Das Christentum enthält eine eingebaute Exkulpationsautomatik, in deren Zentrum die falsche Übersetzung des „qui tollit“ aus Joh 129 steht.
Jesus zur Rechten des Vaters: Heißt das, daß nach der Himmelfahrt Jesu die Rechte des Vaters gebunden, und nur die Linke gelöst ist? (Vgl. die Schlacht gegen Amalek?)
Franz Rosenzweig unterscheidet sich von Johannes Scottus Eriugena dadurch, daß er die Natur nur als gnoseologischen, nicht als ontologischen Anfang nimmt. Es ist die Natur im Kopf dessen, der vom Baum der Erkenntnis gegessen hat: Natur als gefallene Natur.
Die Welt ist das Aufdecken der Blöße, als welche dann die Natur sich erweist. Und die aufgedeckte Blöße ist eine Folge der Trunkenheit (eine Wirkung der Zivilisationsdroge). (Vgl. die Sündenfallgeschichte: da gingen ihnen die Augen auf …; Noach und Ham; Lots Töchter; die Kreuzigung.)
Die Bestimmung der Keuschheit ist erst möglich im Kontext der Einsicht, daß die Welt das Aufdecken der Blöße (die im Weltzusammenhang Natur heißt) ist. Das Realsymbol für das Aufdecken der Blöße des Vaters ist das Kreuz.
Zur Reform des deutschen Strafrechts: Die Auswirkungen einer Änderung, die Trunkenheit als Strafmilderungsgrund ausschließt, sind unabsehbar, in jedem Falle aber weiterreichend, als es zunächst erscheinen mag. Aber diese Welt ist ja insgesamt besoffen (und der Kampf gegen die Drogen zumindest zum Teil auch eine Alibiveranstaltung derer, die nach der Methode „Haltet den Dieb“ von den gesamtgesellschaftlichen Folgen des Alkoholismus ablenken wollen).
Stimmt es, und was hat es zu bedeuten, daß in den romanischen Sprachen das Konditionspartikel zum Ausdruck der Bejahung geworden ist?
Das Ich denke, das alle meine Vorstellungen muß begleiten können, ist ein Vorgang, der sich im Innern abspielt und nur über die Sprache nach außen dringt, während das Ich sehe selber draußen ist. Aber während das Sehen in die Zeit fällt, mit ihr vergeht, sich ändert, ist die Sprache konservierbar. Erst die Durchdringung beider, die volle Geistesgegenwart, rührt an den Begriff des Ewigen, an den Grund der Dinge. Und diese Geistesgegenwart fällt zusammen mit der Wiedergewinnung der benennenden Kraft der Sprache.
Verweist das Bild von den beiden Schlangen (bei Jesaias) auf den Zusammenhang der intentio recta mit dem verwirrenden Prinzip, dem Ansatzpunkt der Hegelschen List, Folge der vom Objektivationsprozeß nicht abzulösenden Instrumentalisierung: dem trunkenmachenden Prinzip.
Was hat es zu bedeuten, wenn in der frühen Christenheit der Fisch (ichtys) als Christussymbol gesehen und am Freitag Fisch gegessen wurde?
Wenn Adam die Tiere benannte, so steckte darin die Kraft und die Fähigkeit, das „Wesen“ der Tiere, die lebendige Verkörperung von Instrumentellem, zu begreifen und zu bestimmen. (Vgl. den Behemoth, Inbegriff des grasfressenden Viehs; die Raubtiere, die Fische, die Vögel, das Gewürm, die Insekten. Einteilung: Angriffs-, Flucht-, Ausdruckstiere, Pflanzen- und Tier-Symbiosetiere?)
Tiere
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17.10.92
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10.10.92
Gibt es einen Zusammenhang zwischen den drei Versuchungen Jesu und den drei Verleugnungen Petri?
Kann es sein, daß die Zahl der nach dem Schiffbruch bei Malta Geretteten (nach der Apostelgeschichte „etwa 276“, d.i. die Summe aller Zahlen von 1 bis 23) etwas mit dem Alphabet zu tun hat? Hat das Bilderverbot etwas mit dem Ursprung und der Rettung der Schrift zu tun? Sind die Buchstaben Projektionen (von was?) auf die Bildebene des Blattes, die Fläche? Hat die Schrift etwas mit dem Antlitz der Erde zu tun (für das wir ebenso verantwortlich gehalten werden wie für das eigene Antlitz), und die Erneuerung des Antlitzes der Erde mit dem Aufrollen des Himmels („wie eine Buchrolle“): das dann eins wäre mit der Aussendung des Geistes?
Nur die Trauer könnte Anteil gewinnen an der Kraft, die einmal die Toten erwecken wird.
Ist die Grunderfahrung dessen, der einmal wünschte, „wieder Boden unter die Füße zu bekommen“, die des Schwimmens? Und hat sie etwas mit Jonas zu tun und mit dem fünften Schöpfungstag?
Die Schlange soll auf dem Bauche kriechen: sie hat den Boden nicht unter den Füßen, sondern unter dem Bauch. Ist die Käfer-Erfahrung Kafkas eine Vorerfahrung dieses Auf-dem-Bauche-Kriechens, eine Erfahrung, die zweifellos auch mit dem derzeitigen Zustand der Naturwissenschaften zusammenhängt: wer auf dem Bauche kriecht, sieht nur „das Nächstliegende“ und verliert den Überblick? Es ist dieser positivistische Objektbezug, an den die desorientierte Forschung sich heute überall anklammert, unfähig zur Reflexion, die die positivistische Verblendung allein auflösen könnte. Sind die subjektiven Formen der Anschauung das Element, aus und in dem die Schlange, die großen Meeresungeheuer und der Drache sich bilden? Vgl. dazu in der Apokalypse die Geschichte von den Tieren: vom Lande, aus dem Wasser und dem dritten Tier, bei dem es Weisheit und Verstand braucht (das Tier vom Lande: die Physik, das Tier aus dem Wasser: die Ökonomie und die Herrschaftsgeschichte, das dritte Tier: der Antichrist).
Der Satz: „Was du auf Erden binden wirst, wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, wird auch im Himmel gelöst sein“, bezieht sich auf den Weltbegriff. Hier liegt der Knoten, den Alexander, der Aristoteles-Schüler, (und alles Herrendenken seitdem, bis in die Theologie hinein) nur durchschlagen hat. -
05.10.92
Besuch der Frankfurter Buchmesse gestern:
– Beim Pfeiffer Verlag wegen Rosemary Radford Ruether: Brudermord und Nächstenliebe, und beim Christian Kaiser Verlag wegen Charlotte Klein: Theologie und Antijudaismus, vorgesprochen; in beiden Fällen die gleiche Antwort: keine Nachfrage, Neuauflage aus Rentabilitätsgründen nicht zu vertreten. Aber beide Titel sind restlos verkauft: woher wissen die Verlage, daß die Nachfrage erschöpft war? Mein Hinweis auf die in Festreden immer wieder beschworene verlegerische Verantwortung (die insbesondere bei Titeln gelten sollte, die die Verstrickung der Theologie in die Vorgeschichte von Auschwitz theologisch thematisieren) löste nur Abwehrreaktionen aus; die Frage, ob nicht vielleicht Zensur oder Pressionen von Betroffenen mit hereinspielen, wurde mit Empörung zurückgewiesen.
– Bei der EVA, Hamburg, Karten mit dem Satz von Ulrich Sonnemann:
„Zukunft ist von außen wiederkehrende Erinnerung; daher hat die Gedächtnislosigkeit keine“.
Damit wird das Futur II (und mit ihm die blind sich reproduzierende Ökonomie und die ganze Naturwissenschaft) als Inbegriff der Zukunftslosigkeit bestimmt: Hat das nicht nicht doch etwas mit der Idee der Auferstehung der Toten zu tun, mit der zukunftsbegründenden und die Toten erweckenden Kraft der Erinnerung? Wenn die Theologen (die Christen) wirklich je an die Lehre von der Auferstehung der Toten geglaubt hätten, dann sähe die Theologie (das Christentum) anders aus.
Das ho airon in Joh 129 schließt ebenso wie das tollere in der Vulgata eine Übersetzung mit auf sich nehmen statt hinwegnehmen nicht aus; es erzwingt keineswegs ein Verständnis, das eine opfertheologische, durch das stellvertretende Sühneleiden und den Kreuzestod hergestellte Schuldlosigkeit der Welt (oder der Natur) begründen würde. Das Hinwegnehmen war das Tor, durch das die Philosophie (als Medium der Verinnerlichung des Mythos) Einlaß in die Theologie gefunden hat. Jesus hat die Sünde der Welt (tän hamartian tou kosmou) auf sich genommen, nicht die Schuld der Welt hinweggenommen.
Wie hängen das Symbolum und die Trinitätslehre, und – man muß schon sagen: das Verschwinden JHWH’s, mit der Funktion des Weltbegriffs in der christlichen Tradition zusammen?
Mit der Hypostasierung der Welt wird die Schuld unaufhebbar; und genau das wird genutzt als Exkulpationsmotiv. Das ist der Grund der Sexualmoral (die Projektion der unaufhebbaren Schuld in die Erinnerung der Natur im Subjekt).
Der Naturbegriff erzwingt die Vergöttlichung Jesu, und er widerlegt sie zugleich: die Christologie ist ein Erinnerungsmal des undurchschauten Naturbegriffs.
Zur Sintflut: Haben hier, mit der Öffnung des Raumes ins Unendliche, die Bedingungen sich so verändert, daß die Wasser oberhalb sich nicht mehr halten konnten, sich zwangsläufig zu Wolken und Regen kondensierten (verdinglichten), mit der Folge, daß es danach dann den Regenbogen gab (die Farben stellen noch heute die Erinnerung vor Augen, daß die Dimensionen des Raumes, nicht vollständig umkehrbar sind; in der Physik wiederentdeckt mit der Entdeckung des Prinzips der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit). Auf welche physikalischen und astronomischen Veränderungen verweist diese Sintflutgeschichte (gesellschaftlich verweist sie u.a. auf den Ursprung der Zivilisation: von Herrschaft, Hierarchie und Gewalt, das Fleischessen, den Weinanbau und die Trunkenheit; vorausgegangen ist eine Rettung der Tiere, die für die Tiere auch der Anfang einer Katastrophe war)? Gibt es einen Zusammenhang mit der Velikovsky-Heinsohnschen Venustheorie?
Johannes Scottus (Fünftes Buch, S. 310) bringt die Vorstellung ins Spiel, daß der Sonnenstrahl aus dem Meeren und Flüssen sowie aus allen Wasseransammlungen und irdischen Pfützen Stoff an sich zieht und damit Nahrung in seine Natur aufnimmt.
Sind die Nahrungsgebote (vom Paradies bis zur Eucharistie) vielleicht verzweifelte Versuche der Gottheit, zu retten, was nicht zu retten ist?
Ps 4915: Rießler übersetzt „Sie gleichen Schafen, die für die Unterwelt der Tod schon weidet“, die Einheitübersetzung: „Der Tod führt sie auf seine Weide wie Schafe, sie stürzen hinab zur Unterwelt“. (Vgl. Schaf und Lamm: Weide meine Lämmer, weide meine Schafe; auch Mt 936 und die in der Anmerkung dazu genannten Stellen.)
Angesichts des unendlichen Raumes gibt es zur concupiscentia keine Alternative.
Was haben die Wasser (zweiter Schöpfungstag, Sintflut, Thales) mit den Urteilen zu tun? Ps 367: Deine Urteile sind tief wie das Meer. Vgl. Jes 5720: Die Bösen aber gleichen einem aufgewühlten Meer. Wird mit der Trennung der Wasser oberhalb von den Wassern unterhalb das Gute vom Bösen getrennt (beide bleiben namenlos, bis sie durch den Baum der Erkenntnis sich enthüllen, und zugleich die Scham begründen). Ist das Schicksal als der Schuldzusammenhang des Lebendigen (Benjamin) nicht der Inbegriff des urteilenden, richtenden Denkens und Erkennens (des Begriffs, durch den die Schuld ins Objekt projiziert wird)? Die platonische Idee des Guten gehört zu den Konstituentien des Weltbegriffs; und das scholastische Verum wird durch die Zusammenstellung mit dem Unum und dem Bonum depotenziert.
Es stimmt, daß sich die Erbschuld über die concupiscentia fortpflanzt; aber das primum concupiscibile ist die Unsterblichkeit.
Der banale Vers, den Adorno in den Minima Moralia ironisch zitiert: Der Leib liegt auf dem Kanapee, die Seele schwingt sich in die Höh, ist so absurd vielleicht doch nicht, wie er zunächst klingt. Könnte er nicht als Bild der Erinnerungsarbeit gehört werden: Ich lege mich selber aufs Kanapee und setze mich hinter mich, lasse die Assoziationen kommen und prüfe sie dann selber auf ihren Erinnerungs- und Wahrheitsgehalt. Diese Anwendung der tiefenpsychologischen Anamnesetechnik verschiebt die Elemente der Freudschen Theorie, sie stellt insbesondere eine Beziehung her zwischen dem subjektiven („psychologischen“) Verdrängungsapparat und der Objektivität des Weltbegriffs, der so als der Ursprung jeglicher Verdrängung sich enthüllt, die historisch-gesellschaftlichen Konnotationen des subjektiven Verdrängungsapparats erkennbar macht.
Die Zerstörung des Namens durch den Begriff: Dabei ist daran zu denken, daß der Begriff aus dem Prädikat stammt, durch Hypostasierung daraus gewonnen wird, dann aber – mit der Verdinglichung und Instrumentalisierung des Objekts – an die Stelle des Namens tritt.
Man muß die beiden Sätze zusammenhören:
– Einmal ist keinmal, und:
– Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht.
Sie rühren an den Ursprung und Kern der Philosophie, denn das, was in der Philosophie und seitdem Wissen heißt (und für dessen Allgemeinheit der Satz „Einmal ist keinmal“ gilt), dem braucht man nicht zu glauben.
Liegt dem Futur II nicht ein Wiederholungszwang zugrunde; und d.h.: gründet nicht das Futur II in einer welthistorisch wirksamen Verdrängung?
Das Weltgericht ist der Begriff, mit dem Hegel das Schicksal in seiner Philosophie benennt.
Die Erstgeburt Adams ist Kain, nicht Abel. Aber diese Bezeichnung der Erstgeburt als Mörder (und nicht Opfer) begründet nicht, daß dann die Erstgeburt zu opfern ist.
Die Philosophie ist Produkt der gesellschaftlichen Reflektion des Selbstbewußtseins von Privateigentümern; darin gründet der Begriff des Allgemeinen und die Philosophie als politischen Philosophie. Und der Übergang vom Mythos zur Philosophie spiegelt den den Übergang vom Objekt zum Subjekt von Herrschaft (und nicht die Versöhnung).
Zur Institution des Privateigentums und der darin gründenden Emanzipationsgeschichte: Zu den Begriffen der Meinung, der Gemeinheit und des Allgemeinen wird man den Ursprung des Rechts (das im Interesse der Absicherung des Privateigentums die Beziehungen zwischen Privateigentümern regelt) mit hinzu nehmen müssen. Hier fällt die Selbstreflektion der Philosophie mit der Selbstbegründung des Staates zusammen.
Das Futur II ist ein Erzeugnis der Schrift, zumindest hat es mit der Schrift einen gemeinsamen Ursprung.
Die Philosophie hat das Feste verflüssigt und das Flüssige verdinglicht.
Radikalisierung durch Neutralisierung: Die Leidensunfähigkeit, die Johannes Scottus den Seligen attestiert, könnte damit zusammenhängen, daß er es nicht erträgt, daß zur Seligkeit nach Augustinus der Anblick des Leidens der Verdammten in der Hölle dazu gehören soll. Aber es gibt kein Glück ohne Befreiung und Entfaltung der Leidensfähigkeit. Und genau das ist mit der Tabuisierung der Lust und mit der Diskriminierung der Sexualität abgeblockt, verhindert worden.
Johannes Scottus, 5. Buch, S. 312: Folie, vor der die Welt als gerechtfertigt sich darbietet und das Böse in die Sexualität verschoben wird. Hier schlägt der mythische Gehalt dieser Theologie voll durch (Zusammenhang mit dem sexualmoralischen Grund des Objektbegriffs). -
13.09.92
Wenn die Schlange „auf dem Bauche kriecht“, drückt sich darin nicht auch ein Verhältnis zu den Herrschenden, zu den Vornehmen, aus? Steckt darin nicht die Anerkennung hierarchischer Ordnungen? Stehen nicht aller Tiere unter Herrschaftsnarkose? Und ist die Schlange deshalb „das klügste aller Tiere“, weil sie die vollständige Unterwerfung repräsentiert?
Der biblische Begriff der Umkehr ist nur verständlich im Kontext der Idee der Auferstehung der Toten. In diesem Zusammenhang nochmal nachlesen, in welchem Kontext die Umkehr von Mensch Welt Gott im „Stern“ sich begreift.
Natur- und Weltbegriff sind Totalitätsbegriffe, die unsere Erfahrung organisieren. Der Naturbegriff usurpiert den Schöpfungsbegriff und leugnet die Idee der Auferstehung der Toten; der Weltbegriff usurpiert das Jüngste Gericht und leugnet die Idee der Schöpfung. Die ungeheure Bedeutung des paulinischen „Kauft die Zeit aus“. Durch den unreflektierten Gebrauch der Begriffe Welt und Natur werden die Schöpfung und die Idee der Auferstehung aus dem Bereich des Denkbaren ausgeschlossen. Aber ohne die Idee der Auferstehung der Toten ist auch die der Wahrheit nicht mehr denkbar.
Starke und schwache Verben: Gesonnen und gesinnt. Hängt die Unterscheidung mit der von Name und Begriff zusammen, drückt darin ein Unterschied der Beziehung zum Objekt sich aus? (Der Duden ebnet die Differenz ein, indem er schwache Verben, nur weil auch ein Vokal sich ändert, mit zu den starken (= „unregelmäßigen“) Verben rechnet; vgl. insbesondere die sogenannten Modalverben, die „Präteritopräsentia“:
– dürfen: es ist mir erlaubt,
– können: die Kräfte, die Mittel reichen aus,
– mögen: es kommt meiner Neigung entgegen,
– müssen: ich bin gezwungen,
– sollen: es wird von mir erwartet,
– wollen: ich verspreche zu tun,
– wissen: ich unterwerfe meine Erfahrung den Kriterien der Beweisbarkeit, oder: ich unterwerfe mich der Kontrolle der Anderen (die mich zum Anderen für Andere macht; Katalysator ist der Begriff des Seins, die „verandernde Kraft des Seins“);
sie binden den transzendentalen Apparat an seinen Naturgrund im Subjekt zurück, geben ihn selber als ein Stück gegenständlicher Natur vor und repräsentieren die Formen der Bedienung, des Gebrauchs dieses Apparats, (den subjektiven Grund der „Tatsachen“); sh. Duden, Ziffer 216: sind das nicht Entfremdungs- oder Vergesellschaftungsverben, Verben, die die Subjektlosigkeit des Subjekts bezeichnen, gleichsam Repräsentanten der Welt oder der Natur, einer Autorität, des Schicksals, des Triebs, des Verstandes oder des Willens im Subjekt: Produkt des begrifflichen Banns, der Zerstörung des Angesichts, und Schuldgrenze zur Welt?).
Die Präteritopräsentia: Setzt sich mit ihnen das Subjekt (anstelle der Tat) als vergangen, daher ihre grammatische Konstruktion? Sind sie die subjektiven Reflexionskategorien des Weltgeistes, gemeinsam mit dem Weltbegriff entspringende Reflexionsbestimmungen?
Durchs Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit wird die unmittelbare Präsenz des gesehenen Objekt rekonstruiert; durch die Projektion ins Inertialsystem hingegen wird so etwas wie eine Präteritopräsenz hergestellt. Entsprechen dem in der Sprache die Modalverben?
Transzendentallogischer Zusammenhang von Welt, Wissen und Natur mit der subjektiven Form der äußeren Anschauung (dem Raum und seiner Dreidimensionalität)?
Ist der Konjunktiv (der heute ausgetrieben wird) die letzte Zufluchtsstätte des Subjekts in der Sprache?
Wie hängt das Nomen „Würde“ mit dem Konjunktiv des Verbs „Werden“ zusammen (ähnlich wie der Infinitiv Sein mit dem gleichnamigen Possessivpronomen 3. Person Singular masculinum)?
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“: Dieser Satz ist eine Tautologie und als solche schlicht nichtssagend: sie fällt nicht unter den Begriff der antastbaren Objekte, oder: auch die schlimmsten Verhältnisse (z.B. die Isolationshaft) lassen die Würde des Menschen unberührt. Der Satz soll aber offensichtlich den Eindruck erwecken, als solle damit die Maxime definiert werden, wonach die Würde des Menschen nicht angetastet werden darf. Dann jedoch dürfte es bestimte Urteile und auch Formen des Strafvollzugs, die zu oft den Satz bestätigen, daß Gemeinheit kein Tatbestand des Strafrechts ist, nicht geben.
Gemeinheit als Erziehungsmedium: Heißt nicht für unsere Justiz Resozialisierung die Austreibung des Mitleids, die Fixierung ans Eigeninteresse? Das aber ist der Grund der Rückfallmechanik. So gerät unser Rechtswesen immer mehr in eine Verfassung, in der sie nur noch ihre eigene Existenzgrundlage: das Verbrechen, reproduziert.
Wenn ich einen Imperativ durch einen Indikativ ersetze, dann verwandle ich ein Sollen in ein Sein, eine moralische Handlung in ein schicksalhaft ablaufendes Geschehen: ich verrate die Moral, um die Philosophie zu retten.
Der Grundstein des babylonischen Turms ist das Sein, die Ontologie das dynamische Zentrum der Sprachverwirrung. Mit dem Namen des Seins zitiere ich Gewalt, den Ursprung des Gewaltmonopols des Staates. Aber insoweit ist auch die raf eine ontologische Sekte.
Es ist eine Verharmlosung, den Nationalsozialismus nur als Rassismus zu verurteilen; so reduziert man ihn auf ein Bekenntnissystem, auf eine Konfession, und verbleibt im Bann der Logik, der er entspringt. Im Banne dieser Logik sind der Antisemitismus und die Trinitätslehre als Bekenntnisse gleichwertig und austauschbar. Zu verstehen ist er nur als Generalprobe des Antichrist.
Die Frage, ob zwar nicht Jesus, wohl aber das Christentum den Teufel mit Beelzebub austreibt (vgl. die Geschichte mit den sieben unreinen Geistern), ist vielleicht doch sehr ernst zu nehmen. Und ebenso die Pharisäer, Schriftgelehrten und Hohepriester, m.a.W. die, die Johannes „die Juden“ nennt, werden vom Grunde her mißverstanden, wenn man sie nur als historische Exemplare einer vergangenen und überwundenen Epoche ansieht: Gemeint ist die Kirche (mit ihren real existierenden Pharisäern, Schriftgelehrten und Hohepriestern).
Wäre der Islam nicht verständlicher, wenn es stimmt, daß die Sprache des Koran, das Arabische, kein Futur kennt? Das islamische Schöpfungskonzept, wonach Allah in jedem Augenblick die Welt neu erschafft, schließt jede Zukunftsgarantie aus, setzt das Geschaffene der vollen Schöpfungsmacht eines Gottes aus, dessen Pläne undurchschaubar sind, und begründet ein Lebensgefühl, in dem der Zufall zentral ist (wie es dann auch im Namen des „Islam“ sich ausdrückt: Im Christentum ist der Zufall eine zu enträtselnde Chiffre der göttlichen Vorsehung, im Islam eine nur durch Unterwerfung zu ertragende Manifestation der göttlichen Schöpfungsmacht).
Die Materie ist das Für-andere-Sein der Dinge; insofern hängt der Begriff der Materie mit der Geschichte der Sexualmoral und mit der ihres Objekts zusammen.
In der Kirchengeschichte hat es zwei pornographische Epochen gegeben: die pornokratische Phase der Papstgeschichte und die kasuistische Phase der Moraltheologie. Beide Phasen sind Phasen der Herrschaftsgeschichte (die erste unmittelbar, die zweite als Teil der Vergesellschaftung von Herrschaft). Beide sind Ausdruck der Verzweiflung an der Theologie. Die befreite Sexualmoral wird eine sein, die als Herrschaftsmittel gänzlich unbrauchbar geworden ist, weil sie sich im Hinblick auf die Idee der Auferstehung begreift. „Stark wie der Tod ist die Liebe“.
Adornos Satz: „Die Deutung von Geist als Gesellschaft erscheint demnach als metabasis eis allo genos, unvereinbar mit dem Sinn der Hegelschen Philosophie allein schon darum, weil sie sich gegen die Maxime immanenter Kritik verfehle …“ (Drei Studien zu Hegel, S. 31) wäre zu berichtigen: Die Deutung von Geist als Gesellschaft läßt sich aus der Hegelschen Logik entwickeln, aus dem Satz: „Das Eine ist das Andere des Anderen.“ Dieses Für-andere-Sein steckt im Innern des Geistes als dessen gesellschaftliches Wesen drin und ist der materialistische Analyse und Interpretation fähig.
Benjamins Satz: „Glücklich ist, wer seiner selbst ohne Schrecken inne wird“ enthält die Konsequenz, daß die Idee des Glücks die -nicht durch Rechtfertigungszwänge blockierte – volle Erinnerung der Vergangenheit (oder die Übernahme der Sünde der Welt) und die Idee der Auferstehung der Toten mit einschließt. (Vgl. hierzu das Bild der Lokomotive: diese Lokomotive kann nicht gestoppt, sondern nur aufgelöst werden; sie ist ein Phantom, aber ein reales.)
Wenn Maria als Mittlerin aller Gnaden angesprochen wird, dann kann das eigentlich nur im Sinne des Liedes „Christi Mutter stand mit Schmerzen …“ verstanden werden. Gefährlich wird die Marienverehrung nur im Kontext der Mutterideologie, der schon in der Geschichte von der Hochzeit zu Kana die Grundlage entzogen wurde, als Jesus sagte: „Weib, was habe ich mit dir zu schaffen“, worauf Maria nicht ihm antwortete, sondern (in einer Form, die den Eindruck erweckt, sie habe ihn verstanden) die Diener der Gastgeber anweist: „Tut alles, was er euch sagt“.
Die Geschichte der Zivilisation ist die Geschichte der Verinnerlichung des Opfers: Das wäre aufzuarbeiten anhand der Geschichte des Naturbegriffs.
Heidegger hat die Moral verraten, um die Philosophie zu retten.
Es gibt Gerüche, die Erinnerungen wachrufen; es gibt aber auch Gerüche, die Verdrängungshilfe leisten. -
04.09.92
Das Verhältnis des Teils zum Ganzen ist eine dingbezogene Reflexionsform des raumbezogenen Verhältnisses von innnen und außen.
Ist die sumerische Sprache das Ferment, der Katalysator des Ursprungs und der Trennung der indogermanischen und der semitischen Sprachen (Realbedeutung des Turms von Babel)?
Der Satz des Thales, daß das Wasser der Ursprung von allem (Ursprung sowohl des Begriffs als auch des Gegenstandes: „aller Dinge“, welche Vorstellung den Begriff des Alls voraussetzt) sei, wird dementiert durch den biblischen Schöpfungsbericht, in dem dem Wasser (im Gegensatz z.B. zur Erde) jede eigenschöpferische Kraft abgesprochen wird: die Fische gehören zu den drei Dingen (mit Himmel und Erde und den Menschen), die Gott selbst geschaffen hat. Und wenn es in der Apokalypse am Ende heißt, daß das Meer nicht mehr sein wird, so heißt das auch, daß damit der Grund der Philosophie (die verandernde Kraft des Seins, das Herrendenken) nicht mehr sein wird. Mit dem Satz des Thales wird die vornachidische Urgeschichte endgültig verdrängt.
Sind die Fische erschaffen, um das Problem des Wassers zu lösen?
Wenn zur Erläuterung des „Stern der Erlösung“, seines Ursprungs, auf Rosenzweigs Erfahrung des Krieges hingewiesen wird (zuletzt noch bei Stephan Moses), so bedeutet das eine ähnliche Verkennung der Bedeutung des Todes im Systemzusammenhang des Stern wie im Falle der kirchlichen Apperzeption der Gethsemane-Geschichte (der „Todesangst Jesu“) im Systemzusammenhang der christlichen Theologie.
Ist nicht das Angesicht der Erde gleichsam zersprengt in dem der Tiere, und ist die Benennung der Tiere deshalb der adamitische Ursprung der Sprache? Waren es nicht aus diesem Grunde die Tiere (Totems), an denen die ersten Religionen sich abarbeiten mußten (Zusammenhang mit dem Opferdienst)? -
13.08.92
Wie hängt der „Schrecken vor euch auf alle(n) Tiere der Erde“ (Gen 92f: nach der Sintflut, im Zusammenhang mit dem Noah-Bund und dem zweiten Nahrungsgebot) mit
– der Erschaffung und dem Segen (Gen 124ff) sowie
– der Namensgebung durch Adam, dem Herrschaftsauftrag und dem ersten Nahrungsgebot (Gen 219f)
zusammen? – Zusammenhang mit der christlichen Eucharistie (Ver-innerlichung des Schreckens)?
Drückt sich in dem Zusammenhang des „Schreckens auf allen Tieren“ mit der Namengebung ein sprachliches Moment aus (Terror als Grund und Teil der Kommunikation; Ausdruck des Schreckens als Grund der Benennbarkeit)?
Der Andere und der Fremde: Der Andere ist das Nicht-Ich, das Objekt, bleibt auf das individuelle Ich bezogen (Asymmetrie von Ich und Du); der Fremde ist fremd für uns, der Angehörige einer fremden Nation, Religion, Rasse, eines fremden Kollektivs („Stämme, Sprachen, Völker und Nationen“). Für das Autonomie-Konzept ist das Problem des Fremden (wie auch der Grund des Antisemitismus) bloß irrational, Folge der Identifikation mit einem Kollektiv, der Heteronomie. Nur: Auch das Autonomie-Konzept ist an eine Gemeinschaftsvorstellung gebunden, an die der Zivilisierten (nur daß hier die Kollektivität durch den Weltbegriff gesichert wird, nicht mehr ins Bewußtsein fällt), wobei die Nichtzugehörigkeit zu diesem Kollektiv als Rückständigkeit und als moralisch-zivilisatorischer Defekt erfahren wird. Unter der Hand werden die Nichtzivilisierten (die Wilden, Barbaren, Muslime, Juden u.ä.) zu den Fremden, auf die der Zivilisierte glaubt, nicht mehr mit Xenophobie reagieren zu müssen, weil er autonom, vernünftig ist; und er glaubt, in diesen Fremden nur deren Unvernunft zu verurteilen, jene Verhaltensweisen, die ihn von der Gemeinschaft der Vernünftigen ausschließen. Aber steckt in diesem Vernunftbegriff nicht schon jene Gewalt als Fundament mit drin, die die Erhaltung der Realität (der nur mit Gewalt aufrecht zu erhaltenden kollektiven Eigentums- und Machtverhältnisse) garantiert, in deren Anerkennung die Vernunft besteht? Und ist nicht der Arme gleichsam vom Grunde her schon unvernünftig, weil seine Interessen in dieser Realität nicht aufgehoben und gewahrt sind? Die herrschende Vernunft der Zivilisierten ist die Vernunft der Herrschaft (und des Gewaltapparats), die die Nichtzivilisierten (ebenso wie die Kinder und in weitem Maße auch immer noch die Frauen) materiell von der Zivilisationsgemeinschaft der Vernünftigen, Erwachsenen ausschließt (und die Forderung nach Aufhebung des Ausschlusses als Materialismus denunziert).
Fremdheit ist ein sprachlicher, Anderssein ein mathematisch-begrifflicher Sachverhalt (setzt die Subjekt-Objekt-Beziehung voraus). Die Differenz zwischen dem Fremden und dem Anderen ist der Schlüssel für die Erkenntnis der Differenz zwischen Sprache und Mathematik, Name und Begriff.
Die Fremdheit (der Ursprung der verschiedenen Sprachen) entspringt beim Turmbau zu Babel (zusammen mit der Idolatrie), die Subjekt-Objekt-Beziehung im Sündenfall.
Das Votum für die Armen und die Fremden definiert die Prophetie, macht sie zur Urform der Herrschaftskritik, während die Philosophie beide stigmatisiert, indem sie die durch den Weltbegriff begründete Verdrängung des Problems zur Geschäftsgrundlage hat.
Der Fremde (der Hebräer) war einmal der Sklave, der Söldner, der Kleinviehnomade.
Die Theologie wird heute verdrängt, weil ihr Anblick unerträglich wäre; hierzu leisten die Kirchen Amtshilfe. Ihr Problem ist nur, daß diese „Amtshilfe“ im Rahmen der „orthodoxen“ Tradition nicht mehr zu leisten, daß die Anpassung an die „ideologiefreie“ Welt (Paradigma: Naturwissenschaften) die Lehre selber angreift und vernichtet. -
10.08.92
Die Evolutionstheorie scheint von der Prämisse auszugehen, daß es ein Subjekthaftes im Lebendigen nicht gibt.
Das Gesetz der natürlichen Auslese und das Hegelsche Weltgericht sind zwei Seiten der gleichen Sache.
Der Zusammenhang von Objektivation und Hinter dem Rücken tritt deutlich hervor an dem technologischen Aspekt der Evolutionstheorie: Es scheint eher darum zu gehen, die Entwicklung des Automobils oder der Computertechnik zu begründen, als dem Trieb ins Freie, der allem Lebendigen innezuwohnen scheint, der Beziehung des Lebendigen zum Licht, Sprache zu verleihen.
Die Insektovoren: sind das Insektenfresser, und sie sie die Vorläufer der Säugetiere?
In der Benennung der Tiere durch Adam drückt sich dreierlei aus:
– der Ursprung der Astronomie (der Erkenntnis des „Tierkreises“),
– der benennende Mensch als Telos der von der Erde hervorgebrachten Tiere und
– der Beginn der Selbsterkenntnis Adams.
Der Unterschied zwischen Erde und Acker reflektiert sich in dem zwischen Benennen und Bebauen. Die Erde bringt die Tiere hervor, die Adam benennt, aber den Acker, von dem Adam den Namen hat, den soll er bebauen.
Hängt die Benjaminsche Definition des Kapitalismus als Kult ohne Dogma mit der Logik der Heiligung des Verdrängungsapparats (der Verdrängung und Verinnerlichung des Opfers) zusammen?
Verweist der Turmbau zu Babel auf die Neuorganisation der Grammatik nach Einführung des Futur II, und setzt die seitdem nicht mehr aufzuhaltende Verwirrung der Sprache den Ursprung der indogermanischen Sprachen voraus, in der bereits das Inertialsystem vorgebildet ist, das dann die benennende Kraft der Sprache vollends zerstört? -
06.06.92
Armut ist die Energiequelle, aus der der Kapitalismus den Reichtum schöpft. (Zum Begriff des Proletariats: Wer kein Eigentum hat, ist durch seine „Existenz“ schon verschuldet und muß seine Schulden lebenslänglich abarbeiten.)
Mit der Denunzierung des Marktes als Götzen ist noch nicht viel getan; sie erinnert zu sehr an die Auseinandersetzung mit den „Häresien“; sie unterstellt, daß eine Gesinnungs- (Bekenntnis-) änderung schon der Anfang einer Änderung der Dinge sei. Notwendig wäre die genaue Analyse der Gewalt, die im Markt sich zu einem die Gesellschaft insgesamt beherrschenden System zusammengeschlossen hat; das Pseudoreligiöse am Markt ist Teil der Vergötzung der Macht: Teil eines Religionsbegriffs, dessen christliche Ursprünge zu bestimmen wären.
Mit der Armut exportiert diese Gesellschaft auch die Paranoia: die autoritären Systeme und den Terror in die Dritte Welt. Hier liegt die Schuld der Kirche, daß eine wirkliche Bekehrung trotz der Christianisierung nicht gelungen ist.
Wie hängen die Banken mit dem Militär zusammen?
Das Futur II und die Astronomie: Schon im Schöpfungsbericht wird den Leuchten am Himmel die Herrschaft über die Zeit übertragen.
Welches waren die jüdischen Opfertiere: u.a. das Lamm (Vorbild des Gottesknechts), die Tauben (Typos des Heiligen Geistes) und der Stier (Verkörperung JHWHs?).
Zu dem Schiller-/Hegel-Wort „Die Weltgeschichte ist das Weltgericht“ (die Welt als Inbegriff des richtenden Prinzips in der Geschichte): Heißt das nicht im Hinblick auf Heidegger, daß er durch die Fundamentalontologie, durch den Begriff der Eigentlichkeit, der Entschlossenheit, des Vorlaufens in den Tod, sich selbst an die Stelle dieses richtenden Prinzips zu setzen versucht, damit jedoch das Gericht auf sich zieht (dieses Gericht über Heidegger wäre die Neubegründung der Theologie). Es war seit je die Anpassung an die Welt, die das Gericht auf sich gezogen hat (die Anpassung an die Welt oder die Verführung des Richtens). Der Weltbegriff ist das Subjekt und Medium der Erbschuld (das ist der präzise Sinn von Joh 129). Der Naturbegriff als Inbegriff des Objekts (Nicht-Subjekts) vermischt den Begriff des Opfers mit dem der Unschuld der richtenden Gewalt, verleiht ihm die exkulpatorische Kraft, die auch im naturwissenschaftlichen Erkenntnistrieb mit enthalten ist. Vorbild des modernen Naturbegriffs war u.a. der christliche Typos der Jungfrau.
Der Begriff der Rechtfertigung bezeichnet ein Moment der Bekenntnislogik: die falsche Form der Schuldverarbeitung.
Lassen sich die unterschiedlichen Beziehungen rechter und linker politischer Gruppen zu Tod aus den unterschiedlichen Beziehungen von Markt- und Planwirtschaft (Babel und Ägypten) zur Zeit herleiten?
Als Grundlage der Handels- und Rechtsbeziehungen im Imperium Romanum war das Pantheon zugleich Grundlage der Pax Romana.
Hat nicht die Übernahme der Sünde der Welt etwas mit dem Baum des Lebens zu tun? Und verhält sich der Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen zum Baum des Lebens nicht wie die Philosophie zur Prophetie, oder wie die Erkenntnisfunktion des Raumes zur benennenden Kraft der Sprache?
Bedeutung des Tierkreises:
– in der chaldäischen Astrologie,
– im griechischen Mythos (Idee des Heros),
– in den Megalith-Kulturen,
– in der jüdischen Tradition (Tierkreis-Mosaiken in antiken Synagogen?).
Hat der später als Sothis-Periode mißdeutete Sachverhalt in der ägyptischen Geschichte etwas mit dem Tierkreis zu tun? Ist die Patriarchen- und Exodus-Geschichte so etwas wie ein Astral-Mythos?
Freude, Lachen und Johlen; oder: Befreiung, Herrschaftskritik und Freude, und Herrendenken, Objektivierung durch Lachen, Johlen und Rache.
Die Instrumentalisierung der Welt und die Zerstörung der teleologischen Prinzipien gehören zusammen; sie machen den Raum frei für das liberum arbitrium und die Subjektivierung der Zwecke, die dann selber wiederum über das Tauschprinzip und die Geldwirtschaft in eine der instrumentalisierten Welt angemessene Beziehung gerückt werden. In der instrumentalisierten Welt gibt es zur Herrschaft keine Altenative.
Hat nicht die Übersetzung des zweiten Gebots in „Du sollst nicht fluchen“ ein ähnliche Funktion wie die des achten „Du sollst nicht lügen“? Auch das „Du sollst nicht fluchen“ ist ein Teil des Herrschaftsmechanismus, der Herrschaftskritik schon im Keim unterdrückt. Beide Übersetzungen haben hinterhältig und gemein gewirkt.
Hat Auschwitz nicht eine zweitausendjährige Vorgeschichte? Und ist die Angst im Garten Gethsemane nicht eher auf diese Geschichte als auf die private Todesfurcht zu beziehen? -
24.05.92
Ist nicht (gegen Flasch, S. 94) die Biologisierung der Erbsünde gerade eine Konsequenz des augustinischen Personalismus?
Augustinus behandelt die Geschichte mit Esau und Jakob als Fall, an dem man ein Gesetz (die Paradoxie des Gesetzes der Gnade) demonstriert.
Zu Psalm 5811 (5711): In dem Psalm ist das Blut der Sünder das der „Frevler“, der Herren (bei Augustinus wird daraus das Blut der Aufsässigen, schließlich der Häretiker); und der Gerechte wäscht nicht (wie die Vulgata übersetzt) seine Hände in diesem Blut, sondern er watet im Blut.
Gemeinheit ist kein strafrechtlicher Tatbestand, aber das Strafrecht läßt als Notwehr gegen die Gemeinheit des Rechts die Lüge zu. Vor diesem Hintergrund gewinnt die kirchliche Umformung des achten Gebots in „Du sollst nicht lügen“ den besonderen Sinn, die Menschen wehrlos zu machen. Konsequenz des dämonischen Gottesbegriffs. Zugleich hat sie die Gläubigen aggressiv gemacht.
Das Gebot „Du sollst nicht lügen“ definiert Wahrheit durch die subjektive Ehrlichkeit; er schränkt Wahrheit damit apriori auf das Reich der Erscheinungen ein: er ist eine Konsequenz aus der Unfähigkeit zur Reflexion des Weltbegriffs (ein Mittel im Kampf gegen die Häeresien, die selber genau dieser Unfähigkeit sich verdanken, und der Grund, aus dem die Selbstverfluchung einmal zwangsläufig erwachsen muß).
Die gar nicht so uninteressante Frage, ob nicht der emphatische Begriff der Wahrheit etwas mit einschließt, was im Kontext der Verblendung Lüge heißt, wäre zu prüfen. Daß Generationen von Philosophen, durch die Universitätsbildung schlau geworden, nichts dabei fanden, in welchem Zusammenhang und mit welcher Bedeutung in Hegels Philosophie der Begriff der List erscheint, hängt hiermit zusammen.
Der Teufel, der Herr der Hölle ist auch der Vater der Lüge (und Subjekt des Gelächters). Wie hängen Lachen und Lüge zusammen? Ist nicht das Lachen die infamste (weil ohne Selbstdenunziation nicht widerlegbare) Gestalt des falschen Zeugnisses (Zusammenhang mit dem Raumbegriff)?
Zur Ableitung der Sexualmoral und der Frauenfeindschaft: Augustinus opfert im Kampf gegen seinen bösen Trieb die Frau (die namenlose Mutter seines Sohnes „Adeodatus“: wer ist hier der „deus“?). Der Marquis de Sade hat dieses Verhältnis auf den Punkt gebracht.
Kurt Flasch mißt Augustinus an der neopaganen Idee einer unschuldigen Natur (oder der natürlichen Unschuld); er hat offensichtlich seinen Freud nicht gelesen und kennt in dieser Sache nur die – aus der christlichen, der augustinischen Tradition stammende -Alternative: Urteil oder Freispruch.
Im jüdisch-christlichen Schisma hat das Christentum die Gottesfurcht verdrängt; damit waren die Wurzeln eingepflanzt für Gnosis und Manichäismus.
Nach dem Verrat der Gottesfurcht, wurde im Kampf gegen die Gnosis die Idee der Schöpfung, im Kampf gegen den Manichäismus die des Gerichts verraten.
Zum Taumelkelch und seiner Beziehung zum Hegelschen Absoluten: Ist dieser Taumelkelch nicht schon zuvor über die Trinitätslehre in die Theologie aufgenommen worden?
Im Dogmatisierungsprozeß wurde die Warntafel mißachtet, die Jesus selbst aufgerichtet hat: Das Wort „Richtet nicht …“ enthält doch auch die ganz schlichte Konsequenz: Die Wahrheit ist nicht Gegenstand des Urteils.
Das Verbot zu lügen untergräbt die Logik und die Botschaft des Märchens; nur das Märchen eröffnet den Bereich, in dem der Teufel als dumm erkennbar wird: das aber ist das für ihn schlimmste Prädikat.
Wo kommen Insekten in der Schrift vor? Und in welcher Beziehung stehen sie zu den Würmern, zum Gewimmel, zu den Kriechtieren -oder zur Schlange? (Und welche Blumen kommen in der Bibel vor?)
„schuf“, „erschaffen“, „Erde“, „Himmel“.
Zur Theorie des Feuers: das Aufspannen (des Himmels) hängt mit der Spannung zusammen, die beispielsweise auch einem Roman eignet, dessen Telos (nach Lukacs) der Tod ist. Waren die Scheiterhaufen die christlichen Erben der Moloch-Opfer? Bibel-Stellen zu „Feuer“, „Flamme“, „brennen“, „brannte“. Der Kreislauf des Wassers (der Wasser von unten und der von oben) oder der Zusammenhang von Schuld und Segen. Was bedeutet das Wort am Kreuze „Mich dürstet“ („Durst nach Gerechtigkeit“)? Hunger und Durst, Feuer, Asche und Staub. Die vierzig Tage Jesu in der Wüste, die Versuchung und am Ende die Engel, die seinen Hunger und Durst stillten. Wovon nährte sich Johannes der Täufer? Haben die Heuschrecken mit denen in der Exodusgeschichte zu tun?
Die Orthogonalität des Raumes und die Reversibilität der Richtungen im Raum gehören zusammen. In dieser Reversibilität aber drückt die Macht des Unteren über das Obere, des Hinteren über das Vorne und der linken über die rechte Seite aus.
Natur und Welt sind die beiden Gestalten des Für-andere-Seins als Totalität (Folge der Verirrung im Labyrinth der Mathematik: aber hat nicht die kantische Philosophie die Grenzen dieses Labyrinths abgesteckt, während die hegelsche Philosophie das Labyrinth von innen vermessen hat).
Der Exkulpationstrieb hat seine Wurzeln in der Gewalt, die wir immer noch dem moralischen Urteil beimessen; diese Gewalt aber gründet in der christlichen Himmels- und Höllenvorstellung.Augustinus, Blut, Christentum, Flasch, Freud, Gemeinheit, Hegel, Infamie, Kant, Lachen, Lüge, Mathematik, Philosophie, Sexualmoral, Theologie, Tiere, Wasser -
16.05.92
Dem Antisemitismus sind die Trauben zu hoch, deshalb zu sauer.
Hat der gordische Knoten etwas mit der Ökonomie, mit der Geldwirtschaft zu tun und/oder mit dem Planetensystem? Und ist die Transzendentalphilosophie ein Produkt des bloß durchschlagenen, nicht gelösten Knotens?
Hat das Wunder von Kana, die Verwandlung von Wasser in Wein, etwas mit der Noe-Geschichte zu tun (Sintflut, erster Weinanbau, Trunkenheit Noes und Aufdeckung seiner Blöße durch Ham)?
In jedem apodiktischen Urteil steckt die Negation mit drin: A ist nicht A, sondern B.
Die Vögel, die Fische und die Reptilien legen Eier und sind mit Ausnahme der Delphine und Wale keine Säugetiere.
Lippenbekenntnis und Zungenreden. Zunge: welch merkwürdiges Wort und welch gefährliches Ding.
Gibt es nicht, vom Indifferenzpunkt der Längenkontraktion und Zeitdilatation aus gesehen, zwei Wege des Falles, zwei Wege, das Inertialsystem zu konstruieren: die Identität von Trägheit und Schwere und das Plancksche Strahlungsgesetz?
Die Idee Gottes ist von der des Ewigen, die des Menschen von deren zeitlichem Abbild, nicht zu trennen.
Der Fall ist der Fall in die reine Äußerlichkeit, die Trennung von Raum, Zeit und Materie (Trennung von Leib und Seele).
Es gibt keine Begriffe ohne projektiven Anteil. Ist nicht der Grund des begrifflichen Denkens das erlösungssüchtige Selbstmitleid?
Ist der Weltbegriff die Wasserscheide zwischen Hebräern und Juden; und gehört nicht die Geschichte von den verlorenen Stämmen Israels in diesen Kontext? Die Hebräer sind mit dem Haus Israel untergegangen, an deren Stelle ist das Haus Juda getreten? -
29.04.92
Was bedeutet der Satz, daß Gott die Menschen liebt?
Wie hängt der Wertbegriff mit der Bekenntnislogik zusammen? Die Unterscheidung von Wert und Gegenstand ist Ausdruck des Zusammenhangs von Gegenständlichkeit und Instrumentalisierung; so verdankt sich die Bekenntnislogik der Objektivierung und Instrumentalisierung des Wahrheitsbegriffs, er wird verfügbar. Und deshalb sind Bekenntnisse Bekenntnisse zu Werten. Die Werte werden in der Reklame (ähnlich wie die Wahrheit als Dogma in der Apologetik) „auf den Punkt gebracht“.
Der Hegelsche Begriff der Aufhebung ist eine Parodie (und zugleich die Umkehrung) der Idee der Auferstehung. Die Aufhebung verhält sich zur Auferstehung wie der Begriff zum Namen.
In welcher Beziehung steht die Taube zum Heiligen Geist, wo kommt sie vor (von der Arche Noahs bis zu den Evangelien)?
Gibt es einen geschichtsphilosophischen Unterschied zwischen Silber- und Goldwährung? Beginnt die alte Geschichte mit der Silber-, die neue mit der Goldwährung?
Die Geschichte der Beziehung von Gold und Geld ist die Kehrseite der Geschichte von Schulden und Geld. (Ist Gold die Einheit von Licht und Schwere?)
Inflationen sind Ausdruck von Schuldenkrisen, die durch Sozialisierung der Schulden gelöst werden.
Hängt der Ausdruck Schulden mit Schultern zusammen (die Schuld auf sich nehmen)?
Läßt sich das Rätsel des biblischen Schöpfungsberichts auflösen, wenn die Geschichte der Geldwirtschaft durchsichtig wird? Und verweist nicht der zweite Schöpfungstag auf die Entstehung des Geldes (ist das Geld das Wasser – auch bei Thales)?
Die Erschaffung der Welt findet auch im ersten Schöpfungsbericht ihre Stelle: in der Erschaffung der großen Seetiere. Ist die Trennung des Trockenen und des Flüssigen, die Trennung von Land und Meer, etwas, was nur auf die Wasser unterhalb der Feste sich bezieht? Betrifft sie nicht auch die Wasser oberhalb? Und ist der Meeresbegriff nicht ein Begriff, der auch die Welt der Götter (der Nationen) umfaßt?
Privateigentum, Geldwirtschaft, Patriarchat gehören zusammen. Reflex und Indikator dieses Zusammenhangs ist der Begriff der Materie; dagegen steht die theologische Idee der Verklärung (Zusammenhang mit dem Satz „Richtet nicht …“ und mit der Kritik des moralischen Urteils: „Der Ankläger hat immer unrecht“). Hier ist es mit Händen zu greifen – und zwar anders, als es die traditionelle, herrschaftsgeschichtlich determinierte Interpretation gern möchte -, wie Materialismus und Empörung zusammenhängen: Empörung ist nicht Empörung gegen Herrschaft, sondern Herrschaft selber ist Empörung. Vor diesem Hintergrund gewinnen die kantischen Antinomien der reinen Vernunft und die „Vorstellung“ des unendlichen Raumes und das Problem der Sexualmoral eine ungeheure Bedeutung (Naturbegriff, Trinitätslehre und Inzest).
Im Anfang erschuf Gott den Himmel und die Erde; und am sechsten Tag die Menschen (nach seinem Bilde, als Mann und Weib). Und der Kirche ist verheißen, daß, was sie auf Erden binden wird, auch im Himmel gebunden sein wird, und was sie auf Erden lösen wird, auch im Himmel gelöst sein wird.
Judith war auch eine Hebräerin?
Die Kirche hat am Ende des Mittelalters ihre häresienbildende Kraft verloren, weil sie sie in Gestalt der naturwissenschaftlichen Aufklärung in einer Form vor Augen hatte, gegen die sie hilflos war. Man kann gegen die Mathematik nicht vorgehen wie gegen Ketzer und Hexen: man kann sie nicht auf den Scheiterhaufen bringen (weil sie in der Tradition der Scheiterhaufen steht, aus deren Verinnerlichung hervorgegangen ist).
Die Hegelsche Philosophie ist eine Philosophie, die sich im Urteil der anderen versteht und begreift. Deshalb ist der Weltbegriff zentral für die Hegelsche Philosophie.
„Ninive war eine große Stadt vor Gott; man brauchte drei Tage, um sie zu durchqueren. Jona begann in die Stadt hineinzugehen; er ging einen Tag und rief: Noch vierzig Tage, und Ninive ist zerstört!“ (Jon 33f)
Es kommt nicht nur die Philosophie in der Prophetie vor, sondern auch die Prophetie in der Philosophie, und zwar im Begriff der Barbaren (oder der Materie).
Ein Zyniker ist ein Fundamentalist, der kein Terrorist werden möchte.
Gibt es eine Beziehung zwischen Münze und Symbolum (Prägung, Avers und Revers); drückt sich in der Prägung der Bruch aus, und welche Bedeutung haben die eingeprägten Köpfe (Hinweis auf den gemeinsamen Ursprung des Königtums und des Geldes im Opfer)?
Zur Konstruktion des israelischen Königtums gehört es, daß nicht der Priester, sondern der Prophet den König erwählt und salbt.
Die Kritik des Bekenntnisbegriffs (und der Bekenntnislogik) wird in der Gestalt der Maria Magdalena verkörpert (Befreiung von den sieben unreinen Geistern).
Gibt es eine Beziehung zwischen der Bindung Isaaks, dem Sieg Abrahams über die Könige von Sodom etc. und der Melchisedek-Geschichte. zwischen Moloch, Melek und Melchisedek? Und stellt sich nicht über Melchisedek eine Beziehung her zwischen dem Hebräer Abraham und dem biblischen Hebräerbrief? Bei Abraham und Isaak erscheint die Geschichte mit Abimelech, dem Philisterkönig, während die Ägypter-Geschichte auf Jakob (Israel) und Josef vorausweist? Wie verhält sich Abimelech zu Melchisedek?
Barock als Geschichte der Privatisierung (und Vegrgesellschaftung) von Herrschaft, als Teil der Geschichte der Säkularisation (Absolutismus, Gegenreformation, Barocktheologie, Ursprung der Gnadenlehre, kasuistische – pornographische – Moraltheologie). Erst die Barocktheologie hat sich in dem Netz der Verdinglichung verfangen, aus dem die katholische Theologie sich seitdem nicht mehr hat befreien können. Der barocke Pomp, die barocke Kunst (die Kunst des Rahmens), ist die Ersatzbildung für den privatisierten und verdinglichten Wahrheitsbegriff.
Putten: Diese Form der Verniedlichung der himmlischen Heerscharen, Vermischung mit den mythischen Allegorien (Amor und Eroten): Vorläufer des Kuschel-Behemoth.
Im Prozeß der Vergesellschaftung von Herrschaft wird immer deutlicher und kenntlicher, was mit dem Begriff der Übernahme der Sünde der Welt allein gemeint sein kann.
Das Bekenntnis als verinnerlichte Exkulpationsmagie.
Ist der Heideggersche Titel „Vom Wesen des Grundes“ nicht der genaueste Ausdruck der Abschaffung des begründenden, argumentativen Denkens? Und entspricht dem nicht genau die Hypostasierung der Frage, die Konstruktion der objektlosen Angst und des Daseins als In-der-Welt-Seins? Ist das Wesen des Grundes nicht der Inbegriff dessen, was theologisch „Abgrund“ heißt. Die Heideggersche Fundamentalontologie ratifiziert den Einsturz der Hegelschen Logik, die Trunkenheit des Begriffs am Ende nüchtern, rational beschrieben hat.
Heidegger hat den Ursprung der Angst unerkennbar gemacht, indem er die Angst zu einem objektlosen Affekt gemacht hat (oder machen mußte, weil seine Philosophie vom Objektparadigma sich nicht lösen konnte). Es gibt keine Angst ohne Beziehung zur Schuld; die Unfähigkeit zur Schuldreflexion macht die Angst objektlos. Diese Schuldbeziehung gilt auch für die Todesangst. Wenn das Christentum die Todesangst „überwindet“, dann nur im Kontext der Übernahme der Sünde der Welt. Heute jedoch nimmt das Christentum nur noch die Schuldangst hinweg, indem es die Todesangst verdrängt; wer wagt denn noch, an die Unsterblichkeit der Seele oder an die Auferstehung der Toten zu glauben: gemeinsamer Ursprung des pathologisch guten Gewissens und der Gemeinheitsautomatik. Es gibt Schlimmeres als den Tod. Umgekehrt: Der Adornosche Satz „Heute fühlen sich alle ungeliebt, weil niemand mehr zu lieben fähig ist“ ist die Kehrseite des biblischen Satzes, daß die Liebe stärker ist als der Tod.
Der Objektivationsprozeß ist der Stauberzeugungs- und -verwertungsprozeß.
Stichwort „Wüste“.
Die Erschaffung der Welt findet auch im ersten Schöpfungsbericht ihre Stelle: in der Erschaffung der großen Seetiere. Ist die Trennung des Trockenen und des Flüssigen, die Trennung von Land und Meer, etwas, was nur auf die Wasser unterhalb der Feste sich bezieht? Betrifft sie nicht auch die Wasser oberhalb? Und ist der Meeresbegriff nicht ein Begriff, der auch die Welt der Götter (der Nationen) umfaßt? -
11.04.92
Das Bild ist Modell und Ursprung des Objekts; Ursprung und Modell des Bildes ist das Opfer, das Bild das Gedächtnis oder Ersatz des Opfers. Das Bild ist aber ebensosehr der Quellpunkt der Schrift, des prädikativen Denkens, des Logos und der Welt. Und der Gott und das Opfer sind Modell der Beziehung von Welt und Natur.
Das Opfer und das Ding hängen über die Exkulpationsautomatik zusammen (gegenüber einem Ding kann ich nicht schuldig werden: Verdinglichung als Schutz vor dem schlechten Gewissen, Schutz vor der Gottesfurcht).
Der Untergang der Welt und die Erneuerung des Antlitzes der Erde: das ist ein Vorgang.
Hat nicht die Fortpflanzung des Lichts (Modell der Selbstausbreitung des homogenen, isotropen Raumes) tatsächlich etwas mit der Fortpflanzung, der Zeugung (und diese Zeugung etwas mit dem Zeugnis, den Bedingungen der Anerkennung der Zeugenschaft (Geschlecht und Anzahl der Zeugen): der Raum ist der Zeuge der Naturwissenschaft, aber das perfekte falsche Zeugnis wider den Nächsten), zu tun? Und ist der Frühling so etwas wie ein Orgasmus der Natur? Was bedeuten dann die Insekten und die Vögel? Sind die Vögel nicht akustische Blüten (und die Insekten Bastarde aus Raum und Licht (vgl. Belzebul, den Herrn der Fliegen)?
Das organische Leben unterliegt der Dialektik von Innen und Außen und der Prävalenz des Außen. Durch die Geldwirtschaft wurde diese Dialektik auf die Evolution des Kapitalismus übertragen. Der Darwinismus verdankt sich der projektiven Übertragung dieser gesellschaftlichen Evolution auf die Natur. Frage: Welche Stellung haben die Blumen, die Insekten, die Bäume, die Vögel, die Säugetiere und die großen Seeungeheuer (Behemot und Leviatan) in der Evolutionsgeschichte des Kapitalismus?
Bei den Tieren drückt sich das Verhältnis von Im Angesicht und Hinter dem Rücken im Angriffs- und Fluchtverhalten aus, in der organischen Selbstinstrumentalisierung der Arten und Gattungen (in den Hörnern, dem Gebiß, den Klauen und Pfoten, den galoppierenden Hufen). Und wie sieht es aus mit dem Charakter von Behemot und Leviatan? Und mit der Schlange: als reine Selbstinstrumentalisierung der „Klugheit“? Hier ist – wie bei den Tieren überhaupt – die Instrumentalisierung durch Gattung und Art vorgegeben (von der organischen Ausstattung bis hin zum Verhalten: wie hängen beide zusammen?). Das einzelne Tier ist für seinen Charakter (seine organische und Verhaltens-Ausstattung) nicht verantwortlich, reiner Ausdruck des Schuldzusammenhangs der Welt. Der Mensch hingegen ist für seinen Charakter und für sein Gesicht verantwortlich. Er muß die Selbstinstrumentalisierung selbst arrangieren, wobei ihm die Gesellschaft (in der Gesamtheit ihrer Institutionen) die Mittel an die Hand gibt, die diese Selbstinstrumentalisierung zumindest erleichtern, in der Regel bewußtlos durchsetzen.
Die Musik mißt die Distanz zwischen der nominalistisch depotenzierten Sprache und dem Schuldgrund, auf den sie zurückzubeziehen ist. Die Kunst federt die Brutalität des Aufklärungsprozesses ab und ermißt sie zugleich, sie verleiht dem Leiden die Sprache vor der Sprache. Die Konstellation von Technik, Material und Ausdruck in Musik und Malerei ist das Medium dieser seismographischen Wahrnehmung.
Das Osterlachen scheint mir (in Publik-Forum) völlig falsch interpretiert zu sein. Das exhibitionistische Element als Anlaß des Lachens verweist auf die Soziologie des Witzes, nur daß hier – wie beim Clown – Erzähler und Objekt des Witzes eins sind. Das Osterlachen ist tieftraurig und blasphemisch zugleich, die umgekippte Osterfreude.
Die gesamte Geschichte der europäischen Aufklärung steht unter dem Zeichen des Gerichts.
Wittfogel, Franz Borkenau und Alfred Sohn-Rethel: An den Rändern der Frankfurter Schule scheinen die Versuche mißlungen zu sein, an das offene Problem der Frankfurter Schule sich heranzutasten. Die realen Ursachen dieser Probleme werden vielleicht am ehesten sichtbar an dem konspirativen Element im Ursprung der Theorie Sohn-Rethels. Lösbar ist das Problem erst geworden durch Einstein.
„Das Christentum als Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums“
Die Gebote des Dekalogs sind strikte Gebote, keine durch Sanktionen abzusichernde Gesetze. Das unterscheidet sie von Rechtsgründungen der Hamurabi, Solon u.a.
Aufschlußreich (für das Verhältnis von Wirtschaftsmacht und Recht) ein Fall, der heute in der Rundschau geschildert wird: Ein Großunternehmen verklagt einen öffentlichen Kritiker (Leserbriefschreiber) und setzt die Schadensersatzforderung und den Streitwert so hoch, daß die Rechtsschutzversicherungen andere Beteiligte (u.a. das Publikationsorgan, das den Leserbrief veröffentlicht hatte) zwingen, die Klage zurückzuziehen. (Der Kritiker selbst hält durch und gewinnt den Rechtsstreit.) Wie lange gibt es angesichts der jedem Vergleich spottenden Unterschiede der ökonomischen Potenz für einen privaten Beteiligten überhaupt noch eine Möglichkeit, gegen einen potenten Kläger sein Recht zu bekommen? Es ist offensichtlich ein Leichtes, einen etwa bestehenden Rechtsschutz auf legale Weise auszuhebeln. Ist es nicht längst so, daß „Rechtspersonen“ Vorrechte vor realen Personen haben (und die Gleichheit vor dem Gesetz längst zur Makulatur geworden ist: Rückkehr des Naturzustandes, Undomestizierbarkeit der in Privathand angewachsenen ökonomischen Gewalt)?
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