hierauf bezieht sich das Symbol der Befreiung von den sieben unreinen Geistern und der Lösung der sieben Siegel. Zwischen Name und Begriff steht der Raum, der Namen in Begriffe verwandelt, während seine Reflexion den Bann des Begriffs löst und den Namen freisetzt. Der Raum domestiziert den Fremden, indem er ihn zum Anderen macht (das individuelle Korrelat des Namens zum allgemeinen Nicht-Ich).
Nackte Tatsachen: Wer (wie der Staat) hinter dem Rücken der andern handelt, stellt sie vor vollendete Tatsachen. Alle Tatsachen haben ihre Urheber, und dazu gibt es zwei Verhaltensweisen:
– Sich mit den Tatsachen abfinden, sie (wie Kant die Empfindungen) unterm Gesetz des Eigeninteresses als schicksalhaft „gegeben“ ansehen, oder
– sie (im Licht des emanzipatorischen Interesses) als Gegenstand der Reflexion und als Grundlage der Selbstaufklärung und des verändernden, eingreifenden Handelns begreifen .
Was haben die „vollendeten Tatsachen“ mit der Sünde der Welt zu tun? (Hegels Logik ist die Selbstreflexion der Sünde der Welt.)
Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie