Wasser

  • 27.6.1994

    Gründet der sprachlogische Unterschied zwischen den indogermanischen und den semitischen Sprachen (der Ursprung des Neutrum, der in der biblischen Tradition im Bild der Schlange vorgestellt wird) in der Logik der Schrift? Und wie hängt die „Erfindung der Schrift“ mit dem Turmbau zu Babel zusammen? Hat die babylonische Sprachverwirrung – etwas mit dem Namen des Teufels (des diabolos, des Verwirrers) zu tun und – bezeichnet sie nicht eher eine neue logische Struktur der Sprache als die Ablösung der Sprachen von einer gemeinsamen Ursprache und ihre endgültige Trennung in verschiedene Sprachen? Bezieht sie sich damit nicht auf den Ursprungsakt des Indogermanischen: den Ursprung des Neutrum? Und ist die „Verwirrung“ nicht der Ursprungsort des Schuldverschubsystems im Kern der Srpachlogik: symbolisiert im Kelchsymbol, in der Trunkenheit, im Taumelbecher (Geld, Bekenntnis, Inertialsystem)? Der Staat, die Familie und das Privateigentum gründen in der Logik der Schrift (und darauf beziehen sich die drei evangelischen Räte). Hat der Satz, daß die Gotteserkenntnis am Ende die Erde erfüllen wird, wie die Wasser den Meeresboden bedecken, etwas mit dem Thalesschen „Alles ist Wasser“ zu tun? Auch beim Exodus aus dem Sklavenhaus des Begriffs werden die Erstgeburten der Ägypter getötet und die Schätze der Ägypter geraubt. Die Herrschaft der Vergangenheit über die Zukunft ist der Grund, aus dem die drei Totalitätsbegriffe Wissen, Natur und Welt hervorgehen. Repräsentiert nicht das Präfix be- das „hinter dem Rücken“ (bekehren, bekennen, bearbeiten), und gehört es damit nicht zur Ursprungsgeschichte des Neutrums? Und liegt hier nicht der Grund für seine Verwendung als Infinitiv von Sein im Englischen (vgl. Rosenzweigs Hinweis auf die „verandernde Kraft“ des Seins)? Das Hinter dem Rücken ist eine Emanation der Finsternis. Dieser Satz hängt zusammen mit der Objektdefinition (Inbegriff der Nächte, der Finsternisse, die die Schöpfungstage von einander trennen). Was bedeutet im Judas-Brief (wer ist sein Verfasser?) die merkwürdige Stelle, wonach Michael und Luzifer sich um den Leichnam des Moses streiten, und ist diese Stelle eigentlich wirklich damit erledigt, daß man ihre Herkunft angeben kann (nach Origenes aus dem apokryphen Buch „Die Himmelfahrt des Mose“)? Werden nicht durch die Judas-Zitate auch diese „Himmelfahrt des Mose“ und die Henoch-Apokalypse wichtig? Vor allem: Wen repräsentieren hier Michael und Luzifer? Die Dogmengeschichte ist die Geschichte der fortschreitenden Abstraktion vom Zeitkern der Wahrheit (ihrer fortschreitenden „Ent-Prophetisierung“). Diese Geschichte fällt unter das Wort „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“. Das im wörtlichen Sinne „Verrückte“ an der Hegelschen Philosophie liegt darin, daß er in dieser Geschichte der Abstraktion vom Zeitkern der Wahrheit selber wiederum einen Zeitkern entdeckt hat. Das Fernsehen als Säkularisation von Platos Höhlengleichnis. Zu den Summenzahlen: 153 liegt 3×6-1 zugrunde, 276: 4×6-1, und 666: 6×6. Sind Merkur und Venus Sonnenplaneten, Mars, Jupiter und Saturn Mondplaneten? Philosophie als „Eingedenken der Natur“: Läuft das nicht auf den Versuch hinaus, den Wahnsinn, dem die Bewußtseinsgeschichte zusteuert, von innen aufzusprengen? Die Anwendung des Wortes vom Binden und Lösen auf die kirchliche Bußpraxis, auf das Sakrament der Beichte, hat die Logik des Rechts zur Grundlage der Sündenvergebung gemacht, wobei das Grundproblem des Rechts (Gemeinheit ist kein strafrechtlicher Tatbestand: das Problem der Heuchelei, das Beweisbarkeitsproblem in jeder Urteilslogik) das theologische Verständnis des Bußsakraments nicht unberührt gelassen hat. Hier liegt der Grund für die Probleme, die heute so viele Katholiken mit der Beichte haben (daß das Schuldproblem, das im Namen von Auschwitz sich anzeigt, im Bußsakrament nicht faßbar ist und nicht gelöst wird).

  • 4.6.1994

    Weltbegriff:
    – Das Eine ist das Andere des Anderen. Logik des Andersseins.
    – Logik des Andersseins ist die Logik der Vergesellschaftung. Der Blick des Andern, die Scham und der Objektbegriff (Aufdeckung der Blöße).
    – Das tode ti, der Ursprung des Objektbegriffs, die subjektiven Formen der Anschauung. Der Raum, die Verdrängung der Vergangenheit und die Konstituierung des inneren Sinns.
    – Objektivation und Instrumentalisierung: die Wiederkehr des Verdrängten.
    – Medien der Objektivierung: die subjektiven Formen der Anschauung (der Raum, das Geld und die Bekenntnislogik).
    – Ursprung der Raumvorstellung, Entfaltung der mathematischen Logik des Raumes: die alte Welt und der Winkel (Orthogonalität), die neue Welt und das Inertialsystem (Verdinglichung).
    – Der Raum (das Geld, das „Bekenntnis“): das halbierte Licht (das Sein und das Eigentum, Ursprung der Urteilsform).
    – Gemeinsamer Ursprung des Weltbegriffs und des Staates (als Organisationsform einer Gesellschaft von Privateigentümern). Der Weltbegriff als apriorische Logik der Welterfahrung: die Urteilsform. Das Urteil, die Scham, die aufgedeckte Blöße, das Keuschheitsgebot. Scham und Herrschaft, Weltbegriff und Sexualmoral (Besiegelung der apriorischen Weltlogik). Die Urteilsform, der Staat und das Absolute (die Gottesleugnung).
    – Nicht Gott, sondern der Staat (der gnostische Demiurg) hat die Welt erschaffen; Gott hat Himmel und Erde erschaffen.
    – Der Raum, die Mathematik: das bewußtlose Medium der Vergesellschaftung. Erinnerung und Sprache: der Begriff und die benennende Kraft der Sprache.
    – Die Armut (oder die Sünde der Welt), die Keuschheit (oder Herrschaftskritik und Scham; „Kollektivscham“ und Restauration der Herrschaftsstrukturen) und das Hören (nicht der Gehorsam).
    – Zum Weltbegriff gehört das Tier (und der Schöpfer der Welt, das Absolute, ist ein Tier).
    Gewaltenteilung: Ist nicht die eigentliche gesetzgebende Gewalt das Geld?
    Die Trennung von Ding und Sache gründet im modernen Wertbegriff und ist insofern aus der Geldgeschichte ableitbar.
    Gemessen an der griechischen Idee der Polis ist die Trennung von Ding und Sache „idiotisch“. Es ist der idiotes, der in der Hegelschen Rechtsphilosophie die Letztentscheidung an den Monarchen delegiert und darin sein „Bewußtsein der Freiheit“ gewinnt: Der König ist eine Ich-Funktion.
    Sokrates und Jesus haben selber nichts geschrieben. Die Bibel verdankt sich u.a. auch der Anstrengung, gegen die Logik der Schrift zu schreiben, im Medium der Schrift deren Logik nicht zu verfallen (heißt die Schrift der Bibel deshalb die „hebräische“, und war es erst nach Jesus möglich – und notwendig? -, griechisch, und d.h. gegen den Geist dieser Sprache, zu schreiben?).
    Die grammatische Organisation und Entfaltung der Schriftsprachen – und die erste war die heute so genannte „sumerische“, die chaldäische Sprache – verdankt sich der Auseinandersetzung mit der vorgegebenen Logik der Schrift: Die Geschichte der Grammatik ist die Geschichte der Entfaltung der Logik der Schrift in der Sprache. Ihr Nebenprodukt und die Rückführung auf den Grund dieser Logik ist die Geschichte der Entfaltung des Inertialsystems.
    Die drei Richtungen des Raums sind der Grund und das Bild des liberum arbitrium, sie sind „Freiheitsgrade“ deshalb, weil dank der Dreidimensionalität des Raumes jede Richtung in ihm durch Drehung des Objekts im Raum, ohne daß seine Identität affiziert wird, intendierbar ist. Zum Weltbegriff gehört das Tier. Und der Schöpfer der Welt, das Absolute, ist ein Tier.
    Die Philosophie ist die Rückseite der Prophetie, und so sind beide aufeinander bezogen: Es bedarf nur der Umkehr. Und wenn die Geschichte der christlichen Theologie seit den Kirchenvätern die Geschichte der Theologie hinter dem Rücken Gottes ist, so ist mit dieser Beziehung (der Beziehung zweier Seiten eines Blattes) der Weg zu einer Theologie im Angesicht Gottes vorbezeichnet.
    Das „Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu bringen, und ich wollte, es brennte schon“, diese Umwandlung des Wassers in Feuer ist vorbezeichnet in der Verwandlung des Wassers in Wein in Kana und in den Feuerzungen zu Pfingsten.
    Ist das Problem des biblischen Schöpfungsberichts nicht auch ein Problem der Beziehung von Synchronie und Diachronie? Die sieben Tage werden durch sechs Nächte (sechs Finsternisse) getrennt (nach der Lösung des siebten Siegels war eine Stille im Himmel).
    Die sieben Donner durften nicht niedergeschrieben werden, wohl aber die sieben Posaunen und die sieben Plagen, deren Abfolge gleich ist.
    Der Ursprung des Weltbegriffs wird in der Noah-Geschichte beschrieben, in der Geschichte von der Sintflut, der Tiere in der Arche, des Weinbaus, der Trunkenheit, der aufgedeckten Blöße und des Ursprungs der Knechtschaft sowie in dem neuen Nahrungsgebot.
    Bezeichnet nicht der Turmbau zu Babel, der die Verwirrung der Sprache zur Folge hat, den Ursprung der Logik der Schrift? Es wäre ein entscheidender Schritt, wenn es gelingen würde, aus der „sumerisch“-chaldäischen Sprache, der ersten Schriftsprache (und der ersten „heiligen Sprache“), der Ursprung der semitischen und der indogermanischen Sprachen sich herleiten ließe.
    Kanaan ist selbst eines der sieben Völker Kanaans.
    Für Ägypten sind die Hebräer Sklaven, für die Philister sind sie Feinde. Abraham war ein Hebräer: dazu gehören die Geschichten mit Abimelech, dem König der Philister, und dem Pharao, dem König Ägyptens.
    Wer waren die Bewohner Sodoms, und wer waren die Bewohner Jerichos? Rahab in Jericho hatte die Kundschafter der Israeliten aufgenommen, Lot in Sodom die Engel Gottes (in Gibea war es ein alter Mann aus dem Gebirge Ephraim, der als Fremder in Gibea lebte, der einen Leviten, der als Fremdling im hintersten Gebirge Ephraim lebte, zusammen mit seiner bethlehemitischen Nebenfrau aufgenommen hatte).

  • 27.5.1994

    Die Sexualmoral besiegelt die Unfähigkeit zu lieben (das Geschwätz ist die Vergesellschaftung des Wölfischen). – Die Mathematik oder das Lachen und das Weinen (Grenze zwischen Mathematik und Sprache); – die Feste des Himmels oder Wasser und Feuer. Es gibt nicht nur eine Logik, sondern eine Gruppe, eine Konstellation von Logiken, in deren Zentrum der Weltbegriff steht: – die Logiken der Schuld, der Herrschaft und der Verblendung, oder – die Bekenntnislogik, die Logik des Geldes und die Logik der Anschauung. Natur, Materie und Autismus (der Feminismus als Ausbruchsversuch aus dem Käfig des Autismus). Die „Übereinstimmung von Begriff und Gegenstand“ ist nicht identisch mit „adaequatio intellectus et rei“. Zwischen diesen beiden Wahrheitsdefinitionen liegt die Geschichte der Trennung von Ding und Sache (die Geschichte der mittelalterlichen Eucharistieverehrung und des Ursprungs des Inertialsystems). Gibt es nicht diese generelle Beziehung zwischen Sprache und Symbol (wie die zwischen Schlange und Neutrum), und ist nicht der babylonische Turm die Ursprungsgestalt der Reflexion dieser Beziehung; das Bild, in dem die Prophetie den Ursprung der indogermanischen Sprachen erkannt haben? Ist der Stier das Symbol der Schrift (es gibt eine Logik der Schrift, ebenso wie eine Logik des Geldes und die Bekenntnislogik, die daraus sich herleiten)? – Vgl. hierzu die Geschichte vom „goldenen Kalb“, die zur Sinai-Geschichte und als Kontrapost zu den mosaischen Gesetzestafeln dazugehört; auch das Stier-Gesicht in der Ezechiel-Vision (sh. auch die Apokalypse). Der Nominalismus wird durch die Logik der Schrift, die zunächst auf die Astronomie zurückweist und am Ende das Inertialsystem aus sich entläßt, ebensosehr begründet, wie dann auch widerlegt. Die Schrift ist die Verkörperung des Hinter dem Rücken (sh. die Gottes-Offenbarung an Moses). Zum Kelchsymbol gehört neben Gethsemane („Vater, wenn es möglich ist, laß diesen Kelch an mir vorübergehen“) und der Antwort auf die Frage der Zebedäussöhne („könnt ihr den Kelch trinken? – ihr werdet den Kelch trinken …“), das Wort an Petrus („soll ich den Kelch nicht trinken …“), aber als Grundlage auch die prophetischen und apokalyptischen Bilder (Taumelkelch, Kelch des göttlichen Zorns, der Becher der Unzucht – der Becher der Hure Babylon) sowie dann am Ende bei Hegel die Definition des Wahren in der Phänomenologie des Geistes („das Wahre ist der bacchantische Taumel, in dem kein Glied nicht trunken ist“) und der ungeheuerliche Schluß dieses Werkes („aus dem Kelche dieses Geisterreichs schäumt ihm seine Unendlichkeit“). Die Formen der Anschauung und das Inertialsystem haben sowohl mit dem Symbol des Kreuzes als auch mit dem des Kelches zu tun (das Kreuz, Bild der Orthogonalität: mit dem Ursprung des Inertialsystems, Repräsentant des Subjekts, des Herrendenkens, der Last, die der Objektivationsprozeß dem Subjekt und den Dingen aufbürdet; der Kelch, das Bild des „Behälters“, des Inertialsystems: des unerschöpflichen Brunnens, aus dem wir die „Naturerkenntnis“ schöpfen: sie zu Objekten unserer Vorstellungen machen, Referenzsystem der Vergewaltigung und Verdinglichung des Objekts). Das Kreuz symbolisiert den Weltbegriff, der Kelch den der Natur (die „Naturerkenntnis“ ist das Trinken aus dem Kelch des göttlichen Zorns: so haben die Naturwissenschaften in der Tat etwas mit der Religion zu tun)? Das Absolute ist ein Konstrukt aus Schicksal und Scham (Begriff und Anschauung, Kreuz und Kelch). Bezieht sich nicht die Konstellation von Kreuz und Kelch außer aufs Inertialsystem auch aufs Geld und auf die Bekenntnislogik? Oder: gehört nicht auch das Dogma zum Unrat im Becher der Hure Babylon?

  • 18.5.1994

    Zu Jeremias: Die Herrschaft Babylons, die Eroberung Jerusalems durch Nebukadnezar und der – hiernach endgültige – Verlust der politischen Autonomie Judas, war nicht nur „Anlaß“ (in einer sonst unveränderten Welt) für die Prophetie des Jeremias, sie hat vielmehr die Welt selbst verändert, und nur die prophetische Reaktion darauf hat dann die Prophetie, ihren Inhalt, verändert. Das Urteil der Geschichte, das Kohl ständig im Munde führt, ist ein Abkömmling der Hitlerschen Vorsehung. Im Paradies, im Garten der Tiere, war die Weltgrenze noch eine Grenze zwischen Tier und Pflanze; erst mit dem Sündenfall, nach der Vertreibung aus dem Paradies, ist sie zu einer Grenze zwischen den Gattungen geworden. Liegen darin nicht die Ursprungsbedingungen der Astrologie? Und ist das kreisende Flammenschwert des Cherubs nicht das Symbol dieser Weltgrenze? Gehört nicht zur Geschichte mit dem roten und weißen Nilpferd (Ebach, Leviathan und Behemoth, S. 24) die Josefs-Geschichte: Josef, der ein Sohn Jakobs ist, aber nicht zu den zwölf Stämmen Israels gehört, ist der Erbauer des Sklavenhauses Ägypten (als Vollstrecker der „ursprünglichen Akkumulation“ des ägyptischen Staatskapitalismus), das allerdings als Sklavenhaus sich etabliert, nachdem Josef vergessen wurde. Diese Geschichte ist vorgezeichnet in der vom Mundschenk und vom Bäcker: Der Mundschenk (der den Wein ausschenkt, das Symbol des Gerichts) kehrt in Amt und Würde zurück, während der Bäcker (der das Brot, Symbol der Gnade, bereitet) hingerichtet wird (gibt es eine Beziehung diesr Geschichte zu der der beiden Schächer am Kreuz?). Ist nicht, was für Ägypten eine Chaosmacht ist, für Israel der Grund seiner Existenz? Das Tier aus dem Meer: Die Geschichte der Philosophie beginnt mit dem Satz: Alles ist Wasser; sie endet mit dem Satz: Die Welt ist alles, was der Fall ist. Enthält das nicht einen Hinweis auf das „Zeichen des Jona“ (auf die Geschichte mit dem „Walfisch“)? Ein ungeheuerlicher Hinweis: Die Deutschen haben den Namen der Heiden zu ihrem eigenen gemacht. Der Vorteil des Weltbegriffs ist die entlastende Distanz zur Welt: die eingebaute Exkulpationsautomatik. Der Weltbegriff schließt den der Gottesfurcht, den er durch die säkularisierte Herrenfurcht (durchs autoritäre Syndrom) ersetzt, aus.

  • 6.5.1994

    … ut adnuntietur nomen meum in universa terra (Röm 917, vgl. Kurt Flasch: Logik des Schreckens): Das Universum war zunächst ein Adjektiv, auf den Namen der Erde bezogen. Ist die (matriarchale) universa terra (und erst in seiner Folge das patriarchale Universum, das den Himmel mit einbezieht und so das Universum zum All gemacht hat) eine Folge der Venus-Katastrophe? Ein zentraler Mangel der Analysen Flaschs ist selber christliches Erbteil, das in ihre Prämissen mit eingegangen ist, von dem sie nicht sich zu lösen vermochte: nämlich die Vorstellung, die Erlösung beziehe sich (als Rechtfertigung) nur auf die einzelnen Subjekte und lasse die Welt unberührt. Damit verbunden ist ein zweiter, ebenfalls aus der christlichen Tradition sich herleitender Mangel: daß die Kategorien, in denen er Gott vorstellt und begreift, politische Kategorien sind; er sieht Gott im Bilde des Monarchen. Beides sind Folgen des unreflektierten Weltbegriffs, unter dessen Herrschaft es zum Selbsterhaltungsprinzip keine Alternative mehr gibt, und dessen Ursprung auf den Monarchen und den Staat (die Verkörperungen des Absoluten) und nicht auf Gott (auf den Namen Gottes, der erst im Kontext der Weltkritik, der „Heiligung des Gottesnamens“, sich bildet) zurückweist. Kann es sein, daß der paulinisch-augustinische Begriff der justificatio erst nach der sprachgeschichtlichen Trennung von Ding und Sache und im Kontext der hier entsprungenen Bekenntnislogik zur Rechtfertigung geworden ist, daß er an Ort und Stelle mit „Gerechtmachung“ (ähnlich wie fides mit Treue, und nicht mit dem auf den Gegensatz zum Wissen fixierten „Glauben“) zu übersetzen wäre? Folgen des Weltbegriffs: – Ontologisierung des Selbsterhaltungsprinzips, des Staates und der Herrschaft, – Hermann Cohen, Franz Rosenzweig und Emanuel Levinas: . die Attribute Gottes sind Attribute des Handelns, nicht des Seins, . die Umkehr (als erkenntnistheoretische Kategorie), der Name (ist nicht Schall und Rauch) und das Angesicht (nicht die Seele und nicht die Person ist das Ebenbild Gottes), . Ethik als prima philosophia. – Ausschließung der Herrschaftskritik, Konstituierung der Sexualmoral (Trennung der Sexualmoral von der Herrschaftskritik), – Beziehung von Namen und Begriff, Zerstörung der benennenden Kraft der Sprache (Prophetie und Philosophie: Liquidierung des Aktualitätsbezugs der Prophetie durch das tode ti; vgl. hierzu Hegels Analyse des Hier und Jetzt), – Trennung von Natur und Welt, Konstituierung des Wissens, Subsumierung der Zukunft unter die Vergangenheit (Vorstellung einer homogenen Zeit), – Konstituierung der mathematischen Raumvorstellung, Ursprung des Naturbegriffs (von der Astronomie zum Inertialsystem), – zum Begriff der Erscheinungen: die Wahrheit liegt nicht „hinter“ den Erscheinungen, sondern bezieht sich durch Umkehr auf die Erscheinungen, – Inbegriff des Schuldverschubsystems (Ursprung des Neutrum, „indogermanische“ Rekonstruktion der flektierenden Sprache), – Ursprung des Weltbegriffs (Philosophie/Mythos, Staat/Recht, Zivilisationsschwelle, Barbaren/Hebräer): Tempel und Opfer, Privateigentum und Geldwirtschaft, Ursprung der Schrift, – Weltkritik als Herrschaftskritik und Erinnerungsarbeit: Sensibilisierung, – Apokalypse, die sieben Siegel (Maria Magdalena und sieben unreinen Geister), Welt und Tier (die zukünftige Vergangenheit und die vergangene Zukunft), der Menschensohn, – die drei Leugnungen, das Binden und das Lösen, – Kant, Hegel und der Weltbegriff (die subjektiven Formen der Anschauung und das Anderssein des Einen), – Theologie im Angesicht Gottes und hinter seinem Rücken, – der Deckel auf der Vergangenheit (Begründung des Wissens und der Natur) und die Idee der Auferstehung, – Welt und Sündenfall („die Welt ist alles, was der Fall ist“): Der Sündenfall ein Sprachproblem? – Joh 129 und Kants Definition des Weltbegriff, – Weltbegriff antisemitisch, paranoid und frauenfeindlich, oder der Weltbegriff und die Bekenntnislogik, – die Konstituierung der Bekenntnislogik als exkulpatorische Logik und die Begründung des Geschwätzes, – der Weltbegriff, das Weltgericht, oder das Jüngste Gericht als das Gericht der Barmherzigkeit über das gnadenlose Weltgericht, – der Haß der Welt und die Idee des Parakleten, oder die Sünde wider den Heiligen Geist, – Verdinglichung und Instrumentalisierung, oder der Kreuzestod und die Opfertheologie, – Trauer- und Erinnerungsarbeit, oder Theologie nach dem Weltuntergang (Theologie und das descendit ad inferos, oder Auschwitz und die Naturwissenschaften), – „Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen“? – 1905, die Weltkriege, oder die Katastrophe der Marktwirtschaft, – Gunnar Heinsohn oder die Geschichte der Banken, – die Eucharistie und das Ding, oder die Geschichte der Theologie als Geschichte der drei Leugnungen, – Kanaan und die Philister: . der Exodus und die Landnahme sind gegen Kanaan gerichtet (Eroberung Kanaans), . die Begründung des Königtums erfolgt im Kampf gegen die Philister; aber das Königtum erliegt dann der kanaanäischen Verführung, – mit der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit ist in den neuen Erkenntnisbegriff und in die Konstituentien des Wissens ein projektives Moment mit eingegangen (Barbaren, Natur und Materie), – der Weltbegriff, die Unfähigkeit zur Sprachreflexion und der Fundamentalismus (das augustinische „ad litteram“ – Augustinus hat den Genesis-Kommentar nach 397 geschrieben – durch dieses „ad litteram“ wurde der prophetische Teil des Schöpfungsberichts neutralisiert, gelöscht, storniert, wurde er in die fundamentalistische Beziehung zur Natur gerückt), – Welt und Computersprache: cancle (löschen, beenden) und quit („quittieren“, Quittung), – mit der Lösung der Theologie aus den Verstrickungen des Weltbegriffs (den Verstrickungen des Andersseins) gewinnen auch die evangelischen Räte ihre wirkliche Bedeutung zurück: . aus dem Gehorsam wird das Hören, . aus der Keuschheit die Herrschafts- und Vergewaltigungskritik. Die Inquisition und der Terror, die Kurt Flasch zu Recht auf die augustinische Gnadenlehre zurückführt, sind Folgen der Verstrickung der Theologie in den Weltbegriff. Mit der dritten Leugnung wendet sich dieser Terror selbstzerstörerisch nach innen (der Greuel der Verwüstung). Hier verfängt sich die Kirche in der Logik ihrer Sexualmoral (es war die gleiche Logik, die Augustinus dazu gebracht hat, die Erbsünde in die concupiscentia zu verlegen (Ursprung des Biologismus und des Rassismus), anstatt sie in der Urteilslogik und im Weltbegriff zu erkennen). – Wird nicht das Wahrheitsmoment an der Trennung von Ding und Sache durch die Unterscheidung von Zorn und Wut ins Licht gerückt (im Kontext der alten res waren sie nicht unterscheidbar)? Hier (in dem Unvermögen, zwischen Wut und Zorn zu unterscheiden) liegt der Grund der augustinischen Verwirrung. Ist nicht das „Alles ist Wasser“ im „Satz des Thales“ (in der Erkenntnis der Orthogonalität) begründet? In der Tat „brütet der Geist über den Wassern“, aber am zweiten Schöpfungstag wurden diese Wasser durch die Feste des Himmels in die oberen und unteren Wasser geschieden. Ist diese Scheidung die Scheidung von oben und unten, und das als eine Trennung in den Wassern? Ist nicht das Wasser der Name, in dem die Trennung von oben und unten gründet, und ist das Wasser nicht deshalb in der Taufe das Symbol der Umkehr (während die Trennung von Licht und Finsternis der Trennung von vorn und hinten, dem Quellpunkt des Angesichts, zugrunde liegt; nur geht hier die „Finsternis über dem Abgrund“ dem Licht voraus)? Ist die Trennung von rechts und links die letzte: das Gericht (die Feuer der Hölle) und die Barmherzigkeit – Gegenstand einer Theorie des Feuers: – vorn/hinten: das Angesicht, – oben/unten: der Name, – rechts/links: das Feuer? Der Weltbegriff oder die Identifikation mit dem Blick von außen (Selbst- und Objektwahrnehmung durch den Blick von außen hindurch). Führt nicht das Konzept der „Umwertung der Werte“ zwangsläufig in die Konstrukte der Verzweiflung: in die Lehre vom Übermenschen und die Idee der ewigen Wiederkehr des Gleichen?

  • 4.5.1994

    Der Wiederholungszwang ist die Kehrseite der Idee der Auferstehung.
    Hängt die Geschichte vom Hasen und Igel mit der Geschichte des Ursprungs der Raumvorstellung und der Mechanik zusammen? Die Dinge mögen laufen wie sie wollen, der Raum ruft überall: Ich bün all do. Ist nicht die Geschichte vom Hasen und Igel der Schlüssel fürs Verständnis des Relativitätsprinzips, wir müssen nur begreifen: es ist nicht immer der Igel, sondern es sind zwei, der Igel und sin Fru.
    Das Hebräische kennt kein Neutrum, wohl aber beim Interrogativpronomen die Unterscheidung von Person und Sache, wobei das sächliche Interrogativpronomen als Quellpunkt des Neutrum sich bestimmen läßt. Nur wird dieser Übergang vom Was zur Sache (und schließlich zum Ding) grammatisch nicht vollzogen. Wird er etwa blockiert durch die Beziehung des mah zum majim (ihr spätes Echo im Deutschen ist die sprachliche Beziehung des Wasser zum Was, im Lateinischen erinnert als Ursprungsbeziehung des a-qua zum femininen oder instrumentalen qua)? So hängen das Thalessche „Alles ist Wasser“, der terminos a quo des Ursprungs der Philosophie, und die Heideggersche Hypostasierung der Frage, die als Rückfall hinter diesen Ursprung der Philosophie, als Versinken in den Wassern des Mythos sich begreifen läßt, zusammen.
    Hängen die Beziehungen des deutschen Infinitivs Sein zum gleichlautenden Possessivpronomen 3.m.s. und des Was zum Wasser mit der Zweideutigkeit der Heideggerschen Frage nach dem „Sinn von Sein“ zusammen? Liegt nicht der Bedeutungsfrage (nach dem Sinn des Wortes Sein) der Infinitiv, dem bodenlosen Tiefsinn der Frage, ob das Sein überhaupt einen Sinn hat („Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts“), hingegen dessen sprachliche Beziehung zum Possessivpronomen (dessen Repräsentanten in Subjekt und Gesellschaft der Raum, das Geld und die Bekenntnislogik sind) zugrunde?

  • 3.5.1994

    Die Lahmen und die Blinden (politische Aspekte des Inertialsystems): Wer heute die „Prophets of Deceit“ fortschreiben und auf den gegenwärtigen Stand bringen wollte, dürfte sich nicht mehr nur an der Figur des Agitators orientieren, sondern müßte die Reflexion auf die Struktur der politischen Öffentlichkeit, auf die veränderte Form ihrer Beziehung zur realen Politik mit einbeziehen. Wichtiger als eine Analyse der Reden der Schönhubers und Freys wäre eine Analyse der Selbstdarstellung der etablierten Parteien, die „ihre Politik“ nur noch verkaufen wollen, auf einen öffentlichen Diskurs der realen Probleme und Ziele jedoch längst verzichtet haben. In diesem Kontext wird Politik zur Sache von Verwaltung und Karriere, mit der Folge
    – der Konstituierung einer zunehmend nicht-öffentlichen Politik: der fortschreitenden Abschirmung der politischen Entscheidungsprozesse gegen ihre öffentliche Diskussion,
    – der Personalisierung von Sachfragen (öffentlichkeitswirksame „Korruptionsfälle“ verstellen den Blick auf die inhaltlichen Fragen der Politik),
    – der Lähmung und Selbstverblendung einer immer mehr den Trägheitsgesetzen des Apparats gehorchenden Politik.
    Die Lahmen und die Blinden: SPD und CDU.
    Ist nicht das Geheimnis des Erfolges von Helmut Kohl die Fähigkeit zur öffentlichkeitswirksamen Darstellung des Nichtstuns, der politischen Trägheit, zu der es ohnehin keine Alternative mehr zu geben scheint? Ist er nicht der Darsteller einer Politik, die so von vorgeblichen Sachzwängen beherrscht ist, daß es wirklich nur noch darum geht, wie man sie trotzdem so präsentieren kann, als ginge es um politische Ziele?
    Die Gerechtigkeits-Blindheit des Rechts drückt sich in dem Satz aus, daß Gemeinheit kein strafrechtlicher Tatbestand ist.
    Anwendung des Paradigmas der Lahmen und Blinden auf die Naturwissenschaften: Kernforschung und Weltraumfahrt.
    Ist nicht der Kern dieses Paradigmas die Verklammerung des kirchlichen Machtapparats mit der zwanghaften Selbstverblendung der Theologie: der Greuel der Verwüstung oder Greuel am heiligen Ort?
    Sind nicht die kantischen subjektiven Formen der Anschauung die Repräsentanten der Lahm- und Blindheit im Subjekt, die Agenten der Lähmung und Verblendung des verdinglichten Subjekts? Erinnert nicht die Trennung von Natur und Welt an das Paradigma der Lahmen und Blinden (die Natur lähmt, und die Welt macht blind)? Ist nicht die Trennung von Natur und Welt Produkt jener exkulpatorischen Logik, die das Schuldverschubsystem zur Grundlage hat, die dann zur Absicherung der Opfertheologie bedarf.
    Der Dativ und das „Es gibt“. Der kantische Begriff des Gegebenen (eine der Wurzeln des Begriffs der Erscheinung) enthält über das Es im „Es gibt“ den Hinweis auf den anonymisierten Gesamteigentümer der Welt. Nur weil es dieses „Es gibt“ gibt, weil es den Dativ gibt, gibt es Meinungen.
    Wenn der Infinitiv Sein etwas mit dem Possessivpronomen (3. m. sing.) zu tun hat, dann hat auch der Name des Wassers mit Interrogativpronomen „Was“ (mit der Frage nach dem Wesen, nach der Sache) etwas zu tun. Frage: Wie hängt das Interrogativpronomen mit dem Possessivpronomen zusammen? Hat es etwas mit dem Kommerz, mit dem Akt des Kaufs zu tun?
    Bezieht sich die Vertreibung der Taubenhändler und der Geldwechsler aus dem Tempel auf den Greuel am heiligen Ort, den Greuel der Verwüstung?
    Muß die Kirche, wenn sie beansprucht, das „wahre Israel“ zu sein, nicht auch die Prophetie auf sich beziehen?
    Haben die Lahmen und Blinden etwas mit den Namen des Satans und des Teufels zu tun: Ist nicht der Ankläger der Lähmende, der Verwirrer der Verblendende (vgl. den apokalyptischen Gebrauch der beiden Namen: neben der Synagoge des Satans gibt es den Teufel als Vater der Lüge)?
    Ist nicht die Blutmetaphorik (im Kontext des Kelchsymbols) eine bewußte Verletzung (Aufhebung?) des noachidischen Gebots?
    Wird nicht ein zentrales kirchen- und dogmengeschichtliches Problem mitgelöst, wenn es gelingt, die Geschichte der Fälschungen (zusammen mit dem Phänomen der Eponymie) im Mittelalter anstatt personalisierend auf Priestertrug und Machtgier auf objektive gesellschaftliche Kräfte, auf die Zwangslogik der Profangeschichte, zurückzuführen? Liegt hier nicht auch der Schlüssel zur Lösung des Problems des Nominalismus (und des Problems der benennenden Kraft der Sprache)?
    Der Begriff lebt vom Namen und vergewaltigt ihn zugleich. Die Gewalt der Urteilsform, die objektiv in der Astronomie sich konstituiert. Sind nicht die Todesstrafen allesamt Symbole der Urteilsform: von der Steinigung über das Schwert, das Hängen, das Verbrennen bis hin zur Kreuzigung. Die Juden haben gesteinigt, die Römer haben (nach Rezeption einer persischen Tradition) gekreuzigt, die Christen haben verbrannt.
    Bezeichnet Kanaan gegenüber dem Hebräischen ein logisches oder ein historisches Prius?
    Ist nicht der Bruch zwischen Natur und Geschichte der Abgrund, in dem die benennende Kraft der Sprache untergangen ist und aus dem Natur und Geschichte als getrennte Bereiche sich erheben?
    Zu den drei Weisen aus dem Morgenland gehören der Balthasar, der mit dem Daniel etwas zu tun hat, der Melchior, der an den melech, die Königstradition, erinnert, und der Caspar: Wer ist das (hat Kasper des Puppenspiels etwas mit ihm zu tun)?
    Die drei Leugnungen Petri lassen sich den räumlichen Dimensionen zuordnen:
    – die erste (die Magd des Hohepriesters spricht Petrus an) enspricht der Beziehung vorn/hinten, Im Angesicht und Hinter dem Rücken,
    – die zweite (die Magd spricht mit den Umstehenden über Petrus) der Beziehung rechts/links, dem objektivierenden Denken und dem darin mit eingeschlossenen Verhältnis des richtenden Urteils zum verteidigenden Denken, und
    – die dritte (die Umstehenden sprechen Petrus an) der Beziehung oben/unten: hier enthüllt sich das objektivierende Denken als vergesellschaftetes Herrendenken, als reine Verkörperung der Wut, die ihrem Objekt keinen Ausweg mehr läßt.
    Interessant sind
    – die zweite Leugnung: als Paradigma des Ursprungs des objektivierenden Denkens, und
    – die dritte Leugnung: die Genesis der Wut (der Selbstverfluchung),
    beide sind Folgen einer Theologie hinter dem Rücken Gottes (der ersten Leugnung).

  • 2.5.1994

    Die vollständige Umkehr aller Richtungen im Raum schließt die Zeitumkehr als Bedingung der Vorstellung einer homogenen Zeit mit ein; die Voraussetzung hierfür ist die Vorstellung eines orthogonalen dreidimensionalen Raumes, eines für sich bestehenden „absoluten“ Raumes; aber dieses Für-sich-Bestehen des Raumes (der „subjektiven Form der äußeren Anschauung“) verdankt sich der Selbstleugnung des Subjekts, das dann nur noch „alle meine Vorstellungen muß begleiten können“: das zu seinen eigenen Vorstellungen äußerlich sich verhält (mit der Vergegenständlichung wird eine Eigentumsbeziehung zu diesen Vorstellungen begründet: sie werden zu „meinen Vorstellungen“, Pendant ihrer Kommerzialisierung). Das Inertialsystem ist die dritte Leugnung (ein System, in dem es nur noch die miteinander vertauschbaren Dimensionen der Vergangenheit und Zukunft, aber – wie in der indogermanischen Sprache, in der das alte Imperfekt durch das neue Präsens, den Kern des neuen Konjugationssystems, verdrängt worden ist – keine Gegenwart mehr gibt).
    Das Prinzip der „Meinungsfreiheit“ ist Ausdruck und Folge der Herrschaft des Tauschprinzips, seiner Anwendung auf die Erkenntnis (Begründung des Wissens und des Bewußtseins).
    Durch ihre Verstrickung in den Prozeß der europäischen Aufklärung ist die Theologie zur Theologie hinter dem Rücken Gottes geworden; aber eben deshalb ist der Konflikt der Theologie mit der Aufklärung unlösbar.
    Die theologische Lehre von creatio mundi ex nihilo beschreibt einen Vorgang in der Ursprungsgeschichte des Staates: Dieses nihil symbolisiert den Mord, der Staat und Welt zugleich begründet; dieses nihil ist zugleich der Systemgrund des mythischen Opfers wie auch der christlichen Opfertheologie: Die christliche Theologie ist erst durch die Instrumentalisierung des Kreuzestodes zur Staatsreligion (zur Römischen Reichsreligion) geworden.
    Natur ist das Objekt des Herrendenkens; sie konstituiert sich als Natur im Kontext der exkulpatorischen Logik des Begriffs (der Logik der Welt). Der Grund oder die Wurzel dieser exkulpatorischen Logik des Begriffs heißt in Joh 129 die „Sünde der Welt“.
    Die Schwere und das Licht sind die realsymbolischen Korrelate des Gründens und Aufspannens.
    In den „Studies in Prejudice“ gibt es eine Untersuchung über die Sprache des Agitators (Löwenthal/Gutermann: Agitation und Ohnmacht). Diese Sprache des Agitators, die heute zur politischen Sprache insgesamt geworden zu sein scheint, hat eine metaphorische Basis. Wäre es nicht an der Zeit, das Problem der Metaphorik, deren Logik mit der der benennenden Kraft der Sprache zusammenhängt, ins Licht zu bringen? Ohne die Reflexion ihres metaphorischen Grundes ist die Rekonstruktion der benennenden Kraft der Sprache nicht zu leisten. Die Sprache des Agitators lebt von den unverarbeiteten Resten der theologischen Tradition; ihre Aufklärung ist ohne Theologie nicht mehr möglich. Liegt nicht die Differenz zwischen der Instrumentalisierung des metaphorischen Elements der Sprache und der Rekonstruktion seiner benennenden Kraft im Begriff der Umkehr? Ist nicht der Fundamentalismus ein Versuch, metaphorische Texte indikativisch zu verstehen; und ist nicht der Indikativ eine der zentralen differentiae specificae des Indogermanischen, eine der sprachlichen Wurzeln der abstraktiven Gewalt des Inertialsystems (vgl. die Sprachwurzeln der Begriffe Indikativ und Konjunktiv)?
    Das Präsens ist die Vergangenheitsform der Gegenwart (Reflex der Vorstellung einer homogenen Zeit), während das alte Imperfekt die offene Gegenwart (den Bereich der unabgeschlossenen Handlung) repräsentiert. Zum Präsens gehört das Präsentieren und das „Es gibt“. Unterm Gesetz dieses Präsens wird das Imperfekt zum Präteritum. Das Präsens und die Vorstellung einer fix und fertigen Welt, die gleichsam für unseren Gebrauch daliegt, gehören zum Weltbegriff. Aber diese Welt ist das Produkt einer Handlung (das Ensemble von „Tatsachen“): Produkt der Sünde der Welt. Mit diesem Präsens hängt die Neutrumsbildung zusammen: die Frucht, die die Schlange der Eva anbietet, die sie dann an Adam weiterreicht, ist das Präsentierte.
    Ist nicht der Präsens der Sprachgrund des Dativ? Und macht dieses Präsentische die indogermanische Sprache zur Schaufenstern- und Fernseh-Sprache, deren frühester Ausdruck die theoria ist (und ihr Repräsentant im Subjekt die Formen der Anschauung). In der jüdischen Tradition gibt es das „von Angesicht zu Angesicht“ (zu dem das sch’ma Jisrael gehört), aber nicht die (einseitige) „Anschauung Gottes“ (zu der das Credo gehört).
    Beschreibt die Geschichte vom Sündenfall den Ursprung der indogermanischen Sprache?
    Hat nicht Esau eine Kanaaniterin zur Frau; und wie war es mit Ismael, dem Bruder des Isaak?
    Die kirchliche Sexualmoral ist (wie der Fundamentalismus insgesamt) ein Produkt des indikativischen Verständnisses biblischer Texte.
    Die Römer sprachen Latein, die Israeliten hebräisch (die Juden aramäisch, hebräisch war die Sprache ihrer Schrift) und die Hellenen (die in der Apg mit den „Hebräern“ verglichen werden) sprachen Griechisch: Wie verhalten sich Volks- und Sprachennamen zueinander, und worin ist die Differenz begründet?
    In den Genealogien werden nur die Väter genannt, aber Jude ist, wer eine jüdische Mutter hat?
    Ist Drewermann konfliktunfähig, nachdem ihm der Geist, der Inbegriff des verteidigenden Denkens, zum „Furz“ geworden ist? Die Befreiung des Hegelschen Geistes vom Fluch des Absoluten ist auch die Befreiung von seiner Wurzel, dem „Weltgeist“.
    Was ihr den Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan: Genau so wie wir sie im Bewußtsein und in der Praxis zum Verschwinden gebracht haben, haben wir ihn zum Verschwinden gebracht.
    Der Staub und die Archäologie: Archäologische Theologie ist experimentelle Theologie, der Versuch, die Ablagerungsschichten des Staubs aus dem Weg zu räumen, um die verschüttete Wahrheit ans Licht zu holen. Modell ist die Psychoanalyse, die ebenfalls schon eine archäologische Disziplin war. Der Jungsche Vorstoß zu den „Archetypen“ war ein Vorstoß in dieser Richtung, wobei er nur verkannte, daß das gesuchte Objekt kein psychologisches, auch kein kollektives, ist, sondern ein historisch-gesellschaftliches, und zwar eines, das sich in der Kritik der Konstellation von Verdrängung, Unbewußtem und Projektion erst bildet. Insbesondere hier gilt: Das Vergangene ist nicht nur vergangen. In diesem Konstrukt steckt die ganze Geschichte.
    Im Hebräischen gibt es kein Neutrum, wohl aber beim Interrogativpronomen die Unterscheidung zwischen Personen und Sachen (nicht „Belebtem“ und „Unbelebtem“). Hat das Interrogativpronomen für Sachen etwas mit dem Namen des Wassers (und dem des Himmels) zu tun (mah/majim/schamajim, vgl. im Deutschen was/Wasser)? Ließe sich daraus ableiten, daß die Trennung der oberen von den unteren Wassern etwas mit der Unterscheidung von Prophetie und Philosophie zu tun hat (der Name des Himmels bezeichnete dann diese Unterscheidung)?
    Als Jesus seine Jünger fragte: „Könnt ihr den Kelch trinken?“, meinte er die Nachfolge, aber als er dann sagte: „Ihr werdet den Kelch trinken“, hat er gewußt, daß die Evangelien in Griechisch geschrieben wurden.
    Der Konjunktiv bezeichnete ursprünglich die hypothetische Folge in einem Begründungszusammenhang (würde/hätte …, wenn …); wie ist aus der konkreten, begründeten Möglichkeit die abstrakte, von ihrer Begründung abgelöste Möglichkeit (der von der coniunctio getrennte Konjunktiv) geworden, ein Modus des Verbs? Worauf bezog sich der Indikativ (die prosaische Wirklichkeitsform; indicatio: Preisangabe, Zusammenhang mit dem durchs Tauschprinzip oder durchs Trägheitsgesetz definierten Realitätsprinzip)? Gibt es einen der kantischen Kategorie der Notwendigkeit korresponierenden verbalen Modus?

  • 1.5.1994

    Müßte nicht die 40-jährige Wüstenwanderung bald beendet sein und die „Eroberung Jerichos“ beginnen? Die Theologie hinter dem Rücken Gottes ist eine Theologie, zu deren Konstituentien die Furcht vor der Auferstehung gehört, eine Theologie, die nicht daran glaubt, daß Gott ins Herz der Menschen sieht: eine Feigenblatt-Theologie. Mit der Rezeption des Weltbegriffs wurde diese Angst in die Theologie installiert, mit dem auf die Welt bozogenen Schöpfungsbegriff, mit der Opfertheologie und mit der Vergöttlichung Jesu. Die Theologie hinter dem Rücken Gottes ist die Theologie der Lahmen und Blinden (der durch die subjektiven Formen der Anschauung Gelähmten und Geblendeten). Die Geschichte dieser Theologie wäre anhand der Geschichte vom Nomen zum Substantiv zu demonstrieren. Hängt das Konjugations-Paradigma Perfekt/Imperfekt mit dem Deklinationsparadigma Genitiv/Akkusativ zusammen? Die subjektiven Formen der Anschauung sind ein Produkt der Identifikation mit dem Aggressor, der Verinnerlichung des Hasses der Welt: der Wut-, Empörungs- und Urteils-Generator und der Repräsentant des Sexismus. Stammen die den Evangelisten in der Tradition zugeordneten Tiersymbole aus der Vision des Ezechiel, der Merkaba-Vision? Kehrt um, denn das Reich Gottes ist nahe: Wäre es nicht Aufgabe der Theologie, auf diesen Umkehrpunkt hinzuarbeiten? Wenn Jesus nicht gestorben wäre, wären das Nachfolgegebot und die Idee der Auferstehung gegenstandslos, und nur die Unsterblichkeitslehre und der Islam wären wahr. Das Matriarchat beschreibt keine historische Realität, sondern das im Anblick der ersten Katastrophe aufblitzende Bild der Utopie. Die Sintflut und die drei Söhne Noahs gehen der Geschichte vom Turmbaus zu Babel voraus. Bezeichnet Mose den ägyptischen und Abraham den chaldäischen Teil der israelischen Tradition? Der Vergewaltiger (der Staatengründer) versucht, den Satz: „Stark wie der Tod ist die Liebe“ auf den Kopf zu stellen. Das „Alles ist Wasser“ ist Ausdruck der Welterfahrung im Banne der Schicksalsidee. Die griechische Lösung war der Prozeß der Verinnerlichung des Schicksals: Geburt des Subjekts, des Begriffs, der Philosophie, der Wissenschaft. Die israelische Lösung steht im Schöpfungsbericht: im Bild der Feste, die die oberen von den unteren Wassern trennt. Benannt werden nicht die Wasser, sondern benannt wird die Feste: mit dem Namen des ersten Schöpfungsobjekts, des Himmels. Die Geschichte des Ursprungs des Begriffs hingegen wird beschrieben in der Geschichte vom Paradies und vom Sündenfall (mit dem Staub als frühestem Symbol des Positivismus). Steckt nicht im Begriff der Barbaren das antisemitische, im Begriff der Materie das frauenfeindliche Moment der Philosophie und im Begriff der Natur ihr projektiver Anteil am Klassenkampf (paranoide Verarbeitung des biblischen Votums für die Fremden, die Witwen und die Waisen)? Zusammengehalten werden diese drei Momente durch den Weltbegriff. Haben die drei evangelischen Räte (das Hören, die Keuschheit und die Armut) etwas mit den Fremden, Witwen und Waisen zu tun? Bekommt nicht der Materialismus Inhalt und Farbe durch das Bild des Matriarchats, der ersten Utopie? Die katastrophischen Phasen der Geschichte waren Phasen, in denen die projektiven Verfahren der Erfahrungsverarbeitung eskaliert, in Paranoia umgeschlagen sind.

  • 25.4.1994

    Eine Kritik der politischen Ökonomie heute müßte auch die Astronomie durchsichtig machen.
    Zur Geschichte des naturwissenschaftlichen Freiheitsbegriffs: Sie beginnt mit dem liberum arbitrium, Reflex der Freiheitsgrade des Raumes und Produkt der Neutralisierung der Richtungen im Raum, und sie endet mit dem Freiheitsbegriff der Quantenphysiker, der an die Unbestimmtheitsrelation und das Komplementaritätsprinzip sich anlehnt (als falsches Bewußtsein der Freiheit vom Zwang des Inertialsystems).
    Im Begriff der Weltanschauung enthüllt sich die Bekenntnislogik als (patriarchale und sexistische) eine subjektive Form der Anschauung: Der Krieg Hitlers gegen die Sowjet-Union war als Weltanschauungskrieg ein Vernichtungskrieg (wie jetzt wieder der Bürgerkrieg in Jugoslawien). Weltanschauungen gibt es nur unter der Voraussetzung des „naturwissenschaftlichen Weltbildes“; der Begriff der Weltanschauung rückt die logische Beziehung der Bekenntnislogik zur subjektiven Form der äußeren Anschauung, zum Raum, ins Licht.
    Daß die transzendentale Ästhetik in dreifacher Gestalt sich präsentiert: als Form des Raumes, in der Logik des Geldes und als Bekenntnislogik, ist selbst wieder in der Form des Raumes begründet, im Problem der „drei Abmessungen“ des Raumes, in seiner Dreidimensionalität, darin, daß diese drei Dimensionen entgegen der Form ihrer mathematischen Beziehung im Raum nicht gleichwertig, nicht äquivalent, sind. Ihre mathematische Äquivalenz ist selber bereits Produkt der dreifachen, selbstreferentiellen Abstraktion. Das „von allen Seiten hinter dem Rücken“ konstituiert sich in der Abstraktion
    – von der Umkehr,
    – vom Namen (von der benennenden Kraft der Sprache) und
    – vom Angesicht,
    wobei
    – der Raum primär die Differenz zwischen vorn und hinten,
    – das Geld die zwischen Rechts und Links und
    – das Bekenntnis die zwischen Oben und Unten
    neutralisiert und in dieser Neutralisierung sich konstituiert.
    – Das Bekenntnis ist der Quellpunkt des autoritären Charakters,
    – das Geld der Quellpunkt der verdinglichten Welt und
    – der Raum der Quellpunkt des Absoluten und der Verblendung.
    Sind die subjektiven Formen der Anschauung die Pforten der Hölle; und ist nicht der Abstieg zur Hölle die Vorstufe der Auferstehung?
    Das Substantiv ist das durch die Kasus, die Formen der Deklination (der Veranderung) hindurch sich bestimmende Nomen; der Staub und die Asche in einer Welt, in der der Name zu Schall und Rauch geworden ist. Zu den Konstituentien des Substantivs gehört die Neutralisierung der differierenden Bestimmungen der Kasus (Akkusativ, Genitiv, Dativ, Ablativ, Instrumentalis, Lokativ): Indem das Substantiv die Objektbeziehung ins Nomen mit hereinnimmt, unterdrückt und verdrängt sie die Reflexion auf den Objektivationsprozeß, der in den Formen der Deklination sich entfaltet. Damit hängt es zusammen, wenn in dem Ausdruck „Wir Deutschen“ der Name der Deutschen zum reinen Ausdruck und zugleich zum Alibi der Gemeinheit und Brutalität geworden ist.
    Der Begriff des Substantiv ist Ausdruck der Trennung von Ding und Sache, Geburtsname der Verdinglichung, dem auf der Subjektseite der Personbegriff entspricht (Dinge gibt es, seit es juristische Personen gibt). Er ist der reinste Ausdruck einer Welt, in der alles nur noch das ist, was der Fall ist.
    Welche grammatische Bedeutung und welche logische Funktion hat das Suffix -iv in den grammatischen Begriffen (vom Substantiv bis zum Infinitiv)?
    Ist der griechisch-lateinische Gottesname Produkt einer Verschmelzung des -ivum mit dem deiktischen Affix d- (und damit der genaueste Ausdruck der Geburt des Absoluten)? Woher kommt dann der germanische Name „Gott“ (nach Ferdinand Ebner soll er aus einer Wurzel stammen, die das Anrufen, das Objekt der Anrufung, ausdrückt)?
    Hat die Venus-Katastrophe die Voraussetzungen für die Staatenbildung geschaffen:
    – Privateigentum und Geldwirtschaft,
    – Tempel, Opfer und Schrift,
    – Monogamie und Inzestverbot?
    Die Venus-Katastrophe hat das Planetensystem nicht nur ergänzt und vervollständigt, sondern es in Konstellationen eingerückt, die dann in die internen Voraussetzungen der Staatenbildung mit eingegangen sind.
    Gehört die chaldäische Astrologie zur Ursprungsgeschichte der indogermanischen Sprachen (insbesondere zur Ausgestaltung der Deklinationsformen, die selber vermittelt sind durch die Umgestaltung der Konjugationen)?
    Welcher Kasus und welcher Planet repräsentiert das Selbsterhaltungsprinzip? Die Logik des Selbsterhaltungsprinzips ist eine männliche Logik, es ist die Logik der vom Privateigentum beherrschten Welt. Klingt ihr Geheimnis nicht im Namen des Jupiter an (des Divus-Pater, des Erzeugers des Merkur, der Venus und des Mars, gleichsam seiner Emanationen, der aber der Macht des Kronos, des Saturn, auch wenn er ihn besiegt, nicht entgeht: der der Gefahr der Paranoia ausgesetzt bleibt)?
    Ist die Paranoia die patriarchalische Erscheinung der Melancholie (der messianischen Wehen)?
    Vgl. die Antwort Jesu auf die Frage der Pharisäer (der Schriftgelehrten, der Sadduzäer?) nach dem jenseitigen Schicksal der Frau und ihrer sieben Männer?
    Ist Heideggers Fundamentalontologie nicht gleichsam eine interne Erläuterung des Thalesschen Satzes: Alles ist Wasser? War nicht die Sintflut die Überschwemmung mit dem Was?
    Turmbau zu Babel: Der Turm, der bis zum Himmel reicht, und der herniederfahrende Gott bezeichnen präzise den Ursprung des Mythos.
    Die Bekenntnislogik ist eine reine Exkulpationslogik, Produkt der Weigerung, die Sünde der Welt auf sich zu nehmen; deshalb gehören die Opfertheologie und das Konzept der Entsühnung der Welt durchs Kreuzesopfer als deren innerster Kern zur Bekenntnislogik.
    Die Confessiones des Augustinus sind (als Dokument seiner Bekehrungsgeschichte) Sündenbekenntnisse (z.B. in den Kindheitsgeschichten, aber auch in der Geschichte der namenlosen Mutter seines Sohnes Adeodatus), aber Sündenbekenntnisse, die vom Instrumentarium des mythischen Schuldverschubsystems: von den Formen projektiver Schuldverschiebung, sich nicht lösen können: Darin stellt sich die Beziehung zum Glaubensbekenntnis her, die durchs Schuldverschubsystem (die Opfertheologie und das Konstrukt der Entsühnung der Welt) vermittelt ist. Vermutlich gehört die Geschichte über das mit der Erbsünde belasteten Kind Augustinus zu den geschichtlichen Ursachen der Einführung der Kindertaufe. Hier wurde der Trieb in die Seelen eingesenkt, der antstatt an der Herstellung gerechter Zustände nur noch an der eigenen Unschuld interessiert ist.

  • 23.4.1994

    Entkonfessionalisierung, oder die Religion vom Bann des Absoluten befreien. Gibt es im Hebräischen einen Oberbegriff für Tiere, der auch die Fische, die Vögel und das Gewürm umfaßt? Oder sind Tiere nur die Land-(Säuge-)tiere, während die „großen Seetiere“ z.B. die Wasser-Säugetiere (und die Reptilien) sind? Seid barmherzig wie auch euer Vater im Himmel barmherzig ist. Aber muß sich diese Barmherzigkeit nicht erst noch erweisen? Ist in dem Freudschen Mythos von der Tötung des Urvaters das Christentum die Brüderhorde, die nach der Tötung der Juden sich konstituiert? Ist nicht die Vaterimago insofern ambivalent, als sie sowohl den getöteten Urvater als auch sein Deckbild: die Idee des Absoluten bezeichnet? Die Ontologie ist das steinerne Herz der Welt. Mythos und Scham, die Ehe, der Staat und das Recht sind aus einem gemeinsamen Boden erwachsen. Das läßt sich an Kants Definition der Ehe demonstrieren (das Recht auf wechselseitigen Gebrauch des Geschlechts). Ist nicht der Lendenschurz im Bilde des Gekreuzigten ein Symbol der Geheimsphäre des Staates? Der Absolutismus entstand, als Herrschaft bürgerlich: zu einer Privatsache der Herrschenden wurde. Wie verhält sich die Schamgrenze zur Todesgrenze? Kommen die vier Flüsse des Paradieses von den vier Enden der Erde? Müßte nicht auf die Revision der antiken (und frühmittelalterlichen) Chronologie die Revision der Astronomie folgen? Die naturwissenschaftliche Aufklärung (das Inertialsystem) hat das Angesicht, den Namen und die Umkehr in den blinden Fleck gerückt. Realsymbol dieses blinden Flecks ist der Objektbegriff, Produkt der absoluten Verletzung des Bilderverbots (Produkt aus Selbstreferenz und Projektion). Das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ist Nabelschnur dieser Kunstgeburt, und die versucht die Kopenhagener Schule endgültig zu durchschneiden. Die subjektive Form der äußeren Anschauung ist der Inbegriff des Projektiven im Erkenntnisprozeß. Die Schlange symbolisiert die Leugnung des Angesichts, das Schwert die des Namens und der Kelch die der Umkehr. Unter dem Gesetz der Aufklärung wurde dieser Sensibilitätszusammenhang gesprengt und in isolierte Empfindungspunkte aufgelöst: Ursprung des blinden Flecks. War nicht die Theologie in ihren Anfängen die erste Gestalt der kritischen Reflexion der Philosophie, nur hat sie sich dabei von ihrem Gegenstand so infizieren lassen, daß sie am Ende selber davon aufgezehrt worden und daran zugrunde gegangen ist. Sie ist in den ontologischen Prozeß der Veranderung hineingezogen worden und findet heute den Ausweg nicht mehr. Das Gott niemanden über seine Kraft versucht, und daß die Pforten der Hölle die Kirche nicht überwältigen werden, sind Hoffnungsansätze, die im Wort vom Binden und Lösen sich erfüllen. Ist das Wasser der Inbegriff der neutralisierenden Gewalt (der Philosophie), das Feuer der Inbegriff der lösenden (und reinigenden) Kraft des Namens (der Prophetie)? Sind die unreinen Geister Wassergeister? Und bezeichnet der Name des Himmels (schamajim) nicht aufs genaueste die Form der Beziehung von Philosophie und Prophetie, hierbei allerdings insbesondere im Namen des Feuers den Vorrang der Prophetie? Namen des Himmels: Ouranos, caelum, ciel, sky und heaven. Entspricht die Trennung von sky und heaven im Englischen der Trennung von Ding und Sache im Deutschen, und hängt sie damit zusammen, daß der bestimmte Artikel im Englischen geschlechtslos und undekliniert bleibt (Zusammenhang mit der Trennung von Begriff und Name; haben die Blinden und Lahmen in Davids Jerusalem und in der Botschaft Jesu an den Täufer etwas mit dieser Trennung von sky und heaven, Ding und Sache, und haben diese etwas mit der Ablösung der Buchrolle zu tun)? Hängt die Unterscheidung von sky und heaven mit der von Tag- und Nachthimmel zusammen, und hat sie etwas mit der Todes- und Schamgrenze und mit dem Hahn und dem Morgenstern zu tun? Welche Bewandnis hat es beim Geisterseher Swedenborg mit der Venus und generell mit den Planeten (Sterne als Orte der Toten)? Was ist das, was, wenn es auf Erden gelöst wird, auch im Himmel gelöst sein wird? Zweifellos muß es mit der Sündenvergebung, mit der Versöhnung zu tun haben (mit der Versöhnung vor dem Opfer, nicht durchs Opfer), aber damit auch mit der Befreiung der Sprache, der Befreiung ihrer benennenden Kraft. Es hat auch mit den sieben unreinen Geistern und den sieben Siegeln zu tun. Ist nicht jetzt die Stunde, in der der unreine Geist mit den sieben anderen unreinen Geistern aus der Wüste zurückkehrt; und hat dieser unreine Geist mit dem sokratischen Dämon (dem Geist der Philosophie), mit dem er den Namen gemeinsam hat, zu tun?

  • 21.4.1994

    Der Indikativ ist in allen seinen temporalen Formen eigentlich ein präsentisches Perfekt; mit ihm konstituiert sich die Grundstruktur der indogermanischen Sprache. Er bildet sich dort, wo die Asymmetrie zwischen mir und den Andern überbrückt und neutralisiert, die Reflexion auf den Andern (der „Haß der Welt“) in den Weltbegriff und in die Struktur des Subjekts mit hereingenommen wird (Indikator: Verinnerlichung der Scham). Philosophische Absicherung des Indikativs: die Ontologie (als logisch-strukturelle Absicherung des gegenständlichen Korrelats des Selbsterhaltungsprinzips, der Privateigentumsgesellschaft: des Staats).
    Der Indikativ bezieht sich auf Tatsachen: Die die Tatsachen begründende Tat ist die Sünde Adams, die Sünde der Welt (Joh 129): das Absolute. In jeder Tatsache steckt das Gewaltmonopol des Staates.
    Zu Rosenzweig: Grundlage des All ist die Identität des Subjekts, die, indem sie gegen die Welt sich konstituiert, ihr zugleich verfällt: sich selbst zum Absoluten wird.
    Nach Auschwitz (das in seiner bewußtseinsgeschichtlichen Wirkung dem Erdbeben von Lissabon vergleichbar ist) ist der Gedanke an gesellschaftliche Naturkatastrophen nicht mehr undenkbar. Aber ist es denkbar, daß gesellschaftliche und reale Naturkatastrophen ineinander sich verschränken, in einer noch unerkennbaren, noch nicht aufgedeckten Korrespondenz sich wechselseitig bedingen? Gibt es heute nicht gute Gründe zu vermuten, daß Velikovskys Venuskatastrophe nicht nur auf eine „reale“ Naturkatastrophe sich bezieht, sondern auch (wenn nicht sogar vorrangig) auf eine gesellschaftliche: Hat nicht die Sintflut etwas mit dem Satz des Thales „Alles ist Wasser“, mit der Ursprungsgeschichte der Philosophie und des Staates, zu tun? Merkwürdig, daß Gunnar Heinsohn, der hierzu (mit seinem Konzept der Ursprungsgeschichte des Geldes, des Privateigentums und des Staates, mit dem Hinweis auf die Bedeutung und die Funktion der Schuldknechtschaft in dieser Geschichte) einen der wichtigsten Hinweise geliefert hat, sich durch den velikovskyschen Konkretismus selbst den Blick versperrt.
    Ist die Schuldknechtschaft das Geheimnis der Orthogonalität?

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