In der Einleitung zur „Kritik der Urteilskraft“ verbindet Kant das „Gefühl der Lust“ mit der Vorstellung einer „Zweckmäßigkeit der Natur“ (Ausgabe Meiners Hamburg, 1954, S. 23ff). Aufgrund dieser selber apriorischen Vorstellung der „Zweckmäßigkeit der Natur“ ist Kant zufolge auch das Gefühl der Lust „durch einen Grund apriori und für jedermann gültig bestimmt“ (S. 24). Hat Kant hier nicht den systemischen Grund der Kunst (das ästhetische Äquivalent der subjektiven Formen der Anschauung), und damit das logische Prinzip, das dann Hegels Ästhetik ermöglichte, bestimmt? Ist nicht zugleich und darüber hinaus die Vorstellung einer „Zweckmäßigkeit der Natur“ eher eine historische als eine naturwissenschaftliche Kategorie, rührt sie nicht an den emphatischen Gebrauch des Naturbegriffs in den Erörterungen Kants zur „Weltgeschichte“, zur Frage eines Endzwecks der Menschheitsentwicklung, die Hegel dann in seiner Geschichtsphilosophie geglaubt hat, endgültig beantworten zu können (allerdings um den Preis der Ästhetisierung der Geschichte wie der Vernunft)? – Ist die Kunst der apokalyptische „Unzuchtsbecher“? Nach Kant ist jede Lust, auch die „sinnliche Lust“, Urteilslust; ihre Grundlage ist der Weltbegriff. Ist damit nicht die moralische Entgegensetzung von Vernunft und Sinnlichkeit ebenso irreführend wie die inhaltliche von Aufklärung und Mythos? Der Mythos wird erst dann begriffen sein, wenn das mythische Element an der Schwelle von Mythos und Aufklärung, am Dogma, begriffen ist. Die Vorstellung einer Zweckmäßigkeit der Natur wird in der Natur selbst real in der Gestalt des Tieres. Das Tier ist ein durch seine immanente Teleologie (durch den „Selbsterhaltungstrieb“) selber Instrumentalisiertes, es steht unter dem Bann der Natur, aus dem nicht die Selbsterhaltung, sondern allein die Sprache herausführt. Die Vorstellung einer Zweckmäßigkeit der Natur ist ein Reflex der Selbsterhaltung. Das Feuer und der Tod widerlegen die Vorstellung eines absoluten Naturzwecks. Der Unzuchtsbecher ist zugleich der Taumelbecher und der Kelch des göttlichen Zorns und Grimms. Stellt nicht Hegels Definition des Wahren der Philosophie die Diagnose: Alkoholismus?
Carl Friedrich von Weizsäcker hatte den Satz, daß eigentlich nicht studieren dürfe, wer es nicht selber bezahlen könne, nicht zu mir, sondern in meiner Gegenwart und über mich zu einem andern (einem Mitglied seiner Familie) gesagt. Ist nicht diese kommunikative Konstellation (eine Konstellation der sprachlichen Ausgrenzung) ein Modell des Weizsäckerschen Erkenntnisbegriffs, ein Modell übrigens, das Habermas dann seiner Kommunikationstheorie zugrunde gelegt hat? Gibt es nicht einen Zusammenhang dieser Konstellation mit der dem Weltbegriff zugrunde liegenden Eigentumslogik? Und gründet nicht Kants „Gefühl der Lust“ in der gleichen Logik, die in dieser Konstellation ihren Grund findet? Ist diese Logik die Logik der „Verhärtung des Herzens Pharaos“?
Tiere
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10.7.96
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23.6.96
Welche Organe des Fisches befreien die Sara vom Asmodei, und welche Organe heilen den Tobias von seiner Blindheit? Und welche Bedeutung haben diese Organe nach dem Sohar?
Jannes und Jambres (2 Tim 38) hießen nach einer apokryphen jüdischen Überlieferung die ägyptischen Zauberer, die die ersten Wunder von Moses und Aaron vor dem Pharao ebenfalls vollbrachten (Ex 711.22, 87).
Das transzendentale Subjekt, das „Ich denke, das alle meine Vorstellungen muß begleiten können“, ist der Repräsentant des Begriffs im Subjekt: der Repräsentant der Herrschaftslogik. Die Trennung des Denkens von meinen Vorstellungen reflektiert die Trennung von Begriff und Objekt, von Welt und Natur. Durch diese Trennung verselbständigen sich auch „meine Vorstellungen“ gegen mein Denken, werde ich manipulierbar (transzendentallogischer Grund des Fernsehens). Herr über meine Vorstellungen werde ich nur durch die Kraft der Reflexion (durch die Kritik der intentio recta).
Die Objektivierung des Vergangenen ist ein Gradmesser der Herrschaft der Vergangenheit über die Zukunft, die nur durch Erinnerungsarbeit aufzulösen ist.
Bemerkenswert die unterschiedliche Funktion, der unterschiedliche sprachlogische Stellenwert der Affixe in den klassischen europäischen Sprachen im Verhältnis zu den modernen Sprachen, insbesondere zur deutschen Sprache: Während in den alten Sprachen Präpositionen als Präfixe den Verben vorgesetzt werden (prae-, ad-, de-, cum- u.ä.) und Suffixe in erster Linie Mittel der Flexion sind (der Bestimmung des Geschlechts sowie zur Deklination beim Nomen und zur Bestimmung der Person und zur Konjugation beim Verb), kommen in den modernen Sprachen zusammen mit der Verselbständigung der Personalpronomina objektkonstituierende Präfixe (be-, er-, ver-, zer- u.ä., primär bei Verben) und substantivierende, begriffkonstituierende Suffixe (-heit, -keit, -ung u.ä.) hinzu (nach Vorbereitung dieser Formen im Lateinischen: in den Formen des Supinum, Gerundium, Gerundivum u.ä.?). In den modernen Sprachen ist die Trennung von Natur und Welt bereits in die Struktur der Sprachen und in die Grundlagen der Wortbildung mit eingegangen (Ursprung des Nominalismus).
Ist nicht das „Ungetüm“ (eines der Substantive, die nur aus Prä- und Suffixen gebildet sind) ein Schlüsselwort der deutschen Sprache (gleichsam der Repräsentant des Seeungeheuers: Ist die deutsche Sprache der Bauch des Walfisches, der den Jonas verschlingt, und war die Reise nach Tarschisch die Flucht der griechischen Sprache vor der Wahrheit, die dann im „Bauche des großen Fisches“ endete)?
Die descensio ad inferos (Jonas im Bauche des Fisches) ist der Beginn der Bearbeitung der Finsternis über dem Abgrund.
Ist die Etymologie von Leviatan bekannt (Behemoth ist das Getier)? Das Namensregister meiner Vulgata-Ausgabe (von 1824) notiert „Copulatio, Societas sua“ (?).
Zu Bubers „Geziefer“: Er hat vom Ungeziefer die Negation hinweggenommen. Nach Kluge verweist aber das Stammwort (Geziefer) auf ein ahd. „zebar“, ae. „tiber“, anord. „tivurr“, Worte die allesamt auf das Opfer zurückzuweisen scheinen. Demnach wäre Ungeziefer ein Name für „unreine“, nicht zum Opfer geeignete Tiere? Hat Buber vielleicht vom Ungewitter, in dem das Un- als Verstärker, nicht als Negation erscheint, sich verleiten lassen und Geziefer als eine nur harmlosere Form des Ungeziefer aufgefaßt (vielleicht auch den antisemitischen Gebrauch des Wortes „Ungeziefer“ ausschließen wollen)? – Vgl. auch Unkosten, Unwetter, in denen das Un- keine Negation, sondern eine Steigerung einer bereits gegebenen negativen Konnotation des Stammworts ausdrückt.
Läßt nicht an Hegels Bemerkung, wonach die Natur, nachdem die Idee sie frei aus sich entlassen hat, den Begriff nicht halten kann, die Logik des Naturbegriffs (Natur als Inbegriff aller Objekte: Inbegriff des Begriffslosen) sich demonstrieren? Vgl. hierzu insbesondere die Hegelsche Begründung: sein Hinweis auf die unterschiedlichen Gattungen und Arten der Tiere, die es nach der Logik des Begriffs nicht geben dürfte. Ist nicht der Begriff der Ganzheit ein spätes Echo dieser Logik, und richtet sich dagegen nicht Adornos Satz „Das Ganze ist das Unwahre“?
Das Inertialsystem ist der dogmatische Kern der Urteilsmagie. Das weist zurück auf den Schuldzusammenhang, den das Inertialsystem (zusammen mit dem Geld und der Bekenntnislogik) verkörpert.
Wer glaubt, die Abstraktion verwerfen und sich der Unmittelbarkeit des Konkreten versichern zu können, verfällt der Abstraktion.
Ist nicht Spenglers „zweite Religiosität“, die heute die Religionen durchherrscht, die die Agonie begleitende Euphorie?
Spätestens im Barock ist die Religion zum Trost der Herrschenden geworden.
Sind nicht Wendungen wie „Ich glaube zu wissen“ und „Ich würde sagen“ Symptome des gegenwärtigen Zustandes des kosmos noetos?
Zu den Vätern im NT vgl. Eph 64 und Kol 321: Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht.
Gehört nicht zu dem Satz „Laßt die Toten ihre Toten begraben“ auch der andere: „Gott ist kein Gott der Toten, sondern der Lebenden“?
Die Jakobus-Wendung „nicht schnell zum Zürnen“ verweist darauf, daß
– das Zürnen ein Urteilen ist und
– vor dem Urteil die Hemmung des Sich-Hineinversetzens in den, über den das Urteil ergeht, steht.
Sind die Tefillin (die Zeichen an Hand und Stirn) ein Symbol der Bekenntnislogik?
Sch’ma Jisrael: Das Leuchten des Angesichts ist das Licht des Hörens. Das Dunkel des gelebten Augenblicks ist der blinde Fleck im Kern der Philosophie: das tode ti.
Ist der Satz, daß man Herr seiner eigenen Phantasien sein soll, nicht der schärfste Einwand gegen das Fernsehen?
Haben die beiden apokalyptischen Tiere etwas mit der Beziehung des „Ich denke“ zu „meinen Vorstellungen“ (mit der Beziehung von Politik und Ökonomie) zu tun? -
24.5.96
Hatte Thales, als er den Satz formulierte „Alles ist Wasser“, etwa schon Heidegger gelesen? (Ist Wasser das Element, aus dem die Frage <die Seinsfrage, die Judenfrage> auftaucht?)
Haben Aufspannen und Gründen, die Tätigkeiten Gottes, aus denen die Himmel und die Erde hervorgehen, etwas mit der Trennung von Zukunft und Vergangenheit (mit der Konstituierung der Zeit) zu tun?
„Das Vergangene ist nicht mehr“: Ist nicht die Aufhebung der Vergangenheit des Vergangenen das Jüngste Gericht (während das irdische Gericht in der Magie des Urteils gründet: es verurteilt zur Vergangenheit, sperrt den Verurteilten in seine eigene Vergangenheit ein)? Im Jüngsten Gericht sind die Opfer die Ankläger, ist Gott der Richter (Mein ist die Rache, spricht der Herr). Freigesprochen wird nur, wer vorher schon Verteidiger (Paraklet) war.
Das Gewaltmonopol des Staates ist der Quell der Dummheit, die die Polizei den Bürgern einbläut.
Die Sünde der Welt auf sich nehmen: Ist das Ich die Sünde der Welt?
Verweist der Anfang des Schöpfungsberichts (wüst und leer, Finsternis über dem Abgrund, der Geist brütend über den Wassern) auf die messianischen Wehen, und bezeichnet er nicht den Mutterschoß (den Ort der Barmherzigkeit), aus dem Gott seine Propheten beruft? Erblickt der Prophet (wie das Kind) nicht auch im wörtlichen Sinne des Schöpfungsberichts das „Licht der Welt“? Und hängen nicht die Verhärtungen des Herzens Pharaos (im Kontext der zehn „ägyptischen Plagen“), wie auch ihre Vorgeschichte in den zehn Königen von Edom (Gen 36) real mit den zehn Worten der Schöpfung und der Offenbarung zusammen?
Der deutsche Name der Barmherzigkeit wurde analog zu den Begriffen Gerechtigkeit und Seligkeit gebildet. Gibt es noch andere Begriffe, die auf „-igkeit“ enden, und was ist das Gemeinsame, das in dieser Bildung sich ausdrückt? (Das -ig ist Ausdruck der Adjektivierung, das -keit der der Bildung eines Abstraktums. Wodurch unterscheiden sich -lich und -ig oder -heit und -keit?)
Als Martin Buber die Bibel übersetzte, hat er diese Abstrakta vermeiden wollen, damit aber den sprachgeschichtlichen Prozeß, in den die theologische Sprache im Deutschen verstrickt ist, bloß verdrängt, während es darauf ankäme, ihn zu reflektieren. Nur: Weshalb hat er auch die Namen des Armen und des Fremden beschwiegen (vgl. die Bemerkungen Walter Benjamins zu dem zugrunde liegenden Sprachproblem in der Einleitung zum Ursprung des deutschen Trauerspiels)?
Zum Begriff des Rassismus: Gehört nicht die Sprache der gleichen logischen Sphäre an, zu der auch die Gattung (die Instinktbindung der Tiere) gehört (und ist nicht die Verwaltung das logische und gesellschaftliche Äquivalent der Gattung)? Sind die Menschen nur deshalb „frei“, weil sie sprechen, und d.h. ihre „Instinktbindungen“ reflektieren können? Was bedeutete es, wenn Adam im Paradies die Tiere benannte? Fällt der Rassismus nicht in dieses benannte Tierwesen (in die Entlastung von Schuld, die in der „natürlichen“ Instinktbindung der Tiere vorgestellt wird) zurück? Hängt nicht der Wunsch nach „religiösen Bindungen“ ebenso wie die astrologische Mode mit dem schrecklichen Wunsch zusammen, als Tier benannt und von der Last der Freiheit befreit zu werden? -
18.5.96
Der Positivismus ist der logische Kern des Verwaltungswissens, wobei in den Naturwissenschaften das Verwaltungsprinzip in den subjektiven Formen der Anschauung mit enthalten ist (der Positivismus ist die Schlange, die auf dem Bauche kriecht und den Staub frißt, den Adam produziert).
„Da gingen ihnen die Augen auf …“: In dem Augenblick, in dem die Menschen lernen, sich in den Augen der andern zu sehen, erkennen sie, daß sie nackt sind.
Das Inertialsystem ist die Rückseite des Buches, in dem die Taten der Menschen verzeichnet sind, des Buches, dessen Siegel am Ende gelöst werden.
Patriarchen und Erzengel gibt es im Bereich der Orthodoxie, Erzengel und Erzbischöfe (archiepiskopoi) gab es in der lateinischen Kirche, bis die Aufklärung der Angelologie den Boden entzogen hat. Seitdem gibt es nur noch Erzbischöfe (und anstelle der Patriarchen Kardinäle). Welche sprachlogische Bewandnis hat es und was drückt sich darin aus, daß das „arch“, das aus dem griechischen archä (Anfang, Prinzip, Herrschaft) sich herleitet, in dieser historischen und geographischen Konstellation sowohl als Suffix als auch (im Bereich der Orthodoxie) als Präfix erscheint?
Sind die „Erzengel“ (deren Vorstellung mit der Siebenzahl sich verbindet) nicht astrologischen Ursprungs, hängen sie nicht zusammen mit der angelologischen Verarbeitung der astrologischen Tradition (gibt es Stellen in der Schrift, in der die Heiden Sternendiener heißen; sind die „Völker“ Sternendiener? – vgl. Eveline Goodman-Thau, Zeitbruch, S. 160, Anm. 378)?
Urbild der Patriarchen sind Abraham, Isaak und Jakob, die „Väter“ der zwölf Stämme Israels.
Patriarchen sind Ursprungsgestalten, Erzbischöfe Teil einer hierarchischen Organisation, einer Verwaltungsordnung (deren logisches und historisches Modell die astrologische Ordnung war).
Sind nicht Marx, Freud und Einstein wirklich die Patriarchen der Selbstkritik der Aufklärung?
Hängt die Differenz im Gebrauch der archä mit der sprachlogischen Beziehung der lateinischen zur griechischen Sprache zusammen. Einer Beziehung, die möglicherweise in der Bildung der Totalitätsbegriffe Natur und Welt vorgebildet ist: der Name der physis leitet von der Zeugung sich ab, der der Natur von der Geburt; und die Zeugung geht der Geburt voraus. Ist nicht die griechische Sprache vordogmatisch (gehört sie nicht zum Bildungsprozeß des Dogmas), während die lateinische Sprache als postdogmatisch sich begreifen läßt (sie setzt das Dogma als gegeben voraus)? Ist die Grenzscheide, die sprachlogische Schwelle, die die Patriarchen von den Erzbischöfen trennt, nicht die gleiche, die auch die physis von der natura trennt (und den kosmos vom mundus: ist nicht die lateinische Variante des Christentums eine „Reinigungs-„, eine Schuldbefreiungsreligion)?
Ist diese Geschichte nicht ein Teil der Ursprungsgeschichte des modernen Naturbegriffs?
Hat die Grenze zwischen der prä- und postdogmatischen Sprachlogik etwas mit zwischen der Herrlichkeits- und der Namensmystik (zwischen kabod und schem, Merkaba-Mystik und Kabbala) zu tun, und ist nicht in den zehn Sefirot beides enthalten: die Dreizahl der Patriarchen und die Siebenzahl der „Planeten“ (Kether <Krone>, Chochma <Weiheit>, Bina <Verstand> und Chessed/Gedulla <Liebe/Größe>, Gebura/Din <Macht/Strenge>, Rachamim/Tifereth <Barmherzigkeit/Herrlichkeit>, Nezach <beständige Dauer>, Hod <Schönheit>, Jessod <der Grund>, Malchut <das Reich>)?
Hängt die Beziehung der „archä“ zu den kirchlichen Verwaltungsorganisationen mit der der Orthogonalität (und Dreidimensionalität) des Raumes zu seiner (durch die Orthogonalität erzeugten) unendlichen Ausdehnung (zur Unendlichkeit der sechs Richtungen im Raum und ihrer gemeinsamen Beziehung zur Vergangenheit) zusammen?
In welcher logischen Beziehung steht die Form des Raumes zum logischen Begriff der Gattung? Ging Hegel, als er bemerkte, daß „die Natur den Begriff nicht halten kann“, und das mit der Diversifizierung der tierischen Gattungen begründete, nicht von der Objektivität des Raumes aus, hatte er hier nicht vergessen oder verdrängt, daß Kant die Subjektivität des Raumes (und damit seine die Erkenntnis organisierende und zugleich von der Wahrheit abspaltende Gewalt) begründet und nachgewiesen hatte? Gehört nicht die „Gattung“ (ein logischer und biologischer Begriff zugleich) der gleichen Ordnung an, in der auch der Raum sich konstituiert? Begründet nicht die Verabsolutierung des Raumes aus dem gleichen Grunde, aus dem sie mit dem Symbol des Tieres zusammenhängt, den logischen Zwang, der unweigerlich in den Rassismus führt? Ist nicht der Rassismus (der heute dazu führt, daß der Geist auf eine bisher unbekannte Weise geleugnet wird) eine notwendige Folge der Logik des Weltbegriffs, die mit der Form des Raumes mitgesetzt ist? Der Raum ist das Instrument der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit, der Grund der falschen Einheit von Vergangenheit und Zukunft, die den „Zeitkern“, die Gegenwart, ausschließt (Kern des Schuldverschubsystems: der Pflug, vor den Rind und Esel zugleich gespannt sind). Die Rosenzweigsche Todesfurcht (die Fähigkeit, Angst nicht zu verdrängen, sondern als Erkenntnisorgan zu nutzen) ist das Wahrnehmungsorgan für diesen Zeitkern. -
11.5.96
Das Schuldverschubsystem gründet in der Angst. Die Apokalypse aber ist das einzige Mittel der Angstbearbeitung, während die gesamte Geschichte der Aufklärung eine Geschichte der Angstverdrängung ist. Das Instrument der Angstverdrängung ist das Urteil, die Trennung von Objekt und Begriff, Natur und Welt (Tiere sind urteilende Wesen).
Die großartige Stelle im Jakobusbrief, in der es heißt, das Gott nicht schilt. Das Donnern und das Brüllen Gottes ist demnach kein Schelten.
Die zehn ägyptischen Plagen sind für den Pharao ein Lernprozeß, der immer tiefer in die Verstockung hineinführt. Und erinnert dieser Lernprozeß nicht an den „Lernprozeß“, der für die Deutschen mit dem Namen Auschwitz verbunden ist (der als Objektivationsprozeß, über seine Historisierung, am Ende nur in die Verstockung führt)?
Der Weltuntergang ist ein Weltuntergang nur für den Pharao und für Mizrajim, für die er in Finsternis und in der Tötung der Erstgeburt endet, während er für Israel der Weg der Befreiung ist. (Vgl. die christlichen Übersetzungen der zehn Plagen mit denen von Zunz und Buber.)
War nicht die Untersuchung des autoritären Charakters von Adorno und anderen eine Material- und Konstruktionsanalyse des Kelchs?
Ist nicht die Geschichte von Kreuz und Auferstehung Jesu seit je nach dem pharaonischen Modell verstanden worden: Der Oberbäcker wurde gehängt, der Mundschenk erhöht?
Der Pharao, der Joseph nicht mehr kannte, kannte auch JHWH nicht, den „Gott der Hebräer“. Hängt die Trennung von Mizrajim und Israel (in der Geschichte der zehn Plagen) zusammen mit der Verstockung durch JHWH? Und ist nicht auch der Name Mizrajim (wie der des Pharao) ein Hinweis zum Verständnis der Verstockungsgeschichte?
Sind Pharao und Mizrajim ein früher Hinweis auf Alexander und das Durchschlagen des gordischen Knotens? Das Durchschlagen des Knotens hat wie die Verstockung des Herzens des Pharao die Katastrophe instrumentalisiert und verdrängt, deren letztes Opfer das verstockte Herz selber ist.
Natur und Welt: Die Lehre von der creatio mundi hat den Staat zum creator gemacht, während, wenn die Natur mit der Schöpfung gleichgesetzt wird, das Subjekt sich als Schöpfer über die Natur erhebt. Der Geniebegriff und das Selbstverständnis der Kunst in der modernen Welt (die sich als „schöpferisch“ versteht) gründen in diesem Naturbegriff.
(Anmerkung zur Kritik der politischen Ökonomie: Das Wertgesetz und das Tauschparadigma entsprechen dem Naturbegriff, die Schuldknechtschaft und das Schuldparadigma dem Weltbegriff.)
Das Jüngste Gericht ist das Gegenteil des Weltgerichts: Im Kontext der Idee des Jüngsten Gerichts ist die Vergangenheit nicht abgeschlossen. Die Idee des Jüngsten Gerichts revoziert das perfectum: die Vorstellung einer „vollendeten Vergangenheit“. Das Jüngste Gericht widerspricht der verdinglichenden Gewalt des Todes, die dem Begriff des Weltgerichts zugrundeliegt, und setzt dagegen die Idee der Auferstehung, das Gericht der Barmherzigkeit über das gnadenlose Weltgericht: die Sprengung der Verliese des Todes. Das Gericht der Barmherzigkeit ist auch darin das Gegenteil des Weltgerichts: Es spricht die Opfer frei, nicht die Täter.
Das wirft ein Licht auf die 68er Wende: Sie hat das Jüngste Gericht mit dem Weltgericht verwechselt; sie hat an die magische Kraft des Urteils geglaubt und die Opfer vergessen.
Die Erben der Reichen des Neuen Testaments sind die, die die Vergangenheit nur ausbeuten, den Mehrwert abschöpfen und das Vergangene insgesamt verdammen.
Adam hat im Paradies die Tiere benannt, und es war keines daruntern, das ihm ein „Beistand gegen ihn“ war. Wäre die Geschichte vielleicht anders verlaufen, hätte Eva die Tiere benannt?
Ist das Erstgeburtsproblem (das Erste, das den Mutterschoß durchbricht) ein Problem der Säugetiere, und hängt es mit der Urgeschichte der Domestikation zusammen? Kann es sein, daß die Domestikation über die Entwendung der Erstgeburt, die dann von Menschen aufgezogen wurde, gelaufen ist, und hängt die Bedeutung des Opfers der Erstgeburt damit zusammen, daß hier Gott die Schuld auf sich nimmt? (War die Erstgeburtsregelung eine gegen die Schuldknechtschaft und das Sklaventum gerichtete Regelung? Spricht dafür nicht auch der hebräische Name der Barmherzigkeit?)
War es eigentlich so falsch, wenn die am fünften Tag von Gott „erschaffenen“ großen Meerestiere (die der Fisch im Buch Jona zitiert) als Walfische verstanden wurden, die Säugetiere waren?
Bezieht sich nicht die Kritik der Naturwissenschaften auf ihr Verhältnis zur Sprache, zielt sie nicht auf die Revozierung der kantischen Definition der Wahrheit als „Übereinstimmung von Begriff und Gegenstand“ (die redundant ist: auch der Gegenstand ist Begriff, und der Begriff Gegenstand)?
Hat der letzte Satz des Jakobusbriefs etwas mit dem Gleichnis von dem einen Sünder und den 99 Gerechten zu tun, und kann es sein, daß das Wort vom Lösen sich auf die „Freude im Himmel“ über den einen Sünder bezieht, der sich bekehrt (nur der rettet seine Seele vom Tode, der mit dem einen Sünder die Welt vom Tode rettet)? -
9.5.96
Joseph und Moses haben mit dem Haus des Pharao zu tun, Daniel und Esther mit dem des Königs von Babylon.
Das Dogma war der erste Versuch der Begründung einer transzendentalen Logik, der Konstruktion synthetischer Urteile apriori. Hierbei hatte die Opfertheologie die Funktion, die bei Kant die subjektiven Formen der Anschauung hatten.
Ist nicht das Dogma die Rekapitulation Ägyptens, die Rekonstruktion des Sklavenhauses, des Eisenschmelzofens und der Verhärtung des Herzens?
Daß Himmel und Erde auch sprachlicher Natur sind, daß der Himmel, der im Anfang erschaffen wurde, am zweiten Tag als Name verwandt wird.
Das Erzählen verhält sich zur Geschichtsschreibung wie das Wort zur Schrift. Beide unterscheiden sich durch ihre Sprachlogik.
Beschreibt nicht die Auferstehung, die Himmelfahrt und das Sitzen zur Rechten Gottes das Verhältnis der Evangelien zur Thora?
Die Logik der Schrift ist der Quellgrund des Weltbegriffs; beiden liegt die Logik des Seins für Andere zugrunde. Sind nicht die Schlange und das Neutrum, die Verstockung und der Kelch allesamt Explikationen der Logik der Schrift?
Namen wie die des Armen, des Fremden, der Gerechtigkeit, der Barmherzigkeit, der Wahrheit sind mit einem Bedeutungsüberschuß aufgeladen, den man nicht ungestraft verwerfen darf. – Unterscheidet sich nicht Buber (und das gilt auch für die Endgestalt seiner Übersetzung der Schrift) von Rosenzweig dadurch, daß er vor der Übermacht dessen, was ist, kapituliert, und drückt sich das nicht in seiner Sprache aus?
Haben wir nicht das, was in den Evangelien Vollmacht heißt, zur Metaphorik entmächtigt und domestiziert?
Wer ist in der Geschichte von den sieben unreinen Geistern „der Mensch“, und was hat es mit dem (am Ende „leeren, gereinigten und geschmückten“) Haus auf sich? Sind beide nicht auf einander bezogen wie in der Philosophie Subjekt und Welt? Und ist nicht die Welt das Haus? Die Konstituierung und Entfaltung des Weltbegriffs ist die Geschichte der Austreibung des einen unreinen Geistes und zugleich die Vorbereitung der Rückkehr der sieben unreinen Geister. Hat diese Geschichte nicht etwas zu tun mit der anderen Geschichte vom Sünder und den 99 Gerechten (den Bewohnern des leeren, gereinigten und geschmückten Hauses) und mit der Geschichte von der verlorenen Drachme? – „Und die letzten Dinge dieses Menschen werden ärger sein als die ersten“: Steckt darin nicht ein Hinweis auf Off 1318?
Liegt nicht die Bedeutung der transzendentalen Ästhetik für die transzendentale Logik darin, daß sie das Urteil unter das Gesetz des Objekts zwingt?
Der Weltbegriff macht die Vernunft zur instrumentellen Vernunft; deshalb können die Freunde der Welt keine Freunde Gottes sein.
Hat nicht die Philosophie erst den Samen zu etwas Männlichem gemacht, ist nicht in der Schrift der Same der Same der Frau – und nur als Same der Schlange männlich?
Wer ist im Zoo hinter Gittern: die Tiere oder die Menschen (die Besucher), und wer blickt wen an: die Menschen die Tiere oder die Tiere die Menschen? Die gleiche Frage gilt auch für Museen und Kunstausstellungen. – Nur im Objekt blicken wir uns selbst an; deshalb sind Objekte Gegenstand der Anschauung (bzw. vor Gericht Gegenstand des „Augenscheins“).
Miskotte hat mir noch einmal die Wolken vor Augen geführt, aus denen mich Adorno wie ein Blitz getroffen hat.
Wird Dieter Georgi nicht zum Opfer einer Äquivokation, wenn er den Bekenntnischarakter des Rechts mit dem Hinweis darauf begründet, daß dieses Recht sich „am Recht des Nächsten“ orientiert? Gehört es nicht zur Logik des Rechts, daß (zusammen mit dem Recht des Eigentums) nur das eigene Recht gesetzlich sich objektivieren läßt? Dem „Recht des Nächsten“ würde ein „Gericht der Barmherzigkeit“ entsprechen, das nur auf der Grundlage des Gebots, nicht auf der des Gesetzes sich bestimmen läßt. -
8.5.96
„Wenn die Götter schweigen“ (Miskotte): Schweigen denn die Götter wirklich, erteilt nicht der Markt allen seine Kommandos (deren Nichtbefolgung die Strafe auf dem Fuße folgt), und hat nicht Ludwig Erhard schon von der „Sünde wider den Geist der Marktwirtschaft“ gesprochen? Potenziert nicht das „Schweigen der Götter“ ihre Macht, weil keiner sie mehr wahrnimmt?
Das Wort von der Sünde wider den Heiligen Geist, die weder in dieser noch in der künftigen Welt vergeben wird, hat auch den ganz einfachen Sinn, daß die Sünde wider den Heiligen Geist die künftige Welt dieser Welt gleichsetzt, und daß das dann eine Welt ist, die keine Vergebung mehr kennt. Das ist die Welt des steinernen Herzens. Vgl. hierzu die Verhärtungen des Herzens des Pharao: Er selbst verhärtete sein Herz (2., 4. und 7. Plage), sein Herz blieb verhärtet (1., 3., 5. Plage) und JHWH verhärtete sein Herz (6., 8. und 9. Plage).
Ist nicht die Verstockung des Pharao ein Hinweis darauf, daß die Reduzierung der Moral auf die Gesinnung zu kurz greift: die Gesinnung ist die Moral des verhärteten Herzens.
Das Wesen des Tieres wird nicht nur durch den Trieb und die Sexualität, sondern ebensosehr durch das, was Max Horkheimer die instrumentelle Vernunft genannt hat, bezeichnet. Die instrumentelle Vernunft steht unter dem Bann des Weltbegriffs, deren Logik sie blind (weil reflexionslos) gehorcht. Die gleiche Logik rückt die zukünftige Welt in den blinden Fleck, macht sie unsichtbar (mit dem Neutrum ist das perfectum zur Form der abgeschlossenen Vergangenheit geworden; vollendet ist nur noch das Tote: die Ware).
Wenn der Indikativ das Gericht und der Imperativ die Barmherzigkeit bezeichnet, ist dann nicht das Gericht der Barmherzigkeit über das gnadenlose Weltgericht der Inbegriff der Lehre?
Oder anders: Ist nicht das Weltgericht die „Erfüllung der Schrift“, die „Erfüllung des Wortes“ dagegen das Gericht der Barmherzigkeit über das gnadenlose Weltgericht?
Goethes Farbenlehre enthält noch die Erinnerung an Licht und Finsternis, die in der naturwissenschaftlichen Farbenlehre verdrängt wird und erinnerungslos verschwindet. Ein ergreifendes Wort: Die Nacht bricht herein! Ist das nicht die Finsternis, die am Tage hinter dem azurblauen Himmel ruht und mit der Nacht „hereinbricht“?
Die Farben (die sinnlichen Qualitäten insgesamt) wurden verdrängt mit der Konstruktion des dreidimensionalen Raumes, die die Senkrechte zur Norm der Fläche gemacht hat. Der sinnliche Raum ist der Ort von Licht und Finsternis, die im mathematischen Raum nicht mehr sich unterscheiden lassen (die Finsternis ist die letzte der ägyptischen Plagen vor der Tötung der Erstgeburt).
Das Licht ist die Erinnerung des ersten Schöpfungstags. Der Herrentag, die dies dominica, die auf diesen Tag sich bezieht, ist der Tag der Erinnerung des Schöpfungswerks, nicht der Verdrängung des Sabbats. Die dies dominica sollte nicht mit dem Sabbat verwechselt werden; der Sonntag erinnert an das Gebot: Ihr seid das Licht der Welt.
Das Sklavenhaus der Sprache: Die subjektiven Formen der Anschauung, das sind die schwarzen Löcher, die mit der Kraft des Namens auch das Licht aus der Sprache heraussaugen, sie entmetaphorisieren, sie zu einem Herrschaftsinstrument entmächtigen.
Insektenforscher: Im Inertialsystem, dem Referenzsystem der naturwissenschaftlichen Erkenntnis, hat sich die theologische Tradition verpuppt.
Die Phänomenologie setzt den gleichen transzendentalen Apparat voraus, dessen Reflexion sie ausblendet. Das gilt schon für die Phänomenologie des Geistes.
Die Mikrophysik ist eine Theorie des verdinglichten, geronnenen Feuers. Hat die europäische Aufklärung damit nicht den ganzen Himmel vermessen: Im Anfang Wasser (Thales), am Ende Feuer?
Die Metaphorik rührt an das sprachliche Wesen der Natur, das nur durch die Kritik ihrer Beziehung zur Zeit hindurch zurückzugewinnen ist.
Steckt im Herrengebet der Dekalog, haben Vater und Mutter etwas mit Himmel und Erde zu tun?
Die Theologie hinter dem Rücken Gottes gehorcht der Logik des Weltbegriffs, die auf den Verrat der Vergangenheit, den Verrat der realen Welt und auf den Verrat der Menschheit hinausläuft. Horkheimers Frage: Wie kann man auf diesem Riesenleichenberg die richtige Gesellschaft errichten, läßt sich als Erinnerung daran verstehen, daß die richtige Gesellschaft nicht gegen die Toten errichtet werden kann.
Als die Sowjetunion das Lenin-Mausoleum errichtete, hat sie das Proletariat verraten. -
28.4.96
Die Armen und die Fremden: Das sind die, die weder an der ökonomischen, noch an der politischen Herrschaft teilhaben. In ihnen verkörpert sich Gott.
Dürfen nach der Schrift Raubtiere gegessen werden? Oder sind alle Opfertiere und alle eßbaren („reinen“) Tiere pflanzenfressende Tiere? Worauf verweisen die Kriterien: gehörnt, Wiederkäuer, mit gespaltenen Hufen? Welche Vögel und welche Fische dürfen gegessen werden? War die Jagd erlaubt, und gibt es einen Hinweis in der Schrift, daß Juden die Jagd ausgeübt haben (Nimrod war „ein gewaltiger Jäger vor dem Herrn“, und Isaak schickte Esau, ein Wildbret zu jagen)?
Der Neoliberalismus antizipiert den Zustand, in dem die Natur die Menschheit überlebt haben wird. War Heideggers „Vorlaufen in den Tod“ nicht schon eine Antizipation des Neoliberalismus?
Enthält die kabbalistische Übersetzung, wonach die Wasser an dem Ort Eins sich sammeln sollen (Gen 19), nicht einen Hinweis auf das Wortfeld, zu dem der Name der Universität (des Universums, des Universalen) gehört?
Die Verwaltung reicht soweit wie die Macht des synthetischen Urteils apriori, während es Gerechtigkeit ohne die Kraft des reflektierenden Urteils nicht gibt.
Synthetische Urteile apriori konstituieren den Bereich der Macht, während reflektierende Urteile an der Kraft des Namens partizipieren.
Der Raum läßt sich ebenso als „Behälter“ (Grundlage des prophetischen Kelch-Symbols) verstehen wie auch als automatisiertes Produkt einer logischen Operation, eines logischen Verfahrens: als Produkt der Abstraktion vom Angesicht, von der Barmherzigkeit und von Gott, mit einem Wort: als Instrument des Herrendenkens.
Der Objektivierungsprozeß (die wissenschaftliche Erkenntnis) macht die Dinge (privat-)eigentumsfähig, für Zwecke verfügbar, gegen andere Dinge (das Eigentum anderer) abgrenzbar, mit anderen Dingen vergleichbar. Die Naturordnung, die so sich auskristallisiert und erkennbar wird, ist ein Reflex der Eigentumsordnung; beide unterliegen dem gleichen Bewegungsgesetz. Es gibt keine wissenschaftliche Erkenntnis ohne das das Privateigentum ermöglichende und konstituierende Organisationsprinzip: den Staat. -
26.4.96
Wie verhält sich die lateinische (feminine?) Konstellation von res, natura, mundus und materia zur griechischen (maskulinen?) Konstellation von pragma, physis, kosmos und hyle, und wie verhalten sich beide zur Konstellation von Ding, Natur, Welt und Materie?
Die Welt gründet in einem Akt des Richtens, durch den sie am Ende selbst gerichtet wird.
Die Einheit des philosophischen Gottes (des griechischen Monotheismus) ist die des subjektlosen Richtens; die reale Einheit Gottes hingegen gründet in Seinem Erwachen, in der Barmherzigkeit.
Ist nicht in Rosenzweigs Konstruktion des Weltbegriffs (B = A) das A in sich selber vermittelt: ein Reflex des B in der Konstruktion des Begriffs des Menschen (B = B)? Das Allgemeine der Welt ist ein Besonderes. Im Kern des Weltbegriffs steckt die innere Kollektivität des Subjekts, an die der Begriff der Masse erinnert.
Das Rätsel des Begriffs des Opfers löst sich, wenn das Opfer aus der Verstrickung in den Weltbegriff befreit wird. Dann erweist sich das Opfer als sein eigenes Gegenteil; nicht mehr als Opfer, sondern als Manifestation der Barmherzigkeit. Genau dadurch unterscheidet sich das JHWH-Opfer von dem Opfer des Baal.
Die Kirche, die die Armen vertritt, hat sich selbst an die Stelle der Armen gesetzt. So hat sie die Sakramentenlehre verhext. Damit aber ist die Kirche zum Modell aller Institutionen seitdem geworden.
Die Verurteilung (die die Vergangenheit irreversibel macht) ist das Sakrament des Büffels. Die Opfertheologie, die die Welt entsühnt, spricht damit das verurteilende Prinzip frei: Sie legitimiert Herrschaft.
Gilt nicht für die Sprachen, was Hegel im Kontext seines Naturbegriffs von den Tieren sagt: Die Natur kann nach Hegel den Begriff nicht halten, weil es anders nur ein Tier, nicht aber ein Spektrum unterschiedener Arten und Gattungen geben dürfte. Wie verhält sich die Benennung der Tiere durch Adam, in der die Einheit der Sprache im Paradies sich manifestiert, zum Turmbau von Babel, in der die Sprache verwirrt, ihre Einheit zerstört wurde? Ist Babel nicht das Symbol für die neue Einheit des anderen, des apokalyptischen Tieres (das am Ende sich als eins mit dem philosophischen Gott erweist)?
Für die Griechen steckt der Teufel, für die Juden steckt Gott im Detail.
Den Satz „Um das ein für allemal klarzustellen …“ sprechen nur Väter, die im Bestehenden die Herrschaft der Vergangenheit verkörpern. Bezieht sich nicht das Wort „Laßt die Toten ihre Toten begraben“ auf diese Väter? Die Schwierigkeit einer Theologie im Angesicht Gottes gründet darin, daß es in ihr kein Ein-für-allemal gibt.
Das Ein-für-allemal ist als Prinzip der Väter zugleich das Prinzip von Gesetz und Verwaltung.
Das Prinzip der Lohnarbeit hat das Verhältnis von Befehl und Gehorsam neutralisiert, es in einen Sachzwang verwandelt, den Arbeiter zum reinen Objekt gemacht. Für die Herrschenden in Wirtschaft und Politik sind die Arbeiter von den materiellen Ressourcen (Maschinerie, Rohstoffe, Energie, Kredit) nicht mehr zu unterscheiden. Sie sind wie diese nur noch ein Kostenfaktor, der möglichst niedrig zu halten ist.
Die Antwort auf die Materialisierung der Menschen wäre die Humanisierung der Natur. -
22.4.96
Enthält nicht der Gottesname Vater genau die Kritik an den realen Vätern, die in den Evangelien so deutlich sich widerspiegelt? Das Wort „Laßt die Toten ihre Toten begraben“ gilt einem, der erst seinen Vater begraben wollte, bevor er ihm nachfolgte. Es entbehrt nicht der Ironie, wenn das Christentum dann – von den Kirchenvätern bis zum „Heiligen Vater“ – zu einer „Religion der Väter“ geworden ist (die Kirchen aber nur von Müttern und Kindern bevölkert sind).
Wird der Satz, daß die Attribute Gottes im Imperativ und nicht im Indikativ stehen, nicht durch den Gottesnamen „Vater“ verletzt? Ist dieser Name nicht ein Tabu über die Väter? Der jesuanische Gottesname Vater richtete sich gegen das (väterliche) Richten, es war der Versuch, der Barmherzigkeit eine Schneise zu schlagen: Dieser Vater war einer, der Bitten erhörte und nicht Steine statt Brot und eine Natter anstatt eines Fisches gab. Dieser Vater gehört zum Motto der „Bekehrung der Herzen der Väter zu ihren Kindern“. Patriarchatskritik ist Väter-, nicht Männerkritik (ihr Objekt ist der politisch-ökonomisch determinierte römische pater familias, der privatisierte Pharao).
Der Vater verkörpert die Vormacht des Vergangenen. Das Inertialsystem ist patriarchalisch.
Was hat die Trinitätslehre mit der grammatischen ersten, zweiten und dritten Person zu tun?
Jeder Schuldzusammenhang ist ein hierarchischer Zusammenhang; die kopernikanische Wende hat diesen hierarchischen Zusammenhang universalisiert, damit scheinbar neutralisiert, in Wirklichkeit aber nur verdrängt. Das Objekt ist eine Stufe in einer hierarchischen Ordnung, die keinen Anfang und kein Ende, keine Basis und keine Spitze hat.
Die Stufen der Hierarchie sind Subsumtionsstufen, Stufen der Herrschaft der Vergangenheit über die Zukunft. Der Rang hierarchischer Mächte gründet in ihrem Alter: Das Höchste ist das Älteste. Begriffliches Denken ist in sich selber hierarchisch, und d.h. zeitlich organisiert. Die hierarchische Ordnung ist eine Schwurordnung, eine Ordnung der Selbstbindung – ist sie deshalb eine Siebener-Ordnung? Der Schwur besiegelt das Zeugnis und die die Zeugenschaft, begründet das Wissen, das im Urteil sich erfüllt. Ist die Ordnung des Raumes in ihrer Wurzel, in der Orthogonalität des Raumes, eine Schwurordnung (und liegt hier der Grund, weshalb die Entdeckung der Winkelgeometrie, zusammen mit der Logik des Beweises, die Philosophie – und die Begriffe von Natur und Welt – begründet hat)?
Ist die Lösung des Rätsels der der Beziehungen der drei Totalitätsbegriffe (die unser Denken organisieren und beherrschen), der Begriffe Wissen, Welt und Natur, zugleich die Lösung des Rätsels, weshalb der Raum drei Dimensionen hat?
Die Orthogonalität macht das Ungleichnamige gleichnamig (durch Veranderung identisch), sie begründet die Ordnung der Beweislogik und des Wissens (der synthetischen Urteile apriori, die Totalität der Erscheinungen, die von der Sphäre der Wahrheit geschieden ist).
Gründet die Idee der Auferstehung in einer Idee der Vergangenheit, die am Ende völlig durchsichtig geworden ist (in der Kritik eines Begriffs der Geschichte, der die Vergangenheit des Vergangenen, indem er es erkennt, bestätig und besiegelt)?
Lotterie: Das Geld hat die Erfüllung verdinglicht und als verdinglichte endlich gemacht; sie hat zugleich die Begierde grenzenlos wie den Raum gemacht. Seitdem ist die Kausalität universal geworden, während die Teleologie aus dem Bereich der erkenntnisleitenden Prinzipien ausgeschieden worden ist.
Das Geld (und nicht die sexuelle Begierde) ist der Grund der concupiscentia, der Animalität (der durch Instrumentalisierung irrational gewordenen Vernunft).
Jils Sander: Die Menschen möchten heute mit dem Ballast der Moral auch den der Kultur abwerfen. Aber das geht nur mit Hilfe des Schuldverschubsystems, der projektiven Verarbeitung der Last, ihrer Umformung ins Joch für andere. Das Fernsehen leistet hierzu erste Hilfe (für die Bewußtseinsindustrie ist das Bewußtsein eine zu bearbeitende Materie).
Die Beziehung der Pflanzen- und Tierwelt zur Sternen-, genauer zur Planetenwelt (im alten, astrologischen Sinne) ist ein Hinweis auf erkenntniszerstörende Gewalt der kopernikanischen Wende: auf die Gewalt des mit dem heliozentrischen System konstituierten Totenreichs, der Trennung der Dinge vom Grund des Lebens, der Wirkung des Inertialsystems, das Naturerkenntnis erkauft um den Preis der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit.
Die „Kultur der Empfindlichkeit“ ist in jedem Sinne pathologisch; aber diese Pathologie rührt an den Grund der Welt: Ist nicht das Planetensystem ein Spiegel dieser Kultur der Empfindlichkeit? -
20.4.96
Wie reflektiert sich die Trennung der „subjektiven Formen der Anschauung“ in die der äußeren und der inneren Anschauung in der Logik des Geldes und in der Bekenntnislogik? Und ist diese Trennung nicht in der von Natur und Welt begründet (ist der Begriff des Weltgerichts nicht im Weltbegriff enthalten, aus seiner Logik ableitbar)?
Kann man den Versuch, aus der Struktur des Gehirns das Bewußtsein abzuleiten, nicht mit dem Versuch vergleichen, aus der Konstruktion einer Lokomotive den Lokomotivführer abzuleiten?
Die Schlange war das klügste aller Tiere/ Seid klug wie die Schlangen …: In der Tradition ist der Begriff des Tieres immer an das Kriterium der Sexualität angehängt worden; das Animalische im Menschen war das Sexuelle, der Trieb. Der Paradigmenwechsel, der sich ergibt, wenn der Begriff des Tieres anstatt an den Sexus und die Fortpflanzung (und damit an den Gattungsbegriff), an den Weltbegriff gebunden wird, rückt die „Klugheit“ der Schlange in ein anderes Licht: es ist die Klugheit der Welt, die Klugheit der instrumentellen Vernunft.
Die Subjektivierungsgeschichte ist durch die Idee der Einheit der Welt (an der die Einheit des Subjekts, dem Kristallisationskern der instrumentellen Vernunft, hing) erzwungen worden.
In diesen Zusammenhang gehört der Hegelsche Satz, daß „die Natur den Begriff nicht halten“ kann; ein Satz, den Hegel mit dem Hinweis auf die verschiedenen Arten und Gattungen der Tiere begründet. Gäbe es nur die eine Welt, dann dürfte es auch nur ein Tier geben. Rührt das nicht an die Bedeutung des Tiersymbols in der Apokalypse?
Die Einheit der Welt liegt nicht in ihr selbst begründet, sondern in den subjektiven Formen der Anschauung, Index der vergesellschafteten Subjektivität. Deren Einheit aber ist durchs Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit gesprengt worden.
Es gibt so viele Welten wie es Gattungen und Arten der Tiere gibt.
Der Begriff der Gattung schließt Tod und Fortpflanzung mit ein. Tiere pflanzen sich fort und sterben (sind eingebunden in das „Rad des Lebens“); Tische und Stühle dagegen gehören keiner Gattung an (sie sterben nicht und pflanzen sich nicht fort), stehen nur in einer Subsumtionsbeziehung zu ihrem Namen.
Aus dem Bann der Welt führt allein die Sprengung des Banns des Begriffs, die Befreiung der Kraft des Namens, heraus.
Die biblischen Tieropfer beziehen sich allesamt auf gehörnte Tiere; heißt das nicht auch, daß sie sich allesamt auf grasfressende Tiere beziehen? Raubtiere sind keine Opfertiere (andere Völker beziehen zwar andere, nicht gehörnte Tiere, wie Pferd und Schwein, mit ein, aber keine Raubtiere).
Ist das Aufspannen des Himmels („der den Himmel aufgespannt und die Erde gegründet hat“) ein gegen die Gewalt des Inertialsystems (und auf die Konstituierung des Angesichts) gerichteter Schöpfungsakt? Dieser Himmel ist im kopernikanischen System implodiert. Unterm Bann der Selbsterhaltung hat die Menschheit dem Aufspannen die Konstruktion von blinder Gewalt und starrer Herrschaft entgegengesetzt, deren Realsymbol das Inertialsystem ist.
Nur wer die Last auf sich nimmt, befreit sich von ihr: Deshalb ist die Reflexion der Vergangenheit, das Eingedenken, ein wesentliches Element der Theologie.
Das Gravitationsgesetz hat den Schwur instrumentalisiert (der Schwur ist eine auf die Zukunft bezogene Selbstbindung, die Gott zum Zeugen anruft; sind Schwur und Zeugenschaft nicht Definitionselemente des Raumes, der subjektiven Form der äußeren Anschauung: Zusammenhang von Mathematik und Beweislogik und deren Beziehung zur Verwirrung des Namens, zum Nominalismus?). Das könnte den Namen der Planeten (Irrsterne) erklären. -
15.4.96
Als Urteilsmoral hat die christliche Sexualmoral die Gottesfurcht durch das schlechte Gewissen ersetzt, das die Menschen beherrschbar macht.
Die Bekenntnislogik ist die Logik der Objektivierung und Instrumentalisierung der Wahrheit. Deshalb gibt es kein Bekenntnis ohne Opfertheologie. Und der Götzendienst war bereits eine experimentelle Vorform der Bekenntnislogik.
Die Lohnarbeit war der Beginn eines Prozesses, der darauf abzielt, am Ende auch die Zirkulation in die Produktion mit einzubeziehen, (durch Marktanalyse und Reklame beherrschbar zu machen). Die Globalisierung des „freien Marktes“ hat die Logik des Kapitals (ähnlich wie die Staatsschutzjustiz die Logik des Rechts) zur transzendentalen Logik (zu einem Instrument der Konstruktion von synthetischen Urteilen apriori) gemacht.
Ist nicht das Wort über den Handel und an die Reichen (Latifundienbesitzer) bei Jakobus an Griechenland und an Rom adressiert?
Die Blinden und die Lahmen: Läßt sich diese Konstellation nicht an der Beziehung zum Faschismus demonstrieren? Werden nicht die, die den Faschismus durch Verurteilung (aus der Sicht der Nachgeborenen) bannen wollen, blind, und die, die ihn von innen (aus der Sicht seiner Opfer) begreifen wollen, lahm?
Die Menschen leben nicht (wie die Tiere) in der Natur, sondern in der Welt. Die Welten der Tiere, sind allesamt Teil der Natur (die Natur ist der Inbegriff aller Objekte von Urteilen: das Tier ist ein lebendiges Objekt eines Urteils).
Zum Symbol des Kreuzes: In der Mathematik sind wir die Opfer einer Logik, die uns beherrscht; die Beweislogik ist die Logik dieser Herrschaft, einer Logik, deren Ursprung wir nicht kennen, und an deren Ursprung wir nicht heranreichen.
Wenn der Staat die Organisationsform einer Gesellschaft von Privateigentümern ist, dann, so scheint mit, verweist das auch auf den Ursprung der Mathematik (des „Bogens in den Wolken“?).
Ist der Bogen in den Wolken das hebräische Gegenstück zum griechischen Gnomon?
War nicht die Darstellung der Praxis der Getreide-Spekulation und ihrer Folgen bei Frank Norris (in dem Roman, der Bert Brecht zum Marxisten gemacht hat), noch harmlos gegenüber der Funktion und Bedeutung, die die Spekulation (als reine Geldspekulation) heute gewinnt? Die Hypothese wäre zu prüfen, ob nicht das Geld-Spekulationsgeschäft, das nicht nur (wenn auch vor allem) Banken betreiben, mit der Explosion der Armut, die ganzen Bevölkerungen die Existenzgrundlage entzieht, zusammenhängt, und das nicht nur symbolisch, sondern real.
Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie