Verwaltung

  • 3.5.1994

    Die Lahmen und die Blinden (politische Aspekte des Inertialsystems): Wer heute die „Prophets of Deceit“ fortschreiben und auf den gegenwärtigen Stand bringen wollte, dürfte sich nicht mehr nur an der Figur des Agitators orientieren, sondern müßte die Reflexion auf die Struktur der politischen Öffentlichkeit, auf die veränderte Form ihrer Beziehung zur realen Politik mit einbeziehen. Wichtiger als eine Analyse der Reden der Schönhubers und Freys wäre eine Analyse der Selbstdarstellung der etablierten Parteien, die „ihre Politik“ nur noch verkaufen wollen, auf einen öffentlichen Diskurs der realen Probleme und Ziele jedoch längst verzichtet haben. In diesem Kontext wird Politik zur Sache von Verwaltung und Karriere, mit der Folge
    – der Konstituierung einer zunehmend nicht-öffentlichen Politik: der fortschreitenden Abschirmung der politischen Entscheidungsprozesse gegen ihre öffentliche Diskussion,
    – der Personalisierung von Sachfragen (öffentlichkeitswirksame „Korruptionsfälle“ verstellen den Blick auf die inhaltlichen Fragen der Politik),
    – der Lähmung und Selbstverblendung einer immer mehr den Trägheitsgesetzen des Apparats gehorchenden Politik.
    Die Lahmen und die Blinden: SPD und CDU.
    Ist nicht das Geheimnis des Erfolges von Helmut Kohl die Fähigkeit zur öffentlichkeitswirksamen Darstellung des Nichtstuns, der politischen Trägheit, zu der es ohnehin keine Alternative mehr zu geben scheint? Ist er nicht der Darsteller einer Politik, die so von vorgeblichen Sachzwängen beherrscht ist, daß es wirklich nur noch darum geht, wie man sie trotzdem so präsentieren kann, als ginge es um politische Ziele?
    Die Gerechtigkeits-Blindheit des Rechts drückt sich in dem Satz aus, daß Gemeinheit kein strafrechtlicher Tatbestand ist.
    Anwendung des Paradigmas der Lahmen und Blinden auf die Naturwissenschaften: Kernforschung und Weltraumfahrt.
    Ist nicht der Kern dieses Paradigmas die Verklammerung des kirchlichen Machtapparats mit der zwanghaften Selbstverblendung der Theologie: der Greuel der Verwüstung oder Greuel am heiligen Ort?
    Sind nicht die kantischen subjektiven Formen der Anschauung die Repräsentanten der Lahm- und Blindheit im Subjekt, die Agenten der Lähmung und Verblendung des verdinglichten Subjekts? Erinnert nicht die Trennung von Natur und Welt an das Paradigma der Lahmen und Blinden (die Natur lähmt, und die Welt macht blind)? Ist nicht die Trennung von Natur und Welt Produkt jener exkulpatorischen Logik, die das Schuldverschubsystem zur Grundlage hat, die dann zur Absicherung der Opfertheologie bedarf.
    Der Dativ und das „Es gibt“. Der kantische Begriff des Gegebenen (eine der Wurzeln des Begriffs der Erscheinung) enthält über das Es im „Es gibt“ den Hinweis auf den anonymisierten Gesamteigentümer der Welt. Nur weil es dieses „Es gibt“ gibt, weil es den Dativ gibt, gibt es Meinungen.
    Wenn der Infinitiv Sein etwas mit dem Possessivpronomen (3. m. sing.) zu tun hat, dann hat auch der Name des Wassers mit Interrogativpronomen „Was“ (mit der Frage nach dem Wesen, nach der Sache) etwas zu tun. Frage: Wie hängt das Interrogativpronomen mit dem Possessivpronomen zusammen? Hat es etwas mit dem Kommerz, mit dem Akt des Kaufs zu tun?
    Bezieht sich die Vertreibung der Taubenhändler und der Geldwechsler aus dem Tempel auf den Greuel am heiligen Ort, den Greuel der Verwüstung?
    Muß die Kirche, wenn sie beansprucht, das „wahre Israel“ zu sein, nicht auch die Prophetie auf sich beziehen?
    Haben die Lahmen und Blinden etwas mit den Namen des Satans und des Teufels zu tun: Ist nicht der Ankläger der Lähmende, der Verwirrer der Verblendende (vgl. den apokalyptischen Gebrauch der beiden Namen: neben der Synagoge des Satans gibt es den Teufel als Vater der Lüge)?
    Ist nicht die Blutmetaphorik (im Kontext des Kelchsymbols) eine bewußte Verletzung (Aufhebung?) des noachidischen Gebots?
    Wird nicht ein zentrales kirchen- und dogmengeschichtliches Problem mitgelöst, wenn es gelingt, die Geschichte der Fälschungen (zusammen mit dem Phänomen der Eponymie) im Mittelalter anstatt personalisierend auf Priestertrug und Machtgier auf objektive gesellschaftliche Kräfte, auf die Zwangslogik der Profangeschichte, zurückzuführen? Liegt hier nicht auch der Schlüssel zur Lösung des Problems des Nominalismus (und des Problems der benennenden Kraft der Sprache)?
    Der Begriff lebt vom Namen und vergewaltigt ihn zugleich. Die Gewalt der Urteilsform, die objektiv in der Astronomie sich konstituiert. Sind nicht die Todesstrafen allesamt Symbole der Urteilsform: von der Steinigung über das Schwert, das Hängen, das Verbrennen bis hin zur Kreuzigung. Die Juden haben gesteinigt, die Römer haben (nach Rezeption einer persischen Tradition) gekreuzigt, die Christen haben verbrannt.
    Bezeichnet Kanaan gegenüber dem Hebräischen ein logisches oder ein historisches Prius?
    Ist nicht der Bruch zwischen Natur und Geschichte der Abgrund, in dem die benennende Kraft der Sprache untergangen ist und aus dem Natur und Geschichte als getrennte Bereiche sich erheben?
    Zu den drei Weisen aus dem Morgenland gehören der Balthasar, der mit dem Daniel etwas zu tun hat, der Melchior, der an den melech, die Königstradition, erinnert, und der Caspar: Wer ist das (hat Kasper des Puppenspiels etwas mit ihm zu tun)?
    Die drei Leugnungen Petri lassen sich den räumlichen Dimensionen zuordnen:
    – die erste (die Magd des Hohepriesters spricht Petrus an) enspricht der Beziehung vorn/hinten, Im Angesicht und Hinter dem Rücken,
    – die zweite (die Magd spricht mit den Umstehenden über Petrus) der Beziehung rechts/links, dem objektivierenden Denken und dem darin mit eingeschlossenen Verhältnis des richtenden Urteils zum verteidigenden Denken, und
    – die dritte (die Umstehenden sprechen Petrus an) der Beziehung oben/unten: hier enthüllt sich das objektivierende Denken als vergesellschaftetes Herrendenken, als reine Verkörperung der Wut, die ihrem Objekt keinen Ausweg mehr läßt.
    Interessant sind
    – die zweite Leugnung: als Paradigma des Ursprungs des objektivierenden Denkens, und
    – die dritte Leugnung: die Genesis der Wut (der Selbstverfluchung),
    beide sind Folgen einer Theologie hinter dem Rücken Gottes (der ersten Leugnung).

  • 15.4.1994

    Intersubjektivität ist nicht nur ein Versteck vor dem Angesicht Gottes (unter den Bäumen des Gartens), sie wird am Ende zum Institut der kollektiven Isolationshaft. Die vorwerfbare Schuld – als Schuld im Blick der andern – ist der gemeinsame Grund des Mythos, der Natur und des Rechts. Umkehr ist das Instrument der Auflösung der vorwerfbaren Schuld: der Sünde der Welt (des projektiven Schuldverschubsystems). Alle Weltbegriffe sind, auch wenn sie es nicht wissen, nationalistisch: konkrete Anwendungen und Ausgestaltungen des Schuldverschubsystems: Es gibt keinen Weltbegriff ohne das Feindbild der Barbaren, Heiden oder Juden (der Fremden – nicht der Andern, die vielmehr Teil des Weltbegriffs sind). Dem Namen der Barbaren entspricht im Kontext der Naturerkenntnis der Begriff der Materie, der nicht zufällig an den Namen der Mutter – mater – erinnert. Zu prüfen wäre, ob und wie die Begriffe hyle und materia auch inhaltlich und genetisch sich unterscheiden (und ggf. mit den Unterschieden zwischen den Begriffen physis/natura bzw. kosmos/mundus zusammenhängen). Materie: Ist das nicht die von der schmutzigen Sinnlichkeit gereinigte und dadurch finster gewordene Materie, das genaue Pendant der sexualmoralischen Verstrickung der kirchlichen Theologie? Die Apokalypse ist ebenso wie ein historisches auch ein gnoseologisches Problem: die letzte Gestalt des Begriffs der Offenbarung. Der mechanische Stoß ist das gegenständliche Korrelat der Herrschaft der Vergangenheit über die Zukunft, Grund eines Systems von Äquivalenzbeziehungen, aus dem die Möglichkeit mathematischer Naturerkenntnis sich herleitet. Einzig vergleichbar der Macht des Tauschprinzips, der Herstellung von Äquivalenzbeziehungen im Bereich der gesellschaftlichen Reproduktion des Lebens auf der Grundlage des Privateigentums. Bei beiden wird ein Systemmoment impliziert, das mit den Begriffen Orthogonalität, Schuldknechtschaft und Lohnarbeit sich genauer bezeichnen läßt. Heinsohn hat recht, wenn er die Erfindung des Geldes auf das Institut der Schuldknechtschaft zurückführt, den frühesten Vorboten des Kapitalismus und der Lohnarbeit in der Vorvergangenheit. In der Lohnarbeit ist die Schuldknechtschaft instrumentalisiert worden. Ist die Wahrnehmung nicht faszinierend, daß das Institut der Schuldknechtschaft zur Ursprungsgeschichte der Hebräer gehört (und wirft sie nicht ein Licht auf den Namen der „hebräischen“ Schrift)? Hat der Vergleich des Dogmas mit den zwei Seiten eines Blattes (von denen wir nur die eine kennen, die nicht die der Wahrheit ist) eine sehr präzise Bedeutung? Hat die Theologie nicht insofern auch etwas mit der Idee der Auferstehung zu tun, als es in ihr um die Wiedergewinnung der vergangenen Zukunft geht? Die opfertheologische Instrumentalisierung des Kreuzestodes gehört zu den Mächten der Vergangenheit über die Zukunft (zu den „Pforten der Hölle“). Die Zukunft unter dem Verschluß der Vergangenheit halten: Darauf bezieht sich das Wort vom Binden und Lösen; und das Lösen ist das Lösen der Zunge, die vergangene Zukunft das Objekt der Sprache, des Namens. Erst wenn ich begreife, daß die Welt der Abgrund ist, der mich von den andern trennt, begreife ich, was es heißt, die Sünde der Welt auf sich zu nehmen. Die Idee des Absoluten ist der Greuel am heiligen Ort: das sich auf sich selbst beziehende Anderssein Gottes, seine Leugnung. Ist die Geschichte der drei Leugnungen die Geschichte der Idee des Absoluten? „Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt …“ (vgl. Joh Kap. 630ff.54ff)? Mein ATARI hat nicht nur einen Mülleimer, er ist ein Mülleimer, in den ich alles ablade: Aber sind Mülleimer nicht die Lebensquelle der Ausgeschlossenen, der Slumbewohner? Ist nicht der Antisemitismus, der Druck, der ihn produziert, ein Hinweis darauf, wie nahe die Lösung ist? Der Begriff der verwalteten Welt ist ein Pleonasmus: Ohne Verwaltung gibt es keine Welt (gibt es kein Allgemeines, wie auch die Verwaltung die Brutstätte der Gemeinheit ist – das Gemeine ist der Grund des Allgemeinen).

