Theologie

  • 25.4.96

    Dritte Person: Wer die „zwischenmenschlichen Beziehungen“ privatisiert, sie auf Beziehungen zwischen erster und zweiter Person reduziert (auf das Schema der „Begegnung“), macht Gott zur dritten Person, zu einem, über den man reden kann. Er macht die Theologie zur Theologie hinter dem Rücken Gottes. In dieser Konstellation sind die Menschen zwar „nett zueinander“, das aber nur, weil sie entschlossen die Folgen dieses Nettseins nicht mehr wahrnehmen. – Vgl. hierzu Walter Bindemann „… Gutes tun und leihen …“ (in Füssel, Segbers „… so lernen die Völker des Gerechtigkeit“, S. 259ff): Anstatt aus den Texten über das Leihen und Zinsnehmen die Verhältnisse, aus denen sie stammen, herauszulesen, werden sie unmittelbar auf die Gegenwart, auf die sie nicht passen, angewandt. Vergessen wird, daß zwischen den biblischen Texten und uns zweitausend Jahre Christentum liegen.
    Macht nicht Walter Bindewald die Feindesliebe zu einer Gesinnungsfrage, weil er das Strukturproblem (das gesellschaftliche Problem), das in diesem Gebot steckt, und auf das dieses Gebot die Antwort ist, nicht sieht?
    Der Glaube an die magische Macht der Verurteilung, der dem Satz „Alles verstehen heißt alles verzeihen“ zugrunde liegt, ist ein Teil der Bekenntnislogik (des Feigenblatt-Syndroms). Er verhindert heute das Begreifen dessen, was unterm Nationalsozialismus in Deutschland geschehen ist, und versperrt so den einzigen Weg, auf dem die Wiederholung des Grauens sich ausschließen läßt. – Die Diskriminierung des „Negativismus“ der kritischen Theorie steht unter dem Bann einer säkularisierten Bekenntnislogik; deshalb brauchte Habermas seinen „Verfassungspatriotismus“: um dem Bekenntnis einen Inhalt, der Bekenntnislogik ein Objekt zu geben.
    Am Modell eines Naturschutzes, der heute der Verwaltung übertragen wird, lassen sich das Konstrukt und die Folgen der Ideologisierung des Unschuldstriebs demonstrieren: Die Wachteln, die Libellen und der Enzian werden ideologisiert, um den Allmachtsphantasien der Verwaltung das Alibi und den nötigen Freiraum zu verschaffen.
    Mit dem Schwur wurden in der altorientalischen Welt Verträge besiegelt; deshalb waren die Tempel der Ort, an dem Verträge abgeschlossen wurden: im Angesicht der Götter, die als Zeugen angerufen wurden. Der Schwur besiegelte die wechselseitige Selbstbindung zweier Partner (war die hierbei zwangsläufige Instrumentalisierung der Götter nicht das Objekt des prophetischen Vorwurfs der Idolatrie und der Hurerei?). Mit der Anrufung des Gottes wurde sein Gericht auf den herabgerufen, der den Vertrag verletzte. Der Staat hat dieses Instrument der Sanktionierung der Vertragsverletzung in der Ausbildung des Rechts dann rationalisiert und selber instrumentalisiert.
    Die subjektiven Formen der Anschauung, das Geld und die Bekenntnislogik konstituieren die private Welt. Ist nicht das Private der Spiegel des nationalistisch gewendeten Politischen?

  • 24.4.96

    Zwischen Theorie und Praxis, zwischen Kopf und Hand, liegt die ganze Welt. Deshalb sind wir nicht Herr über die vegetativen Vorgänge in uns.
    Der historische Objektivationsprozeß, der in den Weltbegriff mit eingebaut ist, ist die logische Grundlage des Personbegriffs.
    Der letzte Satz des Jakobus-Briefs ist eine Radikalisierung des Ezechiel-Worts „dixi et salvavi animam meam“.
    Kant-Seminar: Steckt nicht in der Meldung (FR von heute), daß das Frankfurter Oberlandesgericht die Ladung von Steinmetz als Zeuge abgelehnt hat, weil „sein Wissen für die Entscheidung des Gerichts unerheblich“ sei, der Schlüssel zu dem ganzen Verfahren: Dieses Gericht weiß ohnehin eh schon alles und möchte sich durch Zeugen, auch durch den einzigen Zeugen der Vorgänge von Bad Kleinen, nicht verunsichern lassen? – Das Faszinierende dieses Prozesses ist es, daß er es den Beobachtern ermöglicht, real der Konstruktion eines synthetischen Urteils apriori beizuwohnen.
    Hängt die Exodus-Geschichte mit dem Schöpfungsbericht zusammen? Das Sabbat-Gebot bezieht sich auf beide. Hat außerdem der Durchzug durchs Schilfmeer vielleicht etwas mit dem zweiten Schöpfungstag, der Trennung der Wasser durch die Feste des Himmels, zu tun?
    Nephesch, der biblische Name der Seele, auf den bei dem Verbot, Blut zu vergießen oder gar zu essen, verwiesen wird, hängt mit dem Aufatmen zusammen (vgl. die bei Veerkamp, in dem Sammelband „… so lernen die Völker des Erdkreises Gerechtigkeit“, zitierten Stellen über das Aufatmen Davids, der Sklaven und des Viehs und schließlich Gottes). Ist nicht der Inbegriff dieses Aufatmens der Geist, und atmet Gott nicht in uns auf?
    Die Apokalypse ermißt die Distanz zwischen den Völkern und dem Sabbath. Die Braut, das „himmlische Jerusalem“, ist Israel.
    Sind es die Knechte und Mägde, die „rechts und links nicht mehr unterscheiden können“?
    Hat nicht das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit den Begriff „Lichtjahre“ schon widerlegt, ehe er erfunden wurde? Aber dieser Begriff Lichtjahre stützt das Konzept der Tiefenzeit, ohne das die Naturwissenschaften ihren Rechtfertigungsauftrag, den sie dem Bestehenden schuldig sind, nicht erfüllen können.

  • 22.4.96

    Enthält nicht der Gottesname Vater genau die Kritik an den realen Vätern, die in den Evangelien so deutlich sich widerspiegelt? Das Wort „Laßt die Toten ihre Toten begraben“ gilt einem, der erst seinen Vater begraben wollte, bevor er ihm nachfolgte. Es entbehrt nicht der Ironie, wenn das Christentum dann – von den Kirchenvätern bis zum „Heiligen Vater“ – zu einer „Religion der Väter“ geworden ist (die Kirchen aber nur von Müttern und Kindern bevölkert sind).
    Wird der Satz, daß die Attribute Gottes im Imperativ und nicht im Indikativ stehen, nicht durch den Gottesnamen „Vater“ verletzt? Ist dieser Name nicht ein Tabu über die Väter? Der jesuanische Gottesname Vater richtete sich gegen das (väterliche) Richten, es war der Versuch, der Barmherzigkeit eine Schneise zu schlagen: Dieser Vater war einer, der Bitten erhörte und nicht Steine statt Brot und eine Natter anstatt eines Fisches gab. Dieser Vater gehört zum Motto der „Bekehrung der Herzen der Väter zu ihren Kindern“. Patriarchatskritik ist Väter-, nicht Männerkritik (ihr Objekt ist der politisch-ökonomisch determinierte römische pater familias, der privatisierte Pharao).
    Der Vater verkörpert die Vormacht des Vergangenen. Das Inertialsystem ist patriarchalisch.
    Was hat die Trinitätslehre mit der grammatischen ersten, zweiten und dritten Person zu tun?
    Jeder Schuldzusammenhang ist ein hierarchischer Zusammenhang; die kopernikanische Wende hat diesen hierarchischen Zusammenhang universalisiert, damit scheinbar neutralisiert, in Wirklichkeit aber nur verdrängt. Das Objekt ist eine Stufe in einer hierarchischen Ordnung, die keinen Anfang und kein Ende, keine Basis und keine Spitze hat.
    Die Stufen der Hierarchie sind Subsumtionsstufen, Stufen der Herrschaft der Vergangenheit über die Zukunft. Der Rang hierarchischer Mächte gründet in ihrem Alter: Das Höchste ist das Älteste. Begriffliches Denken ist in sich selber hierarchisch, und d.h. zeitlich organisiert. Die hierarchische Ordnung ist eine Schwurordnung, eine Ordnung der Selbstbindung – ist sie deshalb eine Siebener-Ordnung? Der Schwur besiegelt das Zeugnis und die die Zeugenschaft, begründet das Wissen, das im Urteil sich erfüllt. Ist die Ordnung des Raumes in ihrer Wurzel, in der Orthogonalität des Raumes, eine Schwurordnung (und liegt hier der Grund, weshalb die Entdeckung der Winkelgeometrie, zusammen mit der Logik des Beweises, die Philosophie – und die Begriffe von Natur und Welt – begründet hat)?
    Ist die Lösung des Rätsels der der Beziehungen der drei Totalitätsbegriffe (die unser Denken organisieren und beherrschen), der Begriffe Wissen, Welt und Natur, zugleich die Lösung des Rätsels, weshalb der Raum drei Dimensionen hat?
    Die Orthogonalität macht das Ungleichnamige gleichnamig (durch Veranderung identisch), sie begründet die Ordnung der Beweislogik und des Wissens (der synthetischen Urteile apriori, die Totalität der Erscheinungen, die von der Sphäre der Wahrheit geschieden ist).
    Gründet die Idee der Auferstehung in einer Idee der Vergangenheit, die am Ende völlig durchsichtig geworden ist (in der Kritik eines Begriffs der Geschichte, der die Vergangenheit des Vergangenen, indem er es erkennt, bestätig und besiegelt)?
    Lotterie: Das Geld hat die Erfüllung verdinglicht und als verdinglichte endlich gemacht; sie hat zugleich die Begierde grenzenlos wie den Raum gemacht. Seitdem ist die Kausalität universal geworden, während die Teleologie aus dem Bereich der erkenntnisleitenden Prinzipien ausgeschieden worden ist.
    Das Geld (und nicht die sexuelle Begierde) ist der Grund der concupiscentia, der Animalität (der durch Instrumentalisierung irrational gewordenen Vernunft).
    Jils Sander: Die Menschen möchten heute mit dem Ballast der Moral auch den der Kultur abwerfen. Aber das geht nur mit Hilfe des Schuldverschubsystems, der projektiven Verarbeitung der Last, ihrer Umformung ins Joch für andere. Das Fernsehen leistet hierzu erste Hilfe (für die Bewußtseinsindustrie ist das Bewußtsein eine zu bearbeitende Materie).
    Die Beziehung der Pflanzen- und Tierwelt zur Sternen-, genauer zur Planetenwelt (im alten, astrologischen Sinne) ist ein Hinweis auf erkenntniszerstörende Gewalt der kopernikanischen Wende: auf die Gewalt des mit dem heliozentrischen System konstituierten Totenreichs, der Trennung der Dinge vom Grund des Lebens, der Wirkung des Inertialsystems, das Naturerkenntnis erkauft um den Preis der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit.
    Die „Kultur der Empfindlichkeit“ ist in jedem Sinne pathologisch; aber diese Pathologie rührt an den Grund der Welt: Ist nicht das Planetensystem ein Spiegel dieser Kultur der Empfindlichkeit?

  • 21.4.96

    Der Handel verwandelt die ganze Welt in ein Äußerliches.
    Hängt nicht das Jesus-Wort, daß der Schriftgelehrte, der für das Himmelreich unterrichtet ist, einem Hausvater gleicht, der Altes und Neues aus seinem Schatz hervorholt (Mt 1352), mit den siebzig Sinnstufen, die jede Textstelle nach jüdischer Tradition hat, zusammen? Wer sich auf eine Interpretation festlegt, vergewaltigt die Schrift.
    Der letzte Satz des Jakobus-Briefs: „Wer einen Sünder von seinem Irrweg bekehrt, der wird seine (eigene) Seele vom Tode retten und eine Menge Sünden zudecken“ (520) erinnert an das Jesus-Wort, daß „im Himmel mehr Freude sein wird über einen Sünder, der Buße tut, als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen“ (Lk 157). Die „Bekehrung“ ist demnach wichtiger als die Verurteilung, wichtiger auch als das eigene Nichtsündigen, die eigene „Unschuld“; und hat das nicht auch etwas mit der Geschichte von den sieben unreinen Geistern zu tun? Ist der Gedanke so abwegig, daß die Befreiung der Maria Magdalena von den sieben unreinen Geistern die Voraussetzung der Auferstehung Jesu, daß sie das Modell der von Jakobus genannten Bekehrung war?
    Das „Ich denke, das alle meine Vorstellungen muß begleiten können“, ist das Einheitsprinzip, das logische Gesetz, durch das „alle meine Vorstellungen“ (und zwar als „meine“ Vorstellungen) aufeinander sich beziehen. Es ist die Keimzelle der Hegelschen Logik, die eine Eigentumslogik ist (die Dialektik reflektiert den Prozeß – den „bacchantischen Taumel“ -, in den das Wahre hereingezogen wird, wenn es ins Kraftfeld der Eigentumslogik gerät).

  • 20.4.96

    Wie reflektiert sich die Trennung der „subjektiven Formen der Anschauung“ in die der äußeren und der inneren Anschauung in der Logik des Geldes und in der Bekenntnislogik? Und ist diese Trennung nicht in der von Natur und Welt begründet (ist der Begriff des Weltgerichts nicht im Weltbegriff enthalten, aus seiner Logik ableitbar)?
    Kann man den Versuch, aus der Struktur des Gehirns das Bewußtsein abzuleiten, nicht mit dem Versuch vergleichen, aus der Konstruktion einer Lokomotive den Lokomotivführer abzuleiten?
    Die Schlange war das klügste aller Tiere/ Seid klug wie die Schlangen …: In der Tradition ist der Begriff des Tieres immer an das Kriterium der Sexualität angehängt worden; das Animalische im Menschen war das Sexuelle, der Trieb. Der Paradigmenwechsel, der sich ergibt, wenn der Begriff des Tieres anstatt an den Sexus und die Fortpflanzung (und damit an den Gattungsbegriff), an den Weltbegriff gebunden wird, rückt die „Klugheit“ der Schlange in ein anderes Licht: es ist die Klugheit der Welt, die Klugheit der instrumentellen Vernunft.
    Die Subjektivierungsgeschichte ist durch die Idee der Einheit der Welt (an der die Einheit des Subjekts, dem Kristallisationskern der instrumentellen Vernunft, hing) erzwungen worden.
    In diesen Zusammenhang gehört der Hegelsche Satz, daß „die Natur den Begriff nicht halten“ kann; ein Satz, den Hegel mit dem Hinweis auf die verschiedenen Arten und Gattungen der Tiere begründet. Gäbe es nur die eine Welt, dann dürfte es auch nur ein Tier geben. Rührt das nicht an die Bedeutung des Tiersymbols in der Apokalypse?
    Die Einheit der Welt liegt nicht in ihr selbst begründet, sondern in den subjektiven Formen der Anschauung, Index der vergesellschafteten Subjektivität. Deren Einheit aber ist durchs Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit gesprengt worden.
    Es gibt so viele Welten wie es Gattungen und Arten der Tiere gibt.
    Der Begriff der Gattung schließt Tod und Fortpflanzung mit ein. Tiere pflanzen sich fort und sterben (sind eingebunden in das „Rad des Lebens“); Tische und Stühle dagegen gehören keiner Gattung an (sie sterben nicht und pflanzen sich nicht fort), stehen nur in einer Subsumtionsbeziehung zu ihrem Namen.
    Aus dem Bann der Welt führt allein die Sprengung des Banns des Begriffs, die Befreiung der Kraft des Namens, heraus.
    Die biblischen Tieropfer beziehen sich allesamt auf gehörnte Tiere; heißt das nicht auch, daß sie sich allesamt auf grasfressende Tiere beziehen? Raubtiere sind keine Opfertiere (andere Völker beziehen zwar andere, nicht gehörnte Tiere, wie Pferd und Schwein, mit ein, aber keine Raubtiere).
    Ist das Aufspannen des Himmels („der den Himmel aufgespannt und die Erde gegründet hat“) ein gegen die Gewalt des Inertialsystems (und auf die Konstituierung des Angesichts) gerichteter Schöpfungsakt? Dieser Himmel ist im kopernikanischen System implodiert. Unterm Bann der Selbsterhaltung hat die Menschheit dem Aufspannen die Konstruktion von blinder Gewalt und starrer Herrschaft entgegengesetzt, deren Realsymbol das Inertialsystem ist.
    Nur wer die Last auf sich nimmt, befreit sich von ihr: Deshalb ist die Reflexion der Vergangenheit, das Eingedenken, ein wesentliches Element der Theologie.
    Das Gravitationsgesetz hat den Schwur instrumentalisiert (der Schwur ist eine auf die Zukunft bezogene Selbstbindung, die Gott zum Zeugen anruft; sind Schwur und Zeugenschaft nicht Definitionselemente des Raumes, der subjektiven Form der äußeren Anschauung: Zusammenhang von Mathematik und Beweislogik und deren Beziehung zur Verwirrung des Namens, zum Nominalismus?). Das könnte den Namen der Planeten (Irrsterne) erklären.

  • 19.4.96

    Heißt alles verstehen wirklich alles verzeihen? Käme es nicht darauf an, auch das, was nicht verziehen werden kann, noch zu verstehen? Erst diese Maxime macht der Gemeinheit ein Ende.
    Was nicht vergeben werden kann, ist in der Schrift präzise bezeichnet: Die Sünde wider den Heiligen Geist.
    Faschistisch wird der Satz „Alles verstehen heißt alles verzeihen“ in der Selbstanwendung; er ist einer der Gründe für des pathologische gute Gewissen: Insbesondere alte Nazis haben unendlich viel Verständnis für sich selbst. Hängt hiermit nicht die Beziehung der Fundamentalontologie zum pathologisch guten Gewissen, die in die Fundamentalontologie eingebaute Exkulpationsautomatik, hiermit zusammen?
    Die Empörung verurteilt und blendet zugleich jedes Verständnis für das, worüber ich mich empöre, aus: Die Empörung gehört zu den Konstituentien des Objektbegriffs, durch den hindurch ihre Logik sich reproduziert. Wird hier nicht die Beziehung des Objektbegriffs zur Opfertheologie, aus der er hervorgegangen ist, erkennbar?
    Die Entsühnung der Welt entsühnt zu viel und zu früh (die wirklich entsühnte Welt wäre die zukünftige Welt).
    Der Kreuzestod war beides: Die Kritik und der Verstärker des Weltbegriffs.
    Der Empörte „weiß nicht, was er tut“; er gehört zu denen, die Jesus gekreuzigt haben.
    Jonas im Bauch des Fisches: Man kann die Philosophie und die Herrschaftsstrukturen, die in ihnen sich widerspiegeln, nicht in dem Sinne „widerlegen“, als wären sie damit entkräftet und ohne Bedeutung; man steckt mitten drin und kann allein durch Reflexion darüber sich selbst Rechenschaft geben, ihrem Bann sich entziehen. Deshalb hilft das Verurteilen nicht, im Gegenteil: es weckt und nährt die magischen Kräfte, die den Urteilenden in den Bann seines Objekts ziehen.
    Sartres Satz: Die Hölle, das sind die Anderen, bedarf nur einer einer kleinen Wendung, um ihn der Wahrheit zuzuführen: Die Hölle, das sind wir für die Anderen.
    Wider das eindeutige Wort „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“ hat das Christentum die Verurteilungsautomatik als Exkulpationsautomatik mißverstanden und mißbraucht. Der Begriff der „Entsühnung der Welt“ bezeichnet genau diesen Punkt des Mißbrauchs.
    Es gibt nicht zwei, sondern drei Bekenntnisbegriffe: Das Schuldbekenntnis (vor dem Opfer der Tat und vor Gott), das Glaubensbekenntnis (vor der Gemeinde), aber auch das Bekenntnis der Solidarität mit dem Opfer vor dem Verfolger (Cohens Bekenntnis: Ich bin Jude).
    Gibt es nicht einen Zusammenhang von „Saul unter den Propheten“ mit Paulus als „Hebräer unter Hebräern“? Zitiert nicht das Neue Testament in den Namen fortwährend das Alte, dessen Elemente es in neue Konstellationen rückt? Diese „Verrückung“ ist vorgezeichnet durch den Ursprung und die logische Gewalt des Weltbegriffs.
    Das telos der Beweislogik ist die Verurteilung (der Bestand des Objekts).
    Beim Namen werde ich gerufen, unter den Begriff werde ich subsumiert (unterm Begriff erscheint meine „Natur“). Der Name ist das Element der Auferstehung, der Begriff ist der Kern und der Ursprung der Bekenntnislogik, des Konfessionalismus (er konstituiert die stumme Gemeinde).
    68 ist 4 x 17, 69 ist 3 x 23, 72 ist 2 x 36.
    – 17 ist die Grundzahl der Anzahl Fische, die die Jünger gefangen hatten,
    – 23 ist die Grundzahl der Zahl der beim Schiffbruch vor Malta Geretteten, und
    – 36 ist die Grundzahl der Zahl des Tieres, die die Zahl des Namens eines Menschen ist.
    Kann es sein, daß der Satz vom Binden und Lösen auf die Beziehung des Innen-Außen-Paradigmas zum Im Angesicht-Hinter dem Rücken-Paradigma sich bezieht (Beziehung der Kirche zu Israel und zu den Heiden)?
    Ihr seid das Licht der Welt: Ich meine, es ist zu wenig, wenn wir nur im Binnenraum der Gemeinde das Licht anzünden. Das Licht wird erst dann zum Licht, wenn es die Welt hell macht (wenn wir an die Stelle der Bekehrung die Umkehr setzen).
    Drückt nicht in der merkwürdigen Wahrnehmung, daß „moderne“ Kirchen die Innnenwand wie eine Außenwand behandeln (durch Verwendung von unverputzten Ziegel oder Grobputz), ein entscheidender „kirchenhistorischer“ Sachverhalt sich aus: die Hereinnahme der Außenwelt in den Innenraum der Kirche. Machen wir nicht die Außenwelt zur Innenwelt; ziehen wir die Differenz zwischen Außen und Innen damit nicht ein, ohne daraus die Konsequenzen zu ziehen? (Für die Nachkriegsgeneration gibt es keine Kirche mehr.)
    Theologie im Angesicht Gottes, das wäre eine Theologie, die das Gebet als „Methode“ begreift (und damit erstmals das Gebet begreift).
    Urhäresie: Hat nicht die Gnosis zu einem heute noch offenen Problem nur die falsche Lösung präsentiert? Dann aber wäre daran zu erinnern, daß die Verurteilung der falschen Lösung, auch wenn sie wahr ist, noch nicht die wirkliche Lösung garantiert.

  • 18.4.96

    Kritik der Lehre von der Unsterblichkeit der Seele: Wann und an welchem Feuer hat sich das Subjekt entzündet (Pathologie der Empfindlichkeit)?
    Die Subjektivierungsgeschichte, die über die sinnlichen Qualitäten die Herrschaftskritik und am Ende die Schuld ergreift, steht unter dem logischen Zwang des Objektbegriffs. Mit dem Objektbegriff ist die Subjektivierungsgeschichte mitgesetzt, aber in diesem Objekt, das seine eigene Projektion ist, erkennt das leere Subjekt am Ende nur noch sich selber wieder.
    Zum historischen Objektivierungsprozeß gehört die Ausgrenzung der Barbaren, die im Christentum unter dem Namen der Heiden sich wiederholt.
    Adornos Philosophie ist der ungeheure Versuch, den Bann einer Logik zu brechen, die nur so lange wirksam ist, wie sie dem Licht des Bewußtseins sich entzieht. Dieses Verfahren hat etwas mit dem Satz zu tun: Ihr seid das Licht der Welt. Und mit dem Satz: Der ich schaffe die Finsternis und bilde das Licht.
    Hinter dem Rücken: Das ist die Gemeinheit, die sich zugleich selbst verleugnet und dementiert, die nicht weiß, was sie tut; die das pathologisch gute Gewissen gleich mitliefert.
    Die Bilder der Schrift gehorchen einer Symbollogik, die eine Sprachlogik ist.
    Die Instrumentalisierung gehorcht dem Gesetz der Verwüstung und befördert es zugleich.
    War nicht die theoretische Entwicklung der Naturwissenschaften mit Planck und Einstein beendet, und alles weitere bloße Ausmalung eines Bildes, dessen Rahmen und dessen Grundmotiv vorgegeben war?
    Schließt der Plural in dem Wort „Lasset uns den Menschen machen“ nicht schon die Menschen mit ein (die an ihrer eigenen Menschwerdung mitzuwirken berufen sind)?
    Hören und Sehen: Das Wissen gründet in der optischen Erinnerung (im „Gesehenhaben“), die Offenbarung im Hören.
    Daß die ganze Schöpfung auf die Freiheit der Kinder Gottes wartet, heißt das nicht, daß die ganze Schöpfung auf die Freiheit zur Schuldreflexion (die Freiheit vom Rechtfertigungszwang) wartet, die auch die Natur vom Bann befreit?
    Mit dem Urschisma haben nicht nur wir uns von den Juden getrennt, sie ihres Namens beraubt, indem wir uns als das neue Israel definierten, wir haben zugleich die Völker, die wir selber sind, zu Heiden umdefiniert und externalisiert: So sind wir erst zu „Heiden“ geworden.

  • 17.4.96

    Die Blüte und das Angesicht sind Widerlegungen der kopernikanischen Wende, der Konstituierung der subjektiven Formen der Anschauung; gäbe es den unendlich ausgedehnten Raum, so würde es die Blüte und das Antlitz des Andern nicht geben.
    Das Angesicht Gottes finde ich im Antlitz des Andern (in Seinem Ebenbild), nicht in mir selbst (und nicht im Spiegel): Da stehe ich mir selbst im blinden Fleck.
    Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten, daß sie nackt waren: Die subjektiven Formen der Anschauung sind das Produkt der Verinnerlichung des Blicks des Andern. (Die Verwaltung ist das Produkt der gesellschaftlichen Institutionalisierung des Blicks des Andern. Insofern hängt die Geschichte der Verwaltung mit der Geschichte des Ursprungs der naturwissenschaftlichen Erkenntnis, des Inertialsystems, zusammen.)
    Läßt sich die Abstraktion vom Blick des Andern, Voraussetzung der Konstruktion der subjektiven Formen der Anschauung, nicht am Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit demonstrieren, mit seiner Hilfe nachweisen?
    Die Bekenntnislogik gründet in der Umkehr und Instrumentalisierung der Schuld, das Geld in der Umkehr und Instrumentalisierung der Herrschaft, das Inertialsystem (die subjektiven Formen der Anschauung) in der Umkehr und Instrumentalisierung der Erkenntnis. – Wie hängen diese drei mit den drei Totalitätsbegriffen, mit Natur, Welt und Wissen, zusammen?
    Verweist die Stelle im neuen Welt-Katechismus, in dem es heißt, daß Maria „mit liebender Zustimmung“ dem Kreuzestod ihres Sohnes beiwohnte, nicht auf eine Versuchung, die im Konstrukt des „stellvertretenden Leidens“ mit enthalten ist: daß nämlich die Theologie nur noch das instrumentalisierte Leiden kennt, den Ausdruck des unmittelbaren Leidens aber nicht mehr erträgt.
    In der Mathematik und in seiner Beziehung zu den Medien ist jeder für sich; die Mathematik und die Medien begründen das Kollektiv der Einsamen, das stumme Kollektiv (Produkt der Trennung von Sprache und Realität).
    Thomas von Aquin hat noch gewußt, daß die Seligen im Himmel an ihrer Trennung vom Leib leiden. Was verbirgt sich hinter diesem Begriff des Leibes!

  • 16.4.96

    Die Trinitätslehre neutralisiert das Angesicht, sie macht die Theologie zur Theologie hinter dem Rücken Gottes. Sie ist ein Produkt der Logik der Schrift, nicht des Worts.
    Antizipiert der Geist, der über den Wassern schwebt, nicht schon das andere Element des Himmels, das Feuer: als Luft (als Hauch und Atem Gottes)?
    „Fest soll mein Taufbund immer stehen“: So wird die Bekenntnislogik durch einen Schwur begründet. Ist nicht jedes Bekenntnis auch ein Stück Verschwörung, und ist deshalb die Bekenntnislogik so anfällig für Verschwörungstheorien?
    Hängt nicht das „Du sollst nicht schwören“ (Mt 534ff, Jak 512) mit der Selbstbegründung des Glaubens zusammen, und trifft es nicht den Kern der Logik des Glaubens?
    Gibt es eine Beziehung des Schwurs zur Konstituierung der Naturwissenschaften (der subjektiven Formen der Anschauung)?
    Beerscheba: Der Name bezeichnet sowohl den Schwurbrunnen als auch den Siebenbrunnen. (Hat die Formel „von Dan bis Beerscheba“ etwas mit Orion und den Plejaden zu tun? – Vgl. Amos)
    Jakobusbrief: Wie hängen Schwur und Irrtum (die Siebenzahl mit den „Planeten“, den Irrsternen) zusammen? Oder: Hängt die Auferstehung Jesu mit der Befreiung der Maria Magdalena von den sieben unreinen Geistern zusammen?
    Gründet nicht auch die Ehe in einem Schwur? Aber ist dieser Schwur nicht das Abbild der Beziehung Gottes zu Israel (und zur Kirche)? Bezeichnet nicht der apokalyptische Begriff der Unzucht den Mißbrauch (die Instrumentalisierung) dieses Schwurs (ein Mißbrauch, der sowohl „naturphilosophische“ als auch „religiöse“ Bedeutung hat, in ihrer Beziehung zur Herrschaft gründet)?
    Die Längenkontraktion und die Zeitdilatation wie auch die Äquivalenz von Materie und Energie sind keine universalen Bestimmungen, sondern richtungsbezogen. (Das Angesicht ist die Widerlegung der Unendlichkeit des Raumes; oder: die Unendlichkeit des Raumes leugnet das Angesicht.)
    Der Fortschritt der Subjektivierungsgeschichte geht über die Verdrängung der sinnlichen Qualitäten, die Unterdrückung der Fähigkeit zur Herrschaftskritik bis hin zur Unfähigkeit zur Schuldreflexion, zur Verwandlung der Schuld in Schuldgefühle (die dann den Mechanismen des Schuldverschubsystems gehorchen).
    Der Jakobusbrief bewegt sich diesseits der Christologie, der Opfertheologie und der Bekenntnislogik („auch die Dämonen glauben es und zittern“ 219).
    Ist die concupiscentia, die die alte Theologie mit der Sexualität gleichgesetzt hat, nicht etwas Objektives; ist nicht das Geld ihre Verkörperung?
    Die Selbstaufklärung der Astronomie wird erst zusammen mit der Selbstaufklärung der Banken möglich sein.
    Woher kommt der Name der „Heiden“, wodurch unterscheiden sich die Heiden von den Völkern? Auch hier käme es darauf an, das Paradigma Innen/Außen durch das andere: Im Angesicht/Hinter dem Rücken zu ersetzen. Die Heiden sind ein Produkt des Hellenismus: Sie haben die Stelle der Barbaren eingenommen (und die Christen zu Hebräern gemacht).
    War nicht jede dogmatische Ausgrenzung auch ein Instrument der Rechtfertigung?
    Jak 119: Beitrag zur Kritik der transzendentalen Ästhetik und Logik. Das Objekt ist ein Produkt des schnellen Redens und des schnellen Zorns.
    Jak 413 – 56: Ist heute nicht 413-17 zu einem Element von 51-6 (die Zirkulation zu einem Teil der Produktion) geworden? (Absicherung der Produktion durch Rationalisierung der Marktchancen; Marktforschung und PR als Instrumente der Stabilisierung des Absatzes).

  • 7.4.96

    Last und Joch: Moralische Urteile partizipieren an der Logik der Verurteilung, deren Instrument und Medium die subjektiven Formen der Anschauung sind. Es gibt keine Verurteilung ohne projektiven Anteil; die Verurteilung pflügt mit Rind und Esel gemeinsam.
    Zur Erkenntnis des Guten und Bösen: Das Gute und Böse sind Eigenschaften (Attribute) der Dinge, die ihnen nicht von Natur anhaften, sondern durchs Urteil konstituiert sind.
    Zur Theorie des Urteils: Sind die Attribute der Dinge (die Prädikate) das Widerbild der Attribute Gottes, deren imperative Struktur sie ironisch nachbilden? Deshalb ist das Absolute das ironische Widerbild Gottes.
    Verwaltungshierarchien sind ein Bild der Engelhierarchien, gefallen aufgrund der Verführung durch Allmachtsphantasien. Die Ausbildung und Entfaltung der Verwaltung hat der traditionellen Engellehre den Boden entzogen.
    Ist nicht das Fernsehen eine Verkörperung der drei Versuchungen Jesu: Es gibt Steine statt Brot, es führt auf den hohen Berg und verspricht dem, der niederfällt und es anbetet, die Herrschaft über die Reiche, die man dort sieht, und es führt auf die Zinne des Tempels und fordert auf, im Vertrauen auf die Engel sich herabzustürzen.
    Korrektur: Das Fernsehen ist die Fata morgana in der durch die Ökonomie verwüsteten Welt.

  • 6.4.96

    Prophetie: So tief in die Realität eindringen, daß die Katastrophe, auf die sie hinausläuft, ablesbar wird.
    Das Christentum hat, als es die Prophetie (um den Preis des Antijudaismus) historisierte, sie gegen sich selbst gekürzt.
    Abenteuer: Die ritterliche Welt war die Wiederholung der heroischen Welt, aber als Farce.
    Finsternis und Licht: Steckt in der Beziehung beider nicht ein Hinweis auf den Schöpfungsrhythmus, den Rhythmus von Katastrophe und Rettung? Das Licht ist die erhellte Finsternis.
    Jonas: In vierzig Tagen wird Ninive zerstört. – Vierzig Tage war Jesus in der Wüste, bevor ihn der Satan dreimal versuchte.
    Das Zeichen des Jonas: Es ist nicht eingetreten. Jerusalem hat sich nicht bekehrt und wurde zerstört. Oder gilt das Zeichen des Jonas erst für die theologische Tradition vom Weltuntergang?
    Jonas: Es gibt eine Form der Prophetie, die dadurch bestätigt wird, daß sie nicht eintritt.
    Das Zeichen des Jonas: War nicht Simon Petrus der Sohn des Jonas oder auch des Johannes? Ist Johannes Jonas? Und ist die Johannes-Offenbarung der Spruch des Jonas in Ninive (wie groß war Ninive, und weit ist Jonas in Ninive hineingegangen)?
    Das Fernsehen ist die Fata morgana in der Wüste.
    Der aufgespannte Himmel ist der Grund des Zeitkontinuums.
    Das Geld ist kein Naturprodukt, kein Teil der Schöpfung, ebensowenig ist es die Bekenntnislogik, die Religion. Aber wie verhält es sich mit dem Raum? Ist der Raum nicht von der „Feste des Himmels“ abstrahiert, und ist diese Abstraktion nicht der Grund, aus dem das Geld und die Bekenntnislogik, der Staat und die Religion, erwachsen sind?
    Durch die historisierende Ausblendung der Prophetie, durch die Verdinglichung des Hörens zum Gehorsam, ist die Schrift für das Christentum zu einer Sammlung exemplarischer Geschichten geworden. Daß ein Großteil der „biblischen Geschichten“ in dieses Konstrukt nicht hineinpaßte und ausgeklammert werden mußte, hat dann zur Diskreditierung des „Alten Testaments“, das an das Niveau des „Neuen Testaments“ nicht heranreichte, beigetragen. War nicht das Alte Testament durch das Neue eigentlich hinfällig geworden? Erst wenn der Bann der Bekenntnislogik gesprengt wird, der Gehorsam zum Hören sich bekehrt, und d.h im Kontext der Gotteserkenntnis gewinnt die Schrift auch ihre praktische Relevanz zurück.

  • 4.4.96

    Was wird aus dem Christentum, wenn man in den kanonischen Schriften und in der Theologie konsequent den Gehorsam durchs Hören ersetzt? Das Hören, wenn es nicht in blinden Gehorsam entarten soll, setzt die Reflexionsfähigkeit voraus. Was aber bedeutet dann das Wort vom „Gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz “ (Phil 28, mit dem Folgesatz: „Daher hat Gott ihn erhöht und ihm den Namen geschenkt, der über jeden Namen ist, damit in dem Namen Jesu sich beuge jedes Knie derer, die im Himmel, auf Erden und unter der Erde sind, …“)? Das durchs Autoritätssyndrom verhexte Hören wird blind und am Ende lahm.
    Die Blinden und die Lahmen (vgl. die Geschichte der Eroberung Jerusalems durch David): Repräsentieren sie nicht das (verblendende) Tauschprinzip und das (lähmende) Trägheitsprinzip?
    Mit dem Stellvertreter-Konstrukt ist das Tauschprinzip in die Theologie eingeschmuggelt worden. Zugrunde liegt ihm die Differenz von Last und Joch (Esel und Rind): das Prinzip, daß ich die Last nicht andern als Joch aufbürden darf. Falsch ist allein die Universalisierung dieses Prinzips, aus dem andere keinen Rechtsanspruch auf Befreiung vom Joch ableiten können. Ist nicht dieses Stellvertreter-Prinzip der Grund der Opfertheologie, die der Kern der Bekenntnislogik ist?
    Ist das Stier-Opfer ursprünglich dem Baal zugeordnet? Unterscheidet sich das israelitische Stier-Opfer vom Baal-Opfer nur durch den Ursprung des Feuers? Was bedeutet es, wenn in der Samson-Geschichte (anstelle eines Stiers, eines Widders/eines Lamms oder einer Taube?) ein Ziegenbock geopfert wird?
    Alle Opfertiere sind gehörnte Tiere: Haben deshalb der Drache wie auch die beiden Tiere (aus dem Meer und vom Lande) Hörner? Liegt hier der Schlüssel für die unterschiedlichen Kombinationen Hörner/Köpfe/Kronen bzw. „hat Hörner wie ein Lamm und redet wie ein Drache“?
    Wenn es im Hebräischen keine Begriffe für Natur und Welt gibt, ist dann nicht das Hebräische eine Sprache der urteilsfreien Erkenntnis? Die so begründete Sprachlogik aber schließt den theologischen Gebrauch von Begriffen wie Allmacht oder Allwissenheit aus. Allwissend ist der Autor im Hinblick auf das Handeln und das Schicksal der Gestalten seines Werks; der ästhetische Genuß des Lesers gründet nicht zuletzt in der Teilhabe an dieser „Allwissenheit“. Der Begriff bezeichnet ein Attribut, das allein ästhetisch, niemals aber theologisch sich begründen läßt. Allwissenheit setzt einen Begriff der Erkenntnis voraus, der auch die Zukunft mit einschließt, einer Erkenntnis, die nur unter der Bedingung der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit, das aber heißt: nur als endliche Erkenntnis sich konstituieren läßt.
    Gibt es einen Zusammenhang zwischen den Institutionen, die nach dem letzten Krieg eine gleichsam explosive Ausdehnung erfahren haben: der Rüstung, der Banken und der Einrichtungen des Strafvollzugs? Ist nicht in allen Fällen das Medium dieser Explosion eines, das man als Industrialisierung beschreiben könnte?

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