Staatsschutz-Senat: Die Geschichte der Philosophie ist ein Prozeß, in dem die Natur die Angeklagte und die Welt, deren Anwalt die Philosophie ist, Ankläger und Richter in eins ist. In dem Schiller-/Hegelschen Begriff des Weltgerichts drückt dieser Sachverhalt sich aus.
Der strafrechtliche Unterschied zwischen Alkohol- und Drogenkonsum gründet darin, daß der Staat in der Trunkenheit sich selbst wiedererkennt, während er im Rausch die Unbotmäßigkeit dessen ahndet, der sich seiner Herrschaft entzieht. Die Trunkenheit (der biblische Taumelkelch) ist ein Abbild der Herrschaftslogik, während der Rausch anarchische Züge aufweist. Wenn in Deutschland Trunkenheit als Strafmilderungsgrund gilt, so hat das etwas mit der Begründung und Rechtfertigung des staatlichen Gewaltmonopols, mit dem präventiven Selbstfreispruch des Staates zu tun.
Weltreligion: Spiegelt sich in der Abfolge der drei Leugnungen Petri nicht die fortschreitende Anpassung der Kirche an die Welt?
Zur Selbstreflexion des Antifaschismus: Glaubt einer im Ernst, man könne mit Kanonen in die Vergangenheit schießen? Das kann nur zu Rohrkrepierern führen: Die Granaten explodieren in der Gegenwart.
Woher kommt es und was hat es zu bedeuten, daß Hegels Rechtsphilosophie – ähnlich wie die Logik, aber im Unterschied zur Ästhetik, zur Religionsphilosophie und zur Philosophie selber – keine Geschichtsphilosophie ist? Hängt es damit zusammen, daß das Recht und die Logik zu den Konstituentien und nicht zu den Manifestationen des Weltbegriffs gehören? Gehört nicht deshalb die Kritik der Logik und des Rechts (die Kritik des Urteils) zu den Voraussetzungen der Kritik des Weltbegriffs?
In welcher Beziehung steht der Naturbegriff und der Begriff der Wissenschaft zu dieser logischen Konstellation? Bei Hegel entfaltet sich der Wissenschaftsbegriff in der Phänomenologie, in der Logik und in der Enzyklopädie. Die drei kantischen Totalitätsbegriffe, Wissen, Natur und Welt, werden in Hegels Philosophie insgesamt nur vorausgesetzt, nicht entfaltet.
Sprachlogische Deduktion des deutschen Suffixes „-schaft“ (in Wissenschaft, Gesellschaft, Ärzteschaft, Bundesanwaltschaft, NS-Frauenschaft, Burschenschaft, Mannschaft, Herrschaft, Feindschaft und Freundschaft, Gefangenschaft, Landschaft, Eigenschaft, Wirtschaft, Landwirtschaft; die Nazis kannten noch die Bauernschaft, das Proletariat hatten sie durch die Arbeiterschaft ersetzt, und war nicht die Jungenschaft eine Unterorganisation des Jungvolks)? Drückt darin nicht etwas vom demiurgischen Potential des Staates, von seiner logischen Beziehung zur Welt, seiner Funktion bei der „Schöpfung der Welt“, sich aus? Etymologisch hängt das Suffix mit dem Begriff der Schöpfung, des Schaffens, zusammen.
Theologie
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4.4.1997
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3.4.1997
Die Neutralisierung der Schrift (durch – zwangsläufig antisemitische – Historisierung) war das Modell der Neutralisierung des Faschismus (durch Objektivation, Urteilsmagie: „Verurteilung“, „Dressur des inneren Schweinehunds“).
Die Neutralisierung (Historisierung) der Schrift steht unter dem Bann des „Wie“ und des „Eigentlich“ („wie es denn eigentlich gewesen sei“), das aber heißt: unter dem Bann der instrumentellen Vernunft, die das „Wer“ und das „Was“ in den Himmel vertreibt, um sie dort zu überwältigen (Kopernikus und Newton; Einsteins Einspruch). Das „Wie“ wird durch die Klugheit der Schlangen, das „Was“ durch die Arglosigkeit der Tauben symbolisiert. Die Taube aber verkörpert den Geist.
Ist nicht die Christenheit in der Wassertaufe steckengeblieben (Apg 15 u. 814f)? Steht nicht die Geist- und Feuertaufe noch aus? Die Scheiterhaufen (der Versuch, den Geist zu instrumentalisieren) sind der Beweis.
Auf das „Wer“ gibt es drei Antworten: den Namen, das Angesicht und das Feuer.
Der erste Schritt zur Erfüllung der Prophetie ist es, wenn die Gegenwart in der Prophetie sich wiedererkennt.
Religion als Religion für andere (Instrumentalisierung der Religion) ist der Nährboden des Faschismus.
Ist nicht Kirche heute die Kirche derer, die die Wahrheit der Religion zwar nicht mehr kennen, es aber für wichtig halten, daß es Religion gibt. Pfarrer wird, wer sich für berufen hält, diese Religion zu organisieren. Diese Geschichte der Kirche hat zu tun mit dem Verhältnis von Name und Begriff.
Der Begriff (in dem strengen Hegel’schen Sinn) ist die Verkörperung des Gattungslebens der Menschheit.
Ist nicht der Kreuzestod Jesu die innerste Konsequenz einer Intention, die darauf abzielte, den Bann der Instrumentalisierung in seinem Kern, in einer Religion, die nur noch Religion für andere ist, zu lösen?
Empörung ist einer der Knotenpunkte (zu denen auch die Bekenntnislogik gehört), an denen die Schuldverschiebung, die Selbstentlastung durch Projektion, das Feindbilddenken, die Verdummung und die Verrohung sich schürzen, ihr systemischer Zusammenhang sich demonstrieren läßt.
Die Feindbildlogik ist pornographisch: Sie geilt sich an der in den Andern hineinprojizierten eigenen Gemeinheit auf. Empörung ist Unzucht. Empörung ist Ausdruck einer Idolatrie, deren Gott das Selbst ist (Verinnerlichung des Opfers).
Naturvölker sind gleichsam Naturprodukte der Paranoia, der sie nichts entgegenzusetzen haben. Die Zivilisation hat – mit der Erfindung der Barbaren – die Paranoia instrumentalisiert (die instrumentalisierte Paranoia ist die Klugheit der Schlangen: deshalb hat die Aufklärung im Sündenfall sich wiedererkannt).
Das Christentum als Religion und die christliche Theologie sind in diese Geschichte der Paranoia verstrickt (Symptom dieser Paranoia war seit je der kirchliche Antijudaismus).
Angriff und Verteidigung bleiben im Bann der Klugheit der Schlangen.
Das Christentum hat durch Privatisierung der Herrschaftsgeschichte die Astrologie, die in diese Herrschaftsgeschichte verstrickt ist, nur obsolet gemacht, sie hat ihr Rätsel nicht gelöst. Das Verhältnis Babylon/Rom spiegelt die Geschichte dieser Privatisierung aufs genaueste wider.
Johannes in der Apostelgeschichte (Petrus und Johannes, die „drei Säulen“)!
Nicht die Angst vor der Denunziation, sondern der Schrecken davor, daß es Denunziation gab, daß Menschen dazu fähig waren, war der Schrecken des Faschismus.
Rekonstruktion des Tags: Der azurblaue Himmel und der Bogen in den Wolken?
Zum Schuldverschubsystem gehört auch ein Vergessen: Es genügt nicht mehr, daß man einem etwas sagt, man muß ihn auch noch daran erinnern. Nur so ist das aktive Vergessen, dessen Opfer heute die theologische Tradition ist, zu erklären. Es gibt niemanden mehr, der daran erinnert.
Der Fundamentalismus hat für seine Anhänger den Vorteil, daß sie nicht denken brauchen.
In seiner Idee eines Natursubjekts hat Bloch die ökologische Bewegung antizipiert, die das Natursubjekt (das dumpfe, bewußtlose Leben) bewahren möchte, darüber aber das Proletariat, die ganze Masse der Unterdrückten, Ausgebeuteten und Verachteten, vergißt.
Auch die Biolandwirtschaft ist eine Marktstrategie.
Das Eingedenken der Natur im Subjekt (der Quell der Sensibilität) ist etwas anderes als die Erinnerung an die gequälte Natur (der Reflex der Empfindlichkeit).
Reproduziert sich nicht in Habermas‘ Kommunikationstheorie die Dumpfheit und Bewußtlosigkeit der Natur? Erschreckend ist allein, wie schnell und wie widerstandslos diese Dumpfheit und Bewußtlosigkeit in die Köpfe eindringt.
Sind nicht alle ökologischen Probleme auch realsymbolische Probleme, die die Ökologie fundamentalistisch mißversteht? Die atomare Drohung, das Waldsterben und das Ozonloch werden erst dann wirklich verstanden, wenn auch das Symbolische darin, ihr Zusammenhang mit der „Natur im Subjekt“ verstanden wird.
Wenn ein Kind in den Brunnen fällt, wird alle Ästhetik zynisch; dann bleibt nur das Retten. Nur: Das Kind, das gestern in den Brunnen gefallen ist, kann ich heute nicht mehr retten. Und die Verurteilung derer, die zugesehen, es aber „nicht wahrgenommen“ haben, mag mich entlasten, aber dem Kind hilft’s nicht mehr. Was hilft, wäre allein die Reflexion darauf, welche Kräfte und welche Mechanismen in den Zuschauern den Impuls zu retten unterdrückt und sie am Eingreifen gehindert haben.
Die Geschichte als Entfaltung der Herrschaftslogik, die alles unter sich begräbt, ist Teil der Geschichte eines Anfangs, der noch nicht abgegolten ist, der zu wenden wäre. Hier ist der eine Sünder, über dessen Bekehrung mehr Freude im Himmel sein wird als über 99 Gerechte. Und es ist die Bekehrung dieses Sünders von seinen Wegen des Irrtums, mit der der Bekehrende seine eigene Seele rettet.
Die Vorstellung einer unendlichen Vergangenheit und die eines unendlichen Raumes sind Vorstellungen einer Größe, deren eigentliche Bedeutung in der Vorstellung der eigenen Winzigkeit liegt. Hilft es vielleicht weiter, wenn man sich erinnert, daß der Titel „der Große“ (von Alexander bis zum preußischen Friedrich) sich als Säkularisat des mythischen Helden, des Heros, begreifen läßt? Diese Größenvorstellung hatte seit je etwas Wahnhaftes, und der Faschismus war ein kollektiver Größenwahn. Sie hängt zusammen mit der Wahnvorstellung dessen, der sich für Napoleon hält. Im Faschismus hat die Paranoia sich als Pest, als Seuche, als ansteckende Krankheit erwiesen. -
1.4.1997
Die christliche Transformation des Bibelverständnisses ins Erbauliche beginnt mit der Transformation des Prophetischen ins Exemplarische, vorbildhaft Historische.
Der Antisemitismus reflektiert reflexionslos den Stand der naturwissenschaftlichen Aufklärung. Er ist ein Indiz dafür, was von der Aufklärung zu erwarten ist, wenn die Reflexion aus ihr vertrieben wird.
Zu den Gründen des Antisemitismus gehört die Feigheit vor dem frontalen Diskurs, der Antisemitismus verwechselt Kritik mit Eliminierung. Antisemiten kritisieren keine Bücher, sie verbrennen sie. Das ist ihre Form des Urteils, die Reflexion nicht mehr kennt, aber auf sofortigen Vollzug dringt: auf Bestrafung. Die antisemitische Gewalttat zielt auf die Zerstörung des Angesichts, sie kennt ihr namenloses Opfer nur von hinten (aus der Sicht des Gerüchts) und von oben (als Objekt des Begriffs), als das Ding, zu dem sie es macht.
Das reflexionslose Urteil (Kants „bestimmendes Urteil“) ist ein Instrument der Ausgrenzung und Eliminierung (die „Dinge, wie sie an sich sind“ verkörpern sich im Namen und im Angesicht, im Reich der Erscheinungen sind sie unerkennbar).
Das Präfix be- ist ein Instrument Schuldverschiebung und der projektiven Instrumentalisierung (Kristallisationskern der Feindbildlogik, die mit dem Namen der Barbaren einmal als Erkenntnisinstrument, als Instrument der Naturerkenntnis und als Grund des Wissens, sich konstituierte). Ist das be- der Indikator des Knotens?
Die Trinitätslehre hat die exemplarische Gestalt der Reflexion hypostasiert, damit aber als Mittel der Reflexion unbrauchbar gemacht.
Die Unfähigkeit, Rechts und Links zu unterscheiden, ist die Sünde wider den Heiligen Geist. Bei Jonas bezeichnet sie den Grund für den Aufschub der Zerstörung Ninives (die dann im Buch Tobias doch noch erfolgt).
Der Unzuchtsbecher ist das Symbol der Unterwerfung und Vergewaltigung der Welt (vgl. den Raub der silbernen und goldenen Geräte des Tempels durch Nebukadnezar und deren Gebrauch durch Belsazzar).
(Mene, tekel upharsin: Sind die subjektiven Formen der Anschauung diese geraubten und dann genutzten silbernen und goldenen Geräte?)
Die Prophetie beginnt erst zu sprechen, wenn die Gegenwart in ihr sich erkennt.
Hörner: Wenn die Aggression der gehörnten Tiere eine gehemmte Flucht ist, ist dann nicht das Fluchtverhalten der Nager eine gehemmte Aggression?
Zweifellos ist die Astrologie Produkt einer Projektion; aber mit dieser Projektion ist etwas entstellt und verwirrt worden, was zu begreifen wichtig wäre. Dagegen hat Astronomie nur das Problem unsichtbar gemacht.
Die Quintessenz war der Hysteriekern der neuzeitlichen Alchimie und Astrologie.
Das Wie bezieht sich auf die Frage nach den Mitteln (auf die Konstellation Wissen, Natur und Welt), mit dem Wie ist das Neutralisierungskonzept und das Inertialsystem mit gesetzt (Naturwissenschaften und Geschichte beantworten nur das Wie).
Die Sprache ist der Raum, in dem wir uns bewegen. Das Inertialsystem konstituiert sich in dem Versuch, diesen Raum schuldfrei zu machen (die Schulderinnerung grundsätzlich zu unterdrücken). Erst in diesem Versuch wird die Sprache zu etwas gegen das All der Dinge Äußerlichem, von der Wirklichkeit Unterschiedenem.
Wohnen wir nicht in Sprachruinen, nachdem wir verlernt haben, den logischen Sprachzusammenhang zu reflektieren? Die Verluderung der Sprache ist ein Reflex der Verrottung des Staates. Heute übertrifft die Realität das Böllsche Wort: Nicht mehr Verrottung, die immer noch einen organischen Zustand bezeichnet, sondern Verwüstung (die einen anorganischen Prozeß bezeichnet) wäre die angemessene Bezeichnung. (Die Zerfallsprodukte der Frankfurter Schule sind Ruinen im zerstörten Garten der Philosophie: Wie in der heutigen Architektur gibt es auch hier Ruinen, die es seit ihrer Konzeption bereits waren).
In dem Satz, daß nichts Vergangenes nur vergangen ist, drückt der letzte Grund der Hoffnung sich aus. Instrument dieser Hoffnung ist das Eingedenken.
Mein ist die Rache, spricht der Herr: Das ist nur ein anderer Ausdruck für das Gebot der Feindesliebe. Der Satz enthält keine „Aussage“ über Gott, sondern nur einen Imperativ an uns.
Was bedeuten die Namen Alexander und Karl?
Die Kultur der Empfindlichkeit wäre die Selbstverurteilung zur Isolationshaft, der selbstverordnete Autismus. Bekenntnislogik und Empfindlichkeit sind zwei Seiten einer Medaille, beide haben einen gemeinsamen pathologischen Grund.
Es gibt zwei Arten der Phantasie, und damit auch zwei Arten des Mangels an Phantasie, die zu einander wie kommunizierende Röhren sich verhalten: die Phantasie der Empfindlichkeit und die der Sensibilität.
Zum Verständnis der Apokalypse gehört der Hinweis, daß die Wahrheit (auch die der Apokalypse) nicht berechenbar ist. Wäre sie berechenbar, würde sie nicht einleuchten. Apokalypse ist das einzige Mittel gegen jeglicher Art von Geheimnissen. Dazu ist die Geschichte vom Traum des Nebukadnezar (und seiner Rekonstruktion und Deutung durch Daniel) ein Schlüssel.
Heute gibt es Gerichtsurteile, in denen das Gericht sich selbst verurteilt.
Lachen ist die subjektive, Weinen die objektive Seite der Verurteilung. – Jedoch am Ende wird jede Träne abgewischt.
„In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben; in neuen Zungen werden sie reden; Schlangen werden sie aufheben, und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird es ihnen nicht schaden; Kranken werden sie die Hände auflegen, und sie werden genesen.“ (Mk 1617f)
Was bedeutet das Wort vom „Ende der Geschichte“ (Ilka Quindeau: Geschichtswunder, in der FR von heute), wenn man zugleich an Hegels Hinweis auf die Doppelbedeutung des Wortes Geschichte sich erinnert? Bezieht sich das „Ende“ auf Geschichte als reales Geschehen oder auf als deren objektivierte Erinnerung? Unterliegt Quindeau nicht einer unbewußten, logisch unaufgelösten Subreption? Erinnert der Text der wissenschaftlichen Mitarbeiterin des Sigmund Freud-Instituts in Frankfurt nicht an den ungelösten Konflikt zwischen H.-E. Richter und seinen „Kritikern“ aus dem Umkreis der RAF?
Gilt Hegels Bemerkung über den Begriff der Geschichte nicht auch für den Weltbegriff?
Das Ende der Kollektivscham: Der Slogan „Es geht nicht um die Konservierung des Entsetzens“ läuft auf die Psychotisierung des wirklichen Entsetzens, dem die Kollektivscham bereits die Sprache geraubt hatte, hinaus.
Texte haben ein Gesicht: Gründet die Unterscheidung von Rechts und Links in der von Anschauung und Sprache?
Detlef Claussens aktuelle Analyse der RAF (aus 1977 ?) verweist auf einen lang nachwirkenden Sachverhalt. Der ersten Verdrängungsgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg (die das Begreifen des Schreckens durch die Verurteilung des Faschismus ersetzt hat) entspricht eine zweite, deren Grundlage sie war: die Verdrängungsgeschichte, die die RAF eingeleitet und bis zum Exzeß weitergetrieben hat: das Ende der Reflexion. -
29.3.1997
Das Präfix be- ist das Präfix der Instrumentalisierung (Bekenntnis, Bekehrung, Belehrung, Bewegung). Und dieses Präfix hat die englische Sprache als Äquivalent für den Infinitiv des Seins übernommen (to be).
Die Bewegung ist die Instrumentalisierung des Weges (eine genauere Bezeichnung der Wege des Irrtums). In diesem Sinne ist der aristotelische „unbewegte Beweger“, der identisch ist mit der noesis noeseos, dem Denken des Denkens, das Subjekt der Bewegung. Das Denken des Denkens ist die Parodie der Barmherzigkeit, das Subjekt-Objekt der Welt, das Sich den Kopf der Andern zerbrechen (der Seitenblick: das sind die Pforten der Hölle).
Die Erkenntnis des Guten und Bösen ist das Korrelat der Subsumtion der Erkenntnis unter das Selbsterhaltungsprinzip. Das Gute und Böse ist das Gute und Böse für mich, für den Staat, für jemanden.
Rassismus ist ein Instrument der moralischen Enthemmung, der Freisetzung der Gemeinheit; darin liegt seine Verführungskraft. Die Wurzel des Rassismus (und nicht nur eine seiner Anwendungen) ist der Antisemitismus: Nicht als „Vorbild“, sondern als Prophetie verkörpert Israel (verkörpern „die Juden“) die Utopie.
Ist nicht der Satz, daß Gott nicht will, daß sein Wort leer zu ihm zurückkehrt (Jes 5511), auch auf das Evangelium anzuwenden: Was ist und wo bleibt das Evangelium für Gott; hat es nicht etwas mit der „Freude im Himmel über die Bekehrung des einen Sünders“ zu tun?
Die Theologie im Angesicht Gottes: da gibt es nur eine; als Theologie hinter dem Rücken Gottes aber gibt es verschiedene: deshalb gibt es, solange es die Bekenntnislogik gibt, verschiedene Kirchen (so wie es unterschiedene Planetenbahnen: mehrere Wege des Irrtums gibt).
Die kopernikanische Wende hat den Schrecken verdrängt (nach innen gewendet) und durch die Verurteilung ersetzt.
Als Gott den Himmel aufspannte, hat er da nicht verhindert, daß alles in die Sonne stürzte?
Dem bundesanwaltschaftlichen Begriff der Selbstbezichtigung (der Ersetzung des Begriffs Bekennerschreiben durch den Begriff Selbstbezichtigungsschreiben) entspricht die Selbstverurteilung der Natur: In diesem Akt der Selbstverurteilung gründet der Naturbegriff, dessen Anwendung auf Gott demnach blasphemisch wäre. Die Natur, das ist Wahrheit im Stande des Falls. Und die Welt ist das verstockte Herz, das unfähig geworden ist, den Bann des Urteils zu brechen. Deshalb ist die Welt die der verurteilten Natur zugehörige verurteilende Instanz: das Gericht (vgl. hierzu die zweite Strophe der Fassung des Liedes „Oh Haupt voll Blut und Wunden“ in der Matthäus-Passion, eine Paraphrase des Jakobus-Satzes „Die Barmherzigkeit triumphiert über das Gericht“).
Der Positivismus (die auf dem Bauche kriechende und staubfressende Schlange) kanonisiert die Verurteilungslogik.
Das, was der „Missionsauftrag“ des Matthäus-Evangeliums meint, wird konkret in dem Satz „Ihr seid das Licht der Welt“. -
28.3.1997
Bedingung der Konstituierung der subjektiven Formen der Anschauung (des „Kelches“) ist die Objektivierung des Gravitationsgesetzes (die Instrumentalisierung des „Falls“). Gehört dazu nicht auch die Sakramentenlehre (das theologische Äquivalent der „Wege des Irrtums“)? Was hat das Gravitationsgesetz mit der Deklination zu tun?
Die Vermittlungsgeschichte der kopernikanischen Theorie ist ein Paradigma des Begriffs der Vermittlung überhaupt. Die Erde als Planet der Sonne ist ein Reflex des Ablaufs der Jahreszeiten und die Rotation der Erde um die eigene Achse ein Reflex der Folge von Tag und Nacht.
Die Schuldknechtschaft gehört zur Ursprungsgeschichte des Geldes, die Erkenntnis der Planetenbewegungen zur Ursprungsgeschichte der Raumvorstellung.
Die subjektiven Formen der Anschauung verwandeln den Raum in ein Haus, das wir von außen betrachten können, sie verdrängen das Bewußtsein, daß wir nicht nur Bewohner, sondern Teil dieses Hauses sind. Auch den Pharao treffen die Schläge, die der Gründung des Sklavenhauses folgen, die Abfolge dieser Schläge ist die Geschichte der Verstockung seines Herzens.
Der Universalismus gründet in der Verdrängung der Asymmetrie, er begründet eine Logik, die gegen die Schmerzen des Andern (und gegen den Tod des Andern: gegen die Erfahrung des Todes) unempfindlich macht. Um diese Logik aufrecht zu erhalten, bedarf es heute des Atheismus.
Die Lehre vom Sündenfall (von der Sünde Adams) schließt die These mit ein, daß wir die Mörder aller sind. Und verweist das Wort vom Lösen, von der Bekehrung des einen Sünders, und darin eingeschlossen die Idee der Gnade nicht darauf, daß wir Anteil haben an der rettenden Kraft?
Hat nicht dem Kopernikus bereits der Himmel wie ein Buchrolle sich aufgerollt, nur daß wir die Schrift noch nicht lesen können?
Die Überzeugungskraft der kopernikanischen Theorie gründet nicht in ihrer theoretischen Konsistenz, sondern in dem „praktischen“ Vorteil, daß sie es uns zu ermöglichen scheint, uns die Welt als ganze vorzustellen (sie uns „vor Augen“ zu stellen, sie zum fix und fertigen Objekt von Urteilen zu machen und so das Urteil von der Last der Reflexion zu befreien). Ist die kopernikanische Theorie die Verkörperung des einen Sünders? (Merkwürdige Verschiebung: die christliche Tradition hat Maria Magdalena, die von den sieben unreinen Geistern befreit wurde, zur „großen Sünderin“ und sie, die damit zum Typos der vollständigen Umkehr geworden ist, zur „Büßerin“ gemacht.)
Ist nicht die kopernikanische Theorie, die die Totalität der Vermittlung verkörpert, auch die Verkörperung der Trennung von Stadt und Land? Kopernikus hat Ninive, Babel und Rom neu gegründet. Damit steht Kopernikus in der Tradition des Nimrod und des Turmbaus von Babel, des Nebukadnezar und der Hure Babylon (der Zerstörung Jerusalems).
Nimrod war ein „großer Jäger vor dem Herrn“. War nicht der Pharao ein Krokodiljäger, und waren die Herrscher Babylons Löwenjäger (ist nicht das Krokodil das Chaos in den Fundamenten des Hauses – das bei der Gründung des Hauses Verdrängte, die Leichen im Keller, die nicht tot sind -, und sind die Löwen die Repräsentanten der feindlichen Königreiche)?
Das Inertialsystem ist die fressende Todesmaschine.
Das Jogging bekämpft wirksam das aufkommende Bewußtsein der Asymmetrie (die Reflexion). Es stellt die inertiale Ordnung wieder her.
Tiere sind Verkörperungen der inertialen Ordnung, Pflanzen die natürliche Prophetie des Falls (sind Blüten die Seufzer der gefallenen Natur?).
Im Namen Noahs sind die Menschen eingetreten in den Schrecken, der auf den Tieren liegt. Auch die Arche ist ein Haus (und nach dem Ende der Sintflut opferte Noah von allen reinen Tiere und von allen reinen Vögel).
Das Haus trennt innen und außen.
Das Kleid im Blute des Lammes waschen, heißt das nicht, die religiösen Vorstellungen durch Reflexion ihres sprachlichen Grundes aus dem Bann ihres Bildseins (aus dem Bann der Erbaulichkeit) lösen?
Der logische Schluß, den die Philosophie erfunden (und mit dessen Erfindung sie sich selbst begründet) hat, gehört zur Geschichte des Perfekts, des Universalismus. Seine zentrale Prämisse ist: Alle Menschen sind sterblich. Der logische Schluß hat den Tod instrumentalisiert und damit die Todesangst neutralisiert.
Die Universalisierung des Todes ist die subtilste Art seine Leugnung.
Die Unfähigkeit zur Selbstreflexion zerbricht sich den Kopf der Andern. Sie will nichts Besonderes sein.
Gegen den Zynismus der Linken, die heute die Rechten darin zu übertrumpfen suchen, daß sie alles schon im Voraus wissen, der den Marxismus zur Naturwissenschaft gemacht hat, in der „the future will be like the past“, hilft nur die Neubegründung der Reflexion. Auch der Zynismus ist eine Form des Triumphalismus: die Siegerpose der Verzweifelten.
Heute sieht die Linke vor lauter Wald die Bäume nicht mehr.
Das Endziel ist im Antlitz und im Namen gegenwärtig. Das Antlitz und der Name sind die Widerlegung der kopernikanischen Theorie.
Wenn die sieben Siegel der Apokalypse etwas mit den Richtungen des Raumes und der Irreversibilität der Zeit zu tun haben, hat dann die Lösung der sieben Siegel etwas mit dem Bild des wie eine Buchrolle sich aufrollenden Himmels zu tun?
Als die Berliner Horst-Eberhard Richter als Agenten des Verfassungsschutzes denunzierten, haben sie da nicht heftig projiziert?
Der Erkenntnisbegriff der Prophetie ist moralisch begründet. Levinas‘ Hinweis darauf, daß die Attribute Gottes im Imperativ und nicht im Indikativ stehen, verweist auf diesen Sachverhalt. Deshalb ist die Schuldreflexion ein Konstituens dieses Erkenntnisbegriffs. Und deshalb gehört Joh 129 ins Nachfolgegebot. -
27.3.1997
„Pointiert ausgedrückt, war die politische Denunziation gewollt, aber der Denunziant nicht erwünscht.“ (Gisela Diewald-Kerkmann: Politische Denunziation im NS-Regime, Bonn 1995, S. 23) Dieser Satz trifft den Sachverhalt genauer als die nachfolgende Begründung, die zu sehr auf zweckrationale Motive abstellt. In Wirklichkeit gehört diese Konstellation zur zweifellos bewußten und intendierten Instrumentalisierung des double-bind-Mechanismus, zur gezielten Herstellung eines gesellschaftlichen Klimas der Unsicherheit, des Gerüchts, der Angst, des Terrors. Die politische Denunziation als Massenphänomen war ein Instrument der Massenbildung (der Herstellung der „Volksgemeinschaft“, in der keiner vorm andern mehr sicher war) durch bewußte und gezielte Zerstörung des Vertrauens, ohne die es Selbstbewußtsein und Autonomie, in denen der Nationalsozialismus seine schärfsten Widersacher erkannte, nicht gab. Die politische Denunziation gehört zum gleichen Instrumentarium, zu dem auch der Antisemitismus gehört, der nicht zufällig eines seiner Haupt-Wirkungsfelder war. Adorno hat einmal den Antisemitismus das Gerücht über die Juden genannt; das Gerücht aber ist der einzig geeignete Nährboden der Paranoia, von der der Nationalsozialismus und sein handlungslogischer Kern, der Antisemitismus, leben. Das Klima des Gerüchts aber hatte einen fürs Verständnis der Nachkriegszeit außerordentlich wichtigen Effekt: In ihm war der Verdrängungsakt, der bereits im Anfang der Nachkriegszeit die Erinnerung an die Nazizeit unterbunden hat, schon angelegt und vorgebildet. Es dürfte niemanden gegeben haben, der nicht vom Naziterror, von der Judenverfolgung und von der Existenz und der Funktion der KZs gewußt hätte (ohne dieses Wissen hätte es auch die politische Denunziation als Massenphänomen nicht gegeben). Dieses Wissen wurde bewußt und gezielt vom öffentlichen Diskurs ausgeschlossen. Über die KZs und das, was dort vor sich ging, durfte in der Öffentlichkeit nicht berichtet und nicht einmal gesprochen werden, während gleichzeitig die Gerüchte darüber auf allen möglichen Wegen gefördert wurden. Alle sollten es wissen, denn anders hätte der Terrorapparat seinen Zweck als Herrschaftsinstrument nicht erfüllen können, aber diesem Wissen wurde bewußt (auch mit Hilfe entsprechender Sanktionen) der Weg in die Öffentlichkeit, in den öffentlichen Diskurs, versperrt. Damit war eine wichtige Wirkung garantiert: Diesem Wissen wurde gewaltsam die Qualität des Gerüchts aufgeprägt, so war es als Angstproduzent, als Instrument des Terrors, allgegenwärtig; die Wirkung wurde zugleich auf paradoxe Weise dadurch verstärkt, daß diesem Wissen mit der Öffentlichkeit die Berechenbarkeit, die Möglichkeit des rationalen Umgangs mit dieser allgegenwärtigen Drohung, und damit auch die Erinnerungsfähigkeit entzogen wurde. Deshalb haben alle „nichts davon gewußt“ (d.h., sie haben es gewußt, aber können sich post festum nicht erinnern: auch eine objektive Lüge kann subjektiv ehrlich sein). Ist es ein Zufall, wenn das gleiche technische Instrumentarium im Bereich des sexuellen Mißbrauchs (der den faschistischen Terror wie unterm Wiederholungszwang aus dem politischen Bereich ins Private verschiebt) wiederkehrt?
Gisela Diewald-Kerkmann weist darauf hin, daß es in der Geschichte der politischen Denunziationen (Politische Denunziation im NS-Regime, Bonn 1995, S. 62ff) zwei Höhepunkte gegeben hat, und zwar 1935/36 und von 1942 bis 1944. Auffällig, daß beide Phasen Krisenphasen des Regimes waren, und daß es sich in beiden Fällen zugleich um entscheidende Phasen der nationalsozialistischen Judenpolitik handelte (Nürnberger Gesetze und „Endlösung“). Fragen:
– Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Freigabe der Denunziation und der Anheizung des Antisemitismus (Öffnung eines Ventils, Instrumentalisierung der projektiven Verarbeitung der eigenen Zweifel)?
– Wie hängt diese Geschichte mit der Nachkriegs-Verdrängungsgeschichte zusammen, und welche Folgen hatte sie für den Umgang mit der Nazivergangenheit nach dem Krieg („Kollektivscham“, Verurteilung statt Erinnerung, Funktionalisierung des „Terrorismus“)?
Gibt es ein Äquivalent zu Denunziation und Antisemitismus in der Konstruktion der naturwissenschaftlichen Erkenntnis?
„Volksgemeinschaft“ (Volk als „Schicksalsgemeinschaft“): Welche reale Bedeutung hat eigentlich der Slogan „Wir sind das Volk“?
Der letzte Satz des Jakobusbriefs macht nicht nur zum erstenmal verständlich, was Gnade ist, er bezeichnet den genauesten Einspruch gegen jede Art von Schicksalsgemeinschaft.
Das Motiv, den Tempel abzureißen und in drei Tagen wieder aufzubauen, gibt es in den Evangelien sowohl real, als Wort Jesu, als auch als Denunziation, als „falsches Zeugnis“. Es kann etwas also wahr und eine Denunziation zugleich sein. Hat dieser Sachverhalt nicht etwas mit dem Taumelkelch, mit der Besoffenheit des Herrendenkens, zu tun?
Die Geschichte des Opfers ist der sprachgeschichtliche Teil der Geschichte der Instrumentalisierung.
Wird in der Antisemitismus-Diskussion in der „Jungen Kirche“ nicht aufs drastischste deutlich, daß die Bücher Samuel und Könige keine historischen, sondern prophetische Bücher sind? Sie sind insbesondere keine Hagiographien. David als „Vorbild“ gehört in den Komplex „Karl der Fiktive“, es gehört nicht in die messianische Geschichte. Ebenso weist das Verständnis der Nachfolge als „Vorbild“ haarscharf neben die wirkliche Bedeutung der Nachfolge: Sie ist eins mit dem „Bekenntnis des Namens“, das mit dem Bekenntnis zum Namen nicht nur nichts zu tun hat, sondern auf den Irrweg geführt wird. Das Vorbild gehört zu den Dingen, auf die das Bilderverbot sich bezieht; es gehört zur gleichen Logik, der der Name der Christen sich verdankt, der das Christentum zur Partei gemacht hat.
Die Orthodoxie ist insgesamt wahr, bis auf das eine: sie verletzt das Bilderverbot. Die Wurzeln der Verletzung des Bilderverbots sind die „subjektiven Formen der Anschauung“. Kopernikus hat die Verletzung des Bilderverbots zum Apriori der Vorstellung des Universums gemacht.
Die subjektiven Formen der Anschauung sind der Systemgrund der Bilder (der Vorstellungen). Dieser Systemgrund wird fundiert, stabilisiert und abgesichert durch die Totalitätsbegriffe Wissen, Natur und Welt.
Die Objektivierungsgeschichte ist die Subjektivierungsgeschichte. Diese Geschichte ergreift in der Idee des Absoluten Gott; das Absolute ist der Schatten, den das Subjekt auf Gott wirft, der Quellpunkt der Verhärtung des Herzens (das hat Hegel erfahren, als er sich als „von Gott dazu verdammt“ erkannte, „ein Philosoph zu sein“.
Die erbauliche Bibelauslegung, die aus dieser Logik sich herleiten läßt, hat die Schrift in den Kontext des Gerüchts gerückt. Sie verweist auf die Wurzel des Gerüchts: die Subsumtion der Sprache unters Gesetz der Selbsterhaltung, das in der christlichen Tradition durch die Vorstellung von der Unsterblichkeit der Seele hereingekommen ist. Indem sie die Idee des seligen Lebens an die philosophische Idee des Glücks (zu der der Islam dann die Illustration geliefert hat) zu binden trachtet, verrät sie die Barmherzigkeit, deren gegenständliches Korrelat die Idee der Auferstehung ist. Die Unsterblichkeitslehre war das infamste Herrschaftsinstrument.
Zu dem Satz, daß die Kirchen bis heute nur gebunden, nicht gelöst haben, gehört der Satz: Magnus error in principio magnus est in fine.
Das Himmelreich ist nicht eine fix und fertige Einrichtung über uns, bei der es dann nur noch darum geht, ob man reinkommt oder nicht, sondern das Himmelreich, daß mitten unter uns ist, ist etwas, was sich in der Geschichte der Erlösung erst bildet: das Ziel der messianischen Wehen, an dessen Hervorbringung wir wie die Gebärerin an der Geburt aktiv teilhaben (Röm 819ff).
Ist die „Stille im Himmel“ bei der Öffnung des siebten Siegels (Off 81) das akustische Äquivalent der Sabbatruhe? Am siebten Tag schweigt auch Gott, ist er entlastet von der Last der Schöpfung durchs Wort.
Subjektivierungsgeschichte: Von hinten wird das Licht zur Empfindung, von der Seite trennen sich Barmherzigkeit und Gericht, von unten wird der Name zur Macht.
Stecken die Denunziation und der Antisemitismus nicht schon in den Fundamenten der Welt (die durchgedrehte Bekenntnislogik)?
Die religiösen Vorstellungen, das Dogma und die Orthodoxie verhalten sich ähnlich zur Bekenntnislogik wie die Erscheinungen, die Begriffe und die Gesetze der Physik zum Inertialsystem.
Welche „Großen“ gibt es in der Geschichte (von Alexander über Karl, Gregor und Innozenz, Albertus bis hin zu Friedrich und Katharina)? Vgl. hierzu Jakob Burckhardts Weltgeschichtliche Betrachtungen, insbesondere das 5. Kapitel: Das Individuum und das Allgemeine (Die historische Größe), und hierzu in der Einleitung:
– „Wir betrachten das sich Wiederholende, Konstante, Typische als ein in uns Anklingendes und Verständliches“ und
– „wir können jene Lehre von den Anfängen entbehren, und die Lehre vom Ende ist von uns nicht zu verlangen“ (S. 10).
Hat der historische Begriff der Größe etwas mit dem paradoxen Versuch zu tun, unter den Bedingungen des Zeitkontinuums so etwas wie einen Anfang zu etablieren (den Anfang der Welt, die ein „Großer“ begründet hat)? Zielen Benjamins Reflexionen zur Kritik der Gewalt nicht auf diesen Sachverhalt? Der Begriff der Größe benennt die Gewalt, die Walter Benjamin die rechtssetzende Gewalt nennt.
Zur Größe gehört das Denkmal, das von der Last der Reflexion suspendiert (seit des Goethe-Denkmäler gibt, wird Goethe nicht mehr gelesen).
Die Größe ist das Korrelat (und das Alibi) der eigenen Kleinheit.
Ist nicht die Sohn-Gottes-Theologie der Versuch, auch Jesus ein der Größe korrespondierendes Attribut zuzuerkennen („Bekenntnis“ und Größe)?
Dieser Begriff der Größe erfährt seine Vollendung in der Unendlichkeit der kopernikanischen Welt, vor der ich mich endgültig klein fühlen darf (ist nicht die kopernikanische Welt der Baum, unter dem Adam nach dem Sündenfall sich versteckte?).
Alle Anti-Bewegungen der Nachkriegszeit waren verhext durch die Feindbildlogik.
Das „nur“ in der Fassung des kategorischen Imperativs, nach der Menschen nicht nur als Mittel angesehen werden dürfen, schließt die absolute Verpflichtung zur Reflexion mit ein (und diese Verpflichtung gilt als moralische Pflicht auch für den Richter; deshalb darf der Angeklagte niemals zum Feind werden).
Ist nicht der Universalismus und der unter seinem Gesetz vollzogene Objektivationsprozeß ein Prozeß der Selbstinstrumentalisierung, der Identifikation mit dem Aggressor. Die subjektiven Formen der Anschauung haben diesen Prozeß automatisiert.
Wer das „nur“ unterschlägt, gerät in eine Logik, in der er am Ende den Satz nur noch auf sich selbst bezieht, alle anderen davon ausschließt.
Sind nicht alle Planeten frei fallende Fahrstühle, die nur durch die Trägheitskräfte ihrer elliptischen Bewegungen vom Sturz in die Sonne abgehalten werden?
Das Licht ist der Sprachgrund im Sehen. Gott spricht, bevor er sieht, die Menschen sehen, bevor sie sprechen. -
26.3.1997
Ist das Ende des Sündenfalls ein Echo des Anfangs der Schöpfung? Beziehen sich der Acker, der Dornen und Disteln trägt, der Staub, aus dem Adam geworden ist und zu dem er wieder werden wird, und die Wehen der Geburt auf das Tohuwabohu, die Finsternis über dem Abgrund und den über den Wassern brütenden Geistes?
Hängt die Scham mit der Grenze der Individualität, mit der inneren Beziehung von Individuum und Gattung zusammen, mit der Beziehung von Objekt und Begriff? Ist der Boden, in dem der Sich Schämende versinken möchte, die Allgemeinheit des Begriffs, ist die Kollektivscham die Wurzel des Nationalismus?
Hiermit hängt es zusammen, daß die schlimmsten Gemeinheiten die sind, die man selbst nicht mehr wahrnimmt.
Sich den Kopf anderer Leute zerbrechen: Heißt das nicht, den andern die Erfahrung verbieten?
Ist nicht der Antikommunismus immer noch ein Alibi für den Antisemitismus, verschärft seit dem Zusammenbruch des Ostblocks? Nur ist das keine Rechtfertigung des real existierenden Sozialismus.
Strukturwandel der Öffentlichkeit: Die Doppelbödigkeit der faschistischen Öffentlichkeit, das Zusammenwirken des öffentlichen Gerüchts (in dem Wahrheit und Paranoia untrennbar sich mischten) mit seinem macht- und terrorgestützten Dementi (die offizielle Leugnung der Wahrheit, das Verbot, über das offenkundige Grauen zu reden), war ein Produkt des politisch instrumentalisierten double bind. Liegt nicht der eigentliche Strukturwandel der Öffentlichkeit in dem perfektionierten Gebrauch dieses Instruments, insbesondere in den Fortschritten seiner rechtlichen Absicherungen (der gesamte Apparat der Geheimhaltung, des Staats- und Verfassungsschutzes)? Auf das, was die beiden Öffentlichkeitsebenen trennt, verweist der Begriff der Kollektivscham, die Grundlage des neuen Nationalismus, der tiefer gründet, als in einer bloßen Gesinnung: nämlich im logischen Kern der politischen Ökonomie.
Was die Nazis Volksgemeinschaft nannten, heißt heute Standort Deutschland. Damit hängt es zusammen, wenn heute alle sich die Köpfe aller anderen zerbrechen (wenn die Religion unwiderruflich zur Religion für andere geworden ist, deren blasphemische Struktur den Nachkriegs-Atheismus fundiert). Entsetzliche Mischung von Empfindlichkeit und Unsensibilität im Bann der Abwehrmechanismen und Rechtfertigungszwänge. Vgl. hierzu (vor dem Hintergrund der Geschichte ihrer Vergesellschaftung) die Geschichte der Verhärtung des Herzens Pharaos.
Haben Kreuz und Kelch etwas mit der Beziehung der Orthogonalität zur Form der äußeren Anschauung zu tun (gehört das Kreuz zur babylonisch-römischen Tradition)?
Zum Ursprung des Begriffs des Wissens (zu seinen logischen Konstituentien) gehört der Name der Barbaren. Gibt es dazu ein Äquivalent im Sanskrit, in der indischen Urgeschichte (vgl. hierzu die logische Stellung Indiens im Stern der Erlösung)? Oder dringt der Feindbegriff erst in der griechischen Vollendung der mythischen Logik (mit der Schicksalsidee, die dem Ursprung der Philosophie vorausgeht) in den Begriff des Wissens ein? Sind die chinesische und die indische Welt getrennte Formen der Wendung des Feindlichen nach innen und außen?
Der Kapitalismus hat die teleologische Logik der Selbsterhaltung durch Instrumentalisierung in eine Kausallogik transformiert. -
25.3.1997
Konkretismus und Personalisierung: Die Einheit der Raumvorstellung ist der Grund der Verwirrung des Namens.
Auch ein sexueller Mißbrauch: Ist das Neutrum ein Produkt der Vergewaltigung, ihr sprachliches Äquivalent?
Barmherzigkeit, nicht Opfer: Der Ausdruck „seine Kleider im Blute des Lammes waschen“ ist ein anderer Ausdruck für Barmherzigkeit. Ist dies das missing link, das die Barmherzigkeit und das Opfer mit einander verbindet?
Zur biblischen Geschichte des Opfers gehören:
– die Opfer Kains (von seinen Feldfrüchten) und Abels (von den Erstlingen seiner Schafe und von ihrem Fett),
– das Opfer Noahs (von allen reinen Tieren und von allen reinen Vögeln,
– das Opfer des Melchisedech (Brot und Wein),
– die Bindung Isaaks,
– der Altar Jakobs in Bethel,
– beim Exodus, das Opfer drei Tagereisen weit in der Wüste (Ex 318 etc.); ein Opfer dessen, was den Ägyptern ein Greuel ist (826).
Ist nicht das Wort Gottes als Opfer ein geradezu überdeutliches sprachlogisches und sprachgeschichtliches Symbol?
Zur Frage des einen Sünders (und der Freude im Himmel darüber) gibt es – neben dem letzten Satz des Jakobusbriefs – den prophetischen Satz von der Abhängigkeit der Umkehr Gottes von der der Menschen (das „Gereuen“ Gottes: die Transformation der Rache in Barmherzigkeit). Und dieser Satz hat sein Echo im Wort vom Binden und Lösen.
Wer in der Fassung des kategorischen Imperativs, in der es heißt, daß man einen Menschen niemals nur als Mittel ansehen darf, das „nur“ streicht, der muß in den Satz vom „Eingedenken der Natur im Subjekt“ das Adjektiv „gequält“ einfügen.
Hat nicht der Rosenzweigsche Hinweis auf den Zusammenhang der Begattung mit dem Tod etwas mit dem Jesussatz „Laß die Toten ihre Toten begraben“ zu tun: mit dem Problem der Väter in den Evangelien?
Zur Sprachtheorie (Kritik der Kommunikationstheorie): Hat das Wort von dem Namen, den niemand kennt außer dem der ihn empfängt bzw. trägt, etwas mit Jer 3134 zu tun? Ist der Name das Herz, in das nur Gott sieht?
Das Selbstverständnis der Kirchen ist durch den Umgang mit den Häresien (und deshalb durch den Begriff der Orthodoxie) geprägt: durch das Verfahren der Beantwortung hilfloser Fragen mit dem Instrument der Verurteilung. Das reproduziert sich heute in dem hilflosen Antifaschismus, der den Schrecken, der zu reflektieren wäre, durch bloße Verurteilung zu bannen versucht.
Der Hinweis auf die Entrückung in den dritten Himmel ist ein Hinweis auf die Grenze der paulinischen Theologie. Stephanus sah den Himmel offen.
Zum Begriff der Finsternis: Die Irreversibilität der Beziehung von oben und unten (von Begriff und Objekt) ist der Preis für die Verdrängung der Erinnerung. Welche Bedeutung hat die „irre Fahrt zu den Sternen“ für die Konstituierung der Geschichte? Gehört das Bild vom Himmel, der wie eine Buchrolle sich aufrollt, in diesen Zusammenhang?
Wer fragt „Wie bekomme ich einen gnädigen Gott“, für den gibt es nur noch einen unbeweglichen Gott, die Rechtfertigung und keine Umkehr. Für ihn gibt es im Himmel keine Freude.
Maria Magdalena wurde von den sieben unreinen Geistern befreit, Petrus hat ihn dreimal verleugnet, Jakobus und Johannes hat er angekündigt, daß sie den Kelch trinken werden.
Erinnert nicht der Naturschutz inzwischen auch an den Schutz der eigenen Natur (den Schutz der Sentimentalität, der Empfindlichkeit, an die Pflege des Selbstmitleids)?
Die Reichweite der Logik des Gerüchts reicht von der experimentellen Hypothesenbildung bis zur manifesten Paranoia.
Der Faschismus ist nicht zuletzt ein Problem der Öffentlichkeit.
Der Fundamentalismus ersetzt die politische Moral durch die Sexualmoral. Wie hängt das mit dem „wörtlichen Schriftverständnis“ zusammen? Ist dieses „wörtliche Schriftverständnis“ der Unzuchtsbecher?
Was ist mit einer Welt, in der Empfindlichkeit die Sensibilität endgültig verdrängt hat? Empfindlichkeit verhält sich zur Sensibilität wie die Wut zum Zorn. -
24.3.1997
Wie hängt das Christentum mit der Ursprungsgeschichte der doppelten Buchführung zusammen? – Die ersten Codices waren die Haushaltsbücher des römischen Familienhaushalts und die Bücher des NT. Codices unterscheiden sich von Buchrollen dadurch, daß sie auf beiden Seiten beschrieben wurden (vgl. Apk 51, 614, 102, 2012).
Im Kosmos der Sprache ist das Neutrum eine Schlange, haben Unzucht und Keuschheit etwas mit der Politik und dem Staat zu tun, und ist die Gebärmutter Symbol der Barmherzigkeit: der Ort der Geburt des Messias.
Die subjektive Form der äußeren Anschauung ist die Grenze der Sprache zum Objekt; das Objekt ist der Fremde, der Ausländer, der Sklave, die Ware der Sprache. Aber die Grenze, die die Sprache von ihrem Objekt trennt, ist eine Grenze in der Sprache, sie ist reflexionsfähig.
Kyrios ist der Deckname fürs Tetragrammaton, seine Widerspiegelung im Griechischen. Was bedeutet es, wenn dieser Name im NT als Gottesname auf Jesus angewandt wird?
Die Naturwissenschaften haben die Religion überflüssig gemacht, aber das um den Preis der Finsternis.
Kein Friede: Die Feindschaft der katholischen Tradition gegen die Aufklärung, die durch die heutige Identifikation mit dem Aggressor nicht aufgehoben ist, gründet in der Unfähigkeit, die gemeinsame Wurzel beider zu reflektieren. Die Vätertheologie ist wahr bis auf den einen Punkt, daß sie „Väter“-Theologie ist. Auch für sie gilt das „Laß die Toten ihre Toten begraben“ und das Wort von der Bekehrung der Herzen der Väter zu ihren Kindern.
Das Perfekt oder das steinerne Herz: Ist das der Panzer, der sich in der Geschichte der Überwindungen der jeweiligen Vergangenheiten gebildet hat, in seiner Objektivierung (die das Eingedenken neutralisiert), im Historismus und in der subjektiven Form der inneren Anschauung sich vollendet? -
22.3.1997
Die Welt ist alles, was der Fall ist: Kopernikus hat den Fall universal gemacht. Die Vertreibung des Lichts ist die Grundlage (und das Ergebnis) der kopernikanischen Wende („…, der ich schaffe die Finsternis und bilde das Licht“ – „Ihr seid das Licht der Welt“).
Der Kelch bildet sich mit dem Blick von oben (mit dem Begriff, der das Objekt unter sich subsumiert). Das Ding, das Objekt ist das Subjekt des Falls. Der Fall ist das Korrelat des Herrendenkens, der Ausgrenzung der Barmherzigkeit (Barmherzigkeit ist eine Sprachqualität: die Sprachqualität der Theologie im Angesicht Gottes).
Der Kelch (das Instrument der Instrumentalisierung) ist das Produkt der Trennung von Gericht und Barmherzigkeit: der Unfähigkeit zur Reflexion des Lichts.
Das politische Denken (das Trinken des Kelches) ist das Werk Babylons, Ägypten (Pharao, das große Haus) symbolisiert den Ursprung der Ökonomie (das Sklavenhaus). – Hat nicht die Kirche, als sie zur Staatsreligion des Römischen Imperiums wurde, das Erbe Ägyptens (Mizrajims) angetreten und das Sklavenhaus verinnerlicht?
Wer glaubt, die Bibel durch sprachliche „Verbesserungen“ (wie die Einfügung von „Schwestern“ in die Apostelbriefe) modernisieren zu können, verkennt ihren objektiven Charakter (die Zuordnung der „Erfüllung der Schrift“ zur Passion und zum Kreuzestod Jesu). Er sucht in der Schrift nicht Erkenntnis, sondern Trost, er sucht eine Moral, die ihn unschuldig macht, indem sie ihn der Verantwortung (und damit der Schuld) enthebt. Die Schrift unterscheidet sich von staatlichen Gesetzen und Erlassen, daß es in ihr nicht um die Verteilung von Pfründen und Privilegien geht, sondern um eine Erkenntnis, die die Reflexionsfähigkeit voraussetzt und begründet: Deshalb sind die „Brüder“ angesprochen (und deshalb heißt es von den Vätern: Laß die Toten ihre Toten begraben), während Maria Magdalena die einzige ist, die die Umkehr vollzogen hat, und nur die Frauen haben dem Anblick des Gekreuzigten standgehalten.
Ist es nicht überhaupt das falsche Verhältnis zur Schrift (die falsche Prophetie, die zwei Hörner hat wie das Lamm und redet wie der Drache), das sich nur konsumtiv zur Schrift verhält, die Schrift unter dem Symbol des Kelchs glaubt begreifen zu können („… ihr werdet den Kelch trinken“)? Wer die Schrift als Trost mißbraucht, macht sie auf falsche Weise gegenwärtig, er macht sie zum Präsens und löscht das Licht der Offenbarung (den Imperativ der Attribute Gottes). Ist nicht die Apokalypse das einzige Heilmittel gegen das Präsens und gegen die Gewalt des Neutrums?
Wo heißt es, daß Golgatha, Ägypten und Sodom der Ort ist, an dem der Herr gekreuzigt wurde?
Die Logik des Wissens ist die Logik des Falls, sie entlastet von der Last der Barmherzigkeit, allerdings um den Preis der Paranoia (das Dogma, die Orthodoxie, subsumiert den „Glauben“ unter die Logik des Wissens).
Die RAF hat seit je nur Präventivschläge geführt, und die waren immer falsch. Sie glaubte, alles im Voraus wissen zu können (zu müssen), nur so war für sie alles klar (ließen sich „klare Fronten“ herstellen). Das Im-Voraus-Wissen, die Verkörperung und der Grund des Wissens überhaupt, steht Bann des Feindbildes. -
21.3.1997
Die Sprache steht der Wirklichkeit nicht gegenüber, sondern sie ist in sie verflochten und verstrickt. Wenn die Wirklichkeit außerhalb der Sprache und gegen sie sich zu behaupten scheint, so fällt dieses „außerhalb“ noch in die Sprache: als Objekt und Korrelat des richtenden Urteils. Die Totalitätsbegriffe Wissen, Natur und Welt sind die Statthalter des richtenden Urteils.
Wenn die Sprachgeschichte ein Teil der Herrschaftsgeschichte ist, dann ein subversiver.
Das Huygens’sche Relativitätsprinzip ist ein Grenzfall des Einstein’schen, gültig im Bereich von (im Verhältnis zur Lichtgeschwindigkeit) niedrigen Geschwindigkeiten. Entspricht hier nicht die Grenze, die die beiden Relativitätsprinzipien trennt und unterscheidet, der Grenze, die zwei Dimensionen des Raumes von einander trennt und unterscheidet? Sie bezeichnet einen zweiten Akt des Objektivationsprozesses. Nicht das selbe, sondern nur das gleiche Inertialsystem verbindet die Mechanik mit der Elektrodynamik und der Mikrophysik. – Oder ist es nicht schon das dritte: ist das zweite das des Gravitationsgesetzes?
Ist der Begriff des Falls im ersten Satz des Wittgenstein’schen Tractatus logico-philosophicus ein Produkt dieser dreifachen Objektivation? Das physikalische Äquivalent des Wittgenstein’schen Satzes ist die Einstein’sche Identität von träger und schwerer Masse.
Urteile werden gefällt: Was gefällt wird, wird zu Fall gebracht.
Sind nicht alle Begriffe, mit deren Hilfe mikrophysikalischen Erscheinungen und Prozesse beschrieben werden, metaphorische Begriffe?
In dem Vergleich der Nachkommenschaft Abrahams mit den Sternen des Himmels und dem Sand am Meer steckt ein logisches Problem: das der Pluralität.
Wie hängt Adornos „Eingedenken der Natur im Subjekt“ mit der Weizsäckerschen „Explosion von Genie“ zusammen (nach Kant ist die Natur im Subjekt die Produktivkraft des Genies)?
Wer das Problem der deutschen Fraktion der Kopenhagener Schule nur unter dem Gesichtswinkel schuldig/nicht schuldig sieht, verfehlt die Sache. Beginnt die wirkliche Schuld nicht erst in der Unfähigkeit, post festum die eigene Verstrickung (die in actu unsichtbar war) zu reflektieren: in der Geschichte der Verdrängung?
Blochs Satz „Der Anfang wird am Ende sein“ rührt an einen zentralen Sachverhalt: Die Geschichte der Aufklärung hat den Anfang ins Ende transformiert, und das über einen Akt, der die Wahrnehmung dieses Vorgangs zugleich verhindert hat, weil er im Kern des Objektivierungsprozesses selber sich vollzogen hat, in der Bildung der subjektiven Form der inneren Anschauung, der Vorstellung des Zeitkontinuums (der Idee des „Überzeitlichen“). Hierin gründet der Tatbestand, auf den der Satz sich bezieht: Alle tun ihre Pflicht, aber keiner weiß, was er tut. Deshalb ist die bloße Verurteilung des Faschismus ein Instrument der Umkehrverhinderung.
Der Ursprung der Umkehrverhinderung liegt in der kopernikanischen Wende: Seit der Konstituierung der Raumvorstellung (die die Vorstellung des Zeitkontinuums begründet und stabilisiert) führt jede Umkehr in die gleiche Scheiße zurück; seitdem ist die Zukunft wie die Vergangenheit. Die kopernikanische Wende hat das Ungleichnamige gleichnamig gemacht: den Begriff vom Namen getrennt und den Namen vernichtet (die Zerstörung des Tempels, bei der kein Stein auf dem andern geblieben ist).
Wo war in der Zeit der Richter die Bundeslade?
Der Nachkriegs-Atheismus gründet in der Zwangslogik des Sich-tot-Stellens. Er kündigte sich an in Heideggers „Vorlaufen in den Tod“. Die Religion, von der der Fundamentalismus nicht lassen will, ist eine Religion für andere.
Gehört nicht Weizsäcker zu den Protagonisten eines Diskurses über „Religion und Naturwissenschaft“, der es in erster Linie darum geht, ähnlich wie einmal die „spekulative Physik“ Einsteins, so jetzt auch die Religion so kurz und klein zu diskutieren, daß sie praktisch nicht mehr vorkommt, daß mit der Religion die Kraft des Eingedenkens, der Erinnerung, verschwindet. Dieser Diskurs steckt so im Bann der Rechtfertigungszwänge, die sehr konkrete Ursachen haben, daß er als Beleg für die Traditionszerstörung durch den Antisemitismus genutzt werden kann. Die deutsche Fraktion der Kopenhagener Schule war eine „deutsche Physik“, die Kreide gefressen hat.
Heute breitet das Täter-Opfer-Paradigma sich aus: Die Deutschen, die Christen, die Männer, die Väter, die „Besserverdiener“, sie alle haben allen Grund, dieses Paradigma zu reflektieren. Haben nicht die Exkulpationslogiken, die diese Täter-Opfer-Paradigmen erzeugen, etwas mit dem Stand der „Aufklärung“, die seit je auf „klare Fronten“ abzielte: mit dem Stand der Geschichte der Herrschaftslogik, etwas zu tun?
Wenn Hitler im Atheismus überlebt, dann gibt es zur Reflexion der Naturwissenschaften keine Alternative mehr. Hier werden die „Wege des Irrtums“ erstmals lesbar.
Die Logik des Traums des Nebukadnezar läßt sich an der Beziehung der Astrologie zur Astronomie demonstrieren: Die Astronomie ist das Instrument des Vergessens; vergessen wurde die Astrologie, die den Traum bezeichnet, der zu deuten wäre.
Astrologie und Astronomie lassen sich durch ihre Beziehung zur traditionellen Wahrheitsdefinition bestimmen: Die Astrologie hat die „adäquatio intellectus ad rem“ eröffnet, die Astronomie die „Übereinstimmung von Begriff und Gegenstand“.
Das Urteil im Hogefeld-Prozeß hat im Umkreis der RAF eine ähnliche Wirkung ausgelöst wie die „Schüsse an der Startbahn“ auf die Anti-Startbahn-Bewegung. In beiden Fällen gab es den aufgescheuchten Hühnerhaufen. Verweist das nicht sehr deutlich auf die Beziehung von Urteil und Mord? In jedem Urteil, auch nach der Abschaffung der Todesstrafe, steckt ein Todesurteil. Deshalb gehört der Mord als Täterdelikt zu den Grundlagen des Strafrechts, zu den Säulen des Strafrechts.
Der Rechtsstaat ist der säkularisierte Faschismus.
Was hat Paulus gemeint, als er die drei Apostel in Jerusalem, Petrus, Jakobus und Johannes, die „drei Säulen“ nannte? Und was bedeuten eigentlich die Verdoppelungen und Verschiebungen in der Urgeschichte des Christentums:
– beim Jakobus (Zebedäussohn, Sohn des Alphäus, Herrenbruder – wer ist der Autor des Jakobusbriefs?)
– Simon (S. Petrus, Kananäus -> Nathanael?)
– Johannes (der Täufer, Zebedäussohn)
– Judas (Thaddäus, Sohn/Bruder des Jakobus, Herrenbruder, J. Iskarioth – sind Thaddäus, der des Jakobus und der Herrenbruder eins, wer ist der Autor des Judasbriefs)
– Philippus (Apostel, einer der Diakone)
– was ist mit Levi/Matthäus?
Ist es möglich, aus den vier Evangelien und der Apostelgeschichte eine einheitliche Apostelliste aufzustellen?
In der Nacht sind alle Katzen grau: Hat dieses Grau etwas mit dem „Grauen um und um“ bei Jeremias zu tun? -
20.3.1997
Doppelsinn des Worts „erhalten“: Erst durchs Erhalten wird etwas zum Eigentum. Verweist dieser Doppelsinn nicht auch auf die Bedeutung der „Erhaltungssätze“, die die Verfügbarkeit der Erkenntnisse, die sie begründen, sicherstellen. Sind die mikrophysikalischen „Naturkonstanten“ (wie der Wert der Lichtgeschwindigkeit, das Plancksche Wirkungsquantum und die elektrische Elementarladung) nicht eigentlich „Erhaltungssätze“, haben sie nicht für die Sphäre der Elektrodynamik und der Mikrophysik, die sie erschließen, eine den den Erhaltungssätzen der Mechanik vergleichbare Funktion?
Die theologische Trennung von Schöpfung und Erhaltung (der Welt durch Gott) gilt nur für uns, nicht für Gott. Nur ist die islamische Lösung, wonach Gott die Welt in jedem Augenblick neu erschafft, sicherlich falsch: Das „in jedem Augenblick“ ist das islamische Pendant dessen, was seit den Anfängen der naturwissenschaftlichen Aufklärung in Europa Empfindung heißt. Beides gehorcht der gleichen Logik, der der Punktualität, der positivistischen Sprengung und Chaotisierung des Objekts (des „Staubes“). Die Auflösung der Zeit in ein Ensemble von Augenblicken ist der Grund des Allbegriffs, der dann in Namen wie Allwissenheit, Allmacht oder Allbarmherzigkeit auf Gott übertragen wird.
Die Empfindungen sind der Bodensatz der logischen Verrottung des Namens.
Nicht wie im Gehirn die elektromagnetischen Prozesse in Empfindungen umgewandelt werden, die Transformation der sinnlichen Erfahrung in physikalische Prozesse ist das Reflexions- und Erklärungsbedürftige. Es ist die gleiche Logik, die die Erkenntniskraft des Namens zerstört.
Der Blick, der sich auf etwas richtet, ist ein richtender Blick.
Der Bekenntnisbegriff stößt auf seinen Grund in Joh 129. Das Bekenntnis des Namens ist die „Auf-sich-Nahme“ der Sünde der Welt, während die „Hinwegnahme“ die Bekenntnislogik begründet, die Einbeziehung des Bekenntnisbegriffs ins Schuldverschubsystem. In Joh 129 wird das Glaubens- zum Schuldbekenntnis: ich muß die Schuld nicht auf mich nehmen, sie lastet auf meinen Schultern.
Ist nicht in die Bekenntnislogik, die das Bekenntnis universalisiert, die Heuchelei mit eingebaut, spricht nicht die Bekenntnislogik die Sprache, hinter der die Schuld sich verbergen kann?
Ding und Sache: Die Naturwissenschaften haben die Sache durch das Ding ersetzt, das Was durch das namenlose Subjekt des Wie. Zwischen Ding und Sache steht die kopernikanische Wende, die einen neuen Naturbegriff begründet. Das Ding ist das Produkt der Objektivierung der richtenden Gewalt. Hängt nicht die Bedeutung der Eucharistieverehrung für die Konstituierung des Dingbegriffs mit der Entfaltung der richtenden Logik zusammen?
Die Neofaschisten, die sich durch bewußtes und gewolltes Nichtwissen heiß machen, widerlegen insoweit den Satz: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
Nebukadnezars Traum: der Mythos, die Kunst, die Naturwissenschaft.
Zu dem Grimm’schen Märchen vom Herrn Korbes: Ist es nicht heute durch die Realität überholt, ist es nicht dem Herrn Korbes gelungen, den Virus auf Hähnchen und Hühnchen etc. zu übertragen, die, seitdem sie es dem Herrn Korbes alle gleichtun möchten, sich gegenseitig ausgrenzen, stechen, erschlagen, den Herrn Korbes in Ruhe lassen?
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