  • 30.3.1994

    Die Kritik des Systems ist notwendig als Kritik der Verstrickung des eigenen Denkens ins System. Insbesondere die Totalitätsbegriffe zeigen systemische Züge.
    Merkwürdige Geschichte: Der Begriff des Glaubens wurzelt im Begriff der Treue. Diese Treue ist zum Glauben erst unter der Herrschaft der Bekenntnislogik geworden. Erst die Nazis haben die Treue wiederentdeckt, aber als säkularisierte und personalisierte Treue (zu der sie übrigens im Systemzusammenhang von Glauben und Bekenntnis geworden ist).
    Enthält nicht der Satz aus Benjamins Passagenwerk, daß es nichts Veralteteres gibt als die jüngstvergangene Mode, einen Hinweis auf das zentrale Problem der Erinnerungsarbeit: auf den Zusammenhang des Ältesten mit der Gegenwart? Ist die Vorstellung, daß die drei räumlichen Dimensionen im Hinblick auf ihre Beziehung zur Zeit äquivalent sind, nicht bloßer Schein? Wird sie nicht insbesondere durch die Schwere widerlegt?
    „Der Himmel ist sein Thron, die Erde der Schemel seiner Füße“: Was heißt das? Drücken sich darin nicht zwei verschiedene Formen des Besitzens aus (zwei Formen des Besitzens, die nur Gott zugesprochen werden dürfen)? Sind es diese Formen des Besitzens, die im Inertialsystem vergewaltigt und falsch identifiziert werden? Am Inertialsystem wäre zu demonstrieren, daß die Begriffe Wissen und Erkennen nicht deckungsgleich sind (daß es ein gegen das Erkennen sich sperrendes, widersetzendes Wissen gibt: Grund des Positivismus, das Problem der physikalischen Erkenntnis).
    Joh 129, Maria Magdalena und die sieben Siegel, oder: die Kritik des Inertialsystems (Erkenntnis des Tieres: hier braucht es Weisheit und Verstand).
    Ist eigentlich Joh 129 der einzige Bezugspunkt der Apokalypse im Johannes-Evangelium?
    Ist die (von der in den anderen Sprachen abweichende) Geschlechtszuordnung von Sonne und Mond im Deutschen die Besiegelung der Trennung von Ding und Sache, der vollständigen Verkehrung?
    Gibt es eine Geschlechtszuordnung von Städten im Deutschen (die Anwendung des bestimmten Artikels auf die Städtenamen)? Der Gattungsbegriff Stadt ist feminin, aber die einzelnen Städte wie Köln, Berlin, Frankfurt u.ä. sind (wie die erste und zweite Person) geschlechtsunabhängig. Hat die Verschiebung der Deklination in den bestimmten Artikel (in dieses deiktische und substantialisierende Sprachelement) den Namen erst wieder freigesetzt, vom Begriff getrennt? Gilt das, was hier für die Stadtnamen gilt, nicht allgemein für Namen (auch die Namen von Ländern, Firmen, Betrieben, sofern sie nicht im Namen ein institutionelles oder ein dem äquivalentes begriffliches Element enthalten, wie die Post, die Bundesbahn, die AEG: Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft u.ä.). Namen von Bergen, Flüssen sind nicht geschlechtsneutral (Berge sind männlich, Flüsse: die westlichen sind maskulin, die östlichen feminin?). – Warum kann man „die Eintracht“, „die Borussia“, „der VfL“, aber nicht im gleichen Sinne (wenn man den Verein und nicht die Spieler meint) „die Bayern“ sagen (im Hinblick auf die Wortbedeutung „Eintracht“ oder „Verein“ oder auf die feminine Wortbildung „Borussia“)? Ist die Geschlechtsneutralität der Namen eine Folge dessen, daß in den indoeuropäischen Sprachen das Neutrum zu einem Geschlecht geworden ist? Zweite Neutralisierung: Parodie auf die Theologie des Namens? Umgekehrt: Ist das Neutrum ein Abkömmling des Namens (und die Materie der Schwamm, der die benennende Kraft der Sprache aufsaugt)?
    Die Löschung des Namens und die Zerstörung des Angesichts gehören zusammen mit der an der Entflammung gehinderten Entzündung (Zusammenhang mit der Theorie des Feuers). Produkt der Entzündung, die nicht zum Feuer sich befreit, ist das Ich (die Identität, die Person). Ursprung dieser Entzündung ist die Urteilsform, der Schwelbrand ist der der Empörung. Ist nicht die Idee des Absoluten die Narbe an genau der Stelle, an der die benennende Kraft ausgebrannt (die Sprache gelöscht) wurde, die gleiche benennende Kraft, die im Namen Gottes gründet (und sich erfüllt). Hierauf bezieht sich das Wort vom Bekenntnis des Namens. – An dieser Stelle ist daran zu erinnern, daß der Tempel in Jerusalem nicht das Haus Gottes, sondern das seines Namens war.
    Vater unser, der du bist in den Himmeln, geheiligt werde dein Name: Wurde nicht mit der Zerstörung der Himmel die Kraft des Namens, die benennende Kraft der Sprache gelöscht (und nur in dem Buch, zu dem die Himmel sich aufrollen, erinnert und aufbewahrt)? Wie ist die Heiligung des Gottesnamens noch möglich ohne die Restituierung des Anfangs der Schöpfung, ohne die Erinnerung der Himmel? – Ist der Singular Himmel nicht der Reflex und das Pendant der Idee des Absoluten in der Theologie (wurde der Plural nicht durch die Idee des Absoluten getilgt, und damit zugleich der Name gelöscht): Grund der Geschlechtsumwandlung von Sonne und Mond im Deutschen?
    War nicht die newtonsche Sonne noch Ausdruck der regierenden (männlichen) Gewalt, und ist die Sonne nicht zum passiven (feminisierten) Objekt erst im Absolutismus: mit dem Übergang von Politik in Verwaltung (zusammen mit der Privatisierung und Vergesellschaftung von Herrschaft, der Verbürgerlichung des Königtums), geworden. Die Sonne wurde feminin und der Mond maskulin, als Herrschaft endgültig gegen die Religion sich verselbständigte, im Prinzip der Trennung der irdischen von der himmlischen Sphäre, im Mond, sich festmachte.
    Hat nicht das Christentum den Sonntag zum Ruhetag gemacht, und d.h. nach dem griechischen Modell in der Idee des Absoluten (der noesis noeseos) die Identität von Herrschaft und Muße hergestellt, die dann in der subjektiven Form der äußeren Anschauung, im Raum (im Systemzentrum des Inertialsystems), sich vergegenständlichte. Erinnerung an China: Herrschaft durch Nichtstun. Dagegen steht die kräftige Erinnerung Hermann Cohens, daß die Attribute Gottes Attribute des Handelns und nicht des Seins sind, und Erinnerung von Immanuel Levinas daran, daß die Ethik und nicht die Ontologie die prima philosophia ist.
    Der Himmel ist maskulin, und die Erde feminin. Das aber heißt, daß in der deutschen Sprache der Mond dem Himmel und die Sonne der Erde zugeordnet sind.
    Hängt nicht die Geschlechtszuordnung von Sonne und Mond im Deutschen mit der Bildung und Funktion der bestimmten Artikel zusammen?
    Wie verhält es sich
    a. mit den Planeten: hier scheint nur die Venus feminin zu sein, und
    b. mit dem Gattungsbegriff Stern, der im Deutschen maskulin ist, und wie in den anderen Sprachen, insbesondere im Griechischen (astron n.) und Lateinischen (stella f.; sidus, -eris n.)?
    Wie verhält sich das Ganze zum Sündenfall, nach welchem Adam dazu verurteilt wurde, den Staub zu produzieren, den die Schlange frißt (genauester Ausdruck der neutralisierenden Gewalt des Patriarchats, die am Ende auch das Neutrum selber ergreift: im Greuel am heiligen Ort)?
    Der zum Nominativ (zur Bezeichnung des Substantivs) entmächtigte Name wird über den Neutralisierungsprozeß hinaus nochmals neutralisiert, und wird so zum Absoluten, zum schwarzen Loch, in dem der Name gelöscht wird.
    Ist nicht der Greuel am heiligen Ort die letzte Steigerung der Unfähigkeit, Rechts und Links zu unterscheiden, auf die am Ende des Jonasbuches hingewiesen wird. Produzenten des Greuels am heiligen Ort sind: das Inertialsystem, das Tauschprinzip (die Geldwirtschaft) und die Bekenntnislogik (Instrumentalisierung des Kreuzestodes: Inbegriff der Exkulpations- und Gemeinheitsautomatik).
    Das Zeichen des Tieres an der Stirn und an der Hand: Ist das nicht der Hegelsche Begriff? In der Apokalypse nochmal genauer die Attribute des Drachen und der Tiere ansehen (Hörner, Köpfe, Kronen).

  • 06.02.94

    Das sic et non kommt der Wahrheit näher als das sic vel non: Im Hinblick auf den Bereich der Wahrheit gelten das Urteil und das Widerspruchsprinzip nur mit Einschränkung.
    Die Geschichte des Weltbegriffs (die hegelsche Geschichtsphilosophie) ist die Geschichte der Stellung des Bewußtseins zur Objektivität. Sie ist ein Teil der Herrschaftsgeschichte, die ihr Zentrum ist.
    Wie hängen die „gegenständlichen“ Begriffe Barbaren, Welt, Natur und Materie, die zum Begründungszusammenhang der Philosophie gehören, mit der Gemeinheit und mit den Grenzen der Beweislogik zusammen? Machen sie nicht durch ihr projektives Moment (durch ihre systembegründende Redundanz) die Grenzen der Beweislogik unsichtbar, und deshalb (als Rücksichtslosigkeit: als Gemeinheit nach außen) umso wirksamer? – Deshalb ist die Justiz (und mehr noch die Polizei) tendentiell ausländerfeindlich. Und deshalb ist sie tendentiell nationalistisch und spricht das Recht „im Namen des Volkes“.
    Gemeinheit ist keine Frage der Zwecke, sondern eine der Mittel: Grundprämisse einer Kritik der Verwaltung (einschl. der verwalteten Ökonomie: auch das Geld reinigt nicht seine Objekte).
    Heute nutzen die Menschen die Schlechtigkeit der Welt, die ihnen aus diesem Grunde wie nichts sonst gelegen kommt, zur Rechtfertigung ihrer eigenen. Hier ist den Medien die neue apokalyptische Aufgabe erwachsen (Lieferung von Drachenfutter).
    Sind Urknall und Schwarzes Loch nicht auch Modelle zur Erklärung
    a. wirtschaftlicher Vorgänge (Stichwort: Export und Reimport der Armut als Grundlage der „Schöpfung und Erhaltung“ von Reichtum, oder: die Selbstzerstörungskräfte des „reinen Marktes“) und
    b. von Einrichtungen der Medien (Urknall: Radio, und Schwarzes Loch: Fernsehen),
    insgesamt: realsymbolische Modelle gesellschaftlicher Naturkatastrophen?

  • 01.02.94

    Zu Jer 3137: Die Astronomie als Initiationsritus der Zivilisation.
    Das Tier ist das Realsymbol jeden Idealismus. Und die Bedrohung des Subjekts durch das Tier ist primär weder die durch den animalischen (sexuellen) Trieb, noch die physische (die animalische Aggression), sondern die durch den Idealismus. Die Stummheit des Tieres ist die Stummheit des Idealismus und der Welt.
    Je auswegloser die moralische Ohnmacht (die Verstrickung in die Verhältnisse), umso stärker die Rechtfertigungszwänge, und umso stärker die Projektions- und Strafbedürfnisse (das Bedürfnis nach moralischer Empörung: deshalb beriefen sich die Nazis auf das „natürliche Rechtsempfinden“ des Volkes, Produkt der Instrumentalisierung der moralischen Empörung).
    Zum Grund der Unterscheidung der primären und sekundären Sinnesqualitäten: pecunia non olet.
    Bezeichnet die Unterscheidung zwischen der Buhlerei Israels und den kanaanäischen Baalen und der mit den großen Nachbarstaaten (Ägypten, Assur, Babylon) – vgl. Ez 1623 – nicht einen ganz entscheidenden Sachverhalt: die kanaanäische Buhlerei war die der Händler, die es allen recht machen mußten (Silvia Schroer S. 179).
    Der Weltbegriff bewirkt eine schleichende Neutralisierung der Religion (deshalb kennen wir einen anderen Begriff der Religion schon nicht mehr), er macht sie verwaltungsfähig. Die episkopale Kirchenverfassung ist eine Konsequenz aus der Rezeption des Weltbegriffs (aus der Rezeption eines aus dem Eigentumsprinzip abgeleiteten Selbst- und Weltverständnisses): aus der Verwerfung von Joh 29.
    Ist nicht die Hegelsche Philosophie, indem sie die Dinge auf ihr Anderssein reduziert, die Spiegelschrift der Wahrheit. Hier liegt der Grund der negativen Dialektik Adornos.
    Wer die Religion vom Anthropomorphismus reinigt – und das hat die christliche Theologie mit Hilfe der Trinitätslehre versucht -, macht sie zweideutig, macht sie dämonisch. Das Dogma ist das vergrabene Talent.
    War Petrus je Bischof, und ist nicht der episcopus eine paulinische Erfindung: Hat Paulus der Kirche den Kelch zu trinken gegeben?
    Bezeichnen nicht die Dornen und Disteln den gleichen Sachverhalt am Objekt, den die Hörner am Subjekt bezeichnen?
    Bibel-Kritik versucht, die biblischen Texte in eine eindeutige zeitliche Folge zu bringen: Stimmen hierzu die Prämissen?

  • 02.01.94

    Sein und Haben, der sprachliche Grund der Verdinglichung, die falsche Sündenvergebung oder die Äquivalenz von Exkulpation, Natur und Vergangenheit: Die Hilfszeitwörter, die Heidegger zur Vorhandenheit und Zuhandenheit ontologisiert, werden im Deutschen zur Perfektbildung (Grund des Naturbegriffs in den indogermanischen Sprachen) benutzt; in ihnen drückt sich eine Beziehung zur Vergangenheit aus, die die Schuldreflexion apriori unterdrückt. Entweder „habe“ ich meine Vergangenheit (als objektive und deshalb instrumentalisierbare, subjektiven Zwecken unterworfene Vergangenheit), oder ich „bin“, was ich gewesen oder geworden bin, so und nicht anders, Produkt eines Geschehens, das ich nicht ändern kann. Beidemale ist die Vergangenheit zu einem Stück Natur geworden, die ich nicht ändern, deren Last ich nur abwerfen kann. Gibt es Erinnerung ohne die Idee der Auferstehung der Toten, und gibt es die benennende Kraft der Sprache ohne Erinnerung? Was wäre, wenn in der Kirche auch nur einer wirklich an die Auferstehung der Toten glaubte?
    Ist die Gewalt der indogermanischen Sprachen nur durch die Idee der Auferstehung der Toten zu heilen?
    Das Hilfszeitwort „werden“ drückt sowohl das Passiv wie die Zukunft (das Werden im Gegensatz zum Sein, oder das Subjekt als Objekt von Vergangenheit und Zukunft, Natur und Schicksal) aus. Beachte die Hypostasierungen der Hilfszeitwörter: das Sein, das Haben, das Werden und die (unantastbare) Würde: Ist der Indikativ ein Neutrum (die Prosa ein Produkt der Neutralisierung), der Konjunktiv weiblich? – Der bestimmte Artikel oder die Vergewaltigung der Welt.
    Grammatiken werden heute nur noch wie ein System von Verkehrsregeln (in einer vergegenständlichten Welt) behandelt: der Geist wird ausgetrieben. Liegt der Ursprung dieses Sprachverständnisses nicht im augustinischen „ad litteram“?
    Was unterscheidet das Imperfekt vom Präteritum?
    Das Walten, die Gewalt und die Verwaltung: Beispiele für die Präfixe ge- und ver-. Was bedeutet das „sund“ in dem Wort gesund?
    Ursprung des Nominalismus: Ähnlich wie der Begriff des „Monotheismus“ die griechische und die jüdische Tradition gleichnamig gemacht hat, hat das Inertialsystem in Verbindung mit der Gravitationstheorie Himmel und Erde auf einen gemeinsamen Nenner gebracht: Beidemale war der Preis die Kürzung gegen den Namen.

  • 15.12.93

    Jede Personalisierung dient der Selbstentlastung (der Selbstexkulpierung, der die Logik des Weltbegriffs zugrundeliegt): darin liegt der Zweck des Rechts und der Theologie zugleich.
    Nicht die Person, sondern das Angesicht: Die Personalisierung hält Gott verantwortlich für „das, was er gemacht hat“, für die Welt, und entlastet die Menschen. In der Struktur des Personbegriffs steckt der zugleich unkenntlich gemachte Sündenbock-Mechanismus mit drin (Grund der Geschichte vom rachsüchtigen zum autistischen Gott, über den heute jeder gefahrlos daherreden kann; gehört die Lösung des Autismus-Problems zum Lösen überhaupt?). Das Angesicht Gottes ist die reine Forderung der Barmherzigkeit; das Theodizee-Problem ist eine Folge der Personalisierung.
    Zusammenhang der kirchlichen Abtreibungskampagne mit der dritten Leugnung: Ist die Diskriminierung der Abtreibung nicht ein Versuch der projektiven Verarbeitung der seit den Kirchenvätern institutionalisierten Leugnung der Nachfolge; hat nicht die Kirche aus Furcht vor den messianischen Wehen die Wahrheit abgetrieben (das Talent vergraben)? Aber Gott will nicht, daß das Wort leer zu ihm zurückkommt.
    Ist nicht das Ding die trunkenheitserzeugende Substanz? Der Name des Dings hängt sprachlich und sachlich mit dem des Things, des Gerichts, zusammen.
    Rührt nicht das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit an den potentiellen Umkehrpunkt des Inertialsystems (und damit der naturwissenschaftlichen Erkenntnis insgesamt)?
    Zusammenhang von Walten, Verwalten, Gewalt und Bewältigung?
    Das Irrationale (z.B. der Faschismus) ist nicht nur irrational: Käme es nicht endlich darauf an, die Rationalität des Irrationalen zu bestimmen (gehört nicht die bloße Empörung zum Drachenfutter: zum Staub, den Adam produziert und den die Schlange frißt)?

  • 08.11.93

    Der Mensch ist nach dem Bilde Gottes erschaffen: Heißt das nicht auch, daß wir nur in Seinem Angesicht unseres wiederfinden?
    Jede Verwaltung wird auch im Rechtssinne kriminell, wenn sie den Schutz der Staatsgewalt, für die sie tätig ist, verliert. Die Gemeinheit, die vorher kein Straftatbestand war, wird es mit dem Ende des Staates, in dessen Namen sie begangen wurde.
    Was bedeuten eigentlich die Prophetennamen, und ist nicht die Sonderstellung des Ezechiel (auch Daniel, Joel) unter anderem durch den Gottesnamen „El“ in seinem Namen bedingt?
    . Hosea – (JHWH ist) Hilfe (Nordreich Israel, 750 – 725)
    . Amos – der (von JHWH) Getragene (aus Tekoa in Juda, ab 750)
    – Jesaja – JHWH hat geholfen (Jerusalem, 2. H. 8. Jhd.)
    */- Micha(el/ja) – wer ist wie (Gott/JHWH) (Juda, 2. H. 8. Jhd.)
    * Nahum – Tröster (Juda, 7. Jhd.)
    – Zefanja – JHWH hat geborgen (Juda, letztes Drittel d. 7. Jhd.s)
    – Jeremia – JHWH gründet (Jerusalem, 627 – 587)
    . Habakuk – (ein Gartengewächs) (Juda, ~600)
    * Ezechiel – Gott möge kräftig machen (babyl. Exil, 593 – 571)
    . Haggai – am Festtag geboren (Jerusalem, ~520)
    – Sacharja – JHWH hat sich erinnert (Juda, Jerusalem, ~520)
    . Maleachi – mein Bote (Jerusalem, 5. Jhd.)
    -/* Joel – JHWH ist Gott (Jerusalem, 1. H. 4. Jhd.)
    – Obadja – Knecht JHWHs (?, Gesicht über Edom)
    . Jona – Taube (~760, geschr. ?)
    * Daniel – Gott richtet (ab 597, geschr. ~165)
    Wer ist Lot:
    – Lot war Fremder in Sodom (und hat die Engel Gottes in sein Haus aufgenommen),
    – Rahab war Einwohnerin in Jericho (die die Boten Josues aufgenommen hatte) und
    – die Benjaminiten sind die Bewohner Gibeas, aus welcher Stadt Saul stammt; aber nicht sie, sondern ein Fremder hat dem Leviten und seiner bethlehemitischen Nebenfrau Gastfreundschaft gewährt.
    Gleicht nicht die Wiederherstellung der deutschen Einheit einer operativen Trennung siamesischer Zwillinge, von denen eines den Eingriff überlebte? Wie sind die Überlebenschancen bei der Trennung siamesischer Zwillinge?
    Wer heute den „großen Lauschangriff“ fordert, hat aus der Stasi-Katastrophe nichts gelernt.

  • 30.08.93

    Während die Reste anderer Architektur-Epochen fast restlos dem Krieg und dann dem „Wiederaufbau“ zum Opfer gefallen sind, wurden vorrangig die Fachwerk-Innenstädte (auch die, die es gar nicht gegeben hat) restauriert: Gehört nicht auch das zur Abschaffung der Vergangenheit, die die Nachkriegsgeschichte in Deutschland bestimmt?
    Was haben wir (außer der Theologie und der Kindheit) mit der Vergangenheit sonst noch abgeschafft?
    Zur Geschichte der Architektur und ihrer Beziehung zu Politik und Philosophie (ihrer Beziehung zur Weltgeschichte: zur Geschichte des Weltbegriffs) gehört die Geschichte der Ruinen.
    Musik und Prophetie: Versucht nicht die Musik die Distanz zwischen dem Wort und seiner Erfüllung zu ermessen? (Der Ton macht die Musik. – Ende und Erfüllung der Musik: Heute, wenn ihr seine Stimme hört. – Musik und die Geschichte der Verinnerlichung des Opfers.)
    Haß und Schuld: Nur die Schuld verringert sich, wenn sie übernommen wird, während der Haß das einzige Material ist, das sich mit seiner Ausbeutung vermehrt. – Die Führer (und heute die Medien) sagen dem Volk, „was zu hassen sei“. Es gibt keinen spontanen Antisemitismus und keine spontane Ausländerfeindschaft.
    Das folgenlose Kabarett: Der Witz ist ein Instrument der Überlebensstrategie (als Instrument des Angriffs und der präventiven Verteidigung). Aber er ist kein Instrument der Veränderung, der Revolution. Käme es nicht darauf an, anstatt über die Verhältnisse nur zu lachen, endlich die Dämonen auszutreiben?
    Ursprung und Ziel: Trifft der Begriff der Umkehr (Rosenzweig) den Sachverhalt nicht insofern genauer, als sich in der Umkehr etwas bildet, was „vorher“ noch nicht war. Das Neue ist nicht die Wiederkehr des Verdrängten (auch nicht etwas durch Sublimierung Entstandenes), sondern der Ursprung selber (ein in der Lösung aus dem Bann der Vergangenheit erst Entspringendes).
    Rosenzweigs Todesangst und Hegels Logik: Sterblich ist das Eine, es gewinnt den Schein der Unsterblichkeit durch sein Anderssein (Heideggers „Vorlaufen in den Tod“ nennt Hegels Begriff der Aufhebung beim Namen).
    Im Französischen heißt Est Osten und Ouest Westen: Ist das Ouest aus „ou Est“ entstanden? Dann wäre der Osten das Sein, der Westen das Nichtsein, und der Anfang der Hegelschen Logik die philosophische Verarbeitung des Verhältnisses vom Im Angesicht zu Hinter dem Rücken.
    Ist der Westen aus dem Osten entstanden: seine Vergangenheit; ist er das Totenreich (oder die Grenze zum Totenreich, und das Totenreich selber unten)?
    Das Verhältnis des Menschen zur Welt (Ebach, S. 25) abstrahiert von der Beziehung des Ich zum Anderen, leugnet die Asymmetrie zwischen mir un den Anderen.
    Zur historischen Bibelkritik: Nach der Trennung der Quellen kommt erst das Wichtigste: die Komposition.
    Das Vergangene ist nicht nur vergangen: Die Instrumentalisierung des Kreuzestodes in der logischen Konsequenz des affirmativen Gebrauchs des Weltbegriffs hat der Natur christologische Züge verliehen.
    Erster Grundsatz des Herrendenkens: Man darf alles, sich nur nicht erwischen lassen. So werden Sachzwänge zu Verwaltungszwängen.
    Sind nicht alle akademischen Berufe dadurch bestimmbar, daß sie dem Delegationsprinzip gehorchen:
    – die Rache wurde (als Recht) an die Justiz delegiert (Gericht und Gefängnis),
    – die Krankheit an die Medizin (Klinik),
    – der Tod (als Unsterblichkeitswunsch) an die Theologie (Kirche und Friedhof),
    – das Wissen an die Wissenschaft (Bibliothek und Museum),
    – die Erfahrung an Bildung und Erziehung (Schulen).
    Der Kern dieses Delegationssystems ist politisch: er liegt im Gewaltmonopol des Staates (Polizei und Militär), sein Symbol ist das einzige außerstaatliche Delegationsverfahren: die Delegation des Tötens der Tiere an den Metzger (der Schlachthof). Ist es ein Zufall, daß zwei „Naturtalente“ der deutschen Nachkriegspolitik Söhne von Metzgern waren (Franz-Josef Strauß und Joschka Fischer – und beide ihre Vornamen veränderten)?
    Es gibt eine Sprache der Gewalt, aber sie ist eine gegen den Namen gerichtete Sprache. Wenn Recht „im Namen des Volkes“ gesprochen wird und Gesetze „im Namen des Volkes“ erlassen werden, so dementiert in beiden Fällen der Begriff des Volkes den des Namens: es ist niemand gemeint und niemand angesprochen, aber alle sind in den Schicksals- und Schuldzusammenhang des Rechts und seiner Vollstreckung verstrickt. Verweist nicht die Sintflut- und Noe-Geschichte auf diesen Zusammenhang?
    Die Sprache der Gewalt ist namenlos: Ursprung und Abbild reiner Objektbeziehungen. Hier wird der Name zu Schall und Rauch.
    Wie hängt der Begriff der Gewalt mit dem der Welt zusammen?
    Wird das Werk des zweiten Schöpfungstages, das Firmament, das die oberen von den unteren Wassern trennt, nicht gegenständlich in der Astronomie, die zu den Konstituentien des Subjekts und (in der Alten wie in der Neuen Geschichte) zur Geschichte des Ursprungs des Staats (als Organisationsform einer Gesellschaft von Privateigentümern) gehört?
    Monster und teuflisch (zwei Zeitungsüberschriften zu Privatpersonen in den letzten Tagen): Sind Verteufelung und Personalisierung nicht zwei Seiten ein und derselben Sache? Greift das nicht immer weiter um sich, und ist das nicht ein Teil der schleichenden Faschisierung der Verhältnisse, gegen die es kein Mittel gibt außer der Entmythologisierung der Begriffe im Kontext ihres objektiven erkenntniskritischen und politischen Gebrauchs (Kritik der projektiven Charakters der Begriffe)?
    Ist eigentlich der Titel „Die Thora als Person“ zulässig? Darf der Logos des Johannes-Evangeliums „personal“ verstanden werden?
    Das Feuer vom Himmel holen: geht das nicht nur das Wasser hindurch, während die Nutzung des Wassers, die seit der Rezeption der Philosophie die Theologie beherrscht, das Feuer löscht? – Und er „wollte, es brennte schon“.

  • 14.08.93

    Klaus Koch: Das Buch der Bücher. Zu S: 33: Ist der Einzelne, dessen Klagelied (Ps 5) er dort zitiert, wirklich nur eine Privatperson (Ähnliches gilt für die „Bekenntnisse“ des Jeremias), oder ist diese Interpretation nicht doch eine ebenso moderne wie verworfene Projektion? Wer ist das Ich dieses Psalms (oder auch: auf wen bezieht sich der Titel des Gottesknechts bei Deuterojesaias)? Von der Beantwortung dieser Frage, so scheint mir, hängt auch das Verständnis der sogenannten „Rachepsalmen“ ab:
    Das Ich in den Psalmen, aber auch das Subjekt in der Prophetie (z.B. in den „Bekenntnissen“ des Jeremias) ist Israel als Verkörperung der Idee einer richtigen Gesellschaft in einer versöhnten Welt. Genau dieser Punkt wird in der nationalistischen (und deshalb antijudaistischen) Interpretation des Alten Testaments verdrängt.
    Die Privatisierung der Psalmen und die Nationalisierung der Prophetie gehören zusammen: Sie sind Instrumente ihrer Neutralisierung.
    Wer das Subjekt der Psalmen als Privatsubjekt versteht, für den ist die Welt schon nationalistisch verhext.
    Ist nicht der Satz des Jesaia, daß am Ende die Erde von Gotteserkenntnis bedeckt sein wird wie der Meeresboden von Wassern (119), auch auf die Philosophie zu beziehen, die die Welt überflutet wie die Sintflut?
    Zu Begriff des Begriffs: Sich an etwas vergreifen heißt zu etwas zugreifen, was einem nicht gehört: Verwandelt nicht der Begriff alles Begriffene in potentielles Eigentum: liegt darin nicht der Schlüssel zum Objektbegriff?
    Zu S. 42: Der Hinweis (zu Amos 87), daß „die ständische Gesellschaftsordnung (sc. in Israel, H.H.) so selbstverständlich (war), daß der Besitzlose zugleich der Rechtlose war“ , geht insofern exakt an der Sache vorbei, als nicht wahrgenommen wird, daß jedes Recht Eigentumsrecht ist, der Besitzlose also kraft des Strukturgesetzes und aufgrund der eigenen Logik des Rechts rechtlos ist. Ebenso problematisch die vorhergehende Unterscheidung zwischen den Armen und den Elenden: Hier scheinen die Elenden zu den Armen zu werden, und die Armen zu einer Art Franziskaner, die ihre Armut Gott weihen? Ist es nicht umgekehrt so, daß in der Bibel Gott selbst sich als einen versteht, der sich in den Armen verkörpert. (Verkörpert sich nicht Gott in den Armen und Israel in den Fremden?)
    Klaus Koch zählt zu den „Elenden“ auch die verschuldeten kleinen Landwirte: Belege?
    Zu S. 43: Will Jahwä wirklich „freie Menschen auf freier Scholle“? (Woher wissen unsere Theologen eigentlich immer, was „Jahwä will“?)
    Im Gegensatz zu Heidegger geht es mir darum, beantwortbare, nicht unbeantwortbare Fragen zu finden. Es geht nicht um die Verdammung (hat das Christentum nicht u.a. die Verdammungsvollmacht vergesellschaftet?), sondern um die Erweckung der Neugier.
    Es gibt ganze Verwaltungszweige (Baubehörden, Ausländerbehörden, Ermittlungsbehörden), in denen die Karriere heute von Anpassung, d.h. von der Adaption der richtigen Vorurteile abhängt.
    Die Verwaltung ist die Privatsphäre (und das Unterbewußtsein) des Staates, die immer mehr alle seine Handlungen beherrscht und sie zugleich jeder wirksamen Kontrolle entzieht (die Forderung nach Einführung des gesetzlichen Lauschangriffs hatte nie die Überwachung der Verwaltung als Ziel).
    Wenn die Liberalen für den Schutz der Privatsphäre sich einsetzen, hängt das nicht auch damit zusammen, daß sie die Geheimsphäre der Privatwirtschaft gegen jeden (auch staatlichen) Zugriff verteidigen? Sind Kanter (CDU) und Hirsch (FDP) nicht doch nur zwei Fraktionen einer gemeinsamen Interessenlage?
    Der Mann, der im Tunnel zudringlich wird: Ist das nicht auch ein Realsymbol des Tratsches, der Medien, auch des Staates, der unter dem Deckmantel der Kriminalitätsbekämpfung immer wirksamere Zugriffsmöglichkeiten in die Privatsphäre anstrebt?
    Die Geschichte der naturwissenschaftlichen Aufklärung ist ein Teil der Geschichte der Konstituierung und der Verdrängung der Privatsphäre. Der Liberalismus gehört zur Seite der Konstituierung, die Law and Order-Fraktion zur Seite der Verdrängung.
    Wenn die Sintflut ein Realsymbol der Etablierung objektiver Verdrängungsmechanismen ist, die seitdem dem Weltbegriff zugrundeliegen, was bedeuten dann die Folgegeschichten:
    – der Bogen als Zeichen,
    – der Ursprung des Weinanbaus und die Trunkenheit Noas,
    – die Blöße Noas und die Knechtschaft des Ham,
    – der noachidische Bund und das neue Nahrungsgebot.
    Ich glaube, man wird davon ausgehen müssen, daß der Wiederaufbau der deutschen Städte nach dem Kriege ein work in progress auf Dauer war in dem Sinne, daß jede Gestalt des Wiederaufbaus schon den Keim des Veraltens in sich trug. Es ist nicht die Frage, ob sondern wann der nächste Modernisierungsschub unsere Städte und unsere Wohnungen ergreift. Realsymbol Beton: Wie geht man mit Ewigkeitswerten auf Abriß um? Alle Gebrauchswerte, auch die architektonischen, tragen heute das Verfallsdatum auf der Stirn (an der Hand und auf der Stirn).
    Die Naturwissenschaften haben schon vor 300 Jahren das Blaue vom Himmel herunter gelogen. Sind nicht die Naturwissenschaften eine Verköperung der konstitutionellen Verletzung des achten Gebots?
    Gibt es einen Zusammenhang zwischen
    – den sieben Völkern Kanaans,
    – den sieben unreinen Geistern im NT (und verbinden die beiden Fassungen: von dem unreinen Geist, die in die Wüste geht, und von der Austreibung bei Maria Magdalena, nicht die Landnahme Kanaans mit der Apokalypse?),
    – die sieben Sakramenten in der Kirche und
    – den sieben Siegeln in der Apokalypse?
    Gibt es nicht eine Beziehung des Jordan zum kreisenden Flammenschwert (der sieben Völker Kanaans zu den sieben Planeten)? Bezeichnen nicht beide die Todesgrenze (vgl. hierzu Getsemane)?
    Drückt sich die Trennung von Natur und Welt nicht schon in der Beziehung der Ilias zur Odyssee aus, und gibt es hierzu nicht eine Bemerkung Hegels?
    Wird nicht heute das bellum omnium contra omnes u.a. ausgefochten in der Gestaltung der längst zu einem Instrument der privaten Öffentlichkeitsarbeit gewordenen Privatsphäre? Dieser Krieg erweist sich für die Sieger als eine Fogle von Pyrrhus-Siegen.
    Die Lämmer sind die ersten Opfer des Prinzips homo homini lupus.
    Heute ziehen es alle vor, mit den Wölfen zu heulen; das Zentralorgan der Partei der Mit den Wölfen Heulenden ist BILD.
    Das Mit den Wölfen Heulen gründet in der Angst (der Heideggerschen objektlosen Angst), daß es zum Wolfsein keine Alternative mehr gibt.
    Aber nur das Lamm hat die Vollmacht, die sieben Siegel zu lösen.

  • 01.07.93

    Bezeichnet nicht das liberum arbitrium die Freiheit von Privateigentümern (die freie Verfügbarkeit über das Eigentum und die freie Wahl der Ziele und der Mittel), und gründet diese Freiheitsvorstellung nicht in den (drei) „Freiheits“-graden des Raumes?
    Waren die alten Schriftsprachen Alltagssprachen, gesprochene Sprachen? Unverkennbar ist im Hebräischen wie im Griechischen und Latein das konstruktive, systematische Element, etwas, das eher an die Rationalität der Technik als an das, was die Moderne Empfindung, Gefühl, Emotion nennt, erinnert und in erheblichem Umfange als künstlich erfahren wird. Die Flexionen (Konjugation und Deklination), die je nach Kontext unterschiedlich sich auskristallisieren, sind gleichsam Formen der technischen Durchorganisation, und deren Medium waren die Elemente der Artikulation (die in der Schrift sich vergegenständlichenden Konsonanten und später auch Vokale) und dann die Prä- und Suffixe (die Nachfolger der sumerischen „Determinanten“: War insbesondere die sumerische außer in Verwaltung und Religion je eine gesprochene Sprache?). Je nach Kontext: Kann es sein, daß in der strukturell (und nicht biologisch-genetisch, gar rassisch) begründeten Unterscheidung der semitischen von den indogermanischen Sprachen unterschiedliche Stellungen zur Objektivität sich ausdrücken, die in der frühgeschichtlichen Gesellschaftsgeschichte (Ursprung der Städte, der Religion und des Opferwesens, des Königtums und der Geldwirtschaft) ihre Wurzeln haben und insbesondere in der Differenz von Philosophie und Prophetie erkennbar werden? Sind die Geschichten von der Sintflut und vom Turmbau von Babel nicht Hinweise hierauf?
    Ist nicht die Stadt die Keimzelle sowohl des Privateigentums und der Geldwirtschaft als auch der Sprachentwicklung, und ist beides nicht zusammengefaßt in dem Symbol des Turmbaus zu Babel?
    Bezeichnet im bereschit bara elohim et haschamajim we’et ha’arez das schamajim den Konstruktionsraum der Sprache (nicht zufällig ist mit dem Verschwinden des Himmels auch die benennende Kraft der Sprache erloschen)? Und gewinnt nicht vor diesem Hintergrund das Wort am Ende des Buches Jona von den Menschen, die Rechts und Links nicht unterscheiden können, eine ungeheure Bedeutung; verleiht sie nicht dem „Raumproblem“ überhaupt erst sein metaphysisches Gewicht?
    schamajim oder die Sintflut und der brennende Dornbusch: das Desiderat einer Theorie des Feuers (Dornen und Disteln, das Jesus-Wort „Ich bin gekommen, Feuer vom Himmel zu bringen“, die indogermanischen und die semitischen Sprachen).
    Im Namen des Himmels verbinden sich nach kabbalistsicher Tradition das Wasser und das Feuer. Nach der Sintflut: next time fire. Gibt es eine Beziehung des Feuers zum Blut und zur Scham? Sind nicht die Übernahme der Sünde der Welt und die Aufopferung der Sünde andere Bezeichnungen für das Feuer (daß Jesus vom Himmel bringen wollte, und er wollte, es brennte schon)?
    Ist nicht die Sintflut die Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit, und das Feuer die Erinnerung an die vergangene Zukunft? Im Feuer verbrennt die Sünde der Welt, wird die vergangene Zukunft befreit. So steht das Feuer in Beziehung zur Idee der Auferstehung der Toten (nur unter dem Bild des Wassers sind die Toten tot). Welche Bedeutung hat der Regenbogen nach der Sintflut?
    Gibt es einen Zusammenhang der deutschen Namen Himmel und Gott mit den hebräischen Namen der Himmel und Gottes (schamjim, Elohim und JHWH)?
    Wenn die Sprache die Morgengabe des Schöpfers an die Schöpfung ist, ist dann darin nicht die Idee der Auferstehung bereits mit einbegriffen?
    Hodie, si vocem ejus audieritis: Hat nicht das Hören etwas mit dem Feuer zu tun? – So wie das Sehen mit dem Licht: Im Licht durchdringt das Feuer die Vergangenheit und ihre Finsternis. Im Bogen erscheint der farbige Rand der Grenze von Licht und Finsternis. (Sind nicht die schwarzen Objekte der Physik allesamt realsymbolische Objekte: von der Materie über die die Strahlung des „schwarzen Hohlraums“ bis zu den „Schwarzen Löchern“ der Astronomie, beides Reflexionsbestimmungen des Dunkels im Begriff der Materie, Stufen des projektiven Elements in der Physik, vergleichbar den „Stufen“ in der Entwicklung der drei Leugnungen Petri?)
    Kann es sein, daß die von Weizsäckersche Formel für die Energiebilanz der Sonne die richtige Frage ans falsche Objekt stellt: Geht es nicht eigentlich um die „Energiebilanz“ der schwarzen Strahlung und der Schwarzen Löcher?
    Im Unterschied zur christlichen war mit der jüdischen und dann der rabbinischen Tradition kein Staat zu machen (mit dem empirischen Beweis durch Sabbatai Zwi).
    Erst mit der „Überwindung des Mythos“, mit der Verinnerlichung der Schicksalsidee und des Opfers wurde das technische Konzept, das Konzept der Instrumentalisierung, (von der Philosophie und dem Recht über das Dogma bis zu den Naturwissenschaften) nach draußen verlagert. Den Opfern darußen entsprach die technische Durchorganisation der Sprache, der Verinnerlichung des Opfers die Instrumentalisierung der Welt.
    Die arrogante Bescheidenheit der katholischen Theologie (vgl. den neuen Katechismus).
    Hat das Rosenzweigsche dreifache Nichts etwas mit der Form des Raumes, mit der Form der Beziehungen der Dimensionen im Raum, zu tun, und gründet die Beziehung des Nichts zum Tode im Konstrukt des Inertialsystems als Todesgrenze? Ist nicht die tote Materie die von uns „fertiggemachte“ Materie (fertiggemacht in dem Sinne, wie ein Ausbilder beim Kommiß einen Rekruten, der sich herausnimmt, selber zu denken, „fertigmacht“: aber ist dieses „Fertigmachen“ nicht der Kristallisationskern aller hierarchischen System, vom Kommiß über die Verwaltungen bis hin zu den Kirchen)?
    Die Theologie unterscheidet sich von den Wissenschaft (wie die Prophetie von der Philosophie) dadurch, daß für sie die Vergangenheit nicht nur vergangen ist; Voraussetzung der Wissenschaft ist hingegen die verewigte Herrschaft der Vergangenheit über die Zukunft oder der Weltbegriff. Deshalb kann es eine Theologie, die diesen Namen verdient, ohne Erinnerungsarbeit nicht geben. Sie beantwortet die Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit mit der Erinnerung der vergangenen Zukunft (Kritik des Raumes und des Weltbegriffs). Schon für Kant war die Frage, „if the future will be like the past“ (die heute jeden Theologen ins Grübeln, wenn nicht in Melancholie versetzen müßte), keine nur empirische Frage. Im Kontext eines Begriffs der Vergangenheit, der deren Unveränderlichkeit mit einschließt, und d.h. im Kontext des modernen Naturbegriffs gibt es keine Entsprechung mehr für die Idee der göttlichen Gerechtigkeit.
    Der Weltbegriff macht das Prinzip, wonach die Zukunft wie die Vergangenheit sein wird, zum Apriori der Erkenntnis: Ist das Gesehenwerden der Statthalter der Zukunft im Raum (der Blick der Schlange und der Blick des Hundes)?

  • 05.06.93

    Ist nicht der Selbsthaß der Rechten der Abgrund, gegen dessen Sog diese Gesellschaft keine Abwehr- und Widerstandskräfte mehr zu mobilisieren vermag? Diesen Abgrund hat die Politik eröffnet.
    Das Adjektiv „christlich“ ist das Letzte, das an den Ursprung und die Intention des Christentums noch erinnert.
    Wer sagt, daß das Christentum es in 2000 Jahren nicht geschafft habe, die Menschheit zu verbessern, und daß man es deshalb mit einmal mit etwas anderem versuchen sollte, sieht nicht, daß er mit diesem Argument auf eine Logik hereinfällt, die genau in der christlichen Tradition wurzelt, gegen die sich wendet.
    Merkwürdiges Suffix „-tum“:
    – Christentum, Judentum, Heidentum, aber nicht anwendbar auf die einzelnen Konfessionen, oder auf Islam, Buddhismus, Hinduismus und andere Religionen;
    – Mönchtum, Sektierertum;
    – Deutschtum (Volkstum, Brauchtum!), aber nicht anwendbar auf Engländer, Franzosen, Italiener und andere Nationen;
    – Heiligtum, Eigentum, Heldentum und die merkwürdigste Bildung: Reichtum (dagegen Armut, dessen Suffix nicht nachgewiesen werden kann);
    – Königtum, aber Königreich; Herzogtum, Fürstentum, aber Grafschaft; Papsttum;
    – Altertum (aber Mittelalter, Neuzeit);
    gibt es einen Zusammenhang mit „Ungetüm“ (wie ist dieses Wort konstruiert: Verknüpfung von un- und ge- wie in Ungeheuer, mit dem es sinnverwandt ist; Zusammenhang auch mit Unwesen)? Hängt dieses Suffix mit der Verinnerlichung des Schicksals, dem Ursprung des Weltbegriffs, mit der sprachlichen Wasserscheide, die die Zivilisation von der Vorgeschichte trennt, zusammen?
    Dieses Suffix
    – könnte aus der Vereinigung der Suffixe -heit und -keit entstanden gedacht werden; und es
    – ist (deshalb?) nicht bedeutungsneutral, es scheint an eine bestimmte Bedeutung des Stammnomens anzuknüpfen, nur auf bestimmte Bedeutungsstrukturen anwendbar zu sein;
    – wie verhält es sich zum -wesen (dem verwaltungsspezifischen Suffix: Bauwesen, Zoll-, Vermessungs-, Planungswesen, das nicht zufällig ans Unwesen erinnert)?
    Vergleich mit dem englischen -dom (kingdom): Zusammenhang mit domus (Haus); Denkmal der pharaonischen Tradition in der Sprache?
    Das Problem, die dogmatische Tradition des Christentums wieder zum Sprechen zu bringen, ist deshalb so schwierig zu lösen, weil das Bewußtsein, hier auf ein finsteres Geheimnis zu stoßen, zu nahe gerückt ist.
    Die Übernahme der Sünden der Welt schließt heute die Reflexion auf die kirchliche Identifikation mit dem Aggressor mit ein. Durch die Sünden der Welt ist die Kreatur dazu verurteilt, Natur zu sein.
    Denkmäler sind Mäler des Nichtdenkens, Verkörperungen von Denkverboten: Sie sollen nur noch, wie die mittelalterlichen Fassaden und das kleindeutsche Fachwerkunwesen, die Stadt schmücken.
    Das „Heute, wenn ihr meine Stimme hört“ steht in der Nähe des anderen Satzes „Ich will nicht, daß mein Wort leer zu mir zurückkommt“. Der Deuteronomist beantwortet das „Heute …“ mit dem Schema Jisrael.
    Das „Herr vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ gehört zum Zeichen des Jonas: Wer Rechts und Links nicht unterscheiden kann (sc. die Kirche), weiß nicht, was er tut. Jesus sitzt zur Rechten des Vaters, aber der Papst, sein Stellvertreter, und die Kirche, sein Leib, tun so, als säße er zur Linken.

Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie